Hffener Arief betreffend die uragemssser an v « Herr» Dr. I. N. Schneider in Der». Don Merlan, Ingenieur in N«uenburg. Bor der Diskussion des Bußwylcr Uebergangs Bern, 1862. gedruckt in der Hnllcr'lchen Ruchdrnckerci (ZZ.Hüller). Hffener Arief bkirrfftnd die Zuragewäffer, an Herrn Dr. R. Schneider in Dern. Vor der Diskussion des Bußwyler Uebergangs. Mein lieber Freund! Sie wissen, wie lange ich für die Seelandsentsumpfung gewirkt habe, in letzter Zeit aber bei der Aussicht, daß das Geld mit Vorliebe für Eisenbahnen, Fabriken, Gasthöfe u. dgl. gaspillcrt wurde, statt auf Landeskultur zu verwenden, hatte ich meine Juragewässerpapiere eingepackt und weggelegt. Ihr im letzten Großen Rath er- muthigendes Votum über diese Angelegenheit hat mich nun neuerdings veranlaßt, diesen Gegenstand wieder hervorzunehmcn und Ihnen darüber meine jetzigen Ansichten mitzutheilen. Ich weiß schon, Sie gehen in Betreff der Aarkorrektion mit mir nicht einig; jedoch sind wir beide für die Beförderung der Juragewässerkorrektion ein- derstandcn; andere Leute aber gibt es, die den erster« die Hand nicht bieten wollen, aus Besorgniß, die letztere werde daraus erfolgen, und so die Calamität des Seelandes lieber fortbestehen lassen. Wir wissen beide, daß diese Gewässerkorrcktion mit oder ohne Aarkorrektion ausgeführt werden kann, und da gestehe ich Ihnen aufrichtig, daß ich dieser obern Aarkorrektion zum Theil das Wort rede; erstlich um dadurch den Bußwyler Eisenbahnübergang ohne zu wagen oder abzuwarten zu sichern, und zweitens L 2 über das Aarwasser anders zu verfügen als durch den Hagneckkanal. Dieß mag Sie um so mehr von mir verwundern, da ich einer der ersten war, dieß Hagneckkanalprojekt schon Anno 1835 (Beiner Volksfreund) vorzuschlagen, was ich nun aber durch einen andern Vorschlag ersetze, worüber Sie unten das Nähere entwickelt finden werden. Es möge sich indessen nur erwahren, was Sie in Ihrem letzten Votum behaupten, daß nie mehr Aussicht für die Juragewässerkorrektion vorhanden sei, als gegenwärtig; wir wollen dieß hoffen und ich danke dem Herrn Nationalrath Bünzli in dieser Beziehung für seine Motion im Nationalrath in dieser wichtigen vaterländischen Angelegenheit. Bisher war der Gang, in welchem diese Angelegenheit sieb bewegte, ein sehr erfolglose^ und aufschiebender. Das Motto von ^eneca: Nicht weil es schwierig war, wagte man es nickt, sondern weil man es nicht wagte, war es schwierig, wie Sie es so oft anführten, bleibt immer wahr. Anno 1852, wie Ihnen bekannt, wurde von Banquier Ema- nuel Laroche, R. R. Digicr, Professor Zettcr und mir ein Konzessionsbegehren zur Ausführung der Korrektion eingegeben, Bürgschaft offerirt und die Geldmittel gesichert. — Anno 1854 haben Sie selbst ein ähnliches Begehren, gegründet aus die Statuten der Vor- bereitungsgescllschaft für die Juragewässer, eingereicht; beide Begehren blieben yu38i ohne Antwort von den betreffenden Regierungen, weil diese unter sich nicht einig werden konnten; seither hat sich der Bundesrath mit der Sache befaßt und Expertisen vornehmen lassen, ist jedoch nicht viel weiter mit dem Geschäft gekommen. Tbne unsere Vorbereitungsgesellschaft wären wahrscheinlich die Vorarbeiten nicht so weit fortgerückt als sie jetzt sind, es sind nämlich die technischen Erhebungen fast erschöpft. Der größere Theil des Publikums weiß aber nicht, daß eben diese Vorbereitungsgescllschaft dazu die ersten und meisten Kosten getragen hat, und daß wir, diese Gesellschaft, Hrn. Oberst Lanicca berufen und honorirt haben, so wie auch alle Kosten und Reisen wegen Hrn. Rapparts Projekt einer schwimmenden Eisenbahn, bestritten haben. Ohngeachtct allem diesem, ist die Sache noch immer im Alten, und jetzt sehen wir, wie die Rheinkorrektion vom Bund subventionirt wird, während die 3 Juragewässerkorrektion, die doch viele Jahre früher angeregt wurde, noch nicht so weit gesichert ist; und wenn sich auch die betreffenden Kantone noch nicht über die Ausführung haben vereinigen können, so steht es mit der nun beschlossenen Rhcinkorrcktion nicht besser, da man ja mit anstoßenden fremden Staaten auch noch nicht einig ist. Indessen ist so viel gewiß, daß wenn auch einzelne Kantonsregierungen der Juragewässerkorrektion entgegenwirkten und andere in der Sache lau waren, das Volk durchgehends günstig gestimmt ist und sich sogar sehr oft tadelnd über die Unterlassung ausspricht und Vergleichun- gen mit den vielen erstellten Eisenbahnen und Gesellschaftsprivilegien anstellt. Jetzt nun aber auf einmal kommt die Korrektion wieder zur Sprache, da eine Staatseisenbahn, nicht am Berg, aber am Wasser steht, und nicht leicht hinüber kann. Dieses Hinderniß ist > lomit nur erfreulich, es regt zur Korrektion an, entweder jetzt oder ^ nie. Dabei wird man die Beförderer sowohl, als die Gegner der Entsumpfung kennen lernen, wie es sich denn schon neulich gezeigt hat. und wo letztere so gern die Kosten bis auf 22 Millionen übertrieben, während wiederholt dieselben von Kommissionen und Experten reiflichen Erörterungen Unterworfen, der primitive Kostanschlag ä priore als begründet erachtet wurde; man lese die publizirten Akten nach. Man weiß aber, woher diese kolossal übertriebenen Kostenanschläge in's Publikum -geworfen wurden. Keiner der vielen mit der Sache offiziell beauftragten Techniker und Experten haben 1 sich in diese vielen Millionen verstiegen. Man kennt ja doch auch die Kosten anderer ausgeführten Flußbauten und Niemand hat noch behauptet, daß bei diesen Juragcwässerarbeiten besondere Schwierigkeiten vorkommen, welche Mißrcchnungen erzeugen könnten; allein smd die Abschlemmungen bestritten worden und zwar nur an.einigen Stellen, was aber von Hrn. Lanicca in seiner Widerlegung der Bundesexperten Anno 1855 glänzend und mit Beispielen beantwortet sich findet. In Bezug der Ueberschwemmungen herrschen im Allgemeinen auch irrige Ansichten. Wenn man diese Mööser bei Hochgewässern übersieht, so glauben Manche dieß komme alles von den ausgetretenen See'n; untersucht man aber die Sache näher, so erkennt man bald, daß dieses stehende Wasser mehrentheils von den Zuflüssen » 4 um die Mööser herum herrührt, denen aber nicht der gehörige Abzug verschafft ist) daran sind denn doch weniger die Regierungen, als die Nachlässigkeit der Moosgemeinden und Moosbesitzer schuld. So z. B. hab' ich im verflossenen Spätsommer mehrere Mal gesehen, daß nach nur wenigen Regentagen die Biedere ihr circa 800 Ju- charten haltendes Moosgebiet ganz überschwemmte und man die merkwürdige Thatsache genau messen konnte, wie auf der Moosseite der Murten-Jnsstraße das Wasser 8 bis 10 Zoll höher stand, als auf der andern Seite der Straße der Murtcnsee, der damals wenig über dem tiefsten Wasserstand war. Auch der untere Theil der Thielle auf dem Orbemoos ist höher als das nebenliegcnde Land, welches dann bei Hochgewässern wegen gehemmtem Ablauf lange überschwemmt bleibt und so versumpft. Hier könnten der Nozon und Talent wie auf dem großen Moos die Biebere mit ihrem viele .Erdetheile (Illnong) führende Wasser zur Colmatirung, Erhöhung And Bodenverbesserung benutzt werden. Von den 67,830 Jucharten Land, welche unter dem Eibfluß der Juragewässer stehen, werden beim höchsten Wasser von den See'», der Broye, obern und untern Zihl und Aare überschwemmt 13,968 Jucharten Mööser und 6714 Jucharten kultivirtes Land, also nicht ganz ein Drittel des ganzen Gebiets. Schon aus dem Gefall der einzelnen größer« Mööser ergibt sich' daß nur ihre untern an die Sce'n stoßenden Theile von diesen überschwemmt werden können. Das große Moos hat nach der Walperswyler Basis auf 43.000 Fuß Länge 35,3 Fuß Gefall; das Orbemoos von Entreroche bis Werden auf 48,000 Fuß 37,5 Fuß und das Broyemoos von Payerne in Murtensee auf 38,000 Fuß 56 Fuß Fall. Die meiste Zeit des Jahres gewähren diese ausgedehnten Mölfler ein trauriges Ansehen, entweder falb und braun, besonders diejenigen Theile welche geweidet werden, oder sie sind mit Wasser bedeckt und doch ist ihr Grund und Boden gut und erwartet nur der Ent- sumpfung und einer rationellen Kultivirung, wvrnach sie bald einen hohen Werth erhalten würden. Es gibt indessen schon jetzt Fälle, wo solche einen schönen Ertrag abwerfen, so habe ich zum Beispiel voriges Jahr einer Grasstcigerung beigewohnt, wo die Stakt Murten für 122 Jucharten ihres Bieberenmooses 9308 Fr. löste; Liesen für Moosland verhältnißmäßig hohen Ertrag verdankte diese- Moos der vorhandenen, freilich noch mangelhaften Bewässerung ander Biederen, dann, daß die Mööser dieses Jahr im Allgemeinen sich ausgezeichnet begrasten und der Aussicht auf Anzug der Heu- preise. Nun will ich mit dem Aarübergang der Staatsbahn beginnen: Die Eisenbahn Viel-Bern, welche seit 10 Jahren verschiedne- mal bloß konzesfionirt, aber nur zu lange ohne Ausführung blieb, muß und wird nun hoffentlich erstellt werden; jetzt auf einmal erhebt sich der Anstand wegen Ueberschrcitung der Aar, der mich aber schon bei den ersten Projekten dieser Bahn veranlaßt hatte, den betreffenden frühern Konzessionärs meine Bemerkungen über die Aarkorrektion zu machen und so halte ich jetzt noch dafür, daß diese zur Sicherheit des Flußübergangs nothwendig sei. Ich möchte aber weder wagen noch abwarten oder gar noch den Umweg bis in die Nähe von Aarberg verlegen und so der Eisenbahn von Bern nach dem Jura und Neuenburg einen Umweg an- ^ weisen. Ich würde also ohne anders zur beziehungsweisen Korrektion der Aar schreite«, aber diese nicht von oben herunter, sondern von unten herauf beginnen, was von dem Hegni bis über dem Buswyler Ucbergang in gleicher Zeit bewerkstelligt werden kann, während die übrigen Eisenbahnlinien erbaut und die Vorbereitungen zur Brücke erstellt sind. Alsdann würde diese Aarkorrektion nach und nach aufwärts fortgesetzt und auch der Hegnidurchstich gegraben werden. Auf diese Weise wird das Flußbett sich zuerst unten vertiefen, der Hochwasserstand, also die Überschwemmungen,, vermindern und am End ganz aufhören. Wenn dem Buswylerübergang die Überschwemmungsgefahr vorgeworfen wird, so ist diese Befürchtung nicht zu verkennen, weil eben die Aarkorrektion vyn oben herunter will in's Werk gesetzt werden, denn dadurch wird der Fluß oben sein Bett vertiefen und sein Gcschieb vor sich herstoßend immer unten dasselbe liegen lassen, wo hingegen von unten herauf corrigirt, das Wasser sein Geschieh liegen läßt und zur Verlandung bringt und die Wasserstrangen und Nebenarme des getheilten Flusses sich in das rektifizirte Bett zu» sammenziehcn. Nicht weniger als bei der Buswyler Linie, würde indessen auch die Eisenbahn von Aarberg über Kappel und Worden hinunter, ohne eine Aarkorrektion, überschwemmt, wie bekanntlich die Hochwasser von 1817, 1852, 1856 sich bis in's Merzlinger Moos erstreckten. Oder dieß zu verhindern, erfordert es einen Eisenkahndamm von ca. 20,000 Fuß, der dann bei Hochgewässern auch der Beschädigung ausgesetzt ist. Und so ist noch Manches bei Anlaß dieser beiden Eisenbahnlinien hin und wieder zu releviren, vielleicht auch geflissentlich übertrieben oder vertuscht worden. In diesem Sinn nehme ich die Behauptung der einen Parthei auf, welche die Kosten der 36,000 Fuß langen Aarkorrektion mit 3^ Millionen in's Feld stellte. Seiner Zeit hat Lelewel dafür 800,000 alte Franken devisirt. Ich habe früher diese Arbeit um etwas höher angeschlagen. Ich habe erst kürzlich Tullas Memoire von 1825 über die Rbeinrektifi- kation gelesen, wo er die 55^ Stund badischen Rhein von Hüningen bis zur hessischen Grenze auf fl. 7,235,000 veranschlagt (vor diesem Anschlag kosteten 14 Stunden bei Schröck und Knielingen fl. 1,400,000 oder oder pr. Kurentfuß Fr. 12^), rechnen wir nun das andere linke Ufer auf eben so viel, also zusammen auf fl. 14,470,000, so kommt die Stunde auf fl. 260,720 -der pr. Curent- fuß auf fl. 16^ oder Fr. 34. Nehmen wir für die jetzigen Preise und Erfordernisse ca. die Hälfte mehr oder Fr. 50 an, so kämen die 36,000 F. Aarkorrcktion von Aarberg bis Hegni aus Fr. 1,800 00l> und die Aare ist noch kein Rhein. Dazu der Hegni- und Reibcn- felddurchstich, inbegriffen 3400 Fuß des Aarbettes oder im Ganzen vom unteren Ende der Aarkorrektion bis Leuggern 13,000 Fuß für Fr. 500,000, also Aarberg-Lcuggenen Fr. 2,300,000. In Betreff der Tragung an diese Korrektionskosten bin ich denn auch mit Ihnen einverstanden, daß es nicht unbillig ist, wenn die Staatsbahn etwas an diese Kosten tragen würde, das wie viel dürfte nicht unschwer auszumilteln sein. . Wenn sich ein solcher Unterschied in den Kostenanschlägen herausstellt, so kommt es eben daher, welche Bauart angewendet werden soll; darüber will ich Ihnen jetzt nicht alles speziell beschreiben, beschränke mich bloß darauf zu bemerken, daß ich ein Mittelflußbett, jrderseits mit zwei Nothbetten, annehme, welche dann mit einem 7 niedrigen Alleeweg begrenzt werden, dazu Aushebung der Durchstichs- kanäle, niedrige Traversen als Landvcrbindungen und Zuschlußbauten der Nebenarme; Material Faschinen, und Steinbau; hinter den Alleewegen ein hinlänglich breites Holzwuchsrevicr; alle Bauten möglichst niedrig gehalten, damit bei Hochgewässern Derlandungen erfolgen und das Trübwafser Schlamm absetzen kann. Die Korrektionslinie durchschneidet das Hegni in einer Richtung gegen die Leuggene, um aus dem Reibcnfeld die Zihl aufzunehmen und dahin die Brücke verlegt würde; durch diese Anlage wird es dem Fluß möglich sein Geschieb in das alte Aarbett bei Büren abzugeben, welches bis zur Leuggene lang und tief genug ist, dieses Geschieb während vielen Jahren aufzunehmen. Uebrigens soll, wie gesagt, das Geschieb so viel möglich auf der Aarebene selber zurückgehalten bleiben und überhaupt wie unten gezeigt wird, von Aarberg aus in seinem Hauptquantum eine andere Ableitung erhalten; dabei ist es Thatsache, daß bei unrektifizirten Flüssen die Grienbänke mehr dadurch entstehen, das sie ihr Kies von einer Stelle wegreißen, um es an einer andern wieder liegen zu lassen, was beweist, wie nicht alles Geschieb nur von wcilerm Zufluß herkommt. Seit der Römerzeit haben sich die Sce'n ca. 7—8 Fuß erhöht; um so viel mag sich die untere Aarcbcne bis Brügg in dieser Zeit erhöht haben, denn von ihrem Geschieb ist keines weiter als Büren gelangt (nur Schlamm und Sand sind in's Meer). Dieses Quantum nun wäre für das ganze Saanengebiet und die Aaruser bis Thun nicht so enorm, wie man dieß oft angiebt. Ganz entschieden bin ich gegen die Errichtung von Dämmen, die als nothwendige Uebel an vielen unrektifizirten Flüssen nach und nach entstanden sind; zwischen ihnen erhöhen sich die Flußbetten und mit dieser suezessiven Erhöhung müssen auch die Dämme erhöht werden, wodurch endlich der Fluß über dem anliegenden Land dahin fließt, den Ablauf der Seitenzuflüsse abhält und so dieses Land versumpft, dessen Ucberschwemmungen länger andauern, den Limon des Trübwassers mit fortnimmt, statt zur Erhöhung und Befruchtung auf dem ncbenliegenden Land abzusetzen und endlich bei zunehmender Erhöhung der Flußbette schädliche Dammbrüche zu ge- 3 wältigen sind. Der jetzige Zustand des St. Galler Rheins zeigt, wohin die Dammbauten geführt haben. Ein Fluß dagegen, mit einem regulirten Lauf, nicht mehr durch Nebenarme vertheilt, wird /ein Bett nach und nach vertiefen, gestattet den Ueberschwemmungen einen freien Abzug und erhöht nach und nach das nebenliegcnde Land. Der vorübergehende Schaden der Überschwemmung wird compensirt durch die Befruchtung des Schlammes für die nachfolgende Produktion; so sind z. B. alle Matten längs dem Ufer der obern Zihl viel mehr werth, als die weiter einwärts liegenden Marais. Bei einer Aarkorrektion wird das überbordende Wasser die kahlen Griener und Holzwuchsreviere befruchten und die Vegetation befördern. — In verschiedenen Landern habcu sich die einsichtvollen Agronomen den Eindämmungcn widersetzt; schon Anno 1804 hat sich der badische Wasscrbaumeister Meerwein, Vorfahr von Tulla, in einer Broschüre „die Schädlichkeit der Dämme" sich gründlich darüber ausgesprochen; Tulla selbst in seiner Rektifikation des Rheins 1825 will sie möglich beschränken und Hr. Paris, Präsident der Agrikultur-gesellschaft des Ain-Depart., hat 1847 durch seine Schrift „über Eindämmung der fließenden Gewässer" in Frankreich und selbst in Oestreich, durch eine Ueber- setzung, die vollste Anerkennung gefunden. Wenn ich in Obigem meine Ansichten und Bemerkungen über das Gespenst der Aarkorrektion Ihnen mitgetheilt habe und Ihnen im Eingang dieses Briefes sage, daß ich vorn Hagneckkanal abgehe, so komme ich nun auf die Hauptsache dieses meines Briefes an Sie, nämlich auf eine andere Ableitung und Verfügung über das Aarwasser, und zwar statt die Aare von der Rabenfluh durch das Hagneck in Bielersee zu leiten, schlage ich vor, einen Theil der Aare (etwa ^ oder und namentlich beim Hoch- trübwasser, über das große Moos, zum Behuf derCol- matirung und Bewässerung zu leiten. Dieser Gedanke waltete, wie Sie wissen, schon geraume Zeit in mir, und als vor 3 Jahren Hr. Pascal Duprat und Chanoit dem beimischen Bandepartement eine Eingabe machten, sollte ich mit Ihnen einstehen; indessen gewisse Verhältnisse und Ihre speziellen technischen Vorschläge veranlaßten mich zurückzutreten, worauf ich der Entsumpfungs- 9 Direktion einen besondern und ganz modifizirten Plan und Bericht darüber eingab. Diese dießsallsigen Vorschläge will ich Ihnen nun hier in ext6N3o mittheilen. Die Operation einer vollständigen Eutsumpfung und Kultivirung des Mooses ist unzertrennlich mit der gleichzeitigen Anwendung des Colmatirens. dev Bewässerung und wo möglich der Drainirung, denn durch die alleinige Eutsumpfung würde der Boden eben so sehr durch die Austrocknung leiden, als vorher durch den Ueberfluß an Feuchtigkeit.» Die Ausdehnung desjenigen Theils des großen Mooses südlich von der Neuenburger Straße bis an die beiden See'n beträgt 16,800 Jucharten. Der Ertrag dieser großen Ebene ist aber sehr gering, sie wird zum Theil geweidet und zum Theil gemäht, ersteres dauert etwa bis Ende Juli, weil nachher das Gras hart wird; das abgemähte Gras giebt meistens nur Lische und Streue, und es giebt Moosgemeinden, wo die Juchart Gras kaum für ein paar Franken verkauft wird, und welche diese Möser so wenig achten, daß sie oft bei vielen Jucharten ihre Grenzen nicht genau kennen. Ich glaube, daß der Weidgang dieser Fläche nicht mit mehr als 800 Kühen, etwa 3 u 4 Monat betrieben wird und mit dem Abmähen im Ganzen kaum Fr. 40,000 Jahrcsertrag abwirft, welches zu 4 kapitalisirt einen Werth von 1 Million ergicbt, also pr. Juchart ea. Fr. 60, gegenüber von Fr. 400—500, so diese Mööser durch die hier angelegte Verbesserung erlangen könnten. Das große Moos kann in zwei Zonen abgetheilt werden; die eine oder obere, über dem Perimeter der>Seeü berschw em- mung, aber dennoch dem Einfluß der Hochgewässcr ausgesetzt, mittelst der Capillarität seines Moosbodens; der Inhalt diejer obern Zone beträgt 7796 Jucharten und hat bis zur Rabenfluh einen Höhenunterschied von 35 Fuß auf 50,000 Fuß Länge oder ein Gefäll von 0,70 pr. Mil.; die untere Zone, innert dein See überschwem m u ngsgebiet des Murten- und Neuenburger Sees, enthält 9007 Jucharten. Der Ueberschwemmungs- Perimeter des höchsten bekannten Wasscrstandes von 1802 ist 1,92 10 Fuß unter dem Neuenburgcr alten Mol oder 7,86 Fuß über dem niedrigsten Wasscrstand und 1,87 über dem Mittelwasser. Zur Beurtheilung der Scestände dienen folgende Bemerkungen: Nach 40jährigen Beobachtungen (Rapport, cke Is 8oeiete ckkK kOaturalistes) in Neuenburg erreicht der See in der Regel alle 3 Jahre eine Höhe von 2 Fuß Sinter dem höchsten Wasser, dann alle 8 Jahre während 6 Tagen ^ Fuß höher, und im Verlauf von 30 Jahren dreimal auf 1 Fuß unter dem höchsten Stand von 1802^ wie z. B. Anno 1831, 1834, 1852. Man zählt feit 1800 dreizehn große Anschwellungen (erues), wovon 4 schädliche (ckssastreugeZ) Uebcrschwemmungen. — Man kann annehmen: alle l5 Jahre eine außerordentliche Ueberfchwemmung und alle 4 Jahre eiü stark Mittelwasser, welches die User der Flüsse und See'n überbordet. Nach den gleichen Beobachtungen produzircn sich die Seeschwan- kungcn fast regelmäßig folgender Maaßen: Im Jcnner und Februar fallen die Gewässer vom Winter-Solstitium an, harter Schnee, die Atmosphäre enthält wenig Dünste, die Evaporation ist begünstigt durch trockene kalte Nordwinde. März, April, Mai: Lchnecichmelze fängt an, die Gewässer ersteigen. Juni, Juli: Die Sonne begünstigt eine starke Verdunstung, die Gewässer fallen stärker. August, Septbr., Octbr.: sie erhalten sich beinahe auf gleicher Höhe. Novemb. Dezember: Die Temperatur nimmt stark ab, fangen abon- dante Regen an, und die todten Pflanzen absor- biren keine bedeutende Massen Wasser mehr. Die Hochgcwässer von 1802 waren außerordentlich und allgemein in der ganzen Schweiz infolge von starken Regen, welche bis in die Alpenregion sich erstreckten, wie z. B. Regen im Dezember auf dem St. Gotthard, dabei war es eigen, daß der höchste Rheinstand in Basel in der Ncujahrsnacht von 1801 aus 1802 eintrat, wahrend die Jurasce'n ihr Maximum erst 8 Tage später erreichten, was ich zum Theil ihren unterirdischen Zuflüssen vom Jura zuschreibe. So war es auch Anno 1852 und 1856. Diese obigen Thatsachen bestätigen, daß die Entsumpfung des großen Mooses möglich ist, namentlich die der obern Zone, infolge 11 ihres Befalles und überhaupt auch, weil der niedere und mittlere Kasserstand von längerer Dauer ist, als der hohe. Diese Entwässerung würde aber natürlich noch mehr befördert durch die Senkung der Sec'n, also durch die Korrektion ihrer Gewässer, noch nachhaltiger aber und für die Kultivirung und Verbesserung der Moose zuträglich, geschieht dieses durch die Erhöhung des Moosbodens mit zugeschwemmtem Schlamm (limon) und selbst Sand und Geschieben. Das Aarwasser führt deren bei jeder Anschwellung eine große Quantität mit, der ganze Schuttkegel um Aarberg herum bis weit in die Mööser hinein hat diese befruchtenden Materialien seit undenklichen Zeiten dort abgesetzt. Die Natur gi.bt hier das Mittel an, dieses Material zur Erhöhung und Colmatirung der Mööser durch Zuleitung aus das Große Moos zu benutzen und diese enorme Quantität solider Stoffe des Trübwassers zu dessen Verbesserung zu verwenden, statt sie in die See'n zu leiten oder sich in's Meer zu verlieren. Wie ersteres schon Oberst Mathcy in seiner Memoire von 1838 mit Recht vorgeschlagen hat und welches Sie, mein Werther, oft hervorgehoben haben, wir Andern aber zu wenig beachteten und nur das schleunige Fortleiten des Wassers und Geschiebs im Auge hatten, zu welchem Behuf allerdings der Hagneckkanal und der Bielersee als Regulator ein radikales Mittel an die Hand gaben. Die Aare führt bei Hochgewässer (1856) zu Aarberg in einer Sekunde 38,000 Kubiksuß durch und beim niedrigsten Wasserstand 4566 Kfuß., also im Mittel 21,283 Kfuß. — Nehmen nur sür's Mittel jeder Anschwellung nur 20,000 Ksß. an. Es ist schwer, das Verhältniß der soliden Theile im Trübwasser nach dem Quantum zu kennen, man gelangt dazu nur annähernd durch Erfahrung und Dergleichungcn und je nach Ort und Umständen, die selbst nicht bei jeder Anschwellung die gleichen sind. Herr Paris, im oben angeführten Werk, findet, daß die Rhone an soliden Stoffen in's Meer abführt;'Boussingault nimmt für den V132, für die Rhone */i§v, für den Rhein und für die Seine r/^o an. Diese großen Differenzen erwecken Zweifel, indessen ist es gewiß, daß unsere Schweizerflüssc im Land selber verhältnißmäßig 12 größere Quantitäten an soliden Stoffen abführen, als die dem Meer sich nähernden Ströme, besonders diejenigen unserer Flüsse und Bäche, welche solche nicht in die See'n, am Fuß des Alpen- gebirgs abladen. Sie selbst haben darüber Versuche angestellt mit einigen Flaschen Aartrübwasscr von 1856, bei Aarbcrg gefaßt, und durch Ihr rationelles Procedee 3 Prozent solider Stoffe darin gefunden; da dieser Versuch aber bei einem sehr hohen Wasser geschah, wir aber das Aartrübwasscr bei allen Anschwellungen für die Mööser benutzen wollen und somit die weniger stark angelaufeiren Gewässer nicht so viel solch Material verhältnißmäßig mitführen werden, so nehme ich nur 1 Prozent soliden Stoff an, und dieß um so eher, als die Aare auf ihrem Grund Geschiebe fortwälzte, wovon nichts in jene Flaschen hat eindringen können. Das mittlere Volumen Wasser, so in Aarberg in einer Sekunde durchstießt, habe ich oben zu 20,000 Kubikfuß angenommen, nun würde man davon nur auf das Große Moos ableiten, also 5000 Kfß., davon 1"/o soliden Stoff, gibt von diesem in 1 Sekunde 50 Kfß. und in 24 Stunden zu 86,400 Sekunden 4,320,000 Kubikfuß und angenommen, es ergeben sich im Jahr nur 40 Tage Aareanschwellungen mit Trübwasser, so beträgt die aufs Moos abgeführte solide Masse im Jahr 172,800,000 Kubfß., vertheilt auf 16,200 Jucharten (indem von den 16,800 Jucharten 600 für Kanäle, Wege u. s. w. abgerechnet werden), gibt per Juchart 10,600 Kubikfuß und somit per Quadratfuß eine Erhöhung von 2,6 Zoll, oder in 10 Jahren circa 2^ Fuß. Dieses Resultat wäre mehr als befriedigend, wenngleich es unwahrscheinlich vorkommt, so ist doch die Rechnung richtig und dabei die Annahmen nicht übertrieben. Es ist zu diesem hier noch beizufügen, daß bei Anlage dieses Ableitungskanals alles Material, das zu dessen Bildung abgeschlemmt wird, nicht in den See'n verloren geht, sondern auch noch dem untern Theil der Mööser zu gut kommt, was nicht unbedeutend ist. Indessen wird sich die Erhöhung ergeben, indem der leichtere Schlamm sich über die Borde der Colmatkanäle auf die Mööser vertheilt, während das schwerere Geschiebe auf dem Grund bis in die untere Zone sich fortschickt. Zu diesem Behuf ist die Vorsicht 13 zu gebrauchen, das eingeleitete Aarwasser nicht vorher abzustellen, bis es wieder hell geworden, denn bei Abnahme des Wassers hätte es nicht mehr genug Kraft, das Geschiebe auf die untern Mööser zu schwemmen. Durch dieses Verfahren wird nicht allein ein neuer Moosboden geschaffen, sondern es wird durch Schlamm und Sand mehr verbessert als allein nur durch die Entwässerung, und dürfte sich der Boden in 10 bis 15 Jahren mittelst jener Erhöhung 3 bis 4 Fuß über den mittlern Wasserstand oder circa 1 Schuh unter dem hohen Stand, der etwa alle 8 Jahre eintritt, ergeben und zwar beim jetzigen Stand der See'n, ohne Rücksicht auf die Tieferlegung durch die Korrektion. Während dieser Operation der Mooserhöhung wird die Drainage angeordnet, und zwar zuerst auf der obern Zone, welche dazu Fall genug darbietet. Haben sich dann nach 10 bis 15 Jahren auch die untern Mööser nach und nach erhöht, so können auch diese drainirt werden. Erfolgt dann noch in dieser Zeit die Tieserlegung, der See'n, mittelst der Gewässerkorrektion, so wird die Entsumpfung, und Drainirung vervollständigt und beschleunigt. Da man übrigens mit dem Colmanren und Drainiren nach und nach in kleineren Revieren fortschreitet, so können die ersteir Abtheilungen (eompsvtimentZ) nach einigen Jahren schon kultivirt werden, während die untern noch der Entwässerungsoperation unterliegen. Eben so kann das ganze Moos nach und nach einem Bewässerungssystem unterworfen werden, das für diese Mööser vom besten Erfolg sein wird, um während großer Tröckne dieselben durch ileberrießlung zu erfrischen, wie selbiges von allen verständigen .Landwirthen angerathen und jetzt schon an einigen Stellen mit Vortheil angewendet wird, wie z. B. auf dem oben erwähnte Murtenmoos. Gegen mein Projekt, das Aarwasser auf das große Moos zn leiten (viel oder wenig) gewärtige ich von Ihnen die Einwendung, daß dadurch den beiden obern See'n noch mehr Wasser zufließen , werde, daraus antworte ich Ihnen, daß folgerichtig auch die Flußprofile der untern Broye und obern Zihl vergrößert werden müssen. Die Erweiterung dieser Flüsse und dadurch vermehrte» Kosten sind 14 zu untersuchen. Dieses alles Ihnen hier zu entwickeln wäre jetzt zu weitläufig; ick habe zwar darüber für mich Berechnungen angestellt, verbunden mit der Aarableitung auf's Moos, dessen Colmatirung, Drainirung und Kultivirung, verglichen mit den Kosten des Hagncck- Kanals, woraus sich ergiebt, daß mein Vorschlag bedeutend wohlfeiler sich erzeigt — denn hier ist wohl zu bemerken, daß in keinem der Anschläge für die Iuragewässerkorrektion, die Auslagen für die Kultivirung der Mööser, wie sie mein Antrag enthalten, eingebracht find, und also in dieser Beziehung mit einer bedeutenden Summe zu kompletiren sind. Da nun auch die eben besprochene Senkung der See'n zur Aufnahme der Aarzuflüsse über das große Moos als erforderlich anerkannt wird, so sind denn noch andere Gründe, von dieser Nothwendigkeit ganz unabhängig, welche diese Zuflüsse vermindern und unschädlich machen, auf die ich Sie auch noch möchte aufmerksam machen. Gewöhnlich und meistens erfolgen die Aaranschwellungen in Zeiten, wo die See'n einen niedrigen Stand haben, so daß der Inhalt der Colmatkanäle die See'n selten über den mittlern Wasserstand erhöhen werden. Das Aartrübwasser auf der ganzen Ausdehnung des großen Mooses, einige Tage wenig tief vertheilt, wird durch die Verdunstung ein bedeutendes Quantum verlieren. Hr. Professor Kopp in Neuenburg berechnet die jährliche Evaporation der Seestäche auf ca. 2 Meters Höhe. Es ist klar, daß die Wassermasse, welche von Aarberg über das große Moos sich ergießt, einen dreifachen Weg macht, um bis Maienned zu gelangen, die untern Gewässer und selbst die des Bielersees haben also Zeit, vorher abzulaufen und das auf dem Moos zurückgehaltene Wasser wird durch seine Adhäsion auf den Boden und seine Filtration durch die Drains ein großer Regulator für die Gesammtjurabewäfferung sein. Endlich weiß man, daß die Aar bei sehr großen Anschwellungen zuweilen ihr Wasser bis Brügg und gegen Nidau laufen läßt, nun aber wird diejenige Wassermasse, welche über das große Moos läuft, die Zihl bei Maienried oder Brügg nicht mehr schwellen, im 15 Gegentheil wird durch das relative und momentale Steigen der obern Gewässer nach den untern mehr Gefall ertheilt. > Wenn ich oben angenommen habe, ein Viertel der Aare über das große Moos zu leiten, so wüßte ich dafür keinen andern Grund anzugeben, als den, die Sache für den Anfang nicht zu stark aufzutragen; da Sie nun jetzt mit der Sache vertrauter geworden, so stehe ich gar nicht an, den Vorschlag zu machen, ^ der Aare bei Aarberg auf das große Moos abzuleiten. Ein solch Quantum Wasser während dem höchsten Aarstand würde allerdings die 16,800 Jucharten des großen Mooses in 24 Stunden über 3 Fuß hoch überschwemmen, wenn in dieser Zeit nichts davon würde ablaufen können. So wie dieß Wasser aber die ca. 2 Fuß hohen Einfassungen der Abtheilungen (eompgrtiinsntZ) erreicht, kann es ungehindert darüber ablaufen, nachdem es die festen Stoffe abgesetzt hat, und später erfolgt durch die Drains die Filtrirung. Eine solche Txübwasserexpedition wäre für das große Moos eine forcirte aber heilsame Kur. Etwas Wasser von der Aare muß der Aarebene unter Aarberg gelassen werden; Sie wissen, dafür hatte ich immer gesprochen; das Wasser ist eine Wohlthat und darf einer Gegend nicht ganz entzogen werden) was wären die Aarrieder und Kiesbänke ohne Wasser! Auch die Floßfahrt bedarf eines unvertheilten Aarbettes von 60 bis 80 Fuß Breite. Die Vortheile, welche der Hagneckkanal der Gesammtjura- gewässerkorrektion zusichert, finden sich alle auch bei der vorgeschlagenen Ableitung der Aare durch's große Moos; Geschieb und Trüb- wasserableitung dorthin, statt in den Bielersce und in's untere Aar- revier; als Regulator der Gewässer in viel ausgedehnterem Maaß und größerer Fläche, als der Bielersee; durch diese projcktirte Ableitung wird mit der Colmatirung das Moos erhöht und verbessert, die Bewässerung möglich und die eigene Kanalabschlämmung wird Millionen Kubikfuß Material auf dem Moos absetzen, während der Hagneckkanal seine eigene Abschwemmung und das Trubwasscr der Aare für alle Zeiten verloren im Bielersee absetzt und höchstens einige Jucharten Alluvion erzeugt. In Betreff des Hagneckkanals ist riech ein Umstand zu erwähnen: nach dem Längenprofil soll nämlich ein Theil desselben, wo er in Folge des gleichförmigen Profils von 1 pr. Mil. nicht sehr tief in den ursprünglichen Boden eingeschnitten mit Dämmen versehen werden; unsere beiden verstorbenen Kollegen in der Direktion der VorbercitungSgesellschast, die Herren Oberst Koch und Professor Trechsel, hatten damals schon Besorgnisse wegen möglichem Durchbrechen der Aare auf das Hagneckmoos. Seither habe ich selbst auf diesem Moos Bohrlöcher abgetäust, welche die Mächtigkeit der Torfschichtcn vorn Hagneck- bis in's Walpcrswylermoos von 23 bis 4 Fuss erzeigte, und zwar ein solch breiartiger Torf, daß mit Gewißheit vorauszusehen ist, daß beim ersten Durchlauf des Aar- wassers dieser Torf aller weggeschwemmt wird und nur durch sehr kostspielige und schleunige Einfassung der Ufer dieser Kanal erhalten werden könnte, und noch zudem das gleichförmige Gefalle auf der bettartigen Grundsohle gestört wird. Von vorheriger Verwendung dieser großen Torfmasse kann keine Rede sein, man müßte denn 20—30 Jahre dazu Zeit und genügsamen Raum zum Trocknen und Schuppen zum Aufbewahren oder Absatz für diesen Fvrmtorf haben. Es erfolgt nun aus allem oben Angeführten, daß um das große Moos kulturfähig zu machen, die Entwässerung nur dann entspricht, wenn sie durch die Colmatirung unterstützt wird. Ter Staatsminister und berühmte Hydrotekt Fossombroni wurde von Napoleon I. beauftragt, die Mittel zur Verbesserung der Marem- mcn von Tcskana anzugeben, bezeichnete dem Kaiser dafür, dieselben durch das Trübwasscr zu überschwemmen und die niedern Lagen damit wieder zu erhöhen; aber dieses Mittel, versetzte Napoleon, ist zu langsam, darauf Fossombroni erwiderte: Es ist das kürzeste Mittel, weil es das einzige ist. Sie haben Recht, versetzte der Monarch, und so sind jetzt jene berühmten Moräste zu einer der produktivsten und wohlangcbautcsten Gegenden Toskana's gemacht worden. Nachdem ich Ihnen nun die Hauptidee der Ableitung der Aare über das große Moos entwickelt habe, verbleibt mir noch, Sie mit der Anlage der einschlagenden Kanäle bekannt zu machen, 17 welche ich Ihnen hier nur im Allgemeinen beschreibe, was freilich deutlicher und kürzer unter Beifügen eines Plans abgethan wäre. Gegenüber der Rabenfluh auf dem linken Aarufer beginnt die Ableitung in einem Profil je nach dem Quantum Wasser, das man dem neuen Kanal anweisen will. Der Einkauf gehörig mit Faschinen und Steinbau verwahrt. Etwa 300 Fuß innert dem Einkauf erhält diese Wasserauffassung (pn8k ck'enu) eine Schleußt mit Aufzug, alles zwischen guten Wandmauern, Rost und Stichbrücken auf der Kanalsohle und in geeigneter Höhe zum niedrigsten Aarstand; von da geht der Kanal mit einer Brücke durch die Murtenstraße längs der südlichen Seite der Ncuenburger Straße nach dem Moos bis unterhalb dem Straßcnstutz von Sisclcn. An bezeichneter Stelle angelangt, vertheilt sich der Kanal in zwei Hauptcolmatkanäle, der eine auf rechter Seite des Mooses am Fuß des Hügels nach, unter Finstcrhenne, Trcitcn, Müntschcmicr, Ins und vor Gampeln durch bis vor die Zihlbrücke, jedoch nicht in die Zihl ausmündend; der andere Kanal geht in der Richtung nach der linken Seite des Mooses von Fräschelz, Kerzers und dem Erlimoos bis zur Murtenstraße. Jeder dieser Kanäle erhält in seinem Anfang ebenfalls eine Schleuß e. Die gegen das Moos gekehrten Borde dieser Kanäle werden niedriger gehalten als gegen die Hügelseite und erhalten gegen das Moos eine breite sehr sanfte Abdachung, damit bei vollbördigcm Kanal das Wasser auf das Moos überrieseln kann. Diese Colmatkanäle erhalten noch einige Unterabtheilungen, besonders auf der untern Zone des Mooses zur bessern Vertheilung des Trübwassers und des Geschiebes und werden nötigenfalls mittelst Kännel über die Eutwässerungskauäle geleitet. Die Breite dieser Kanäle wird sich abwärts nach und nach vermindern, damit sie bei dem Verlust des Wassers immer noch genug Tiefe behalten, das Geschicb am Boden fortzustoßen. Eine zweite Kategorie von Kanälen sind zur Ableitung (cleoksi-Ae) in die See'n und Flüsse; es find deren auch zwei; der eine durch die Mitte des Mooses hinunter nach dem Murtensee, mit einigen Unterabtheilungen; der andere fängt im Moos von Siselen an, und ergießt sich unter der Kanalmühle in 2 18 deren Graben, um dann durch den sog. großen Graben bis zur Zihlbrücke sich zu erstrecken. Auf jedem Bord dieser Kanäle wird ein Dammweg errichtet, mit nöthiger Breite zum Befahren; die Höhe dieser Dämme wird ca. um 1 Fuß die Höhe des Bordes des korrespondirenden Colmat- kanals übersteigen, zwischen welchen beiden Erhöhungen eine Colmat« Abtheilung (eompartiment 6e eolmstaK«) entsteht, worin sich ein Trübwassersammler (nspps 6'eau lioriLontgie) bilden kann. Die Breite der Ableitungskanälc richtet sich nach der Größe der Colmatkanäle oder dem Quantum des aus der Aare abzuleitenden Wassers; sie erhalten keine Schleußt« und sollen zur Schiff» fahrt mit kleinen Ruderschiffen benutzt werden können, um zum beliebigen Transport der Moosprodukte > zu dienen. Die dritte Art Kanäle sind bloße Gräben; quer durch das Moos von den Colmat- zu den großen Ablcitungskanälen gezogen, in welche die Drains ausmünden, also Drain- oder Laie ralzrä den. Einige Schuh Breite sind für sie hinlänglich; sie erhalten auf ihren Borden ebenfalls Erhöhungen, so daß sie innert den Borden der Colmatkanäle und den Dammwegen der Ablcitungs- kanäle eine ebene Fläche formiren, worin das Trübwasser aufge- genommen und in horizontaler Ausdehnung (nsps 6'ssu) zurückgehalten wird. Diese Gräben werden das durch die Drains filtrirte klare Wasser aufnehmen und solches unmittelbar durch kleine Brück- lein unter den Dammwegen in' die großen Ableitungskanäle abgeben. Die Nebengräben sind je nach der Lokalität und den bestehenden Gräben zu disponiren, jedoch nach Form und Größe möglichst parallel und in Abtheilungen von 30—40 Jucharten, wobei verstanden ist, daß irreguläres Besitzthum durch Abtausch zum land- wirtbschaftlichen Betrieb bequemer und zugänglich gemacht werde. Nachdem nunmehr diese sämmtlichen Kanäle erstellt und die Drains gelegt sind, wird man den Mechanismus der Gewässer begreifen: Colmatage nach Abtheilungen, unmittelbare Filtration und Cirkulation des Wassers durch den Boden in die Drains, welche dann das klare Wasser in die Nebengräben und von diesen in die Ableitungskanälc abgeben, und so den Schlamm auf dem 19 Moosbodtn zurücklassen; alle» dieses gleichzeitig, ohne daß diese Trübwasserfläche mehrere Tage durch Schleußen brauchte zurückgehal- ten zu werden. Auf diese Art ist es auch nicht nöthig, das ganze System vollständig zu vollenden, ehe mit der Kultivirung begonnen wird. Wie einer der Colmat- und einer der Abzugskanäle erstellt find, können die Vorkehrungen zur Kultur beginnnen. Die Abzugskanäle ergießen ihre Gewässer auf die Seealluvionen, wobei leicht veranstaltet werden kann, daß wenn solche noch einiges Trübwasser mitführen, der Schlamm sich daselbst auch absetzen kann. Der Kostenanschlag über diese Vorschläge für eine Ableitung von ein Viertel Aare bei der Rabenfluh, beträgt Fr. 3,100,000 (wobei 1 Million für die Drainirung gerechnet ist) für 16,300 Zucharten (nach Abzug für Kanäle und Wege), also per 1 Iuchart Fr. 190, die ich aber hier zu Fr. 200 ansetzen will. Der Graswuchs, welcher das hauptsächlichste Produkt dieser kultivirten Mööser sein dürste, spielt in der Landwirthschaft der Schweiz insofern eine wichtige Rolle, als diese Kultur eine bedeutende Zahl Schlachtvieh liefern würde, von dem wir jetzt noch vom Ausland im Werth von zwei Millionen jährlich beziehen. In jedem Fall ist die unmittelbare Folge dieser Verbesserung der Mööser, der Mehrwerth, welchen dieselben erhalten. Die eidgenössischen landwirthschaftlichen Experten von 1857 haben diesen Mchrwerth per Iuchart auf Fr. 212 geschätzt, nämlich wenn diese Mööser entsumpst sind, für die Drainirungskosten ist dafür nichts angesetzt, da diese und andere eigentlichen Moosoperationen erst noch von den Besitzern getragen werden müßten. Ich halte daher dafür, daß ich mich von dem reellen Werth nicht weit entferne, wenn ich die Jucharte dieses entsumpstcn und in Stand der Kultur gesetzten Bodens zu Fr. 500 annehme. Nach diesem Preis würden die 16,300 Iucharten Großmoos einen Werth von Fr. 8,150,000 erhalten, gegenüber einer Ausgabe von Fr. 3,100,000. Also sich ein Gewinn von 5 Millionen herausstellen. Nachdem ich Ihnen nun meine Hauptidee über die Aarableitung nach dem Großmoos nochmals näher auseinandergesetzt und allerlei Bemerkungen und Thatsachen habe mitlaufen lassen, die Sie übrigens 20 meistens selber schon und zum Theil noch besser kennen, so will ich Ihnen meinen Brief noch mit dem übrigen Theil der Gewässerkorrektion kompletiren, indem ich Ihnen wieder einige «meiner Gedanken und gemachten Erfahrungen mittheile, über die Details der einzelnen Korrektionen aber nicht eintrete, da darüber schon vielfach expertisirt und berichtet worden. Es haben sich allerlei Urtheile und Meinungen über die Ausführung der Korrektionsarbeiten dahin geltend gemacht, ob nicht diese Arbeiten in beschränkterem Maß ausgeführr und mit minderem Kostenaufwand könnten bewerkstelliget werden, um so zu einem Resultat zu gelangen, welches das Sprichwort „le mieux est I'en- nemis äu rechtfertigte, und es ist dabei angeführt worden, daß die projcktirte mittlere Seesenkung von 7^/z Fuß hin und wieder die Seeanlagen, wie Mauern, Häfen und Landungsplätze, gefährden könnte. Diesen vorübergehenden Nachtheilen kann vorgebeugt werden und auch sie werden nicht so häufig sein, wie man sie in's Feld stellt; warum sind in den letzten Jahren, wie z. B. Anno 1858 mehremal und längere Zeit, wo die See'n auf nie gesehener Tiefe standen, keine Seemauern eingestürzt? Der Hauptzweck der Senkung der See'n ist nicht, ihre Fläche zu verkleinern und einige 100 Jucharten Alluvion mehr zu gewinnen, sondern es ist ihm ein wichtigeres und nothwendigeres Ziel gesetzt, nämlich den Ablauf ihrer Zuflüsse zu befördern und so die Uebcrschwemmungcn zu verhindern und die Entsumpsung der Mööser zu ermöglichen und nachhaltig zu machen. Nur bei der projektirten Senkung von 2^ Fuß des Hoch- wasserstandcs ist es möglich diese Resultate zu erreichen. Es ist somit Hauptsache, die Ein- und Ausmündungen der See'n so tief wie möglich zu senken und auszubaggern, darin liegt für die See'n und ihren Ablanf die Hauptverbesserung. Aber nicht allein für die See'n ist diese Vertiefung ihrer Mündungen nöthig, sondern sie ist auch für die Korrektion der Flüsse geboten. Diese nämlich, Z- B. die Broye, obere und untere Zihl und die Aare von Buren bis Solothuru haben große Tiefen, welche aber dem dermaligen Wasserabfluß ganz unnütz sind, da sie wegen den auf- und abwärts befindlichen Flußbetterhöhungcn nur stilles Wasser enthalten. Um nun 21 Liese Flußbette in ihrer ganzen Ausdehnung wieder auf ihre ursprüngliche Tiefe zu versenken oder einzubetten,-müssen nothwendig ihre Erhöhungen am Ein- und Auslauf genugsam und nach den gestellten Projekten vertieft werden. — Geschähe dieß nicht und hielte man bei verminderter Seesenkung die neuen Kanäle höher, so würde man in die nachteilige Nothwendigkeit versetzt, den Profilen dieser Kanäle mehr Breite zu geben und zur Verhütung der Überschwemmungen Dämme zu errichten. — Es gibt also da nichts zu ersparen. Herr Lanicca gibt allen seinen Kanälen, mit Ausnahme des Hagneckkanals, 0,14 per Mille Gefäll; da dieselben aber nicht kon- tinuirlich, sondern durch die See'n unterbrochen find, so ist diese llniformität so absolut nothwendig nicht; der Gedanke ist wohl schön und glücklich projektirt, noch schöner und rationeller wäre aber «ine Ausführung, wornach alle drei See'n in's Niveau gelegt würden, wie englische Hydrotechniker angerathen haben, und was gar nicht so extravagant wäre. Es ist nicht nur bei Ausführung der ersten Gewässerkorrektion, sondern für alle Zukunft wichtig, die Seemündungen möglichst niedrig zu machen und in diesem Stand zu unterhalten. Nur wer an den See'n wohnt, weiß mit welchem Andrang die herrschenden Winde den Schlamm aus großer Tiefe an beiden Enden der See'n anhäufen; vor alten Zeiten ist Viel ohne Zweifel am See gewesen, wie zur Römerzeit Lbrockunum und^ventioum, und doch sind die See'n seit dieser Zeit nicht gefallen, worüber genug Beweise vorhanden, um so mehr ist also die zugespühlte Masse bedeutend. Als ich vor mehr als -50 Jahren beim lieben Vater Pestalozzi in Zferten war, ging der See bis nahe an die dritte Baumallee des Platzes verriere le lse, dermalen ist er mehrere hundert Fuß davon entfernt und wurde seither, wenn ich mich nicht irre, eine vierte Allee weiter auswärts ^pflanzt. Diese Seedämme oder Mäls zur Verwahrung der Fahrwasser oder LKenalg sind nirgends weit genug in die See'n hinaus angelegt, um diese Schlammanhäufungen abzuhalten; sie find selbst in den vorhandenen Projekten nicht zu lang angegeben. Was hingegen ihre Konstruktion betrifft, so würde ich solche mehr vereinfachen — 22 und dazu gar kein Holz verwenden, sondern nur r» pierre« penlues mit starken Böschungen und über dem Wasser gepflastert anlegen, dann ihre Hintere Seite mit Anlagen des gebaggerten Materials, in großer Quantität daselbst immer vorräthig, verstärken. Man braucht nicht so sehr dafür bekümmert zu sein, daß die eingeschütteten Steine alle im Grund versinken. Ich habe in Murten voriges Jahr den Hafen Mül in See hinaus auf 11 bis 13 Fuß Tiefe verlängert, ohne dazu ein Stücklcin Holz anzuwenden; die zugeführtcn 66 Barken enthielten 75,300 Kubikfuß Stein (aus den Vortheil geladen), dagegen war der Kubikinhalt des Mols nach seiner Vollendung 63,900 Kubikfuß, also 14 kleiner oder als Versenkung anzunehmen, jedenfalls ein wohlfeilerer Verlust, als die Verwendung von Faschinen Rösten und Pilotis. Als allgemeine Bemerkung habe ich noch zu erwähnen, daß bei den Flußkorrektionen das pedantische Einhalten langer gerader Kanallinien weder nothwendig noch zweckmäßig ist. Sanfte tangen- tirende Kurven, wodurch die Längen nur unbedeutend vermehrt und auf das Gefälle nicht von namhaftem Einfluß sind, dürften in den meisten Fällen wegen des Kostenpunktes und minderer Störung der Kommunikationen und des Landbewerbs vorzuziehen sein. Es sind nämlich ganz gerade Flußleitungen schwierig in ihren Profilen zu erhalten; der Lauf des Wassers in gerader Linie ist der Natur desselben nicht entsprechend; man findet in der Natur keinen geraden Strom, überwiegende Gründe müßten verlangen, von diesem Naturgesetz abzuweichen Das Flußwasser besteht aus einer unendlichen Menge Wassertropsen, welche unter sich eine tournircnde kreisförmige Bewegung haben, daher ihre Tendenz zum Fließen mehr krumm und kurvenartig ist, als gerade aus wie ein Pfeil; dazu kommt noch die verschiedene Festigkeit des Bodens an den Ufern der Flüsse. Seit ca. 15 Jahren wird von den badischen und französischen Ingenieurs der Rhein mehrentheils nach sanften Kurvenlinicn rektifizirt, wo man dann auch weiß, welche Profile, Form und Verwahrung den konkaven und konvexven Ufern zu geben ist, worüber ich übrigens auch meine besondern aus Erfahrung ge- Arüuteten Vorschriften habe. Es bleibt mir jetzt nur noch übrig, Ihnen über die einzelnen — LZ — Flußreviere und ihre Korrektionen meine Beobachtungen und Ansichten mitzutheilen. Die Broye. Es ist ziemlich bekannt, daß dieser Theil der Gewasserkorrcktion in den Projekten, Expertenberichten und dergl. etwas stiefmütterlich ist behandelt worden, obgleich dieser Fluß von Oron kommend, bei Anschwellungen eine bedeutende Wassermassr sehr geschwind in den Murtensee ergießt und dieser wohl mehr als die Hälfte der Gewässer des großen Mooses aufnimmt, also bedeutenden Einfluß auf dessen Entsumpfung ausübt und endlich alH Postdampfschifflinie benutzt wird zur Verbindung zweier Eisenbahnen. Das Wasserkonsumo der Broye ist nie ausgemittelt worden. Das jetzige Flußbett ist 130—140 Fuß breit und an der Mündung des Murtensec's kaum etwas über diese Hälfte breit; die neue Sugiczbrücke hat 118 Fuß Oeffnung. Letzten Vorsommer habe ich oft beobachtet, daß schon beim Mittelwasserstand der ganze untere Theil der Broye vollbördig war. Die korrigirte Broye soll circa 120 Fuß obere Breite erhalten. Bei dem geringen Gefälle dieses Flusses und der fast durchgehends großen Tiefe seines innern Bettes werden die Ausbaggerungen seiner beiden Mündungen den Murtcn- secabflnß bedeutend befördern; dessen ungeachtet aber muß der ganze Fluß mehr als nur jene 120 Fuß Breite erhalten, besonders für den Fall, wo man einen Theil der Aare über das große Moos leiten würde, so z. B. bei der Ableitung käme davon der Broye wohl r/ß zu. Seit einigen Fahren ist durch die Regierung von Freiburg, die Stadt Murten und die Ncucnburger Dampfschifffahrtgesellschast Einiges an die Broye verwendet worden, nämlich in Sugiez eine neue höhere Brücke mit wettern Oeffnungen zwischen den Pfeilern; baun wurde am Auslauf des Neuenburgcr Sees ein 1100 Fuß langer niedriger steinerner Mül für ca. Fr. 18000 gemacht und im Fluß selber gebaggert und zwar zuletzt mit einer kräftigen Damps- baggcrmaschine, vom Unternehmer aber unzweckmäßig geleitet und das Material so nachläßig auf das Ufer abgelegt, daß seither der größte Theil davon wieder in den Fluß gefallen und geschlämmt worden ist. Letzten Sommer habe ich die alten Baggergräben untersucht 24 und selbst ob und unter der Sugiezbrücke mehrere Wochen von Hand baggern lassen, als Nothbehelf wegen der gefährdeten Dampfschiff, fahrt bei nur 2^/, bis 3 Fuß Wassertiefe, und habe mich dabei, sowie noch aus andern Wahrnehmungen davon überzeugt, daß dieser feste fette Letten, woraus die Ufer und das Grundbctt bestehen, nicht kann abgeschlemmt werden, sondern muß ausgehoben und mühselig gebaggert werden. Die von Hrn. Lanicca vorgeschlagenen Durchstiche unterhalb Sugiez und die Arbeiten der Seemündungcn sind ohne anders auszuführen. Wenn ich nun in Anschlag bringe, was in den letzten Jahren, wie bemeldet, an der Broye ist verwendet worden, dagegen die nöthige mehrere Verbreiterung des Flusses überhaupt und noch diejenige wegen Aufnahme besagten Aarwassers; und daß das Material nickt abgeschlemmt werden kann, sondern gebaggert werden muß, so stelle ich den Lanicca'schen Kostenanschlag von 1850 von Fr. 487,212 und aus Rücksicht der seither gesteigerten Arbeitspreise auf Fr. 600,000. Die obere Zihl. Die Korrektion dieses Flusses ist nach Lanicca's Projekt auszuführen, mit der von mir (nicht von Herrn Lanicca, wie Herr Pros. Culmann angibt) den eidgenössischen Experten Anno 1854 vorgeschlagenen Modifikation von der Zihlbrücke in den Ncuenburgersee, wornach keine neue Brücke nöthig wird, besonders aber die Seedämme des Chenals mehr als um die Hälfte verkürzt und dadurch bedeutend erspart wird, und die Verhältnisse, Bodenkultur und Kantonsgrenze nicht so sehr gestört wenden. Es trifft daselbst auch der merkwürdige Umstand ein, daß der neue Kanal meist durch Kiesboden geht, da daselbst eine ausgedehnte Moraincablagerung sich befindet; Neuenburgcr- und Bernergemeinden besitzen da Kiesgruben. Der Auswurf des Kanals dürfte für viele Jahre ein Kies- und Sanddepot geben, welches letztere dermalen zum Bauen weither von Uvonaud zugeführt wird. Von allen Kostenanschlägen der Lanicca'schen Korrektionskanäle ist derjenige der obern Zihl insofern am höchsten berechnet, als es sich bei der Ausführung zeigen wird, daß die Abschlemmungen sich sehr leicht machen werden, weil unter der 4 — 5 Fuß tiefen Torf- lage feiner Flußsand sich befindet, was sich schon jetzt ergeben, da 25 ' Anno 1849 an der Mündung in den Biesersec nur auf dem rechten Ufer ein Seedamm erbaut wurde, worauf sich das Fahrwasser sofort vertiefte. Berechne ich die Ersparniß wegen Unterlassung einer neuen Brücke, dann die bedeutend verkürzten Seedamme und die Facilitat der Abschlemmung, dagegen die Kostenvermehrung wegen Aufnahme des Viertels des Aarwassers, so stellt sich bei mir der Kostenanschlag von Fr. 1,149,669, nach Lanicca auf höchstens Fr. 1,200,000. Die untere Zihl. Dieser Kanal ist der wichtigste von allen, wegen Abführung sämmtlicher Seegewässer, indessen habe ich hier nicht mehr viel zu sagen, da darüber fast erschöpfend expertisirt und berichtet worden ist. Ich vermuthe, Herr Lanicca werde selbst nicht mehr beharrlich auf seiner ersten Kanalrichtung bestehen, und so dürfte die von den Bundeserpertcn und andern gewählte Korrektionslinic, nämlich mehr dem jetzigen Lauf der Zihl nach bis auf das Reibenfeld, gewählt werden. Diese Linie stört den landwirthschaftlichen Betrieb und die Kommunikation weniger und entfernt sich mehr aus dem Bereich der lettartigcn Thonschicht unter dem Iensbcrg durch, welche als gänzlich auszuheben erkannt wurde. Beim Pfeidtwald wird's noch ferner tapfer auszubaggern geben; die übrigen drei Durchstiche bei Schwadernau, Safnerenfeld und Hegni enthalten schon leichteres Terrain, freilich auch mitunter tuft-cementartigen Kies. Das alte Bett beim Nydauer Ländtehaus vorbei bis zum neuen Kanal hinter Nydau, wird im Interesse der Schiffsahrt beizubehalten sein und zur Verhütung einer nachtheiligen Ablagerung des Schüßgeschiebs im linken User derselben ein Damm in den See hinaus anzulegen sein. Das Querprofil dieser untern Zihl bleibt beiläufig das gleiche, welches Herr Lanicca angenommen, indem solches das Zihl» und das zugeleitete Aarwasser abführen soll. Lanicca's Devis beträgt Fr. 1,981,229. Die Bundeserperten rechnen Fr. 2,400,000, was jedenfalls hoch genug angeschlagen ist, andem sie keine Abschlemmungen annehmen, was hingegen Herr Lanicca bestreitet. Die untere Aare von derLeuggenen bis zur Emme. Diese Flößstrecke hat, wie wir wissen, bis Solothurn ein lehr 26 geringes Gefalle mit vielen und großen Flußkrümmungen, und wird das Gelände in diesem Zustand öfters überschwemmt, was denn noch eher geschehen würde, wenn ihm, ohne auszuführende Korrektion, durch die obern Rektifikationen das Wasser schleuniger zugeleitet wird; DieBundcsexperten waren aber nicht sehr beeifcrt, diesen Flußbezirk durch Korrektionen zu verbessern und wollten dem Wasser mehr Ab- zug durch die Vertiefung der Aare zwischen der Stadt Solothurn verschaffen. Herr Lanicca und Sie haben aber in ihren Erwiderungen von 1855 das Unstatthafte ihrer Vorschläge dargestellt. Bleiben wir also dabei, daß dieser Bezirk mittelst Durchstichen kor- rigirt werde, die Wahl der verschiedenen Durchstichprojekte dürfte nicht sehr erheblich und schwierig sein. Dasjenige durch Hrn. Cul- mann vorgeschlagene diffcrirt in der Gei'ammllänge von 245,000 Fuß nur um 900 Fuß vom Projekt Lanicea's. Jedes dieser Pojckte wird durch drei Durchstiche gebildet, deren Gesammtlänge bei Cul. mann, inbegriffen der Rcgulirung der bestehenden Aarufer, 12,600 Fuß und bei Lanicca l 6,800 Fuß halten. Hingegen erfordert die erste Korrektion mehr Zuscklußbauten, welche mittelst Stcinwurf in die daselbst bedeutend tiefe Aare verhältnißmäßig größere Kosten und Schwierigkeiten ergeben werden, als ein paar Tausend Fuß längere Aushebungen neuer Durchstiche der Lanic,a'schen Korrektion. Die Durchschneidung des Landes trifft bei erstem Projekt bloß nur solo- thurnische Gemeinden, beim zweiten hingegen solothurnische und bernische Ländcreien. Betreffend hingegen die Rich'.ung des neuen Flußlaufes, so gewährt das Projekt Lanicca's eine gerade Linie. Und sollte mit der Zeit eine noch gründlichere Flußverbcsserung angestrebt werden, so kann eben diese gerade Richtung noch mit einem Durchstich hinter Stand durch verlängert werden, welches nur zum La- nicca'ichcn Projekt paßt und so jeder Zeit anschließend kann ausgeführt werden. Die von den Bundesexperten vorgeschlagene Vertiefung des Aarbcttcs zwischen beiden Städten Solothurn konnte für alle anstoßenden Gebäude oder Mauern sehr nachthcilig werden, indem alle ihre Röste uud Fundamente jetzt schon höher fitzen, als der niedrigste Wasserstand. Don der obern Sololhurncr-Brücke bis zur Emme hat die Aar bekanntlich wieder ein stärkeres Gefalle, als oberhalb der Brücke, welches Gefalle nun durch die Stauung des Wassers ob der Stadt bei Hochgewässern sich bedeutend vermehrt und so keine Vertiefung der Flußsohle erfordert. Beim Emmenholz und bei der Einmündung der Emme in die Aare sind mehrere Felsenrisse schräg durchgehend, welche ich Anno 1854 bei den Erhebungen für die Bundesexperten genau aufgenom- men habe: so sehr störend sind sie für den Wasserabfluß nicht, indessen mögen sie ausgeglichen und vertieft werden, wie sie Herr Lanicca devisirt. Der berüchtigte Emmcnschuttkegel liegt aber weiter abwärts, unter dem Emmencinlauf beim Attisholzsahr; da ist die Aare sehr seicht, bei kleinem Wasser kaum 1 Fuß tief. Indessen muß die Korrektion der Iuragewässer irgend eine Grenze haben und sollte durch Vertiefung dieses Kanals das Werk hier beschließen; bald nach dieser Aaruntiefc hat dieselbe wieder mehr Fall. ES ist Thatsache, daß durch Erbauung der Solothurner Festungswerke die Aar daselbst verengt wurde, und so ist die Lichtöffnung der obern Brücke nur 243 Fuß, während das obere Normalprofil 312 Fuß erhalten soll. Herr Laiüeca hat durch mehrere theoretische Rechnungen dargethan, daß nach seiner Gefällsausglei- chung und regulirten Wasserzuflüssen, die Stauung ob dieser Brücke bei Hochwasscrstand bloß nur 2—6 Zoll betragen werde; wenn sich diese Rechnungen praktisch als richtig erweisen, so ist das Resultat mehr als befriedigend, wir beide werdcn's aber schwerlich mehr erleben, deßwegen will auch nicht auf dasjenige zurückkommen, was ich seiner Zeit den Solothurnern zur Vermehrung des Wasserabflusses daselbst angerathen habe. Es ist nicht zu vergessen, daß wenn die Korrektion der Jura- gewässer mit der Rektifikation von der Emmc aufwärts bis zur Leuggcre begonnen werden soll und dieser Theil für jede der obern paßt, so darf doch nicht zu lange mit Bestimmung und Ausführung der obern Arbeiten gewartet werden, denn man wird begreifen, daß die Berechnungen und Vorausbcstimmungcn über den Wasscrab- und Zufluß der Aare von Herrn Lanicca eben darauf gegründet find, daß die Aargewässer in den See'n ihren Regulator finden sollen. 28 . ohne welche der Wasscrab- und Zufluß bei Solothurn ein anderes und nicht so günstiges Resultat haben würde. Hr. Lanicca devisirt den Arch-Leußliuger Durchstich, die theil, weise Aushebung der Flußsohle und die Vertiefung der Felsenriffe bei der Ennne auf zusammen Fr. 818,095, die ich auf Fr. 800,000 ansetze. Allerdings wäre eine spitzere Einmündung der Emme und deren "Einfassung bis zur Därendinger Brücke eine erwünschte Korrektion, wie schon Herr Lelewel angedeutet, die dann aber wohl einst auch nicht zurückbleiben dürfte, wenn man die' Gesammtkorrektion der Iuragewässcr mit gutem Willen zu Stande gebracht haben wird. Bei den vielen und öftern Berechnungen, die ich über die Zuragewässerkorrektion veranlaßt und beauftragt war, anzustellen, glaube ich mich auch berechtigt darüber auSzusprechen. Nach meinen obigen Kostenansätzen und einem Mehrbetrag von Fr. 1,600,000 für Administration und Unvorhergesehenes, käme das Ganze auf 12 Millionen. Würde man aber, statt nur ein Viertel der Aare nach dem großen Moos, drei Viertel derselben diesen Weg anweisen und so einen sehr ausgedehnten noch wirksamern Regulator erhalten, so würden die Kosten vermehrt und auf 13 Millionen sich stellen, wobei, wie au angeführter Stelle schon bemerkt worden, 1 Million für Znstandstellung der Kultur der Mööser enthalten ist, was allen andern Kostenanschlägen abgeht. Der Bericht der Vundesexperten konnte im Ganzen fast nicht anders ausfallen als es geschehen, da er durch Instruktionen und Fragen über Partial- und Theilungsprojekte beschränkt wurde, welche den Sinn hatten, durchblicken zu lassen, dem Unternehmen Er- sparisse oder vielleicht Verminderung an Ausdehnung zu unterstellen; dadurch ist die Sache nur verwickelt worden. Noch ein Wort über die Schifffahrt. Das Bedürfniß dazu scheint leider jetzt in den Hintergrund gestellt zu werden; sie hat aus Gründen auf unsern See'u abgenommen, wird jedoch für manche Gegenstände noch immer betrieben und auch nie ganz aufhören e'est un ekemin yui marebe. — Alles in der Welt ist der Veränderung und Reaktion unterworfen, und so kann man nicht wissen, was nachkommt. Wir lesen jetzt von zwei Dampfschiffen. 29 zur Bedienung der Londoner Ausstellung, welche die 9 Stunderr zwischen Calais und Dover in 1 Stunde und 8 Minuten zurücklegen; solche Dinge könnten der Litoralbahn mit ihren geschlossenen Kästen oder Waggons eine gemüthliche Konkurrenz machen. Nichtsdestoweniger will man um den Bodensee eine Gürtelbahn und die Zürcherseeherren Eisenbahnen auf ihren beiden Usern. Wie doch daK Publikum ungenügsam und veränderlich in seinen Ansprüchen ist 1 Als in den Dreißigerjahren die ersten Dampfer auf dem Zürchersee fuhren, hörte man darüber nur ein Lob; ein Seebewohncr, früher selber Schiffmann, drückte sich dahin aus: „das sei jetzt nicht nur schön und bequem, sondern diese Dampfschiffe zieren auch unsern schönen See." Was damals schön war, ist jetzt ordinär! Die Bundesexperten fügen ihrem Bericht bei, daß wenn Raddampfer die Kanäle befahren würden, so müßten die Berauhweh- rungen (?) der Ufer mit Steinpflaster versehen werden. Von Be- rauhwehrungen, wie sie am Rhein vorkommen, ist in den Korrektions- vorschriften nichts enthalten; unsere Kanäle werden nie die Geschwindigkeit des Rheins haben, die z. B. in Basel beim höchsten Wasserstand 13 Fuß beträgt und der Unterschied zwischen dem höchsten und niedrigsten Stand 22 Fuß ist. Allerdings verursachen Schraubenschiffe keine so starken Wellen seitwärts gegen die Ufer, wie Raddampfer. So gefährend ist aber der Effekt dieser letzter» doch nicht, besonders wenn die User vor- schriftsgemäß, sanft abgeböscht und begrast sind. Ich habe dieß häufig beobachtet und auf der Broye und Zihl habe ich die Ursache der beschädigten Uferbrüche mehr darin erkannt, daß bei Hochgewässern die Torfschicht dem Ufer nach angegriffen und oft einige Fuß einwärts weggespült wird, wonach dann^beim fallenden Wasser lange Streifen der obern Erdschicht hinunter sinken, die man oft über ein Jahr im Wasser unten liegen sieht. Also keine Berauh- wehrungen und kostspielige Pflasterung. Am Schluß kommt mir noch ein eigenthümlicher Gedanke, über die Betheiligung der mitinteressirten Kantone: Waadt hat die Entsumpfting seiner Broye- und Orbemööser für sich übernommen, und auch seit einigen Jahren damit begonnen» Aus gleiche Weise könnte Bern die Entsumpfnng des Mooses- 30 nach obigem Vorschlag für sich übernehmen, sowie die Aarkorrektion bis Leuggere, im Ganzen also eine Auslage von Fr. 5,400,000, dagegen sich den Genuß des Mehrwerths der Mööser von ca. 8 Millionen oder deren Besteuerung (Freiburger Antheil inbegriffen) vorbehalten. Den übrigen Rest der Korrektion mit Fr. 6,600,000 würden die andern Kantone mit dem Vortheil des Bundcsbeitrags übernehmen. — Wenn Bern diesen Modus näher untersucht und finanziell weiß nutzbar einzuleiten und zu organisiren, so sollte es, als Unternehmer und alleiniger Herr und Meister auf seinem Territorium, ein Geschäft machen, welches sich mit der Rendita der Staatsbahn wohl vergleichen dürfte. Neuen bürg, im Februar 1862. Mit steter Freundschaft unterzeichnet Ihr ergebener Ingenieur A. Meriail, Mitglied der Direktion der VorLereitungs-Gesellschaft der Juragewässer. Wachirag. Im August 1862. Seit Abfassung des obigen Briefes an Herrn vr. Schneider ist von der Bundesbehörde auf die erfolgte Erheblichkeitserklärung der am 10. Juli 1862 gestellten Motion in Sachen der Juragewässerkorrektion ein Schritt erfolgt, der zur Andiehandnahme dieses Unternehmens die beste Hoffnung erwarten läßt. Dieses Vorgehen veranlaßt mich, jenem Brief vom Februar noch Einiges beizufügen, um so mehr da jetzt die damalige Diskussion über den Bußwyler Eisenbahnübergang erledigt ist und die damals mitlaufenden Befürchtungen wegen der Iuragewässerkorrektion wie verschollen erklärt sind. Also zur Sache: Wenn es nun im Sinn der zu fassenden Beschlüsse liegt, mit der Korrekiion von unten herauf, d. h. von der Emme bis zur 31 Leuggene zu beginnen, so ist dieß nur als ein glücklicher Gedanke zu begrüßen, um einmal mir dem Unternehmen anzufangen, und es steht in dieser Beziehung dieses Unternehmen, viel früher an. geregt als dasjenige der St. Galler Rhemkorrektion, in besserer Kondition, als dieß letztere; es paßt für jedes der obern Projekte, die nun endgültig sollen nochmals untersucht und festgestellt werden. Vergleichen wir dagegen den Stand der Rheinkorrektion, so dürfen Zweifel über deren wirksamen Erfolg aufgeworfen werden. Am linken User Errichtung formidabler Dämme, längs dem über dem Boden erhabenen Flußbett; auf der rechten Seite das Liechtensteinische mit seinen vielleicht beschränkteren Hülfsmitteln; unten der krumme Rhein bis in den Bodensee mit dem Eselsschwanz und oben der auslösliche Thonschiefer und anderes Geschieb aus Graubünden; dieß das Bild, das ich mir von dem einstigen St. Galler Rhein mache. Was nun im angeführten Schreiben an Herrn Dr. Schneider über die untere Aarkorrektion von der Emme bis zur Leuggene angeführt ist, gilt für mich in allen Theilen hinfort und ich befreue mich des Besondern darüber, daß diese untere Aarrektifikation als Vorläufer der Aarableitnng in die See'n sein muß und wird, um diese zum Regulator der Gewässer zu machen; eine andere Auflösung der Frage über die obere Aarkorrektion darf dann nicht mehr statt Haben, weil im entgegengesetzten Fall der Zu- und Abfluß der Gewässer in Solothur« ein ganz anderer sein würde, als die Lanicca'schen Voraussetzungen ergeben; man sehe darüber das Betreffende in obigem Brief. Die bisherigen Korrektionsprojektc für die Gesammtjuragcwässer theilen sich in zwei Hauptideen. Die ältern korrigiren die bestehende Aare von Aarbcrg abwärts mit Durchftechung des Hegni, diese sind von den Herren Tulla, Hegner und Lelewel, von letzterem am ausführlichsten bearbeitet. Sie verhüten womöglich, die Aare nicht zu früh mit der Zihl zu vereinigen, höchstens bei der Leuggeren, um die Rückstanung der ersteren auf die letztere zu verhindern; die Aare sollte naturgemäßes stetig abnehmendes Gefälle erhalten. Die Abführung des Aar- geschiebes würde ein Vorsichhinstoßen desselben in diejenigen Flußreviere gewesen sein, welche ein schwächeres Gefall haben, also von 32 Dotzingcn über Büren hinunter; der reinere Sand und Schlamm würde dann freilich weiter abwärts nach dem Rh,cin gelangt sein. Nach den andern und spätern Projekten soll die Aare in die See'n abgeleitet werden, um die Geschiebe in denselben abzusetzen und den Hochgewässern die Seebecken als Regulatoren anzuweisen, wodurch die obern Gewässer in dieselben ausmünden, während die untern ablausen. Diese Projekte sind von Oberstlieutenant Mathey und Oberst Lanicca studirt und bearbeitet worden und haben, namentlich das letztere, nämlich die Ableitung der Aare mittelst des Hagneckkanals in den Vicsersee, von allen seitherigen Experten die volle Zustimmung erhalten. Diese Idee der Ableitung der Aare in den Biesersce ist zwar schon im Bericht des Herrn Oberst Koch von 1816 erwähnt, aber bloß in der Absicht, das Aargeschieb in diesem abzusetzen, und igno- ,rirt den andern Vortheil, ihn als Regulator der Gewässer zu benutzen. So interessant und gründlich sonst Hrn. Kochs Kommissionsbericht abgefaßt ist, so wird mau durch die Angabe srappirt, daß diese Idee wegen unermeßlichen Kosten unausführbar sei und die Meinung enthält, man müßte eine ziemlich hohe 8—12 Tausend Fuß breite Hügelkette durchbrechen. Wahrscheinlich halte die damalige Schwcllenkommission diese Hügelkette nie betreten und richtige topographische Karten waren damals eine Seltenheit. Anno 183ö beobachtete ich diese Hügelrcihe bei günstiger Beleuchtung von oberhalb Aarberg aus, wobei mir bald über jene angegebene große Breite Zweifel ausstießen; ich begab mich an Ort und Stelle und war angenehm überrascht, von dasigen Einwohnern zu vernehmen, wie nahe das Hagneck dem Biclersee sei, was ich denn auch bestätigt fand, denn, wie wir wissen, wird der Hagneckdurchstich nur 2660 Fuß laug. Bald daraus hatte dann Hr. Buchwalder daselbst von diesem Hügelrücken ein Nivellement gemacht, und ich einen Artikel im damaligen Volkssreuud zur Empfehlung dieser Idee erscheinen lassen, und als Anno 1839 die Vorbereitungszesellschaft den Hrn. Oberst Lanicca mit der Ausarbeitung eines umfassenden Berichtes für die Korrektion der Iuragewässer beauftragte, hat er diese Idee wissenschaftlich und glücklich entwickelt. Dieß die Geschichte des Hagneck- kanalprojektes. 33 — Ich muß nun selbst bekennen, daß ich mit den mehrstcn Technikern, welche sich mit den Juragewässern befaßten, früher immer nur von der Ansicht ausging, so viel wie möglich die Hochgewässer und das Geschiebe fortzuleiten und letzteres irgendwo unschädlich absetzen zu lassen. In dem allein liegt aber das Heil nicht, es handelt-sich zugleich auch, einen Regulator für die Gewässer zu erhalten und besonders noch verbinde man damit die Erhöhung des Bodens oder der Mööser, daher mein Vorschlag zur Colmatirung derselben und Zurückhalten der Geschiebe und des Trübwassers mittelst geeigneter Anlagen. In den letzten Jahren habe ich die Mööser vielfach beobachtet und mit Moosbesitzern und Anwohnern derselben gesprochen und dabei allgemein bemerkt, daß die Mööser allein nur durch Wasflr- ableitung nicht oder nur wenig verbessert werden, ja sogar durch starke Trockenlegung sich setzen würden, besonders wo Torfschichten sich darunter befinden, und daß aber besonders durch Erhöhung ihres Bodens und Mischung oder 'Auftrag mit Sand und Kies sie in Quantität und Qualität ihrer Produkte ungemein verbessert werden. Man frage, was waren und was galten vor 30 oder 40 Jahren die Matten und Pflanzplätze bei Diel, Nydau, Landeron, Epagnier, Thielle, Sugy, Montelicr und anderen Orten? Durch Erhöhung und daherige ermöglichte Bearbeitung sind sie jetzt schöne Ländereien geworden, -ohne seither entsumpft worden zu sein. Wollen wir dem Seeland helfen, so seien wir nicht allein Ingenieurs, sondern auch Landwirthe. Die Grundzüge meines Korrekteonsprojekts, wie sie in obiger Schrift bezeichnet sind, gründen sich insofern auch auf das Projekt Lanicca's, also auf Ableitung der Aare in die See'n, nur statt allein in den Biclersee, vielmehr über das große Moos in die See'n von Murten und Neuenburg, und somit Ablagerung des Geschiebes und des Schlammes auf diese Mööseb zur Colmatirung, dann Benutzung dieser Seebecken und der zum Behuf dieser Colmatirung überschwemmten Mööser, als Gewässerregulator. Die übrigen Fluß. korrektionen der Broye, obern und untern Zihl und der untern Aare sind mit etwelchen untergeordneten Modifikationen nahe dieselben, wie sie Herr Lanicca verschlägt, mit dem Festhalten seiner S 34 Vorschläge, die Seeaus- und Einmündungen durch Ausbaggern möglichst zu vertiefen und durch möglichst lange Scedämmc (Mols) diese Mündungen vor Verschlammen durch Wind- und Wellenschlag zu sichern. Der Hauptunterschicd des vorliegenden Projekts mit demjenigen durch das Hagncck ist also bloß, die Aare oder einen Theil derselben (ca. 3/4 oder 190 Fuß breit) über das große Moos in die obern zwei See'n abzuleiten. Wie obige Schrift schon bemerkt, gewährt diese Ableitung nicht allein den gleichen Vortheil, wie diejenige durch das Hagneck, sondern wird die Kultivirung des großen Mooses ungemein mehr befördern; die Geschiebsablagerungen erhöhen das Moos, statt im Bielersee unbenutzt abgesetzt zu werden; sie dehnt die Fläche des Wasscrregulators um mehr als das Fünffache aus und benutzt am Ende noch die eigene Abschlammungsmasse zur Colmatirung. Die Schleusten im Ableitungskanal statt im alten Aarbett, welche Schleußen in ihrer Sohle mehrere Fuß tiefer zu setzen sind, als das Bett der Aare und noch durch eine feste Fang- sporre mit breiter Grundlage das Wasser in den Ableitungskanal leiten soll. Durch die Belastung eines Viertels des Aarwassers in ihrem alten Bett ist übrigens das Theilungsprojekt nur schwach repräsen« tirt. Dieser Theil (ca. oder 60-70 Fuß Breite, die Aarberger- brücke hat 235 Fuß), der Aare in ihrem alten Bett belassend und nach einem Normalprofil rektifizirt, ist zur Floßfahrt nothwendig, wird aber auch den Wörthern und Weiden von Aarberg abwärts zur Trübwasserbewässerung und Verlandung dienen. Sollte auch diese Abtheilung bei Hochgewässern einiges Geschiebe mitführen, so soll sich davon Vieles in die Altwasser ergießen können, indem diese Aarreknsikation keine Dämme erhält, und ohne Bedenken darf sich dann der noch mitfühlende und unverriebene Kiesrest in das zu verlassende und sehr tiefe alte Flußbett der Aare zwischen Büren und Solothurn für lange Jahre ablagern. Ebenso werden die Abschlämmungen der Durchstiche ob Solothurn in diesen alten Flußbetten ihren Platz finden, wenn die Zuschlußbauten jedesmal am untern Ende der zu verlassenden Flußarme mit Senkfaschinen kder Steinwurs nur nach und nach und für den den Ansang nicht 35 höher als der niedrigste Wasserstand gehalten werden. Ich glaube, diese Bemerkungen und die Ableitungen der Aare über das große Moos seien eine beruhigende Antwort aus die Besorgnisse des Aargans wegen Zuführen der Geschiebe. Sorgen indessen diese Gegenden des Vaterlandes dafür, daß sie nicht so viel Emmegeschiebe erhalten und daß ihre Aar selbst nicht so viel kieshaltende Uferabbrüche von Ölten bis Brugg veranlasse. Wenn nach Obigem ein Quasi Theilungsprojekt zur Nothwendigkeit wird, so ist freilich die Frage auszuwerfen, soll dieß nicht statt haben und sollen die Floßfahrt und das Weidenbewässern geopfert werden und soll jener Gegend das Wasser, ein Lebenselement, gänzlich entzogen werden, oder ist der Nachtheil eines kleinen Theils des Geschiebentwcichcns von der großen Abtheilung gerechtfertigt, um die Floßfahrt beizubehalten und die Aargriener bewässern zu können? — Wer berechnet dieß rationell und vernünftigerweise? Die Theorie der Wasserbauprojektmacher und die Velksansicht könnten da in Widerspruch sein. Wenn einst der Zeitpunkt eintrifft, daß durch die Colmatirung die Erhöhung der Mööser erfolgt, welches ist dann die Bedeutung der drei Viertel Aarableitung übers große Moos? — ganz einfach: die fortgesetzte langsamere Erhöhung der untern Moostheile; die Bewässerung und Ueberrießlung des Bodens durch die Aare, der beständige Regulator der Gewässer und endlich Absetzen des Geschicks und Schlammes in den seichten Seeufern als Alluvion, so gut wie im Biclersee durch den Hagneckkanal. Zum Schluß erwähne ich nur noch einige andere in neuester Zeit wieder aufgetauchte Projekte, die vor 20 und mehr Jahren auch schon dagewesen, damals aber den Bach abgeschickt wurden, aber jetzt doch wieder die unverdiente Ehre haben, vor den Behörden behandelt zu werden, nämlich: Alle Gewässer des Seelandes nach dem Genfersee zu leiten, unbekümmert der ungeheuren Aushebungsmasse des Kanals voI * Uverdon bis Entreroche, wo der Uebergang 37 Fuß höher liegt, als der Neuenburgersee; dann die vielen Schlcußen im Venogethal bis in den 204 Fuß tiefern Lemancrsce; und was würden die Waadtländcr Ufer und die Stadt Genf zu diesem Wasscrzufluß 36 sagen? und sogar müßte das französisch-savoyische Ufer denselben auch noch annexire». Ein anderes erneuertes Projekt will die Saanc in den Murten- see leiten, als wenn die Aare dann kein Geschieh mehr bringen würde; darüber sehe man das Gegentheil in den Mittheilungen des Herrn Professor Kullmann und überhaupt was alle Kenner der Aare darüber sagen. Ein Tunnel für die Saane ist etwas anderes als für eine Eisenbahn und nicht so leicht auszuführen und zu unterhalten, als ein Zuckerbeckermodell. Die gleichen Projektfabrikanten wollen die Gewässer des Bieler- see's hinter Bicl, durch einen ca. 40,000 Fuß langen neuen Kanal in die Aare leiten — ist auch schon dagewesen — der in seiner obern Abtheilung vom See bis über Bötzingen auf ca. 13,000 Fuß den Thalübergang, von ca. 26 Fuß über dem See, einschncidct, ungerechnet das Gefalle des Kanals selbst. Man hat seiner Zeit diesen guten Leuten ihren Unsinn vor- demonstrirt, immer kommen aber wieder andere Genies und kleiden ihren Unsinn in bessere diplomatische Formen, — das Unpraktische bleibt aber das Gleiche. Alle auf die Ausführung bezüglichen Vorschläge der obigen Schrift und dieses Nachtrages würden selbstverständlich eine speziellere Ausarbeitung erfordern, die als ballier 6es otrai-Kes benutzt werden könnten. Mit dem Wunsche, das bald und etwas Rechtes in dieser Sache gemacht- werde, schließe ich diese Mittheilung langjähriger Beobachtungen und Erhebungen unter meiner festgestellten Ansicht über die Ausführung der Korrektion für die Juragcwässer und zwar wahrscheinlich ein für alle Mal. Ncuenburg, im August 1862. U. Merian. Uachwort statt Wrwort. Nachdem Herr A. Merian sich entschlossen hatte, seinen obigen Brief in Manuskript drucken zu lassen, ersuchte er mich wiederholt, denselben mit einigen Worten zu begleiten. Da ich dazu keine Zeit fand, so entschloß ich mich, meinen co n f idcn tic ll c n Brief, den ich ihm als Antwort unterm 31. 2"Ii zugedacht hatte, hier folgen zu lassen, um wenigstens einiger Maßen seinem Wunsche entgegenzukommen. Bern, den 7. Scpt. 1862. vi-. I. R. Schneider. Lln Herr» Ll. Merlan, Ingenieur in Renenönrg als Antwort auf seinen offenen Dries. „Es ist Einem eine Freude, wo man ihm richtig antwortet, „Und ein Wort zu seiner Zeit, ist sehr lieblich," sagt Salomon irgendwo in seinen weisen Sprüchen, — Sie aber, — mein lieber Freund Merian, Sie höre ich schon längst mit Recht darüber Klage führen, daß der Doktor die Sprüche Salomon's so wenig befolgte. Ich werde es auch nicht versuchen, mein langes Stillschweigen zu entschuldigen, oder gar rechtfertigen zu wollen. In Staub und Asche stehe ich vor Ihnen, thue Buße und bitte ab. Ihren offenen Brief habe ich wirklich mit großem Interesse gelesen. — Merkwürdiges Zusammentreffen, daß wir fast gleichzeitig über den gleichen Gegenstand, unsere Gedanken niedergeschrieben 38 - haben. Sie im Dezember, ich, im November; Sie in einem Briefe an mich, ich in einem Bericht an die Direktoren und den Ausschuß der Lorbereitnngsgesellschaft für die Iuragewässcrkorrcktion; Sie offenbar in der Absicht einen fruchtbaren Gedanken der Gegenwart oder der Zukunft anheim zu stellen, ich dagegen, ohne fruchtbrin> gende Ideen, vielmehr unter einer unschuldigen Form, in liebloser Weise die Gegenwart geiselnd, offenbar, so wird man sagen, in der Absicht meinem Gram, daß das seit so vielen Jahren angestrebte Unternehmen nicht zu Stande kommt, Luft zu machen, und meiner Eitelkeit eine Art Satisfaktion zu verschaffen. — Etwas ist daran, n8in>i>ia 5imi>ikri8." Dabei bleibe ich nicht stehen, „MHualig Ntjua- Ii'irus« liegt ja so nahe. Mit Mephistophclcs und unseren Homöopathen, den erfrornen Fuß mit dem Fußtritt heilen. — „Fuß heilet Fuß, — so ist's mit allen Gliedern" — probslurn e8t. „Nun, das geschieht wohl unter Liebcsleuteu," sagte Göthe's Braune. — Dabei sah ich aber ein, daß Sie auch hier den bessern Weg eingeschlagen, den edlern Theil gewählt haben, indem Sie eine fruchtbare Idee, unseres verstorbenen Mitarbeiter Herrn Oberstlieutenant Mathey. zum Gegenstand Ihrer genauern Prüfung gemacht haben und die Mit- und Nachwelt mit den Ergebnissen derselben auf die uneigennützigste Weise zu dotiren gedenken. Dom Zeitpunkt an, wo ich das interessante Memorial des Hrn. Mathey zum ersten Mal gelesen hatte, stand bei mir die Ueberzeugung fest, daß der Gedanke, die schlammführende Saane und Aare zur Colmatirung des großen Mooses zu benutzen, ein fruchtbringender Gedanke sei, der früher oder später in irgend einer Weise, seinen Weg machen werde. Auch hat Hr. Oberst La Nicca demselben in seinem ersten Projekt alle Rechnung getragen, indem er absichtlich das Niveau des Hagnckkanals hoch genug hielt, um bei hohen und trüben WasscMndcn einen Theil der Aare zur Colmatirung des großen Mooses benutzen zu können, was auch bei dem später mo- difizirtcn Plan nicht ausgeschlossen bleibt. Ich betrachtete es aber als eine nothwendige Vereinfachung, daß Herr La Nicca die Lösung der Frage der Tieferlcgung der Hauptgewässer von der specieller» Entsumpfungs- und Colmatirungssrage in der Execution scharf trennte. Auch vermochte ein mir von Hrn. 39 Ingenieur Wagner, schon vor 15 Jahren abgegebenes Memorial, für die Ableitung der Aare in den Murtensee mit, gleichzeitiger Li- monisation des großen Mooses, keine andere Ansicht beizubringen. „Vermeidung der Uebersch we m m u n g c n, Ermögli- chung die Sümpfe und Mööser trocken legen zu können, Sicherung der Schifffahrt für alle Jahreszeiten," das war die bereits schon sehr complicirte Aufgabe, welche die Vorbereitnngsgcfellsckaft im Jahr 1839, bei seiner Berufung, an Herrn Oberst La Nicca stellte. Herr La Nicca löste theoretisch das dreifache Problem dadurch, daß er sich der See'n als Regulatoren für die Wasserstände bediente, und gleichzeitig das Niveau derselben tiefer setzte. Das Letztere erreichte er durch seinen Kanal Nydau- Solothurn, das Erstere durch seinen Kanal Aarberg - Biclersce, auf die allercinsachste Weise. Aber das Publikum, und auch gewisse Regierungen wollen (nur darf es nicht viel kosten)' auf einmal Alles, denn „die Menge lebt in zersplitterten Ideen, der Geister- reiche in der Idee," — und Sie, mein Lieber, Sie wollen der Menge Rechnung tragen, und kehren vielleicht das von Ihnen gebrauchte Sprüchwort gegen sich selbst: „Is mieux est I'ennemi eiu dien." — „Nicht allein darin," sagt mit Recht La Rochefoucauld, „liegt der größte Fehler des Scharfsinnes, daß er das Ziel nicht „erreicht, sondern Laß er darüber hinausstürmt." Eigenes Urtheil steht mir nicht zu, aber ich nehme an, Ihr Plan sei ausführbar, und die Ausführung werde nicht viel mehr kosten, als die Ausführung des Planes La Nicca, so trage ich dennoch einiges Bedenken hinsichtlich des Erfolges. Sie haben nämlich bei Ihrem Plane weder die Menge des Wassers, noch weniger die des Geschiebes und desSchlammcs in Ihrer Gewalt, welche Sie zur Colmatation verwenden wollen. Die Aare hat oberhalb Aarberg ein Gefäll von mehr als 1,5 und führt deßhalb hier schon schweres Geschiebe; das große Moos hat dagegen durchschnittlich nur ein Gefäll von 0,70. Wird sich nicht bei dem ersten Großwasser Ihr Hauptkanal gegen Siselen hin mit Geschiebe anfüllen? Die Aare bringt bei hohem Wasserstand bis 38,000 Kubikfuß Wasser in der Sekunde nach Aarbcrg, wovon ^ Theil dem Moos zugeleitet werden sollen. Was 40 wird in einem solchen Falle, besonders wenn der Hauptkanal bereits mit großem Geschiebe angefüllt ist, aus allen unten liegenden Col- matationsbauten, den Schleußen, den Dämmen, den Reservoirs, den Kanälen, Drainiranlagen u. s. w werden? Kommt dann noch der Umstand dazu, daß die Hochwasser bei uns nicht immer wie am Nil zur gewünschten Zeit eintreffen, so ist der Uebelstand um so größer. Endlich ersehe ich nicht, was Sie mit der Aare zu thun gedenken, wenn einmal das ganze große Moos colmatirt sein wird. - Mir scheint es, alle diese Einwendungen und Besorgnisse können wegfallen, wenn man nach Ausführung des Planes La Nicca, an geeigneten Stellen des Aarbcrgerkanals, oder vielleicht schon oberhalb Colmationskanäle anbringt, die man mit Schleußen ganz in seiner Gewalt haben kann. Es entspreche ein solches Verfahren auch vielmehr dem im Valle 6i etiiana »beobachtete Verfahren, wie ich aus den nur vorliegenden Plänen Maneti's entnehme. Indessen halte ich dafür, Ihr Vorschlag verdiene alle Beachtung, und derselbe kann mit unendlich mehr Recht darauf Anspruch machen, daß man ihn einer genauen Prüfung unterwerfe, als gewisse andere Vorschläge, denen diese Ehre erwiesen wurde. Auch habe ich schon jetzt die Ueberzeugung gewonnen, daß wenn derselbe als Ganzes auch nicht angenommen werden sollte, denn doch Mehreres in Ihren Vorschlägen liegt, das bei den einstigen Colmationsbauten seine praktische Anwendung finden werde. Jedenfalls machen Sie sich damit neuerdings um die Gegenwart und die Zukunft verdient, und flechten sich eine frische Blume des „Vergißmeinnicht" in den Kranz fruchtbarer Ideen, mit welchen Sie bereits Ihre Mitbürger beschenkt haben. Freilich wurde es als eine verrückte Idee angesehen, als Sie zuerst den Hauensteintunnel in Vorschlag brachten, und die Schweiz mit einer Kreuzstraße von Eisenbahnen von Norden nach Süden und von Osten nach Westen belegen wollten) freilich galten Sie als ein Träumer, als Sie zuerst im Volksfreund die Ableitung der Aare in den Bielersee in Vorschlag brachten; freilich bezeichnete man Sie als einen unpraktischen Spekulanten, als Sie zuerst auf die große Bedeutung der Asphaltlager im Traversthal aufmerksam machten. Kurz überall, 41 wo man keine Gegengründe hatte, suchte man Sie mit einem Schlag- Wort todtzuschlagen, während Andere sich Ihrer Ideen bemächtigten, dieselben mit den besten Erfolg in's Leben riefen, oder auf dem Punkte sind, es zu thun. Frage ich aber darnach, was Sie von dem Allen haben, welchen Dank und welche Anerkennug Sie gefunden, so kann ich nur den Undank unserer Zeit beklagen, welche so rasch die Verdienste eines solchen Mannes vergessen kann. Andere theilen sich in die Ehre und in die Dividenden Ihrer Ideen, die Ihnen so viel Zeit, Aufwand, Kummer, Aerger und schlaflose Nächte gebracht. Noch heute baut man für Millionen Alpenstraßen und denkt nicht daran, die Erfahrungen eines Mannes keizuziehen, der schon vor vierzig Jahren an der Hauensteinstraße sein Meisterstück gemacht, seither als Ingenieur und Unternehmer vielseitig in Anspruch genommen, als Oberingenieur der Kantone Zürich und Neuenburg von den schwierigsten Straßenbauten geleitet hat. — Man korrigirt auch alle unsere Flüsse, und man scheint nicht zu wissen, daß von jeher der Flußbau eine Ihrer Lieblingsbeschäftigungen war, und daß Sie an mehr als an einem Orte, die Proben Ihres praktischen Geschickes an den Tag gelegt haben, wie z. B. bei Basel an der Birs. Wahr, aber nicht gerade sehr trostreich,für diejenigen, welche noch gerne länger auf dieser Erdenrunde herumgehen ohne Hunger leiden zu müssen, sagt der gemüthliche Ebel: „Wer für das Wohl der Menschheit ernst und still „Die Saaten streut für alle künft'gen Zeiten, „Der muß den Leichnam hin als Martyr geben — „Mit seinem Tod beginnet erst das Leben." Uebrigens scheinen Sie sich fast darob zu ärgern, daß man den Projekten eines Herrn Fornerod und eines Herrn Süchard so viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Mit Unrecht! die Menge glaubt so leicht, daß wenn man auch das scheinbar unsinnigste Projekt nicht untersucht, so gilt dieß gleich als Beweis der Vortrefflichkeit desselben. Zudem hatten diese Herren für ihre Projekte bereits ihre " Vorgänger, Herr Süchard in Herrn Wagner, Herr Fornerod in Herrn Weibel von Baselland Ueberhaupt: 42 „Wer kann was Dummes, wer was Kluges denken, „Was nicht die Vorwelt schon gedacht?" Selbst Ihr Vorschlag, statt Eisenbahnen Asphaltbahnen zu bauen, ist nicht so neu, als Sie etwa glauben, soll sich doch nach Diodor die herrschsüchtige Semiramis zu ihren gewaltigen Bauten derselben bedient haben, und wenn unsere Zeit sich rühmt, die Drai- nirung sumpfigen Bodens erfunden zu haben, so lehrt uns Plinins, daß die Römer das Ding schon vor zweitausend Jahren praktizirt haben. Deßwegen sind aber die neuaufgefuudenen Sachen nicht weniger verdienstlich, nur soll uns dieß Bescheidenheit lernen: »osr, v'est rine »rnnde kolie cls vouloi'r ötoe lcrut 8eul" sagte ein Franzose, der aber vor der glücklichen Zeit eines Napoleon IN. gelebt hat. . Doch, ich mache die Entdeckung, daß ich dießmal entsetzlich lang gewesen, darum breche ich kurz ab, mich der Hoffnung hingebend. Sie werden mir Dank wissen, Ihnen ein halbes Gran Morphium erspart zu haben. Schlummern Sie sanft. Unwandelbar Bern, 31. Juli 1862. Der Ihrige. vr. I. R. Schneider.