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Dieser Bericht beschlägt verschiedene Punkte, die schon bei einer frühern Berathung zur Sprache gebracht wurden. Schon jene öffentliche Besprechung in Ihrer Mitte hat in verschiedenen Theilen des Landes auch verschiedene Gefühle hervorgebracht, und viel- leicht, wenn man erwarten konnte, daß jene öffentliche Be. sprechung in Ihrer hohen Mitte hätte geeignet sein sollen, gewisse Mißverständnisse zu heben, aber nicht gehoben hat, so muß man sich eingestehen, daß vielleicht jene Berathung die obwaltenden Mißverständnisse im Lande nur noch vermehrt hat. HHerren, wenn unter der verschiedenen Bevölkerung des Landes je länger je nothwendiger ein brüderliches Einver- ständniß nöthig wird, so sollte die oberste Landesbehörde kein Mittel unterlassen, um diese Mißverständnisse zu heben, das nöthige Einverständniß herbeizuführen und dem Volke zu sagen, wie es die obersten Landesbehörden eigentlich meinen, wie sie die Lage des Landes ansehen und welche Pflichten aus dieser Lage des Landes für jeden einzelnen Bürger hervorgehen, Pflichten der Aufopferung und des wahren und 384 ächten Patriotismus. Aus diesen Gründen stelle ich den Antrag, es möchte dieser Bericht des Kl. Rathes in die Verhandlungs- blättereingerücktundsodemVolkezurKenntnißgebracht werden. Dann habe ich aus dem Vortrage LeS Kl. Rathes entnommen, daß derselbe reiflich nachgedacht hat über die Lage des Kantons, daß er die Verhältnisse, in welchen sich das Land befindet, wohl verstehe, und daß er mit großer Einsicht und Umsicht die Mittel und Wege angedeutet hat, auf welchen möglicherweise der Friede des Landes erzielt werden könnte. Deswegen stelle ich im Weitem den Antrag, es möchte dem Großen Rathe gefallen, dem Kl. Rathe seinen ausführlichen Bericht über die Zustände des Landes bestens zu verdanken, und im Weilern diese Behörde zu beauftragen, sie möchte mit möglicher Beförderung alle diejenigen Anträge hinter- bringen, die ihr zur Beruhigung des Landes geeignet und erforderlich scheinen. Diese Anträge werden beschlossen. Es folgt sonach hier die Zuschrift des Kl. Rathes. Aarau, den 10. Mai 1841. Landammann und Kleiner Rath des Kantons Aargau an den Tit Große« Rath. Hochgeachtete Herren! Als wir in unserer jüngsten Zuschrift vom 4. Mai den Beschluß der hohen Tagsatzung vom 2 . April 1841 über die Aufhebung der aargauischen Klöster Hochdenselben zu übermitteln die Ehre hatten, fanden wir uns bewogen, die Stel- lung des Kantons Aargau zur Eidgenossenschaft und die Aufgabe anzudeuten, die derselbe im Hinblicke auf seine Ehre und Selbstherrlichkeit, sowie in Berücksichtigung seiner Pflichten gegen den Bund zu lösen haben dürfte. Die Weisheit, vielleicht aller Staaten, sicherlich aber eines kleinen Freistaates, den die Vorsehung neben die Bewegungslinie des großen Völker- und Staatenverkehrs gestellt, liegt nach unserer Ansicht in der Unschuld seiner Zwecke und in der Rechtmäßigkeit seiner Bestrebungen. Diese Politik und die 385 für eine solche einstehende Thatkraft verklärt die Anfänge des staatlichen Daseins gemeiner Eidgenossenschaft und der dieselben bildenden BundeSglieder. Eine auf diesen Grundlagen ruhende Staatsweisheit/ Vermächtnis ruhmwürdiger Vergangenheit/ wird dem Aargau die Festigkeit gewähren/ dasjenige zu sichern und zu schützen, was es im Bewußtsein guten Rechtes unternahm/ so wie hinwieder in ihr die Erinnerung und Mahnung liegt/ gegenüber dem Bunde jene Wahrheit zu ehren/ daß für alle BundeSgenoffenschaft alter Zeit/ sowie für die Staatenvereine neuerer Tage es ebenmäßig zum Unglücke auöschlug/ sei es/ daß ein durch Ereignisse in eine raschere Bahn der Entwickelung gedrängtes Bundesglied die geheiligte Grenze der Bundesverfassung rücksichtslos und unentgegbar betrat/ sei es/ daß in entgegengesetzter Rücksichtlssigkeit und starrer Nichtanerkennung der individuellen LebenSbedingungen deS einen Bundesgliedes die Uebrigen statt Versöhnung im Geiste des BundeS anzubahnen/ nur in Nöthigungen zu Gunsten der Form die Aufgabe der Ehre erkennen wollten. Wird/ wie von Ihrer Einsicht und Vaterlandsliebe zu erwarten steht/ jener Friedenspunkt gefunden, in welchem die Forderungen der kantonalen Selbstständigkeit, der Würde deö Aargaus und des von demselben angestrebten Fortschrittes auf dem Gebiete der Kultur mit den Interessen der Eidgenossenschaft, der Hoheit und dem Bestände des Bundes sich vereinigen, so wird eine nahe Zukunft einen Zwiespalt gehoben sehen, zu dessen Beseitigung das Mögliche beizutragen jeder treue Eidgenosse sich bepflichtet halten muß. Wir haben in der, wenn auch nur eine kurze Frist umgrenzenden, Geschichte des aargauischen Freistaates, hinreichende Gewähren für die zuversichtliche Erwartung, daß der in fester Treue zum Bunde erprobte, in bereitwilliger Hingebung für die Eidgenossenschaft keinem Bundeögliede nachstehende Aargau mit der zur Befestigung schöner friedlicher Verhältnisse dargereichten Bruderhand gerne von all denen werde aufgenommen werden, denen der wahre Geist unserer Bündnisse noch gegenwärtig, denen die Vergangenheit ein Spiegel mahnender Erfahrungen, und denen die Zukunft als eine Erbschaft der Ehre und des Glückes für die Enkel theuer ist. Indem wir so unsere Zustände gegen den Bund, als unter den Schutz unseres Rechtes und unter die Obhut jener Gesinnung gestellt sehen, die die Tage der Eidgenossenschaft würdig der geschichtlichen Verzeichnung und des Vorbildes gemacht, lenken wir Hochderselben Aufmerksamkeit auf unsere innern Verhältnisse. Verhandl. des Gr. Raths. I84t. 49 386 So wenig schwierig es sein dürfte/ die bewegenden Ursachen aufzudecken/ die von Aussen und Innen seit Jahren dazu beitrugen/ die Ruhe der Gemüther eines großen Theils des aargautschen Volkes zu stören und die Segnungen zu verkümmern/ die einer ungetrübten Verwirklichung des Geistes unserer freisinnigen Verfassung und einer redlichen Ver- waltung hätten gelingen müsse»/ so wollen wir dennoch/ um bittern Erinnerungen nicht einen allzuweiten Spielraum zu gewähren/ nur die Erscheinungen und deren Gründe ins Auge fasse«/ die in einer nahe liegenden Vergangenheit die Ruhe/ das Glück und die öffentliche Ordnung im Aargau gefährdet und gestört. AlS eine der hervorragendste» / mächtigsten Ursachen/ weil auf dem uferlosen, vielbewegten Meere des menschliche«/ die Grenzen dies- und jenseitiger Beziehungen so gerne ver- webenden Gemüthes sich bewegend/ als ein zur Aussaat der manigfaltigften Besorgnisse vorzüglich geeignetes Feld/ auf weichem zuerst das herumgebotene Schlagwort/ als Losungö- reichen in einem allerwärts mehr oder weniger weit geführten Kampfe/ verlautete/ stellt sich die Beunruhigung dar/ in welche die zwischen der Kirche und dem Staate ausge- brochenen Reibungen einen Theil des katholischen Volkes versetzten. Das der Erkenntniß und richtigen Anschauung des Volkes noch nicht aufgeschlossene Gebiet einer selbst in der Wis- senfchaft noch unausgetragenen Frage über die Hoheit deS Staates und der Gewalt der Kirche und ihre versöhnenden Beziehungen bot einen erwünschten Wirkungskreis für alle diejenigen/ die entweder im Dränge der Ueberzeugung für die Oberherrlichkeit der Kirche zum Kampfe einzustehen sich berufen fühlten, oder die weit andern Absichten und Gelüsten zugethan, unter der Maske des kirchlichen Kampfes für die Zwecke einer politischen Partei, oder der eigenen Selbstsucht dem Staate und der bestehenden Ordnung den Fehdehandschuh hinwarfen. Die Badener-Konferenzartikel waren lange Zeit den einen das Signal zum Kampfe für die durch dieselben bedrohten Leiligthümer der Religion, während die andern sich um dieselben als einem Palladium der durch den KurialismuS gefährdeten Rechte des Staates schaarten. Nachdem in langem Hader über diese Punkte Jahre verflossen und die besten Kräfte der bürgerlichen Gesellschaft zersplittert waren, schien der Friede wiederkehren zu wollen. Aber der Eintritt deS Revisionsjahres, das so viele lange gehegte Hoffnungen end- lich verwirklichen sollte, das so manche bis zu diesem Zeit- 387 räume zurückgedrängte Leidenschaft entfesselte, rief von neuem die Parteien unter die alten Paniere, und der Streit hob wieder an mit gesteigerter Hoffnung von der einen, mit frü- herer Hartnäckigkeit von der andern Seite; und wie denn im menschlichen Leben oft geschieht, daß schnell zu dem Aeußersten gegriffen wird, so wollten die Freunde der söge- heißenen kirchlichen Garantiern in der Abschaffung der Badener - Konferenzartikel nicht mehr genügliche Sicherheit gegen den Uebergriff dcS Staates in die unantastbaren Kreise der Kirche erkennen, sondern glaubten die Rettung in einer konfessionellen Trennung suchen zu müssen. Auf dieser äußersten Linie, auf welche die entschie- dcnsten rücksichtlosesten Freunde der kirchlichen Suprematie sich hinausgewagt, konnte die Entscheidung für dieselben nur ungünstig sein, da alle, denen daS Glück eines einheitlichen Aargau'ö vor der Seele stund, ohne Unterschied der Kon- fessionen einem solchen maßlosen Versuche sich entgegenstellen mußten. Die neue Verfassung hat über die Bestrebungen, die Ein- heit des Kantons in dieser Weise zu zerlegen, den Stab gebrochen, jedem Glaubensbekenntnisse seine geweihte Wirksamkeit unter der Palme des Friedens und der Liebe angewiesen, unter welcher auch die brüderlichen Verhältnisse aller Aargauer neu gedeihen und erstarken sollen. Noch aber sind die Wellen des Sturmes, der in jüngster Zeit über den Kanton einbrach und denselben heftig erschüt- terte, noch nicht beruhigt, und wenn die Oberfläche des Volkslebens zur Stunde beruhigter erscheint, so weiß man dennoch, daß das Senkblei der Forschung in der Tiefe der Gemüthswelt auf Brandungen deutet, die neue Wogen an das kaum gesicherte Gestade zu wälzen drohen. Und wenn, wie jüngst auf dem Tage zu Bern, der Ruf nach konfessioneller Trennung den Beweis zur Hand gibt, daß die Besorgnisse des katholischen Volkes ftttö noch genährt und geweckt werden, so ist es eine unabweisliche Mahnung, die zarteste Pflege für eine Wunde zu üben, in welcher das zur Befestigung unserer Einheit unumgänglich nothwendige Zutrauen des Volkes verblutet. Worin die Maßnahmen der Beschwichtigung gefunden werden sollen, darüber dürften die Ansichten verschieden sich gestalten. Eines scheint voraus nothwendig und ersprießlich, nämlich der ruhige, leidenschaft- lose, ungetrübte Blick auf unsere kirchlich-religiösen Verhältnisse selbst. Ein solcher wird unö lehren, daß in der konfessionellen Trennung kein Heil für die Kirche und deren Rechte und heiligen Zwecke gefunden werden kann. Bei der 388 Bestimmtheit, mit welcher die Garantieen der Konfessionen und ihre gleichberechtigten Gebiete in der Verfassung gewährleistet sind/ bei der über alle irdischen Verhältnisse und über alle Macht des Staates Hinausreichenden/ die höchsten Lebensbeziehungen öffnenden und segnenden Gewalt der Kirche/ die hinwieder in ihrer äußern Gliederung als fester/ alle schützender Schild und Hort ihrer gottgeweihten Einrichtungen in sich selbst eine ewige Sicherheit trägt/ bei der überhinigen Bestimmung der Verfassung annoch/ daß die/ die katholische Kirche berührenden gesetzlichen Bestimmungen nur mit Genehmigung der kirchlichen Gewalt erlassen werden dürfen/ erscheint die Maßregel konfessioneller Trennung als jedes Grundes ermangelnd. Dagegen stellt sie sich als eine beklagenSwerthe Sönderung eines einheitlichen Staates in zerrissene Theile dar/ ein unglückliches Ergebniß künstlich herbeigeführten Mißtrauens/ eine von Feindeshand gegrabene Kluft/ ein Grab der schönsten Erinnerungen langjähriger be- glückender Eintracht aller Glaubensgenossen im Aargau. Hören wir zudem auf die Stimmen der Hellfehendften und redlichen Staatsmänner der katholischen Konfession selbst in einem Kantone/ in welchem die konfessionelle Trennung die heilige Flamme des Altares zu den Lagerfeuern zweier Bünde umgewandelt/ so können wir nur die feste/ unerschütterliche Ueberzeugung vor Hochdenselben und Angesichts des Aargauischen Volkes aussprechen/ daß die Einführung der konfessionellen Trennung eine unheilvolle Maßregel wäre/ die die Bedrohung/ ja baldige Vernichtung unserer Staats- einheit in ihrem Schooße trägt. Bezüglich der Badener-Konferenzartikel sodann haben jöngsthinige Ereignisse in und außerhalb des Kantons nicht gcwichtlose Gründe in die Waagschale der Ansicht gelegt/ welche der Abolition dieser Artikel eine längst ausgesprochene/ wenn vielleicht auch überschätzende Huldigung bringt. Eine ruhige Betrachtung dürfte im Allgemeinen schon erkennbar werden oder schon geworden sei«/ daß eine generelle Aufstellung von leitenden Grundsätzen und legislatorischen Grundgedanken über vielfach verschlungene Rechtsverhältnisse schon im Allgemeinen als eine bedenkliche Fessel der Zukunft erscheint/ oft gerade dazu geeignet/ den in anderer Richtung zu gewinnenden Fortschritt für die gleichen Zwecke zu hemmen ober zu vereiteln. Tritt nun noch hinzu/ wie dieß in staatS- kirchenrechtlichen Beziehungen nothwendig der Fall ist/ daß die inS Leben zu führenden Axiome und Prinzipien zwei Rcchts- gebiete betreffen/ die in einer gewissen Selbstftändigkeit und Freithätigkeit nach eigenen Polen sich bewegen/ so wird eben- 389 falls eingesehen werden müssen/ daß die einseitige Umschreibung der Bahnlinie deö einen Rechtskörpers vielleicht schon dieser vorgreiflichen Einseitigkeit wegen den andern in eine ferne feindliche Richtung stößt, wodurch jene Zusammenwir- kung zweier Kräfte verloren geht, deren Einigung die Er- zielung der beglückendsten Zwecke in Kirche und Staat ermöglicht hätte. Die Erfahrung der letzten Jahre spricht für diese Wahrheit. Der Kleine Rath, indem er diese Erkenntniß auSspricht, ist jedoch weit entfernt, die etwaige Folgerung gutzuheißen, daß deswegen der Staat diejenigen Rechte, welche ihm gemäß seiner Zwecke gebühren, und welche er kraft seiner Hoheit übte und übt, und die er auf dem Wege des Verkommnisses erwarb, oder die er in seiner innern Gesetzgebung befestigte, fallen lassen sollte. Vielmehr sind wir der festen Ansicht, daß die jura circa sacra, wie selbe vor den Badener-Konferenzarftkeln bestanden und wie selbe seither als Bestandtheile der aargauischen Gesetzgebung aufgenommen wurden, um so eher festgehalten werden sollen, als der Beweis vorliegt und auch fernerhin gewärtigt werden darf, daß dieselben von der Kirchengewalt als allgemein gebührende Attribute der Staatshoheit anerkannt sind und als gefricdete Punktarionen außer dem Bereiche neuer Erörterungen werden gestellt bleiben. Im Hinblick auf den eigenthümlichen geschichtlichen Verlauf der Versuche, die Badener-Konfcrenzartikel auf dem Boden der kantonalen Gesetzgebung zu befestigen, und ihrer Allgemeinheit eine spezielle artikulirte Form zu verleihen, ergibt sich, daß kaum in irgend einer andern legislatorischen Auf. gäbe so viele Schwankungen und Modifikationen in der Ausfüh- rung sich zur Schau stellten, als sie uns durch die Konferenzstände vorgeführt werden. Nachdem dieses Gestirn der Schule und der Doktrin durch die ungünstigsten Phasen sich getrieben und dem Gesichtskreise von fünf Ständen, die seinem Kultus anhingen, sich entzogen, ruht es ansetzt noch wie ein Abend- stern am Saume des politischen Himmels zweier Kantone, deren Beruf es ist, nach vielen Stürmen den Morgen einer friedlichen Zukunft zu feiern. Wenn wir nun ins Auge fassen, daß der aargauische 6 oäcx ftii-18 circa sacra auf einer nicht weniger breiten und umfassenden und schon urkundlich oder usuell befestigten Grundlage beruht, als diejenige ist, welche die Badener - Konferenzartikel gewähren sollten, wenn wir bedenken, daß eine Sicherung dieser erworbenen Rechte unausgesetztes Bestreben der überwachenden Behörden sein wird, so wie daß der Abschluß einer staatskirchenrechtlichen Gesetzgebung nur dem Ein- 390 klänge doppelseitiger Berührung gelingen kann , so wie, daß die Badener-Konferenzartikel beinahe ihre nominelle Bedeutung verloren, da Aargau gleichsam ohne weitem, jedenfalls ohne einen in gleichem Maße bethciligten Bundes- genossen auf dem verlassenen Felde steht, endlich auch, daß die aargauische Verfassung als eine Schutzwache gegen kirchliche Einbrüche, wenn solche versucht werden sollten, aufgestellt ist, so darf zugegeben werden, daß die Aufhebung der Badener-Konferenzartikel ohne Gefährde des Staats unter der Voraussetzung gewährt werden kann, daß dadurch dem katholischen Landestheile Beruhigung und Trost geboten wird. Diesen für die Aufhebung sprechenden Momenten liessen sich indessen nicht wenigere Gründe für deren Beibehaltung entgegenstellen, unter welchen einer der wichtigsten der sein dürfte, daß die gegen die Badener-Konferenzartikel heraufbeschworene Stimmung und Bewegung eine künstlich hervorgebrachte sei. Wie das katholische Volk das seit drei Jahren ungestörte friedliche Verhältniß und die durch keine Zerwürfnisse unterbrochene zmrauungSvolle Stellung der Behörden, der Kirche und des StaatS ungetrübt beurtheilt, wenn eS in Prüfung desjenigen, was in der allernächsten Vergangenheit für die erhabenen Zwecke der Kirche durch den Staat selbst geschah, die Ueberzeugung gewinnen muß, daß, so wett es am Staate liegt, alles aufgeboten wurde, was zur sittlichen und religiösen Veredlung zweckgemäß erschien, daß die Opfer des StaatS für die Kirche mit voller Bereitwilligkeit in jährlich gesteigertem Maße hingegeben werden, so möchte wohl der Hossnung Raum gegönnt sein, das katholische Volk endlich vor den Besorgnissen enthoben zu sehen, die es um die höchsten und theuersten Güter schon so lange gehegt. Eine weitere Beruhigung für dasselbe dürfte wohl auch in der Bildung des katholischen KirchenratheS gesunden werden. Es mag wohl als richtig angenommen werden , daß das katholische Volk eine wichtige Gewähr seiner kirchlichen Beziehungen zum Staate darin erblickt, 'oaß dem Klerus in der Bestellung der mit der nähern Leitung der kirchlichen Verhältnisse betrauten Behörde eine bestimmte Mitwirkung gegeben werde, auf daß derselbe eine seinen Bedürfnissen geneigte Repräsentation erkennen kann. Wir find in Berücksichtigung dieses Punktes gerne bereit, bei Vorlegung des Organisationsgesetzes des Kl. Rathes, Ihrem hohen Ermessen einen dem angedeuteten Sinne und Zwecke entsprechenden Entwurf zu unterstellen. — Wir nähern unö ansetzt den nachwirkenden Folgen jener beklagcnSwerthen Ereignisse, die uns im abgeflossenen Jenner nöthigten, mit bewaffneter Hand die 391 verfassungsmäßige Ordnung des Landes gegen die Frevel des Aufruhrs zu schützen. Eine der durch die Umstände gebotenen und durch die Verhältnisse und den Zweck der Friedenöstcherung vollends gerechtfertigten Maßnahmen bestand in der Entwaffnung derjenigen Landestheile/ die zu dem Aufruhr mitgewirkt. Die abgenommenen Waffen sind in dem Zeughause aufbewahrt/ geordnet und gehöriger Weise besorgt. Es liegt serne von uns, diese Maßregel auch nur einen Augenblick länger andauern zu lassen/ als deren Nothwendigkeit vorliegt. Wir kennen die Verpflichtungen hinsichtlich des Wehrwesens/ die der Aargau gegen den Bund zu erfüllen hat/ so wie wir uns derjenigen Vorschriften erinnern/ welche das Militär- gesetz aufstellt. Auch haben wir jenes Gefühl nicht verlernt/ noch weit weniger zu höhnen gewagt/ das in edelm Schmerze den Schmuck und die Ehre des republikanischen Bürgers vermißt- Jener durch alle edeln Völker ziehende Stolz auf die eigene Waffe ist eine Bürgschaft der Männerwürde/ deren Achtung und Pflege uns um so heiliger ist/ je mehr uns die Ueberzeugung beseelt/ daß ohne sie der Freistaat in der Entartung/ der Feigheit und einem nichtswürdigenHelotismus in Schande und Spott zusammensinkt. Aber bei all dieser Ansicht konnten wir der Verpflichtung uns nicht begebe»/ für die Wiederherstellung der so sehr erschütterten Sicherheit auf die ernsteste Weise besorgt zu sein und nach Kräften jeder Möglichkeit der Erneuerung ruheftörender Auftritte zu begegnen. Hochdenselben ist gleich uns zur Kunde gekommen/ wie selbst bis auf die jüngste Zeit da und dort Drohungen sehr feindlicher Art sich vernehmen liessen/ wie bald auf diesen bald auf jenen Tag eine neue Erhebung eines Volksrheiles angekündigt ward. Ob unter solchen Verhältnissen eine AuS- hingabe sämmtlicher Waffen zweckgemäß gewesen wäre/ darüber dürfen wir Hochderselben Urtheil sorglos gewärtigen/ so wie eS denn auch keiner Mahnung und keines Aufrufes an uns bedarf/ die Waffen unsern Mitbürgern zu der Stunde herauszuhändigen/ die uns die Gewähr der wiedergekehrten Ruhe und des dieselbe erhaltenden Vertrauens gebracht haben wird. Eine nicht unwichtige Besorgniß für viele Gemeinden liegt in der Ungewißheit/ nach welchem Maßstabe und auf welche Ersatzpflichtige die Kosten der Okkupation zu verlegen sein werden. Hierüber eine bestimmte Erklärung jetzt schon abzugeben/ kann uns nicht zustehen/ da einerseits die in Frage gestellte Aufhebung oder Wiedereinsetzung der am Aufruhr betheiligten Klöster, anderseits die Größe und das Gewicht 3S2 der durch gerichtliche Urtheile zu ermittelnden und festzustellenden Verschuldung der Einzelnen in erster Linie den be- deutendsten Einfluß auf die Bestimmung der Koftenverthei- lung ausüben müssen. Immerhin wird eS eine Forderung der Gerechtigkeit und der Klugheit sein/ die Kriegskosten nicht den Gemeinden/ sondern denjenigen Korporationen und Privaten aufzugeben/ welche zuerst die Fackel des Bürgerkrieges erhoben/ den Frieden mit entweihter Waffe brachen/ und ihre Mitbürger zum brudermörderischen Kampfe aus der stillen/ ruhigen Hütte herausriefen. Noch sollen wir zu Ihnen/ Tit./ über daö Geschick Jener sprechen/ die/ des Vaterlandes vergessend, in ungezügelter Leidenschaft mit verbrecherischer Hand die Bande der gesetz- lichen Ordnung zerrisse»/ unter dem Rufe der Sturmglocken das verrätherische Panner deS Aufruhrs entfalteten/ Brüder gegen Brüder zur Schlacht antrieben/ und in deren Plan und Absicht es stand/ auf den Trümmern der aargauischen Selbftftändigkeit den kleinlichten Thron ihres politischen Idols aufzuführen. Einige Wenige dieser Führer des Aufruhrs hat der Arm der Gerechtigkeit erreicht/ die Mehrzahl derselben entzog sich in ungestümer/ feiger Flucht dem Schauplatze ihrer Schande. An der Grenze deö durch ihren Frevel dem Verderben nahe gebrachten Kantons ist ihnen ein Asyl gewährt/ von welchem aus eidgenössischen Konkordaten und der Gerechtigkeitspflege des Aargaus Hohn geboten und fort- gesetzte Versuche der Störung der Ruhe/ der Aufreizung und Verhetzung getrieben werden. , Bald nachdem eS der Kraft und dem Muthe treugesinnter Bürger gelungen / den Aufruhr zu erdrücke»/ fanden wir uns bewogen/ Hochdenselben ein Amnestiedekret vorzulegen/ durch welches wir erzielten/ den Irregeleiteten von dem Verführer/ und den auf die unglückliche Bahn Gerissenen von dem Verbrecher zu sondern. DenBeftimmungen dieses DekretS ist nun Folge gegeben; Vergessenheit ruht über den Handlungen derjenigen/ die wie mißbrauchte Werkzeuge in den Wogen des Aufruhrs herumgetrieben und von fremdem Impulse nur gedrängt wurden. Ob nun auch Gnade und Verzeihung denjenigen gewährt werden soll/ denen die Urheberschaft des bewaffneten AufftandeS zur Last fällt/ ist eine Frage/ über welche Sie Ihre Entscheidung aussprechen mögen. Wenn wir dem Unglück der Familien der Häupter des Aufruhrs unsere Theilnahme nicht versagen könne»/ wenn wir bedenken/ daß die Gnade der schönste Edelstein in dem Diadem des Staates ist/ und daß mehr als daö Schreckniß des rächenden Schwertes der versöhnende Zauber der Güte und Milde 393 waltet und wirkt/ so können wir dennoch uns nicht veranlaßt finden/ die Wirksamkeit der auf so greuelvolle Weise heraus- geforderten Gerechtigkeit mit einem Schlage zü lahmen. Wir können um so weniger auf Begnadigung antrage«/ als eine solche bis zur Stunde nicht einmal angerufen wurde/ und es wohl nicht mit der Ehre des verletzten Staates verträglich wäre/ das Geschenk der Gnade vor die Füße des trotzigen Verbrechers zu legen. Wir können des fernern einer Begna- digung das Wort noch so lange nicht sprechen/ als der aar- gauischen GerechtigkeitsPflege der Hohn der Unerreichbarkeit derjenigen entgegengehalten wird/ die die Grundlagen der gesetzlichen Ordnung unterwühlten und erschütterten. Eine feste Ueberzeugung belebt uns/ daß nämlich in jedem Staate das Gesetz heilig zu halten und die Verletzung desselben der Strafe verfallen sei; die Unverletzlichkeit des GesetzeS ist die Grnndsäule der Sraatenordnung/ die einzige Gewähr aller der Güter und Heiligthümer/ deren Schutz und Schirm der Staat übernommen. ES würde uns deswegen bedünke«/ daß die Begnadigung der Anstifter des Aufruhrs ein gefährde, voller Akt der Staatsgewalt sein müßte/ eine selbsteigene Vernichtung der Lebensbedingungen/ ein Reiz und Antrieb zu neuer Gewaltthat/ ein Freibrief/ eine Sanktion des furchtbarsten/ umfangreichsten/ Alles und Alle bedrohenden Ver- brechcnS. Doch wer der Gnade sich würdig erweist/ die Verletzung des Friedens und des Gesetzes in redlicher Weise zu sühnen sucht/ dem wird das Vaterland seine Güte und seine Liebe nicht versagen. Mir dieser Darstellung haben wir diejenigen Verhältnisse berührt/ von welchen wir dafürhielten/ daß fie Ihrer nähern Prüfung unterstellt weeden müssen/ auf daß Ihnen gelingen möge/ jene Schlußnahme zu fasse»/ die Sie zur Begründung des Glückes/ der Ruhe und des Friedens im Kantone er- achten werden. Genehmigen Sie rc. Der Landammann/ Präsident/ Waller. Der Rathschrciber: Guter. Hr. Präsident. An der Tagesordnung ist der Com- missionalbericht betreffend die Klofterangelegenheiten. Dieser Bericht wird Namens der Commission von Herrn Präsident Tanncr erstarret. Verhaut-!, -es Kr. Raths. <8i>. 50 394 Sämmtliche Mitglieder der Commission/ mit Ausnahme des HHrn. Fürsprech Dössekcl, bekennen sich zu den Anträgen der Mehrheit/ welche folgendermaßen lauten: 1) Der aargauische Gr. Rath, nachdem er unterm 13 . Jcn- „er isät die Klöster auf seinem Gebiete aus Nothwehr und in Handhabung und zum Schutze von Verfassung und Ordnung aufgehoben, hat den TagsatzungS- bcschluß vom 2. April, welcher diese Aushebung sämmtlicher Klöster als unvereinbar mit dem Art. Xll des BundcövertragcS erklärt, und daher einladet, deshalb neue Verfügungen zu treffen u. s. w., geprüft, und denselben so schwankend und vieldeutig gefunden, daß er daraus nicht zu erkennen vermochte, welche Verfügungen zu treffen wären, die den. Anforderungen LcS Art. Xll genügen und die Bundcsbehörde wettern Eintretens zur Handhabung der Bundesvorschriften entheben könnten. Sonach findet sich der aargauische Gr. Rath außer Stand, über den Tagsatzungsbcschluß in Erörterung zu treten, und die Schlußnahme vom 13 . Jenner abzuändern. 2) Der Stand Aargau hofft und erwartet von den freund- eidsgenössischcn Gesinnungen der Mttständc, daß sie, da ihnen seit Ertheilung der Instruktionen auf die außer- ordentliche Tagsatzung wesentliche Aufschlüsse über die Klöster und die aargauische» Zustände zu Theil geworden, nunmehr sich bewogen finden werden, dem Kon- ktusum vom 2. April keine weitere Folge zu geben. s) Sollte dieses gegen alles Verhoffen nicht der Fall sein, so ist Aargau, aus jenem angestammten vaterländischen Sinn, den es §u jeder Zeit noch bewährte, bereit, sei- nen Bundesbrüdern selbst seine Ueberzeugung soweit irgend möglich zum Opfer zu bringen. Zur Beruhigung des Bundes und der Stände will der aargauische Gr. Rath, in der Voraussetzung, so die Bande der Eintracht neu zu befestigen, anmit erklärt haben: daß er gegenüber dem Bunde seine Bereitwilligkeit auSsprcche, auf Ansuchen der betreffenden Klosterfrauen und Laienschwestern der Klöster Fahr, Gnadcnthal und Maria- Krönung diese Körperschaften wieder herzustellen, unter Vorbehalt der nothwendigen Reformen, und in Bcach- tung der Rechte einzelner Rönnen, welche nicht frei- willig auf die ihnen durch das Dekret vom 20. Jenner zugesicherten Gehalte und die damit verknüpfte pcrsön- liche Freiheit verzichten wollten. 4 ) Mit diesem Anerbieten hält der Stand Aargau die Klo- 395 sterangelegenheit als Gegenstand der Tagsatzung für er- ledige und für immer beseitigt. Für den Fall aber, daß die Bundesversammlung sich mit obiger Schlußnahme nicht begnügen würde, behält sich der Stand Aargau, gestützt auf seine Souveräns tätSrechte, feierlichst vor, alle diejenigen wettern Entschließungen zu nehmen, zu denen er sich alsdann, im Gefühl seiner Ehre, seines Rechts und seiner Nächstliegenden Pflichten, bemüßigt finden dürste, und läßt fich bei seinem Anerbieten nicht bchaften. s) Der Kl> Rath ist eingeladen, diesen Beschluß des Gr. Rathes den vcrehrlichen Ständen durch ein geeignetes Kreisschreiben zur Kenntniß zu bringen, und in demselben zugleich nachzuweisen und die Stände zu überzeugen, daß dem Dekret vom 13. Ienner nicht eine gewinnsüchtige Absicht zum Grunde liege, daß das Gut der aufgehobenen Klöster auf alle Zeiten frommen christlichen Zwecken gewidmet bleibe, daß Aargau selbst in den Räumlichkeiten der Kloster durch ihre Verwendung den Willen der Stifter und Begabcr ehren werde. Hr. Fürsprech Dössekel. ES ist mir seiner Zeit die Ehre zu Theil geworden, in die JnstruktionS-Commission gewählt zu werden. Ich habe, wie eS meine Pflicht erfor- derte, Theil an den Berathungen der Commission genommen, und ich habe frei, selbstständig und nach meiner Ueberzeugung eine Ansicht festgehalten, die sich seit längerer Zeit in mir ausgebildet hat, und diese Ansicht stimmt weder mit den Anträgen des Kl. Rathes, noch mit denjenigen der Commission überein. Obschon ich also der Motivirung im Gutachten der Majorität über den TagsatznngSbeschluß beistimme, so habe ich doch einen sclbstständigen Antrag gestellt, und ich wollte zudem nicht Motive und Disposuive durch einander werfen. Ich werde meine Anträge gehörig begründen, und erlaube mir für diesmal dieselben Ihnen vorzulegen. Sie lauten so: i) Der Gr. Rath, RamenS des Standes Aargau, erklärt den sämmtlichen Ständen der Eidgenossenschaft, daß er bei dem Beschlusse vom in. Ienner 1841, so wie er gefaßt ist, in Festhaltung seiner Souveränicätsrechte und des Art. 1. des BnndeövertragS, verbleibe, und unter obwaltenden Umständen von demselben nicht abweiche; . U litt) daß er die Zumuchung, über den Gegenstand jenes Dekretes nochmals einzutreten und darüber neue Verfügungen zu treffen, sei cö, Laß dieses Dekret in seiner We- 'S, 396 senheit umgeschaffen, oder daß es bloß mit Modifikationen versehe« werden sollte, ablehne, und in dieser Beziehung seine gesetzgeberischen Befugnisse feierlich verwahrt wissen wolle; s) Der Kl. Rath sei einzuladen, mit möglicher Beförderung in einem an sämmtliche Stände zu erlassenden Kreisschreiben die Gründe, welche es dem Stand Aargau zur moralischen, zur rechtlichen und zur faktischen Unmöglichkeit machen, sich den Artikeln 1 und 2 des Tagsatzungsbeschlusses in Materie und Form, wie sie vorliegen, zu unterziehen, mit Nachdruck zu entwickeln, insbesondere die Erklärungen zu erneuern, daß sämmtliches Vermögen zunächst nach dem Willen seiner Stifter, zu Kirchen-, Schul- und Armen-, und selbst die gebäulichen Räumlichkeiten zu gemeinnützigen christlichen Zwecken seine Verwendung erhalten solle und werde, und dabei auch zu zeigen, obwohl alles Klostervermögen als Staatsgut erklärt worden, daß dennoch das StaatSärar nicht lukrire, zu dessen Gunsten keine gewinnsüchtigen Absichten und Tendenzen vorwalten, und vielmehr für einmal in nächster Zukunft für dasselbe effektive Nachtheile eintreten dürfen. Damit dann 4) gegenüber den eidgenössischen Ständen die gerechte Hoffnung und die Erwartung von ihren bundesbrüderlicheu Gesinnungen auszusprechen, nachdem sie nun über die eigentliche Sachlage und die obwaltenden Verhältnisse aufgeklärt worden, daß sie dem gefaßten Tagsatzungs- konklusum vom 2 . April 1841 gegen den Stand Aargau keine weitere Folge mehr geben, und zu Erzielung innerer Eintracht, Friede und Ruhe, diesen Gegenstand aus den Traktanden fallen lasse» werden. Auf den Fall jedoch, wie er nicht vorausgesehen werden will, daß die h. cidgen. Mitftände nicht die hinlängliche und befriedigende, LaS Benehmen des Standes Aargau nicht durchaus rechtfertigende Aufklärung finden und sich zu wettern Ein- Mischungen in diese Äantonalangelegenheit veranlaßt erachten möchten; ) entschieden gegen alle weiter«, die Unterdrückung des hierseitigen Standes in sich führenden Schlußnahmen der eidgen. Stände, und insbesondere gegen irgend welche gewaltsame Vollziehung solcher Schlußnahmcn zu prote- stiren, jegliche Rechte in seinem ganzen Umfange dage- gen zu verwahren, und den- oder diejenigen für alle daraus entstehenden nachtheiligen Folgen im Voraus verantwortlich zu erklären, welche zu solchen, die Sou- veranitätsrechte, Ehre und Würde des einzelnen Standes, gleichwie die innere Eintracht und Ruhe gefährden- den und zerstörenden Schlußnahmcn allfällig die Hand bieten möchten oder würden. Die Anträge des Kl. Rathes find folgende: 1. Den Mitgliedern der aufgehobenen Frauenklöster zu Fahr und Maria-Krönung in Baden, wird, da dieselben fernerhin im Kanton kanonisch nicht fortbestehen können, gestattet, außer dem Kanton ihren klösterlichen Verband wieder her- zustellen, und zu diesem Behufe ihr in demselben besessenes Vermögen wegzuziehen. 2 . Der Kl. Rath ist beauftragt, diesen Beschluß durch die entsprechenden Anordnungen in Vollziehung zu setzen, sobald die hohe Tagsatzung sich damit befriedigt erklärt haben wird. tz 3. Bis dahin werden, unter einstweiliger Einstellung weiter gehender Liquidationsmaßnahmen, die betreffenden Kloster- gutsverwaltungen in der Weise fortdauernd erklärt, wie sie durch das Verwaltungsdekret vom 7. November isss aufgestellt worden, und eS sind einstweilen die durch das Dekret vom 20. Jenner d. I. festgesetzten Pensionen auch an die Glieder der obgenanntcn beiden Frauenklöster fortznenrrichten. §. 4. Für den Fall aber, daß die Bundesversammlung sich mit obiger Schlußnahme nicht begnügen würde, behält sich der Stand Aargau feierlichst vor, alle diejenigen wettern Ent- schließungen zu nehmen, zu denen er sich alSdann im Gefühl seiner Ehre, seines Rechtes und seiner Nächstliegenden Pflichten bemüßiget finden dürfte. Hr. Präsident. Die Commission trägt auf eine artikel- weise Berathung an, und wenn kein Gegenantrag gemacht wird, so will ich diesen Antrag zur Abstimmung bringen. Die artikelweise Berathung wird beschlossen. Art. i der Commission. Hr. Fürsprech Dössekel. Ich habe angekündigt, daß ich mich im Falle befinde, meine MinoriläcSanßchc und die nähere Motivirung derselben Ihnen vorzutragen. Sie wollen mir gestatten, daß ich eS in Kürze, rein im Hinblick auf die Sache und bei derselben stehen bleibend , ohne Seitenblicke und Rückblicke thue, wie es der Wichtigkeit der Sache und der Würde des Gr. Rathes angemessen ist. Ich betrachte, wie die Mehrheit der Commission, die Sache einmal in Rücksicht auf den Kanton und dessen Einwohnerschaft, und dann 398 gegenüber der Eidgenossenschaft. Wenn ich nun die Sache im Innern des Kantons zuerst auffasse/ so wissen Sie, daß der KlosteraufhebungSbcschluß vom 13. Icnner abhin gefaßt ist, und daß diese Schlußnahme / welche seither so großes inneres und äußeres Aufsehen erregt hat, doch von so wichtigem Belange nicht ist, daß Sie die Bevölkerung im Innern selbst durch die gänzliche Zurücknahme dieses Beschlusses beruhigen könnten. Ich muß Sie ferner darauf aufmerksam machen (und ich verwahre mich zum Voraus gegen den Vor- wurf, daß ich keine Mittel und Wege und keine Concessionen irgend einer Art gestatten wolle, wodurch die Beruhigung deS Landes beabsichtigt wird), daß der Aufruhr dem Kloster- aufhebungöbeschlusse voranging, und daß die Motive dazu nicht in dem Klosteraufbebungsbeschluffe gefunden werden können. Da der Klosteraufhebungsbeschluß dem Aufruhr nachging, so müssen die Gründe zum Aufruhr in ganz andern Dingen gesucht werden, und hieraus ergibt sich klar, daß selbst mir der gänzlichen Zurücknahme deö KlosteraufhebungSbefchlusseS ein Theil des katholischen Volkes nicht zu beruhigen wäre. Es ist sonach die Kloftcrfrage nicht eine Hauptfrage, sondern nur eine untergeordnete, und wenn Sie heute alle Klöster wieder einsetzten, so würden Sie die katholische Bcvölke- rung im Freienamt nicht beruhigen. Den Beweis für diese Behauptung finden Sie in den gestrigen Eingaben, diese erklären deutlich, daß man sich damit nicht zufrieden gibt. Die katholische Bevölkerung (ob mit Recht oder Unrecht, darüber ist hier nicht Einzutreten) verlangt die Aufhebung der Badener-Konferenzartikel und anderes, ein Theil dieser Bevölkerung verlangt sogar konfessionelle Trennung und solche Dinge, welche nothwendig die Zersplitterung deö KantonS herbeiführen müßten, Dinge, welche unsern Staat zu zerstören drohen. HHerren, diese Wünsche dauern noch immer fort, sie werden fort und fort erneuert, und man ruht nicht, bis diese Wünsche entweder befriediget, oder auf irgend eine Welse beseitigt sind. Die Klosierfrage ist also eine höchst untergeordnete, und mag der vorliegende Gegenstand entschieden werden wie er will, so wirkt er nicht er- sprießlich auf die Beruhigung der katholischen Bevölkerung ein. Wir leben seit Jahren in einem Zwiespalt, der uns gewiß unangenehm sein muß. Ich will auf die Urheber die- ses Zwiespaltes keinen Blick werfen, aber es ist zu wünschen, daß die Vergangenheit eine gute Lehrerin für die Zukunft sein werde. — Wenn man in Rücksicht auf die innern Verhältnisse deS KantonS sich bewogen fand am l3. Jenaer den Beschluß zu fassen, sämmtliche aargauische Klöster seien im 399 Grundsatz aufgehoben, so hat der Stand Aargau ein Recht ausgeübt, welches ihm als Glied des schweizerischen Bundes zusteht. Ich erinnere Sie zwar daran, daß schon damals vom BundeSvertrag gesprochen und daß schon damals das Häschen ausgesagt wurde, welches man heute immer noch fortjagt; allein man kann nicht mit genug Gründen hier auftreten, denn der Artikel i deS Bundes iß hier maßgebend, und gestützt auf diesen hat der Gr. Nach, ungeachtet der hinsichtlich des §. 12 gemachten Bemerkungen, dennoch die Klöster aufgehoben. Ich möchte dann sehen, ob dem Gr. Rathe der Vorwurf der Voreiligkeit gemacht werden könne? Die am 13. Jenner gefaßte Schlußnahme wurde am 20. Jenner neuerdings gutgeheißen und an diesem Tage wurde das Voll- ziehungs-Dekrec über den am 13. Jenner gefaßten Beschluß naher bestimmt. Zur Ehre des Gr. Rathes und zum Beweise, daß er sich nicht übereilt hat, sei cS auch hier wieder gesagt, daß am 20. Jenner sich auch wieder eine Minderheit gegen den erwähnten Beschluß erhoben hat. ES waren diese der HHr. Lützclschwab und andere, welche darauf aufmerksam machten, es möchte der geeignete Zeitpunkte vorbanden sein, einige Ausnahmen zu machen. Der HHr. stellte dann wirklich den Antrag, es mochten einige Frauenrlöster vom allgemeinen Klosteraufhebungs-Beschlusse ausgenommen werden. Ueber diese Frage hat damals eine weitläufige Berathung stattgefunden, und wenn man nun auch sagen wollte, der gegenwärtige Gr. Rath sei nicht mehr derjenige vom 20. Jenner, so sage ich doch, daß alle Mitglieder wieder da sind, welche damals an der Berathung thätigen Antheil genommen haben. Was hat man damals gesagt? man bleibe einfach bei dem gefaßten Beschlusse. Der Vorwurf der Voreiligkeit ist also dem erwähnten Beschlusse nicht zu machen. Ich gehe weiter. Nachdem der neue Gr. Rath sich konstituirt harte, so hat dieser am 9. März abhin die Beschlüsse des frühern Gr. Rathes dadurch sanktionirt, daß er festsetzte und beschloß, eS sei die Gesandtschaft auf der außerordentlichen Tagsatzung dahin zu instruiren, daß sie in Festharcung der früher gefaßten Beschlüsse die Souveränitärürechre LcS Standes Aargau entschieden in Schutz nehme und nach Kräften wahre. Nachdem die Ehrengesandtschaft (zu deren Lob und Ehre sei cS gesagt) die Aufrechthaltung ihrer Instruktion auf eine kräftige Weise durchzuführen gesucht hat, da beschloß eine knappe Mehrheit der Tagsayung, es sei der Beschluß deS Gr. Rathes vom Aargan mit dem Bundesvercrage unserem* bar. Zu diesem Beschlusse führten so vielfache Bestrebungen und so mannigfaltige Ansichten, daß man heute noch nicht 400 weiß, waö denn wirklich eigentlich beschlossen sei. Die einen nämlich haben unbedingte Wiedereinsetzung der Klöster vcr- langt, und andere nur eine Modifikation des bestehenden Aushebungsdekretcs, und wieder einige haben eö geradezu ausgesprochen, daß eS genüge, wenn der Aargau dieses oder jenes Kloster wieder einsetze. Diese verschiedenen Absichten und Ansichten haben zum Tagsatzungskonklusum geführt. Wenn nun der Beschluß der Tagsatzung selbst ins Auge gefaßt wird, so erscheint er in Materie und Form so unbestimmt, daß, wenn man denselben berücksichtigen wollte, man wirklich nicht wüßte, was man thun sollte, so daß man sich nur in ein Netz verstricken würde, auS dem man nicht mehr herauskommen könnte. Mehrere Stände nehmen die wohlbegrüudeten Rechte des Aargauö in Schutz, und andere könnten sich wohl noch dazu herbeilassen, aber wenn auch eine Mehrheit der Stände gegen unS wieder eine Schlußnahme fassen würde, so haben wir doch immer wieder die Mehrheit der schweizerischen Bevölkerung für unS. Bei der Mannhaftigkeit und Standhaft rigkcrr, welche unsere Regierung in letzter Zeit bewiesen hat, mußte ich mich verwundern, wie diese Regierung durch das erste Rollen des Donners am Firmamente zusammenschreckre und einstimmig sagte, man müsse Concessionen machen. Diese Ansicht der Regierung wird nun heure ausgesprochen; es wird aber auch gesagt, daß verschiedene Meinungen vorhanden seien über die Frage, wie diese Modifikationen erreicht werden sollen (obschon ich nicht in jener Behörde bin und auch nicht irgend einmal darin zu sitzen hosse, so weiß ich doch, daß man bei den verschiedenen Wegen nicht wußte, wo hinaus). Wenn man die Mittel und Wege nicht einmüthig anzugeben wußte, welche zur Erledigung der Sache nach der Ansicht des Kl. Rathes führen sollten, so wird man es mir gewiß nicht übel nehmen, wenn ich eine abweichende und selbststän- dige Meinung habe. Ich erlaube mir in Kürze zu sagen, warum ich-den Anträgen deß Kl. Rathes nicht beistimmen kann. Der Kl. Rath schlägt Ihnen vor, grundsätzlich bei dem Klosteraufhebungsdekret stehen zu bleiben, aber er geht dann noch dahin, daß man das Vermögen von zwei Fraucn- klöstern denselben verabfolgen lassen soll. Dabei wird gesagt, daß man diese Klöster außerhalb des KantonS sich niedersetzen lasse, wo sie wollen. HH. Mit einer solchen Schlußnahme kämen Sie wahrlich vöm Regen unter die Dachtraufe. Denn wenn Sie gestalten, zwei Klöster sollen außer dem Kanton sich niederlassen können, so möchte ich Sie fragen, welche Gründe vorhanden seien, allen andern Klöstern eine all- fällig verlangte Niederlassung außer dem Kanton zu verweigern 401 und ihr Vermögen nicht herauszugeben? Gerade diejenige»/ welche die Klöster gänzlich wieder einsetzen wolle«/ würden die Sache vielleicht dahin führen/ daß Sie sämmtliche Klöster/ wenn Sie dieselben auf dem Aargauischen Gebiete nicht mehr haben wollten/ an andere Stände herausgeben müßten. Ich frage: ist das vielleicht die Absicht deö Kl. RatheS/ daS im Kanton liegende Klostervermögen andern Kantonen zu schenken/ und hätten Sie wohl das Recht dazu? nein! Unmöglich haben Sie das Recht das Klostervermögen seinem ursprünglichen Zwecke zu entziehen. Sie würden sich zwar auch auf den Eimvurf gefaßt machen müsse«/ daß das Klostervermögen eben seiner Bestimmung wieder gegeben würde/ wenn man es an die Klöster herausgäbe/ aber das ist nicht so/ denn daS Klostervermögen ist für unser Land da und/ es muß im Kanton verwendet und darf unserm Volke nicht entzogen werden. Zudem erlaube ich mir nur noch zu bemerken/ daß das Ver- mögen des Klosters Fahr jüngsthin ein Gegenstand des Prozesses war/ und das Kloster Einsiedeln würde jeder hierseitigen Verfügung über die Substanz dieses Klostervermögens sich widersetzen/ und vielleicht mit seinem Prozesse beim Stand Zürich noch weit günstigere Aufnahme finden alS früher. In diesem Falle ständen Sie mit dem Kloster Fahr dem Stand Zürich gegenüber/ und glauben Sie/ dieser würde seine Einwilligung zur Herausgabe des Klostervermögens uns ertheilen? nein/ und Sie würden dadurch nur wieder neue Verwickelungen herbeiführen und selbst unsere guten Verhältnisse noch mehr stören. Man würde Ihnen ins Gesicht lachen/ wenn Sie sagen würde«/ man wolle dem Kloster Fahr dieses im Streit liegende Vermögen herausgebe«/ und man würde Ihnen mit Recht sagen: Das Viele wollet Ihr behalten und das Wenige herausgeben. Solche Argumente möchte ich mir nicht machen lassen/ und einen solchen eigennützigen Vorwurfmöchte ich wenigstens von mir entfernen. Ich habe gesagt/ daß/ wenn einige Klöster ihr Vermögen mitnehmen könnte»/ auch der gleiche Grundsatz für die andern Klöster geltend gemacht werden könnte/ und daß ich deswegen den Stand Aargau nicht in noch größere Verwickelungen hineinführen wollte. In die- ser Beziehung genügen mir die Anträge des Kl. Rathes nicht/ ich kann mich nicht zu denselben einlasse»/ und wenn sie der Tagsatzung vorgetragen würde«/ so würden sie gewiß als ungenügend angesehen/ und unsere Gesandschaft würde mitUnehre und Unwürdigkeit behandelt werden. Was dann die Anträge der Mehrheit der Commission betrifft/ so trägt diese an/ dilatorisch bei den Beschlüssen des Gr. Rathes zu verbleiben. Ich halte aber vielmehr dafür/ es sei der Ehre des Verhandl. des Gr. Raths. 1841. 51 L02 Gr. Rathes angemessen/ offen und entschieden es auszusprechen/ was in seiner Absicht liegt. Der Gr. Rath sollte hier mit derjenigen Offenheit zu Werke gehen/ die eines freien Schweizers würdig ist. Die Commission proponirt/ cS sollen drei Klöster wieder eingesetzt werden/ und sie sollen dann die nöthigen Reformen erhalten. Ich frage: wollen Sie mit der Eids- genossenschaft auf einen Trödelmarkt sich einlassen? man würde Ihnen mit Recht entgegnen/ was Sie bei einem Kloster als recht anerkennen/ das können Sie bei den übrigen auch gc- schehen lassen/ und wenn der Aargau sich »ur Rekonftituirung eines Klosters herbeilassen könne/ so könne er sich auch zur Wiederherstellung aller übrigen verstehen. Solche Dinge/ die man Ihnen darbringen würde/ und die unsere Verhältnisse nur noch schwieriger mache» müßten / möchte ich von uns entfernt wissen/ und ein solches Markten möchte ich entschieden von der Hand weisen. Freilich sagt die Mehrheit der Commission/ wenn die Eid. genossenschaft das ihr gemachte Anerbieten nicht annehme/ so soll es hierseitS als nicht geschehen betrachtet werden. Warum will man denn nicht geradezu sagen/ es bleibe bei dem gefaßten Beschlusse/ und das namentlich deswegen / weil das kathol. Volk an der Rekonftituirung der Frauenklöster nicht das Interesse hat/ wie an den Mannsklöstern ? Durch die Wiederherstellung einiger Frauenklöster beruhigen Sie das katho- lischt Volk nicht/ und wenn Sie solche Anträge beschließen/ so verlieren Sie nur den Boden unter den Füßen / Sie kommen auf das Glatteis/ Sie stehen nicht mehr fest/ und einen solchen Gang der Sache möchte ich wenigstens nicht einleiten helfen. Wenn Sie die Sache auf diesen Weg führe«/ so wird ein Trödelmarkt entstehe«/ und seien Sie versichert/ daß auf einem solchen Markte Baselstadt und Zürich unsere Gesandten so übertrödeln würden/ daß diese/ Sie mögen schicken/ welche Sie wolle« / unter dieser Trödelei ersticken müßten. Ich kann unmöglich zu solchen Anträgen stimme«/ die uns nur bösen Nachtheil bringen und ein Hinschleppen der Sache bewirke«/ das für unsere Interessen und für unser Volk nicht ersprießlich ist. Die Gemüther im Volke sind gespalten / in einem Landestheile verlangt man unbedingte Wiedereinsetzung der Klöster und im andern Fest- haltung des AufhcbungSbeschluffes/ und Sie müssen also eine Unzufriedenheit zurücklassen / befchließen Sie immer nur was Sie wollen. Beschließen Sie also das/ wodurch Sie die Ihnen ergebene Bevölkerung/ die keinen Aufruhr veranlaßte/ nicht vor den Kopf stoße«/ und sorgen Sie dafür/ daß Sie nicht alle Theile des Volkes gegen fich stimmen und als Gegner erhalten. — Ich habe Ihnen bereits gezeigt/ daß 403 — selbst bei der Tagsatzung große Verschiedenheit in den An- stchten vorwaltete, und daß aus ganz verschiedenen Beweg, gründen dieser Tagsatzungsbeschluß herbeigeführt wurde. Sie haben gesehen, daß, obschon das materielle Recht auf unserer Seite ist,doch das formelle Recht uns gebricht, weil eine knappe Mehrheit der Tagsatzung aus so ganz verschiedenen Gründen sich zu einer Schlußnähme herbeigelassen hat. Eben deswegen aber schlage ich eine nochmalige Beleuchtung aller Verhältnisse vor, und der dritte Artikel meines Antrags yeht dahin, daß der Kl. Rath eingeladen werden soll, die Stände durch eine angemessene Zuschrift gehörig zu beruhigen. ES ist bekannt, daß die Stände inftruirten, bevor sie die aargauischen Zustände näher kannten, und deswegen glaube ich, daß eine nochmalige und ruhige Beleuchtung unserer Ver- hältnisse gegenüber der Tagsatzung das Angemessenste für den Aargau sein dürfte. Dann ist mir bei Prüfung der Akten aufgefallen, daß die Stände Freyburg und Zürich mit einer gewissen Jalousie den Stand Aargau angeblickt haben, und zwar in Bezug auf das Vermögen. Diese scheine» die Ansicht zu haben, der Aargau mache einen ungeheuern Gewinn für das StaatSärar, und der Aargatt werde Kräfte erlangen, um dadurch den andern Ständen imponiren zu können. Diese irrige Ansicht beruht auf Entstellungen und auf einem Zudrange von Bittschriften, denen ich meine Huldigung nicht darbringen kann. Ich bemerke schließlich, daß ich die Tagsatzung nicht als eine Kassationsbehörde anerkennen kann, und daß ich eS ihr nicht gestatten darf, hier ein neues Dekret zu fordern, während dem sie dafür gar kein Recht hat, und während man nicht einmal weiß, ob wirklich eine Modifikation gefordert wird. So lange man uns keine Grenzen angibt, so können wir unmöglich etwas proponiren, denn wenn man sogar alles proponirte, so dürfte man vielleichtdochnoch nichtzufrieden sein. Auf diese Weise habe ich nach meiner innigsten Ueberzeugung gefunden, daß ein Beschluß, den man zum dritten Mal sankrionirl hat, zum vierten Mal nicht zurückgenommen werden solle. Wenn man aber die erwähnte Schlußnahme nicht abändert, und wenn man dann an eine Exekution gegen uns denken wollte, so denken wir auf der andern Seite auch an die vielen Sympathien, die wir in der Eidgenossenschaft haben, und denken Sie nur, daß die Exekution durch die Tagsatzung eine harre Nuß wäre, die von der Tagsatzung nicht so leicht aufgeknackt werden könnte. Ich glaube vielmehr, man würde nicht Maßregeln gegen einen Kanton er- greifen, welche nur dazu führen müßten, die Eidgenossenschaft zu zertrümmern. Wenn ich schon bei einer frühern Berathung 404 den Antrag stellte/ es wäre dey betreffenden Ständen die Mißbilligung zu verdeuten/ daß sie eine Angelegenheit/ die kantonal sei/ in das Gebiet der Eidgenossenschaft hinüber, spiele»/ wenn ich nicht wollte/ daß die im Kanton vorhan- dene Unzufriedenheit auch noch über die ganze Eidgenossen, schaft verpflanzt werde/ und wenn ein Mitglied dieser hohen Versammlung als Bürger aus einem jener Stände mir das übel nehmen wollte/ so erkläre ich heute noch einmal/ daß ich es alö eine Anmaßung ansehe/ wenn eidgenössische Stände über den Aargau und die Ausübung seiner Souveränitäts, rechte ein Untersuchungsrecht in Ansprnch nehmen / und darauf ausgehen wollen/ den Aargau zu unterdrücken. Ob nun die Bürger des Aargaus sich dazu hergeben wollen/ sich so unterdrücken zu lassen/ das will ich jedem selbst zu beurthei- len und zu beantworten überlassen. Ich wenigstens verstehe mich nicht zu so etwaö/ und ich wenigstens werde/ so lange eine Ader in mir fließt/ die Rechte des Standes Aargau zu wahren suchen. Aus diesen Gründen bin ich dazu gekommen/ meine Minderheitsmeinung aufzustellen/ und ich halte dieselbe in ihrem Sinne und Geiste fest. Sollte Ihnen aber viel, leicht die Redaktion nicht gefallen/ so gebe ich sie hin und lasse mir auch eine Sprache in mehr diplomatischer Form gefallen. Ich will nur die Sache und halte nicht so fest an Worten. Hr. Fürsprech Baldinger. Ich habe mich offen und unumwunden früher gegen eine Schlußnahme des Gr. Rathes ausgesprochen, und habe mit 60 gleichgesinntcn Mitgliedern die Protestation gegen die letzte Tagsatzungsinftruk- tion unterzeichnet/ weil nach meiner Ansicht die Schlußnahme des Gr. Rathes vom 13 . Jenner abhin eine Verletzung des Bundesvertrages enthält/ und weil ich glaubte/ eö sei nicht der Fall der Nothwehr vorhanden gewesen/ um damit einen solchen Beschluß begründen zu können. Zudem glaubte ich, es sei nicht Sache des Kantons, sondern des Bundes, über die fernere Existenz der Klöster sich auszusprechen. Ich habe seither meine Meinung nicht geändert, und will sonach hier wieder die gleiche Meinung auSsprechen. Es ist richtig, daß die Stimmung eines Theils der katholischen Bevölkerung mir hier nicht ganz maßgebend sein könnte, denn der HHr. Präopinant hat gesagt, es seien noch andere Wünsche vorhanden, deren Erfüllung das katholische Volk verlange, aber ich sage: wenn noch andere Wünsche vorhanden sind, wollen Sie auch hier wieder gar nichts zugeben? Ich erblicke in dem Beschlusse der BundeSbchörde nicht die monströse Aus- geburt des KurialiSmus und des Formalismus, sondern ich 405 erblicke darin das Recht katholischer Stände/ denen das RechtSgefühl protestantischer Stände znr Seite steht. Ich glaube/ an dieser Verbindung müssen auch wir festhalten. Die Schlußnahme der Tagsatzung ist unter dem Panier die. ses Bundes entstanden/ und weder die Anträge der Mehrheit noch der Minderheit der Commission können mir in dieser Beziehung genügen oder gefallen. Wenn ich aber zwischen beiden Anträgen wählen sollte/ so muß ich offen gestehe»/ daß ich lieber den Anträgen der Minderheit mich anschließen würde/ denn die Minderheit verfolgt offen ihr Ziel/ während die Mehrheit der Commission eigentlich gar nicht weiß/ was sie will. ES ist richtig/ daß der Bundesbeschluß nicht ganz deutlich ist/ aber man kann doch immer genugsam wisse»/ was damit gefordert wird. Ich halte mich nur an den §. 1/ über den die Berathung eröffnet ist/ und statt dessen stelle ich schließlich folgenden Antrag: „In Folge des Beschlusses der hohen Tagsayung vom 2. April abhin wird der Klosteraufhebungsbeschluß vom 13. Jenner im Grundsätze zurückgenommen." Hr. Regierungsrath Dorer. Ich wage heute wieder meine Meinung so offen und unumwunden wie früher aus- zusprechen. Ich habe wohl so viel Verstand und Erfahrung/ um zu wissen/ daß man in Zeiten der Parreiungen immer sich gefaßt machen muß auf Vorwürfe von solchen/ die immer nur ihren eigenen Weg einschlage»/ um nur einer Partei zu gefallen/ und so ihre Ansichten durchzuführen. Ich habe Ihnen die Linie gezeigt/ nach welcher ich meine Ansichten geltend machen will/ und ich muß es bekennen/ ich habe Ihnen diese Linie gleichsam als meinen politischen Schwanengesang vorge- tragen. Ich gehe nicht, wie andere / zu Rathe/ weder links noch rechts/ sondern ich hole meinen Rath bei meinem Kopfe und bei meinem Herzen / und hier sage ich: wenn der Aargau Ruhe und Friede haben will/ so muß er den Bund nicht außer Acht lassen. Ich gehe zu der Frage über: auf welchem Terrain stehen wir heute? Sie haben am 13. Jenner abhin die Aufhebung sämmtlicher Klöster im Kanton beschlösse»/ Sie haben/ darüber zur Rede gestellt/ Ihre Gründe dafür dem Bundestage vorgelegt. Was hat die Bundesbehörde gethan? sie hat die Schlußnahme gefaßt/ welche uns heute beschäftiget. In dieser Beziehung theile ich die Ansichten, welche der Redner vor mir ausgesprochen hat/ nämlich die Ansichten/ daß es,sich hier nicht darum handelt/ zu rechten über den Bundesvertrag und zu fragen/ ob der Beschluß aus dieser oder jener Quelle gekommen sei. Ich sehe unter der Mehrheit/ welche jenen Tagsatzungsbeschluß herbeigeführt 406 hat, auch solche Stände, die ihr Schicksal mit dem Aar. gau gerne theilen wollen, und diese Stände sind mir achtbar. Nicht CurialiSmus und nicht ein bloßer For. malismus liegt dem Beschlusse der Tagsatzung zum Grunde, nein, die Gründe, welche diesen Beschluß hervorgerufen haben , müssen etwas anderes sein. Mag man auch über die Schlußnahme der Tagsatzung und des Gr. Rathes denken wie man will, das ist heute nicht in Frage, denn die Frage ist in ein anderes Stadium vorgerückt, und nun steht dem Bundestage allein noch das Recht zu, die Bundesakte auszulegen. Das ist geschehen, die Auslegung der Bun. desakte ist erfolgt, und eS ist nun an der Minderheit, sich der gesetzlichen Mehrheit zu unterziehen. Wohin käme eS, wenn die Minderheit nun die Auslegung der Bun- desakce sich anmaßen wollte?! Ein solches Beginnen müßte offenbar die Auslösung des Bundes zur Folge haben, und eine größere Auflockerung des Bundes hat wahrlich die Schweiz nicht nöthig, denn sie hat gewiß genug zu thun, um ihr nothdürftiges Ansehen gegen Außen zu fristen. Ich habe Ihnen das Terrain gezeigt, auf dem wir heute sind, und ich will Ihnen noch einzelne Gründe angeben, warum die Schlußnahme aus der Tagsatzung gerade so gefaßt worden rft, wie wir sie kennen. Hier hat nicht nur die Rücksicht auf den Bund entschieden) sondern es ist hie und da noch etwas anderes, das entscheidend mitgewirkt hat. Es sind in der Schweiz noch viele Kantone, welche ihre eigene Existenz nur noch in dem todten Buchstaben des Bundes haben, und diese Stände sind beunruhigt für ihre Existenz. Ob eine solche Beunruhigung mit Grund oder Ungrund vor- Handen sei, das will ich nicht untersuchen, aber die lang andauernde Behandlung der Sache hat vielleicht zu dieser Befürchtung noch beigetragen. Man sagt: wird heute dieser Artikel im Bundesvertrage gestrichen, so sind wir morgen auch gestrichen. Dann ist noch eine Rücksicht nicht außer Acht zu lassen, welche bei den einzelnen Protestantischen Standen obgewaltet hat- Diese haben geglaubt, die Klosterfrage hänge mit unsern übrigen Zuständen näher zusammen, als sie mir denselben in Verbindung ist. Das sind die Gründe, warum die Tagsatzung ihre Schlußnahme gefaßt hat. Wenn wir diese Gründe so in's Auge fassen, so glaube ich, wir sollten nun bald ans dem Wege sein, der uns zum Frieden mit dem Bunde führt. Ich gehe, um diesen Weg zu finden, von einem eigenen Standpunkte aus, und lasse mich nicht rechts und nicht links ablenken. Ich habe hier ein Wort unseres großen Geschichtschreibers Johö. v. Müller befolgt, welcher 407 sich dahin ausspricht: „Wer seine Familie, seine Gemeinde „ oder seinen Kanton mehr liebt als das Ganze, der ist ein „Revolutionär," und: „Nichts Gutes und nichts Schönes „kann gedeihen, wenn man nicht seine Person und den Kan- „ton dem Gesammtvaterlande opfern kann." Wenn das die Worte eines ächten Schweizers sind, so frage ich, was ist heute zu thun? Auf der einen Seite wird auf die Festhal- tung am Klosteraufhebungs-Dckret angetragen. Wir wollen uns aber fragen: wohin führt dieses? ein solches Benehmen gibt dem Bunde nicht nur keinen Frieden, sondern führt zum Kriege. HHerren, es gibt auch Kriege die zum Ziele führen, und die auch nur mit Worten geführt werden. Auch solche Kriege müssen im Interesse des Kantons und des Ge- sammtvaterlandes vermieden werden. Wenn eingewendet wird: ja, wenn die Tagsatzung auch diesen Beschluß gefaßt habe, sosei vorauszusehen, daß keine Exekution gegen uns be- schloffen werde, und so gehen wir zu weit, wenn wir irgend eine Concession machen, und seien bei Aufhebung des Dekretes verloren; so erkläre ich offen, daß, wenn ich die Stimme zum Entscheide hätte, ich schon heute sagen würde: die Schlußnahme der Tagsatzung muß vollzogen werden. Diese Ansicht ist gewiß auch bei vielen in der hohen Versammlung zu finden, und sie ist auch diejenige vieler Freunde ausser dem Aargatt. Bringen sie also diese Freunde nicht in Verlegenheit. Bringen wir eS auf der Tagsatzung nicht zu einer Mehrheit, so kommen unsere Zustände auch noch nicht inS Reine, und uns steht eine neue Aera der Zerwürfnisse bevor, und das ist nicht gut für uns. Wo ist der Schweizer, der, wenn das Vaterland ihm ruft: Du hast im Namen des Bundes zu handeln und zu streiten, hier widerstreben würde?! HHerren, die Sache des Aargaus soll nicht auf dem Wege des Frevels vorwärts gehen oder gar seine Erledigung finden! Wenn Sie fragen, ob alle Klöster wieder eingesetzt werden sollen, so erwarten Sie von mir nicht, daß ich als Vertheidiger der Klöster auf- trete. Ich unterscheide hier diejenige Stellung, welche die Klöster selbst eingenommen haben, und ich möchte in dieser Beziehung einen Unterschied festgehalten wissen. Auch unsere Bundesversammlung muß nothwendig hier einen Unterschied festhalten, wenn sie nicht dem Frevel Schutz will angedeihen lassen. Ich spreche nun von der Wiedereinsetzung von Fahr, Maria-Krönung und Gnadenrhal, und diese Ansicht ist nicht von heute, sondern ich habe sie schon lange gehabt und werde ihr treu bleiben. Es sollte mich freuen, wenn die Unschuld dieser Klöster anerkannt und wenn sie wieder eingesetzt würden. Wenn ich von andern Klöstern noch spreche, so thue 408 ich es in Rücksicht auf die Motive, welche die Tagsatzung hier leiteten. Es ist Ihnen angedeutet worden/ die Klosterfrage sei nicht die einzige, die in den Wünschen des katho- tischen Volkes liege / sondern sie befinde sich vielmehr im Hintergründe, und andere viel wichtigere Wünsche seien vorhanden. Das ist richtig, und so kann man sich bei der Aufhebung der übrigen Klöster beruhigen. Zudem haben Sie das Vermö- gen der Klöster zu allgemein wohlthätigen Zwecken bestimmt. Sie wollen Muri und Wettingen für eine Krankenanstalt, für eine Schulanstalt, für ein HülfSpricsterinstitut und für Heranbildung der katholischen Geistlichkeit bestimmen, und auch heute wurde Ihnen noch eine Zuschrift verlesen, welche diese Bestimmung des Klostervermögens zu wohlthätigen Zwecken andeutet. Ich sehe diese Bestimmung gerne in der betreffenden Zuschrift aufgenommen, damit die Beunruhigung eines Landesthetles über die Verwendung des Klostervermögens beseitiget werde. Ich sehe in solchen Erklärungen die Heilig- haltung des Willens der Stifter und Begaber, und ich glaube der Er. Rath werde diesen Willen immer so heilig halten, wie eS bisher geschehen ist. Wenn nun auch das ist, und wenn ich bezüglich auf die Schlußnahmen der Tagsatzung der Ansicht der Mehrheit Ihrer Commission huldige, so kann ich doch bezüglich auf die Form mit der Mehrheit der Commission nicht einverstanden sein. Ich hätte lieber auf direktem Wege ausgesprochen, was die Commission denn eigentlich will, denn ich sehe gerne, daß man den festen'Willen auSsprichr. Dessen ungeachtet aber will ich keine Minderheit bilden und keinen besondern Antrag stellen, sondern will dann nur wün- schen, daß die Form nicht denjenigen Eindruck in der Tagsatzung mache, welchen sie auf mich gemacht hat. Ich unterstütze also den Antrag der Mehrheit. Hr. Tanner. Nicht sowohl in der Eigenschaft alS Berichterstatter, alS vielmehr in der Eigenschaft eines Mitgliedes des Gr. Rathes ergreife ich das Wort. Schon bei einem frühern Anlaße habe ich mich für verpflichtet erachtet, darauf hinzudeuten, daß wir in diesen Zeitläuften unsere Verhältnisse zum Bunde sicher zu stellen haben. Damals habe ich mich für verpflichtet erachtet, mich so auSzusprechen, daß ach mich nicht nur für ein Kind des Aargau'S, sondern auch für ein Kind des Bundes ansehe. Wenn ich gerne zu der Aufhebung der Klöster gestimmt habe, wenn ich mich über diese Aufhebung, bezüglich des Erfolges, freute, so that ich es immerhin in der Voraussetzung, daß meine Handlungsweise eine gesetzliche und gesetzmäßige sei. Diesen Beweis hier zu führen, ist unschwer, und auch die eidgenössischen Mitstände erkennen in 469 mehrern auf der Tagsatzung zu Protokoll gegebenen Voten an, daß die Kantonalsouveränitär hier zu wirken berechtiget gewesen sei, und daß ein einzelner Stand im Verhältniß zu Körperschaften, wenn diese auch vom Bunde garamirt seien, sich im Zustande der Nothwehr befinden könne- Wenn das geschehen ist, so könnte ich mir nie träumen lassen, daß die Eidgenossen in der Weise hartnäckig und hartherzig gegen uuö sein könnten, daß sie die Maßregeln LeS AargauS, unter dem Vorhandensein der Einwendung der Nothwehr durchaus und in ihrem ganzen Umfange mißbilligen könnten und beseitigen wollten. Nach meiner Ansicht härten sich unsere Miistände auf der Tagsatzung dahin aussprcchcn können: Wir erklären uns mit der Maßregel von Aargatt beruhiget. DaS ist aber nun nicht geschehen, sondern die Tagsayung hat mir andern Worten folgenden Beschluß gefaßt: Die Maßregel der Nothwehr ist begründet bezüglich auf die einten, nicht aber aber bezüglich auf die andern Körperschaften. Diese Schlußnahme der Tagsatzung erkenne ich als eine verbindliche an, sie ist eine formell gefaßte, und in dieser Beziehung muß ich mich dem Bunde unterordnen. Ich hege zwar die innigste Ueberzeugung, Aargau könnte auf das Recht seiner Maßregel gestützt und mit seiner eigenen Kraft diese Maßregel durchführen, allein ich möchte hier diesen Weg nicht einschlagen, sondern biete deshalb den Eidgenossen die Hand zur Versöhnung, weil ich den Sieg des Kantons über den Bund für den Kanton selbst nicht für ersprießlich erachtete, denn ein solcher Sieg wäre ein Unglück in Hinsicht auf die Eidgenossenschaft. Deswegen möchte ich, daß der Kanton die Sache so durchführe, daß der Bund nicht darunter leide. Ober möchte wohl ein Aargauer den Bor- wurf auf sich nehmen, den Bund zertrümmert zu haben, statt zu versöhnen und unsere Mitstände mit einem kleinen Opfer zu gewinnen?! Aus diesen Gründen habe ich in der Commission zum ersten Artikel der Commission gestimmt. Dieser Art. i der Commission sagt, das Tagsatzungskonklusum sei ein dunkles, und wenn heute gesagt werden wollte, das verhalte sich nicht so, so müßte iü, diese Behauptung alS unrichtig erklären. Leider ist die Tagsatzung nicht sozleich weiter gegangen, und leider hat sie nicht sogleich die Grenzlinie gezogen, in wie weit Aargau befugt, und wie weit cö nicht befugt gehandelt habe. Dieses ist allerdings ein Mangel des KonklusumS. Wir wollen aber auf der andern Seite der Tagsatzung auch wieder nur Dank wissen, daß sie nicht weitergegangen ist, denn eine aussrrordenrliche Tagsatzung eignere sich wahrlich nicht dazu, diese Sache ruhig und unbefangen Vcchand!. deS Er. RathS. !SU. 52 410 zu prüfen. Eine ausserordentliche Tagsatzung, zusammen ge- trommelt von befangenen Ständen, hat in ihrer Mehrheit ein Urtheil ausgesprochen, bevor man uns nur angehört hat. Weil dann die Tagsatzung nur auf diesen Zweck gerichtet war und keine andern Gegenstände zur Verhandlung hatte, so hat sie auch den allgemeinen Gesichtspunkt, der von ihr sonst zu hoffen gewesen wäre, aus den Augen verloren, und diese Tagsatzung wollte regieren, um im Instinkte des Bundes ein Lebenszeichen von sich zu geben. Weil diese Tagsatzung aber sonst nichts zu regieren gehabt hätte, so fand sie sich gleichsam genöthiget, hier ein Lebenszeichen von sich zu geben. Wenn aber die Tagsatzung wieder zusammentritt, so hat sie noch manche andere Frage zu besprechen, und dann theilt sich das Streben des Lerrschenö auf viele andere Punkte, und so entsteht für uns kein bedenklicher Nachtheil, wenn wir das TagsatzungSkonklusum als ein dilatorisches erklären. Dieses um so mehr, als die Commission, um dem Kantonalinrereffe zu genügen, ihre Anträge sy gestellt hat, daß sie im Zweifel läßt, ob die Bemerkung über die Dunkelheit nur die Form oder die Sache selbst im Auge habe. — Der Antrag der Mehrheit der Commission möchte der Tagsatzung den Anlaß geben, von ihrer Uebereilung und Voreiligkeit zurückzukommen. Wenn von den Schöpfern dieser Schlußnahme das eingesehen wird, und wenn sie vielleicht ihres Machwerkes sich schämen, so dürfen wir einer billigen Erledigung der Sache noch entgegensehen, und wir dürfen hoffen, die künftige Tagsatzung werde dem Stand Aartiau mehrere geneigte Stände entgegenführen. Aus diesen Grün- den hat die Commission in ihrem Artikel 2 den Mitständcn eine Seite dargeboten, auf welcher sie sich gar wohl an den Aargau anschließen können. Ich habe die Hoffnung, daß die eidgenössischen Stände nun in großer Mehrheit dem Tag- satzuugskonklusum keine weitere Folge mehr geben werben, sondern daß sie die Einrede der Nothwehr für gegründet und gerechtfertigt halten, und einsehen, daß die Festhaltung der Nothwehr gegen den ersten, zweiten und dritten Artikel des KonklusnmS gegründet isi. Die Commission hat aber geglaubt- vorausgesetzt, es könnte eine solche Schlußnahme, dem Kon- klusum keine weitere Folge mehr zu geben, von der Mehrheit der Stände nicht zu Stande gebracht werden, man müsse ein Anerbieten machen, um die halbgeneigten Stände zu sich herüber zu ziehen, und sie hat sich gefragt, wie diese halbgeneigten Stände gewonnen werden können. In dieser Beziehung ist nun die Commission sogleich in das Gebiet eines freiwilligen Opfers herausgetreten, und so hat die Commis-- - 411 sion im Grundsätze den Ansichten des Kl. Raths gehuldigt/ welcher ebenfalls ein Anerbieten auSspricht. Die Klugheit, nicht gegen den eigenen Kanton, sondern gegen das gcsannme Vaterland, hat die Commission bewogen, daö zu berücksichti- gen, was die Mehrheit der Stände für unS gewinnen könnte. Ich würde über dieses Mittel wahrlich mit dem Kl. Rathe nicht markten, wenn ich das von ihm gemachte Anerbieten als vorzüglich und weise erachten könnte, nnd Sie Alle haben gewiß so viel Einsicht und Takt, daß sie zwischen den Anträgen der Mehrheit und des Kl. Rathes bald gewählt haben werden. Wenn Sie übrigens auch so oder anders entschei- den, so hoffe ich, es werde jeder Entscheid immer ein für das Vaterland ersprießlicher sein. Die Commission wollte, daß die Maßregel des mit dem Bunde einzuleitenden Ver> gleichS nicht nur auf Fahr und Maria. Krönung beschränkt sein soll. Die Commission harre hiefür ihre Gründe, und ich muß hier wiederholen, was ein Redner vor mir Vaterlands, liebend und edeldenkcnd ausgesprochen hat, nämlich es handle sich hier um Schuld oder Unschuld, und cS soll darum der Aargau sich bestreben, in der Bahn der Gesetzlichkeit gegen- über dem Bunde sich zu erhalten. ES erfordert das nicht nur unser Recht und unsere Würde, nein, es fordert das auch die Zukunft des Vaterlandes. In dieser Beziehung nun ha. den wir unsere Einrede der Nothwehr zu beurtheilen, näm. lich in wie weit sie begründet oder nicht begründet sei? Ich sage, diese Einrede der Nothwehr sei jedenfalls begründet gegen alle Männerklöstcr mit Einschluß des FrauenktosterS Hermctschwyl. Wenn Sie hier nach Beweisen fragen, so kann von einer juristischen Beweisführung hier nicht die Rede sein. Sie werden mich auch gerne derselben entheben, und dem HHerrn, welcher Zweifel gegen die vorhandenen Beweise ausgesprochen hat, möchte ich entgegnen, daß eS hier um allgemeine Gesichtspunkte und Wahrheiten sich handelt, und daß so die Schuld ermittelt ist bezüglich auf die MannSklöster und das Frauenklofter Hermerschwyl. Jedermann anerkennt, diese Klöster haben ein gefährliches Spiel getrieben in den letzten zehn Jahren. Dann aber wurden hier im Großrathö- saal Fahr, Maria Krönung und Gnadenthal früher schon als weniger schuldig bezeichnet, sei es vermöge ihres Ordens, oder weil sie das Schicksal der übrigen zufällig nicht ganz treffen konnte. Ich will gerne glauben, daß diese 3 Frauen- Klöster dem Staate weniger gefährlich sich gezeigt haben. Wenn also hier eine geringere Schuld vorhanden ist, und wenn Fahr und Maria Krönung nach den Akren als ganz unschuldig erscheinen, so ist auch darüber zu urtheilen- was 412 man von Gnadenthal halte. Ueber dieses Kloster ist ;u sagen: man kann eö für schuldig/ und man kann eS auch für unschuldig halten. Wenn das ist, so geziept es dem Gr. Rathe, die mildere Meinung anzuwenden, damit es sogleich klar werde, wie mild und versöhnend der Gr. Rath von Aargau gegenüber der Eidgenossenschaft auftrete. HHerrenl Es ist Ihnen dann angedeutet worden, daß man in'Bezugnahme auf gemachte Erfahrungen allerlei Bedenklichkeiten gegen -den Commissionalantrag für die Zukunft haben könnte, und daß der Majoritätsantrag in kirchlicher Hinstcht wieder zu Verwicklungen Anlaß geben könnte. Ich will das nicht weiter ausführen, aber ich hoffe, daß ein Mitglied des ka- iholischen KirchenraiheS heute Ihnen darüber Ausschluß geben und das Einzelne Ihnen genügend auseinander setzen werde. Ich sage nur: die von der Commission vorgeschlagene Maßregel kann nicht verletzen, und zwar aus dem Grunde, weil diese Maßregel ausgeführt und festgesetzt werden muß, ehe an eine Rückkehr der betreffenden Konventualinnen zu denken ist. Man wird also diesen Leuten sagen, unter welchen Bedingungen sie zurückkehren können, und wenn sie dann die ihnen gemachten Bedingungen nicht annehmen wollen, so können sie wegbleiben und die fernere Ausbezahlung ihrer Gehalte verlangen. Nach der Ansicht der Commission würde die Sache so aus eine ehrenhafte Weise abgethan, und sie glaubt, der Aargau habe nicht weiter zu gehen, und jede strengere Maßnahme von Seite der Tagsayung müßte als eine Neckerei und unbundeSbrüderliche Handlungsweise gegen den Kanton Aargau ausgelegt werden. Wenn die Eidgenossen einsehen, daß man den Aargau absichtlich kränken wollte, so müßten wir in unserm Volke das Selbstgefühl ehren, und jeder brave Eidgenosse könnte uns das nicht verargen, wenn der Aargau von einzelnen Ständen sich nicht hudeln lassen wollte.' Dann kämen wir erst in eine feindselige Stellung gegenüber dem Bundestage, und dann würde es sich fragen, ob die Tagsatzung dem Aargau Gesetze vorschreiben könne, oder ob sie auf den Bundesvertrag sich beschränken müßte. Wir würden den eidöge- nösstschen Ständen gegenüber sagen: wir ehren die Gesetze, die man uns geben will, so lange sie leidlich sind, und wenn die BundcSvorschriften hier uns nicht mehr genügen können, so müssen wir uns aufraffen zu einem neuen Bunde, und wir müssen auf die Selbsthülfe uns stützen, wenn die Tag- satzung sich dazu hergeben sollte, dem bundesbrüderlich ge- .sinnten Aargau gegenüber meuterische Klöster wieder herzu- stellen. Ich habe die Ueberzeugung, daß in einem solchen Falle die gebildete» Bürger der Schweiz auf unsere Seite 413 treten und zu unsern Gunsten richten würden. UebrigenS hat auch in dieser Beziehung der letzte Artikel der Commis. ston das geziemende Maaß bewahrt. Wie der erste Artikel die Revolution dem Bunde nicht erklärt/ so erklärt der letzte Artikel/ daß/ wenn man das gemachte Anerbieten nicht annehme. der Gr. Rath sich vorbehalte/ zu thun/ was zweck- dienlich sei. Ich für meine Person würde in einem solchen Falle dann festhalten an den Rechten des KantonS/ und ich müßte/ wenn ich das nicht thäte/ meinen Idealen untreu werden/ die hoher sind/ als der Bundesvertrag vom Jahre 1816. Durch die sämmtlichen Umtriebe jener Zeit ist ein Artikel in den Bundesvertrag hineingekommen/ der nicht dahin gehört/ und wenn die Tagsatzung uns unbundesbrü- derlich behandeln wollte/ so würde es sich zeige»/ daß dieser Bund mit dem Artikel 12 fallen müßte/ und daß eine neue Eidgenossenschaft entstehen würde. Ich hoffe aber/ die fort- schreitende Bildung in andern Kantonen werde ohnehin schon so weit gekommen sein/ daß sie sich überzeugt hat/ Möncheret und Pfaffenthum können mit der schweizerischen Freiheit nicht bestehen. Wenn ich auf diese Weise gegenüber dem Bunde nachgebe/ so glaube ich zu thun, waö unter gegenwärtigen Umständen die Klugheit fordert/ und wer mich deswegen der Feigheit bezüchtigen wollte/ der versteht meine Natur nicht. Ich lasse mich/ im Hinblicke auf das Vaterland/ auch nicht bestimme«/ hier so oder anders zu spreche»/ henn ich erkläre frei und offen/ die Schande nehme ich nicht über-mich/ die Sache so abgethan zu habe«/ daß wir dadurch eine bundeöbrüderliche Hand zurückstoßen. Hr. Dr. Bruggtsser. Bei der wiederholten Behand- lung dieses Gegenstandes wird eS nicht nöthig sei«/ daß man die Diskussion über Dinge verbreite/ welche nur wieder schmerzliche Erinnerungen hervorbringen müßte«/ indessen will auch ich meine Meinung frei und offen aussprechen und sagen/ wie ich die vorliegende Sache ansehe. Wir hatten bei der Verfassungsänderung einen nicht unbedeutenden Meinungskampf/ und es wurden auf der einen Seite Forderungen gestellt/ deren Gerechtigkeit nicht abgesprochen werden kann/ obschon mitunter auch Uebertreibungen unterlaufen sind/ die nicht berücksichtiget werden konnten; auf der andern Seite aber hat man in gar nichts entsprochen. Es gab dann später eine Zeit hier/ wo man sich zu versöhnen trachtete und zu vereinigen suchte. Das war ein schöner Augenblick/ und jeder ächte Freund des Vaterlands glaubte/ es werde nun einmal zwischen unsern Parteien zur Versöhnung und zum Frieden kommen. Man hoffte/ der unheilvolle Kampf/ der seit — 414 Jahren die besten Kräfte des Staates weggenommen/ werde einmal aufhören/ aber diese schönen Wünsche und Hoffnungen wurden bald wieder zertrümmert/ denn der Parteigeist (die. ser ist es/ welcher den Aargau ergriff) ist hervorgetreten/ und wird uns zu Grunde richten. Der Parteigeist hat uns auf eine Stufe der Mißachtung herabgebracht, und der Aargau befindet sich auf einer Stuft/ wo er dem Höhne und dem Spotte preisgegeben ist. Wir tragen hier selbst die Schuld/ wir müssen das in den eigenen Eingeweiden fühle»/ und wir können uns das nicht verhehlen. Eine Partei hat sich zum Meister und Herrn des Landes gemacht/ statt billige Gesuche zu berücksichtigen/ und diese Parkei hat dem katho. tischen Landestheile nicht nur nichts gegeben/ sondern ihm das noch genommen/ was er bisher hatte. Zwei beinahe gleich starke Bevölkerungen stehen einander gegenüber/ und das ist eben das Gefährliche/ daß unter solchen Verhältnissen ein Zustand eingetreten ist/ wie wir ihn gegenwärtig vor unS sehen. ES muß jedem DaterlandSfreunde wehe thun/ wenn er steht/ daß bei solchen Verhältnissen die bereits vor- handene Abneigung immer nur noch größer gemacht wird. WaS die Anträge der Commission betrifft/ so ist der Antrag der Mehrheit (sagen wir eS offen heraus) ein Lare-Fare, cS heißt nichts und sagt nichts. Man hat der katholischen Bevölkerung entzogen/ was sie bis dahin besessen hat/ und es hat durch die Zerstörung der Parität sich ein Zustand gebildet/ in welchem die katholische Bevölkerung eine Unter, drückung erblickt. Die weitaus große Mehrheit der katho» lischev Bevölkerung hat die neue Verfassung verworfen/ aber dennoch muß sie sich derselben fügen, und ich frage Sie, ob es nicht zeitgemäß und klug wäre, einer solchen ansehnlichen Mn- derheit gegenüber zu thun, was nöthig ist, um sich mit derselben zu versöhnen? Statt auf die Verfassungsannahme hin diesen Weg der Versöhnung einzuschlagen, hat man sich vielmehr allmächtig geglaubt, und man hat von dem errungenen Sieg dazu Gebrauch gemacht, um die bei der VersassungS- abstimmung in der Minderheit gebliebene Bevölkenmg zum Aufstand zu reizen, und hat diese Bevölkerung zum Aufruhr angereizt, der dann freilich von der Staatsgewalt unterdrückt werden mußte. Daö ist geschehen statt der Versöhnung/ die man mit Recht hätte fordern können. Ich will daS Gemälde nicht ausrollen von all denjenigen Handlungen/ welche seit 10 Jahren zur Beunruhigung der katholischen. Bevölkerung führen mußten; ich will keine schmerzlichen Erinnerungen wecken, aber wenn man heute immer sagt, man spreche die Wünsche deö aargauischen Voll 415 keS aus, so möchte ich sagen, daß man auch die Stimme eines sehr bedeutenden Theiles unserer Bevölkerung nicht nn- beachtet lasse. Jedes Mitglied, das hier ist, weiß, wie die Mitbürger in seinem heimathlichen Kreise denken, und die- jenigen) welche heute vom Willen und den Wünschen des Volkes sprechen, müssen auch unterscheiden und bedenke», daß ein Theil des Volkes so, und der andere anders gestimmt ist. Man hat am 13. Jenner, ohne der Warnung Gehör zu geben, die Klöster aufgehoben, und man hat vielleicht dabei den gutmüthigen Glauben gehabt, das Huhn mit dem goldenen Ei zu bekommen. Ich glaube, man habe sich hierin zu großen Hoffnungen hingegeben, and habe sich in sinan- zieller Hinsicht getäuscht, aber was mußte abgesehen davon das katholische Volk in der KlosteraufhebuugSschlußnahme erblicken, und waö muß es jetzt noch darin sehen? Den ersten Akt der Unterdrückung, den es in der neuen Verfassung erblickt. Es ist wahr, daß nicht alle Theile des katholischen Volkes so große Sympathien für die Klöster theilen, allein alle Katholiken sehen doch in der Klofteraufbebung ein großes Unrecht und einen Akt der Gewalt, deren Grenze man nicht kennt. Wenn nun einmal eine solche Quelle des Mißtrauens vorhanden ist, und wenn man eine solche Schlußnahme gegen einen ausdrücklichen Artikel deS BundcSvertrages gefaßt hat, wie kann man wohl beruhiget sein, und wie kann man eS dem katholischen Volke verargen, wenn es mit bangem Blicke der Zukunft entgegensieht? Wenn der Bund nicht mehr schützt, wer soll den nöthigen Schutz angedeihen lassen? Unter solchen Verhältnissen hätte ich geglaubt, man hätte auf eine andere Weise zum Ziele kommen können. Diejenigen, welche früher auf den Bund hingewiesen und gewarnt haben, diese hat man gleichsam als Verrathe« angesehen, allein man hätte besser der Warnung Gehör gegeben, denn wenn die Selbstftändig- keit und Untheilbarkeit des Aargaus auch noch auf dem Bunde beruht, so könnte das Bindungsmittel, das unsern Kanton zu- sammenhält, auch bald dahin fallen, wenn das Gebäude des Bundes nicht mehr da ist. Man täusche sich nicht, und glaube nicht, der günstige Augenblick sei da, um einen neuen Bund zu schaffen. Wenn ein neuer Bund entstehen soll, so muß er aus dem Innern des Volkes hervorgehen. Ein neuer Bund läßt sich also nicht so leicht machen, und die bloßen Macher, die nur von ihrem subjektiven Standpunkte aus und nur aus ihrem Kopfe heraus den Bund schaffen wollen, diese werden gewiß nicht zu dem erwünschten Ziele gelangen. Nehmen Sie mir meine Freimüthigkeit nicht übel, sie gebt nur aus dem Streben hervor, die Ruhe und den Frieden 416 deö Landes zu wahre«/ aus dem Streben/ dieses herrliche Land / das vom aargauischen Volke bewohnt wird / nicht dem Partcigeist zur Zerreißung und zur Zertrümmerung zu überlassen. Ich spreche mich deshalb ossen aus / und ich nenne auch sogleich das Kind beim rechten Namen. Das / was ich spreche/ daS wird im Herzen des einen oder andern dennoch geschrieben stehen, wenn man es auch nicht sogleich zugeben wollte. Sei man nicht zu rasch und nicht zu voreilig. DaS rasche Auftreten und diese etwas heroische Politik unserer Regierung hat den Stand Zürich dem Aargau entfremdet. Das hat dem Aargau nichts genützt, und man hätte die Regierung des benachbarten Standes Zürich in der ob- schwebenden Angelegenheit vielleicht auch besser brauchen können. — Man hätte also im vorliegenden Falle vielleicht auch besser gethan/ wenn man der Eidgenossenschaft gegen- über etwas klüger gewesen wäre. Sie müssen doch auch Ihre Umgebungen berücksichtigen, und Sie werden sich doch nicht mitten unter den europäischen Völkern auf den Jsolir- schemmel stellen können, und Sie müssen auch das Ausland, Las sich einmal ausgesprochen und einigermaßen eingemischt hat, nicht ganz außer Acht lassen. Sie müssen das um so mehr thun, da die Schweiz einer industriellen Zukunft entgegengeht und große VerbindungSmittel mit der ganzen Welt in nächster Zeit erhalten wird. Aus diesen Gründen kann man auch Las Ausland nicht außer Acht lassen, und man soll dabei auch nicht eine Sprache führen, welche dem Ausland gegenüber uns nur schaden kann. Als früher angetragen wurde, unsern Mitftänden das Mißfallen des Standes Aargau über ihre Handlungsweise zu bezeugen, da habe ich bemerkt, daß unsere Ehrengesandten wohl mehr MißfallSbezeugungen zu empfangen als auszutheilen haben werden, und ob ich hierin Recht gehabt habe, das zu beurtheilen und zu beantworten will ich nun unsern Ehrengesandten selbst überlassen. Denke man hier wie man immer wolle, so ist immerhin der Bund zu berücksichtigen, und dieser ist nicht so leicht zu beseitigen, Lenn er ist herausgewachsen aus der Geschichte unseres La«. des. Sie werden bei unS noch lange die gleiche organische Staarenbildung finden müssen, nämlich eine bloße Agglomeri- rung, und wenn Sie daö einsehen, so müssen Sie freilich zugeben, daß der Bund schon oft uns geschadet hat, daß derselbe uns vieler Gefahr aussetzt, daß aber auf der andern Seite der Bund sorgfältig bewahrt werden soll, weil eS viel gekostet bat, bis derselbe nur so weit zu Stande gebracht war. Wenn Sie die Tagsatzungsabschiede vom Jahr 1814 lesen, so werden Sie sehen, daß es eine unsägliche Mühe 417 gekostet hat / diesen Bund zu Stande zu bringen. Wenn Sir von der Ansicht ausgehen wollten/ daß eine Mehrheit auch über das Prinzip des Bundes entscheiden könne/ so dürften Sie sich sehr irren. Dieser Bund ist das schwache Band, das uns zusammenhält, und vermöge dessen die Schweiz im europäischen Staatensystem noch existirt, und diesen Bund zu zerstören/ wäre kein kleines Wagstück/ keine kleine Sache. Wenn Sie glauben sollten, ich spreche hier »»gegründete Besorgnisse auS/ so bedenken Sie nur: »den Säkularisationen folgen die Mediationen,« und wenn von der Tribüne herab heute solche Grundsätze gepredigt worden/ wie der alte Bund zu zerstören und ein neuer zu schaffen sei/ so scheint mir eben das der Grund zu sein, warum die Mehrheit unserer Mitstände so handelte, denn sie sahen Gefahr in einem solchen Beginnen, und sie glauben, sie könnten dadurch verletzt werden. Wenn eS heute Bern einfallen sollte, das Bun- desverhältniß zu ändern, so kann es das Waadtland zu Grunde richten, und dahin führt es, wenn der Bund nicht mehr gc- handhabt werden soll. Sobald einmal ein Kanton eigenmächtig und willkürlich die Bundesakte verletzen kann, so ist kein Rechtsbodcn mehr da, und eS kann jeder machen was er will. Wenn Sie die Einheit der Eidgenossenschaft und den Frieden wollen, so müssen Sie nicht nur davon sprechen, sondern Sie müssen auch die zweckdienlichen Mittel wählen. Nun zeigt eS sich, was zu thun sei, nachdem die Bundesversammlung erklärt hat, daß die Schlußnahme des Großen Rathes unvereinbar sei mit dem Art. 12 des Bundesvertrags. Es sind Ihnen hierüber mehrere Anträge gestellt worden, und was dieselben in ihrer Form betrifft, so werde ich mich nicht darüber auSsprechen. Der Beschluß des Bundes ist sehr schonend und sehr würdig gehalten, und nach meiner Ansicht hätte man auf gleiche Weise entgegenkommen können. Die Commission hat sich gespalten in eine Mehrheit und ein» Minderheit. Wenn ich einer von diesen Fraktionen zustim- men sollte, so muß ich offen und frei erklären, daß ich der Minderheit beipflichten würde, denn diese ist loyal und offen. Die Anträge der Mehrheit aber sind umwunden, scheinen etwas mehr geben zu wollen, wollen aber doch nicht mehr geben, und mit einer solchen PluSmacherei ist hier nicht geholfen. Glauben Sie nicht, daß unsere Gesandtschaft auf der Tagsatzung Männer finden werde, welche man etwa durch eine begeisternde Rede sogleich hinreißen könne, dem Tag, satzungskonklusum entweder keine Folge zu geben, oder sich Vorschläge machen zu lassen, wie die Majorität der Commis- sion sie stellt. Die Vorschläge der Commission sind deswegen V«rha«dl. d-§ Gr. R-ikhß. <8-ii. 53 418 Nichts/ weil sie kein Prinzip haben. Die Majorität der Commission will sich lediglich auf eine Concession stützen/ aber was für eine Concession will sie machen? Heißt das eine Concession/ sowohl der ganzen Eidgenossenschaft als der katholischen Bevölkerung im Kanton gegenüber? Man sucht zu transigiren und zu verschiebe«/ und man hat eine Menge Himerthürli angebracht/ um zuletzt durch dieses oder jenes davon zu kommen und zu erlangen/ was die Minderheit offen und unumwunden ausspricht. Man behält sich die Reform vor/ und diese würde dann freilich so gehandhabt und alles würde so eingerichtet werde«/ daß niemand mehr zurückkommen könnte und zurückkommen würde. Der Entwurf eines NovizengesetzeS hat uns ungefähr einen Vorgeschmack gegeben/ wie man es bei der Reformirung unserer Klöster etwa machen würde/ und man würde die Reform so durchführen/ daß die Klöster/ vom klösterlichen Standpunkt aus betrachtet/ keineswegs wieder einzuführen wären. Ich gehe zwar nicht in die geheimen Gesinnungen der Commission ei«/ aber ich darf doch etwa andeute»/ waS sich aus ihren Anträgen etwa schließen und für die Zukunft folgern läßt. Viel lieber würde ich der Eidgenossenschaft gegenüber offen und frei erklären/ die Umstände hätten sich bei unü seither noch nicht geändert/ man könne deshalb in eine Modifikation nicht eintreten/ und man wolle deshalb der hohen Tagsatzung diese oder jene neuen und beruhigenden Aufschlüsse geben. Man hat ohne- hin von dieser Zeit Beruhigung gehofft. Ich wünschte/ das könnte geschehe«/ Und ich wünsche auch/ der Artikel 12 des Bundes wäre nicht da/ und wir hätten keine Klöster mehr/ weil dieselben sich überlebt haben; aber Sie kommen mit all dem nicht an das Ziel. Wenn ich nun meine eigenen Vorschläge in der Sache geben sollte/ so erkläre ich/ daß ich diesem Gegenstände meine volle Aufmerksamkeit geschenkt/ und daß ich ihm mein Nachdenken gewidmet habe/ aber da ich voraussehen konnte/ wie die Sache ihren Gang nehmen werde/ so konnte ich mich nicht entschließe«/ einen Antrag auszuarbei- ten. Wenn man das Volk will sprechen lassen/ so sollte man zu- erst auch die betreffende Confession selbst höre»/ und dann würde mau vernehmen/ ob man noch Klöster haben wolle oder nicht. Man soll also hier nicht sage»/ der Wille des Volkes sei ge- gen die Klöster. Freilich würbe man das katholische Volk nicht darüber abstimmen lassen wolle»/ ob man noch Klöster haben wolle oder nicht/ weil man das Resultat einer solche« Abstimmung leicht voraussehen könnte/ aber wenn man vom Willen des Volkes spricht/ so dürfte man das thun. Weil man das nicht will/ und weil ich vorausgesehen habe/ welchen Gang die Sache nehmen müsse, so habe ich mich auch nicht bewogen finden können, Ihnen Anträge zu bringen, um die Ehre zu haben, damit in der Minderheit zu bleiben. Wenn Sie keine Concessionen wollen, was auch die Majorität der Commission eigentlich in ihrer umwundenen Sprache deut' lich genug gesagt hat, so hätte ich es der Ehre des Aar. gauS angemessen gefunden, zu erklären: wir bleiben einfach bei der befiehenden Schlußnahme, und wir geben diese in keiner Weise auf. Das wäre wohl der ehrenhafteste Weg für den Gr. Rath, denn ein Hochverrath der Klöster gegen den Staat ist doch nicht begründet, und so ist es schwer zu sagen, welche Klöster schuldig seien, und welche vermöge ihrer Unschuld wieder eingesetzt werden sollten. Man hat freilich heute die Ansicht ausgesprochen, in politischen Dingen habe man nur von einer Idee auszugehen, und ein cigent. licher Thatbestand des Hochverrathö brauche hier nicht aus Akcen her geholt zu werden, aber wenn Sie keinen größer» RechtSboden für Ihre Demonstrationen haben, so werden Sie in diesen auch kein Beruhigungsmittel finden. Nur noch eine Bemerkung. Sie mögen die Klostcrfrage cntschei. den wie Sie wollen, nur die katholische Bevölkerung hat Sympathie dafür, und, wenn gesagt wird, daö Volk wolle die Klöster nicht mehr (ich will nicht behaupten, ob eS wahr sei oder nicht), so muß ich nur bemerken, daß Sie, entscheiden Sie so oder anders, das Volk nicht beruhigen. Ich habe im Eingänge bemerkt, welches die Wunden sind, an welchen das katholische Volk immer noch leidet, und wenn Sie diese Wunden heilen wollen, so folgen Sie den Anträgen des HHrn. Dorcr. Sie können mit Anträgen, wie sie von der Commission und dem Kl. Rathe heute gebracht worden find, diese Wunden nur verkleistern, aber nicht zubinden und nicht heilen. Ich danke dem HHrn. Dorer hier öffentlich und im Namen von Tausenden im Aargau, daß er offen und frei. müthig hingedeutet hat auf die Mittel und Wege, die uns zum Frieden und zur Eintracht führen können. Das Saat» körn, das der HHr. Dorcr ausgestreut hat, wird aufgehen und Früchte bringen. Ich schließe, indem ich die Erwartung ausspreche, daß man sich versöhnend benehmen werde. Hr. Präsident. Ich muß Sie daran erinnern, daß nur der erste Antrag der Commission in Berathung ist. Hr. Äüng. Die eidgenössische Tagsatzung hat den Be. schluß des Gr. Rathes vom 13. Jenner abhin, durch wel. chen sämmtliche Klöster im Aargau aufgehoben wurden, mit dem Art. 12 des Bundesvertrages a'.S unvereinbar erklärt, und deswegen an den Grand Aargau die Einladung ergehen 420 lassen, über das Dekret vom 20. Jenner noch einmal in Berathung einzutreten, und in unzweideutiger Berücksichtigung des BundeöverkrageS festzusetzen, was genüge, um die Bun- desbehörde des eigenen Auftretens zu überheben. Der 12. Artikel des Bundesvertrages bedarf keines Commentars, und spricht den Fortbestand der Klöster allzudeutlich aus, als daß man über den Sinn desselben zweifeln könnte. Es muß also der Beschluß vom 13. Jcuner als eine Verletzung des Bun- deövertrageS angesehen werden. Diese Schlußnahme hat aber nicht nur den Bund verletzt, sondern er hat auch moralisch sehr tief eingegriffen. Ich frage: was soll nun aus Tempeln mit so vielen Kunstwerken werden, aus Tempeln, wo so viele schöne Gottesdienste gehalten worden sind, wo so viele tausend Meßopfer stattgefunden haben, und wo viele Tausende Bußnachlaß erhalten, und dem Tische des Herrn sich genähert haben?! Ich frage ferner, wie dem katholi- schen Volke zu Muthe gewesen sein mußte, als die Glocken verstummten, die Kirchen geschlossen und die Altäre gcplün- derr wurden? Ein silberner Tabernakel wurde fortgeschleppt und andere Kostbarkeiten hat man fortgenommen. Ich kann Sie versichern, daß manche Thräne darüber vergossen wurde. DaS katholische Volk hat seit Jahren in religiöser Beziehung viele Kränkungen erlitten, und es ist mit zahlreichen Bittschriften eingekommen, und man hat dasselbe nicht gehört und hat ihm nicht entsprochen. Die traurige Folge davon waren die bekannten unglücklichen Ereignisse. Ich kann nicht begreifen, wie der Gr. Rath auf die Anzeige, daß Klöster an dem Aufruhr Theil genommen haben, ohne Untersuchung alle s Klöster im Aargau hat aufheben können, und wie er so die Bundesverfassung verletzen durfte. Dieser Beschluß des Gr. Rathes vom 13. Jenner verstoßt sich auch gegen den §. 23 der Verfassung, wo gesagt ist, daß die Beiträge der Klöster durch ein Dekret bestimmt werden sollen. Statt durch ein solches Dekret die Beiträge der Klöster wirklich zu bestimmen , hat man diese aufgehoben und das sämmtliche Kloster- vermögen als Staatsgut erklärt. HHerren, in der von der Regierung den hohen Ständen übergebenen Denkschrift ist nach meiner Ansicht auch nicht ein einziger Grund enthalten, welcher die Aufhebung der Klöster rechtfertigte, und sie ist zudem auch noch abgefaßt, wie sie dem Verfasser nicht zur Ehre gereicht. Die Kloster-Geistlichen sind darin so dar- gestellt, als ob sie nur Böses gestiftet hätten; wenn man aber unparteiisch urtheilt, so kann man nicht so von den Kloster-Geistlichen sprechen. Ein berühmter Geschichtschrei- her, Herr v. Rotteck in Freiburg, sagt in seiner allgemeinen L21 Weltgeschichte/ daß viele Klöster sehr wohlthätig gewirkt haben durch Sammlungen alter Schriften und Urkunden durch ihre Unterrichtsänstalten und durch ihre gelehrten Werke. Dieser Geschichtschreiber anerkennt/ daß die Be- mühungen der Klöster sehr schöne Früchte getragen haben und daß in einzelnen Klöstern Mönche durch Tugenden und Fleiß sich rühmlich auszeichneten. Das sind die eigenen Worte des Herrn Professor Roneck / welcher bekanntlich der Klerisei nicht sehr günstig war. Ich glaube man werde nun begreifen/ daß der Gr. Rath sich übereilt hat. Ich denke zwar wohl/ daß manche die Meinung haben/ es gereiche dem Gr. Rathe zur Unchre/ wenn er gefaßte Beschlüsse zurücknehme/ ich glaube hingegen / es gereiche im vorliegenden Falle ihm nur zur Ehre. Ich möchte Sie aus die Folgen aufmerksam machen/ welche das hartnäckige Behar- ren aus dieser Schlußnahme haben könnte. Ich brauche in dieser Beziehung Sie nur auf das verweisen zu müssen / was der HHr. Dr. Bruggisser Ihnen mit so beredtem Munde vorgetragen hat. Der Klosteraufhebungsbeschluß verstoßt sich gegen unsere Bundes- und Kantonsverfaffung, aber noch mehr/ er verstoßt sich auch gegen die Humanität/ denn alte Männer/ welche glaubten/ die letzten Tage ihres Lebens in den Klöstern schließen zu können/ erhielten den strengen Befehl innert 24 Stunden die Klöster zu verlassen. Das gleiche Schicksal wurde der blinden Aebtissin von Hermetschwyl und der wür- digen Priorin von Guadenthal zu Theil. Das sind meine GefühLe/ die ich über den Klosteraufhebungsbeschluß habe, und aus den entwickelten Gründen stimme ich zum Antrage des HHr. Fürsprech Baldinger. Hr. Oberrichter Fischer. Es ist zwar vom Präsidium in Erinnerung gebracht worden/ daß die Diskussion yur über den Art. 1 des Majoritätsantrages walte/ allein Sie werden mir erlauben/ daß auch ich meine ganze Ansicht über die obschwcbende Angelegenheit ausspreche, nachdem Andere es auch gethan haben. Ich will nicht in die Erörterung über die rechtliche Seite unserer früher gefaßten Schlußnahmcn eintreten/ denn das Recht/ das wir in Anspruch genommen haben/ ist nach meiner Ansicht keineswegs zweifelhaft. Ich beschränke mich einfach darauf/ um von dem Standpunkte der Klugheit auszugehen/ und auch ich will fragen/ waS für eine Stellung wir heute gegenüber unserer aargauischen Bevölkerung und gegenüber der Tagsatzung einzunehmen haben. Gegenüber unserer aargauischen Bevölkerung haben wir verschiedene Richtungen/ nach denen wir unsere Handlungsweise abmessen sollten. Wir habe» eine revolutionäre Partei im Land«/ die Anhänger der Klöster, und diese sind diejenigen, welche den Aargau zum Schauplatz des Bürgerkrieges gemacht haben. Diese machen den kleinern Theil der katholischen Bevölkerung aus, ich darf das zur Ehre der Katholiken sagen. Der weitaus größere Theil der katholischen Bevölkerung, der die Vorgänge im Jenner nicht gcbilliget hat, der einsichts. voll genug ist, um zu begreifen, daß durch die Aufhebung der Klöster kein Angriff auf die katholische Religion gemacht wurde, dieser Theil ist verständig genug, um einzusehen, daß überhaupt ein Angriff auf die Religion eines Menschen gar nicht gemacht werden kann. Auf der andern Seite haben wir die reformirte Bevölkerung, und diese haben wir uns gegenüber auch nicht ausser Acht zu lassen. Ich frage: was ist zu thun, um jener ersten Minorität gegenüber zu genügen? Die Einsetzung aller Klöster genügte hier nicht einmal, geschweige denn eine theilweise Einsetzung. Man verlangt ferner noch eine vollständige Amnestie, die Zurückgabe der Waffen, ein gänzliches Aufgeben der Rechte des Staates gegenüber der katholischen Kirchcngewalt. Glauben Sie aber, daß auch das alles genügen würde? nein! der Umsturz der gegenwärtigen Verfassung ist es, was man wünscht, und man will dafür eine Verfassung nach dem Zuschnitte der neuen, so hochgepriesenen Verfassung des KanronS Luzern. Wollen Sie dazu sich hingeben, und soll der weitaus größere Theil des gesammren aargauischen Volkes ein solches Opfer dar. bringen, um jene Minderheit zufrieden zu stellen? Ich denke, jeder redliche Aargauer werde nie an eine solche Befriedt. gung von Wünschen denken, und so abstrahiren wir also von der Frage, was jene Minorität wolle. Stellen wir hin, gegen die Frage so: Ist es rathsam, jener Minorität gegen, über eine größere Nachgiebigkeit zu zeigen, als wir bis dahin bewiesen haben? Nein, ich glaube nicht. Der Zeitraum seit dem 10. Jenner ist noch zu kurz, unsere Milizen sind ja kaum recht heimgekehrt, noch nicht alle Wunden sind vernarbt, welche pflichttreue Beamte und Soldaten davontrugen, noch immer beunruhigen Gerüchte von Störung des Friedens den ruhigen Bürger des Landes, und immer noch sind die obern Grenzgemetnden des Aargaus gleichsam in einem Belage. rungSzustande, überhaupt sind die Zeitumstände noch so, daß eS höchst voreilig wäre, einen Vertrag zu schließen mit einer solchen Minderheit, mit einer Bevölkerung, die gezeigt hat, daß sie mit dem Eide nur ein Spiel treibt. Wie verhaltet sich die Mehrheit der katholischen Bevölkerung? Auch diese ist zwar noch einigermaßen beunruhiget und einigermaßen in Besorgnisse versetzt durch das Wühlen und das Treiben der 423 Minderheit, aber sie erwartet ruhig den Ausgang der Ver. hältnisse, und warum verhält sie sich so? sie möchte gerne Friede haben, aber sie ist doch auch terrorisirt von ihren Glaubensgenossen, und sie darf sich nicht gleichgültig stellen, in der Befürchtung, man werfe ihr Unglauben vor. Diese Minderheit der aargauischen Bevölkerung ist, wie ich hoffe, zu beruhigen. Was nun die Majorität der aargauischen Bevölkerung, die Reformirten betrifft, so muß ich bitten, eS mir nicht zu mißdeuten, daß ich diese Distinktion vonRefor- mitten und Katholiken hier brauche. ES thut Niemandem mehr leid als mir, daß man dieses konfessionelle Verhältniß auf das Gebiet der Politik hinübergespielt hat. Ich bin nicht Schuld daran. Die reformirte Bevölkerung steht Mann für Mann zu der Schlußnahme des Gr. Rathes. Der Gr. Rath hat seine Schlußnahme vom 13 . Jenner mit Ueberzeu- gung und im Gefühl der Nothwendigkeit gefaßt, und die Eile war damals nur ein Gebot der Nothwendigkeit. Diese Schlußnahme ist von Seite der Mehrheit unserer aargauischen Bevölkerung mit Freude aufgenommen worden. Die re- formirte Bevölkerung war überzeugt, daß in den Klöstern schon lange der Heerd der Meuterei war, und daß die Existenz der Klöster und das gute Fortschreiten des Kan' tons in der Kultur einander ausschließen. Diese Bevölkerung sagt nun: entweder hatte der aargauische Große Rath das Recht die Klöster aufzuheben, oder nicht. Hat er dieses Recht, so darf er es auch sagen, und darf seine Schlußnahme vom 13 . Jenner auch fernerhin vor dem Forum der Tagsatzung vertheidigen. Hat der Gr. Rath dieses Recht nicht, so ist das aargauische Volk in einen Irrthum geführt worden. — So stehen wir gegenüber unserer Bevölkerung im Kanton und wenn ich nun frage: wie stehen wir gegenüber der EidSgenoffenschast da? so sind auch hier wieder verschiedene Richtungen zu betrachten: i) sehen wir Sympathien, welche die aargauische Regierung und den Gr. Rath unterstützen und 2) sehen wir Hemmnisse aller Art, die man unS entgegensetzen wird. Bezüglich auf die erste Richtung, ver- weise ich Sie auf die Addreffen, welche Sie aus den entfernt- liegendsten Thälern der EidSgenoffenschast erhalten haben, ich verweise Sie auf unsere Nachbarn im Kanron Bern, welche einmüthig unsere Schlußnahme gebilliget haben, ich verweise Sie auf jene Bevölkerung im Kanton Bern, die gewiß auch künftighin sich nicht von uns wenden wird, so lange wir wenigstens auf den^ Pfade des Rechtes bleiben. Diese alle würden es nicht gerne sehen, wenn wir heute so schnell vom Kampfplätze zurücktreten würden. Auf der andern »24 Seite aber haben wir auch gesehen, daß die Aussichten für den Aargan sich nicht so günstig gestellt haben, wie zu hoffen war. Auf dieser Seite sehen wir die Tagherren in ihrer steifen Versammlung, und an ihrer Seite laue Freunde, die sich mit jenen verbunden haben, um der Form den Sieg über das Wesen und das materielle Recht zu verschaffen. Dort kann man unü die Freude nicht gönnen über den Beschluß, den wir zu fassen berechtiget uns bemüssiget waren. Man hat sich dazu herbeigelassen, nun einen moralischen Zwang gegen uns sich zu erlauben. Dieses Benehmen gründet sich auf die Erfahrung, daß Aargau als Glied des eidsgenössischen BundeS sich immer lojal und nachgiebig gezeigt hat, und daß es nicht geneigt ist eine revolutionäre Stellung gegen den Bund einzunehmen. Hierin mag sich die Mehrheit der Bun- desbehörde allerdings nicht geirrt haben. Auch ich möchte nicht zu einer revolutionären Stellung gegenüber der Eids- genossenlchaft rathen, aber wenn wir auch auf der andern Seite nicht sogleich nachgeben, so sind wir noch nicht revo- lurionär gegen den Bund. Nach meiner Ansicht scheint die Majorität der Commission zu weit zu gehen, denn es gibt gewiß noch andere Mittel um der Falle zu entgehen, in der man unö fangen will; es gibt gewiß noch Mittel, und da- für bürgt mir die Art und Weise, wie der Tagsatzungsbeschluß zu Stande gekommen ist, und wie er an und für sich selbst angesehen werden muß. Man weiß wirklich nicht, was dieser unklar gefaßte Tagsatzungsbeschluß eigentlich will. Der erste Antrag der Commission ist nach meiner Ansicht recht, denn er sagt, der Tagsatzungsbeschluß sei unklar und man gebe sich der Hoffnung hin, daß die Stände die nöthigen Aufschlüsse werden erhalten haben, um für uns günstigere Beschlüsse zu fassen. Ich stimme zum ersten Antrage der Commission, gehe aber nicht so weit, wie dieselbe in den andern Anträgen gegangen ist, denn ich möchte nicht, daß wir erklären, wir seien nicht auf dem Standpunkte des Rechtes gewesen, denn die Früchte von einer solchen Erklärung wären mir zu groß, zu folgenreich. Geben wir zu, was die Commission anträgt, so haben wir den Boden des Rechts, auf dem wir stehen, verloren. Ich möchte deshalb einfach erklären, daß wir zur Modifikation unseres Klosteraufhebungs- beschlusseS uns nicht entschließen können, und daß eine Mo- difikation mit unserer Ehre nicht im Einklang wäre. Wollen Sie denn aber doch der Tagsatzung gegenüber ein Anerbieten machen, und unserer Bundesbehörde einigermaßen entgegenkommen, so wäre der Antrag der Regierung dann wohl geeignet und genügend. Frage ich nach den Constellationen, 425 - Welche in der nächsten Tagsatzung/ bezüglich auf unsere Klosterangelegenheiten / sich zeigen werden, so glaube ich, es gebe solche Stände, die früher gegen uns gestimmt haben, nun aber für uns stimmen werden. Ich hoffe, und ich möchte sagen ich zähle auf St. Gallen und Schaffhausen. Wir dürfen also in treuer Festhaltung dieser Gesichtspunkte nur so weit gehen, daß wir mit unserm Recht und mit unserer Ehre nicht in Conflikk gerathen. Was sagt der Antrag der Regierung? Wir können nicht vom Grundsätze abgehen, daß aber, wenn das den Bund beruhige, die zwei Klöster Fahr und Maria-Krönung, die nur in geringem Maaße betheiliger gewesen seien, sich ausserhalb des Kantons wieder konstitüiren dürfen, und daß ihnen das im Aargau bisher besessene Ver- mögen herausgegeben werde. HHerren, das ist eine Proposition, welche auf der Tagsatzung schwerlich zurückgestoßen wird, und die nicht im Widersprüche ist, mir unserem früheren Beschlusse. Ich stimme also zum ersten Antrage der Commission und auch noch zum zweiten Antrage derselben, aber dann zum Antrage der Regierung. Endlich bin ich aber auch ein- verstanden milder Regierung und der Commission, daß, wenn dieses Anerbieten zurückgewiesen werden sollte, dasselbe hier- seits als nicht geschehen betrachtet werde. Würde man auf diese Weise so die von uns gebotene Hand des Friedens zurückstoßen , so dürfen wir getrost an sämmtliche Eidsgenossen appelliren und getrost von diesen das Urtheil erwarten. In- dem ich hier mich wiederholt erkläre, daß ich theilweise zu den Anträgen der Commission und der Regierung stimme, erlaube rch mir noch schließlich die Bemerkung, daß es mjr scheint, die HHerren Präopinanten, welche die übrigen Verhältnisse des Aargaus hier mit berührten, hätten nicht den richtigen Standpunkt aufgefaßt. Auch ich bedaure eS sehr, daß der Bruch im Aargau so groß geworden, wie er ist, ich bedaure es innigst, aber es konnte wohl nicht anders werden. Man hätte, so lange sich die Parteien auf dem Boden der Gesetzlichkeit bewegt haben, eine Wiedervereinigung erzielen können, aber diejenigen, welche zum Mittel des Aufruhrs gegriffen haben, diese haben unsere Verhältnisse schwieriger gemacht und die Vereinigung erschwert. Wenn es sich spä- ter darum handelt, die Gemüther zu beruhigen, so will ich auch gerne dazu helfen, ich will gerne dazu helfen, daß die in der Verfassung verlangten schützenden Gesetze für das katholische Volk gemacht werden, aber heute liegt dgs alles nicht in Frage, sondern heute handelt eö sich bloß um die Klosterangelegenheit, und dabei sollen wir auch stehen bleiben. Hr. Tanner. Ein Vortrag, der Ihnen gehalten wor- Verhandle des Gr. R-,lhS. 54 436 den ist/ verpflichtet mich/ als Mitglied des Er. Rathes auch »vieder meine Stimme in dieser Angelegenheit zu erheben. HHerren/ meine Rede hat zum Zwecke/ einige Gesichtspunkte zu berichtige«/ die der Redner aufgestellt hat/ welcher sagte: er stimme zwar zu keinem Antrage / er finde sich aber auch nicht veranlaßt/ einen Antrag zu stellen. Ich hätte sonst erwartet/ daß ein hochgeachtetes Mitglied/ das alle andern Meinungen als ««stichhaltig bezeichnet/ eine selbstständige Meinung festsetzte/ und einen Antrag daran knüpfte. Ich bedaure eS innigst/ daß ich schon früher habe wahrnehmen müsse»/ daß dieser HHr./ welcher sonst bei allen wichtigen Fragen seine Anträge gestellt hat/ nun immer in wichtige» Angelegenheiten stumm geworden ist/ und daß er keine Anträge mehr stellt/ sondern sich darauf beschränkt/ die Meinungen anderer zu widersprechen. Von den Einsichten und Erfahrungen deS HHrn. hätte ich erwartet/ daß er handelte und Anträge stellte/ wie er es früher gethan hat. Ich bin mit dem HHrn. einverstanden/ daß die PluSmacher und Faiseurs noch nie Staaten glücklich gemacht haben/ aber eben so sehr muß ich dann auf der andern Seite es für ein Glück erachte«/ daß man im Aargau der Richtung der Plusmacher und der Faiseurs nicht mehr zu folgen geneigt ist. Wenn der Aargau/ wie bemerkt wurde/ gesunken sein soll in den Augen der Eidgenossenschaft/ so möchte ich das widersprechen. Ich gebe z»/ daß das Land mit Schande und Schmach überdeckt war zu der Zeit/ als der Aufruhr begonnen hatte/ aber dann gewiß nicht mehr/ als der bessere Geist des Volkes sich kräftig erhob / und in dieser Zeit sehe ich Tage des Ruhmes und der Hoffnung/ daß jene Tage der Schande nicht mehr wiederkehren werden. Man hat abglitschend von der eigentlichen Frage heute von zwei verschiedenen Bevölkerungen des KantonS gesprochen. Ist es wahr/ kann im Aargau von zwei verschiedenen Bevölkerungen gesprochen werden? wenn das wahr ist- und wenn man darüber eintreten wollte/ so fühle ich mich nicht nur berechtiget/ von Katholiken und Protestanten zu sprechen/ sondern ich darf noch weiter gehe»/ und ich darf von den zwei Gegensätzen in der rechtgläubigen Kirche selbst mir einige Bemerkungen erlauben. Dafür können wir Protestanten nichts/ daß in der katholischen Kirche widersprechende Begriffe sich geltend mache«/ und wir können nichts dafür/ daß die Katholiken selbst zweierlei Systemen huldigen/ die nicht von heute sind/ sondern in der Geschichte des Kirchenthums selbst ihre tiefen Wurzeln geschlagen haben. Diese Gegensätze können unS Reformirten nicht zur Last fallen. Trägt der Aargau die Schuld daran/ daß 427 einige Katholiken, die sich die Rechtgläubigen wähnen, sich bemühen, über einige ihrer andersdenkenden Glaubensgenossen den Bannfluch der Verketzerung zu schleudern? Trägt der Aargau die Schuld, daß einige freisinnige Katholiken der Gegenstand dieser Verketzerung sind? Rein! Man scheint die Wirren unseres KamonS dem Gegensatze der Protestanten und Katholiken zuschreiben zu wollen, aber hier spreche ich es aus, um dieser Unrichtigkeit mit aller Macht aus den Kops zu treten: wer hat den Stoff hervorgerufen, um die einten Katholiken gegen die andern zu hetzen?! Nicht die Protestanten haben das gethan, sondern sie haben kraft ihrer'freien Ueberzeugung nicht mit Vorliebe gegen die Einen und nicht aus Abneigung gegen die Andern bloß ihrer Ueber- zeugung gefolgt. Jene Anträge, welche unsere Wirren her. vorgerufen haben, sind von den Katholiken selbst ausgegangen, und haben die Protestanten eS verschuldet, wenn diese an sich wohlthätigen Bestimmungen, die von den Katholiken selbst ausgegangen sind, zum Vormunde der Verketzerung benutzt wurden? Ich will Ihnen ein Beispeil geben, auf welche Weise man das Volk berückte. Ich spreche hier von den Badener-Conferenzartikeln. — Im Sommer 1839 hatte ich Gelegenheit, mit dem gegenwärtig landesflüch- tigen Herrn Fürsprech Anton Weißenbach, da er als Suppleant des Obevgerichts hier war, zu sprechen; unser Gespräch lenkte sich auf die Badener.Artikel, und dieser Herr hat erklärt, daß die Badener. Konferenzartikel eigentlich nichts Neues und nichts Gefährliches für die Kirche enthalten. Ich fragte ihn, warum man denn gegen diese Beschlüsse so sehr eingenommen sei? Er antwortete, weil sie gedruckt seien, und er sagte, deswegen müssen die. selben weggeschafft werden. Als ich dem Herrn Weißenbach bemerkte, das sei doch ein schwacher Grund, um die Un- zweckmäßigkeit jener Artikel darzuthun, da brach der Par- iheimann ab, und dieser Herr hat später selbst mit den gleichen Artikeln, die er als ungefährlich erklärte, das Volk bethört und hinter das Licht geführt, und dieser Herr ist dann endlich auch als ein Feigling vom Schlachtfclde geflohen. Soll nun auch die reformirte Bevölkerung die Schuld einer so niederträchtigen Handlungsweise übernehmen? Wenn Andere es ähnlich getrieben haben und noch treiben, soll das reformirte Volk das Opfer davon sein?! — Es ist dann von einem alten Mann gesagt worden, daö katholische Volk sei in der Ausübung seines Gottesdienstes gehemmt. HHerren, nur Boshafte können sagen, daß konfessionelle Verfolgung oder Unterdrückung je stattgefunden habe. Man will aber 428 auch von einer andern Seite von einer politischen Unterdrückung sprechen und weist auf die Parität hin. Besteht aber diese nicht in den obersten Behörden? Ja wohl- und da wo die Aufhebung beschlossen ist/ da ist sie in den Früchten eine solche/ daß keine Klage deshalb erhoben werden dürfte/ denn gegenwärtig sind gleich viele Protestanten und Katholiken im Er. Rathe. Gesetzt aber auch, es wären auf Seite der Reformirten einige Stimmen mehr, wie wäre eS möglich, eine Umerdückung hier auszuüben? Wenn ich so etwas behaupten wollte, so müßte ich glauben, ich würde Unstnn reden. Uebrigens scheint eS mir, wenn ich solche Reden betrachte, man habe mit Pfeffer belegte Stellen ent- blößt, die man wieder mit Pfeffer berühren und belegen will. Was ist die Aufhebung der Parität anders, als die Herstellung der Rechtsgleichheit, der Rechtsgleichheit, die im Jahr 1831 von der gleichen Seite mit großen Worten als die allein gerechte hervorgehoben worden ist, von welcher Seite sie heute als eine Ungerechtigkeit und ein Akt der Unterdrückung geschildert wird. Die Rechtsgleichheit ist ein Ehrenpunkt des aargauischen Volkes und die Rechtsgleichheit kann bei der Parität nicht bestehen. Ein protestantisches Uebergewicht liegt in der Aufhebung der Parität nicht. Es gibt allerdings ein Uebergewicht, welches die protestantische Bevölkerung gegenwärtig hat, und das ist die Treue der altaargauischen Bevölkerung, welche nun das Prinzip und die dem Prinzip ergebene Regierung umgeben hat. Daß ein solches Gewicht bei der katholischen Bevölkerung gegenwärtig nicht vorhanden ist, das mögen die bösen Hetzer verantworten, welche das Volk immer auseinander gehalten haben. Waltet wieder der Geist der Ordnung und des Gesetzes, welcher seit 1830 gestört wurde, so kann die katholische Bc- pölkerung entweder wieder das Uebergewicht, oder wenigstens wieder Las Gleichgewicht erhalten. Ich nenne eS eine ungute und eine unwahre Aeußerung, wenn von Seite der Katholiken von einer Unterdrückung durch die Protestanten gesprochen wird. Der HHr. hat dann die Anträge der Mehr- heit ein Lare-Fare genannt. Ist das ein Ausdruck, um die Sache von derjenigen ernsten Seite aufzugreifen, wie es einem Stellvertreter des Volkes in einer so wichtigen Angelegenheit ziemt?! AlS wir am 20. Jenner das Klofteraufhebungsdekret besprachen, da hat der HHr. Lützelschwab das Wort ergriffen, hat die Mannsklöster preisgegeben, indem er es nicht wagte, für dieselben sich zu erheben, und er hat nur für die Frauen- klöster gesprochen, zu deren Gunsten heute die Commission xinen Antrag bringt. Ich bedauerte damals, daß ein solcher Antrag nicht früher gebracht wurde. Man hat zwar heute von Terrorismus gesprochen/ und zwar in einem Sinne/ daß man gehindert gewesen sei/ eine freie Meinung auszusprechen. HHerrcn/ das ist nichts. Ich bin damals auch hier gewesen und ich weiß / daß der Gr. Rath damals die Meinung eines andern redlich denkenden Mannes auch geehrt hat. Als der HHr. Lützelschwab seinen Antrag stellte/ nach meiner Anficht zu spät/ so sah ich wohl ei»/ daß auf seine Ansichten nicht eingetreten werden konnte / weil damals die Sache der Sar- uerei im vollen Gange war/ und es sodann auch noch in unserer Pflicht lag / vorerst unsere Mitstände anzuhören. Wir haben nun diese gehört/ und die Majorität der Commission glaubt den Anforderungen jener Stände zu genügen. Freilich hat Ihre Commission die Reform vorbehalte«/ und sie spricht von Krankenpflege und Erziehung/ welche in die Hände von Klosterfrauen gelegt werden könnte«/ und wenn der HHr. in Rücksicht auf diese Zweckbestimmungen den Antrag der Commission ein Lare-Fare nennen zu können glaubt/ so gönne ich ihm diese Freude gerne und will ihn daran nicht hindern. Die Hinweisung der Commission auf solche Zweckbestimmungen der Frauenklöster darf sich auf die vom HHrn. Lützelschwab ausgesprochenen Ansichten stützen/ und diese Ansicht des Hrn. Lützelschwab ist in den Verhandlungsblättern enthalten. Ich nehme diese zur Hand und lese: Man findet/ daß anderwärts Frauenklöster für die Krankenpflege und die Erziehung nicht unwichtige Dienste leisten/ und das könnte vielleicht auch bei uns Platz finden. Wenn nun der HHr. Dr. Bruggisser vielleicht deswegen den Antrag der Commission ein Lare-Fare nennt/ so mag er mit dem HHrn. Lützelschwab diese Sache ausfechten. Die Majorität der Commission brachte ihre Anträge in der Form kurzer und abgebrochener Sätze. Ich denke/ der Gr. Rath werde so redlich sei«/ daß er das in feinen Anerbietungen gegebene Wort halte/ und nicht einen bloßen Schein gebe. Freilich kann dieser Schein/ als ob man nichts thun wolle/ dadurch auch veranlaßt werde»/ daß man einzelnen Klosterfrauen/ die nicht zurückkehren wolle«/ dennoch ihre Pensionen gibt/ aber wäre es nicht eine Grausamkeit/ wenn man solche zur Rückkehr zwingen wollte? Wenn die Mehrheit der Nonnen nicht mehr zurückkehren wollte/ so wäre das nicht Schuld des Gr. Rathes. Soviel zur Rechtfertigung des MehrbeitsantrageS/ wobei ich darf äußern / daß die Commission nicht einseitig auf ihren Anträgen beharren will. Sie gibt nur Anträge/ die sie für zweckmäßig erachtet / und sie wollte deßwegen eine an- dere Meinung nicht verkleinern. Man wollte/ wie ich es — 430 — wenigstens verstanden habe/ der Commission auch vorwerfe«/ daß die Majorität den Bundcsverkrag brechen wolle/ das ist aber nicht der Fall. Die Commission darf sich schmeicheln/ daß sie dem revolutionären Prinzip nicht hat gefallen wollen. ES ist endlich auch noch von Wunden gesprochen worden/ welche zu heilen seien. Auch hier trägt der Aargau keine Schuld an Wunden/ denn die Hetzer haben die Wunden gemacht und eingeätzt/ bis sie zur Eiterung übergegangen sind. Es ist auch meine Absicht, diese Wunden zu heilen/ und eS ist auch Absicht des Kl. Rathes/ und der HHr. Dr. Brug- gisser/ wenn er zu Anfang der Sitzung da gewesen wäre/ würde sich durch die vorgetragene.Zuschrift haben überzeugen können / daß der Kl. Rath den durch Anregung deö HHrn. Dorrr ihm abverlangten Bericht über den Zustand des Landes gegeben/ und gezeigt hat/ wie nach seiner Ansicht das Versöhnungswerk zu Stande gebracht werden könnte. Diese Zuschrift ist nun an den Kl. Rath als Jnitiativbehörde zurückgewiesen worden/ um den von ihm ausgesprochenen Ansichten eine Verleiblichung zu geben und sie ins Leben treten zu lassen. Dazu habe auch ich gestimmt. Man bietet also Hand zur Versöhnung / so viel es immer möglich ist. Freilich/ wenn unter dem Deckmantel der Versöhnlichkeit der jenseits der Tiber weilende Stab zu uns kommen sollte/ so möchte dann auch ich sagen/ daß wir eine solche Versöhnung nicht wellen. Hr. Dietschi. Die Klöster sind in einer vierstündigen Berathung schnell aufgehoben worden. Das war zu schnell, man mag darüber sagen was man will. Wenn es wahr wäre/ was man damals alles von den Klöstern gesagt hat, so glaube ich nicht, daß dieselben achthundert Jahre lang existirt hätten. Wenn die Klöster Ruhestörer und dergattig Uebelthäter gewesen / so würde sie niemand mehr in Schutz nehmen. HHer- ren! Die Tagsatzung hat eS uns überlassen, heute eine Ab- änderung zu beschließen. Auf uns sind viele Augen und Herzen gerichtet/ und von uns hängt es ab zu beschließen was nöthig ist. Die Tagsatzung hat geglaubt, wir werden das Mittel zum Frieden finden. Ich für meine Person werde mit beiden Händen nach dem Frieden langen, aber wie man heute hört, so wird eS sehr schwer, dieses Mittel zum Frie- den zu finden. Die eine Partei verlangt zu viel/ und die andere Partei will zu wenig geben, und so braucht es noch manchen Streit, bis wir zum Frieden kommen. Es wird uns also wohl nichts besseres übrig bleiben, als uns dahin zu vereinigen, diese wichtige Frage der Tagsatzung zu übergeben. Man ist unbehutsam zu Werke gegangen, man hätte zuerst untersuchen sotten, bevor man gerichtet hat. Ich glaube. 431 es werde auf der Tagsatzung Männer geben, mit Verstand und gutem Herz ausgerüstet, und ich glaube, wir sollen die Tagsätzung sprechen lassen, und wie die Tagsatzung verfügt, so werden wir uns es müssen gefallen lassen. Wider den Strom zu schwimmen ist nicht gut, und wenn wir es per- suchen wollten, so könnten wir Schiffbruch leiden, und das möchte ich jetzt noch nicht. Man sagt, die Katholiken seien selbst schuldig an den Zerwürfnissen, ich weiß es nicht, wir kennen unser Gesetz so gut wie die Protestanten, und halten es; aber auch die Protestanten find mir achtbar, und ste haben viele achtbare Männer. Was die Parität anbelangt, so habe ich auch einmal gesagt, man habe sie 4o Jahre ge- habt und hätte sie bleiben lassen können, allein eS ist nun einmal so gemacht worden, und wir wollen davon das Bessere hoffen. Es ist auch gesagt worden, man hätte uns die Ba- dener-Artikel geben können, aber dazu war bisher das Herz noch zu eng, und man hat sie uns nicht gegeben; wir müssen sie also nehmen, wenn man sie uns gibt. Was die Klöster betrifft, so werden sie an die Kriegskosten auch etwas oder vielleicht alles bezahlen müssen. Wenn man die Rech. nungen sehen würde, so würde man sich verwundern, denn das kleine Armeekorps und die Verhörsache hat große Sum. men, viel Geld, gekostet. Was geschehen ist, das ist geschehen, und wir sollen nun einmal nicht weiter darüber sprechen, aber wenn die Kosten dem Volk aufgeladen werden sollten, so würde das einen bösen Einzug geben, einen bösen Einzug! Der Kanton Aargau wird diese Kosten nicht bezahlen wollen, die Männer, welche den Aufruhr angestiftet haben, können nicht viel bezahlen, und so bleibt nichts übrig, als daß die Klöster bezahlen müssen. Ob diese dann wieder zurückkehren würden, das weiß ich nicht. Ich trage an, die Sache der Tagsatzung zum Entscheid zu überlassen. Hr. StaatSkassier Guter. Je länger die Diskussion über den vorliegenden Gegenstand waltet, je mehr scheint sie sich zu verwickeln, der einfache Stoff wird von Stunde zu Stunde immer verschiedenartiger, und man kann sich in den so mannigfach divergirenden Ansichten bald nicht mehr zurecht finde». Ich hätte mich, als ich das Wort verlangte, viel kürzer ge- faßt, als es jetzt geschieht. Einzelne Vortrüge zwingen mich, auf ein anderes Feld zu kommen, das ich lieber vermieden hätte. Man hat heute Fragen berührt, die nicht zur Haupt- frage gehören, Sachen angeregt, die ebenfalls nicht hieher passen, und darüber mit einer Bitterkeit gesprochen, die es mir zur Pflicht macht, meine Stimme dagegen zu erheben. Wenn man gegenüber einer ehrenwerthen Majorität, welche — 432 ihre Aufgabe nach beßten Kräften gelöst hat/ von Willkühr- von Gewalt und von Unterdrückungs-System spricht/ so halte ich dies für eine ungemessene Sprache/ ich finde es unwürdig/ sich so zu benehmen. HHrn. Ich habe mein Mandat als Groß. rathömitglied von einem reformirlen Kreise/ aber von diesem keine Instruktion/ ich wurde mir auch nie eine solche geben lassen/ indem ich immerfort als Vertreter der Gesammtheit des aargauischen Volkes und nicht nur als Abgeordneter eines Kreises hier erscheinen soll/ und in dieser Stellung finde ich mich ermuntert/ meine Anstchten hier offen vorzutragen. — Wenn man auf die Ursachen/ welche die gegenwärtigen Zustände zum Theil herbeigeführt haben/ zurückgeht/ so muß an die Jahre 1831/ 1834 und 1835 erinnert werden/ und vorzüg. lich an die im letztgedachtcn Jahre stattgefundenen Verhand. lungert/ an die Schmähungen/ die in der Mitte des Gr. Rathes von einem Mitgliede gegen die katholische Geistlichkeit aus- gesprochen worden find. Glauben Sie/ die katholische Geistlichkeit allein habe durch solche Schmähungen und herben Ausfälle sich verletzt gefunden? nein/ die ganze katholische Be- völkerung hat solche Aeußerungen schmerzlich empfunden / und der Dorn hat tiefe Wurzeln in den Gemüthern gefaßt/ indem jene Reden über die Schranken des Rechts und des Anstan- des hinausgingen. Glauben Sie meinen Worten nicht/ so lesen Sie die Verhandlungen vom Monat November 1835 nach/ und wenn ich Sie damit nicht zu lange aufhalten würde/ so könnte ich Ihnen ganze Seiten vorlesen. Ein- zelneS zur Probe. Damals wurde hier in diesem Saale bei Anlaß der Beeidigungsgeschichte der katholischen Geistlichen und der Bevogtung der Klöster Folgendes gesprochen: (der Redner verliest hier einige Stellen aus den Verhandlungen des Jahres 183Z). Es ist vielleicht an diesen Beispielen schon zu viel gewesen/ aber damit wollte ich Sie nur erinnern/ wo die nach und nach ausgebildeten Zerwürfnisse hergekommen find/ daß fie nicht von protestantischer Seite hervorgerufen wurde»/ und um so mehr hätte man erwarten könne»/ daß heute solche Gegenstände/ wie die uns vorgetragenen find/ nicht zum Vorschein kommen würden. In Beziehung auf die wieder in Anregung gebrachte Parität ist bemerkt worden/ man habe der katholischen Bevölkerung ein langjähriges Recht entzogen/ und man unterdrücke die Katholiken. Dies ist aber eine Unwahrheit. ES ist Ihnen seiner Zeit klar dargethan worden / wie die Parität entstanden/ und daß in der Me- diaktionsakte von 1803 kein Wort davon stund. Damals war der Gr. Rath aus iZo Mitgliedern zusammengesetzt/ ohne aber die Parität festzustellen/ nicht einmal im Kl. Rathe 433 und im Obergericht wurde sie damals vorgeschrieben; erst in der Verfassung von 1814 findet sie sich durchweg eingeführt. In der neuesten Verfassung haben Sie in beiden letzter« Be- Horden dieselben wieder aufgestellt. Ich möchte nun fragen, wenn ein Recht zu einer gewissen Zeit nicht bestand, ob man über Raub desselben sich zu beklagen habe? HHerren! Jchhsstte gewünscht, der HHr. Dr. Bruggisser würde bestimmte Anträge gestellt haben, eS wäre zweckmäßiger gewesen, als nur links und rechts anzugreifen, allein er hat dies nicht zu thun für gut gefunden. Aus seinen Aeußerungen habe ich entnommen, daß er am Ende lieber dem Minoritätsamrage beipflichten möchte, den ich schon aus diesem Grunde nicht für gut halte. Räch mehrfach gemachten Andeutungen hoffe ich, daß nach Erledigung der Klosterfrage dem Gr. Rathe durch den Kl. Rath Anträge gemacht werden, die dahin führen, die aar- gauische Bevölkerung wieder zu beruhigen, und ich denke, in nicht ferner Zeit wird gewiß der Kl. Rath in dieser Beziehung seine Vorschläge hinterbringen; erwarten wir daher dieselben. Es ist aber mit diesen Anträgen noch nicht gemacht, das Freienamt wird in der Mehrheit seiner Bevölkerung mit diesem Zugeständniß nicht sogleich ganz beruhigt sein, die dor- tigen Bürger werden so lange im aufgeregten Zustande bleiben, so lange sich Personen daselbst in der Nähe hin und her bewegen, die unserm Staatsleben fremd und gefährlich sind. Es ist ganz natürlich, daß Mönche, welche wir aus ihren Zellen und aus ihrem behaglichen Leben herausgerissen haben, daö Feuer der Aufregung zu nähren suchen. Allein wenn die größere Volksmasse allmählig sich überzeugt, daß die Landesregierung nur ihr Wohl will, dann wird es vergeblich sein eS aufzureizen. Es ist in jenem Landestheil noch nicht wie es sein sollte; der Grund liegt zum Theil in den mannigfachen Schicksalen dieser Bevölkerung in früheren Jahr- Hunderten, und es bleibt eine denkwürdige Thatsache, wenn man einen Rückblick in die Vergangenheit wirft, daß gerade dort vor ungefähr soo Jahren die Reformation kräftig und blühend eingedrungen war; viele Gemeinden hingen der neuen Lehre an; allein wie in andern Gegenden der Schweiz, so zeigte sich auch hier dir psychologisch merkwürdige Erscheinung, daß einzelne Gemeinden im nämlichen Jahre mehrmals Glau- den wechselten, je nachdem katholische oder reformirte Kantone mehr Einfluß auf sie gewannen. Damals verjagte der Stadtrath von Bremgarten den eifrigen und gelehrten Pfarrer Bullinger, das Volk aber ertrotzte die Wiedereinführung deS reformirten Gottesdienstes. ES würde daS heute schwerlich thun. Damals wirkte ein Bürger von Merenschwand, B-rhandl. des Gr. Raths. 1S41. 55 4S4 - der gelehrte Pfarrer Johann Mäher, in Bern als warmer Beförderer der Reformation. Jetzt finden Sie gewiß in Merenschwand keinen einzigen Reformator. Zurück zur Haupt- frage. — Wir haben mit vollem Vertrauen / und in der festen Ueberzeugung/ daß fie die Rechte unseres Standes unerschrocken vertheidigen werden/ drei Männer aus unserer Mitte an den eidgenössischen Tag geschickt/ um unsere Schlußnahme vom 13 . Jänner abhin/ in Betreff der Klosteraufhebung / zu verfechten- Ich halte eS für meine persönliche Pflicht/ als Bürger und als Mitglied des Gr. RatheS/ diesen Männern/ welche nach der ihnen ertheilten Instruktion die Interessen des Aar- gau'S mit Ausdauer/ mit unermüdlichem Fleiße und großer Gewandtheit vertheidigte»/ hier meinen wärmsten Dank zu bezeugen; fie haben gethan/ waS in ihren Kräften lag; daß nun aber ihre Bemühungen nicht mit bessern, Erfolg gekrönt wurde»/ daran tragen fie keine Schuld. Daß der Tag- satzungsbeschluß so zu Stande kam/ wie er vorliegt/ daran waren auch die verschiedenen Stände nicht Schuld/ sondern das Durchkreuzen ihrer Instruktionen und die persönlichen Anstchten der Gesandten. Der Tagsatzungsbeschluß/ dieses dunkle Orakel/ könnte gefährlich werden; er ist ein zweischneidiges Schwert. Aus den Berathungen der Tagsatzung hat man aber entnehmen können/ daß/ wenn der aargauische Gr. Rath damals schon mit Modifikationen entgegengekommen wäre/ das Konklusum anders ausgefallen sein würde. Man hat ja im Schooße der Tagsatzung selbst beantragt/ die Klöster von Muri und Wettingen nicht wieder einzusetzen / sondern nur die übrigen. Es hat sich ergeben/ daß wenn Aargau stch dazu verstehe (wie es in den Anträgen der Commisston liegt)/ den Beschluß dahin zu modifiziren/ die Klöster, welche an dem Aufruhr keinen Antheil genommen/ nicht unter das Dekret fallen zu lassen, daß dannzumal der Tagsatzungsbeschluß auf den Aargau nicht mehr anwendbar sei. Mit Recht hat also die Majorität der Commisston erklärt/ daß der Vorschrift des Bundes nachgelebt werden soll. Würde man diesem Grundsätze zuwider Handel»/ so würde der Bund zusammenfallen. Aargau aber hat dasselbe Interesse/ den Bund aufrecht zu halte»/ wie die übrigen Stände, und diese Rücksichten soll man auch heute festhalten. Dieser Glaube, diese Ueberzeugung liegt in den Anträgen des Kl. RatheS und der Commission, und dieser Glaube leitet auch mich, und bestimmt mich dahin, Ihnen dieselben zu empfehlen. Die Schmach möchte ich nicht erleben, daß man sagen könnte, der Aargau sei es gewesen, der zuerst den Bund untergraben hake. Wir werden denselben auch noch nöthig haben/ und dann wird Aargau daran erinnern dür. fen, daß eS sich dem Beschlusse des Bundes gefügt habe, und wenn man dies wirklich thut, so kann man in Zukunft mit desio größerm Fug und Recht auch von andern Stall, den verlangen, daß sie in gegebenen Fällen dem Bunde ein Genüge leisten. Ich möchte dem Bunde um so mehr ent. gegenkommen, als dadurch die Bevölkerung unseres Kantons beruhigt werden kann; die Zeit wird auch noch manche Wunde heilen; aber wenn auf der einen Seite zu viel be. gchrt, und auf der andern zu wenig gegeben wird, so kom. men wir nie zusammen; wir müssen dem Volke erklären, daß es im Interesse der Sache, im Interesse des Kantons sei, so zu handeln. Der unselige Zustand innerer Zerwürfnisse, der unsere bcßten Kräfte aufzehrt, der alles gesellige und in. dustrielle Leben zu zerstören droht, und dessen Unbehagen Sie, Ihre Verwandten und Bekannten, Ihre Freunde und Anhänger tief fühlen, muß aufhören, und dies kann nur geschehen, wenn gegenseitig die Hand der Versöhnung ge. boten wird; von beiden Seiten muß in etwas nachgegeben werden. Die alten Eidgenossen geben uns in dieser Be. ziehung schöne Beispiele. DaS Konklusum vom 2. April will diejenigen Klöster, welche an dem im Jenner statigrhab. ten Volksaufstand Antheil genommen haben, nicht unter den Schutz des Bundes gestellt wissen , und wenn wir daher durch Wiedereinsetzung einiger Klöster, deren Mitschuld rechtlich nicht erwiesen ist, einen Theil unserer Bevölkerung befrtedi. gen können, warum dann anstehen? Ich meinerseits sehe in diesem Zugeftänduiß keinen Rückschritt, und wenn mandaS. selbe auch als einen solchen bezeichnen wollte, so will ich meinen Theil der kleinen politischen Sünde auf mich nehmen, wenn ich nur weiß, daß dadurch dem Lande ein Vor- theil erwächst, und es als ein Schritt zum Frieden angesehen werden kann. — Eine Erweiterung der Amnestie scheint in diesem Augenblicke mir nicht rathsam, indem die laut Dekret vom 20. Jenner ertheilte Amnestie sehr vieles ge- währt; und da von uns noch keiner der Verhafteten oder Flüchtlinge Gnade begehrt hat, so wollen wir erst dann be. gnädigen, wenn solche Gesuche einkommen; dann erst wird man Gnade für Recht ergehen lassen. Ich erwarte diesen Zeitpunkt, und auf diesem Wege werden wir dann dahin kommen, die Bevölkerung, welche noch Mißtrauen hegt, auch in dieser Beziehung beruhigen zu können. HH., bezüglich auf die Beschäftigung derjenigen Nonnen, deren Klöster wie. der eingesetzt werden sollen, glaube ich, daß es mancher von 436 - denselben, namentlich solchen / die noch in kräftigem Jahre« sind, angenehmer sein wird, sich z» gemeinnützigen Zwecken gebrauchen zu lassen, wie dies früher schon vom Hrn. Ober- richten Lützelschwab angedeutet worden ist. Ich hoffe, daß sie sich lieber solchen für Staat und Bürger nützlichen Ge. schäften hingeben werden, als sich wieder in den Kloster- mauern einem geisttötenden Leben zu überlassen. Ich halte es für Pflicht der Staatsbehörde, denselben möglichst nütz, liche Beschäftigung zuzutheilen, wie dies in andern Staaten auch der Fall ist; zum Beispiel in Frankreich hat man so, genannte barmherzige Schwestern. Ich bin indessen in die Geheimnisse der Gelübde unserer aargauischen Nonnen nicht eingeweiht, um bestimmen zu können, welche Verrichtungen denselben, jenen Gelübden unbeschadet, übertragen werden könnten; jedoch ist so viel gewiß, daß sie allgemeine Christen, pflichten erfüllen dürfen, und es wird daher gewiß gut sein, sie für eine solche Beschäftigung, wie die bereits angedeutete, zu gewinnen. Ich habe vor vielen Jahren in Frankreich Gelegenheit gehabt, die Hingebung von Frauen zu bewun, dem, die in Spitälern verwundete und kranke Soldaten aufs Beßte pflegten und unter den unangenehmsten Verhältnissen in ihrer Stellung ausharrten. Ich würde mich sehr freuen, einst auch im Aargau Beispiele solch christlicher Hingebung von Klosterfrauen zu erblicken. — HHcrren! die meisten Grüyde, welche für den Majoritälsantrag sprechen, sind schon vielseitig hervorgehoben und besprochen worden. Der Gr. Rath hat heute eine der wichtigsten Fragen zu lösen, die je seiner Berathung unterlegen; sie ist nicht bloß eine kantonale, sie ist eine eidgenössische, und da wir sie zu lösen haben, so wollen wir sie so lösen, daß unsere Bürger, im« sere Miteidgenossen und die Nachkommen sagen müssen, wir hätten sie nicht würdiger, und der Ehre und dem Interesse LeS Gesammtvaterlandes nicht angemessener lösen können. Tragen Sie alle Rücksichten des BundeS, und wollen Sie unsere Verfassung aufrecht erhalten, und in unserm Lande die lange entbehrte Ruhe, Friede und Eintracht herbeifüh, ren, so müssen Sie den Weg der Versöhnung anbahnen. Ich empfehle den Majoritätsamrag der Commission. Hr. Oberst!. Waldesbüel. Ich erlaube mir auch über den vorliegenden Gegenstand einige Bemerkungen vorzutragen. Wenn sich ein General im Gedränge befindet, zieht er sich zurück und sucht eine bessere Position, und wenn er von da aus dann nicht zu siegen vermag, so sucht er zu kapituliren. Hat man nun gefehlt, so kehre man zurück und verbessere den Fehler. An der außerordentlichen Tagsatzung haben 12Z4 437 Stände erklärt, daß der Klosteraufhebungsbcschluß mit dem Z. 12 des Bundesvertrages nicht vereinbar sei, und warum sollte die Mehrheit der Stände zu dieser Erklärung nicht berechtigt sein? Gehen wir in die srühcrn Jahre zurück, und wir werden finden, daß der Aargau neben den Klöstern glücklich und von dem Auslande hoch geachtet war. Wie froh waren nicht die Gründer des AargauS, als die vollen Rechte desselben im Jahr 181Z durch den Wienerkongreß bestätigt wurden? Auch im Jahr 181Z lebte der Aargau neben einer großen Staatsschuld mit den Klöstern glücklich, und ich glaube auch heute werde sich der Aargau nicht die Vorwürfe machen lassen wollen, er handle gegen den 12 deS Bundes. Nein, so handelt Aargau nicht! Ich glaube, wenn wir die Hand zum gegenseitigen Frieden bieten, so ist dies für den Aargau wohl der schönste Denkstein, den wir ihm errichten können. Fassen wir daher Muth, es erfordert eine starke Ueberwin- düng, aber wir sollen und müssen den Aargau retten. Ich spreche hier nicht einzig aus mir, sondern meine KreiSange- hörigen theilen in diesem Punkte die gleiche Ansicht. Um die früher genossene Achtung wieder zu erlangen, so glaube ich, daß man den Bund handhaben soll. Ich stimme demnach zu dem Antrage des Hrn. Fürsprech Baldinger, weil ich glaube, daß durch die Annahme desselben wir den rechten Weg gehen werden. (Es wird von einer Seite „Pfui" gerufen.) Hr. Präsident Kellersberge r. Gegenüber den Anträgen der Kommission haben sich zwei diametral-entgegen- gesetzte Meinungen geltend gemacht. Mit der einen Meinung, welche Herr Fürsprech Dössekel entwickelt hat, will an dem Klosteraufhebungöbeschlusse unbedingt festgehalten werden; mit der andern Meinung will Herr Fürsprech Baldinger denselben unbedingt zurücknehmen. Wie aber Extreme ge- wöhnlich Berührungspunkte darbieten, so auch hier. Beide jene Meinungen begegnen sich unter andern auch in dem Satze, daß der Antrag der Commission dem Tagsatzungsbeschlusse nicht genügen werde. Es sei mir nun vergönnt, diese Ansicht zu bezweifeln, und ich kann mich in der Sache um so unbefangener aussprechen, als ich seiner Zeit zu der vorwürfigen Schlußnahme nicht mitgewirkt habe. HHrn. ES wird nun einmal von der hohen Tagsatzung erklärt, daß das Klofteraufhebungsdekret ein bundeswidrigeS und somit zu revidiren sei. Aargau und mit ihm noch andere Stände theilen zwar diese Ansicht nicht, allein die, wenn auch noch so knappe Mehrheit der Tagsatzung ist einmal befugt, den Sinn der BundeSurkunde überhaupt, und also den 12 »38 — insbesondere festzustellen. Die diesfällige Interpretation der Bundesbehörde ist eine authentische und zum formellen Recht erwachsen, und wir müssen derselben die bundeSpflichtige Rücksicht tragen, wenn wir anders den Bund selbst noch an- erkennen wollen. ES frägt sich nun zunächst, wie ist jenes Konklusum zu verstehen, welchen Sinn hat es? Das ist freilich ein Räthsel, das selbst im Schoosie der Tagsatzung seinen Oedip nicht gefunden hat, dort haben in dieser Be- zichung bedeutende Varianten geherrscht. Das aber ist aus- gemacht, daß in der Tagsatzung eine schroffe Ansicht sich nicht geltend machen konnte, nach welcher die Wiederherstellung aller Klöster ohne Ausnahme gefordert werden wollte. Vielmehr 'ergibt es sich sowohl aus Prtvatäußcmnqen als aus Voten von solchen, die das Tagsatzungökonklusum mir erzeugen halfen, daß der Aargau nur in Bezug auf jene Klöster, hinsichtlich welcher eine staatsgefährliche Tendenz nicht so offen am Tage liege, seine Maßnahmen zu nwdisiziren habe. Hat nicht z. B. der Gesandte von Zürich deutlich ge- gen die Annahme sich ausgesprochen, alS bezwecke er die Wiedereinsetzung aller Klöster; und hat nicht der Gesandte von St. Gallen, der Schöpfer des KonklusumS, sich anbei- fchig gemacht, sofort die Klöster zu bezeichnen, welche wieder eingesetzt werden sollen? Nach diesen Vorgängen sind wir doch gewiß berechtigt, dem TagsatzungSbeschluß die mildere Auslegung zu geben, zumal die schroffere Ansicht bei der Mehrheit der Stände gar keinen Anklang gefunden hat. Die Revokation des KlosteraufhebungSdekrctes im vollen Umfange zu beschließen, hieße also noch viel weiter gehen, als selbst der Tagsatzungsbeschluß es verlangt, in dessen Sinn und Geist es lediglich liegt, daß der Aargau den weniger schuldigen Theil berücksichtige. Was nun die Schuld der Klöster, was namentlich ihre Staatsgefährlichkeit betrifft, so will ich hier schon oft Gesagtes nicht wiederholen. Genug-! Den Blind- setnwollenden kann man in dieser Beziehung den Sraar nicht stechen; aber so viel ist gewiß, daß die Klöster, und namentlich die Mannsklöster, den freisinnigen Grundsätzen und In- stitutionen im Aargau von jeher entgegen zu wirken suchten. ES ist Thatsache, daß vorzugsweise die Klöster Muri und Hermetschwyl, so wie die Kapuziner mehr oder minder am Aufruhr betheiligt sind; es ist Thatsache, daß auch Wettingen durch seine verdorbenen Sitten in eine feindliche und gefährliche Stellung gegenüber dem Grundelemente eines glücklichen StaateS, gegenüber der öffentlichen Moral getreten ist. Bei solchen Umständen habe ich die vollste Ueberzeugung, daß wir dem TagsatzungSbeschlusse genügen, daß wir die Eid- 439 genossenschaft und den Bund zufrieden stellen werden, wen» wir hinsichtlich der Fraucnklöster, welche keiner Theilnahme am Aufruhr, keiner Verletzung der öffentlichen Moral beschuldigt sind, angemessene Modifikationen eintreten lassen. Man hat bemerkt, dieses wäre der Ehre des Aargaus nachtheilig; diese Ansicht theile ich nicht. ES wäre der Ehre und der Würde unseres Standes kein Abbruch geschehen, wenn wir offen und ehrlich erklären, wir hätten im Dränge der Umstände und des Augenblickes, wo es sich um die Existenz des Staates handelte, zur raschen That schreiten müssen, aber wir seien i:n ruhigern Momente bereit, Alles zum Opfer des Friedens zu bringen, selbst unsere Ueberzeugung aufzuopfern, um sich einander wieder brüderlich zu nähern. Gestützt auf das Gesagte und auf den Tagsatzungsbeschluß, glaube ich, wir müssen Abänderungen eintreten lassen, aber wir wollen die Modifikationen nicht weiter ausdehnen, als es verlangt wird. Ich stimme deshalb zum Antrage der Commission. — Dabei aber habe ich Ihnen noch etwas vorzutragen. Die Wirren im Lande sind schon früher entstanden, ehe noch an eine Klosteraufhebung gedacht wurde. Bei den religiösen Fragen, welche das Land in Aufregung gebracht, ist die Klosterfrage nur von untergeordneter Bedeutung. Sie finden tm Aargau unter der katholischen Bevölkerung für die Klöster keine großen Sympathien. Wenn auch vieles, so hat dem Volke doch daS nicht weiß gemacht werden können, daß die Klöster essentielle Bestandtheile des Christenthums seien. Denn das goldene Zeitalter des Ur. Christenthums hat auch ohne die Klöster bestanden, und sind nicht gerade ihre Anfänge in die Zeit zu setzen, wo Irrlehre und Sek- tenwesen den größten Unfug trieb? HHrn. Weil also die Klofterfrage mehr gegenüber der Eidgenossenschaft als in Beziehung auf unsere innern Verhältnisse anzusehen und zu lösen ist, und eben, weil die Erledigung derselben den Puls unseres Staatslebens noch nicht auf die normalen Schläge eines gesunden Körpers bringen wird, so glaube ich, daß hiernach ein anderer Antrag am Orte sei. Sie haben heule, auf den Antrag des Hrn. Viccpräsidenten Keller, beschlossen, daß der Kl. Rath zur Pacification des Volkes die geeigneten Anträge zu hinterbringen habe. Ich wünsche nun, daß hievon auch der Tagsatzung Kenntniß gegeben werde, damit sie sich über- zeugen kann, daß es uns wirklich ernst ist mit der Wiederherstellung des so wünschbaren Friedens. — Es ist nämlich natürlich, und ich habe es auch von unsern Ehrengesandten vernommen, daß die hohe Tagsatzung mit der Klofterfrage zugleich auch die andern und wichtiger» Desiderien der Ka- 440 tholiken in den Kreis ihrer Berathung ziehen wollte, von der allerdings richtigen Ansicht ausgehend, daß die Haupt, aufgäbe, nämlich die Beruhigung des katholischen Volkes, nicht so fast von der Erledigung der Klosterfrage, alS vielmehr vom Eintreten in die Wünsche der Katholiken überhaupt ab- hänge. Von dieser Ansicht aus emanirte z. B. auch der An. trag des Hrn. Gesandten Druey auf konfessionelle Trennung, die doch mit der Klosterfrage durchaus keine Gemeinschaft hat. Aus allem diesem habe ich die Ueberzeugung geschöpft, daß die hohe Tagsatzung die beantragten Modifikationen, um die es sich gegenwärtig handelt, gewiß um so eher genehmigen wird, wenn wir auf offiziellem Wege derselben mittheilen, daß der Aargau mit allen ihm zu Gebore stehenden Mitteln den eigentlichen Stoff des Haders zu beseitigen trachtet, der zunächst und prinzipiell die Aufregung provozirt hat. Haben doch selbst einige Stände die Klosterfrage unter der Be. dingung fallen lassen wollen, daß auf die Wünsche der kathol. Bevölkerung irgend welche Rücksicht genommen und in ihre Begehren eingetreten werde. Und ja, HHrn.! es mag aller, dings wahr sein, daß die Aufregung im Lande eine künstlich erzeugte, das unlautere Mittel für ungute Zwecke ist, aber der Zustand der Aufregung ist einmal Thatsache, deren böse Folgen zu verhüten unsere heiligste Pflicht ist. Was mich betrifft, so will ich meine persönliche Ueberzeugung gerne dem Frieden zum Opfer bringen. Seien wir großmüthig in der Wahl der Mittel, die wir für Beruhigung des Landes ergreifen müssen. Berücksichtigen Sie die Wünsche des ka. tholischen Volkes, insoweit es sich immer mit der Wohlfahrt des Gesammtkanlons verträgt, ohne die Ehre des AargauS zu beeinträchtigen, ohne dem UltramontanismuS Vorschub zu geben. Der Hinblick auf das frühere gute Einverständniß unter den jetzt leider getrennten Brüdern, der Hinblick auf die unversehrte Erhaltung des schönen Aargaus, das als eine Beute der Zwietracht zerrissen werden will, möge uns mit demjenigen versöhnlichen Geiste beseelen, der einzig und allein den unseligen Partcikampf beschwichtigen und das Vaterland vor dem Untergang retten kann. Hr. BezirkSamtmann Brentano. Ich muß mir auch erlauben, in der wichtigen Angelegenheit, von deren Entscheidung das zukünftige Wohl unseres Kantons abhängen wird, einige Worte zu sprechen, jedoch nicht etwa in dem Glauben, auf Ihre Schlußnahme einwirken zu können, sondern um nicht stumm an den Berathungen Theil zu nehme«, und bloß meine Stimme abgeben zu müssen. Ich werde mich hüten, irgend auf Persönlichkeiten überzugehen, wie dies von einigen 4L1 Rednern , und namentlich von dem HHr. StaatSkassier Guter geschehen ist. Ich bin nicht im Falle politische Glaubens, bckcnntnisse abzulegen, aber das darf ich sagen, daß mein öffentliches Leben schon so alt ist, als unser Kanton; ich habe immer mit unverdrossenem Muthe meine Pflichten zu erfüllen gesucht; ich habe stets zu allen Handlungen und Ver. fügungen Hand geboten, welche die Ehre und Freiheit un- serer Bürger bezweckten; ich habe stets dahin gewirkt, daß so viel möglich Ruhe und Ordnung im Lande herrschen. Und als Freund der Ordnung und Gesetzlichkeit habe ich nur mit tiefer Betrübniß die Nachricht vom verflossenen Jenner ver. nommen, daß die Ordnung auf frevle Weise gestört sei. Kein Unglück, das mich je betroffen hätte, würde mich so tief erschüttert haben, wie diese Nachricht. In unserm Kanton haben wir seit dessen Bestand viele Jahre hindurch eine schöne Ruhe genossen, man hat sich einander immer mehr genähert und in nöthigen vorkommenden Fällen sich wechselseitig be. lehrt, wie diese oder jene Angelegenheit am zweckmäßigste» zu behandeln sei. Ich erinnere mich mit Vergnügen an die Zeit, wo der stärkere Konfessionstheil im Aargau die Stütze des schwächer« wurde, die schönste Harmonie herrschte zwi- schen beiden Konfessionstheilen. Hievon habe ich mich von der reformirten Seite zu überzeugen Gelegenheit gehabt, ich erhielt von derselben die schönsten Beweise, daß sie nur zum Guten und Ersprießlichen bereit war. Wenn man aber heut zu Tage vernehmen muß, daß in Gasthöfe» ausgesprochen wird, man werde den Sitzungen der obersten Landesbehörde nicht mehr beiwohnen, wenn man davon gewisse katholische Mitglieder nicht ausschließe, so kann man mir es gewiß nicht verargen, wenn ich hierüber meine Mißbilligung im vollsten Maße ausspreche. HHerren! Um auf den Gegenstand selbst überzugehen, möchte ich Sie beschwören, keine Opfer zu scheuen, um wieder Friede im Lande herzustellen und die Eintracht zu befestigen. Die Eintracht ist der Grundstein aller öffentlichen Wohlfahrt, sie knüpft die Bande in reli- giöser und politischer Beziehung. Jeder von Ihnen sehe nicht nur auf das Seinige, sondern auch auf dasjenige der Andern. Der Familienvater muß zum Wohle seiner Gattin und Kinder, überhaupt für sein häusliches Glück, oft Opfer bringen, die für ihn beschwerlich und manchmal fast uner. schwinglich sind. Um so viel mehr sollte auch der Staat geneigt sein, zur Wohlfahrt jener Bürger Opfer zu bringen, die noch immer um ihre heiligsten Güter beunruhiget sind. Dies bewirkt Eintracht, Eintracht bewirkt Stärke, Stärke bewirkt die Wohlfahrt des Ganzen. Ich halte mich für ver- Vrrhandl. des Gr, Raths. 1841, Fk 442 pflichtet zu erklären/ daß ich unter den Mitteln zur Herfiel, lung deS Friedens nicht die Wiedereinsetzung der Klöster be- trachte. Ich will mir diese Institute gerne als faule Fische aufstellen lassen. Unsere unbehaglichen politischen Zustände waren schon vorhanden/ als die Klöster aufgehoben wurden. Ich fürchte daher/ daß durch den Cornmisfionalantrag mit Herstellung zweier oder dreier Klöster nicht das erzielt werden möchte und kc-mm/ was erzielt werden sollte/ nämlich den Frieden herzustellen. Ich möchte mich daher aus diesen Rücksichten den Ansichten deS Herrn Regierungsrath Dorcr an- schließen/ welche derselbe jüngfthin Ihnen vorgetragen hat. Im wettern möchte ich dann auf eine ausgedehntere Amnestie antragen/ welche ich als ein wesentliches Mittel betrachte/ die Bevölkerung zu beruhigen und derselben manche ihrer Freunde wieder zurückzugeben. Unter dieser Amnestie soll dann auch die Begnadigung der aargauischrn MilitärS/ welche jüngst als Deserceurö behandelt und beurtheilt worden sind/ verstanden sein. Bei Einführung der neuen Verfassung/ des Staatsgrundgesetzes/ und bei Einsetzung der Behörden wer- den Sie gewiß großmüthig handeln wollen und Amnestie er- theilen/ und dadurch Wohlthaten spenden. Blicken Sie hin auf die Großmuth des östreichischen Kaisers/ der bei seiner Krönung in Mailand für alle seine verirrten Unterthanen Amnestie ausgesprochen hat. Mehrere der hohen eidgenössischen Stände haben sich auch für eine solche empfehlend aus- gesprochen/ und dieser Ansicht nachzukommen und unbedingte Amnestie auszusprechen/ müßte auf unser Volk nur einen guten Eindruck machen. Schenken Sie den Verdrängten ihre liebliche Heimarh wieder/ den Vater den Kindern / der Mut- ter den Gatten und der Geliebten ihren Geliebten l Dadurch werden Sie eine große Wohlthat thun/ und wenn große und mächtige Potentaten dies thun/ so werden es auch wir thun wollen. Indem ich zum Antrage der Majorität der Commission stimme/ verbinde ich damit noch den weiteren Antrag/ daß der M. Rath eingeladen werde/ Anträge vorzulegen/ wie und auf welche Weise der Friede und die Eintracht im Lande wieder hergestellt werden könne. Hr. Regierungsrath Wieland. Wie alle die Redner/ welche vor mir gesprochen/ wie Sie selbst insgesammt/ HHcrren/ bin auch ich von dem Ernste des gegenwärtigen Augenblickes tief durchdrungen. Ich fühle/ daß/ so viele und wichtige Fragen auch während den letzten zehn Jahren in Ihrer hohen Mitte berathen worden/ noch keine so wichtig und folgenreich war/ als die gegenwärtige. In früheren Zeiten handelte es sich blos um innere Angelegenheiten; 443 — wie wir dieselben auch entscheiden mochten, hatten wir darüber nur unserem Gewissen, unsern Kommittenten und dem höheren Richter, der über uns ist, Rede zu stehen. Heute stehen wir aber vor einem andern Richter, als uur vor demjenigen, von dem ich gesprochen habe; — wir stehen vor dem Bunde, dem wir anzugehören das Glück haben. HHerrcn! ich erlaube mir kurz auf eine Epoche unseres StaatSlebenS zurückzublicken, in welcher die Ruhe und Integrität des Aargasss bedeutend gefährdet wurde, — es ist dies die Zeit von den Jahren i«i4 und i8is. Damals handelte es stch um den Fortbestand eines seit zehn Jahren blühend dastehenden BundeSgliedes, damals handelte es stch um die Existenz deS AargauS. In unsern gegenwärtigen Zeitverhältnissen handelt es stch wieder um dieselbe Frage, nur sind die Verhältnisse geändert. Im Jahr i8is stand die aargauische Bevölkerung fest da, um im Nothfalle ihre Sclbstständigkeit und Unabhängigkeit mit Gut und Blut zu vertheidigen. Damals war ein Herz und eine Seele im Aargau, wollte Gott, es wäre heute auch so! heule schlägt nicht Ein Herz im Aargau. Eine btttere Zeit hat die Herzen getrennt, und darum ist eine ruhige und mäßige Erörterung der Frage nothwendig, darum ist es nothwendig, daß Duldsamkeit der verschiedenen Anfichten in unserer Versammlung das höchste Gebot sei, darum ist es nothwendig, keine Gebiete zu betreten, die neue Wunden schlagen und nicht zur Hauptfrage gehören, darum ist es nothwendig, daß man stch aller Persönlichkeiten und Anzüglichkeiten sowohl gegen Einzelne, als gegen einen Landestheil enthalte. Ich habe im Laufe der letzten zwei Monate Erfahrungen gemacht, wie man gegenüber den härtesten Verunglimpfungen und kränkenden Beleidigungen die ruhige Haltung nicht verlieren und ausser Acht setzen soll. Ich will dieser Erfahrung auch jetzt gedenken und mich nur an die Sache halten. Wenn ich mir in dieser Angelegenheit das Wort erlaube, so bitte ich, in mir nicht den gewesenen Tagsatzungs- gesandten, der hier spricht, im Auge zu halten, indem nicht der gewesene TagsatzungSgesandte hier spricht, es sprechen auch nicht allein die Erfahrungen, welche ich in Bern gemacht habe, es spricht daS Mitglied des Gr. Rathes, der Bürger des geliebten gemeinsamen Vaterlandes. HHerren! Wie Sie wissen und in vielen Verträgen gesagt worden ist, Handelt eS stch um die Prüfung des Tagsatzungsconelu- sums. Wenn ich an die Entstehungsgeschichte dieses mir immer merkwürdigen Beschlusses denke, könnte ich Ihnen eine Reihe Erscheinungen vorlegen, die irre führen, was man eigentlich damit will, und wie man zu diesem Conclusum kom- men konnte. Wenn man die Commissionalanträge prüft, so findet man eine Menge von Widersprüchen und Zweideutig, ketten, welche in einer Bundesbehörde nie zu finden sein sollten. Darin täuscht fich niemand im Beschlusse, daß man dem Kanton Aargau, der einen das Ganze erschütternden Beschluß gefaßt, auf den Leib rücken will. ES ist eben so gewiß, daß die Schöpfer über die Interpretationen des Con. elusumS nicht im Reinen find, und wenn die Tagsatzung eine Auslegung hätte versuchen müssen, so würden sich kaum sechs Stände dahin vereinigt haben, es sei in diesem Beschluß eine Bestimmtheit zu finden. Merkwürdig genug, wie ein Ausspruch des delphischen Orakels erscheint dieser Beschluß. Es kommt im Lesen nur auf die Betonung an; wie sie ihn betonen, so erscheint er ganz anders. (Der Redner verliest den ersten §. des Beschlusses legislatorisch monoton.) Dadurch wird der Beschluß deö aargauischen Gr. Raths als unser- embarlich mit dem §. 12 der BundeSurkunde erklärt. (Der Redner lieSt den nämlichen §. mit der üblichen Betonung vor.) Was die Erhebung der Stimme für Wunder thun und auf das Verständniß eines Satzes einwirken kann! Hier haben Sie aussprechen gehört, daß der Beschluß vom 13. Jenner in Bezug auf sämmtliche Klöster mit dem §. 12 un- vereinbarlich sei, daß aber in gegebenen Fällen eine Aufhebung anerkannt werden müsse. Wo man in diesem Bundesbeschluß einen klaren Begriss finden kann, weiß ich nicht; ich finde ihn wenigstens nicht, viele andere mit mir finden ihn nicht, und die Tagsatzung hat ihn auch nicht gefunden, man hat sich über diesen Begriff schon.gestritten. Allein der Beschluß besteht, und hier steht Aargqu nicht mehr auf kantonalem Boden, hier steht es als Glied dem Ganzen gegenüber, hier steht Aargau der Eidgenossenschaft Rede über sein Thun und Lassen. Aargau ist eingeladen, seine Schlußnahme und das Dekret in neuerliche Erwägung zu ziehen. Ich erkenne, daß ich diese Einladung als eine freundliche ansehe, und meinerseits jene Bitterkeit der Stände, welche diesen Beschluß gefaßt haben, darin nicht finde, wie diese von einer andern Seite gefunden wird. Wenn ich weiß, daß man viel Schlimmeres im Sinne hatte, und wenn ich weiß, daß ernstere Zeiten unausweichlich erfolgen würden, wenn man nicht einige Opfer bringt, so kann ich nur zur Versöhnung Hand bieten. Der TagfatzungSbeschluß besteht, er versetzt uns in die Nothwendigkeit, zu prüfen wie wir demselben Genüge leisten, wie wir Rücksicht auf die Wünsche und auf die Be- fehle der Miteidgenossen haben. Auch ich gehöre nicht zu denjenigen, welche im Bunde die Fahne der Revolution auf- 445 stecken wollen. Wir haben noch nicht vor langer Zeit dem Grundsatz gehuldigt/ daß die Majorität in jedem Staate Geltung finden/ daß fich die Minderheit der Mehrheit unter, werfen müsse. Hüten wir uns/ daß das/ was uns als Schutz. Mittel galt/ von uns wieder dem Bunde vorenthalten werde; hüten wir uys/ daß Aargau der erste Stand sei/ in Zeiten/ wo der Bund der Lockerung nicht noch mehr bedarf/ zuerst an seinen Grundsäulen zu rütteln / woraus sicher hervorgehen würde/ daß das ganze Haus früher oder später über unserm Kopfe zusammenstürzte. Es ist zu unterscheiden/ wenn wir in der Frage weiter gehen wolle«/ zwischen dem materiel. len und formellen Recht. Ich unterscheide. Ich aner. kenne aber auch gegenüber dem Bunde/ daß Aargau so weit möglich und es mit seiner Ehre vereinbar ist/ dem Bundes, beschlusse Folge zu leisten hat. In materieller Beziehung bin ich noch immer der gleichen Anficht/ wie ich am 13. und 20. Jenner des gegenwärtigen Jahres eS kund gegeben habe. Materiell/ vom kantonalen Standpunkte aus betrachtet/ hat Aargau im Stande der Nothwehr das unbedigte AufhebungS. recht derjenigen Anstalten ausgeübt/ welche dem Staatszwecke zuwider und mithin fiaatögefährlich find/ wie überhaupt das Recht jedem Staate zusteht/ solche Korporationen von seinem Boden zu vertilgen; materiell hat die Tagsatzung auch das Recht anerkannt/ Korporationen aufzuheben/ die fich mit dem Staate und dessen Institutionen nicht mehr vertragen können. Es frägt fich nun/ ist nicht ein Mittel ausfindig zu mache»/ den BundeSbrüdern gegenüber Nachgiebigkeit zeigen zu kö». nen? Allerdings! Es find Ihnen verschiedene Wege geöffnet. Der eine ist derjenige/ der unter gegebenen Umständen der leichteste zu befolgen/ der schnellste zu vollziehen wäre/ eS ist derjenige/ der mit der Würde/ Ehre/ Convenienz eines Mannes übereinstimmt/ der eS von jeher mit dem Volk gut meinte/ und welcher Antrag dahin geht./ unerschütterlich auf dem am 13. Jenner gefaßten Beschluß zu beharren. Erlau. ben fie mir eine abweichende Meinung auszusprechen/ selbst auf die Gefahr hin (was ich in ernsten Momenten nicht scheue)/ eine auf Kosten der guten Sache/ die ich vertreten habe/ erworbene Popularität einzubüßen/ wenn dieser Weg noch zum Ziele führen könnte. Ich blicke nicht bloß auf das Ausland/ das uns allerdings nicht eine ganz freundliche Miene zugewendet hat / ich sehe noch keine feindlichen Heere an den Grenzen der Schweiz. Es gibt andere Mittel/ klei- nere Staaten ohne Waffengewalt zur Nachgiebigkeit anzuhalten. Ich blicke nicht bloß in die Kantone der Schweiz/ wo für den Klosteraufhebungsbeschluß fich mächtige Sympa- thten erhoben haben, ich würde im Gegentheil nicht ohne einige Beunruhigung den Moment annähern sehen, wo die Tagsatzung eine ernstere Schlußnahme fassen würde, weil ich dann befürchten müßte, Anarchie im Bunde hervorzurufen. Es gibt noch viele treue und edle Herzen, die ihrer innern Ueberzeugung und dem Rufe der Pflicht folgen, aber wenn eS einmal so weit gekommen ist, und die Leidenschaften die Ruhe unmöglich gemacht haben, wenn der Zeitpunkt heran- genaht wäre, in dem ssch die beiden Parteien in der Schweiz feindlich gegenüber stellen würden, dann hätten wir einen gefährlichen Augenblick für den Bestand unseres Vaterlandes. HHerren. Ueber die Frage selbst bin ich auch mit allen jenen einverstanden, die die Beunruhigung des Volkes eine künstliche nennen, die nicht aus dem Gemüthe desselben hervor, gegangen ist. Da wir die Ueberzeugung haben, daß diese Beunruhigung vorhanden ist, so wollen wir suchen, die Ge- müther nicht noch weiter von einander zu trennen. Ich müßte es deshalb als eine sehr bedenkliche Schlußnahme er- klären, wenn man auf dem Mfhebungsdekret unbedingt be- harren wollte. Auf der andern Seite ist Ihnen von einem Mitgliede der Antrag auf unbedingte Zurücknahme des Beschlusses vom 13 . Ienner gestellt und empfohlen worden. Auch darin würde ich, insofern sich die hohe Behörde dazu verstehen könnte, eine gefährliche Schlußnahme erblicken, nicht nur weil es nicht möglich wäre, die beabfichtigte Pazi- fikarion des Landes dadurch zu erzwecken, sondern weil Sie von einer Bahn gewichen wären, die Sie nicht wieder betreten könnten. Sie hätten nicht nur Ihre Ueberzeugung und Ehre zum Opfer gebracht, sondern noch weil mehr; nicht aber die Ehre, eher das Blut wollen wir hergeben. Wenn ich mich nach den Vorschlägen umsehe, die geeignet scheinen könnten, diese Angelegenheit auf eine ersprieöliche Weise zu erledigen, so habe ich die Anträge des Kl. Raches und der Commission im Auge. Zur Beurtheilung der Anträge stelle ich mich auf denjenigen Standpunkt, den Sie Ihrer Abordnung auf die außerordentliche Tagsatzung nach Bern angewiesen haben, — auf den Standpunkt der Grundsätzlichkeit. Grundsätzlichkeit rettet. Wer den Grundsatz verläßt, hat auch bald seine Ehre verlassen. Sie haben in Ihren Motiven, welche den Beschluß vom 13 . Ienner begleiteten, im Allgemeinen zwei Hauptgrundsätze ausgesprochen, worauf Sie die Schlußnahme gründeten: 1 ) die Unverträglichkeit der Klöster mit dem Staakszweck, und 2) die Theilnahme derselben an dem stattgehabten Volks- aufstand. Sie werden mir die Aufzählung jener Fakta wohl 447 erlasse»/ welche Sie bei Ihrem Beschlusse geleitet habe»/ es sind jene Grundsätze/ welche auch der Kl. Rath in einem Vorschlage aufgenommen hat/ indem derselbe von der Ansicht ausging/ daß Korporationen/ welche mit dem gemeinen Wesen unvereinbar und mit der Kulturentwicklung im Widerspruch sind/ nicht mehr geduldet werden können. ES haben solche Korporationen durch ihren Sittenzerfall das Zutrauen auch derjenigen Konfession verscherzt/ welche durch den Auf. rühr den Aargau an den Abgrund gebracht hat. Wenn der Kl. Rath in Berücksichtigung des ihm zugekommenen Wunsches und der Einladung der Tagsatzung die unschuldig erfundenen Klöster wieder hergestellt wissen möchte/ so will er dies nur in dem Sinne / daß dies außerhalb des KantonS statt finden möge. Er glaubt/ daß dem Bunde es genüge und auch die kirchlichen Rücksichten brachtet seien, wenn den wieder einzusetzenden Klöstern ihr Vermögen verabfolgt werde, um wieder ausser dem Kanton nach ihren Ordensregeln zu leben. Der Kl. Rath glaubte einerseits den Grundsatz festzuhalten, andererseits diesen Körperschaften schuldig zu sein, sich wieder vereinigen zu können, und zwar wollte er sie nicht nöthigen, dies im Aargau zu thun, um sie vor Bedrückungen, wenn dieselben auch nur in ihrer Einbildung existiren, zu sichern. Weil es erwiesen ist, daß Klöster theils an den politischen Wirren Antheil genommen, theils weil sie in sittlicher Be- ziehung selbst bei der Tagsatzung keinen Vertheidiger finden konnten, so hat der Kl. Rath von diesen Klöstern abstrahirt und will nur die bessern klösterlichen Institute wieder herstellen. Von diesem Standpunkte aus möchte ich meinerseits aus voller Ueberzeugung den kleinräthlichen Antrag zur Genehmigung empfehlen. Ich erlaube mir noch einige Bedenken gegen den Majoritätsanrrag der Commission vorzutragen. Ich nenne sie Bedenken. Der Antrag der Commission verläßt die Grundsätzlichkeit und eröffnet denjenigen eine große Bresche, welche in das Herz des Aargaus dringen möchten. Das Recht der Reform solcher Institute kann ich auch nicht beftreiten, ich behaupte vielmehr, daß jeder Staat daö Recht der Reformation habe. Wenn Sie aber bedenken, wie andere ebenso feste und unerschütterlich gehandhabte Rechte Hochdenselben in Zweifel gezogen werden wollen, wenn Sie bedanken, daß von gewissen Seiten auf unbedingte Zurücknahme des Kloster, aufhebungsbeschlusses gedrungen wird, wenn Sie bedenken, daß Sie früher oder später, wenn Sie eine solche Reform nützlich vollbringen wollen, in den Fall gesetzt werden, mit der geistlichen Gewalt zu unterhandeln, wenn Sie wissen, wie schwer eS ist, zu unterscheiden, wie weit in solchen Dtn- »48 gen die geistliche und weltliche Gewalt gehen kann, und mir einander in friedliche Verhältnisse zu treten, und wie schwer eS hält, Conzessionen in dieser Beziehung zu Stande zu bringen, so werden Sie mit mir die Ueberzeugung theilen, daß mit einer Reform noch nicht viel reformirt ist; Sie werden stch hüten, Ihre Hand neuerdings auf ein Gebiet auszustrecken, auf dem uns in den letzten 10 Jahren wenig Aehren geblüht haben. Ich frage, was ist besser und klüger? Ich antworte, das Rechte, das Gerechte. Ich frage nicht, womit werden wir für unsere Sache eine Mehrheit auf der Tagsatzung spalten, oder eine Mehrheit erhalten? Ich frage, was soll, was kann und muß Aargau thun? Grundsätzlich habe ich mich hierüber ausgesprochen, es soll mit Aufopferung eigener Ueberzeugung den Bundesbrüdern entgegenkommen. Grundsätzlich habe ich bemerkt, es soll der Grundsatz, den eS einmal ausgestellt, nicht verlassen, und weil ich in dieser Beziehung den einmal eingenommenen Standpunkt fest- halten will, so stimme ich zum Antrage des Kl. Rathes, und empfehle auch Ihnen denselben zur Annahme. Hr. Dr. Bruggisser. Ich hatte mir vorgenommen, noch über die Sache zu sprechen, allein ich will die hohe Versammlung nicht länger aushalten, ich habe nur zwei Rednern auf einige Aeußerungen zu antworten. Dem HH. Dr. Tanner ist das in meinem Vortrage ausgesprochene Wort »Lare-Fare" mißfällig vorgekommen, welches ich je- doch nicht bös gemeint habe, denn im Lause einer Rede kann man nicht immer ernst sein, und jener Ausdruck trägt daher auch keine persönliche Beleidigung oder Verletzung an sich. Anders verhält es stch mit den gegen mich gemachten Bemerkungen des Herrn StaatSkasfiers Guter, ich bezeichne seine Ausfälle, die er stch heute erlaubte, als eine unwür- dige, unverdiente, ja rohe persönliche Verletzung, und weise sie mit allem Nachdruck zurück. In solchen ernsten Augen- blicken hätte ich erwartet, und dies mit Recht, daß man stch solcher Persönlichkeiten enthalten hätte. Vorliebe für die Klöster mag anderswo bei Hause sein als bet mir, und ich könnte in dieser Beziehung auch zurückblicken, wie der HHerr Staatökasfier Guter gethan, der stch so geschwind dem Liberalismus und Radikalismus ergeben hat, und ich könnte ihm auch nachweisen, wie wandelbar und veränderlich die Gesinnungen sind. — Ueber die Sache selbst erlaube ich mir weiter keine Bemerkungen mehr; beschließen Sie in Ihrer Weisheit, was Sie für gut finden, nur wünsche ich, daß der Beschluß so ausfallen möchte, daß er für das Ganze ersprießlich sein kann. 44 » Hr. Kanzleisekretär Läupvi. Ueber die obschwebende wichtige Angelegenheit/ die unser schönes Vaterland in en. gern und wettern Kreisen tief und mit verschiedenen Gefühlen bewegt/ «nd worüber der Gr. Rath des Kantons Aar- gau gegenwärtig im Begriffe steht/ einen Entscheid zu fassen/ will ich auch meine Ansichten attssprechen/ und besonders einige Punkte berühre«/ die mir noch nicht hinlänglich erörtert zu sein scheinen. HHerren! vorerst will ich die unterm 13. Jenner beschlossene Klösteraufhebung in Schutz nehme»/ und diese ebenfalls zu rechtfertigen suche»/ und dann meine Ansichten über den Beschluß der hohen Tag- satzung/ und die derselben entsprechend gestellten Anträge entwickeln. HHerren! wenn Sie Ruhe im Lande bezwecke«/ so Müssen die Klöster aufgehoben bleiben; denn diese sehe ich als den Urheber alles Uebels an; von da aus wurde der Unfriede gepflanzt/ genährt und bestärkt/ und in jüngster Zeit während kaum 10 Jahren 3 Mal zum offenen Aufruhr getrieben/ wodurch unser Vaterland das Opfer/ seiner Frei- heit beraubt werden sollte. Aber Dank sei der gütigen Vorsehung/ die die Bevölkerung ermmhigte und bestärkte die Gefahr zu beseitigen und den Aufruhr zu besiegen. Dank sei dem Gr. Rathe des Kantons AargaU/ welcher den Muth hatte/ gegen das Ungethüm aufzutreten/ dasselbe durch Aufhebung unschädlich zu mache»/ und der die Güter zu den schönste«/ heiligsten Zwecken zu verwenden bestimmt hat/ die seit vielen hundert Jahren nutzlos verpraßt und zum Schaden des Landes verwendet worden sind. Damals als die Schlußnahme gefaßt wurde/ war ich noch nicht Mitglied des Gr. Rathes/ aber wie dieselbe den größer« Theil unserer Bevölkerung freute/ so freute sie auch mich. Denn in diesem Akt erblicke ich das Ziel/ das zum Wohle des Landes/ zu einem dauernden Frieden und zum schönen freundschafl- lichen Verbände der katholischen und reformirten Bevölkerung führt/ und uns einig/ stark und glücklich macht. Die Hemm- niffe gegen alle Ordnungen des Staates zum Frommen des Volkes/ werden für immer beseitiget/ die Religionsgefahr wird verschwinde«/ die nur aus den Klostermauern kam/ und das Volk beängstigte und zum Aeußerstcn trieb. Die katholische Bevölkerung wird und muß sich überzeuge»/ daß sie nichts zu gefahren hat/ sondern das Bestreben der Staats- behörden nur dahin geht/ sie glücklich zu machen/ und sie von dem Drucke einer geistlichen Hierarchie und Despotie zu befreien/ und zu verhindern/ daß sie nicht geistig geknechtet und ihre gesunde Vernunft erstickt werde. Man mag gegenwärtig noch so viel von Religionsgefahr und Unterdrückung Verband!, des Gr. Raths. 184t. 57 der katholischen Bevölkerung schreie«/ so geschieht dieses aus Unkenntniß/ denn mir ist niches bekannt , daß die Religion gefährdet und die fragliche Bevölkerung unterdrückt worden sei. Dieses verhält sich ganz anders. Die reformirte Be- völkerung wird sich nie dazu gebrauchen lassen/ ihre Mit- brüder eines andern Glaubensbekenntnisses wegen Glaubens- fachen zu bekämpfen; sie achtet gewiß die katholische Religion wie ihre eigene/ denn sie hat den gleichen dreieinigen Gott/ der unser aller Schöpfer und Erhalter ist/ der über alle die Sonne scheinen läßt/ und uns seine Güte und Gnaden spcn- det. ES wäre doch traurig/ hierüber in Zerwürfnisse zu gerathen. Aber gegen Aufruhr und Verletzung der Verfassung und Gesetze wird die reformirte Bevölkerung jederzeit bereit siehe»/ die Waffen zu ergreifen und Gut und Blut für Erhaltung ihrer politischen Freiheiten darzubringen. Um Erhaltung dieser Güter handelt eS sich/ die schon so oft von einer Seite angegriffen und wozu von niemand anderm angespornt wurde / als von nichtSwürdigen Pfaffen und ihren Anhänger«/ immer unter demVorwandderReligionSgcfahr. Wer den Einfluß der Geistlichkeit kennt/ den sie durch die Beichte und durch häusliche Besuche auf die Bevölkerung / welche unbedigt an Alles glauben muß/ was ihr von diesen gesagt wird/ ausübt/ der darf sich nicht wunder»/ wenn eine solche Bevölkerung durch üblen Einfluß geleitet/ selbst in das Verderben rennt. Wer anders/ alS böse. fanatische Geistliche hetzten und quälten das Volk vor 1830, dann im Jahr 1835/ und bei den jetzigen Wirren? Ist die Religion nicht noch immer die gleiche/ oder ist sie anders? Haben die Badener- Konferenzbeschlüsse dieselbe gefährdet/ hat die neue Versus- sung dieselbe beeinträchtiget? Rein/ sie besteht nach wie vorher/ und wird fortbestehe«/ wenn außerdem jetzt die Klöster auch aufgehoben bleiben. Die Ursachen dieser Klosteraufhebung sind bekannt/ ihre Unnützlichkeit und Schädlichkeit dargethan und bewiesen, und deren Güter für Bestreitung religiöser Bedürfnisse., für die Bildung der Jugend/ und zur Unterstützung der Arme»/ bestimmt; alles schöne und heilige Zwecke zum Nutzen und Frommen des Vaterlandes. Nun komme ich auf einen andern Punkt/ der die Auf- Hebung der Klöster im Aargau nicht im Einklang mit Art. 12 des Bundesvertrags von 1815 gefunden / und weshalb der Gr. Rath des Kantons Aargau aufgefordert wird, diese Angelegenheit wieder in Berathung zu nehmen und die Klosteraufhebung mit fraglichem Bundesartikel zu vereinbaren. Ich muß aufrichtig gestehen, daß diese Vereinbarung, wenn sie je zu Stande kommen müßte, für uns ein Unglück wäre. L51 Dieselbe würde gerade das Gegentheil bewirken, das man vielleicht beabsichtiget. Statt ein Volk, daö bald 4o Jahre zusammen lebte und eine Haushaltung zum Vortheil Aller sühne, befürchte ich nur zu sehr, eine große unheilbare Spaltung von entsetzlichen Folgen begleitet. Es thut mir leid, wenn ich mit meinen Ansichten in Widerspruch mit der TagsatzungSschlußnahme gerathe, gerne wollte ich derselben Genüge leisten, aber eS wird mir nicht möglich, denn wenn ich die Zustände im Aargau betrachte, so kann ich ritt- möglich zur Wiedereinsetzung der Klöster, auch nicht eines einzigen, stimmen. Diese waren von jeher die Triebfedern zu den entstandenen Wirren. Die Beweise hiefür liegen klar am Tage. Sie tragen an ihrer Aufhebung die eigene Schuld. Die Restitution würde die Bande zwischen beiden Bevölke- rungcn nunmehr gänzlich zerreißen. Die Klöster waren von jeher staatsfeindlich gesinnt. Sie liebten das Vaterland und dessen Bevölkerung nie. Ihnen lag es weder an dessen zeitlichem noch ewigem Wohl. Ihr einziger Zweck ging dahin aus, die Entwicklung der Bildung zu hemmen, das Regieren sich zuzueignen, und aus unserm Vaterland eine römische Provinz zu gestalten. Alle Nationalität suchten sie zu ersticken und das Volk mit Lug und Trug zu seinen Werkzeugen zu benutzen. Ein Aufruhr löste den andern ab, und beim Fortbestand der Klöster hätte man nichts anderes zu erwarten, als die Bevölkerungen einander feindlich befehden zu lassen. DaS alles, waö ich hier behaupte, sind Thatsachen. Die ruhigen, Gesetz und Ordnung liebenden Bürger sind öfters gefährdet worden. Sie mußten zu mehreren Malen zur Dämpfung des Aufruhrs aufgeboten werden. Blut wurde jüngfthin vergossen, mehr alö 40 Menschen, die am 11.. Ja- nuar als Opfer gefallen, sind zu bedauern. Es war dem aargauischcn Gr. Rath seine heiligste Pflicht, das Grundübel bei der Wurzel zu erfassen und auözuremen. Er war es der beschworenen Kantonal-, so wie auch der Bundesverfassung schuldig, die Klöster aufzuheben, wenn dieselben in der letz- lern schon garantirt sind. Die Erhaltung des Artikels 1 geht der Existenz des Artikels 12 in jeder Beziehung voran. Jener wird diesem nicht untergeordnet werden wollen, und darf es nicht werden. Nicht aus Trotz gegen die hohe Tagfatzung will ich opponircn, auch die Schlußnahme vom 13. Januar nicht aus dem Grunde in Schutz nehmen, weil ich die Klöster für unnütz halte , sondern weil ich sie als den gefährlichsten Feind unsers Vaterlandes betrachte und mit der Existenz unseres KantonS als unvereinbar ansehe. Des- wegen werbe ich beharrlich gegen die Wiedereinsetzung der 452 Klöster sein, und möchte es der Tagsatzung anheimstellen, entweder dem Aargau den Todesstoß zu geben und die Klöster wieder einzusetzen zu beschließen, oder aber sich ein Bundesglied, das jederzeit seine Bundespflichten zu ersüllen strebte, stark und einig zu erhalten. Ich hoffe aber, die Bundesge- «offen werden die ergriffene Nothwehr nicht zu einem zum Verderben des Aargaus und der Eidgenossenschaft führenden Ziele führen. Der Aargau kann ohne Klöster gleich bestehen, aber mit dem Bestand der Klöster müßte er aufgelöst wer- den, das sehe ich voraus. Die Tagsatzung kann den Bund aufrecht erhalten ohne die im Aargau bestandenen Klöster, es find deren noch viele in der Schweiz, und so lange steh noch dergleichen vorfinden, ist der Art. 12 des Bundesvertrags noch als bestehend anzusehen. Ich habe so viel Zutrauen zu den Miteidgenossen, und glaube, daß fie nie Hand bieten werden, ihre Bundesbrüder zu vernichten, einzig deswegen, daß Aargau von einem ihm zuständigen Rechte bet Dämpfung eines Aufruhrs Gebrauch gemacht hat, eben zum Zwecke der Erhaltung des Bundes. Das dürfen Sie, HH>, versichert sein, daß zu keinen Zeiten Ruhe in unser Land zurückkehren wird, wenn Sie im Geringsten sich nachsichtig zeigen, in diesem Falle würde alles für den schönen Kanton verloren sein. Der unzufriedene Theil der katholischen Bevölkerung wäre doch nicht zufrieden, und der zufriedene Theil, sammt der gesammten reformirten Bevölkerung, würde höchst unzufrieden werden, und wie könnten Sie dann den Frieden wieder erringen? ich vermag es nicht zu erkennen. Aber lieber will ich einen Kampf für Freiheit und Recht bestehen, als einen schmählichen, entehrenden Rückzug antreten, und doch zuletzt noch in Kamvf getrieben werden, wenn ich dann elend bin. Zurücktreten dürfen Sie nicht, HH. Bedenken Sie, wohin Sie das Volk stürzen würden, bedenken Sie, daß es eine unverantwortliche Schmach wäre, eine gerechte, das Volk beglückende Sache aufzugeben, wie würden Sie in den Augen des Volkes dastehen; was würden die gutgesinnten Eidgenossen von Ihnen sagen; wie würden die bösgesinn- ten Sie auslachen, und wie würden das Ausland und die Nachkommenschaft Sie beurtheilen, gewiß nicht ehrenhaft? Haben Sie den Muth gehabt, die Klöster aufzuheben, so sollen und werden Sie auch den Muth haben, diese Schlußnahme festzuhalten; die Bevölkerung wird Ihnen beistehen, denn sie ist bereit, ihre Sache zu vertheidigen. — Wegen den Badener-Konferenzbcschlüssen ist es mir gleich, wenn dieselben der Form nach beseitigt werden, wenn dieses zur Beruhigung dient, woran ich aber Zweifel habe. Aber L53 dem Wesen nach können dieselben nicht aufgegeben werde«/ oder sie werden vorerst durch Kantonalgesetze ersetzt. HH.r Friede wird von allen Seiten gerufen! Friede wollen wir haben! Dieses Glück kann unserem Vaterlande erhalten wer. den, wenn die Klöster beseitigt bleiben. Dieses Glück wird die Tagsatzung nicht störe«/ dessen bin ich versichert. Für die Bewohner unserer Klöster ist zur Genüge gesorgt/ wenn sie Freude habe«/ wieder in Klöster zu treten, so sind deren noch genug vorhanden/ wo sie Unterkomme» finden. Nur in unserm Kanton lasset dieselben nicht mehr zu. Sie vergiften unsere Freiheit und unsern Frieden; sie sind die Ursache»/ warum unsere katholische Bevölkerung glaubte/ in ihren Rech. ten und religiösen Freiheiten beeinträchtigt zu sein; sie sind die Triebfedern des Aufruhrs gewesen. Darum, HHerren, katholischen und reformirten Glaubensbekenntnisses/ halten Sie fest an Ihrer Schlußnahme vom 13. Januar jüngsthin, und das Volk wird Ihnen dankbar sein und Ihnen beistehen, dieselbe aufrecht zu erhalten, unter dem Schutze des allmäch. tigen Gottes. — Ich stimme zum Antrag des Hru. Fürsprech Aössekel. Sr. Fürsprech Baldinger. Als ich vor ungefähr einer Stunde das Wort verlangte, geschah es nicht einem Zuhörer zu gefallen, der die Frechheit hatte, einem Redner ein Pfui zuzurufen. Mein Antrag in der vorwürfigcn Angelegenheit ist von den HHerren Kellersberger und Wieland miß. verstanden worden, welch letzterer doch sonst so gut zu unter, scheiden und zu betonen weiß. Man hat mir die Absicht unterschoben, ich wolle die unbedingte Wiedereinsetzung der Klöster. Ich brauche, um mein Wort in der Sache abgeben zu können, keine Belehrung, ich will eben so wenig In- siruktionen einholen, aber ich sehe die Sache ernster an, als etwa dieser oder jener Gerichtspräsident. Mein Antrag geht nur auf grundsätzliche Zurücknahme des Klösteraufhebungsbe- schlusses, und hier läßt sich nach meiner Ueberzeugung nicht markten. Eine extreme Ansicht will ich nicht verfechten. Da ich doch die Freiheit genommen habe, zum zweiten Male zu spre. chen und bemerkt worden ist von verschiedenen Seiten, es herrsche im Lande bei der Mehrheit der Bevölkerung keine Sympathie für die Klöster, so wollen Sie mir es nicht übel deuten, wenn ich solche Ansichten in Zweifel ziehe; — es wird oft UeberrriebeneS behauptet. Man hat auch gesagt, die der Tagsatzung eingereichten Petitionen seien erschli. chen, zusammengeflickt und erweibelt worden, man hara lle möglichen Hebel angewendet, um zu zeigen, die Aufregung sei eine künstliche gewesen und die Begehren des Volkes als 454 — ungerechte zu bezeichnen. Ich glaubte diese Bemerkungen noch machen zu müssen. Es ist auch eben so unrichtig/ wenn man angeführt hat/ daß die vorliegende Frage andere Tendenzen/ als bloß nur den Klosteraufhebungsbeschluß betreffe. Ich bleibe bei meinem Antrage/ den ich LeS Nähern bezeichnet habe. Hr. Präsident. Ich muß mir hier eine Bemerkung erlauben. Wenn eine derartige Mißbilligung/ wie sie von dem HHrn. Fürsprech Baldinger bezeichnet worden ist/ gegen einen Redner stattgefunden hätte/ so würde ich den Betreffenden zum Auötritt haben anhalten lassen. Da ich aber dieses Zeichen nicht verstanden habe/ so konnte ich dies nicht thun/ hätte ich eS jedoch verstanden/ so gebe ich Ihnen wie- derholt die Zustcherung/ daß der fragliche Zuhörer zum Aus- tritt angehalten worden wäre. DaS Reglement des Gr. Rathes verbietet es sogar den Mitgliedern dieser Behörde sich Beifallsbezeugungen oder Mißbilligungen zu erlauben/ um so viel mehr muß eS das den Zuhörern verbieten. Dieß auf die Bemerkung / welche Herr Fürsprech Baldinger in dieser Beziehung gemacht. Hr. Dr. Thut. Verzeihen Sie/ wenn auch ich über diesen Gegenstand noch daS Wort verlangt habe/ ich hätte eS nicht gethan / wenn ich nicht Aeußerungen zu berichrigen hätte. Der Gegenstand der heutigen Berathung ist von dem Gesichts- punkte auS aufzufassen/ daß der Aargau in Bezug auf das Tagsatzungs - Konklusum Beschlüsse zu fassen habe/ welche die Ruhe im Lande wiederherstellen/ der Ehre des AargauS aber nichts vergeben. Wenn ich mit denjenigen Herren über- einstimme/ welche von dem Grundsätze ausgehen/ Laß Ruhe und Ordnung wieder hergestellt werden sollen/ so glaube ich/ daß der Gr. Rath mit seinen Friedensbedingungen nicht zu voreilig sein / und nicht Gnade denjenigen anbieten soll/ weiche sagen: »Wir wollen nicht begnadigt sein/ sondern das Recht ist auf unserer Seite." — Wenn ein altes Geschwür geheilt werden muß/ so kann man es nicht augenblicklich heilen/ sondern es müssen zuerst Blascnpflaster aufgelegt werden/ und nur nach und nach kann eS geheilt werde»/ wenn eS nicht noch einmal auSbrechen soll. Es ist gesagt worden/ zwei Theile unserer Bürger stehen einander gegenüber/ und man habe dem Einen genommen was er von Alters her besessen habe/ und dieses sei der katholischen Bevölkerung wiederfah- ren; sie ist aber selber Schuld daran/ denn ein altes Sprichwort sagt/ »wer zu viel will/ bekommt zu wenig oder oft gar nichts." Ich erlaube mir noch Anderes zu erwähnen. Wenn das sogenannte Bünzer-Komitee nie zu Stande ge- 455 kommen wäre, so darf ich versichern, dasi im reformirten Kantonstheile keine Versammlungen abgehalten worden wären, aber die Nothwehr mußte die Reformirten dazu veranlassen. Weiter ist gesagt worden, daß der Bund müsse gehandhabt werden. Damit bin ich einverstanden, die Mittel hier» sind jedoch verschieden dargestellt worden. Daß die Mönche noch keinen Nutzen gebracht haben, das hat der Aargau zur Ge- nüge erfahren und schwer büssen müssen, und sie werden uns, ich glaube es wenigstens, unter keinen Umständen großen Nutzen bringen. Es ist früher ein Beispiel von der Taube NoahS zitirt worden. Ich erlaube mir hier ein solches von Moses anzuführen, welcher sein Volk in das Land der Väter zurückführte. Als er nämlich auf den Berg Sinai stieg und mit Jehovah sprach, nöthigte das Volk seinen Bruder, ihm ein goldenes Kalb zu gießen, und das Volk betete nachher dieses Kalb an. Moses kam zurück und zerschlug auS gerech- tem Zorn seine Gesetzestafeln. Ich möchte nun nicht, daß der Aargau so weit ginge, daß er eines goldenen Kalbes wegen seine Verfassung und dadurch seine Freiheit verlieren müßte. So viel, als ein warnendes Beispiel für den Gr. Rath deS Kantons Aargau. HHerrenl Die Beschlüsse, welche zu fassen sein werden, sind vor allein aus in Bezug auf das Konklu- sum der Tagsatzung vom 2. April, und nicht auf die oft in Anregung gebrachte Beunruhigung der katholischen Bevölke- rung zu fassen. Es ist zu bedauern, daß auf der Tagsatzung ein Beschluß gefaßt worden ist, der den Aargau anhalten will, daß er den Krebsgang einschlagen soll. Sowohl die Anträge der Commission als die des Kl. Rathes wollen dies jedoch nicht zugeben. Es ist gesagt worden, der erste §. des Konklusums habe verschiedene Bedeutung und komme mit sich selbst in Widerspruch, weil der Aufhebungsbeschluß ein all- gemeiner ist, denn Aargau hat sämmtliche Klöster aufgehoben. Daß Mitglieder an den Berathungen der Tagsatzung Theil genommen haben, die nicht wissen, wie man betonen soll, glaube ich kaum, der §. 12 des Bundes wurde nur nicht entsprechend dem allgemeinen Klosteraufhebungsbeschlusse erklärt. Wollen wir nun etwas thun, was nicht zur Unehre gereicht und dem Bunde entspricht, so rathe sch nur nicht zu viel zu thun. HHerrenl Die Untersuchung hat bewiesen, daß im Aargau nur ein Kloster ist, das unschuldig genannt werden kann, und dieses ist Fahr, welches keinen Antheil an den jüngsten aufrührerischen Ereignissen genommen haben soll, und mithin die Strafen der andern nicht mit ertragen könne, welche diese verdient haben. Wenn auch gesagt worden ist, das Kloster Maria-Krönung habe an dem Aufruhr keinen Antheil 456 genommen / so ist dies noch sehr'zu bezweifeln; man hat laut gesägt, dieses Konvent habe den Kapuziner Quardian, welcher zum Aufruhr reizte und sich sogar als Anführer hinstellte/ mit Geld unterstützt. Ich frage: ist der Staat ver- pflichtet/ einer solchen Korporation Schütz zu gewähren/ die keine Staatsgewalt anerkennt? Dieses Kloster bekümmerte sich nicht um die vom Staate verfügte Verwaltung / sondern es bezog hinter dem Rücken des Verwalters Zinse / und bewies sich alS ungehorsam. Trägt man auch darauf an, daS Kloster Gnadenthal wieder einzusetzen/ so wird auch Hermet- schwil das Gleiche verlangen. Und welche Gründe haben Sie dann zu sagen: „Dir ist es nicht gestattet wiederzukehren/ man setzt dich nicht wieder ein." Die Klosterknechte von Gnadenthal haben bekannter Maaßen am Aufruhr thätigen Antheil gehabt. HHerren! Dem Bunde zu genügen wollen wir (aber gehen wir nicht weiter) die Mehrheit der Stände gewinnen. Ich führe noch a»/ daß eine Mehrheit entstehen würde/ ohne Einsetzung eines einzigen Klosters. Die verschiedenen Großräthe in der Schweiz werden die Denk- schrift über die Klosteraufhebung erhalten und gelesen habe«/ sie werden gewiß dahin gekommen sein/ einzusehen/ daß Aar- gau einen Akt der Nothwehr ausgeübt habe. Ich verweise Sie auf Solothurn/ Waadt rc. rc. und ich glaube/ sie wer- den dem Aargau beistimmen müsse«/ und noch so viel Rechtsgefühl habe«/ um nicht ein Glied des Bundes/ den schönen Aargau/ zu ruiniren/ sie werden das Recht nicht für Unrecht erklären wollen. In Beziehung auf die Anträge der Commission und des Kl. Rathes habe ich schon beiläufig bemerkt/ daß ich nie dazu stimmen könnte/ nebst Fahr auch Gnadenthal und Maria-Krönung wieder einzusetzen. Wenn aber die Regierung darauf anträgt/ man wolle den Klöstern das Vermögen verabfolgen lasse«/ um ihnen loszuwerden/ wohlanl dann sage ich auch nehmt es und geht zum Tempel hinaus. Hiebei möchte ich nun frage«/ wie es in Bezug auf das Klo- ster Fahr dann stehen würde? Hat Aargau das Recht zu sagen/ „nehmt das Vermögen und macht daß ihr fortkommt." ES ist angeführt worden/ daß das Vermögen dieses Klosters nicht Aargau angehöre/ und mithin wäre der kleinräthliche Vorschlag unausführbar. Richten Sie daher nicht ein Gemüse an/ das Andere zu genießen haben.' — Ich habe einen besondern Antrag/ und erlaube mir ihn Hochdensclben zur Entscheidung vorzulegen. Ich stelle nämlich den Antrag/ zu beschließen: Der Kanton Aargau setzt das Kloster Fahr wie- der ein/ weil eS keinen offenbaren Antheil an den jüngsten 457 Ereignisse» genommen hat/ im übrigen aber bleibt der Aargau bet seinem Klofteraufhebungsbeschlusse stehen. Hr. Regierungssekretä'r Wagner. Nach einer schon so lange andauernden Berathung wäre es unbescheiden von mir/ wollte ich Ihnen Zeit und Geduld noch ungebührlich länger in Anspruch nehmen. Ich will mich daher dieser Sünde nicht theilhaftig machen. Wie es leicht vorauszusehen war/ hat die Sache/ die jetzt Gegenstand Ihrer Behandlung ist/ die mannigfaltigsten Ansichten/ Meinungen und Wünsche rege gemacht und sie haben sich bereits in Anträge verwirklicht. Man hat mit Wärme/ ja Heftigkeit auf die Webnisse und Ergebnisse des Jahres i84o hingewiesen und hinwieder aus der Vergangenheit ergraute Spiegel hervorgeholt/ um darin das Bild der Gegenwart zu finden. Nach meiner Ansicht beiderseits mit gleichem Unrecht. Wo schon soviel des HaderS/ sei uns der Friede eine willkommene Gabel — Die Dis- kussion ist weit abgeschweift und hat sich weit über die Grenzen des i des Commissionalantrageö verbreitet. Ich kehre zu demselben zurück/ und knüpfe meinen Vertrag an die Aeußerungen desjenigen Mitgliedes an/ das bemerkte/ daß es ein Unrecht gewesen/ daß ein großer Theil der katholischen Bevölkerung behufs der Verwirklichung ihrer Desiderien im bewaffneten Aufstand zur Selbsthilfe gegriffen habe. Wenn dies wohl nicht kann in Abrede gestellt werde»/ so kann es hingegen eben so wenig in Abrede gestellt werde»/ daß auch alle die Hauptanstifter und Haupttheilnehmer am Ausstände im gleichen Unrecht waren. Nun aber haben Sie heute aus einem Berichte deS Kl. Rathes vernommen/ es seien im Auf. stände zwei Klöster nicht/ eines nur wenig verwickelt gewesen. Erklärten wir nun: -.-diese setzen wir wieder ein/ nicht aber die/ welche an der Volksaufwieglung Hauptschuld trage»/" so entwaffnen wir die Tagsatzung/ ohne unserer Ehre etwas zu vergeben. Die Bundesglieder werden da§ Unrecht nicht schützen wollen! Der MehrheitSantrag der Commission bezweckt das Gesagte. Ich sehe also darin die Prinziplosigkeit nicht/ welche ihm wollte vorgeworfen werden. Ich sehe aber auch nicht ein / warum auf dem KloftcraufhcbungSdekret strickte verharrt werden will. Der Bundesbeschluß besteht/ ist in seiner Heiligkeit und Erhabenheit über unS/ und wir müssen ihn anerkennen/ wie schmerzlich es unS auch fällt. Bringen wir dem allgemeinen Wohl ein Opfer und zeigen wir nun/ daß wir uns dieser hohem Verfügung zu unterziehen wissen. Oder wäre eö etwa ehrenhafter/ sich zum Nachgeben zwingen zu lassen? Ich glaube nein. Es ist darauf hingedeutet worden/ daß mannigfache Begehren im Volke laut geworden seien. Vcrhandl. des Er. R>,th§. 1841. 58 458 Ich gebe dieses zu, aber wer von Ihnen besitzt die richtige Boussole, welche hier den allein richtigen Weg zum Norden des Heils zeigt. Dann ist, wenn auch nur leise, auf eine allgemeine Revolutionirung der Schweiz hingewiesen worden. Nur mit Betrübniß kann ich hievon in dieser hohen Ver- sammlung sprechen hören. Wer will den entsprungenen Tieger wieder fangen, wer die wilde Bestie wieder fesseln ? Dem Antrage der hohen Regierung könnte ich aus dem von, Hrn. Döffekel vorgebrachten Grunde nicht beistimmen. ES wirft auf denselben den Schein, als wolle man das Vermögen nur derjenigen Klöster fahren lassen, welche entweder wenig oder nichts haben, oder von denen man nichts erlangen kann. WeiterS ist bemerkt worden, der Commissionalantrag sei so wenig, alö gar nichts. Ich hingegen erblicke darin viel, noch recht viel, nämlich die erste Stufe zur Befriedigung, Be- gütigung und Versöhnung der auseinander gekommenen Ge- müther im Aargau. In dieser Hoffnung unterstütze ich von Herzen den Mehrheitsantrag der Commission. Hr. Fürsprech Döffekel. Ich werde wegen vorgerückter Zeit mich möglichst kurz fassen. Wenn ich den Muth hatte, gegenüber den Vorschlägen der aargauischen Regierung und der Mehrheit der Commission einen selbstftändigen, von mir entworfenen Antrag zu stellen, so werden Sie mir erlauben und noch einige Augenblicke vergönnen, denselben noch einmal zur Sprache zu bringen und ihn noch näher zu erörtern. Glauben Sie ja nicht, daß ich das Glück des Kantons Aargau zertrümmern, daß ich den innern Unfrieden befördern, und alles das thun wolle, was mir theils direkt, theils indirekt vorgeworfen worden ist. Wahrlich, man hätte einen höchst niedrigen Begriff von dem, was ein Stellvertreter des aargauischen Volkes zu thun verpflichtet ist, wenn man solche Ansichten bei mir suchen wollte. Ich buhle hier nicht um Volksgunft, und es kann mir deßwegen gleichgültig sein, ob man von meinen Anträgen so oder anders spreche, es genügt mir, daß ich mit meinem Herzen und Verstände die Anträge im Einklänge finde, welche ich Hochdenselben proponire. Ich will kein parteiischer Wortführer sein. Ich rede aus dem Innersten meiner Seele, ich rede für das ganze Land, nicht nur für den Aargau, sondern auch für die Eidgenossenschaft, und in dieser Beziehung verdienen wohl meine Anträge die gefallenen unguten Bemerkungen nicht, welche ich hiemit zurückweise. Ich übergehe alles, was nicht unmittelbar zur Berathung des i gehört, ich beschränke mich also einzig darauf. Ich hätte gewünscht, Andere hätten dies auch gethan, und eö hat mir weh gethan, daß ein 45S Redner/ wenn von Friede und Wiederherstellung der Ruhe die Rede ist/ sich in den Schranken des Anstandeö und des Reglements nicht gehalten hat. Jchbedaure, daß der HHr./ dem ich diese Bemerkung machen muß/ gerade abwesend ist. Sein Vertrag hat die Gemüther nur noch erhitzt/ und beim besten Willen könnte man die Bruderhand auf eine solche Weise nicht reichen. Ich werde auf dem Wege der Gesetzgebung z» jeder Pacification Hand biete«/ und ich bin weit entfernt / mir den Vorwurf der Engherzigkeit aufbürden zu lasse« / aber wenn man von Unterdrückung und Gewalt/ von rohem Unrecht spricht/ ja so ist man wahrlich in dieser Beziehung denn doch zu weit gegangen. Ich bedaure/ daß eS so weit gekommen ist/ daß man hier zwischen Konfessionen unterscheidet. Die Reformirten (um mich also dieses Ausdrucks zu bedienen) haben keinerlei Antheil genommen an den traurigen Ereignissen vom verflossenen Januar. Die Erfahrung der letzten 10 Jahre gebietet uns/ daß wir in der Zukunft vorsichtiger sein solle»/ daß eS klüger ist/ obgleich es mir nicht als eine Tugend erscheint/ man habe lieber zu viel als zu wenig Mißtrauen. Ein anderer Sprecher hat bemerkt/ in meinem Antrage liege ein Extrem. WaS habe ich Ihnen vorgeschlagen? Ich habe allerdings in erster Linie vorgeschlagen/ bei dem Klosteraufhebungsbeschlusse zu verbleiben, und nicht davon abzuweichen/ aber in Nr. 3 meines Antrages möchte ich den Kl. Rath einladen, an sämmtliche eidgenössische Stände ein Kreisschrciben zu erlassen, in welchem denselben die bisherigen Zustände unseres StaatSlebenS bezüglich der Klöster möglichst klar auseinander gesetzt und zu Gemüthe geführt werden sollten, sowie, daß es unmöglich sei, sich dem TagsatzungSkonklusum, so wie eS sich vorfinde, zu unterziehen, wenn man nicht seine eigene Selbstständigkeit aufopfern wolle. Dadurch wollte ich nur das Mittel angeben, wie eine andere Schlußnahme durch die Tagsatzung zu Stande gebracht werden könnte. Wenn man uns sagt, das formelle Recht sei gegen uns, so erlaube ich mir zu bemerken, daß das Konklusum von 12^ Ständen gefaßt worden ist, aber ist eS nicht eben so wahr, daß die Denkschrift der Regierung den eidgenössischen Ständen nicht mitgetheilt werden konnte vor dem Zeitpunkte, in welchem dieselben ihren Tag- satzungsgesandten die Instruktionen gaben, — daß die Großen Räthe der andern Stände über die Sache keine Aufklärung hatten, und mithin die Abgeordneten der verschiedenen Kantone keine auf richtige Thatsachen gegründete Instruktionen haben konnten? — Ich möchte den sämmtlichen Ständen über die Sache die nöthigen Aufklärungen und 460 diejenigen Ausschlüsse geben, welche ertheilt werden müssen, um dieselben in die Möglichkeit zu setzen, einsehen zu können, daß Aargau im Zustande der Nothwehr zu seinem Beschlusse gekommen sei. Thun Sie das, was ich Ihnen vorschlage, sp glaube ich noch nicht und vermag es nicht einzusehen, daß es dahin komme, die Klöster wieder in zu restituiren. Sie würden dadurch nur neue Instruktionen in den verschiedenen Ständen und solche mit vollständiger Sach- kenntniß ausgerüstete provozircn; dadurch würde die höchste Wahrscheinlichkeit herbeigeführt, daß sich die Mehrheit der künftigen Tagsatzung zersplittern müßte. Ueber die Art und Weise, wie jenes Tagsatzungskonklusum zu Stande gekommen ist, verweise ich auf das, was Ihnen bereits der HHr. Re- gierungsrath Wieland vorgetragen hat, aber gerade die Art und Weise, wie dasselbe geschaffen wurde, ist ein Stär- kungsmittel für mich und meine Anträge, und läßt hoffen, daß die Stände ihren Gesandten über die Frage neue Instruktionen geben, und die Tagsatzung die Sache in noch. malige Erwägung ziehen wird. Von zweien eins, entweder werden die Stände das Konklusum festhalten wollen, oder eine neuerliche Untersuchung Der Sache pflegen, und von dem Beschlusse abstrahiren. Und wenn der HHr. Regierungs- rath Wieland selbst sagt, daß die Gesandten, welche dem Konklusum beigetreten sind, selbst nach dem gefaßten Beschlusse nicht mehr 6 Stimmen zusammen gebracht haben würden, um zu sagen, wie die Schlußnahme zu verstehen sei, wie sie aufgefaßt werden müsse, und wie weit sie gehe, so glaube ich, daß der Beschluß nicht unbedingt verlangen könne, die aargauischcn Klöster seien wieder einzusetzen. Bei der Be- schaffenheit des Beschlusses ist die Nothwendigkeit geboten, meinen Antrag anzunehmen, und den Beschluß deö Gr. Rathes vom 13. Jenner als aufrecht zu erklären. Was Sie thun wollen, stelle ich Ihrem weisen Ermessen anheim, und wenn einer der HHerren Präopinanten darauf hindeutet, daß man meinem Antrage schon deshalb nicht zustimmen könne, weil ein gewisses Mitglied erklärt habe, unter Umständen lieber zu meinem Antrage als zur Majorität stimmen zu können, so muß ich erklären, daß ich nirgends Rath geholt habe zu meinem Antrage, und daß ich namentlich nicht im Falle bin, in solchen Sachen mich Raths zu erholen be-i Leuten, welche mir als nichts anderes, denn als politische Ueberläufer vorkommen; gerade diese, die Zweideutigen, sind die stärksten und gefährlichsten Feinde im Staatsorganismus. Ich erkläre wiederholt, daß ich noch immer nicht belehrt hin darüber, daß der Antrag, welchen ich gestellt, ein staatS- 46 ! gefährlicher fei. Glauben Sie -och auch, -aß ich meinen werthen Mitbürgern im Lande alles Glück und Wohlergehen spenden möchte, und glauben Sie ja nicht!, daß ich mich blindlings in ein? Labyrinth hineinwerfe, aus dem wir nicht mehr heraus kommen könnten. Daß ich nichts StaatSge- jährliches im Auge habe, davon dürfen Sie überzeugt sein. Man hat meinen Antrag, wie bereits erwähnt, deswegen einen unguten genannt, weil er von einer gewissen Seite unterstützt worden sei. Er ist jedoch von dieser Seite nicht unterstützt worden, sondern man hat bloß gesagt, man würde dann meinen Antrag unterstützen, wenn man nur unter den von der Majorität, der Regierung, und dem von mir gestellten zu wählen hätte. Ich empfehle Ihnen, wenn Sie eS für das Wohl deS Landes ersprießlich erachten, den Minoritätsantrag der Commission. Sollte er die Mehrheit der Stimmen nicht erhalten, so empfehle ich Ihnen in zweiter Linie den Antrag des Kl. Rathes, in welchem ich ein kleineres Uebel erblicke, als in dem der Mehrheit der Commission. In diesem Sinne verbleibe ich bei meinen Ihnen vorgelegten Anträgen. Hr. Dr. Minnich. Hätte ich den Antrag des Herrn Fürsprechers Baldinger früher vernommen, so würde ich das Wort nicht verlangt haben. Ich finde in seinem Antrage nur eine grundsätzliche Zurücknahme des KlosteraufhebungübeschlusseS. Auch ich huldige der Ansicht, daß man Körperschaften, welche staatsgefährlich find, unschädlich machen soll, solchen Korporationen könnte ich das Wort nicht reden- Aber bloß auf Gerüchte hin will ich nicht vcrurtheilen. Wir haben Rechtsgleichheit, und schon aus diesem Grunde können die Klöster Anspruch auf Untersuchung und gerichtliche Beurtheilung machen. ES wäre eine gefährliche Maxime, wenn man Tendenzen als Wahrheiten annehmen würde; es wäre eine gefährliche Maxime, ohne formelle Ueberzeugung Urtheile zu fällen, und so Körperschaften zu zernichten. Findet man die Klöster schuldig, daß fie an den jüngsten Ereignissen thätigen Antheil genommen haben, so soll man sie zernichten, aber ohne sie nur gehört zu haben, kann man sie, wie ich bereits bemerkt, nicht vcrurtheilen. HHcrren. Sie wollen wieder einige Klöster einsetzen. Damit heben Sie eben die allgemeine Bestimmung wieder auf. Da es Beschluß der Tagsatzung und deren unzweideutiger Wille ist, daß der Kloster- aufhebungsbeschluß zurückgenommen werde, so sprechen Sie doch offen aus, daß Sie das thun wollen. Ich stimme dem Antrage des Kl. Rathes in dem Sinne bei, wie der HHr. Fürsprech Baldinger bereits gezeigt und beantragt hat. 462 Hr. StaatSkassier Guter. Hätte ich/ wie einige Mitglieder der hohen Versammlung, meine Meinung schriftlich hieher gebracht und abgelesen, so wäre in meinem Vortrage dann gewiß nicht enthalten gewesen, was ich in freier Rede auf einen Vortrag zu erwiedern im Fall war. Ich ergreife nun nur das Wort, um einfach zu erklären, daß ich auf Persönlichkeiten, wie sie heute gegen mich gefallen sind, gar nicht antworte. Hr. Waller. Der Stoff, der hier vorliegt, ist so reich und von so verschiedenen Seiten auffaßbar, von so verschie- Lener Natur, von so verschiedenen Gesichtspunkten aus dar- zustellen, er ist von so verschiedenen Gefühlen umstellt, baß es wohl der Mahnung bedarf, in Kürze seine Ansichten auszusprechen. Ich finde mich veranlaßt, die aufgestellten Fragen noch einmal zu berühren, und ich habe auch die Verpflichtung auf mir, als Mitglied des Kl. Rathes der hohen Versammlung anzudeuten, wie die Regierung wohl in der Zukunft handeln wird. Ich gehe zu den Anträgen über, und hier haben Sie die Anträge der Majorität, der Mino- rirät, des Kl. Rathes und den Antrag des Herrn Baldinger. Bevor ich in die nähere Erörterung dieser Anträge eingehe, muß ich voraus noch einen Punkt näher beleuchten, welcher mich hauptsächlich veranlaßte, das Wort zu ergreifen. ES ist Ihnen selbst von gegnerischer Seite die Wahrheit ausgesprochen worden, daß Las katholische Volk der Klöster wegen eigentlich nicht beunruhiget sei. Ich fasse dieses in gutem Sinne gegebene Wort auf, und wenn das wirklich wahr ist, so müssen wir also andere Mittel ergreifen, um die vorhandenen Beunruhigungen zu beseitigen. Immerhin ist doch auch nicht zu verkennen, daß die Klosterfrage mit noch andern Fragen in Verbindung steht, nämlich mit den Fragen über die staatskirchenrechtlichen Beziehungen. Die noch nicht ganz ausgeschiedene Grenze zwischen Staats- und kirchlichen Rechten hat den Aargau auf denjenigen Punkt gebracht, wo er gegenwärtig steht, und eS würde unS sehr schwer fallen für die nächste Zukunft, wenn wir die Grenze zwischen Staats- und kirchlichen Rechten näher bestimmen und alle diese Fragen lösen wollten. Nicht die Schule wird diese Frage lösen, sondern das menschliche Gemüth, welches allein die Weihe zu einer solchen Aufgabe hat. Kehren wir also zu dem ächten Born, zu der Gemüthswelt des Volkes zurück, und wir werden dann ohne die Schule, die hier nicht einig ist und nicht einig wird, diese Frage erledigen. Diese Rückkehr zum Gemüthe des Volkes ist nicht so schwer, aber man muß es wagen, die Wunde zu heilen, die man sich selbst beigebracht hat. Wage man das, und der Friede wird 463 sich finden. Sie haben heute vernommen, daß es der aar. gallischen Regierung ernst ist, die Hand an das Friedens, werk zu legen. Sie haben vernommen, daß die Badener- Konferenzartikel diejenigen find, an welche der Unmuth des katholischen Volkes sich zuerst anklammerte, sie zu einer Standarte erhob, und zum Zeichen des Aufruhrs sie ge- brauchte. Diese Artikel hatten ein eigenes Schicksal, sie stehen nun verlassen da, und der Aargau allein hält sie noch empor, diese Artikel, welche doch in der Geschichte schon einen breitem Boden gehabt hätten. Man hat heute gesagt, und sich dahin ausgesprochen: ja, wenn man auch die Badener-Konserenzbeschlüsse preisgebe, so gebe man nicht viel, man gebe nur die Schaale und nicht den Kern, und das katholische Volk sei damit nicht zufrieden. Ja, das ist eben das Schlimme, daß man nicht mehr glaubt und nicht mehr traut, und das ist das Unglück, daß das Vcr. trauen, diese Quelle des guten Einverständnisses und des FriedenS vergiftet worden ist, und daß man dieses Gift zu. erst muß ablaufen lassen, bevor man wieder auf den gesun- den und reinen Boden dieser Quelle kommen kann. Man hat auch ferner einmal gesagt, die erste Anzeige, daß die Regierung wirklich Hand an das Friedenswerk lege, sei auch das Zeichen, daß man wieder zu der Regierung sich stelle. Ich hätte erwartet, man hätte heute gehalten, was man früher versprochen hat, aber ich frage, wie kommt man heute der Regierung entgegen? Wenn man ein Friedenswerk will, so darf man auf der andern Seite sich nicht feindlich benehmen, sondern man soll auch wieder dem Vertrauen Raum geben. Noch schlägt jedes Herz für das Unglück des Mit- brudcrs, wir haben dieses edle Gefühl noch, und wir haben es noch keineswegs verloren, aber über der Brust, die Mitleid trägt, stehe» Grundsätze, welche festgehalten werden müssen, wenn die Grundsäule des Staates nicht einstürzen muß. Die Grundsä'ule des Staates aber ist die Unverletzbarkeit des Gesetzes. Der HHr. Brentano hat in einem gemüth- vollen Vortrage auf Mailand und den östreichischen Kaiser bei der dortigen Krönung hingewiesen. Ja, die eiserne Krone von Monza hat auf dem Haupte des Kaisers in Mai- land geleuchtet als ein Stern der Gnade—der Kaiser kann mit mächtiger Hand die Gnade spenden, aber die Republik, welche allein nur auf der Anerkennung und Achtung des Gesetzes beruht, ist vernichtet, wenn verbrecherische Handlungen bald nach einigen Wochen für solche Handlungen angesehen werden sollen, die nicht zu bestrafen seien. Es sei ferne von mir, durch Anträge dieser oder jener Art Ihre Herzen denjenigen verschließen zu wollen, welche anerkennen, daß sie 46L gefehlt habe«/ und sich erklären, daß sie es bereuen. Dann« zumal ist unser Vaterland an Gnaden so reich wie der östreichische Kaiser, und dann ist es an der Zeit, die Hand zur Versöhnung zu reichen, wenn sie erklärt haben, sie haben gefehlt, — aber früher nicht. Ich glaubte das berühren zu müssen, um zu der Frage zu kommen , die uns vorschwebt. Sie sehen, wenn man das Herz nicht verschließen will, daß man die Mittel und Wege dazu findet, wenn jeder seinem bessern Gefühle folgt, und dann wird sich unsere Zukunft besser ge- stalten, und dann verliert auch die Klosterfrage ihre Bedeutung. Ich habe die Klofterfrage nun abgeschält und befreit von ihren Umstellungen, und ich komme nun zuerst auf den Antrag der Regierung zu sprechen. Jeder hat so viel Gefühl, daß er zuerst sein Kind, bevor andere in Schuy nimmt. Der Antrag der Regierung ist ein solcher, daß er zaerst mit dem Bunde auf der einen und mit der Ehre unseres Kantons auf der andern Seile im Einklang steht. Ich erkläre, daß ich ohne Ehre keinen Aargau will, denn ohne Ehre besteht kein Staat und keine Person. Die Festhalrung jener Ehre besteht darin, daß sie erklären, Sie wollen im Aargau keine Klöster mehr haben, daß sie also keinen Grundsatz abändern. Wenn ich die Gründe alle anführen wollte, welche uns zu diesem Festhalten bestimmen müssen, so könnte ich Ihnen eine Masse von Gründen aufzählen. Von den hauptsächlichsten Gründen für die Klosteraufhebung sind mehrere vorhanden, die Ihnen schon vorgetragen wurden. Als der Aufruhr in der letzten Zeit entstund, und die Klöster thätigen Amheil daran nahmen, so war die- ser Anlaß zuerst geeignet, dem Klosterauchebungsbeschlusse eine gerechte Form zu geben, aber auch frühere wären sonst hinlängliche Gründe vorhanden gewesen. Der Aufruhr, welcher diese gerechte Form gab, ist da, und der HH. Dr. Min- nich, der erst noch von Untersuchung sprechen will, dürfte in seiner Brust schon die Wahrheit finden, ohne sie aus Akten zu entheben: »Diese Menschen haben jüngsthin und seit 10 Jahren sich so verhalten, daß die Hand der Nemesis sie einmal erreichen mußte." Der aargauische Gr. Rath ist kein Bezirksgericht und kein Obergericht, über er ist das oberste Gericht über diejenigen, welche es wagen, die Existenz des Staates zu erschüttern. Wer will hier noch Beweise, wenn die Thatsachen so laut sprechen?! Wenn der Aufruhr doch da war, wer will noch daran zweifeln, und wer sollte es nicht verspürt haben, da ihm der Mord gleichsam an das eigene Herz ging? Wenn der Antrag der Commission beschlossen wird, so kann man sagen: Der Aargau schwankt, und er ist 465 nicht mehr ein Vorbild des Fortschrittes in der Kultur. Der wichtigsten Güter des aargauischen Volkes wegen sind die Klöster aufgehoben worden, und der Kl. Rath wollte die Ehre des Standes Aargau dadurch wahren, daß er sagte: „Wir wollen keine Klöster mehr im Aargau.« Ich komme nun zum Bunde, und ich bin weit entfernt das verläugnen und »er. kennen zu wollen, was der Aargau gegenüber dem Bunde zu thun hat. Der Bund besteht und der Aargau steht in einem gegliederten Verhältniß mit der Eidgenossenschaft da. Der Aar. gau ist ein Glied des Bundes, das jährlich einmal und unglücklicher Weise zuweilen auch zweimal den Bundestag mit seinen Boten beschicken muß. Wir müssen also dem Bunde gegen- über erklären: Eidgenossenschaft, deine Verhältnisse sind uns heilig, wir anerkennen deine Bundeshoheit, und in Anerke». nung dieser Bundeshoheit bringen wir ein Opfer, und der Stand Aargau ist bereit, dem Vaterlande Alles zu opfern, nur die Ehre nicht. — Sie sehen, daß der Kl. Rath in sei. nem Antrage die Ehre des AargauS und die Hoheit des Bundes gehörig vermittelte. Diese Gesichtspunkte, von denen man hier auszugehen hat, scheinen mir nun so genau um. schrieben, daß eine weitere Beleuchtung derselben nicht mehr nöthig ist. Man sagt freilich, der Aargau mache sich des Verdachtes verdächtig, um mich eines solchen Ausdruckes zu bedienen, daß er die Staatskasse mit den Klostergütern füllen wolle, und auf der andern Seite müsse es diesen Ver- dacht noch verstärken, wenn man sich bereitwillig erkläre, das Klostervermögen von Fahr und Maria-Krönung heraus, zugeben, denn daS Vermögen des Klosters Fahr werde von Einsiedeln angesprochen, und Maria-Krönung sei arm. Allein ein solches Argument, das auf einem bloßen Zufalle beruht, kann doch gewiß hier nicht gelten; aber über die Zufälligkeit des Besitzes erhaben und entscheidend ist das, daß die so. genannte Schuld oder Unschuld dieser beiden Konvente verschieden ist von derjenigen der übrigen Konvente. Die Klöster Fahr und Maria-Krönung sind, in so weit die Akten bis dahin sprechen, am Aufruhr nicht bctheiliget, in wie weit aber ihre Schuld sonst wirklich vorhanden ist, das könnte wohl noch aufgefunden werden, und vielleicht dürfte dann der Ausspruch des Gr. Rathes noch als ein Akt der Gnade anzusehen sein. Ich glaube der Antrag der Regierung sei hiemit gehörig gewürdigt worden, aber nun frägt man, ob, wenn der Aargau die Ehre des Kantons und die Hoheit des Bundes auf diese Weise vermittelt habe, die Eidgenos. senschaft sich damit begnüge und damit zufrieden sei? Wenn die Commission so frägt, so frage ich ihr gegenüber auch: Nechandl. des Gr. Raths. 1841. 59 466 wer gibt denn ihr die Zustcherung, daß ihre Anträge be. friedigen werden? Wenn man mir das nicht sagen kann, so ist der Antrag des Kl. Rathes denn doch besser. Will die Eidgenossenschaft fich begnügen mit der Anerkennung des Bundes, so ist das Genügende geschehen; will sie aber das nicht, und wollen die Sarner mit dem Aargau keinen Frieden haben, so wird die Commisston sammt ihren An- trägen mit Spott und Schande zurückgetrieben, und hat dabei dann auch noch die Ehre verloren, und wir haben dann auch bei unsern Miteidgcnossen das Mitge- fühl nicht mehr, welches uns stark gemacht hat. Ich möchte also antragen, daß Sie zum mindesten und aller, wenigstens den Antrag des Kl. Rathes zum Beschlusse erheben möchten. Komme ich zum Antrage der Commisston, so will ich ihm nicht neuerdings entgegenhalten, was etwa ihm schon vorgeworfen worden ist, sondern ich halte dafür und zeige, daß dieser Antrag gerade zu unausführbar ist. Dieser Antrag ist verfänglich und zwar selbst für diejenigen, zu deren Gunsten er geschaffen werden will. Wenn Sie die kanonischen Verhältnisse dieser Klöster betrachten, so müssen Sie die Wiedereinsetzung derselben als unmöglich ansehen, und zu- dem hängt dann noch die Ruche oder das Schwert der Reform hinter diesem Antrag. Man sagt dann (ich will der Commisston nicht wehe thun, aber ich muß doch bekennen, daß ich nicht begreifen kann, wie diese Alternative im Schooße der Commission entstehen konnte) es sei den Klosterfrauen gestattet wieder einzutreten, oder ihre Pensionen zu beziehen. DaS ist ja eine Sünde, die sich gegen das kanonische Recht verstoßt. Glauben Sie, daß die Klosterfrauen nach dem Antrage der Commission solche likertines sein könnten, welche heute frei herumlaufen und morgen wieder im Büßergewande leben könnten? ES liegt also im Antrage der Commission eine Unauöführbarkeit. Kommen Sie nun aber auf die Reform selbst, so ist hier wieder eine Unmöglichkeit vorhanden. Sie wollen reformiren? Werfen Sie einen Blick auf die jüngste Vergangenheit und bedenken Sie mit welcher Hartnäckigkeit auch die Fraucnklöster den Verfügungen der Staatsgewalt widerstrebten. Wollen Sie also die Klöster reformiren, und auf diesem ewig schwankenden und unbestimmten Felde zwi. scheu der Kirche und dem Staate diesen Zankapfel in den von den letzten Kämpfen noch immer wunden Händen herum- tragen?! Auf diese Weise rufen Sie den Feind wieder her. hei, der wenigstens doch für einige Zeit einen Frieden mit uns zu schließen geneigt ist. Sie wollten also diesen ewigen Zankapfel beibehalten?! Glauben Sie übrigens auch die Kloster- frauen würden unter solchen Umständen wieder kommen? Das wäre eine böse Einladungskarte, und die von der Commission proponirte Reform wäre einLilier äoux, das von den Klosterfrauen gewiß nicht angenommen würde. UebrigenS würde die Kirchengewalt uns einfach sagen: ibr habt hier nicht zu reformiren. Sie wollen barmherzige Schwestern, und viel. leicht gar. Lehrerinnen, Erzieherinnen unserer Jugend, aus den Klosterfrauen machen? Lassen Sie daö, von daherkommt nichts Gutes mehr.— Ich komme nun zum Antrage des HHrn. Döffekel, und ich gestehe es offen, dieser Antrag ist vollkommen auch der meinige. HHerren! Es hat der hohen Tag- satzung gefallen, von Bern aus an den Stand Aargau die Aufforderung ergehen zu lassen, daß der KlosteraufhebuygL- beschluß in seiner Allgemeinheit aufgehoben werde. Der Bund hat also gesprochen; aber es sei mir denn doch erlaubt zu fragen, mit welcher Kompetenz der Bund gesprochen Habe? Hat jener Bund in seiner konftirutiven Form gesprochen, und liegt wirklich ein legitimer Beschluß der Tagsatzung vor? Ich sage nein. Die Tagsatzung wurde auf die Mahnung von sechs Ständen- zusammcnberusen. Die Tagsatzung kam wirklich zusammen, bevor nur der Aargau den Ständen eine Mittheilung über die Klosterangelegenheiten machen konnte, und die Boren der Stände kamen nach Bern, um also den Aargau über seine Klosterangelcgenheiten anzuhören und darüber zu tagen. Ich frage wer ist die Tagfatzung? sie ist die Versammlung von 22 Männern als Boten der einzelnen Stände, welche keineswegs aus eigener Machtvollkommenheit eine Stimme abgeben können. Die Tagsatzung ist vielmehr einfach die Versammlung der von den Kantonen abgeordneten Boten, welche die Staudesstimmen auSzusprechen haben. Diese Ver- sammlung der eidgenössischen Boten kann nur dann legale Beschlüsse fassen, wenn diese dazu durch ihre Stände gehörig be- auftragt und instruirt sind. Oder käme eS hier wohl dahin, daß die Tagsatzung weil über die Schranken und über die Grenze der Kantonalsouveränität hinübergreifen könnte mit einer Majestät, welche die einzelnen Gesandten sich selbst zugesprochen hätten?! Eine solche Tagsatzung bestand nie, wir hatten sie nie, und wäre die Tagsatzung wirklich so, so hätten wir die Union im Vaterlande, gegen welche namentlich die Sarner als gegen ein Schrcckbild sich so eifrig erheben. Hat also in Bern eine Bundesbehörde so zu sprechen das Recht gehabt, welche nicht legitim zu einer solchen Schluß, nähme instruirt war? Ich frage ferner: hat man auf der Tagsatzung zu Bern gegen den Äargau auf die Weise gerich- rer, wie eS sich gebührte, und hat man uns gehört und har 468 man uns gestattet uns zu verantworte«/ bevor die Tagsatzung an ihr Werk geeilt ist? Nein/ das ist nicht geschehe»/ denn die subjektive Meinung der einzelnen Gesandten war die Quelle/ aus welcher der Tagsatzungsbeschluß geflossen ist. Ich frage: hätte Hr. Drüey so geurtheilt/ wenn er zuerst die Stimme seines Volkes über unsere Angelegenheit hätte hören können und hören müssen? und ich frage: hat ein anderer Gesandter in der Klostersache sein Urtheil in Folge erhalte, ner Instruktion und nach dem Wortlaute derselben abgege. ben? nein. Ich will/ wenn ich doch zum Tode verurtheilt werden soll/ zuerst auch noch fragen/ welche Briefe von den einzelnen Ständen zu einer solchen Verurtheilung Auftrag geben? Man sagt vielleicht: ja die Tagsatzung ist zusammen gekommen/ es war doch die Tagsatzung/ und sie hat be. schlösse«/ daß das Klosteraufhebungödekret wider den Bundes, vertrag sei/ daß der Aargau sich einen Bundesbruch erlaubt habe/ und Dank der Vorsehung/ daß dem Aargau eine so schonende Behandlung zu Theil geworden ist. Ich glaube denn doch/ wenn Aargau so behandelt werden soll/ so müsse auch ein Grund dazu vorhanden sein/ und es müsse auch eine Untersuchung gepflogen werden/ inwiefern die Gründe zu einem Beschluß vorhanden gewesen seien. Die Jnstruk. rionen habe» wenigstens nach ihrem Wortlaute eine solche Schlußnahme nicht verlangt- Die Boten der Stände kämen in der ersten Aufregung und Leidenschaft nach Bern/ und wären sie denn nur auch geneigt gewesen zu der Erklärung/ daß die aargauischen Gerichte untersuchen und nöthigenfallS bestrafen sollen? Keineswegs/ sondern sie haben sich selbst die Comperenz zugesprochen und erklärten ganz summarisch: Ihr habt den Bund verletzt. Wenn man nach den Gründen eines solchen Ausspruches fragt/ so kennt die Tagsatzung gar kein Aktenstück/ sondern weiß nur von der Denkschrift des Kl. RatheS/ und kann die Tagsatzung auf diese Denkschrift hin urtheilen? Kann die Tagsatzung den Gr. Rath vom Aargau deswegen verurtheilen/ weil die aargauische Regierung ein Memorial nach Bern geschickt hat/ in der die Tagsatzung nicht alle Klöster schuldig findet? ES mag vielleicht gut sei»/ daß der Kl. Rath dieses gethan hat/ aber der Gr. Rath hat auch die Verantwortung von sich aus zu gebe»/ und die Tagsatzung hat deswegen noch nicht das Recht/ den aargauischen Gr. Rath zu verurrhcilen. Ich wünsche deshalb/ daß erklärt werde , wir wollen den einzelnen Kantonen jene Gründe ent- wickeln/ welche uns zum Klofteraufhebungsbeschluffe geleitet haben.- und daß wir also auf diese Weise im Stadium der Appellation und auf die entwickelten Gründe hin noch ein- 469 mal das Urtheil gewärtigen. Ich bin kein Revolutionär , und ich habe auf dem Wege des Gegentheils in jüngster Zeit Beweise dargethan, und bedeutende Erfahrungen ge- macht; ich will keine Revolution und keine Anarchie, aber ich möchte dagegen auch, daß das Band der Freundschaft, welches uns von Bern her geboten werden möchte, nicht zu einer seidenen Schnur werde, an welcher am Ende unser besseres Leben zu Grunde gehen müßte. Aus diesen Gründen möchte ich rathen, der Stand Aargau habe von der letzten außerordentlichen Tagsatzung zu Bern an die gefammre Eidgenossenschaft die Appellation zu ergreifen, und das ganze schweizerische Volk soll das Urtheil über uns zu fällen haben. Wenn das geschieht, so glaube ich, das Urtheil werde später anders lauten, und ich glaube auch, wenn der 2. Mai 1841 vor dem 2. April gewesen wäre, so hätte es in Bern kein Gericht gegeben, das den Aargau fo vor die Schranken genommen und so gerichtet hätte. Ich glaube, es gebe noch Sympathien in der Eidgenossenschaft, und ich glaube, daß auf dem Felde der Nationalität dieser Kampf ausgefochten werden muß. Ich glaube, nicht in Rathsälen, sondern auf dem grünen Felde der Nationalität müsse unsere Sache ausgekochten werden, und da wird gewiß uns auch Recht zu Theil. Uns wird Recht widerfahren vor einem Forum, das mehr werth ist, als alle Urkunden und Pa- piere der Eidgenossenschaft. Ich bin kein Revolutionär, und auch ich sage: „gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist"; aber so fürchterlich steht eS in der Eidgenossenschaft denn doch noch nicht aus, und wenn man Bundesbrüderlichkeit und zuvorkommendes Benehmen berücksichtigen will, wäre ein Stand, der in dieser Beziehung eine solche Sprache führen könnte, wie der Aargau? Schwerlich. Sehen Sie auf die Vergangenheit und die Geschichte, so stoßen Sie auf Sträuße und Stöße aller Art, und viele Blätter unserer Geschichte sagen, daß sehr oft Späne geschlichtet werden mußten. Man steht oft von da und dort Boten reiten, um Späne zu schlichten und Sträuße beizulegen. Die alten Eidgenossen griffen nicht sobald zum Schwerte, sondern sie ließen zahlreiche Versuche sich nicht gereuen, um eine gütliche Beilegung zu erzielen, und glau- ben Sie, die gegenwärtige Eidgenossenschaft werde uns nicht auch noch einmal hören? Glauben Sie, der Kanton, welcher in Rücksicht auf Zuvorkommenheit immer in der ersten Linie gestanden, werde als störrisch angesehen werden, wenn wir sagen, die Eidgenossen sollen uns noch einmal hören? Wir waren es doch nicht, welche die Schuld tragen, daß 470 sie Sache in dieser Weise auf der Tagsatzung behandelt wurde/ und über Berg und Thal (lassen Sie sich nur das gesagt sein)/ in die entlegensten Gegenden der Schweiz geht die Theilnahme am Schicksal des Aargaus / und sie wird desto stärker/ je mehr die Fessel enger werden sollte/ welche die Tagsatzung um uns ziehen möchte. ES kann auch der Fall sein/ daß Volk und Behörden aus einander gehen/ und eS kann sich auch ereignen/ daß das schweizerische Volk mit der Bundesbehörde einmal nicht mehr zufrieden ist. Das ist ganz natürlich/ denn wenn die Frucht reif ist/ so geht die Schnake auseinander. Ist es denn nicht möglich / daß einmal ein neuer Bund geschaffen werden könne? Was ist der Bund? Er ist die Blüthe und der Friedenskranz/ mit dem der Friede die Eidgenossenschaft im Jahr isis umwunden hat, mit allen möglichen Interessen durchflochten. Soll dieser Bund auf immer bestehen? Die Wiege/ auf welcher dieser Bund erzogen wurde/ ist zertrümmert, und andere Grundlagen zu einem neuen Bunde machen sich nach und nach im Leben geltend/ und der Art. 12 kann stehen oder fallen/ ohne daß deswegen die Eidgenossenschaft fallen müßte. Wer hat diesem Bund das Dasein gegeben? Es sind dieses die Schlachtfelder, auf denen sich zuerst die eidgenössische Fahne erhob. Was an diesem Bunde ungut ist, das wird sich davon abschälen, ohne daß deswegen das Jnner.e oder die Seele des Bundes in Gefahr oder Nachtheil käme? In Beziehung auf die Klöster in ihrem Verhältnisse zum Bunde möchte ich dann noch fragen: hat je ein Bewohner dieser aargauischen Klöster mit seinem Herzblut dazu beigetragen, diesen Bund zu schützen und zu erhalten? Nein, sie stritten unter dem Panner Oestreichs gegen unsere Freiheil, und wenn sie den Artikel 12 deS BundesverlragS erschlichen haben, einen Artikel, der gegen nnS und unsere Freiheit ist, so muß derselbe bald einmal fallen. Daö ge- fünde Leben im Bunde muß einmal wieder kommen, oder wir verkrüppeln an den Nachtheilen, die in unserm Bunde enthalten sind. Ich schließe und ahme das Beispiel des HHrn. Dössekel nach. Der HHr. bat erklärt, er bleibe in erster Linie bei seinem Antrage, könne aber, wenn dieser die Mehrheit nicht erhalten würde, dem Antrage der Regierung in zweiter Linie sich anschließen, weil er auch in diesem Antrage die Ehre des AargauS noch gewahrt finde. Ich erkläre, daß ich in erster Linie nochmals an der Schlußnahme vom 13. Jenncr festhalten werde, nämlich, daß an die eidgenössischen Stände die Gründe der Klosteraufhebung in geeignetem Umfange und mit der nöthigen Bestimmtheit ent- wickelt werden sollen, damit die Stände ihre Instruktionen 471 auf die nächste Tagsatzung geben können. Damit aber die Tagsatzung erkenne, und damit die ganze Eidgenossenschaft wisse, daß der Aargau seine Bruderhand gerne und willig reiche, stelle ich noch den selbstständigen Zusatz, daß die Liquidation der Klöster zu fistircn sei, diö die hohe Tagsatzung in zweiter Instanz ihr Votum abgegeben habe. Mit diesem Zusatz schließe ich mich dem Antrage des HHrn. Döffekel an, und erst in zweiter und letzter Linie stimme ich zu dem Antrage des Kl. Rathes. Hr. Siegfried. ES mag schwer sein, auf diesen Vor' trag hin, welcher mit großer Begeisterung und Gewandtheit und für das Gemüth eines großen Theils sehr zusagend gr- halten wurde, noch eine entgegengesetzte Meinung vorzutra- gen und zu vertheidigen; dessen ungeachtet bin ,ch entschlossen, Ihnen die im Innersten meines Gewissens begründete Meinung vorzutragen. Ich finde mich dazu verpflichtet, weil ich im Falle war, Erfahrungen zu machen, die ich Ihnen pflichtgemäß mittheilen möchte. ES find in der Sache drei Hauptmeinungen aufgestellt worden. Die erste Meinung geht. dahin, das KlostcranfhebungSbekrer im Grundsatz aufzuheben, aber das heißt eben nichts anderes, als das Klosteraufhe- bungSdekret fallen lassen. Eine andere Meinung steht dieser- wie richtig gesagt worden ist, diametral gegenüber, und diese ist die Ansicht dcö HHrn. Dössekel, unterstützt vom HHrn. Landammann Waller. Eine dritte Meinung, gegenüber diesen beiden, ist diejenige, welche sich zu irgend einer Konzession geneigt zeigt, und hier sehen wir die Anträge des Kl. Rathes und der Mehrheit der Commission. Ich erlaube mir, jede dieser drei Hauptmeinungen zu berühren, und bei der letzten dann zu sägen, was man nach meiner Ansicht zu thun habe. HHerren, selbst diejenigen, welche von der Ansicht des FesthaltenS ausgehen, scheinen zu fühlen, daß das KlosteraufhebungSdekret nicht unbedingt festgehalten werden könne. Auf der andern Seite aber müssen auch die Gegner einsehen, daß cS bei der Stimmung des Volkes in feiner großen Mehrheit nicht möglich wäre, daS Dekret unbedingt fallen zu lassen. Die Mehrheit der Ka- tholiken hat keine Sympathie für die Klöster, und die Protestanten sind entschieden dagegen, und so wäre es un- möglich, die Klöster alle wieder einzusetzen und das De- kret wieder aufzuheben. Die Wiedereinsetzung der einflußreich gewesenen Mannsklöfter würde diesen eine Kraft geben, wo- gegen die oberste LandeSbehörde nichts mehr vermöchte, und die Kraft der obersten LandeSbehörde wäre gegenüber diesen Klöstern für alle Zukunft vernichtet. Lieber würde man daher 472 — das Aeusserste wagen, als sich die Einsetzung dieser Klöster g«. fallen lassen, und vielleich t liegt im Hintergründe gerade das, daß man dadurch Zwecke -zu erreichen sucht, die man nicht offen auszusprcchen wagt, vielleicht sucht man dadurch den Todesstoß für unsern Kanton herbeizuführen, und vielleicht würde das von gewisser Seite nicht ungern gesehen. ES frägt sich, ob vielleicht auch das noch verlangt werde. Ich glaube nicht, daß so etwas im Interesse und in den Wünschen des katholischen Volkes in seiner Mehrheit liege, und eS ist auch von der Mehrheit der Tagssatzung und von sonst gut katholischen Ständen zugegeben wooden, daß die Klöster nicht essentielle Bestandtheile der katholischen Religion seien. So- dann wird eine gänzliche Wiedereinsetzung der Klöster von der gegenwärtigen Mehrheit auf dnr Tagsatzung gar nicht einmal verlangt, und warum soll mau denn mehr geben, alS man von uns fordert? Das heißt zu viel uns zugemuthet, und eS heißt unklug manövrier, wenu eine Gegenparthie von uns so viel verlangt. ES ist That fache, daß diejenigen Stände, welche am 2. April die Mehrh eit auf der Tagsayung bilde- ten, über die Frage, wie weit der Tagsatzungsbcschluß gehen soll, in verschiedene ParteiMlgen zerfielen. Die Sarner wollten unbedingte Zurücknahmt- des AufhebungSdekreteS, und dagegen konnten Fretburg, ein sehr katholischer Stand, dann St. Gallen, Zürich und Waad,l sich nicht dazu entschließen, den kleinen Kantonen beizustimmen. Diese letzter» sagten, eine allgemeine Zurücknahme de S Klosteraufhebungsbeschlusses liege nicht im Beschlusse der Tngsatzung. Unter solchen Um- ständen, wenn also die Folgert eines solchen Antrages den Kanton zerstören müßten, wenn selbst die Mehrheit der katholischen Bevölkerung die Klöster nicht mehr will, und wenn auch die Mehrheit der Stände keine unbedingte Zurücknahme des Aufhebungsbeschlusses verlangt, kann ich nicht begreifen, wie man heute eine so freche Stirne haben kann, dem Gr. Rathe eine solche Erniedrigung-zuzumuthenl Gegenüber die- sem unglücklichen Extreme, das, ich weiß nicht ob volens oder noiens den Kanton an den Rand des Verderbens führen will, muß ich erklären, daß ich nie und nimmermehr zu so etwas Hand bieten könnte. Auf der andern Seite muß ich auch den Antrag des HHerrn Döffekel für ein unglückliches Extrem halten. Wir stehen nicht mehr in dem Stadium des Klosteraufhebungsbeschlusses, sondern wir sind in ein weiteres Stadium vorgerückt. Die Eidgenossen haben beschlossen einzutreten über den aargauischen Klosteraufhebungsbeschluß, und ich glaube, auch der feinste Sophist werde dem Bunde das Recht nicht bestreiken können, die nöthige 473 Aufsicht zu führen um zu erfahre«, ob der Bund gehalten werde. Die Tagsatzung hat sich also dieser Sache bemäch- tiget, freilich in unguter Zeit und zu voreilig. Es ist wahr, wenn andere Gegenstände zur Berathung vorgelegen wären, so wäre gewiß nicht so leidenschaftlich gegen den Aargau gehandelt worden, aber es besteht nun einmal ein BundeS- beschluß, und dieser stützt sich auf den allgemeinen Grundsatz, daß die aargauische Klosterschlußnahme dem Art. 12 des Bundes in seiner Allgemeinheit zuwider sei, und daß deswegen der Gr. Rath eingeladen wird, eine Modifikation am Klösteraufhebungsdekrete vorzunehmen. Ich glaube nun, eS sei nicht gm, daß wir der Eidgenossenschaft gegenüber sagen, man soll die Sache noch einmal untersuchen, wir haben das Recht rc. re., denn wenn Aargau sagt, man habe zwar vor der Tagsatzung allen Respekt, aber man könne hier doch nicht eintreten und dem Bundesbeschlusse keine Berücksichtigung schenken, was wird die Folge davon sein? Sie räumen den Feinden unseres Kantons nur ein größeres Feld zu mehrerer Wirksamkeit gegen uns ein, und Aargau benimmt sich selbst die Möglichkeit, diese Angelegenheit besser entscheide» zu helfen, und das Recht, an einer Entscheidung Theil zu »eh- men. Die Folge wird dann ferner die sein, daß bet Aus. schließung des Aargaus von seiner Wirksamkeit im Bunde die unentschlossenen Stände auf die Seite der Sarner hin- übergezogen werden, während, wenn wir etwas nachgeben, die unentschlossenen, im Herzen dem Aargau doch etwas mehr zugeneigten Stände, sich uns annähern würden, und die Sarner uns dann nichts mehr anhaben könnten. Wenn wir etwas nachgeben, so haben wir mehr entschiedene Freunde für uns, denn wenn Sie alle uns befreundeten Gesandten auf der Tagsatzung der Reihe nach durchgehen, so müßten Sie finden, daß alle uns gesagt haben: »seid so gut und gebt etwas nach, damit wir auf euerer Seite stehen und im Prinzip die Sache retten können." Indem wir auf diese Weise die unentschiedenen von unsern Freunden abziehen und die guten Freunde für uns bestärken können, so möchte ich Sie fragen, ob es klug wäre, einer eidgenössischen Schlußnahme gegenüber zu sagen: wir geben noch nicht nach? Wäre eS gut, wenn wir unsere Freunde gelähmt hätten, und diese dann zu uns sagen würden: Ihr habt unsere warnende Stimme nicht gehört, die Sache ist schlimmer geworden, die Lawine ist jetzt herangewachsen, und nun suchet selbst, wie ihr derselben euch bemächtigen könnet! Wenn gesagt würde, man erkläre dieses oder jenes Kloster als nicht auf- gehoben, und der Aargau habe diese Klöster wieder einzu- Verhandl. des Gr. Raths. 1841. 60 474 setzen, so glaube ich, die Eidgenossenschaft , würde nie eine weitere Exekution gegen den Aargau beschließen. Ich hätte auch keine große Furcht vor einer eidgenössischen Exekution, wenn wir nichts nachgeben würden, denn ich habe hier so wenig Furcht als ein Mann in oder außer dem Gr. Rathe, allein eben weil viele Sympathien sür den Aargau vorhanden sind, so könnte es zu gar großen und vielleicht auch gefährlichen Verwickelungen führen, wenn man die Sache so unentschieden läßt. Das wäre gewiß nicht gut, und erlau- den Sie, daß ich Sie auch noch auf jene Chancen aufmerksam mache. Ich fürchte zwar eine fremde Intervention nicht, aber wenn auch der Aargau keine solche zu fürchten hat, so wäre doch eine Partei im Vaterlande, welche eS versuchen würde, daß das Ausland sich einmische. Namentlich würde eine Partei dieses thun, wenn sie glaubte, das formelle Bundesrecht für sich zu haben. Wenn die Tagsatzung keine Exekution gegen uns unternehmen würde, glau- den Sie, diese Partei würde sich zufrieden geben? Nein, und ich möchte den Fall verhüten, daß sie sagen könnten, in der Eidgenossenschaft walte kein Recht mehr und der Bund sei dahin, der betreffende Kanton bleibe bei seiner Schlußnahme , ein Bundesbeschluß werde nicht mehr respektirt und die Tagsatzung wolle doch nichts daraus machen. Glauben Sie, die Feinde des Aargaus würden eine solche schwierige Lage der Dinge nicht für ihre Zwecke auszubeuten suchen, und deshalb möchte ich dem Auslande gegenüber eine solche schwache Seite unseres Bundes nicht zeigen. UebrigenS aber glauben Sie nur nicht, daß die Tagsatzung nicht mehr zu einer einläßlichen Schlüßnahme käme, und wenn das ist, so würde eine solche Schlußnahme nicht nur mit Jubel aufgenommen, sondern sie müßte um so eher mit bedeutenden Hoffnungen auch nach andern Dingen aufgenommen werden^ weil ja gegenwärtig eine Partei im Lande ist, welche die gegenwärtige Schlußnahme der Tagsatzung so auszubeuten sucht, daß sie weit mehr will, als darin liegt. Sie haben heute gesehen, wie die Klosterfrage noch mit vielen andern Fragen in Zusammenhang gebracht werden will, und wenn nun der Aargatt dem Bundesbeschlusse widerstrebt, glauben Sie, es könnten nicht noch größere Uebelständr eintreten? Ein einzelnes bedeutendes Ereigniß braucht noch hervor zu treten, und wir haben eine eidgenössische Jnlcr- vention. Ich möchte bei solchen Möglichkeiten der cxtre- men Partei, welche gegen uns ist, keinen Grund geben, daß sie sagen könnte, die Eidgenossenschaft habe das Unrechte erkannt, und der Aargatt sollte sich dem Bunde fügen. Es 475 würden aus einem solchen Gange der Dinge möglicher Weise mißliche Händel entstehen, und solche Händel könnte» auch zu einer Zerreißung des Kantons führen. Eine Einmischung von Seite der Eidgenossenschaft könnte unö an den Rand des Abgrundes bringen. Aus diesen Gründen glaube ich, eS wäre ein Unglück, wenn wir in keiner Weise gegenüber der Einladung des Bundes nachgeben wollten, und wenn daS ist, so frägt es sich, in welcher Weise wollen wir Konzessionen geben. Auf Konzessionen tragen der Kl. Rath und die Majorität der Commission an. Ich verdanke es meinerseits dem Kl. Rathe, daß er -so einmüthig erklärte, man sei dem Bunde untergeordnet, und man müsse ihm einigermaßen entgegenkommen. Ist dieser Grundsatz vom Kl. Rathe einmal ausgesprochen, so glaube ich, daß man zur Ausgleichung der Sache gelangen könne. In dieser Beziehung halte ich dafür, daß die Anträge der Majorität der Commission weit eher zum Ziele führen, als die Anträge des Kl. Rathes. Man hat erklärt, die Schlußnahme des Gr. Rathes in ihrer Allgemeinheit sei mit dem Art. 12 des Bundesvertrages unvereinbar. Warum? weil der Aargau alle Klöster aufgehoben hat. Kommen Sie diesem Tagsatzungsbeschlusse nach, wenn Sie erklären: wir wollen zwei Frauenklöfter außerhalb des Kantons sich ctabliren lassen? nein, denn die Tagsatzung will das nicht. Die Tagsatzung ist deswegen zu einer Mehrheit gekommen, weil (man mag die Sache ansehen wie man will, ist es so) man in einer einläßlichen Behandlung der Angelegenheit gefunden hat, der Aargau sei nicht berechtiget, alle Klöster aufzuheben. Nun frägt es sich, ob die Tag- satzung wirklich recht gehabt habe, oder ob sie sich vielleicht im Irrthum befinde? Wenn ich unparteiisch über die Sache urtheilen soll, so muß ich erklären, daß über die genannten drei Frauenklöster nicht gesagt werden kann, sie seien über- wiesen, am Aufruhr Theil genommen zu haben, während die anderen Klöster mehr oder weniger dabei beth,eiliger waren. Keine Tagsatzung wird es wagen, diese betheiligten Klöster wieder einsetzen zu wollen, aber sie wird doch die Wieder- einsetzung derjenigen Klöster verlangen, welche beim Aufruhr nicht thätig waren. Man wird auch auf der Tagsatzung nicht auf juristische Weise und durch Aktenuntersuchung prüfen wollen, welches und welches Kloster sich der Theilnahme am Aufruhr schuldig gemacht habe, sondern die Tagsatzung wird wie eine politische Jury sagen, welche Klöster schuldig seien. Da es sich gezeigt hat, daß die Frauenklöfter Fahr, Gnadenthal und Maria-Krönung wenig schuldig sind, so wird die Tagsatzung verlangen, daß dieselben wieder ein- 476 gesetzt werden. Man hat dann auch noch geglaubt, daß der Gr. Rath der Tagsatzung noch andere Schlußnahmen zur Kenntniß bringen soll, die der Gr. Rath auf den Antrag deS Kl. Rathes fassen werde, aber ich möchte doch einfach bei der Klosterfrage stehen bleiben, und ich möchte Sie davor warnen, noch selbst andere Dinge hier hineinzuziehen.— ES thut mir leid, daß ich hier abbrechen muß. ES wird mir etwas unwohl, und ich hoffe später noch über die Sache sprechen zu können. Hr. Präsident. Es sind noch drei Redner angeschrieben, und andere haben sich vernehmen lassen, als ob sie auch noch sprechen wollten; da eS nun bereits 6 Uhr ist, und die Sitzung zehn volle Stunden gedauert hat, so frage ich Sie, ob Sie hier abbrechen oder noch fortfahren wollen? ES wird beschlossen, die Berathung hier abzubrechen und morgen wieder fortzusetzen. Sitzung vorn LS. Mai DaS Protokoll der gestrigen Sitzung wird nach stattgefun- denen, Namensaufruf verlesen und genehmigt. Verlesen wird eine Zuschrift des Kleinen Rathes, womit derselbe das von dem hohen Vorort übersandte Traktanden, vrrzeichniß auf die nächste ordentliche Tagsatzung einbegleitet. Hr. Siegfried. ES wird wohl nöthig und am Platze sein, daß der Große Rath eine neue Commission niedersetze, welche die Gesandtschaftsinstruktion für die nächste ordentliche Tagsatzung zu prüfen hat, weil die gegenwärtige Com- Mission nur dafür bestellt worden ist, in der Klofterangelegen- heil die Gesandtschaftsinftruklion zu begutachten. Ich trage demnach darauf an, daß durch die Wahlkammern eine aus - fünf Mitgliedern bestehende Commission niedergesetzt werde. Dies wird beschlossen. Hr. Präsident. An der Tagesordnung ist die Fortsetzung der Berathung über die Klostersache, und ich soll die Bemerkung vorausschicken, daß die HHerren, welche darüber sprechen wollen, nach dem Reglement daü Wort stehend und laut verlangen müssen. Hr. Siegfried. Es thut mir leid, daß ich Ihre Zeit und Geduld heute noch einmal in Anspruch nehmen muß. Dies geschieht nur deswegen, weil ich wegen Unwohlsein gestern in meinem Vortrage nicht habe fortfahren können. 477 Ich habe Ihnen nur noch Weniges vorzutragen. HHerrenl Ich glaubte aufmerksam machen zu müssen auf die Gefahre«/ welche aus dem einen oder andern der entgegengesetzten Anträge für den Aargau hervorgehen müßten. Hierauf will ich nicht mehr zurückkommen/ ich beschränke mich bloß auf die Concessionen / indem ich erkläre/ man soll Concessionen machen. Der Kleine Rath hat einmüthig ausgesprochen/ daß es für das Land daö beste sei/ wenn man unsern Mitständen Concessionen anerbiete. Sobald man sich entschlossen/ Concessionen zu machen/ soll die Untersuchung dahin gehen/ daß das erreicht werde/ was bezweckt werden will. Man soll sich auf den Standpunkt der Eidgenossenschaft stellen und unsern Mit- Aänden entgegenkommen/ dann werden wir auch mehrere von denjenigen Ständen/ welche nun gegen uns sind/ für uns gewinnen. Betrachte ich die Concessionen von diesem Standpunkte aus/ so scheint mir der kleinräthliche Antrag bloß eine scheinbare Concession. Denn wenn ein Frauenklosier an den gefährlichen Unternehmungen keinen Antheil genommen/ wie andere und namentlich die Mannsklöftcr/ so ist eS offenbar/ daß man ein solches nach dem Antrage der Regierung wohl außer dem Kanton einsetzen lassen will/ allein hiednrch würde man gegen den Bund nicht das thun/ was verlangt wird. Eine solche Concession würde von Seite der Eidgenossenschaft nicht anerkannt werden/ indem sie nur eine scheinbare und keine wahre scheint. Der Antrag der Mehrheit der Commission scheint mir eine wahre Concession/ weil derselbe drei Frauenklosier einsetzen lassen will. Wir wollen dieses Opfer unserm eigenen und innern Frieden bringen. Mir scheint es/ wenn man den Frieden mit den Eidgenossen beibehalten will/ und wenn diese Angelegenheit nicht noch lange bei der Tagsatzug obschweben soll/ so muß man wirklich vorr dem KlosteraushebungSdekret in seiner Allgemeinheit ablassen. Mit einem Trinkgeld werden sich die Eidgenossen nicht besprechen und abfertigen lassen/ und ich mache mir in dieser Beziehung gewiß keine Illusionen. Man hat Ihnen gesagt/ die Antrüge des Kleinen Rathes seien mir der Ehre und Würde des Aargaus verträglich. Ich betrachte den Ehren- punkt so/ daß eS billig ist/ wenn wir sagen/ wir seien in diesem oder jenem Punkte zu weit gegangen/ wenn wir erklären/ daß wir in einem gefährlichen Augenblick und Angesichts der äußersten Gefahr gehandelt haben; solche Bekenntnisse werden uns und dem Aargau keine Unehre machen. Die Frauenklosier haben nicht den Antheil am Aufruhr genommen/ wie die Mannsklöster / und deshalb schon kann man sie wieder einsetzen. Die Ehre würde dann aber auch noch darin 478 bestehe»/ daß man den Bund beachtet/ um das gemeinsame Vaterland vor Zersplitterung zu bewahren. Würde man die Ehre darein setzen, nicht nachgeben und es auf die äußerste Spitze kommen lassen zu wolle»/ ob man uns zwinge/ die Klöster wieder einzusetzen, so glaube ich, daß eine solche Ehre eine größere Unehre abgeben könnte. Man hat sodann gegenüber den Commissionalanträgen gesagt, sie seien unausführbar, weil man die Nonnen nicht verhakten könne, wieder in ihre Zellen zurückzukehren. Nach meiner Ansicht gestattet man ihnen in dieser Beziehung die Freiheit, wieder zu kommen oder nicht. Man hat weiter gesagt, das kanonische Recht gestatte den Nonnen nicht, von sich aus eine solche Freiheit auszuüben; überlassen wir dies den Klosterbewohnerinnen. Wollen sie frei sein und nicht wiederkehren, so mögen sie dafür sorgen, daß sie hiezu die kanonische Bewilligung erhalten; sie müssen allfällige Amorisationcn bei kompetenter Behörde einholen, und dies kümmert uns nichts. Bezüglich auf die Reformen der Frauenklöster wird kein Zwist entstehen, wie wir ihn seit vielen Jahren gehabt haben, denn von einem solchen Frauenklöster wird für das Aargau keine große Gefahr zu befürchten sein; wir müssen uns vor der Macht solcher Institute keine Furcht anwandeln lassen. Wenn man behauptet, Nachgeben sei eine Schande, und die wiedereinzusetzenden Klöster werden wie früher wieder Schlimmes treiben, so ist mit einem solchen Benehmen der Eidgenossenschaft Trotz geboten. Ich möchte fragen, was sollen die drei unschuldigen Frauenklöster für die Zukunft Gefährliches für den Aargau vornehmen können? Und wenn sie auch sich ungebührlich betragen sollten, so würde man über sie gewiß Meister werden, ünd sie in ihre gebührenden Schranken zurückweisen können. Das Schicksal aber, welches die Mannsklöfter getroffen, wird den Frauen- klöstern wohl zur Warnung dienen, daß sie sich hüten werden, in politische Händel und Verwickelungen sich einzumischen; und die Bedingungen der Commissionalanträgc, unter welchen die Frauenklöster wieder eingesetzt werden sollen, sind von der Art, daß sie jedem eine solche Besorgniß nehmen können. Man hat bemerkt, das Volk werde sich nicht beruhigen, wenn man die Eintracht durch einen Vergleich, so zu sagen mit einigen Klöstern, erkaufen wolle. Ich bin aber überzeugt, daß daö Volk dieses Opfer selbst bringen würde, wenn es von der gegenwärtigen Sachlage genau in Kenntniß gesetzt wäre. Der HHr. Fürsprech Dössekel hat Ihnen den Antrag gestellt, daß man versuchen will, den Klosteraufhebungsbeschluß festzuhalten. Die Commission schlägt dies selbst vor, und 479 ihre beiden ersten Anträge gehen dahin, an dem Klesterauf- Hebungsdekret so viel möglich festzuhalten/ und daß/ wenn eS unmöglich sei/ dieses oder jenes Anerbieten zu machen sei. In zweiter Linie stellt die Commission den Antrag/ daß von der hohen Tagsatzung dem Konklusum vom 2. April keine weitere Folge gegeben werden möchte. Und hiemit bieten Sie den Ständen den Anlaß/ sich für das Aargau ausspre- chen zu können. Wenn Sie aber wollen/ daß dies wirklich geschehe/ so müssen Sie einen Saltpunkt aufstelle»/ und den Eidgenossen in ihren gestellten Forderungen entgegenkommen; und wenn Aargau noch einmal an die Tagsatzung appellirt, und eine nochmalige Untersuchung verlangt/ so könnte dasselbe zurückgedrängt werden. Wir sollen daher Beschlüsse fassen/ die so beschaffen sind/ daß wir einen Rücken haben/ und die hohen eidgenössischen Stände uns beistehen können. Stelle man ja nur nicht zu viel sich auf den persönlichen subjektiven Standpunkt/ dieser wird uns nicht helfe»/ die Sache ist eine eidgenössische Frage geworden/ und wenn man wünscht/ daß man uns Hand biete/ so kann es nicht anders geschehe»/ als wenn wir den Wünschen und Bitten/ welche man an unS stellt/ bereitwillig entgegenkommen. Ich könnte Ihnen Personen anführen/ biedere Eidgenosse«/ die es mit dem Aargau herzlich gut meinen/ und deshalb unS bitte»/ daß man der Tagsatzung bereitwillig entgegenkomme/ wenn man sich nicht noch stärker verwickeln- sondern unausweichlichen Folgen ent. gehen wolle. Man kann die Tagsatzung um so weniger veranlassen, in die nochmalige Behandlung der Angelegenheit einzutreten / weil hierüber bereits ein Beschluß besteht. Die. sen werden die betreffenden Stände respektiren und erhalten wollen/ und es muß nach meiner innigsten Ueberzeugung denselben entgegengegangen werden. Warum will man denn dem einmal bestehenden Tagsatzungsbeschluß nicht entgegenkommen/ will man denn das Vaterland verwüsten? Ich wenigstens könnte nie zu einem Extrem stimmen. HHerren! Ich habe nun so ziemlich gesagt, was ich über diese Angelegenheit sagen wollte, und schließe, indem ich hoffe, daß die Mehrheit von Ihnen der Stimme und dem Rufe des Vaterlandes Gehör geben werde. Wir können nur dann mit der Eidgenossenschaft ausgesöhnt werden, wenn wir uns nachgiebig erzeigen, und wer weiß, wohin wir kommen würden, wenn wir das Gegentheil thun wollten? Das gutgesinnte Volk würde sich noch von uns abwenden. Ich habe die Ueberzeugung, daß, wenn das Volk die Bereitwilligkeit zum Frieden sieht, und ein solcher Friede noch abgeschlossen werden kann, dasselbe hiezu be- reitwillig Hand biete, lieber, als wenn Extreme Stattfinden. 480 Wir wollen die Billigkeit berücksichtige« / die gebotene Hand des Friedens nicht wegstoßen, und dadurch wird man zum Ziel kommen. Ich stimme zum Antrage der Mehrheit der Commission. Hr. Friedensrichter Hofer. Der vorliegende Gegenstand ist von solcher Wichtigkeit, daß Sie cö mir nicht übel nehmen werden, wenn auch ich, einer der geringsten aus Ihrer Mitte, meine Ansichten darüber auSspreche. — HHrn. Ich muß eS offen gestehen, daß ich es nicht zu begreifen im Stande bin, wie der Beschluß des aargauischcn Großen Rathes vom 13. Jenner abbin, welcher von diesem Tage an immer mehr an Rechtlichkeit und Glanz zugenommen, durch den Beschluß der hohen Tagsatzung so verdunkelt werden sollte, daß wir, HHrn., heute Las Leichentuch über denselben ziehen sollten. HHrn. Ich gestehe offen, daß ich meine Hände nicht an dieses Leichentuch lege, denn die Beschlüsse des aargauischcn Gr. Rathes vom 13. und 20. Jenner haben in meinen Augen an Recht und Glanz nichts verloren, und ich glaube Sie versichern zu können, daß diese Beschlüsse in der Geschichte AargauS bei der Nachwelt höher glänzen werden, als die Beschlüsse der Tagsatzung vom 1. und 2. April. Hüten wir uns, HHerren diese Beschlüsse nicht mit einem schwarzen Federstrich zu vernichten, laden wir uns nicht den Vorwurf auf, daß unsere spätesten Enkel beim Lesen der Geschichte des AargauS zu ihren Söhnen sagen müssen: „seht da meine Söhne, dieser große schwarze Strich bedeutet den Wankelmuth des Gr. Rathes des Aargaus im Jahre 1841." HH. Stellen wir uns gegenüber dem ruhigen und friedlichen Theil des AargauS, und fragen wir uns, was sind wir Demselben schuldig? — Es ist mir früher gesagt worden, man dürfe nicht daran denken, geschweige sich auösprechen, daß diese Bürger die Waffen ergreifen würden gegen Gesetz und Ordnung. Ich bin damit vollkommen einverstanden; aber diese Bürger sind es, welche im Jahr 183Z auf den ersten Ruf ihren heimathlichen Herd verließen und zur Herstellung des Gehorsams und der gesetzlichen Ordnung die Waffen ergriffen. Diese Bürger sind es, welche am 10. Jenner abhin, als die Kunde zu ihnen kam, eine meuterische Rotte habe im Freiamt sich an achtbaren Regierungsbeamten vergriffen, dieselben gefährlich mißhandelt, ja sogar den HHrn. Regierungsrath Waller verhaftet und mit dem Tode bedroht. — HHerren! Sie hätten allenthalben die Entrüstung, den Eifer und Muth sehen sollen, mit welchem diese Wehrmänner zu den Waffen griffen, um mit Eile die Bedrängten zu befreien und die Aufrührer zur Ordnung zu weisen. Und von diesen 452 Männern sollten wir nichts höre«/ können wir eS ihnen ver. argen, wenn wir die Wiedereinsetzung der Klöster beschließen, daß sie unzufrieden, mißmuthig, ja ungehorsam sich stellen? können wir eS ihnen übel nehmen, wenn sie sagen, wir haben einen Großen Rath, welcher uns im Jenner ein Recht dar. stellte, dasselbe im Hornung und März wiederholte, und nun im Mai, nachdem die hohe Tagsatzung denselben zum Ver» stand gebracht hat, sagt: was damals recht war, ist heute unrecht ? Stellen wir uns gegenüber dem aufgeregten, un. zufriedenen KantonStheiie, und fragen wir uns, was wollen denn diese, wollen sie ein, zwei, drei Klöster? Rein, seien wir offen, sie wollen zuerst das Geld der Klöster und dann Trennung des Kantonö, und dann nachher mit unS theilen, wie jener Reisende mit seinem Kameraden ein erhaltenes Brod theilte; er schnitt es in drei gleiche Stücke, und sagte nun: Bruder, ich nehme, dann nimmst du, dann nehme ich wieder, und dann ist'S recht. HHerren! Wir werden nicht im Stande sein, diesen Forderungen zu genügen. Bieten wir ihnen heute beide Hände zur Versöhnung, so werden sie morgen beide Arme fordern, geben wir auch diese, HHerren, womit sollen wir uns dann vertheidigen, wenn sie übermor. gen uns den Kopf fordern? Es ist ein bekanntes Sprichwort, das aber Wahrheit ist, es lautet: „e Pfaffesack het ke Bode." Sollen wir uns nun lächerlich machen und in einen Sack hinein schieben, der keinen Boden hat? Weise man unS die Grenzen der Forderung, und wir wollen sehen was wir thun können. HHerren! Was die Tagsatzung anbetrifft, so möchte ich fragen: wer ist eigentlich gegen uns? es ist der Sarner, bund, den wir so wenig als die Pfaffen befriedigen können; zu den übrigen Ständen habe ich ein zu großes Vertrauen, alS daß sie dem Art. 12, den schon St. Gallen und Luzern unbeachtet ließen, den Kanton Aargau und die Souveränität desselben opfern werden. — Ich stimme zum Antrag des Hrn. Dössekel, mit dem Zusatz des Hrn. LandammannS Waller in erster Linie, und wenn derselbe nicht angenommen werden sollte, dann zweitens zum Antrag der Regierung. Hr. Fürsprech Peter Bruggisser. Ich bin Mitglied der Commission und gehöre zur Mehrheit derselben. Erlauben Sie mir, daß ich bezüglich auf den Antrag, welcher auf gründ, sätzliche Zurücknahme des Klosteraufhebungsdekrets geht, die Bemerkung mache, daß es dem Volke nicht so viel an den Klöstern gelegen sei. Ich war auch von jeher immer dieser Meinung, und habe bis heute mich immer noch nicht vom Gegentheil überzeugen können. Es ist eine Thatsache, daß dem größten Theile des Volkes an den Klöstern nichts liegt. Verband!, des Er. RathS. 184t. 61 482 nur in den obern Regionen hat es sich zu Gunsten derselben ausgesprochen. Ich frage warum. Es ist in letzter Linie gesprochen worden/ man beabsichtige eine Trennung. Ich sie- stehe aufrichtig/ daß ich hierüber auch schon sprechen gehört habe/ und man hat sich zu diesem Ende hinter die Kloster- frage gemacht, und auf der andern Seite hat man die gegenwärtige öffentliche Meinung dadurch hervorgerufen, daß man sagte, eS fei vielen Begehrlichkeiten nicht Rechnung getragen worden. Und weil nach der gegenwärtigen Aufstellung von Bezirkswahlkollegien viele Männer Bezirksrichter werden möchten, so mußte mancher Gemeindammann das Land auf und abfahre«, Petitionen zusammenweibeln und sagen, die Klöster müsse» wieder eingesetzt werden. So hat sich diese Meinung gebildet. Allein Freunde können die Klöster keine haben, namentlich Muri und Meningen nicht, denn es ist ein altes Sprichwort, daß der Schuldner dem Gläubiger nicht gar hold ist, weil dieser will bezahlt sein und jener oft kein Geld hat. Und die Klöster haben sich in dieser Beziehung so benommen, daß für sie im Volke keine günstigen Remi niseenzen vorhanden sind, besonders wenn man bedenkt, wie sie sich gegen dasselbe bei Zehntloskäufen benommen haben. Es thut mir leid, daß die Bewohner der obern katholischen Bezirke nicht den Muth haben, zu erklären: „wir sind oft von den Klöstern sehr hart mitgenommen worden.« Denn ich frage, wie viele Prozesse das Kloster Muri nicht wegen Zehntloskäufen geführt habe? Das Volk kann seiner Religion und dem religiösen Bedürfniß viel besser leben ohne die Klöster. Wenn man weiß, wie es mit den Messen in denselben gehalten worden ist, so muß man sich eingestehen, daß sie nicht hervorgebracht haben, was der ächte Katholik unter einer Messe versteht, denn wenn man am Morgen geschwind eine Messe besucht und dann nachher wieder den ganzen Tag im Wirthshause sitzt, so heißt dies noch lange nicht Religion ausüben! HHerren! Man knüpft zu viele Fragen an diese Klosterfrage. Die Katholiken werden sich überzeugen müssen, daß ich immer noch ein so guter Repräsentant für sie gewesen bin, als diejenigen, welche im Namen der „gekränkten Religion« hieher gekommen sind. Man will mit der Klosterfrage auch ausgedehntere Amnestie verbinden. Ich erkläre, daß ich kein Blutdürstiger bin; ich bin während zehn Jahre» Präsident des Bezirksgerichts Brcmgarten gewesen, und ich darf alle diejenigen, welche mir zur Untersuchung übergeben worden sind, hier zu Zeugen aufrufen, daß ich gegen sie mich keiner Ungerechtigkeit schuldig gemacht habe, daß sie an mir keinen Unterdrücker gefunden haben. Woher kommt 483 das Geschrei um Amnestie? es kommt aus dem Kanton Zug her , wo die landesflüchtigen Insurgenten sich aufhalten. Gestehen wir es nur frei und offen, dieselben wollten ausziehen, be- vor die neue Verfassung eingeführt werden konnte; und eS muß ihnen nun an weiterer oder gänzlicher Amnestie sehr gelegen sein. Jetzt aber wäre es unklug/ ja unglücklich/ wenn wir in ein solches Begehren eintreten würden. Was müßten unsere refor- mirtcn Mitbürger zu einer solchen Vergünstigung sagen, die als Militärs über acht Wochen wegen diesem Frevel von ihren Familien und aus ihrem häuslichen Kreise weggerissen worden sind, wenn wir nun kämen und sagen würden, die Insurgenten sind auf freien Fuß gestellt? Was müßten sogar die freisinnigen Katholiken sagen? Wenn sie indessen noch zufrieden wäre«/ so müßten sie doch verlan- gen, daß Sie die ruhig Gebliebenen vor Unrecht schützen müssen. Sie müssen die ruhig Gebliebenen, welche dessen ungeachtet die militärische Okkupation traf, vor Unrecht vorzüglich in dieser Beziehung schützen. Nun was müßten diese für einen Begriff von Recht bekommen, nachdem sie jener Frevler wegen so viel haben dulden müssen, wenn man diese in vollem Maaße amnestiern würde? ES hieße mit der Zukunft gespielt, wenn man hier zu nachsichtig verfahren wollte, Sie würden dadurch nur Revolutionen provoziren, und wenn man den Kanton Aargau bald zum Untergang gebracht haben will, so darf man nur Revolutionen begünstigen. Es ist von einer Partei schon gesagt worden, sie arbeite an der Trennung, gelinge es, wohl und gut, mißlinge eS, so könne man dann das gleiche Recht, nämlich daS der Amnestie, welches den frühern Aufwieglern zu Theil geworden, in Anspruch nehmen. HHerren! Ich gehe nun auf die einzelnen Anträge über, und erlaube mir zuerst von demjenigen zu sprechen, der auf grundsätzliche Zurücknahme des Klofteraufhebungs- dekrecs gerichtet ist. Ich muß gestehen, daß man nach meiner Ansicht von dieser Seite die Wiedereinsetzung aller Klö- ster verlangt. Man hat jedoch nachträglich noch Reservatio- nen hinzugefügt; man scheint im Dunkeln herumtappen zu wollen, wie die Tagsatzung es gemacht hat. Vielleicht war ein Grund vorhanden, der zu dieser Reservation bewog. Ich könnte dazu nie, und unter keinen Umständen stimmen, Meningen und Muri wieder einzusetzen. Was den Antrag des HHerrn Dössekel betrifft, so könnte ich auch diesem meine Zustimmung nicht geben, und zwar aus dem Grunde, weil derselbe von dem Grundsätze ausgeht, der §. 12 des BundeS sei dem ersten-Paragraphen desselben untergeordnet. Ich bin hiemit einverstanden und erkläre, daß diese Ansicht iin An- 484 trage der Commission gerechtfertigt ist, Weise mir aber Herr Dössekel nach, daß die Klöster Maria-Krönung in Baden, Fahr und Gnadenthal so großen Antheil am Aufruhr ge- nommen haben, wie die Mannsklöster. ES ist Thatsache, daß aus diesen Klöstern niemand als ein Knecht von Gnadenthal Antheil nehmen wollte. Dieser zog aus bis auf den Berg und kehrte dann wieder zurück. Ja, wegen den Frauen- klöftern wären die Ereignisse nicht herbeigeführt worden, und wir wären hier nicht versammelt, zu berathen. was nun gegenüber dem Bunde zu thun sei. Wenn sie gefährlich und dem SlaatSzweck widersprechend werden, so üben wir dann ein uns zustehendes Recht aus, wenn wir sie aufheben. In einem Nachsatz möchte Herr Dössekel diejenigen Stände ver- antwortlich erklären, welche allfällig die Hand zu zerstörenden Schlußnahmen bieten würden. Dadurch würde der Fehdehandschuh hingeworfen. Ich erkläre frei, daß ich das Tagsatzungskonklusum für verbindlich erachte. Die HHerren Landammann Waller und Fürsprech Dössekel erklären, sie wollen mit dem Bunde nicht brechen, man wolle nur an die schweizerische Nation appelliren. Nun möchte ich fragen, (und ich zweifle sehr daran, ob sich Bern und Waadt dazu verstehen würden) ob eine solche Appellation zu rechtfertigen wäre? Mit solchen Appellationen scheint mir nichts gemacht zu sein, rpir haben dies seit Jahre» schon erfahren, es wird daher gut sein, wenn jeder Kanron für seine eigene Haushaltung sorgt und dem Bunde gegenüber treu verbleibt. Glauben Sie, Bern würde seine vorörttiche Stellung verlassen und erklären, den Bund auch verletzen zu wollen? Ich glaube nein. Ich weiß zwar wohl, daß die Herzen dieser Eidge- «offen hochschlagen für Ruhe und gesetzliche Ordnung, hochschlagen dafür, den schönen Kanton Aargau nicht zu Grunde richten zu lassen, aber gegen den Bund werden sie deswegen nicht handeln wollen. HHrn., Man hat dem Mehrheits- antrage der Commission vorgeworfen, er gefährde die Ehre des Aargaus. Ich habe auch einige Begriffe von Ehre, und gestehe, daß wenn der Bund erklärt, man müsse dies oder jenes thun, es keine Unehre ist, wenn wir Konzessionen ein- gehen. Seiner Zeit hat Basel-Stadt eine bewaffnete Intervention provozirt. Ist nun Basel-Stadt um seine Ehre ge- kommen, um was tst es gekommen? um Baselland, oder vielmehr dieses um die Stadt. Wenn man dann sagt, man müsse nur festhalten, weil Nachgeben unehrenhaft sei, so mache ich Sie noch auf einen Umstand aufmerksam. Wir haben vor zwei oder drei Jahren ein Betreibungsgesetz beschlossen, welches wir, nachdem es der Kl. Rath nicht 485 vollziehen wollte oder konnte, wieder zurückgenommen; haben wir nicht ebenso den Mcdizinaltaxentarif und das Bodenztns- gesetz zurückgenommen, und stehen wir nicht da, und haben wir deßwegen die Ehre deS Aargauü gefährdet, weil wir den Zettumständen Rechnung getragen haben? Ich sage nein. Und wenn wir dieses gegenüber unsern Mitbürgern gethan haben, um wie vielmehr sollen wir gegenüber den Eidgenossen, gegenüber dem Bunde in einer wichtigen Angelegenheit unS nachgiebig erzeigen ? WaS sind die Folgen davon, wenn wir in gar nichts nachgeben ? Man sagt, man wisse sie nicht; ich weiß sie auch nicht, aber so viel ist gewiß, Laß sie keineswegs erfreulich sein werden. Ich zweifle sehr daran, wenn man trotzt, ob sich dann einzelne Stimmen auf dem Bundestage erheben werden, und erklären: „Lli kieu! wenn Aargau nicht nachgibt, so geben wir nach, wir geben den Bund preis und ziehen unsern Beschluß zurück.". Wenn der Aar. gau, wie gesagt, mchr nachgiebt, so werden die demselben gegenüberstehenden Stände erklären, er habe den Bund nicht gesühnt, und wir haben besonders von den kleinen Kantonen nichts besseres zu erwarten, ich befürchte das Böseste. Wenn nun eine solche Intervention sich geltend machen will, so geht dieselbe noch weiter, und das wird die Folge sein, daß wir, wenn wir nicht nachgeben, wo wir nachgeben können, zum Nachgeben gezwungen werde». — Man sagt wohl, die Anerbietungen, welche im Csmmissionalvorschlage enthalten sind, werden dem Bunde nicht genügen, dies kann man zwar nicht mit Bestimmtheit voraussagen, aber nach meiner Ansicht dürfte damit der Bund gesühnt sei. Man sagt ferner, man wolle keine Klöster mehr, aber mit der Annahme des CommissionalantrageS haben wir noch keine Klöster eingesetzt, und wenn die Anerbietungen dann von den Ständen nicht angenommen werden so/siten, dann Punktum, dann würden wir nichts anderes thun. SHerren, ei»; Bevölkerung, die im Aargau über 180,000 «Seelen zählt, heiße ich keine gute, wenn sie erklären muß, sie sei in ihrer Existenz wegen drei unbedeutendem Frauenklöstern gefährdet. Wenn 45 Weiber den Aargau gefährden können, dann ist es wahrlich weit gekommen. Es wurde im Weilern gesagt, der Mehrheitsantrag der Commission begehe eine Sünde gegen das kanonische Recht. Die Commission will denjenigen Nonnen, welche nicht mehr in ihre Zellen zurückkehren wollen, ge- statten draußen zu bleiben. Wir sind da nicht die Beicht, väler, solche Sünden, die dadurch begangen werden, wenn man den Nonnen dies- Freiheit gestattet, zu absolviren. Es sind früher, vor dem Aufhebungsbcschluffe, Nonnen aus den 486 Klöstern getreten, und wir haben kein einziges Beispiel, daß man solche mir Landjägern wieder hat herholen lassen, und doch sind sie von ihren Gelübden nicht entbunden gewesen. Es ist noch von einer Seite angeführt worden, was denn die reformirte Bevölkerung dazu sagen würde, wenn wir von dem Klosteraufhebungsbeschluffe abkämen ? Allein die Nefor. mitten werden gewiß gut begreifen, daß wir unter dem Bunde stehen und demselben auch gehorchen müssen. Ich glaube nicht, daß deswegen, weil wir gehorchen müssen, ein guter Bürger sagen wird: „Ich will nicht mehr folgen." Ich habe zu große Achtung vor dem reformirten Volk, als daß ich glauben möchte, es wolle sich in Zukunft nicht mehr fügen. HHerren, indem ich Ihnen diese meine Ansichten darlege, gehe ich nicht einzig auf meine Meinung, sondern Männer aus solchen Kantonen, die entschieden für das Aargau ge- stimmt sind, ja sogar der würdige Tagsatzungspräsidenr, dessen Patriotismus und entschiedene Gesinnung für das Aargau gewiß Jedermann kennt, und andere redlich gesinnte Freunde haben den Rath ertheilt, man solle dem Bunde bcßtmöalichst nachzukommen suchen, damit sie mit uns einstehen können. Ich kenne liberale und radikale Männer, die erklären: „gebt etwas nach." Ich stimme zum Mehrheirsamrag der Com- Mission. Hr. Berichterstatter. Als ich das Wort in dieser Angelegenheit ferner verlangte, geschah es nicht sowohl in der Absicht, über den Gegenstand zu sprechen, als hier der gestern von dem HHrn. Landammann Waller gehaltenen Rede zu gedenken. Ich setze dieselbe in Hinsicht auf rednerische Kunst, auf Würde des Vertrags, und auf das einschmei- chelnde Wesen allen andern Reden voran, welche derselbe je in diesem Saale gehalten hat. Aber eben, weil mir diese Rede, die ich eine verführerische nennen möchte, so kunstvoll erschien, und ich den Eindruck beobachtet hatte, welchen sie hervorgebracht, so hätte ich gestern mich hingestellt und die Abstimmung nicht vornehmen lassen, ohne andere Redner noch angehört zu haben. HHerren, unser würdige Hr. Land- ammann Waller hat öffentlich bezeugt, „wir wollen keine Revolution." Derselbe hat von der Ehre des AargauS gesprochen, und diese darin bezeichnet, daß nur diejenige eine ehrenvolle Stellung sei, welche er zu vertheidigen sich vorgenommen hatte. Ich könnte nicht so weit gehen und sagen, daß diese Ansichten, welche uns der HHr. Fürsprech Dössekel kund gegeben, allein ehrenvoll seien. Gegenüber dem Volke erzeigt sich eine solche Sprache in hohem Grade verführerisch, und konnte bezüglich auf den Namen der Ehre eine entgegengesetzte 487 Meinung hervorrufen/ weshalb ich auch noch einiges bemerken will. Nach meinem Dafürhalten ist jede andere Meinung auch ehrenhaft/ so auch die von der Commission/ welche bezweckt/ das Vaterland aus errwr bedenklichen Krisis heraus- zureißen; freilich entspricht ein solches Bestreben den aufgeregten Leidenschaften nicht/ und man macht sich damit gegenwärtig nicht populär. Ich bin jedoch w-it entfernt mich einschüchtern zu lassen/ und gerade diese Erkenntniß der Popularität erhebt meine Brust/ daß ich der schädlichen öffentlichen Meinung Trotz biete/ welche glaubt, durch hartnäckiges Festhalten sei Gutes gethan. Ich habe die Ueberzeugung und trage das Bewußtsein bei mir, daß auch ich in diesem Saale stets meine Pflicht erfüllt habe. Im „Republikaner" habe ich gelesen, wenn man die VersöhnungSrolle spiele, so werde die Schweiz fallen? Durch wen wird sie fallen, durch das Frei- ämter-Volk? sie würde fallen durch eine andere Bevölkerung. Dann, sage ich, ist die Ehre des AargauS dahin , dann ist derjenige glücklich zu preisen, der das Gute gewollt hat. Ich würde es für den schönsten Lohn meines Lebens halten, mich hinzuopfern, wenn es für die höchsten Güter, für die Schweiz gilt. Gesegnet sei mir der Augenblick, wo ich dem Vater- lande dieses Opfer bringen kann! HHerren! Ein anderer Redner hat das Glänzende des Beschlusses vom 13. Jenner hervorgehoben und erklärt, dieser Tag sei ein Tag der Hoffnung auf den Aufschwung der Kultur. Ich stimme vollkommen damit übereilt, allein worin besteht denn dieser Glanz, etwa darin, daß das Todesurtheil über einige Frauenklöster ausgesprochen worden ist? Nein, man dachte nur an die MannSklöster. Eine ruhige Zukunft wird sagen: „wir haben Großes gethan," wenn wir aber über dem Kleinen das Große vergessen sollten, so wird die Zukunft über uns richten und tagen: „ sie sind losgestürzt wie die Blinden, welche ihrem Verderben entgegen rennen." Gestern hat Hr. Regierungs- rakh Waller die Verbindlichkeit der formellen Seite des Con- clusums in Zweifel gezogen. Sei es wie eS wolle, seien die Instruktionen ertheilt worden, haben die Stände übereilt gehandelt oder nicht, so ist es gleichgültig, die Stimmen sind für den Stand Aargau und für die Eidgenossenschaft verbindlich. Nun muß ich noch einmal bemerken, daß diese Frage nicht von dem kantonalen Standpunkte aus zu behandeln sei, und alle , welche dies glauben und glauben wollen, verfehlen die richtige Beurtheilung der Sache. Schon in meinem gestrigen Vortrage habe ich darüber gesprochen, wie diese Frage von dem Bunde betrachtet werde. Die ganz' Frage besteht nur darin: wollen wir eine Revolution im Bunde oder wollen 488 wir keine? Man kann die Sache verschieden auffassen/ man kann sie so auffassen/ daß man Versuche und keine Anerbie- tungen macht/ aber was ist dann der Erfolg dieser Politik? daß die Sache noch lange nicht entschieden wird / und dann haben die dämonischen Wühlereien wieder freien Spielraum/ und das Volk wird von den Schurken und Teufelsknechten wie- der zum Aufruhr gereut. Ich habe die Ueberzeugung/ daß eine Menge wohigesinnter Stände sich für den Aargäu auSsprechen wird/ aber der TagsatzungSbeschlnß ist einmal gefaßt. Hr.Hofer hat richtig gesagt/ daß die Freiämter alle Klöster wollen/ und bloß den Klöstern und nicht dem Bunde zu lieb. Aargau gegenüber stehen mehrere andere Stände/ die nur dem BundcSoertraqe zu lieb zu jenem Conclusum gestimmt haben/ und weil ihr Zweck nur der ist/ daß der Bund gesühnt werde/ so fordern sie Gehorsam. Freilich frägt eS sich / ob dieser Bund/ dessen Abänderung von vielen Seilen und schon so lange beabsichtigt worden/ durch diese bloße Revolution neu geschaffen werden könnte? ich glaube nein/ er würde nur zertrümmert werden. Mir der Abänderung desselben muß noch zugewartet werden/ bis eine jüngere Nation vorhanden ist. Har nicht im aargauischen Großen Rathe bei der Ver- fassungsbcrathung mehrfach gekämpfc werden müssen/ um den Schweizerbürgern daS Stimmrecht einzuräumen / und läßt sich so leicht ein Bund schaffen? Ich wiederhole es/ da selbst an umere Gesandten solche Stimmen gerichtet worden sind/ daß ich zum Nachgeben mitwirke/ und da wir die Eidgenossenschaft höher achten sollen/ als den Kanton/ wenn wir uns nicht bloßgeben wollen/ so muß ich wiederholt den Commis. sionalantrag empfehlen. Würden wir auf dem Klosterauf. hebungSbcschluß verharren/ so würden uns die eidgenössischen Stände sagen: „wir haben zu vermitteln gesucht/ ihr seid aber blindlings zugeeilt. und wir überlassen euch dem Schick, sal." Und worrn dieses Schicksal besteht/ darauf habe ich Sie schon gestern aufmerksam gemacht. Ich gebe zu/ daß man materiell unter dem Schutze der öffentlichen Meinung siege/ daß der Bund den Kürzern ziehe/ obgleich er Be. schlösse gefaßt har; aber gleichzeitig liegt die Ohnmacht dcS Bundes am Tage. Welche Verantwortlichkeit würde sich nun Aargau auflade»/ sich eine solche Handlung zn Schulden kommen zu lassen? In dem Augenblick/ wo es sich um eine so wichtige Angelegenheit handelt/ so sollte jeder Stand die Vaterlandsliebe nicht dem Kantonal-Egoismus unterstellen. Der Bund von heute ist nicht mehr der Bund von 1815/ er ist durchlöchert; eS ist das Gefühl der Centralisirung weiter ausgebildet/ als im Jahr 1816. HHerren! Trachten wir 489 diese Angelegenheit/ welche uns schon gestern beschäftigte/ auf eine friedliche Weise zum Ziele zu führen. Dies ist meine Ansicht über den Stand der Sache zur Eidgenossen, schaft. Ich komme nun zu den einzelnen Anträgen zurück/ und bitte Sie sehr/ wenn sre zur Abstimmung kommen, daß Sie Ihre Aufmerksamkeit den Anträgen der Mehrheit der Commission schenken möchten, indem dieselben den Ständen bemerken wollen, wir können uns nicht näher in das Con. elusum einlassen, weil wir dessen Maaß nicht kennen; wir erwarten also weitere Aufschlüsse und der Sache angemessen» Instruktionen. Die Commission ist mit den Anträgen deS Hrn. Dössekel im Grunde einverstanden, und ich habe geglaubt , eS wäre ihm möglich gewesen, sich denselben anzuschließen, indem er dasselbe nur in einer andern Form sagt. Man hat der Commission vorgeworfen, sie wolle mit ihren Anträgen nachgeben. Diese Behauptung ist ganz unrichtige Man kann ja nicht nachgeben, weil daS Tagsatzungöcovclusum undeutlich ist und man Besseres hofft. Und darum habe ich mich gestern gewundert, daß der HHr. Landammann Waller, welche» im Kl. Rathe zu solchen vergleichenden Anträgen Hand geboten, nun wieder eine andere Meinung hat vortragen können, Wenn man die Hand zur Versöhnung und Ausgleichung bie- ten will, so liegen hiezu verschiedene Anträge vor, und ich möchte Sie bitten, entweder zum Antrage der Commis- sion oder zu demjenigen des Kl. Rathes zu stimmen. Warum ich zu den Anträgen des Kl. Rathes nicht zu stimmen rathe, geschieht aus dem Grunde, weil ich befürchte, daß dadurch nicht sogleich Friede herbeigeführt werde. Hätte ich dir Voraussicht, daß die kleinräthlichen Vorschläge in allen Beziehungen genügen würden, so würde ich mich damit sogleich einverstehcn; aber die größere Wahrscheinlichkeit ist vorhanden, daß diejenigen Anträge, welche ein größeres Opfer dar- bieten, zum Ziele führen. Wenn ich in der einen Hand fünf Batzen habe und in der andern nur einen Batzen, und ich beide Hände darreiche, so weiß ich noch nicht, ob man nach den fünf Batzen oder aber nach dem Batzen greifen werde, aber die größte Wahrscheinlichkeit ist vorhanden, daß man nach den fünf Batzen greifen werde. — (Da ich sehe, daß man an der Diskussion nicht den gebührenden Antheil nimmt, so bitte ich Hochdieselben mir einige Aufmerksamkeit zu sehen- ken, dazu sind Sie verpflichtet.)- Man hat dem MehrheitS- antrag der Commission im Fernern vorgeworfen, er gehe auf Reformen aus, wodurch Verwickelungen entstehen konnten. Dies will ich näher beleuchten. Die Weiberklöster (ich rede hier nur von denjenigen , welche hier in Betracht Ncrhandl. des Er. Raths. 18t1. 62 490 kommen können) bestehen nicht mehr/ sie haben die Eigenschaft des Nichldaseins, und in dieser Beziehung sind sie ganz neuen Klöstern gleich. Wenn nun ein Staat/ der keine Klöster hat/ deren zu errichten wünscht/ so kann er ihnen Bedingungen vorschreiben. Das Gleiche können auch Sie thu«/ und so haben wir durch eine solche Wiedereinsetzung die Tagsatzung versöhnt. Nun freilich wird mir eingewendet werden wolle«/ die Konventualinnen seien nicht ganz neue Nonne»/ sondern persönlich an ältere Gelübde gebunden, und in dieser Hinsicht kommen wir in Verwicklungen mit den geistlichen Behörden; gerade das wünsche ich, daß unsere Reformen von einem andern Willen abhängig sind. Wir haben nur drei Frauenklöster, welche die Commission wieder einsetzen möchte. Fahr liegt außerhalb des KamonS, Maria-Krönung in Baden, dessen Vermögen durch die nöthige» Bauten fast ganz aufgezehrt wurde, ist ganz arm. Eine Reform müßte darin bestehen, daß die Nonnen für die Krankenpflege wirken müßten, seien sie nun Benediktinerinüen, Franziskanerinnen re. Wären solche vorhanden, welche die Entbindung von ihren Gelübden nothwendig haben, so sind nicht wir, sondern Rom, das sie nicht dispensiren will, schuld daran, wenn unsere Absicht nicht in Erfüllung gehen kann, und ich wünschte, Rom würde durch die Unterhandlungen unsern Vorschlag z.ehn Jahre lang unausführbar machen, in welcher Zeit dann wahrscheinlich die meisten Rönnen absterben, und wir somit in keine Verwickelungen mehr gerathen würden. Setzen wir diese drei Frauenklöster wieder ein, so wird man von uns sagen, wir thun unsere Pflicht. Ich will hier einige Beispiele in Beziehung auf Klostergelübde anführen. Im Badischen sind dieselben nicht mehr auf lebenslängliche Dauer vorhanden, sondern sie sind beschränkt, und nach einigen Jahren können sie wieder auf- gegeben werden, und die Betreffenden sind frei. In Mexiko find eine Menge Frauenklöster, und man nimmt keine länger» Gelübde ab als für vier Jahre, und nach Umfluß dieser Zeit werden die Konventualinnen angefragt, ob sie austre- ren, oder aber ihre Gelübde erneuern wollen, was auch bei unsern konstitutionellen und freisinnigen Gesetzgebungen für die Klöster ebenfalls gut sein müßte. Die Frauenklöster von dem reformirten Standpunkte aus betrachtet, bemerke ich, daß selbst die lutherische Reformation eine Menge der- selben hat bestehen lassen, die noch jetzt bestehen. Solche Damenstifte existiren in Deutschland noch in großer Zahl. HHerren. Es ist angedeutet worden, auch das geringste Entgegenkommen stoße eine gewisse Bevölkerung vor den Kopf, »S1 aber es ist unsere Pflicht/ das Ganze im Auge zu behalten, denn eS ist noch eine andere Bevölkerung da, die ebenfall» berücksichtiget werden muß. Wenn ich nur eine Bevölkerung im Auge haben wollte, wissen Sie, was ich dann wäre? ein reformirter Kramstirzler; ich will aber meine Freiheit be- wahren gegen männiglich. HHerren. Ich reassumire noch einmal, daß die Amräge des HHerrn Fürsprechers Dössekel im Wesen mit den Vorschlägen der Commission übereinftim- men, welche zum Zwecke haben, durch einen Vergleichsantrag die Sache abzukürzen. Wenn Sie in dem Ausdrucke Reform Verwickelungen zu besorgen glauben , so bin ich der erste, der diesen Ausdruck preisgeben will, denn das Recht der Reformation ergibt sich von selbst, es besteht, darüber kann kein Zweifel walten, in unserer Brust ist das Bewußtsein hievon, und ich Lenke, wir werden einen loyalen Gebrauch davon machen. Wenn aber die Reformation der Frauenklöster nicht in einem solchen Maße stattfinden kann, wie Dieß gewünscht werden möchte, so ist es die natürliche Erscheinung unserer geschichtlichen Entwickelung. Und wenn dieses Gebilde wandelbar und hinfällig ist, so ist es ein Be- weis, daß die wiedereinzusetzenden Frauenklöster dannzumal nicht mehr in die Welt passen. Es frägt sich nun, ob wir sie jetzt schon abmuxen oder sonst sie sterben lassen wollen. Das ,st ganz gleichgültig, ich muß ja auch einmal sterben, ich biete meine Hand zur Versöhnung, und bleibe demnach bei den Mehrheitsanträgen der Commission. Hr. RegierungSrath Plüß. Eine wichtige Angelegenheit liegt in der Berathung und es frägt sich nun, ob wir den Hader im Kanton gegenüber der Tagsatzung auch noch ver- mehren wollen oder nicht, oder ob wir heute das Feld der Eintracht und des Friedens oder dasjenige der Anarchie und der Zwietracht betreten und bearbeiten wollen. Ich bekenne mich zu der erster« Ansicht. ES sind vier verschiedene An- träge gestellt worden. Derjenige, welchen uns der HHr. Fürsprech Baldinger gemacht, hat bereits seine Würdigung er- halten, und ich kann nicht glauben, daß es ihm mit diesem Antrage ganz Ernst umS Herz sei. In Bezug auf Leu An- trag des Kl. Rathes, welcher als ein einstimmiger verstau- den werden will, erlaube ich mir zu bemerken, daß derselbe * kein einstimmiger, sondern nur ein MehrheitSantrag ist, in- dem die Minderheit der Mitglieder deS Kl. Rathes im Wesentlichen mit der Commission übereinstimmte. Wenn der Antrag des Herrn Fürsprechers Dössekel bei mir einen Vorzug hat, so ist es der, daß dadurch von demselben eine Erklärung abgegeben ist, die jedermann verständlich sein muß. 492 Aber demselben könnte ich nicht beistimme»/ indem ich hier jenem Sprüchwort Rechnung trage/ welches sagt: „Beijedem Anfang bedenke das Ende." Und was soll daraus werden/ wenn wir in unsern Schlußnahmen dem Tagsatzungs- konklusum uns schroff'entgegenstellen? Es sind zwei Beschlüsse vorhanden/ der Klofteraufhebungsbeschluß des aargauischen Gr. Raths und das Konklusum der Tagsatzung. Nun waS glauben Sie/ wird es blos bei diesen Beschlüssen sein Verbleiben habe«/ oder wird noch etwas anderes geschehen? Ich nehme das Letztere an/ und glaube die Tagsatzung werde auf ihrem Beschlusse verharren / mithin wird der Aargau von seiner Schlußnahme zurückgehen müssen. Die Folgen des Widerstrebens möchte ich nicht auf mich nehmen / weil die Tagsatzung ihren Beschluß durch Zwangsmittel auszuführen im Stande sein wird. Ich zweifle nicht daran/ daß ein großer Theil der schweizerischen Bevölkerung für den Aargatt und feine Rechte einstehen würde/ aber ich halte die in Frage liegenden 3 Frauenklöster nicht eines solchen Kampfes werth» Wenn ich bedenke/ wie viele Familienvater wegen jenes freveln Attentats/ welches im verflossenen Jenner stattfand/ ihren häuslichen Hcerd verlassen mußte»/ um Ruhe und gesetzliche Ordnung wieder herstellen zu helfen; wenn ich bedenke/ daß jene Hausvater mit großer Anstrengung jetzt noch arbeiten müsse»/ um dasjenige zu verdienest/ welches während ihrer Abwesenheit ihre Familien verbrauchten ; — so möchte ich es nicht übernehmen/ Tausende unserer Bürger und Familienväter wieder in den gleichen Fall zu bringen/ mehrere Wochen oder Monate unter den Waffen zu bleibe»/ und ihnen zum zweitenmal eine Last aufbürden/ an der sie noch heute zu tragen haben. Wenn das Fieber der Anarchie überhand genommen hat/ ist eine Aderlässe kaum zu vermeiden. HHerren! Man hat dem KlosteraufhcbungS- beschlusse den Vorwurf gemacht/ man habe nicht unterschieden zwischen schuldig und unschuldig; und verhehlen wir eS uns nicht/ eS hat viel Wahres. Nun möchte ich wisse»/ was uns abhalten sollte/ diese drei Frauenklöster wieder einzusetzen. Bet Fahr und Maria-Krönung in Baden ist man bereits einverstanden/ daß sie an dem Volksaufstand keinen Antheil genommen haben. Richtig ist zwar/ daß die Dienstboten von Gnadenthal in Villmergen gewesen sind/ aber eS smd auch Bedienstete anderer Bürger, welche am Aufruhr keinen Antheil habe«/ dortselbst gewesen. Wenn in Beziehung auf Gnadenthal noch im Zweifel liegt/ ob dieses Kloster Antheil genommen habe/ so möchte ich frage«/ ob dieser Zweifel zu Gunsten der Tagsatzung / oder zu unsern Gunsten 493 ausfällt? — Man hat behauptet, wenn wir nachgeben, es sei gefährlich; im Gegentheil, ich glaube vielmehr, wenn wir LaS Zweifelhafte durch daS Richtige entfernen und die Frauenklöster wieder einsetzen, die übrigen aber aufgehoben lassen, so stehen wir auf dem Boden des Rechts, weil die andern fünf Klöster am Aufruhr Antheil genommen. Anders ist es aber mit der Aufhebung der mehrbenannten Frauenklöster, und ich glaube, hier ist der Rechtsboden ein zweifelhafter, und ich möchte das Zweifelhafte aufgeben. Wenn die Besorgnisse in Erfüllung gehen sollten, daß der Tagsatzung Concessionen nicht genügen, und sie uns weitere Zummhungen machen möchte, so können wir dann erst sehen, was im Innern zu thun sei. Und wenn wir uns auf den »»bezweifelten Rechtsboden begeben, und der Bund wider Erwarten unserm Entgegenkommen keine Rechnung tragen würde, dann können wir aussprechen, daß derselbe uns keine Garantie gewähre, uns gefährde, und dann bin auch ich dabei, so wie andere biedere Eidgenossen, zu unserm Rechte mit Gut und Blut zu stehen, und zu sehen, wie wir Alles zu Ende zu führen haben. — Ich stimme zum Antrage der Commission. Hr. Zehnder. Es sind bereits 13 Stunden verflossen, seitdem die Berathung über diesen Gegenstand eröffnet wurde, und die Diskussion hat sich seitdem immer nur um ein und dieselbe Frage gedreht. In allen über dieselbe'gehaltenen Vortragen habe ich jedoch noch etwas vermißt. Die Anträge, sowohl der Commission, alS auch diejenigen, welche Ihnen Hr. Fürsprech Dössekel gestellt hat, sind unterstützt worden, indem jede Partei der Unterstützenden glaubt, mehr als die andere auf dem Nechtöboden zu stehen. Ich möchte Ihnen sagen, daß wir auch schuldig und verbunden sind, in denjenigen KantonStheil hineinzublicken, in welchem sich die aufgehobenen Frauenklöster befanden. Es scheint mir, es haben mehrere der HHerren herausheben wollen, man wolle mit den Anträgen der Commission den Frieden erzwecken, ich glaube nicht, daß dies geschehen werde. Denn ich weiß, daß daS katholische Land, besonders das Badergcbiet, aus dem ich als Repräsentant hicher gesendet worden zu sein die Ehre habe, bis nach Zurzach hinunter wünscht, (und cS herrscht diese Ansicht allgemein), nicht die Frauenklöster zurück, son- der« die Kapuziner, und wenn wir diese haben können, sagen sie, so wollen wir keine Klöster mehr. Es wird mir hierauf eingewendet werden wollen, man könne dem Volk die Ka- puziner aus dem Grunde nicht geben, weil einige derselben Aufrührer und sogar Anführer waren. Ich gebe dieses zu. 494 daß es so ist, aber wenn wir auf der einen Seite dem Volke nicht geben können, was eö verlangt, so sollen wir ihm auch nicht aufdringen, was rS nicht begehrt. Wissen Sie, was wir durch die Wiedereinsetzung der drei Frauenklöster bezwecken? Ich denke, wir haben in fünf oder zehn Jahren wieder die gleiche Schlappe, wie jetzt. Sie haben wieder Visiten von geistlichen und andern Herren, es geht drunter und drüber, und das alte Spiel fängt wieder von Neuem an. Wie gesagt, wenn wir dem Volke nicht geben können, was es wünscht, so sollen wir ihm auch nicht aufdringen, was es nicht wünscht. Ich will Ihnen nun sagen, welchen Antrag ich unterstütze. Man sagt, wir müssen nachgeben, und ich glaube, wenn etwas gegeben werden soll, so wollen wir das geben, was das kleinere Uebel ist, wozu die Anträge des Kl. Rathes nach meiner Ansicht die geeignetsten sein dürften. Ich bin fest überzeugt, daß wenn wir die klein- räthlichen Anträge beschließen, wir auf der Tagsatzung die Mehrheit der Stände bekommen werden. Und ich will Ihnen noch sagen, wie wir allenfalls zu einer Mehrheit komme» könnten. Man soll die Klöster, die errichtet werden sollen, nur gehörig aussteuern, und dann nehmen es die frömmer» Stände mit dem Tagsatzungsbeschluß nicht so genau, indem sie die Aussicht habm, Klöster und Leute zu bekommen, die etwas haben. Denn Sie können überzeugt sein, daß jene Kantone, in denen sich die ausgewanderten Insurgenten be- finden, derselben gewiß satt sind, und wahrscheinlich aus dem Grunde, weil sie kein Vermögen mitgebracht haben, denn wenn man mit leeren Taschen kommt, so schaut man einen curios an. HHerren, geben wir also nach dem Antrage des Kl. Rathes den frommen Ständen die Möglichkeit, die drei wieder einzusetzenden Frauenklöster in ihre Mitte aufnehmen zu können, dann glaube ich, dieselben werden ihre Gesandten wohl zu dem diesfälligen Beschlusse des aargaui- schen Gr. Rathes stimmen lassen. Räume man also den kleinen Kantonen diese Möglichkeit ein, und sie werden die Klöster, welche dann auch etwas bringen, mit Freuden aufnehmen, und bei der nächsten Tagsatzung den Aargau willkommen heißen. Ich habe gesagt, was ich habe sagen wollen, und was ich ausgesprochen habe dürfte vielleicht bei Manchem Anklang finden. Ich unterstütze den Antrag der Regierung, aus voll- ster Ueberzeugung, daß er zum Ziele führen werde. Hr. Fürsprech Dr. Fahrländer. Nachdem schon so viele Mitglieder dieser hohen Versammlung das Wort ergriffen und ihre Meinung über die in Berathung liegende Frage abgegeben haben, so will auch ich hierüber meine An- 495 Hchtrr» aussprechen. Es haben sich mehrere Redner veranlaßt gefunden/ über die Sympathiecn zu sprechen / welche dieser Angelegenheit gelten können. Ich spreche meine Sympathie ebenfalls aus/ und bemerke/ daß ich keine für die Klöster habe; ich darf wohl sage«/ daß ich nicht ein einziges Mit. glied eines Klosters kenne/ auch habe ich in meinem Leben noch kein Kloster betreten; — in dieser Beziehung stehe ich also über jede Verdächtigung erhaben. HHerren/ nach meiner Ansicht handelt es sich nicht um Sympathien; es gibt Dinge/ welche über den Sympathien stehen. Der HHr. Vizepräsi- denk Keller hat seiner Zeit ebenfalls ausgesprochen/ daß er für die Fabriken keine Sympathie habe; er hat vielmehr gesagt: Lieber die Klöster/ als die Fabriken. Derselbe hat dadurch zu erkennen gegeben/ daß er die Fabriken für gefährlicher erachte als die Klöster/ und dennoch keinen Antrag zur Aufhebung der erster» gestellt. Hier kann aber nicht Sympathie/ sondern einzig das Recht den wahren Stand- punkt abgeben. In Beziehung auf das Klofteraushebungs- dekret gehe ich von dem Grundsätze aus/ daß die Klöster von dem Kanton Aargau und von den eidgenössischen Ständen überhaupt garantirt worden sind. Dies sagt die Bundes- Urkunde deutlich/ ohne deren Verletzung der Aargau die Klöster nicht hat aufheben können. Man hat gesagt/ die jüngsten Ereignisse seien künstlich provozier worden. Was mich betrifft/ der ich den Gang der Ereignisse in dem letzten Dezennium beobachten konnte/ und auch beobachtet habe/ so muß ich gestehen / daß ich in der Verfügung der Klosteradministration und allen damit verbundenen Bestimmungen/ welche die StaatSbehören festgestellt/ — das Vorspiel zir allem dem gesehen habe/ was im gegenwärtigen Jahre eingetroffen ist. Ich will auf diese verschiedenen Verfügungen/ die in dieser Beziehung beschlossen und vollzogen worden sind, nicht zurückkommen. Auch über diese im letzten Januar -attgefundene traurige Begebenheit will ich mich nicht des wettern auslasten/ sondern bemerke nur/ daß in dieser Beziehung von Seite der Vollbeziehungsbehörde und von dem Gr. Rathe vieles gefehlt worden ist. Der Kl. Rath hat bei nächtlichem Dunkel die Verhaftungen vornehmen lassen/ Ver- Haftungen von ehrenwerthen Mitbürgern, und durch wen sind diese verhaftet worden? So viel ich weiß/ nicht durch die gesetzlich vorgeschriebenen Beamteten. Das Volk konnte die Festnahme seiner angesehensten Männer nicht gleichgültig hinnehmen/ und wollte sich für dieselben wehren. Den Aus- rühr will ich nicht rechtfertigen/ allein derselbe diente dazumal dem Gr. Rathe zum willkommenen Anlaß/ einmal aus- 496 zuführe»/ was schon lange in dem Plane der Mehrheit des. selben gelegen hatte. Zwei Tage nach dem bedauerlichen 10. Januar hat sich der damalige Gr. Rath versammelt/ dessen Verhandlungen ich auf der Gallerte ebenfalls angehört habe. Derselbe hat in jener Versammlung den mehrerwähnten Klo. steraufhebungsbeschluß gefaßt. ES ist behauptet worden/ bei Behandlung dieses Gegenstandes habe eine gründliche und umsichtige Diskussion gewaltet. Ich stelle jedoch die Behaup- tung in Abrede/ weil ich weiß/ daß eine Freiheit des Wortes damals nicht gestattet war. Ich erinnere mich noch sehr gut an die verbotenen Ausbrüche von Beifall und Mißbilligung/ welche sich bei dem geringsten Anlaß kund gaben; ja sogar ein Mitglied/ welches die Angelegenheit nur für einen Tag an eine Commission zur Untersuchung weisen wollte/ hat man verdächtigt und mit seinem gegründeten Begehren zurückge- wiesen. In meinen Augen hat die eine Partei einen momen- tauen Sieg davon getragen/ indem man damals schon bemerkt hatte/ daß hierbei noch andere Interessen nicht übersehen werden dürfen/ und namentlich hat man angeführt/ daß sich Anstünde mit dem Bund erheben werden. Man hat ein dop. peltes Unrecht begangen gegen die Klöster/ weil sie auf einseitige Angaben hin/ ohne verhört zu werden/ verurthcilt und aufgehoben worden sind. Die Mitglieder/ welche den Antrag zur Aufhebung gestellt und unterstützt/ haben sich freilich auf Thatsachen berufen. Aber lag in dieser Beziehung auch nur ein einziger Untersuchungsakt vor? Und dennoch hat man jenen Aussagen vollkommen Glauben beigemessen / als hätten vollständige UntersuchungSatten vorgelegen/ und hat die Klöster aufgehoben. Ich habe mich dazumal wundern müsse»/ daß der nämliche Große Rath/ und zwar nur einige Tage später/ welcher die Klöster wegen Hochverrat!) aufgehoben/ die Conventualen und Nonne«/ welche sämmtlich als staatsgefährliche Individuen bezeichnet worden sind/ mit anständigen Pensionen begnadigt hat. Ich härte mich eines solchen Widerspruchs nicht schuldig gemacht/ wenigstens hätte ich dazu nicht Hand geboten/ wenn ich damals Mitglied des Großen Raths gewesen wäre; und wenn ich auch zur Auf. Hebung der Klöster gestimmt hätte/ so hätte ich Consequenz genug gehabt/ diese gefährlichen Personen/ wie man sie gewöhnlich zu nennen pflegt/ gefänglich einzuziehen/ zu inqui- riren und nach ihren Vergehen zu bestrafen / und dies um so mehr/ weil wir keine Ausnahme der Bürger vor dem Gesetze kennen. In dieser Beziehung hat man sich eine Verletzung eines Verfassungsartikels zu Schulden kommen lassen. Eine andere Verletzung hat dann 2) darin stattgehabt/ weil man 497 gegenüber dem Blinde, der die Klöster als solche gewährleistet, diese Korporationen aufgehoben hat, ohne die Ein. willigung der Hohen Tagsatzung eingeholt zu haben. Wäre dieser Bund nicht, so hätte der Große Rath dennoch ein Unrecht begangen, weil er die Klöster, ohne deren Schuld oder Unschuld zu kennen, aufgehoben hat. Es ist aber der Bund und mit.ihm ein höherer Richter vorhanden, es ist dies die Tagsatzung. Man hat Ihnen bemerkt, es sei traurig, daß dieser Gegenstand in einer außerordentlichen Tag. satzung behandelt worden sei, und es wäre der Beschluß für den Aargau besser ausgefallen, wenn der Gegenstand an dem ordentlichen Bundestage zur Sprache gebracht worden wäre; dies möchte ich sehr bezweifeln. Man hat sogar den Stän- den, welche die außerordentliche Tagsatzung veranlaßten und diesen Beschluß haben fassen helfen, einen Vorwurf zuge. dacht. Ich erkläre, daß dieser Vorwurf am unrechten Orte ist und ungerecht erscheint, indem in der Bundesurkunde deutlich ausgesprochen ist, wie und unter welchen Umständen die Tagsatzung zusammen berufen werden kann, und mithin ist dieser Vorwurf vollkommen unbegründet. Wenn der Aar. gau z. B. heute oder morgen in den Fall kommen würde, in Verbindung mit andern Ständen die Tagsatzung zusammen rufen zu lassen, dies aber nicht gewährt würde, oder wenn überhaupt derselbe in den Rechten, die er auf den Bund hat, beeinträchtigt würde, so ist es einleuchtend, daß er sich in Ausübung eines ihm zustehenden Rechtes nicht gerne hindern lassen möchte. Bezüglich auf außerordentliche und or. deutliche Tagsatzung besteht nach meinem Dafürhalten kein Unterschied. ES ist nur so viel gewiß, daß jene Behörde, ordentlich oder außerordentlich versammelt, diese Frage im ganzen Umfange hätte behandeln müssen; man würde sich von dem Tage, an welchem das Geschäft behandelt worden wäre, nicht haben leiten lassen, und die Gesandten hätten zweifelsohne an einer außerordentlichen Tagsatzung die In- struktionen ihrer Stände vorlegen und im Sinne derselben abgeben müssen, wie in einer außerordentlichen Versammlung der Tagsatzung; denn es kann nie in der Willkür der Tag. satzungsgesandten liegen, so oder anders zu stimmen, weil sie an ihre Instruktionen gebunden sind. Die Sache ist eben die, daß das Tagsatzungsconclusum für den Aargau ein außerordentliches Ergebniß zur Folge haben mußte. Ueber den Sinn und wie überhaupt der Tagsatzungsbeschluß ver- standen und ausgelegt werden muß, kann kein Zweifel walten. (Der Redner liest den ersten §. des TagsatzungSbeschlus- seS vor.) Die höchste Bundesbehörde erklärt, das der Klo. Veehandl. des Gr. Mihs. 1841. 63 498 steraufhebungsbeschlnß nicht vereinbatlich sei mit dem Art. 12 des Bundesvertrags, und ladet ei»/ andere Verfügungen zu treffen und unsere Schlußnahme mit diesem Bundesartikel in Uebereinstimmung zu bringen. Wenigstens ich kann nicht begreifen, wie man in dem Conclusum Undeutltchkcit, Unklarheit und Unbestimmtheit finden kann. Man hat bemerkt, daß sogar Stände, welche zum Beschluß gestimmt haben, wenn fie über dessen Sinn und Ausdehnung befragt worden wären, hierüber nur unklaren Aufschluß zu geben im Stande gewesen wären. ES handelt sich aber nicht um das, sondern darum, ob Aargau jenem Beschluß Folge zu geben habe oder nicht. In dieser Beziehung ist nur eine Stimme; es haben nämlich sämmtliche Stände erklärt, dieser Beschluß besteht und muß irgendwie von Aargau beachtet werden. Wir müssen demnach, wenn wir keine Revolution im Kanton und im Bunde wollen, dem Tagsatzungsbeschluß ein Genüge lei- sten. — HHerren! ES besteht bloß noch ein Zwiespalt darin, wie man dem Conclusum vom 2. April Folge geben wolle. Ich werde mir erlauben, mit einigen wenigen Bemerkungen auf diese Frage zurück zu kommen und den von dem HHrn. Fürsprech Bäldr.nger gestellten Antrag unterstützen und mit einigen Worten u'och näher besprechen. Was den Antrag der hohen Regierung betrifft, so muß ich zum Voraus bemerken, daß ich demselben meine Zustimmung nie geben könnte, weil er ein solcher ist, welcher weder die katholische Bevölkerung, noch die Klöster, noch die Tagsatzung, noch die kleinen Kantone beruhigen und befriedigen kann, wenn gleich die letztem, wie vorhin gesagt worden, die Mönche, die mit Geld kämen, umarmen würden. Maria-Krönung betreffend, so bemerke ich, daß dieses ein armes Kloster ist, und man weiß, daß man damit nicht lukriren wird, deßhalb wünscht man desselben los zu merdcrr. Und Fahr ist ein solches Kloster, welches wir gar nicht besitzen. Denn eS ist Hochdensclben bekannt, daß eS üu Kanton Zürich gelegen ist; eS ist Ihnen ferner bekannt, daß dasselbe von einem andern Kanton mit Sequester belegt ist, demnach ist der Kleinräth- liche Antrag nichts. — Auf der andern Seite würde man mit vollem Recht sagen können, daß ma n die Klöster mit einer Strafe belegt hätte, nämlich mit der Strafe der Landesverweisung , welche in dem KriminalgeseZ enthalten ist, und nur durch den Richter ausgefällt werden kann und zwar nur gegen Ausländer. Und da die Klöster als moralische Personen betrachtet werden müssen, so können fie nicht mit der Strafe der Landesverweisung belegt werden, wenn keine Beweise vorliegen, die jene Strafe rechtfertigen. Ich könnte 499 daher, wie bereits bemerkt, unter keine» Umständen, zu den Anträgen der Regierung stimmen. Rücksichrlich des Com- missionalantrageS bemerke ich, daß man demselben gut an. steht, daß er wenigstens darauf berechnet ist, um die Mehr. heit der Tagsatzung zu gewinnen und diejenigen Stände, welche sich in der Minderheit befinden sollten, ausserhalb des Bun. des zu erklären. Ob aber eine solche Ansicht gewinnen dürfte, weiß ich nicht, denn in die diplomatischen Geheimnisse bin ich nicht eingeweiht, aber doch glaube ich das, daß die Tag. satzung mit einem solchen Beschlusse, wie ihn die Commission beantragt, schwerlich vorlieb nehmen würde. Der HHr. Be. richterstatter Tanner hat bereits darauf hingedeutet, daß die Nonnen werden abgemuxt werben. Warum ich dem Commis« sionalantrage nicht beistimme, geschieht aus den Gründen, weil derselbe an dem Gebrechen der Willkür laborirt. Ich möchte wissen, warum bloß nur diese drei Frauenklöfter ein- gesetzt werden sollen, da doch das Aushebungsdekret keinen Unterschied bemerkbar macht. Woher wissen Sie daß nur diese drei Frauenklöster unschuldig sind, und woher wissen Sie, daß die andern schuldig sind? Man hat Ihnen zwar gesagt, es ergebe sich aus den Akten; es sind jedoch meines Wissens dem Gr. Rathe nie Akten der Art vorgelegt worden. Man hat keine Schuld der Klöster gefunden, die zu deren Aufhebung berechtigt hätte, und wenn auch eine gründliche Untersuchung angestellt worden wäre. Der Commis. sionalantrag ist demnach willkürlich, weil Keiner von uns sagen kann, er kenne die Schuld oder Nichtschuld der Klöster aus den Akten, deßwegen könnte ich demft.ben nicht beistimmen. Uebergehend zu den Anträgen der Herren Fürsprech Dössekel und Landammann Waller, erkläre ich, daß, wenn ich den Aufhebungsbeschluß vom 13 . Jenner hätte helfen ins Leben rufen können, ich denselben unbedingt unterstützen würde, weil K,-r Antrag für Aufrechthaltung des Dekrets die Kon- sequenz für sich hat und auf der andern Seite die Stände zur Ueberzeugung bringen will, der Aargau habe recht ge- handelt und könne somit von seinem Beschlusse nicht wieder abgehen. Freilich ich für meine Person glaube nicht, daß in dieser Sache bei den eidgenössischen Ständen eine andere Ansicht könnte hervorgerufen werden, ich zweifle wenigstens sehr daran. Die Tagsatzung kennt keine andern Akten, als die Denkschrift der aargauischen Regierung, welche sie gelesen und worin sie gesunden hat, daß dadurch das Aufhcbungsdekret nicht begründet werden kann; sie hat ge- funden, daß diese Schrift besonders in Beziehung auf den rechtlichen Punkt sehr schwach sei, und den Beschluß gefaßt, 500 daß das aargauische Klosteraufhebungsdekret mit dem Bunde unverträglich sei. Herr Landammann Waller bemerkt, der Beschluß der Tagsatzung sei aus formellen Gründen nicht stichhaltig und mithin nicht zu befolgen, weil die Abgeord- rieten nicht gehörig instruirt waren, und zwar deswegen, weil die Stände von der Sachlage vor Einberufung der Tagsatzung nicht die gehörige Kenntniß harren, um ihren Abordnungen die nöthigen Vollmachten ertheilen zu können. Aber dieß ist unrichtig, und eS wäre weit gekommen, wenn die Creditive erst nach Vollendung der Tagsatzung untersucht werden wollten, nnd e§ ist so anzusehen, Laß alle diejenigen Aeußerungen, welche von Seite eines Gesandten ausgesprochen worden, so aufzufassen sind, als wären sie von den be- treffenden Stände» selbst ausgesprochen worden. Wollte man dieses in Abrede stellen, so würde man damit wenig Gutes erzwecken, sondern nur Unmuth erwecken. Allein wie gesagt, dem Antrage, wie er von den Herren Dössekel und Waller gestellt wird, könnte ich nicht beistimmen, sondern ich muß den Antrag des Herrn Fürsprech Baldinger unterstützen. ES ist zwar demselben bemerkt worden, daß er diametral sei mit demjenigen Antrag, welcher auf Fefthaltung des Dekretes geht; man wolle damit mehr geben, als die Tagsatzung eigentlich verlange. Was will aber die Tagsatzung? Die Mehrheit der Stände hat erklärt, es sei das Klosterauf- hebungSdekret unverträglich mit dem Bunde und mithin wieder zurückzunehmen. ES ist von dem Antragsteller bemerkt worden, daß nick* beabsichtigt werde, das Dekret ganz in seinem vollen Umfange zurückzuziehen, sondern nur im Grundsätze, — und daß man erst dann einen definitiven Beschluß fasse« könnte, wenn die Untersuchung geschloffen und ein gerechtes und billiges Urtheil gefällt sei. Ich erlaube mir, zu dem Antrage des Herrn Fürsprech Baldinger noch folgenden Zusatz zu machen. Derselbe hat Ihnen beantragt, dem Grundsätze nach das Klosteraufhebungsdekret zurückzunehmen. Ich erlaube mir, diesen Antrag dahin zu erweitern: der Große Rath werde über die einzelnen Klöster nach genommener Kenntniß der Untersuchungsakten und nach Maßgabe der Schuld oder Unschuld einen endlichen Entscheid fassen. — HHerren. Nun komme ich noch auf einige andere Punkte zu sprechen. Man hat bemerkt, daß die Klosterangelegenheit von gewissen Personen blos als eine untergeordnete und sekundäre betrachtet werde, um einen andern Zweck zu erreichen. Ich muß bekennen und bin überzeugt, wir könnten uns dieser Klosterangelegenheit wegen weit besser leiden, wenn unsere andern Kantonalzustände sich besser befänden. Hätten 501 wir das Glück, den Frieden und die Ruhe in unserm Kan- tone zu genießen, so würden uns auch unsere Mitstände mög. lichst entgegenkommen. ES ist an der hohen Tagsatzung be. reits gesagt worden, man würde gerne einen großen Theil der Klöster preisgeben, wenn man sich dann nur überzeugen könnte, daß ein KonfessionStheil den andern nicht mehr un. »erdrücken würde. Und wenn Uebergriffe der Art nicht unmöglich gemacht werden, so behaupte ich, geben Sie alle Kloster zurück, und Sie werden doch den Frieden nicht geben, weil dieser nicht da war, als die Klöster noch bestanden, und rS würde dieser Friede mit der Wiedereinsetzung aller Klöster dennoch nicht zurückkehren. Ich stimme in dieser Hinsicht vollkommen mit der Meinung des HHrn. Negierungs- rath Dorer überein. — Nun sei mir noch erlaubt, in Bezug auf die verlangte Amnestie noch einiges vorzutragen. Ich, an meinem Ort, kann nicht umhin, darüber meine Verwunderung auszudrücken, daß in dieser Beziehung bei vielen Mitgliedern dieser hohen Versammlung eine solche Engherzigkeit herrscht. Denke man nur an die Tage, wo der Bürgerkrieg in Basel auöbrach. Dort sind sogar Mitglieder des Gr. Rathes von Basel weggegangen, und haben sich der Empörung auf der Landschaft angeschlossen, und was hat der Gr. Rath von Aargau gethan? Er hat diese Insurgenten als grundbrave Menschen erklärt. Wie nennt man nun diejenigen aargauischen Bürger, unter welchen viele im Strome nur mitgerissen worden sind, wie werden sie geheißen? Man nennt sie Ruhestörer, Hockwcrräther rc., und derSr. Berichterstatter Tanner hatte die Güte dieselben kurz- weg Schurken zu heißen. Also dazumal, als es sich um Amnestie der Insurgenten im Kanton Basel handelte, hat der hierseitige Gr. Rath beschlossen, durch seine Gesandtschaft bei der Tagsatzung dahin wirken zu lassen, daß den- selben unbedingte Amnestie ertheilt werde. Wir haben nun im Aargau auch einen Aufruhr gehabt und zwar Anno 1830 , und ich muß mich wundern, daß ein damaliges Mitglied des Gr. Rathes für Amnestie der BaSler Insurgenten sprechen konnte, heute aargauische Bürger nicht amnestiren will, und selbst schon Amnestie hätte ansprechen können, wenn die damaligen Insurgenten nicht den Sieg davon getragen hätten. Dieses Mitglied, wenn es anwesend wäre, würde mir viel. leicht sagen, es habe keine nöthig gehabt; das kann sein, aber es würde ihm noch viel lieber gewesen sein, dieselbe, wenn es sie nöthig gehabt hätte, zu erhalten. — Die Amnestie ist nöthig, um Versöhnung und Friede herbeizuführen; im Uebrigen will ich von der eigentlichen Klofterfrage nicht 503 mehr weiter abschweifen, nur bedauere ich, daß der Hr. Regierungsrath Dorer mit seinen Anträgen nicht früher ge« kommen ist. Wären zum Beispiel die Badener-Konferenzartikel im vorigen Jahre abgeschafft, und der Geistlichkeit der ihr gebührende Einfluß in Bezug auf das Erziehungs- Wesen wieder eingeräumt, wir hätten diese Jrrsaale über unsern Kanton nicht erfahren; die bekannte Verfaffungs- verwerfung hätte nicht statt gefunden, und wir hätten damals eine Verfassung erhalten, welche beide KonfessionStheile auf gleichen Fuß gestellt, und die Gemüther also versöhnt hätte. — Mit dem von mir beantragten Zusatz stimme ich znm Antrag des Herrn Fürsprech Baldinger. Herr Plazid Weissenbach. ES sei mir vergönnt in dieser Angelegenheit auch ein offenes Wort zu sprechen. Ich werde mich hüten über die Grenzen der Berathung abzuschweifen und Fragen zu erörtern, welche nur geeignet sind zu verletzen oder aufzureizen. Zuerst eine formelle Bemerkung. Sie haben gestern zuerst beschlossen in eine artikelweise Berathung einzutreten, im Verlaufe der Diskussion aber sind Sie von dieser Schlußnahme abgegan- gen, und Sie haben sich über alle Anträge verbreitet, nicht nur über den ersten Artikel der Commission, sondern auch über die Anträge der Regierung und andere. Dieses un- reglementarische Benehmen läßt sich aus der Natur der Sache erklären, es läßt sich erklären, daß man Verstandes- und Gemüthsbewegungen anbahnen wollte, und daß man zu diesem Behufe alle kamonalen und schweizerischen Angelegenheiten in diese Berathung hineinzog und so das ganze Gebäude von allen möglichen Seiten beleuchtete. Ich finde mich entschuldigt durch diese Vorgänge, wenn auch ich die gleiche Bahn betrete, und eS wird dann bei der Abstimmung sich zeigen, wie man etwa aus dem Wirrwarr der verschiedenen Anträge herauskommt. Ich hätte mir gerne die Hervorhebung des kleinräthlichen Antrages erspart, wenn ich nicht durch eine» Vertrag mich dazu aufgefordert fühlte. Ich gehe zuerst über auf die Beleuchtung der rechtlichen Seite des Älosterauf- hebungsdekreteS. Hier hat die Wissenschaft entschieden, daß Klöster allerdings aufgehoben werden können, und nicht nur die Wissenschaft hat das entschieden, sondern diese Wahrheit ist auch durch die Praxis belegt und als richtig konstarirt, und man kann auf zahlreiche Beispiele in Oestreich, Frankreich, Spanien und Portugal hinweisen. Die Wissenschaft spricht, daß der Sraat daS Aufsichtsrecht über klösterliche Korporalionen habe und auch das Recht der Aufhebung, wenn solche Korporationen der Kulturentwicklung des Staates zu- 503 wider sind oder sonst dem Staatszwecke hinderlich oder ge^ jährlich sind. Wenn sodann Klöster obendrein noch aufrüh. rerisch sind/ so können dieselben mit noch viel mehr Recht aufgehoben werden. Wenden wir diese wissenschaftlichen und mit Beispielen belegten Entscheidungen aus die aargauischen Klöster an, so wissen Sie, und Sie werden nicht lange an. stehen zu erklären, daß dieselben sich der Aufhebung schuldig gemacht haben. Daß alle Klöster ftaatSgefährlich und unserer Kulturentwicklung schädlich geworden sind, das ist schon ge. nug gezeigt worden, und wer das jetzt noch nicht einsieht, der sieht, wie man sagt, vor lauter Bäumen den Wald nicht. ES ist Thatsache, daß die Mehrzahl der Klöster an dem jüngst- hin stattgehabten Aufruhr Antheil gehabt hat. Es ist merk. würdig, daß man jetzt noch Beweise fordert, während dem Niemand hervortritt und die Unschuld der Klöster behaupten darf. Es ist also eine ausgemachte Thatsache, daß die Klöster der Unterstützung des Aufruhrs schuldig sind. Ich erlaube mir nun noch eine Bemerkung des HHrn. Küng zu berichtigen, der meint, unsere neue Staatsverfassung garantier im §. 23 die Klöster, weil dieselbe festsetze, daß ein Dekret be. stimmen soll, was die Klöster jährlich an die Ausgaben des Staates sür das Schul- und Kirchenwesen beizutragen haben. Hier ist aber keine Garantie ausgesprochen, sondern es ist nur gesagt, wenn die Klöster existiren, so müssen sie Steuern geben. Ich gehe über auf den bundesstaatsrcchtlichen Gesichtspunkt. Man hat gesagt, vor Zeiten seien die Klöster gar friedlich mit dem Staate Hand in Hand gegangen. Allerdings war das zum Theil der Fall. Als die Wogen der französischen Revolution sich allmählig zu legen anfingen, da waren auch die Klöster recht froh, wieder einmal ruhig zu sein, sie getrauten sich nicht, eine Opposition gegen die freisinnigen Regierungen zur Zeit der Mediation zu bilden. Wie aber die reaktionären Tendenzen im Jahre 1814 sich geltend zu machen suchten, so glaubten die Klöster, sie müßten wenigstens einen Artikel im BundeSvertrage für sich haben, und dieser sei mehr, und sichere sie besser gegen die einzelnen Kantone, als ihre Ruhe, welche sie beobachten sollten. So gelang es den Klöstern mit ihren Freunden den Art. 12 dcS Bundes- vertrageS hervorzurufen. Wie man von Zeitgenossen hört und aus Schriften entnimmt, so war damals die Mehrheit, welche dem Art. 12 sein Dasein gab, so verschiedener An- sicht darüber wie unsere Tagherren am 2. April 1841, denn die einten legten diesen und die andern wieder einen andern Sinn hinein. Offenbar aber ist dieser Art. 12 immer im Widerspruch mit dem §. 1 deS Bundesvertrages. Nun ist 504 aber dieser Bundesvertrag mit seinem Art. is einmal da/ aber auf der andern Seite ist daS Recht vorhanden/ die Klöster aufzuheben/ wenn sie dem Sraatszweck hinderlich sind/ und sie wurden sowohl aus diesem Grunde als wegen ihrer Theilnahme am Aufruhr aufgehoben. Der Bund hat darauf hin eine Schlußnahme gefaßt/ und diese Schlußnahme steht formell rechtlich da. Wir müssen Beschlüsse der Tag. fatzung, seien sie wie sie wollen, achten/ und es frägt sich/ ist der fragliche Tagsatzungsbcschluß dem Sinne und Geiste des Bundes zuwider/ oder ist er den SouveränitätSrechten des KaneonS entgegen? Hier muß ich allerdings diese Anstiche unterstützen und die Frage bejahen, aber es steht ein Bundesbeschlüß unS entgegen. Der Aargau hat allerdings die Ueberzeugung gewonnen, daß eine Aussöhnung mit den Klöstern nicht zu erzielen ist, so lange wenigstens der Aargau sich in freisinniger Richtung fortbewegen will. Unsere Mitstände hätten daS wissen sollen, und wenn auch die Denkschrift und andere Zuschriften das nicht gesagt haben, so hätten sie das von sich aus wissen, und aus der allgemeinen Lage der Dinge entnehmen können. HHerren, in dieser Beziehung glaube ich, es stünde dem Aargau gut an, und es wäre seine Pflicht zu erklären: materiell glaube ich den Bund nicht verletzt zu haben, aber dessen ungeachtet will ich dem Bunde nicht geradezu widerstreben, sondern denselben ersuchen, die Angelegenheit noch einmal zur Hand zu nehmen und näher zn prüfen, denn ich hoffe, die hohen Mitstände werden durch die erhaltenen Aufschlüsse sich bewogen finden, der gefaßten Schlußnahme keine weitere Vollziehung zu geben. — Ich erlaube mir dann auch ein Wort als Katholik über die Sache zu sprechen. Ich verbreite mich nicht über das, was die Geistlichkeit überhaupt schon mit den Klöstern zu kämpfen hatte, und ich berühre die Klagen nicht, welche in frühern Zeiten die Bischöfe über das Ueberhand- nehmen der Klöster vernehmen ließen. In der ersten und schönsten Zeit des Katholizismus waren keine Klöster da, aber später find fie entstanden und haben sich vermehrt trotz dem, daß die Geistlichkeit ihnen widerstrebte. Die Klöster haben dann in unserm Staatsleben viele Verwickelungen hervorgebracht, und in der Schweizergeschichte sehen Sie Aebte und Erzbischöfe im Panzer streiten. Ich kenne das auch, was unsere Klöster gethan haben, und ich weiß, was für Verdienste namentlich das Kloster Murt, bezüglich auf unser Land und dessen Leute hat. In Bezug auf dieses Kloster ist keineswegs so viel RuhmwürdigeS zu sagen, und haben denn unsere Klöster überhaupt noch ihren frühern 505 -- Zweck im Auge gehabt? Nein! wird man überall sage» müssen. Ich will nicht über die Gründung des Klosters Mirri eintrete»/ nicht erwähnen/ wie die Thränen der Jda von Lothringen zu harten Thalern geworden sind/ ich will nicht erinnern / an die unter dem Volke genugsam bekannten Sagen vom Srifelirüter / die nicht etwa ein Radikaler ersonnen hat/ und welche beweisen/ daß das Volk selbst über LaS Kloster Muri schon viel strenger gerichtet hat/ als der Gr. Rath. Was die Sympathie eines Theils unseres Volkes für die Klöster betrisst/ so läßt sich das Vorhandensein derselben nicht absprechen. Diese Sympathien mögen vielleicht von ökonomischen Vortheilen hie und da herrühren; ich will aber nicht davon sprechen / sondern ich will annehmen und gerne glauben/ diese Sympathien gründen sich nur auf religiöse Gesinnungen. Wenn die Glocken von Muri ertönten durch alle Thäler bis an die Alpe»/ so war es etwas Ergreifendes für das Herz/ und wenn das Volk die Gebete in der Kirche und den schönen Gottesdienst hörte/ so war eS für dasselbe allerdings etwas Erhebendes; aber ich frage: sind die Kirche und die Glocken nicht mehr da? Wenn auch die Mönche nicht mehr da sind/ so werden gewöhnliche Pfarrer die gleichen Segnungen spenden wie die Mönche, oder noch besser/ denn zuerst harren die Mönche gar keine Eigenschaften als Priester/ sondern sie waren nur/ was gegenwärtig etwa die ki-mi-es oder Laienbrüder. Die ersten Mönche bebauten gemeinsam das Feld/ bestellten einen ge- meinsamen Haushalt / und sie waren anfänglich gar keine Priester. Nur mit großem Widerstreben haben die Mönche endlich auch die -immarum oder Seelsorge erhalten, und so dürfen sie dieselbe auch wieder zurückgeben. Unsere gesammte Geistlichkeit weiß und fühlt eS, daß das so sein sollte, wenn sie eS auch nicht ausspricht. Dann haben sie das Klostervermögen auch seinem Zweck wieder zurückgegeben und sie verwenden es, wie es ursprünglich von den Stiftern und Begabcrn bestimmt war, und die religiösen Beziehungen, die von Anfang an gegolten haben, werden auch wieder stattfinden können. Unser Volk, wenn man es wieder zum Verstand und zur Besinnung kommen läßt, würde schon nach vier Jahren Jhne» bittere Vorwürfe machen, wenn Sie vom Klosteraufbebungs-Beschlusse abweichen würden. UebrigrnS ist die Sympathie für die Klöster gar nicht so allgemein und so groß. Im ganzen Frickthal hängt man keineswegs mehr an den Klöstern, und wenn man die dort aufgehobenen wieder einsetzen wollte, so würde man sich entschieden dagegen wehren. Im Bezirk Baden ist die Sym- Verhandl. des Er. Raths. 1841. 64 506 pathie für die Klöster auch nicht groß, und die Umgebung von Wertungen ist sattsam überzeugt, wie heilsam das Wirken des dortigen Klosters war. Auch im Frcienam ist diese Sympathie nicht überall groß. - Ich gehe nun über zu den gefallenen Anträgen, und hier möchte ich zuerst die Anficht LcS sL>rn. Baldinger inS Auge fassen. Der HHr schlägt unS einen i zu einem DekretSentwurfe vor, und dieser Artikel geht dahin, daß die Aushebung der Klöster im Grundsätze zurückgenommen werden soll. Waö soll daS heißen? Ich weiß eS nicht. Einige meinen, dieser Vorschlag sei das Gegenstück zum Antrage des HHnr. Dössekel, und andere meinen, er bezwecke blos eine Modifikation LcS KlofteraufhebungS- dckreteS. Ich weiß Las nicht und ich werde aus dem Antrage deS HHrn. Baldinger nicht klug, ob er alle Klöster oder nur die Frauenklöster wieder einsetzen wolle. Aus diesen Gründen könnte ich nie zu einem solchen Antrage stimmen, denn man sieht hier nur daö Häubchen, und sieht nicht, was für ei» Kind darunter ist. Was die übrigen Anträge betrifft, so glaubt man in und ausser diesem Saale, entweder daß die Klöster unbedingt weggcschaft werden müssen , oder daß man soll einige lausen lassen, oder daß man einige unter dem Vorbehalt der Reform wieder herstelle. Ich käun diese Ansichten nicht vereinigen, und beschränke mich noch daraus, den Antrag zu beleuchten, den Ihnen die hohe Regierung vorgelegt hat. Dieser Antrag erscheint mir in gewisser Beziehung als ungeeignet, und eS scheint mir, als wäre der Commissio- nalantrag gewissermaßen- vorzuziehen. Dieser sagt, eS sei dem Tagsatzungsbeschlusse die Einrede eines unklaren LibellS entgegen zu setzen, und im zweiten Artikel sagt die Commission, daß dre Tagsatzung nicht im Fall gewesen sei, reiflich geprüfte Instruktionen zu besitzen, da unsere Mitstände zur Zeit, da sie die Instruktionen ertheilte, unsere Zustände noch nicht genug gekannt haben, um ein gehöriges Urtheil zu sällen. Diese beiden Anträge erscheinen mir reifer und grundsätzlicher als der Antrag der Regierung. Dann aber stelle ich den dritten Antrag der Commission demjenigen der Regierung entgegen, und glaube, hier sei der Antrag der Regierung demjenigen der Commission vorzuziehen. Ich schließe mich aber in erster Linie dem Antrage der HHrn. Dössekel und Waller an, und erst in zweiter Linie könnte ich zu den beiden ersten Anträgen der Commission in Verbindung mir dem Antrage des Kl. Rathes stimmen. Ich finde in dem Antrage der HHrn. Dössekel und Waller keinen Widerstand gegen den Bund, sondern derselbe verlangt nur eine nochmalige Untersuchung, was eine Ehrensache für den Aargau 507 ist/ und dieser Antrag ist klug. Oder glauben Sie/ das sei' klug/ wenn ein Sraat auf den ersten Wink einer Bundes» behörde zusammensinkt? Versuchen Sie eS doch/ von der Tagsatzung auch noch zu vernehmen/ was sie denn mit ihrer räthselhaften Schlußnahme wolle. Wenn Sie zu früh nachgeben/ so entfernen Sie nur die Bevölkerung von sich/ welche bisher treu auf Seite der Regierung sich gestellt hat/ denn Sie müssen gar nicht etwa denken/ daß dem schlichten Verstände unserer Bürger die schlauen Wendungen der Diplo- marik sobald in den Kopf hineingehen. Ich halte es also nicht für klug/ daß wir sogleich nachgeben sollen. Durchblättern Sie die Geschichte der Eidgenossen/ und Sie finden/ wie Ihnen heute schon bemerkt wurde/ daß in früherer Zeit gar oft Sträuße und Späne geschlichtet werden mußten; ich mache Sie auch noch darauf aufmerksam/ wie in neuester Zeit diplomatische Sträuße und Späne entwickelt und entwirrt wurden/ und Sie werden nirgends finden/ daß eine Partei so ganz plötzlich ganze Wendung rechrsumkehrt gemacht und sich zurückgezogen habe- Immer machte man doch zuerst auch noch einige Manövers/ bevor man kapitulirte und die Waffen niederlegte. Eine völlige Flucht ist eS/ wenn man sogleich abgibt / und wer einmal geflohen ist/ der kann auf einer zweiten Linie schwerlich mehr stehen bleiben. Waü haben Sie bei dem FlüchtlingSkonklusum gemacht? Man hat Versammlungen gehabt/ wollte etwas nachgeben und hat geschrieen: „Bis hieher und nicht weiter!" Aber man hat nachher doch Alles und Alles gegeben. Aus diesen Gründen muß ich den Antrag des HHrn. Döffekel unterstützen/ und ich kann nur dann mich entschließen einen Rückweg einzuschlagen/ wenn ich einer großen Mehrheit mich anschließen kann/ und in dieser Beziehung scheint mir dann der Antrag deS Kl. Rathes geeignet zu sein. Dieser kommt mir noch etwa vor, wie der Mantel des egyptischen Josephs/ der zurückgelassen werden kann, ohne daß die Unschuld verloren geht. Freilich wird uns gesagt/ es handle sich nur um einige Fraucnklöster/ und die Mehrheit der Tagsatzung werde nicht mehr verlangen / allein ich sage / eS handle sich um einen Grundsatz/ und deswegen sollen wir vorsichtig sein. Glauben Sie nur ja nicht/ daß die Klöster so leicht vom Kampfplätze abtreten werden/ und lassen Sie sich eine Bresche in Ihr Land hin- cinschießen / so können Sie desto eher mit Erfolg angegriffen werden. Auch die Klostcrweiber können viel machenund nur ein einziges Weib kann viel ausrichten/ das haben wir ja im Aargau schon erfahren. Ich wünsche/ daß man die Ehre des Aargau'S nicht verletze/ und ich habe den Begriff von 308 Ehre/ -aß ich nicht weiche/ so lange nicht eine Nothwendig, keit dazu vorhanden ist. Ich lasse mich nicht niederschießen, so lange ich mich noch wehren kann. Der Staat hat zunächst die Pflicht für seinen Fortbestand zu sorgen/ und daher sollen wir gefaßte Schlußnahmen so lange beschützen und beschirme»/ bis uns das Gegentheil geboten wird. Einen andern Begriff von der Ehre des Staates kann ich nicht haben. Noch eine Bemerkung über die BundeSrcvolmion/ von der gesprochen wurde. In dieser Beziehung muß ich die Anstchc des HHrn. Waller in Schutz nehme«/ gegenüber einer in letzter Instanz gefallenen Bemerkung. Man hat dieser Ansicht vorgeworfen/ sie sei revolutionär gegen den Bund. Das ist nicht richtig/ denn nach dieser Ansicht will man nur an die Eidgenossenschaft appelliren. Die Gr. Räthe / die Abgeordneten des Volkes, die Regierung und die Standesboten hatten noch keine hinlänglichen Ausschlüsse über unsere An- gelegenheiten als die ausserordentliche Tagsatzung sich versammelte und die Boten auf dem Bundestage konnten nach dem Wortlaute ihrer Instruktion nicht wohl die uns bekannte Schlußnahme fassen. Eine Appellation von dieser außer, ordentlichen Tagsatzung an die Eidgenossenschaft und an den Bund ist daher vollkommen am Orte. Ich habe die zuversichtliche Hoffnung/ daß durch eine Schlußnahme nach der Ansicht des HHrn. Waller der Bund nicht verletzt sei/ und daß die Eidgenossenschaft eine solche Appellation uns nicht übel aufnehmen könne/ aber wenn Sie den dritten Antrag der Commission beschließen, so geben Sie ohne weiteres zu, Sie haben den Bund verletzt/ und Sie ergreifen die Flucht einer Tagsatzungsschlußnahme gegenüber, von der man eigentlich nicht einmal weiß, wo sie hinaus will. Ich habe meine Meinung hiemit offen und unumwunden ausgesprochen und schließe mich dem Antrage deö HHrn. Dössekel an. Hr. Präsident Hegnaurr. Ueber die Frage, ob die Klöster das Schicksal, welches sie getroffen, verschuldet haben oder nicht, will ich nicht eintreten. Nachdem die Tagsatzung in der Klosteraugelegenheit einmal diese Schlußnahme gefaßt hat, kann es sich hier nur fragen, wie man sich gegen eine solche Schlußnahme helfen könne, und so glaube ich, es könnte genügen, wenn der Gr. Rath an die Mitstände sich wenden und die Gründe ihnen mittheilen würde, welche uns zur Aufhebung der Klöster geleitet haben; denn als die Tagsatzung zusammen kam, wußten unsere Mitstände diese Gründe noch nicht. Nach meiner Ansicht dürfte aber vorerst das genügen, und es wäre zu hoffen, daß die Stände später anders in- struiren, und dem Tagsatzungskonklusum keine weitere Folge 509 geben würden. Daneben ist aber zweitens das Tagsatzungökon- klusum vorhanden/ und ich könnte eigentlich nicht begreifen/ wie die Tagsatzung etwas anderes beschließen könnte/ bevor diese Schlußnahme aufgehoben wäre. Nun handelt es sich also darum/ ob die bekannte Schlußnahme zurückzunehmen sei/ oder nicht. Glauben Sie/ die Stände werden dahin instruiren/ daß die Schlnßnahme zurückgenommen werden soll? Ich glaube das nicht. Deswegen bin ich von dem ersten Wege zurückgegangen / den ich zuerst im Auge gehabt habe/ und ich glaube/ der geeignete Weg sei der/ daß wir erkläre«/ wir wollen/ um Ruhe und Frieden zu erhalte«/ zwei/ aber nicht drei Frauenklöster wiedereinsetzen. Freilich aber muß auch ich finde»/ daß dadurch die Ehre des Gr. Rathes verletzt würde. Wenn ich daö betrachte und dabei den Antrag des Kl. Rathes näher ins Auge fasse/ so glaube ich/ dieser Antrag dürfte den Anforderungen der Tagsatzung einigermaßen genügen. Wird dieser Antrag beschlossen/ so haben wir der Schlußnahme der Tagsatzung Folge geleistet, und wirklich erscheint mir deshalb der Antrag des Kl. Rathes als der zweckmäßigste. Durch diesen geht die Ehre des Gr. Rathes nicht verlöre»/ und wenn die Stände noch mehr Aufschlüsse über unsere Angelegenheiten bekomme»/ so ist zu hoffe«/ daß die Tagsatzung sich mit dem Antrage des Kl. Rathes begnügen werde. Indessen ist dann auch nicht zu vergessen, daß wir unser Volk über unsern gefaßten Beschluß beruhigen sollen. Sie möchten beschließe» / was Sie wollen/ so könnten Sie nicht alle Theile deS Volkes zufrieden stellen/ und so suchen Sie wenigstens die Mehrzahl unserer Mitbür- ger zu beruhigen. Ich stelle also den Antrag, daß i) die Stände von unsern Verhältnissen zu den Klöstern und von den Gründen unserer Aufhebungs-Schlußnahme in Kenntniß gesetzt werden sollen, und daß 2) unser Volk durch eine Proklamation von unserer Schlußnahme in Kenntniß gesetzt werde. Hr. Dr. Thut. Verzeihen Sie, daß ich zum zweitenmal mich erhebe, ich werde mich aber kurz fassen, weil ich schon gestern weitläufig über die Sache gesprochen habe und nur noch einige Berichtigungen anbringen möchte. Es ist gestern von einem Redner, nachdem er den Beschluß der Tagsatzung vorgelesen hatte, gesagt worden, dieser Beschluß sei nicht deutlich. Ich stimme hier zum Theil mit dem betreffenden HHrn. überein, aber darin ist doch das Tag- satzungökonklusum deutlich, daß es wirklich sagt, der Beschluß des Gr. Rathes sei mit dem Bundesvertrage unvereinbar, weil er sämmtliche Klöster aufgehoben habe, und nicht 510 deswegen, weil er die Klöster aufgehoben habe. Wenn man nun diese Sämmtlichkeit weghebt, so hat derAargan gethan, was er nach den BundeSbeschlußaktcn zu thun hat, und man muß dann sagen, Aargatt habe dem Bünde Genüge geleistet, wenn nur nicht alle Klöster aufgehoben sind. Markten wir also nicht so lange über das Mehr oder Weniger. Uebrigens hat der betreffende HHr.. welcher dem Bundesbcschluffe Undeur- lichkeit vorgeworfen hat, später doch bemerkt, er sei deutlich, und ich hätte von einem sonst so gewandten Redner diesen Widerspruch nicht erwartet. Wenn die Tagsatzung wieder zusammen kommt, so ist zu erwarten, daß sie über unsere Verhältnisse näher unterrichtet sei, aber die letzte außerordent- liche Tagsatzung ist so schnell zusammengetrommelt worden, daß auch ich dazu stimmen könnte, den betreffenden Ständen deshalb unser Mißfallen zu bedeuten. ES ist dann bemerkt worden, daß das Volk keine Vorliebe zu den Klöstern habe. Ich glaube das auch, und wenn man auch so oft von den Fabriken spricht, und sagt, dieselben seien noch schädlicher als die Klöster gewesen, so möchte ich nur bemerken, daß man über die Fabriken und Klöster könne abstimmen lassen, und man bald sehen könnte, daß das Volk für die Fabriken sich erklären würde. Jeder einzelne Bürger hat Anspruch auf seine bürgerlichen Rechte, begeht er aber Handlungen, wodurch er sich der Ausübung seiner bürgerlichen Rechte unwürdig macht, so entzieht man ihm diese. Wenn man sagt, man habe Bürger des Frcienamts nächtlicher Weise gefangen genommen, so ist das keine so außerordentliche Sache, denn man muß die Leute so fangen, daß sie nicht entwischen können, und es ist bekannt, daß man die Eulen und Nachtvögel nur bei der Nacht fangen kann. Man sagt ferner auch, eS sei keine Untersuchung über die Klöster gepflogen worden, und man habe nur gesagt: „Fort mit ihnen", aber wer heute noch eine Untersuchung verlangt, würde sich von der Schädlichkeit der Klöster nie überzeugen lassen wollen. Jeder Unparteiisch-Denkende aus dem Volke und aus dem Er. Rathe muß sich seit wenigstens zehn Jahren überzeugt haben, daß die Klöster ein Unkraut sind im Garten des Aargaus. Im Jahre I 83 v ist der Aufruhr von der Nähe der Klöster ausgegangen, von dorther drohte er im Jahre 183 Z auszubrechcr-, und von wo aus ist das Bünzcr- Konnt« geschmiedet und wo ist der letzte Aufruhr und Brudermord angestiftet worden? Die Gefährlichkeit und Schädlichkeit unserer Klöster braucht man nicht erst noch mit Akten zu belegen, ein Jahrzehcnd hat sie bewiesen. Man will Ihnen anrathen vom Beschlusse zurückzugehen und dann noch 511 zu untersuchen, wer eigentlich gefehlt habe, aber wenn man auch die Sache au den Richter weiSt, und wenn man einen Begriff hat, was aus eineb solchen Untersuchung würde, wenn man weiß, welche Gewalt ein Priester hat, von dem daS Volk glaubt, daß er Sünden nachlassen könne, so wird man finden, daß es nicht leicht wäre, die Wahrheit herauszubringen, und mancher würde hartnäckig leugnen, in der Hoffnung, ein gnädiger Pater würde ihm später den Nachlaß der Sünden verheißen. Es ist über den Antrag des HHerrn Baldinger so vieles gesagt worden, daß es nicht nöthig ist, mehr dagegen zu bemerken, derselbe ist ein Orakel, das man so und so Leuten kann, ein Orakel, aber kein Delphisches, sondern ein Badensisches. — Je- mehr ich dann auch den Antrag der Majorität betrachte, desto weniger gefällt er mir. Rücksichten auf den Bund muß man haben, aber auch nur solche, die mit der Ehre des Aargaus vereinbar sind. Allerdings sind verschiedene Begriffe von Ehre vorhanden, aber ich glaube unsere Ehre bestehe darin, daß der Aargau den Gesichtspunkt nicht verliere, von dem er bei der Klosteraufhebung ausgegangen ist, und dieser Gesichtspunkt war der, daß der Aargau keine Klöster mehr haben will. Es ist dann auch von verschiedenen Seiten ge- sagt worden, daß daö Neformiren der Klöster zu Verwickelungen führen würde. Auch ich bin dessen überzeugt. Man will drei Konvente in das Kloster Fahr zusammen einsperren? Ich sehe nicht ein, wie das geschehen könnte. Wenn Kapuziner-, Benediktiner- und Bernhardiner-Nonnen zusammen kämen, so könnten sie wohl nicht mehr nach verschiedenen Orden leben, und der heilige Vater würde ihnen wahrscheinlich nicht gestatten, einen andern Orden anzunehmen. Wenn wir also dem Bunde gegenüber etwas thun wollen, so müssen wir diese Klöster lassen wie sie sind, denn neue Klöster können wir nicht machen. AuS diesen Gründen könnte ich zum Antrage der Mehrheit nie und nimmermehr stimmen. WaS den Minderhcitsantrag betrifft, so hat dieser sehr vieles für sich. Dieser rettet die Ehre des Aargaus am allermeisten, und ich könnte diesem huldigen, wenn ich nicht von der Ueberzeugung ausginge, daß dem Bunde gegenüber in irgend etwas entgegengekommen werden müsse. Ich frage nicht mit dem HHrn. Waller: hat die Tagsatzung das Recht ein Urtheil zu fällen? sondern ich gehe von dem Grundsätze aus, daß man dem Bundesvertrag, der ein Nationalgesctz ist, nicht entgegen sein, sondern ihn ehren müsse. Ich meinerseits kann den Inhalt des Bundesvertrages als unzweckmäßig erachten, aber mau muß doch diejenigen Rücksichten gegen ihn walten 512 lassen, als wäre er ein gutes BundeSgesetz. Ich kann einen Mann persönlich gar nicht achten, aber doch kann ich sein Amt ehren. Was sollen wir thun? Mein gestriger Antrag hat nicht großen Anklang gefunden, und um die Abstimmung nicht zu erschweren, oder zu verwirren, schließe ich mich dem Antrage des Äl. Rathes an, und wenn wir diesen beschließen, so kommen wir nicht wie mit dem Antrage der Commission aus einer Verwickelung in die andere. Man hat endlich auch noch von Amnestie gesprochen und die Revolutionärs des FreienamteS mit den Männern von Basellandschaft zusammengestellt, aber ich erlaube mir seiner Zeit die Unrichtigkeit dieser Vergleichung nachzuweisen, wenn wir einmal an der Berathung über solche Fragen sind. Ich stimme auch dazu, daß unsern Mitstände» durch eine Zuschrift gesagt werde, warum der Gr. Rath die Klöster aufgehoben habe, und daß wir durch eine Proklamation unserm Volke zur Kenntniß bringen, warum diese und keine andere Schlußnahme vom Gr. Rathe gefaßt worden ist. Hr. Gemeindschreiber Dorer. Die Klosterfrage nach ihrem gegenwärtigen Bestände bietet drei Momente für ihre richtige Auffassung und Beurtheilung dar. Wir haben den Beschluß der Tagsatzung, der den Beschluß des Gr. Rathes aufhebt; wir haben den Artikel 12 des Bundesvertrages, welcher die Klöster garantirt; wir haben das jüngste Tag- satzungökonklusum, welches die Schlußnahme des Gr. Rathes als im Widersprüche stehend mit dem Bunde erklärt, und diese Momente müssen wir näher betrachten. Nach dem, was bis dahin geschehen und beschlossen worden ist, kann es sich, wenn wir die Beschlüsse der Tagsatzung als verbindlich anerkennen und unö nicht revolutionär dem Bunde gegenüber stellen wollen, nur noch darum handeln, wie dieser Widerspruch zu heben sei, und dann muß ich offen und unverholen gestehen, daß der Zweck nicht anders erreicht werden kann, als daß der Gr. Rath seine früher gefaßten Schlußnahmen fallen und bezüglich der Klöster einfach das Recht und die Gerechtigkeit walten läßt. Unter dem Walten deö Rechts und der Gerechtigkeit möchte ich nicht etwa verstanden wissen, daß die Aufhebung der Klöster von einem richterlichen Beschlusse abhängig gemacht werden soll. Das ist garnicht nöthig, sondern ich möchte nur, daß einzelne Schlußuahmen, gegenüber denjenigen Klöstern, gefaßt werden sollen, welche sich verschuldet haben, und der Gr. Rath kann in Handhabung vorhandener Gesetze solche Schlußnahmen fassen. Dann würde also die Frage entstehen, ob die Klöster unter gegebenen Umständen aufzuheben seien oder nicht? Diese Frage 513 hat schön einmal den Gr. Rath beschäftigt/ und sie hat ihn zu dem Aufhebungsdekrete veranlaßt. Damals aber ist man bloß von dem kantonalen Standpunkte ausgegangen. Diese Frage beschäftigt immer.noch den Gr. Rath/ jetzt aber mir Beziehung auf den eidgenössischen Bundeövertrag und den Bundesbeschluß. Wer den Inhalt deö Artikels 12 im Bu». desvertrage irgend kennt und weiß/ wie dieser Artikel Bestandtheil der Bundesurkunde geworden ist/ dem kann nicht zweifelhaft sei»/ daß dem Kanton Aargau das Recht zusteht/ die Klöster im Grundsatz aufzuheben; eben deswegen/ weil der Bundesvertrag dieselben im Grundsätze gewährleistet hat. — Die Klöster sind im Grundsätze garantirt/ und wir müssen sie haben, so lange nicht die Bedingung ihrer Existenz weggefallen ist. Damit ist nicht gesagt, daß einzelne Klöster nicht aufgehoben seien, denn sie können nur im Grundsätze Nicht aufgehoben werden, aber immer können sie da aufgehoben werden, wo Gründe dazu vorhanden sind, und wo äuS physischen, ökonomischen oder moralischen Gründen ihre Existenz nicht mehr stattfinden kann. Auf diesen Standpunkt müssen wir der Tagsatzung gegenüber uns stellen, denn die Bundesurkunde erklärt, die Klöster seien garantirt, insoweit es von den Kantonsregierungen abhängt. Dieser Bundes- artikcl ist ein Punkt, von dem hier gesagt worden ist, er sei unter dem schmählichen Einfluß der fremden Mächte entstanden. Der Bund ist aber keineswegs so sehr unter fremdem Einflüsse entstanden, sondern nur unter dem Einflüsse, der von der Tagsatzung selbst anbegehrt wurde, nämlich durch die Commission, welche mit auswärtigen Gesandten unterhandelte und die Meinungen fremder Gesandter nicht als Diktate, sondern nur zur gutwilligen Beurtheilung hingenommen hat. Man ist aber darüber nicht weniger einig, daß die Eidgenossenschaft den fremden Mächten ihre Wiedergeburt und der Kanton A.argau seine Existenz verdankt. ES waren damals dreizehn Kantone, welche nicht gesinnt waren, mit den übrigen sechs neuen Kantonen zusammen zu treten und eine gemeinsame Eidgenossenschaft zu bilden, und ohne den Einfluß der fremden Mächte wäre dieser Bund nicht zu Stande gekommen. Seien wir also nicht undankbar gegen den Einfluß der fremden Mächte, sondern seien wir dankbar dafür, auf daß eö dem Kanton Aargau wohl ergehe und daß er lange lebe. Was das Tagsatzungsconclusum betrifft, so findet es die Aufhebungsschlußnahme des Gr. Rathes deswegen «n- vereinbar mit dem Art. 12 des Bundesvertrages, weil alle und nicht etwa nur einzelne Klöster aufgehoben worden sind. Dieser Grund ist nicht etwa bloß in der Betonung des Art. 1 Vcrhandl. des Gr. Mths. IdU. 65 - 514 des ConelusumS ;u finde»/ sondern im Sinne nnd Wortlame deS Art. 12 des Bundesvertrags. Das Conelusum erklärt die Großrathüschlußnahme als unvereinbar mit dem Art. 12 des Bundesvertrags/ weil die Klöfter als im Grundsätze aufgehoben erklärt werden. Das Conelusum überläßt es aber dem Gr. Rathe, mit genügenden Gründen darzurhun, welche Klöster ihr Dasein verlieren sollen. Warum die Tagsatzung nicht darüber eingetreten ist, welche Klöster schuldig oder nicht schuldig seien, das liegt im Berichte der Tagsatzungs- Commisston. Es mangelten der Tagsatzung die nöthigen Akten, um darauf gestützt die geeignete Schlußnahme fassen zu können. — Wir haben hier auch noch keine wettern Akten erhalten, als der Tagsatzung zugestellt worden, und wenn Sie vielleicht vom Memorial in dem Sinne sprechen wollten, daß diel es das Aktenstück sei, auf welches gestützt der Kloster- aufhebungsbcschluß zu rechtfertigen sei, so möchte ich bemerken, daß das nur ein Memorial ist und keine Aktensamm- lung, auf die eine Beurtheilung gegründet werden kann. Ich stimme zu dem Antrage des Hrn. Fürsprech Baldingcr, mit dem Zusätze des Hrn. Fahrländer. Wenn es auch unangenehm ist, in einer solchen Frage einen Beschluß zurück zu nehmen, so ist es doch nicht unehrenhaft, Geschehenes zurück zu nehmen; unangenehm kann cö wohl sein, aber un- ehrenhaft ist eS nicht. Ich schließe, indem ich sage: „Vor gethan und nach gedacht, hat manchen schon ins Leid gebracht." Hr. Schaufelbuel. Wir haben der Anträge so viele, daß es wohl Manchem schwer wird zu entscheiden, welchem er den Vorzug geben wolle, und deswegen möchte ich wünschen, daß Sie in dieser sehr wichtigen Sitzung am Ende doch den Antrag beschließen und diejenige Schlußnahme festsetzen, daß später keine andere mehr nöthig wird. Ich habe zu diesem Zwecke auch noch das Wort ergriffen. Als am 12. Jenner auf den Antrag des HHrn. Vizepräsidenten Keller die Schlußnahme gefaßt wurde, daß alle Klöster im Aargau im Grundsätze aufgehoben seien, da mag es dem HHrn. Antragsteller wie mir und vielleicht noch manchem Andern bei der Abstimmung ergangen sein, nämlich daß er hingerissen war von den Ereignissen jener Tage und hingerissen von der Idee, daß in dem Augenblicke eine wichtige Maßregel gefaßt werden müsse, um den Aargau zu retten. Ich stimmte dem Antrag des HHrn. Keller auch bei, und noch mancher Andere im gleichen Gefühle mit mir. Daß aber seither andere Gedanken sich wieder geltend gemacht haben, davon liegt der Beweis in der heutigen und gestrigen Diskussion, in den — 515 Antragen der Commission und in der Gesinnung jenes HHrn. Antragstellers selbst/ der auch seinen früher gestellten Antrag modifiziren möchte. ES folgte dem KlostrraufhcbungSbeschlusse vom is. Ienner noch eine andere Schlußnahme/ und nach dem 20. Ienner hatte sodann die Evakation der Klöster statt. Diese Schlußnahmen und Maßregeln machten im In- und Auslande großes Aufsehen, und Laß namentlich auch das Ausland diesen Ereignissen seine Aufmerksamkeit schenken werde, das war gewiß vorauszusehen, und es ist auch ganz natürlich, denn die Maßnahme war eine gewaltige, und ich möchte sagen, eine revolutionäre. Ich müßte es nnn sehr bedauern, wenn in unserm Volke Unzufriedenheit entstehen sollte, insofern man diese Sache noch einmal prüft. Das Volk ist anhänglich an alles, was besteht. Eine so durchgreifende Maßregel muß jedenfalls Aufsehen erregen, und so kann einem Theil des katholischen Volkes das gewiß nicht übel genommen werden, wenn es über die Klosteraufhebungsschlußnahme anders denkt, als wir und der größere Theil unseres Volkes. Die Einen finden, man habe ihnen Institute entrissen, an die sie seit Jahrhunderten gewöhnt waren, und die Andern sind der Meinung, daß man sich nicht erlauben dürfe, ihnen ein solches Institut zu entreißen, so so wenig, als man einem den Glauben seiner Vätcr rauben dürfe. DaS waren die Gefühle und Ansichten, welche sich bei unsern Mitbürgern geltend gemacht haben. Bald darauf kam die außerordentliche Tagsatzung zusammen, und wir hatten die Sache noch einmal berathen, als wir die In- struktion ertheilten, und heute berathen wir diese Angelegenheit zssin vierten Mal. Ich will Sie nicht lange im Ungewissen lassen, wie ich hier denke und stimmen werde, ich er- kläre, daß ich mich denjenigen anschließe, welche gehorsam sein wollen und welche sich an den Bund anschließen. Dem Bunde, diesem heiligen Palladium, muß die nöthige Achtung bezeugt werden. Es mögen Grundsätze vorgeschwebt sein, aus denen dieser KlosteraufhebungSbcschluß hervorgegangen ist, aber diese Systeme kümmern mich nicht mehr, und ich darf es vor meinem Gewissen verantworten, wenn ich davon abweiche; denn so lange ich den Namen eines Eidgenossen tragen will, so will ich auch am Bunde, so lange er besteht, festhalten. ES hat sich gezeigt, daß das Ausland nur ungerne in diese Angelegenheit sich einmischte, und es wird das auch nicht ferner thun, wenn der Bund unverletzt bleibt. Man erklärt zwar, daß neben dem Bunde uns noch andere Gefühle erfüllen sollen, und auch die Ehre des Kantons müsse gewahrt werden, ich frage aber: waö haben wir zn thun? wir haben 516 hier eine Pflicht gegen den Bund zn erfülle«/ und unsere Pflichterfüllung ist die Ehre/ die wir uns geben sollen. Die Eidgenossen sollen nicht mit diesem Ehrgeiz nur für ihren Kanton ssch ausgerüstet zeigen und wollen Sie/ während Sie im Innern des Kantons Gehorsam und Achtung vor dem Gesetz verlangen/ wollen Sie die ersten sein/ die gegen den Bund ungehorsam wären?! Der Gehorsam gegen den Bund , diese Ehre der Haltung des Bundes ist uns auch dem AuSlande gegenüber geboten. Wenn ich so unsere Pflicht nachgewiesen habe/ so frage ich dann/ was ist dem Bunde gegenüber zu thun? Bruderliebe rechnet nicht. ES ist schon oft in Ihrer hohen Mitte gesagt worden/ daß von der Tagsatzung erklärt worden sei/ unser Beschluß sei dem Bunde zuwider/ und wenn ein Artikel der Bundesurkunde so zerstört werden könne / so sei kein Grund mehr vorhanden / warum nicht auch andere Artikel umgestürzt werden könnten. Wenn Sie das woll- ten/ und in der Eidgenossenschaft eine solche Verwirrung herbeiführten/ dann härte wohl das AuSland Gründe/ sich in un- sere Angelegenheiten einzumischen; und ich frage: Wie ständen wir da? Man scheint vor solchen Ereignissen keine großen Bedenklichkeiten zu habe«/ und man sagt / von allen Seiten haben sich Sympathien für den Aargau ausgesprochen. Allerdings mögen diese Sympathien groß sei«/ aber dabei hoffe ich gleichwohl/ daß Jeder zur Fahne des Vaterlandes sich stellen würde/ die vom Bunde erhoben und vom Bunde aus vorgetragen würde. Wenn wir widerstreben würden / und die Sympathien für unö zum Ungehorsam gegen den Bund verleimen/ so müßte die Sünde auf uns zurückfallen. DaS Recht ist der oberste Zweck in allen Staate«/ und dieses Recht soll auch den Aargau in der vorschwebenden Angelegenheit leiten/ und daß das geschehen möge/ wünscht auch die Majorität der Commission. Die Commission hat wohl unterschieden und wohl erwogen; sie hat vorgeschlagen/ wie ich wünsche/ daß die Sache erlediget werde. Die Commission findet/ daß mehrere Klöster durchaus keiner Theilnahme an den Ereignissen im Jenner beschuldiget werden können / mehrere Klöster sind nicht der Theilnahme am Auf- rühr schuldig. Die Commission glaubt deshalb/ das Recht und die Gerechtigkeit gebieten unS/ daß diese Korporationen wieder hergestellt werben. Wir sind daS allerdings dem Recht/ wir sind es aber noch der Pflicht schuldig/ die wir gegenüber demBunde haben. Wenn wir also Rechtgegen unsere Bürger walten lasse«/ und dem Bunde gegenüber diese Pflicht erfüllen sollen/ sso dürfen wir nicht so lange Anstand nehme»/ eS zu thun. Wir haben Pflichten gegen unsere Bür- 317 - ger, und zwar auch gegen diejenigen von der Konfession, welchen zunächst jene Institute angehörten, und wir haben auch Pflichten gegen die andern Bürger, welchen jene Institute weniger bekannt oder durchaus fremd sind. Ich spreche hier als katholischer Repräsentant aus der Gegend, in der ich gewählt bin, und ich erachte eö auch als meine Pflicht, unter Umständen ein Wort für diejenigen zu sprechen, die wich dazu berufen haben. Ich werde aber dabei das Ge- sammtwohl des Vaterlandes nicht außer Acht lassen, denn ich kenne hier meine Pflicht. In dieser Beziehung ehre ich dann auch die Bestrebungen der Mitglieder der protestantischen Konfession, welche uns die Hand bieten wollen zur Versöhnung und Beruhigung einer sich gekränkt glaubenden Konfession. ES ist ein sehr zarter Punkt über kirchliche Verhältnisse zu sprechen, denn im Gemüthe des Volkes liegen Begriffe über Glauben und religiöse Gefühle, die man nicht so leicht ändern kann, und wenn man einen angewöhnten Glauben durch plötzliche und tief eingreifende Schluß- nahmen erschüttert, so kann es dem betreffenden Volk nur weh thun. Ich würde eS sogar bedauern, wenn das katholische Volk bei den letzten Ereignissen so ganz gleichgültg zugesehen hätte, wie man hie und da vielleicht gerne hätte sehen mögen. Das gereicht also dem katholischen Volke nur zur Ehre. Nicht Jedermann ist im Stande, auf den hohen Standpunkt sich zu schwingen, von wo aus er alles übersehen kann, und von wo aus er die klösterlichen Institute als nicht mehr nöthig erblickt. Eben das beweist mir, daß noch Anhänglichkeit sür die Klöster vorhanden ist, und diese Anhänglichkeit beweise mir auch, daß die klösterlichen Institute nicht so schädlich gewesen sind, daß sie ein Gift genannt zu werden verdienten, das man ohne anders beseitigen müsse. Ehre man das Gefühl, das der Katholik hinsichtlich seines Gottesdienstes hat. Daß auch der Protestant von gleichen Gefühlen wie der Katholik durchdrungen sein kann, und daß er an dem Glauben seiner Väter festhalten will, das haben Sie auch schon gesehen, und ich erinnere Sie an das Volk deS Kantons Zürich. Als eine neue Lehre in Zürich auf die Bahn gebracht werden wollte, da sammelte sich das Volk um seine Priester und stritt sür seinen Glauben und für seine Meinungen. Wenn nun zugegeben werden muß, daß in Berücksichtigung der Verhältnisse, wie sie bei den Katholiken sich zeigen, Schlußnahmen gefaßt werden könnten, sowohl zur Beruhigung des Landes- theils, der beunruhiget ist, als zur Beruhigung deS ganzen Kantons, so möchte ich fragen: warum wollen Sie nicht zu den Mitteln greisen, um diese Beruhigung herbeizuführen? 818 Man möchte mir vielleicht sagen, diese Ideen seien nicht freisinnig. Ich erkläre aber, wenn solche Ideen auch nicht freisinnig sind, so sind sie doch volkSthümlich. Ich bin nicht hier, um mit Ideen und Grundsätzen in marmorner Kälte dem Volke gegenüber zu behaupten: »Das ist dein Heil, hier muß es durchgehen, wenn du zu deinem Glücke und deiner Wohlfahrt gelangen sollst." Nein, in der Republik, wo man- von Denk- und Preßfrerheit so viel spricht, wo das Volk die Repräsentanten zu wählen glaubt, welche die Wohlfahrt deS. Volkes achten sollen, da müssen diese auch die Wünsche des Volkes nicht unberücksichtigt lassen. Was kümmert uns eine glückliche Zukunft, die vielleicht in so Jahren eintreten könnte, wenn die Bürger, die uns hieher geschickt haben, damit beunruhiget sind? Gin'» wir denn nicht auch da, um die Gegenwart zu beglücken? Dieses zu thun sei unser erstes Streben, sei unsere Freude und unser Ziel. Und eS ist ein Theil unseres Volkes beunruhiget, ich habe es vernommen von mit 1000 und 1000 Namen unterzeichneten Bittschriften. Ich habe es vernommen, daß die katholische Bevölkerung nicht mehr in kirchlicher Beziehung lebt, wie unter dem frühern System, und sollten wir nun immer im Namen des Volkes beschließen, was das Volk nicht will? Ich wünsche und ich werde dazu beitragen, daß auf allen Gesetzen, welche erlassen werden, wie in Basellandschaft voran gesagt werde: »Im Namen des souveränen Volkes," damit wir auch immer den Anlaß haben, zu begreifen, daß wir den Willen des Volkes ehren sollen. Die Commission sagt, es haben 3 Frauen- klöster der Theilnahme an den Unruhen in letzter Zeit sich nicht schuldig gemacht, und deßwegen trägt sie auf deren Wiedereinsetzung an- Ich unterstütze hier den Wunsch der Commission und zwar so, daß ich glaube, die Wiedereinsetzung soll ohne irgend einen Vorbehalt geschehen. Wenn diese Klöster wirklich als unschuldig anerkannt werden, so ist kein Grund vorhanden, eine Strafe über diese Unschuldigen ergehen zu lassen, und Sie dürfen keine Strafe aussprechen, wenn Sie Recht wollen wiederfahren lassen, wem Recht gebührt. Von den übrigen Klöstern, von denen vielleicht nicht nachgewiesen werden kann, daß sie am Aufruhr oder an der Aufreizung zu demselben Theil genommen haben, und von denen man nicht soviel nachweisen konnte, alS man vielleicht glaubte, von diesen will ich nicht sprechen, denn daS öffentliche Urtheil hat nun einmal dahin sich ausgesprochen, daß dieselben an den Unruhen Theil genommen haben, und deswegen finde ich mich vor der Hand nicht verpflichtet, im Interesse jener Korporationen einen Antrag zu stellen. Ich muß noch einen 519 andern Punkt berühren/ nämlich den vom HHr. Dorer gestellten Antrag/ daß die von der Commission zur Wiedereinsetzung vorgeschlagenen Klöster nicht unter dem Vorbehalt der Reform eingesetzt werden sollen. Auch ich erkläre/ daß ich einfach bei dem Grundsatz stehen bleibe/ daß wir ohne Vorbehalt eine Conzesston machen solle«/ und so genügt mir weder der Antrag des Kl. Rathes noch derjenige der Commission. Man hat gestern den Antrag des Kl. Rathes mißverstanden/ wenn man glaubte/ er wäre einmüthig ausge- sprechen / denn auch schon vom ersten Diener deS StaareS wurde gestern eine andere Ansicht geltend gemacht/ und so bin auch ich im Falle/ einer andern Meinung zu huldigen. Der Kl. Rath hat gefunden/ man müsse dem Recht halte«/ dem Recht gebühre / allein er ging noch einen Schritt weiter/ daß er keine Klöster mehr will/ daß die betreffenden Klöster sich anderwärts niederlassen können/ und daß man ihnen ihr Vermögen herausgebe. Diese letztere Ansicht des Kl. Rathes war nicht allgemein/ und ich kann dieselbe nicht theile»/ denn wenn die betreffenden Klöster unschuldig sind/ so haben Sie kein Recht dieselben zu strafen und fortzuschicken. Dann frage ich: können diese Klöster nach dem Antrage des Kl. Rathes wieder werde«/ was sie waren? Kennen Sie das Land/ wo sich diese Klöster wieder organisiren werden? — Ich weiß nicht ob das geschehen könnte. Es kann zwar Kantone gebe«/ die diese Klöster mit ihrem Vermögen aufnähmen/ und die sich lustig machen würde»/ wenn einige Rönnen mit 100 und 100/000 Franken kämen- um so mehr/ wenn auch dort einst die Ideen aufblühen könnten - daß man einst dieses Klostervermögen zu Handen des Staates nehmen könnte. Ich kann aber dazu nicht stimme»/ weil ich glaube/ wenn man strenge auf dem Boden des Rechts bleiben wolle/ so sollen wir auch Handel»/ daß man uns keinen Vorwurf machen kann. Wenn diese Klöster unschuldig sind und wir sie den- noch fortschicke«/ so muß der erste Vorwurf gegen uns der sein/ daß wir über unschuldige Klöster noch eine Strafe ausgesprochen haben. Ich hätte zwar gewünscht/ wir hätten/ bevor wir an diese Frage gekommen wäre«/ Schlußnahmen zur Pactfikation des Landes fassen könne»/ weil dann der Aargauische Gr. Rath mit größerer Mehrheit Beschlüsse hätte fassen und der Eidgenossenschaft gegenüber entschiedener sich hätte aussprechen können. Ich habe früher in dieser Be- ziehung Ihnen Wünsche ausgesprochen, wie der HHr. Dorer gethan hat. Ich komme auf die Bewaffnung zu sprechen. Wenn man einem Lande irgendwie Schmach anthun kann / so geschieht es gewiß durch die Entwaffnung. Die erste Zierde 520 des freien Mannes ist die Waffe, mit welcher er seine Ehre, Freiheit und Unabhängigkeit vertheidigt. Diese Waffe ist einem großen Theil unserer Mitbürger abgenommen. Ich will die Härte dieser Maaßregel, welche die Härte der Zeit geboten hat, nicht tadeln, ich glaube aber der Zeitpunkt wäre gekommen, um dem republikanischen Bürger die Zierde eines freien Mannes wieder zu geben. Wenn das AuSland eine Einmischung in unsere Angelegenheiten geltend machen wollte, müßten Sie unserm Bürger nicht die Waffen wieder geben, und glauben Sie, er würde sie nur schnell abnehmen, um sein Leben damit zu lassen, während dem Sie ihn Monate lang nicht für würdig gehalten haben, dieselbe ihm abzugeben? Ich wünsche, daß man diese Sache bald berathe und erledige. Mit vieler Beredsamkeit ist Ihnen gestern in einer heute gelobten Rede des HHrn. Landammann gesagt worden, daß der Zeitpunkt noch nicht da sei, wo wir unsern verirrten Mitbrüdern verzeihen können. Ich glaube aber, die Verzeihung könne nie zu früh kommen, oder daö fernere Verzögern derselben ist entweder eine Zurückhaltung oder Furcht oder Grobheit. Es ist Ihnen gezeigt worden, daß in Monarchien die gleiche Begnadigung auch der Fall ist. Der Monarch hat zwar mit Bajonneren umgeben nicht sobald sich zu fürchten, aber der Monarch hat dann auf der andern Seite nicht eine Masse von solchen um sich, die nur das gleiche wollen, was eine republikanische Regierung. Es ist dem Monarchen leichter hart zu sein, aber in der Republik ist es nicht so, weil hier das Volk der Urquell aller Macht und aller Kraft ist, und so auch nur im Zutrauen des Volkes die Kraft und Macht der Behörde liegt; wo dieses Zutrauen nicht genossen wird, so gebe ich für die Kraft einer Regierung nicht viel. Man hat auf die Urtheile hingewiesen, welche einige von unsern Mitbürgern trafen, die sich von ihren CorpS einige Zeit lang entfernt haben. Ich bin der erste, der Begnadigung für sie ausspricht, wenn daS Gesetz zu streng ist. 'Wo wir überzeugt sind, daß das Gesetz zu hart ist, da komme der Gr. Rath heran uud helfe mit seiner Macht. Ich sehne mich nach dem Augenblick, wo diese Bittschriften vorgelegt werden, und ich freue mich, für die unbedingte Begnadigung dieser unserer Mitbürger stimmen zu können. Ich habe noch einen einzelnen Punkt zu berühren, nämlich den , welcher von einem der gewandtesten jünger« Redner berührt worden ist, und der den Landestheil betrifft , dem auch ich, das Glück oder Unglück (ich weiß es nicht), anzugehören die Ehre habe, nämlich die Bemerkung, daß von diesem Landestheile zum drittenmal der Aufruhr her- 521 gekommen sei. Wenn auch zweimal von dorther trübe Gewitterwolken sich gezeigt haben, so muß ich doch der Wahrheit gemäß bemerken, daß die erste Gewitterwolke nicht von dorther gekommen ist. Lenzburg hat die Ehre die Wiege unserer neuen Freiheit vom Jahr 1830 zu sein. Dort haben sich auf einem neuen Griitli Männer versammelt, welche die allen Bande abschütteln wollten. Ich schätze jene Männer glücklich, aber ich gehörte ihnen nicht an. Von dort wurde bald der Gedanke an eine neue Ordnung der Dinge auf den andern Landestheil verpflanzt, und das Volk wurde davon ergriffen, eö wurde die Versammlung von Wohlenschwyl abgehalten und es waren nicht nur Katholiken dabei, sondern auch Protestanten. Als es endlich am 6. Dezember zu That- lichkeiten kam, da marschirte ein Theil der Neformirten mit den Katholiken, und der andere Theil der Reformiten blieb für die Regierung nicht stehen. Diese kleine Belehrung für einen der HHerren, welcher mit unsern Verhältnissen noch nicht so ganz vertraut sein mag. Ich schließe mit dem Antrage, daß die Klöster Fahr, Maria-Krönung und Gnaden- thal wieder eingesetzt werden sollen. Hr. Direktor Keller. Nach einer so langen und ernsthaften Berathung werde ich der möglichsten Kürze mich befleißen und Ihnen über die gemachten Vorschläge und über einzelne Aeußerungen für und gegen dieselben meine Bemerkungen vortragen. Ich werde nach gewohnter Weise mich derjenigen Offenheit bedienen, welche in einer so wichtigen Angelegenheit durchaus nothwendig ist. Wenn ich die Gefühle und Meinungen desjenigen Kreises, wenigstens der Mehrheit desselben, aussprechen sollte, welcher mich hieber geschickt hat, so könnte ich mich ganz kurz fassen, denn ich könnte anfangen und enden mit der Unterstützung des Mino- ritätsanlrages. Indessen muß ich gestehen, daß im gegenwärtigen Augenblicke mein Gewissen und meine Ansichten mit dem Gefühle meiner Kommittenten nicht ganz übereinstimmen. Nun aber habe ich vor dem aargauischen Volke den Eid ge- schworen, nach dem besten Wissen und Gewissen, nicht meiner Kommittenten sondern meiner Person, zu sprechen und zu stimmen, und so werde ich auch heute Ihnen meine Meinung eröffnen in dieser hochwichtigen Lebensfrage für den Kanton. Dann scheue ich auch die Verketzerungen nicht, welche von einer andern Seite schon so viel über mich ergangen, ich bin dieser Angriffe schon zu wohl gewohnt, und ich habe schon so viele solche Erfahrungen gemacht, daß ich, wenn ich von der ganzen Welt verlassen dastünde, und wenn kein menschlicher Verstand mehr meine Ansicht unterstützte, ruhig Verhandl. des Gr. Raths. 18-N. 66 522 und unverzagt sein würde, so lange mein Gewissen zu mir spricht: du haft recht gehandelt. Im weitem muß ich das Bekenntniß voranschicken, daß mir keine Vorwürfe gemacht werden können, wenn ich meine Meinung in etwas geändert habe, weil ich über jede Meinung, die ich früher abgegeben, vollkommen beruhiget bin, und weil mein Gewissen über die Klofteraufhebung noch immer rein und ruhig ift. Ich habe noch immer Die heilige Ueberzeugung, daß damals jener Be- schluß gefaßt werden mußte, und er ift von dem damaligen Antragsteller in einem Sinne gestellt worden, daß ich unter den damaligen Voraussetzungen und bei damaligen Verhältnissen mit meinem heutigen Antrage in keinen Widerspruch komme. Ich muß mich heute für eine Modifikation des damals gefaßten Beschlusses aussprechen, und zwar auch wie- der aus dem Grunde, weil ich ein Gegner der Klöster bin. Ich will das Leichentuch nicht über den damals gefaßten Beschluß ziehen. Nein, das Leichentuch möchte ich ziehen und befestiget wissen über einem Todten, der bereits wieder anfängt steh zu regen, und der, wie es scheint, nur ein Scheintodrer ist. Ich wünsche eine Modifikation für die unschuldigen Frauenklöfier, damit die schuldigen Klöster nicht weiter Umtriebe machen können, und damit nicht von neuem die Flammen des Aufruhrs auflodern. Es ist zwar den polizeilichen Maaßregeln entgegen, Scheintodte zu begraben, aber hier ist eS höchste Wicht des Staates, diesen Schein- todten zu begraben, und ihn mit dem höchsten Staatsfiegel zuzusiegeln. Wir dürfen und können das, und dieses Siegel ist die Eintracht. Thun wir daS nicht, und fiegeln wir nicht wohl zu, so steht der Todtgeglaubte wieder auf. Wenn ich behaupte, daß ich die Klöster höher stelle und lieber habe als die Fabriken, so bin ich gegenüber dem Industrie tret- benden Publikum im Lande eine nähere Erörterung meiner Behauptung schuldig. Ich achte und ehre aus Grund meines Herzens alle Institute im Lande, welche die öffentliche Wohlfahrt und die ökonomische Kraft unseres Volkes befördern, aber ich verabscheue, und in offenem Kampfe verfolge ich jede Anstalt, welche das physische und moralische oder irgend ein wesentliches Interesse untergraben kann, und wirklich untergraben will. Fabriken, welche das Familienglück zer- stören und die heiligsten Bande der Menschen auflösen, deren haben wir einige im Lande. Ich bin ein Feind der- jenigen Fabriken, welche das Volk ökonomisch helotifiren und zu Sklaven machen, das Volk an die Millionen eines ein- zelnen Mannes knüpfen, und die schöne Zukunft des Vaterlandes schon i^cher Jugend zernichten. Aber diese Fabriken 523 sind doch nicht so zahlreich. Die meisten Fabrikbesitzer (zu ihrer Ehre sei es gesagt) sind keineswegs von gefährlicher Gesinnung gegen die Interessen unseres Volkes, sondern sie sind auch Beförderer von vielem Guten. Die Fabriken ersterer Art setze ich den Klöstern nach, hingegen diese Fabriken setze ich ungefähr auf gleiche Linie wie die Klöster. Diese Er- klärung, damit nicht etwa meine Worte mir verdreht werden, sondern damit Jedermann wisse, wie er auch hier mit mir daran ist. Wenn ich die gestrige und die heutige Berathung überschaue, so beschleicht mich das gleiche Gefühl, welches ich Wochen lang in einer andern Stellung mit mir herumtrug. Auf der Tagsatzung zu Bern hat man uns von allen Seiten gesagt: „etwas muß in euerer Sache geschehen, so oder an- „dcrs, wenn ihr es jetzt nicht thut, so müßt ihr eö später „thun," und so lautet es heute und gestern auch in Ihrer hohen Mitte. Etwas muß geschehen, denn kein einziges Mitglied und kein einziger Antragsteller hat sich dahin vernehmen lassen, daß wir nie und zu keiner Zeit in etwas nachgeben wollen, sondern auch diejenigen, welche jetzt nichts nachgeben wollen, diese wollen sich nur noch mehr zwingen lassen. Etwas muß also geschehen, aber über dieses Etwas ist man hier so wenig, als auf dem Tage zu Bern einverstanden, über dieses Etwas waltet hier die Berathung, und um dieses Etwas herauszufinden, glaube ich, sei eS nicht nöthig, daß bei dem gegenwärtigen Anlaß so aufdie Verdienste oder Nichtverdienste, auf die Vortheile oder Nachtheile der Klöster weiter eingetreten werde. Wenn ein hochgeachtetes Mitglied die Leistungen der Klöster mit der Auktorität eines großen deutschen Geschichtschreibers erhärten will, so hätte es die Aeußerungen eben desselben Geschichtschreibers im Weiter» nachlesen, und die Meinung RotteckS über das Wesen der Klöster zur Zeit der Reformation nachlesen sollen, und es hätte sich auch vom Gegentheil überzeugen können. In der aargauischen Denkschrift ist keine Ver. leumdung gegen unsere Klöster ausgesprochen worden, wenigstens ich erinnere mich an keine Verleumdung darin, sondern das unbezweifelte Verdienst, das sie haben, wird anerkannt. Aber eine andere Frage ist es denn doch, wenn man das Urtheil eines Roneck in dieser Sache zitirt, um aargauischen Klöstern eine Lobrede zu halten. Ich möchte fragen, ob denn Rotteck nur die aargauischen Klöster im Auge gehabt habe, wenn er von Klöstern, bezüglich auf die Kultur, mit Lob spricht? Ich glaube das nicht. AlS Muri in jener glücklichen und fruchtbaren Gegend gegründet wurde, so war dort, wie die Urkunden uns sagen, ein reicher Flecken. Dieser 524 reiche Flecken ist vom Kloster verschlungen worden/ und in dieser fruchtbaren und herrlichen Gegend ist kein reicher Flecken mehr. Meningen wurde in einer Lage gegründet/ wo schon lange ein hoher Grad Der Kultur vorhanden war/ Heinrich von Rapperschwvl sah sich nach einem schönen Orte um/ und ihm gefiel Wettingen und das reiche Dorf mit der reichen Pfarre/ wie die Urkunden sagen. Doch hier wurde die reiche Pfarre von dem Kloster verschlungen und die GcmeindcWettingen wird Ihnen dieses bestätigen. Diese Lobrede/ welche Rottek den Klöstern hält/ gilt nicht unsern aargauischen Klöstern/ und dessen seien Sie nur vollkommen versichert; denn er lobt nur solche Klöster/ welche unbepflanzte Gegenden urbar gemacht und gearbeitet haben. Wenn dann wegen der Kloster, gufhebung und der Vollziehung dieses Beschlusses vor dem aargauischen Volke und Angesichts des Schweizerlandes dem Gr. Rathe Kirchenraub vorgeworfen werden will. so darf dieser Vorwurs nicht Übergängen werde»/ weil er sonst nur zu leicht Wiederhat! und Anklang bei denjenigen Kantonen finden könnte/ welche dem Aargau feindlich sind. Worin besteht dieser Kirchenraub? Darin/ daß der Kl. Rath/ alS gewisse Gelüste und Begehrlichkeiten in einzelnen Erschein»»- gen sich zeigten/ um diesen Händen in der Umgegend von Muri und Wettingen zuvorzukommen/ die Kostbarkeiten der Kirchenfabrtkcn hier in Aarau versorgte. Die Regierung hat diese Kostbarkeiten nicht zu Handen des Staates weggenommen/ denn ich weiß/ daß man sich in Regierungsbehörden bereits darüber besprochen hat/ wie man diese Kostbarkeiten den von den Klöstern zu dotirenden Pfarreien aushändigen wolle und solle. Die Regierung hat also hier eine Fürsorge getroffen/ welche um so nothwendiger war/ weil seit dem Jahre 1830 im Kloster Muri die kostbarste Monstranz weggekommen ist. Als der Klostcrvorftand über das Fehlen dieser Monstranz befragt wurde/ so sagte er/ daß er nicht wisse/ wohin sie gekommen sei. Diese Monstranz wird geschätzt zu schooo Gulden/ sie war im Jahr 1830 noch da/ im Jahr 1834 wurde sie zuerst vermißt/ und man hat doch damals nicht von Kirchenraub gesprochen/ und die damalige Polizeibehörde von Muri hätte auch nicht einen einzigen Schritt gethan/ um solchen Kirchenraub zu verhindern. Wenn der Abt von Muri solche kostbaren Güter einer Kirche wegkommen ließ/ so kann man sich ungefähr denken/ wie andere Güter noch viel leichter weggewischt worden wären/ wenn der Staat nicht noch zur Zeit Fürsorge getroffen hätte. — Gehe ich nun näher auf die Frage ein uud auf die Beziehungen/ welche sich bei derselben herausstellen/ so sehe ich «llvorderst auf 526 das Land oder das Volk in demselben, und da sehe ich zwei Parteien, welche sich an die Klosterfrage anklammern. Eine Partei sind diejenigen, welche den Kanton trennen wollen (man muß e§ gleich heraussagen, denn es ist so wahr, als eS katholische und reformirte Bürger im Aargau gibt, und diese Partei, welche den Kanton trennen will, spricht offen von einem Kanton Baden). ES gibt aber auch eine Partei, die den Kanton Aargau erhalten will, und ich gehöre dieser letztem an. Bezüglich auf die Klofterfrage habe ich drei Parteien im Lande wahrgenommen. Eine Partei will unbc. dingte Wiederherstellung der Klöster. Diese Partei ist nicht groß, jedenfalls nicht so groß, wie sie thut. Eine andere Partei will gar nichts nachgeben, sondern den Klosterauf. Hebungsbeschluß unbedingt festhalten. Diese Partei ist jeden, falls größer als die erstere. Endlich gibt es noch eine Partei, der man nicht sagt, was sie thun soll, wenn sie in den Gr. Rath geht, und diese möchte das Nöthige thun, damit es Frieden gibt. Mancher von der zweiten Partei gehöre eigentlich auch dieser letztem an, aber er sagt es jetzt noch nicht. Ich gehöre zur dritten Partei, und ich frage: Wie kann man eS machen, daß es Frieden gibt? Spreche man von Altaargauern, Frickthalern, Freienämtern und Graf. schaft-Badern, das ist mir gleichgültig, denn alle wollen den Frieden, nur sind die Wege verschieden, die man ein. schlagen will, um zum Frieden zu gelangen. — Die Einen wollen, wie eS scheint, allzurasch zum Frieden hindrängen, allein es ist natürlich, daß man der Sache noch nicht ganz traut. Wer allein ist, und ein gutes Gewissen hat, der hat den Frieden; aber wenn man nicht allein ist, und noch immer Drohungen gemacht werden, so kann man nicht ganz sorglos sein. Die Andern, die noch nichts nach. geben wollen, trachten auch nach dem Frieden, aber mit ihrem Antrag machen sie uns einen neuen Zaun um das HauS, und der häusliche Unfriede dauert doch noch fort. Wir wollen und wir können uns so einrichten, daß wir den Frieden auch im Hause behalten können, aber daS kann nur geschehen, durch gegenseitiges Einvcrstänbniß und durch brüderliches Entgegenkommen. Extreme Forderungen wer. den uns den Frieden nicht bringen, und durch extreme Forderungen und Meinungen will auch unser Volk den Frie- den im Hause nicht erzwecken. Das ist nicht der Wille, nicht der Glaube und auch nicht das Bewußtsein unseres Volkes. Das Volk hat einen zu billigen Sinn, als daß es dies nicht einsehen sollte. Man hat über die Ursachen der Entzweiung unseres Volkes viel nachgespürt, und ich glaube 526 auch, es seien mehrere Ursachen richtig bezeichnet worden. Halten wir uns in Zukunft ferne von religiös-kirchlichen An. gelegenheiten, und sorgen wir in der zukünftigen Organisation des Kl. Rathes und in den Gesetzen dafür/ daß die kirchlichen Angelegenheiten von den Konfessionen selbst möglichst geschieden verwaltet werden. Der Ansicht aber müßte ich mich widersetzen/ wenn man den reformirten Mitbrüdern die Schuld des kirchlichenUnfriedenS zuschreiben wollte. New/ jeder biedere und redliche Katholik wird den reformirten Mitbrüdern im Aargau das Zeugniß ablege«/ daß keiner von ihnen in Dinge sich gemischt hat / wodurch den Katholiken irgend ein Gewissenszwang auferlegt worden wäre. Wie verhält sich diese Sache? Wir haben in der katholischen Kirche seit mehr alS tausend Jahren verschiedene Ansichten und Meinungen/ die sich immer bekämpft haben. Dieser Kampf dauert in unserer Zeit noch fort/ er wurde in, Jahr 1827 und 1828 unter der Palme der frühem Verfassung von Katholiken gegen einander mit der größten Entschiedenheit geführt/ und seither haben sich diese Kämpfe öfter als früher wiederholt. Wie haben sich die reformirten Mitglieder dabei benommen? So weit ich sie beobachtet habe (und ich war ein aufmerksamer Beobachter in dieser Angelegenheit) so waren sie keineswegs in den vordersten Reihen. Immer traten zuerst die Katholiken gegen einander auf/ und auf dem Gebiete der Wissenschaft oder der Uebung und der vorgefaßten Meinung bekämpften sie sich gegenseitig. Der Neformirte war immer der ruhige Zuschauer/ bis unter den Katholiken selbst zwei verschiedene Meinungen sich ausgebildet hatten. Was that nun der Re- sormirte? Von dem Standpunkte seiner Kirche aus / oder vermöge seiner Wissenschaft/ stimmte er zu der Meinung derjenigen Katholiken/ welche er mit seiner Vernunft im Ein- klang fand. Kein einziger Redner hat sich im Gr. Rathe je angemaßt/ irgend einen kanonischen Grundsatz alS Regel aufzustellen und zu verlange«/ daß demselben Rechnung getragen werde. Nein/ das / was von jener Seite vorgetragen wurde/ war immer alte Kirchenregel/ und das Ergebniß der kanonischen Gesetzgebung selbst. Das sind nun die Verletz»»- gen und Bedrückungen/ welche die Reformirten gegen die Katholiken unternommen haben/ und mit denen man so grausam im Lande gewüthet hat. Wenn diese Sache sich nicht so verhält/ so wünsche ich belehrt und widerlegt zu werde»/ und ich ersuche diejenigen/ welche so gerne von Bedrückungen spreche»/ mich hier zu widerlegen. Es ist eine Beruhigung für mich/ wen» ich Sie zur Widerlegung auffordere/ und Sie mich nicht widerlegen können; es ist auch eine Beruhigung für meine 527 — reformirten Mitbrüder, welche rein und frei von jeder Schuld sind und keine Anklagen verdienen. Der Grund und die Ursache unseres Zwistes liegt in der katholischen Kirche selbst, denn eS giebt in dieser Kirche eine sogenannte päpst- lich monarchische Partei, und eine sogenannte freisinnige. Diese letztere Partei ist nicht erst von heute, sondern schon afrikanische Bischöfe stellten sich dem Papstthum gegenüber. Mit Unterbruch von Zeitläuften hat sich diese freisinnige Partei immer gezeigt, ist aber auch immer unterdrückt gewesen; aber doch ist das Bewußtsein der Wahrheit so stark, daß diese freisinnige Partei noch nie den Muth verloren hat. Diese Partei hat von jeher Verfolgungen und Anfeindungen erdulden müssen, dessen ungeachtet aber hat sie noch nie Scheiterhaufen angezündet, aber sie hat (so Arnold von Brescia, Wikles und Huß) auf Scheiterhaufen das Leben aufgeopfert für ihre bessere Ueberzeugung. Aber der letzte freisinnige Katholik hat noch nicht für seine Ueberzeugung geblutet, und der letzte Scheiterhaufen,ist noch nicht angezündet, und dennoch (obschon wir das wissen) werden wir Freisinnige zu der Wahrheit stehen, komme dann was da wolle. Wie wir große Vorkämpfer hatten, so werden wir auch Nachfolger finden, denn eS ist das Urprinzip des Katholizismus, das wir vertheidigen, und überall wird eS ver- theidigt werden, und auf alle Zeiten, ohne daß vorher ein Bund dazu geschlossen mürde. Wären die Bekenner der katholischen Kirche einig und einer Ansicht in dieser Beziehung gewesen, so frage ich: würde ein reformirtes Mitglied je es gewagt haben, von seinem protestantischen Standpunkte aus so etwas vorzubringen, waS wir Katholiken selbst zur Sprache gebracht haben? Würde ein Reformirter so etwas gesagt haben, wenn er gesehen hätte, daß alle Katholiken mit einander übereingestimmt hätten? Der Grund des politischen Zwiespaltes bei uns ist also nicht Schuld der Protestanten, sondern er liegt in der katholischen Kirche selbst. Kommen wir zu den Anträgen, welche uns gestellt worden sind, so gehe ich zuerst zu den Anträgen des Kl. Rathes über. Ich muß aber erklären, daß die Berathung des Gr. Rathes selbst es mir unmöglich gemacht hat, bei dem ersten Satz des Com- missionalantrages stehen zu bleiben, weil die Diskussion über alle Anträge sich verbreitet hat. Die Gründe, warum ich dem Kl. Rathe nicht zustimmen könnte, find die: ich glaube, eS stehe nicht in der Befugniß des Kl. Rathes und einer Staatsbehörde, Kloftervermögen außer Landes zu geben. Es möchte später waö immer für ein Schicksal über unsern Kanton ergehen, so möchte ich nie ein Beispiel aufgestellt haben, daß 528 kirchliches Vermögen vom katholischen Gebiete, Vermögen, Las für das Volt bestimmt war, von der Staatsbehörde weggegeben worden sei. In einem solchen Falle könnten später vom katholischen Volke Reklamationen gegen die frü- here Regierung gemacht werden, und da diese Frage keine kantonale, sondern eine eidgenössische ist und eine eidgenösst. sche bleiben würde, so müßte mich meine Berechnung sehr täuschen, wenn von Seite der Eidgenossenschaft, unter deren Schuy das Klostervermögen steht, nicht den Reklamirenden Gehör geben würde. Im weiter« müßte eS mich bedünken, daß es sich eigen ausnehmen müßte, wenn man etwa folgende Fragen stellen würde: „ Warum habt Ihr die Klöster aufge- hoben?" weil sie ftaatsgefährlich sind. „ Waren alle Klöster staarögefährlich?" nicht alle so sehr. „Welche waren wem- ger ftaatsgefährlich?" Fahr, Maria.Krönung und Gnaden, khal. „WaS wollt Ihr nun mit diesen Frauenklöstern ma. chen?" wir wollen ste expatriiren. „ Warum? l" weil wir sie nicht mehr haben wollen. „Warum wollet Ihr die an. dcrn Klöster nicht auch expatriiren?" Hier bleibe uns keine andere Antwort als die: weil ste reich sind. Freilich könnte dagegen auch gesagt werden: die staatögefährlichen Klöster haben durch ihr Betragen ihr Gut verwirkt, und deswegen nehmen wir die Güter in Haft; aber so raisoniren gewisse eidgenössische Stände nicht, sondern diese -raisoniren so, wie eS ihrer Absicht am besten zusagt. Freilich, oder machen wir es nicht auch so?— Wenn wir einmal die Ueberzeugung haben, daß wir den Bund sühnen müssen, so glaube ich nicht, daß mit dem Antrage des Kl. Rathes geholfen sei, und daß die Mehrheit der Stände sich damit befriedigen würde. ES ist Ihnen angeführt worden, daß der Wortlaut deö TagsatzungS- beschlusseö sich gegen die Aufhebung der Klöster erkläre, weil sämmtliche Klöster aufgehoben worden seien. Dieser Aus. spruch setzt voraus, daß wir im Aargau wieder Klöster haben und unsere Schlußnahme modifiziren müssen. Dann ist wieder ein anderer Grund vorhanden, warum der Antrag deS Kl. RarheS nicht genügen würde, und zwar ein ganz subjektiver. Es könnte den Gesandtschaften in Bern nicht ent- gehen, daß Aargau einen glücklichen Anlaß beuntzte, sich seiner Klöster zu entledigen, während ste selbst solche noch haben müssen, und diese Stände würden es gar nicht zu- geben, daß dieses beneidete Aargau sämmtlicher Klöster samt und sonders ledig würde. ES ist ein subjektives Gefühl und eine menschliche Schwachheit, die hier maßgebend würde, und das ist eben nichts anderes. Man sagt ferner, es würden uach dem klcinräthlichen Antrage ja doch eigentlich wieder 52S zwei Klöster hergestellt. Das freilich, denn obschon der Kanton Aargau erklären würde, er gebe sich im gegenwärti- gen Jahrhundert nicht mehr dazu her, daß er in feinem Gebiete Klöster dulde, so würde er doch anderwärts Klöster stiften, das Geld dazu hergeben und dabei auf jede weiteren Ansprüche, als das Recht der Oberaufsicht und das Recht der Besteurung, verzichten, und solche Rechte an die ver- äußern, welche die Expatritrtcn aufnähmen. — Es ist Ihnen dann im Weiter» der Antrag gestellt worden, der Gr. Rath möchte für einmal noch gar nicht eintreten, aber die Stände noch einmal ersuchen, die Sache wiederholt an die Hand zu nehmen und nochmals zu prüfen. Ich gestehe, daß dieser Antrag derjenige ist, den ich am leichtesten vertheidigen könnte, und der meiner persönlichen Ansicht und meiner Vorliebe zunächst zusagt; ich glaube aber nicht, daß dieser Antrag derjenige sei, welcher uns zuerst zum Zwecke führt. Ich fetze gar keinen Zweifel in die vaterländische Gesinnung des HHrn., welcher diese Minderheit in der Commission gebildet hat, sondern ich bin von der wahrhaft treuen Gesinnung dieses Herrn gegen das Vaterland vollkommen überzeugt, aber dessen ungeachtet, glaube ich, müsse der Gr. Rath im gegenwärtigen Augenblick sich von der Betrachtung leiten lassen, daß die Klostcrangelegenheit mit möglichster Beförderung erledigt werde, damit sich derselbe in der gegenwärtigen Zeit nicht sobald noch einen andern gefürchteten Ballast anhänge. Dann bestimmt mich weiter noch ein anderer Grund, diesem Antrag meine Beistimmung nicht zu geben. Ich befürchte, wenn Aargau der Tagsatzung nicht entgegenkommt und auf ihren Beschluß nicht eintritt, so wird sich die Tag- fatzung nicht nur veranlaßt, sondern sogar genöthigt finden, dem Aargau vorzuschreiben, was er zu thun habe, denn auf der letzten Tagsatzung hat man bereits schon die Scherre zur Hand genommen, und einzelne Stände haben ziemliche Luft gezeigt, tüchtig zuzuschneiden, nur waren sie noch nicht darüber einverstanden, in wie weit man zuschneiden wolle. Glauben Sie nur, die Mehrheit der Stände auf der Tagsatzung würde gewiß zu einem Befehl gegen Aargau sich vereinigen, wenn sie sehen würden, daß ein im Ganzen doch guter Beschluß nicht beachtet worden wäre. Die Tagsatzung als Bundesbehörde müßte sich auch moralisch und politisch zum Befehlen bewogen finden, und wäre einmal befohlen, so müßten wir gehorchen, während wir jetzt noch die freie Wahl haben zu thun, was wir wollen. ES ist bemerkt worden, die Stände würden, wenn sie befehlen wollten, vielleicht nicht einig werden über die Zugeständnisse, welche der Aargau zu Verband!, der Gr. Raths. 1841. 67 L30 machen habe. HHerren, ich möchte mich darauf nicht per- lassen, denn die Sicherheiten und Zuverläßigkeiten sind in diesen Regionen so gering / daß dem Aargau vielleicht nur die traurigsten Hoffnungen gemacht werden müssen. Wenn in einem solchen Falle noch die Aufhebung von Muri behauptet werden könnte / so möchte ich sagen/ eö werde unS viel/ sehr viel gestattet. Es ist deswegen wohl zu überlege«/ was hier gethan werde. Wenn dann gesagt wird/ die Tagsatzung würde eine solche Schlußnahme nicht vollziehen/ denn sie habe auch andere Schlußnahmen nicht vollzogen, z. B. gegen Schwyz/ bezüglich der OkkupationSkofteN/ so muß ich da- gegen bemerken/ daß die Stände dort bei weitem nicht das Interesse gehabt haben/ wie sie es hier hätten. Man sagt ferner auch/ es seien Schlußnahmcn gegen Basellandschaft gefaßt worden/ aber man sei dort entschlossen gewesen und habe dennoch durchgesetzt/ was man wollte. Aber erlauben Sie mir die Bemerkung: es galt im Kanton Basel die Frage/ einen Kanton zu trennen/ und hier gilt es die Frage/ einen Kanton zu erhalten. Im Kanton Basel wollte man einen Kanton trennen / der auseinander gehen wollte/ und bei uns will man einen Kanton zusammenhatten/ der leider zum Theil auseinander will; in Basel war beinahe die ganze Bevölkerung einmüthig gestimmt/ uns aber nicht so/ und ich bin überzeugt/ daß für Exekution gegen uns gesorgt würde/ ohne daß eidgenössische Bajonette uns umstellten. Bezüglich auf den Antrag der Mehrheit/ auf den ich später noch weitläufiger zurückkomme/ muß ich mir einige Erwiederungen er- lauben gegen einige Bemerkungen/ die dagegen gemacht wor- den sind/ ich will aber zuerst noch über den Antrag des HHrn. Baldinger sprechen. Zu diesem Antrage könnte ich nie stimmen/ weil ich nicht weiß/ was damit gemeint ist. Was man von dieser Grundsätzlichkeit / von der hier gesprochen wird/ zu halten hat/ das haben Sie hie und da im Lande herum vernommen/ denn es find gewisse Projekte im Lande herum- geboten worden/ die Klöster nicht mehr im bisherigen Bestände einzusetzen/ sondern ihnen gemeinnützige Zwecke zu geben. Ob vielleicht ein solches Klosterdekret in diesem Sinne an die Stelle desjenigen vom 20. Jenner abhin gesetzt werden will/ das weiß ich nicht/ ich weiß aber/ daß gesagt würde: wir nehmen das Dekret in seinem vollen Umfange zurück und wollen dann sehen, was weiter zu machen sei. Das würde nach dem Antrage des HHrn. Baldinger gesagt. Ich möchte hingegen sagen, daß ich nicht mehr geneigt sei, Klöster aufzuheben, und daß ich nicht mehr von vorne den Tanz wieder anfangen möchte, sondern ich möchte die Klöster 531 als aufgehoben ansehen und die Aufhebungsschlußnahme festhalten, insoweit wir es können. — Komme ich nun auf die Bemerkungen gegen den Mehrheitsantrag, so ist die vorbe. Haltens Reform mehrfach angefochten worden. Die Refor. mirung ist aber ein anerkanntes Recht des Staates in Bezug auf die Klöster, in der Eidgenossenschaft ist ste von jeher an. gewendet worden, und selbst bei der Berathung des Auf- Hebungsdekretes wurde von der damaligen Minderheit das Recht der Reform vertheidigt und wollte in Anspruch ge. nommen werden, indem man die Frauenklöfter von der Auf. Hebungsschlußnahme ausnehmen und der Reform unterwerfen wollte. Sodann haben auch Uri, Schwyz und Umerwalden auf der Tagsatzung dem Aargau zum Vorwurf gemacht, daß, wenn die Kloster wirklich ftaatsgefährlich geworden seien, man die Reform hätte anwenden sollen. Also hat der Aargau unbestritten das Recht der Reform, denn auch von wenig be. freunderer Seite haben Gesandte öffentlich und privatim er- klärt, daß das Recht der Reform dem Stand Aargau immer, hin zustehe. Man behauptet aber die von der Commission vorgeschlagene Reform sei unausführbar. Erlauben Sie mir, daß ich über den Umfang der Reform mich ausspreche, wie ich sie mir denke. Ich möchte auch keine Reformvorbehalte machen, an welchen die Konvente oder die Kirchenbehörden Anstoß nehmen könnten, sondern ich möchte, daß in dieser Beziehung das Anerbieten des Kantons Aargau lojal sei. Ich möchte die Reform nicht so vornehmen, daß man die Klöster in einen und denselben Konvent verschmelzt, oder sie ver. anlaßt, um Nachlaß von Gelübden nachzusuchen, sondern ich würde die Reform vorläufig und einfach auf das Gebiet be. schränken, auf welchem der Staar allein Meister ist. Ich würde also i) bezüglich auf die Beichtiger verfügen, daß den Klöstern Weltgeistliche angewiesen werden. Der Kanton Aargau kann das so gut wie der Kanton St. Gallen, der ganz das gleiche gethan hat. Weiter würde ich in Bezug auf die ökonomischen Zustände und zur Regulirung der Ver- hältnisse mit Einsiedcln vorschreiben, wie viel jedes Ordens, glied Jahr für Jahr zu verbrauchen hätte, und wie weit die Oekonomie gehen soll, damit nicht, wie eS bisher gegan- gen ist, in den Klöstern auf eine unverantwortliche Weise gegeudet werde. Freilich macht Gnadenthal hier eine Aus- nähme, und auch die gute Haushaltung von Maria-Krönung muß anerkennt werden, aber bei Fahr ist eine Einschränkung durchaus nöthig. Den Klöstern Gnadenthal und Maria. Krönung könnte übrigens eine einschränkende Bestimmung nicht nachtheilig sein, weil sie sehr arm sind. Ich würde — 53L also t»ür da rcformiren, wo der Staat in seinem Recht wäre, und wo er nicht im Falle sein müßte, mit kirchlichen Behörden zu unterhandeln. Es ist dann bet der Berathung vielfach der Bund angerufen und behauptet worden, die Klöster seien im Bunde garantirt und deswegen sei auch das Auf- hebungSdekret null und nichtig. Ich muß mir aber dagegen Loch die Bemerkung erlauben, daß die Bundesgarantie keine unbedingte ist, und ich muß hier noch Aufschlüsse geben, welche Ansichten in der Tagsatzung geäußert worden seien. Die Mehrheit der Tagsatzung hat erklärt, die Klöster können allerdings aufgehoben werden und zwar aus verschiedenen Gründen. Als ein Grund wird angegeben das Verarmen. DaS ist ganz richtig, aber ich möchte dagegen fragen, ob die armen Klöster nicht leichter zu regieren seien als die reichen?l Dann sagte man die Klöster können aufgehoben werden, beim freiwilligen Austritt und bei der moralischen Entartung, auch wenn fie dem Staate gegenüber feindselig sich zeigen. Das ist auf der Tagsatzung offen und unumwunden ausgesprochen worden, und Siesehen also, daß die Kloster- garantie auch eine Grenze im Bunde hat. Der Bund kann es nicht zugeben, daß in einem Kanton Klöster daseien, welche die Ruhe und die öffentliche Ordnung gefährden. Man hat ferner gesagt, eine Klosteraufhebung könne wohl geschehen, aber die Tagsatzung müsse zuerst die Genehmigung dazu aus- sprechen. Ich frage aber: hat die Tagsatzung auch je irgend eine Bestimmung oder Genehmigung ausgesprochen über die Aufhebung des Klosters Pfäffers, der Franziskaner zu Luzern und des Klosters Werthenstein? Ich berühre einen andern Fall. Im Jahr 1831 oder 1832 hat der Kanton Zürich seine Chorherrenstift aufgehoben. Man sagt zwar wohl, das sei eine reformirte Korporation gewesen, aber eS heißt in der Bundesverfassung nicht, daß die katholischen Klöster und Stifte garan- tirt seien, sondern es ist einfach von Klöstern und Stiften die Rede. Es hat damals ein einziger Konventual von Einsiedeln gesagt, die Aufhebung des Chorherrenstiftes zu Zürich sei gegen den eidgenössischen Bund, aber diese Stimme in der Wüste wurde nicht gehört, und daö Chorherrnstift von Zürich war doch so gut unter dem Schutze des Bundes als das Chorherrenftift zu Zurzach. Hat aber die Tagsatzung auch nur ein einziges Wort über die Aufhebung dieses Stiftes gesagt?! ES sind also die Klöster nicht unbedingt garantirt, sondern sie können und sollen aufgehoben werden, so oft sie mit dem Staatszwecke im Widersprüche stehen. Man hat dem Majoritätsantrage gegenüber gesagt, die Tagsatzung werde sich auch damit nicht begnügen. Das kann man frei-- S3S kich nicht voraussagen, aber wenn man die Verhandlungen der Tagsatzung und die Entstehung des Tagsatzungsbeschlusses näher ins Auge faßt, so geht daraus wohl hervor, daß man sich geäußert hat, man lasse die Mannsklöster fallen, und das Kloster Hermetschwyl sei auch nicht rein, und habe zudem keine Schulen und nütze nichts. Wenn das ist, so kann man einen Fingerzeig für das abnehmen, was etwa geschehen soll «nd geschehen mag. Dagegen ist doch gewiß nichts einzu- wenden, wenn man Klöster aufgehoben hat, die am Aufruhr Theil genommen haben, und vollziehen wir diese Maaßregel gegen die schuldigen Klöster, so glaube ich, daß wir den Willen der Tagsatzung in ihrer Mehrheit erfüllt haben. Wenigstens ich muß dieses nach menschlichen Voraussetzungen so annehmen. Täuschen Sie sich nicht damit, daß nur 12^ Stände das Tagsatzungskonklusum gefaßt haben, denn es sind noch mehrere Stände, die nicht stimmten, und wenn Aargau gar nichts thun würde, so wäre vorauszusehen, daß gewiß bei 16 Ständen, wo nicht mehr, gegen den Aargaü sein würden. Ob man dann in einem solchen Verhältnisse gegenüber dem Bunde noch feststehen könnte, das weiß ich nicht. Ja, wenn der Aargau unter sich einig wäre, so könnte er viel thun, ich glaube aber nicht, daß er in seiner gegenwärtigen Lage würde Stand halten können. Es ist sodann bemerkt worden, man soll gar nicht ein so großes Gewicht auf die Klostersrage legen, denn sie sei eine so ziemlich untergeordnete, und die Klöster finden keine so großen Sympa- thten mehr. Das ist wahr und ist nicht wahr, je nach dem man es nimmt. Bei dem katholischen Volke ist so viel aus- gemacht, daß die Klosterfrage anfänglich nur wenig Sym« Pachte fand, und es ist Thatsache, daß von den Bittschriften, welche zuerst an die Tagsatzung gelangten, kein Wort von Den Klöstern enthalten war, da aber gewisse Herren darin eine Unvollftändigkeit oder einen Schreibfehler sahen, und als namentlich im Schooße der Tagsatzung geäußert wurde, es müsse nicht große Sympathie für die Klöster vorhanden sein, so waren in einer Woche nachher Bittschriften da. DaS ist also nur eine gemachte Sympathie, aber sie ist vorhanden, und vereiniget ihre Kräfte mit den andern politischen Reagentien, und suchen wir also diese Kräfte zu paralystren, und dadurch das Streben nach einer Reaktion unwirksam zu machen. Die Klösterfrage wird bei den Sarnern auf der Tagsatzung Anklang finden, weil sie daran gewisse Zwecke knüpfen, nämlich zunächst den Zweck, sich der liberalen Kan- tone, wenn sie einen davon ergreifen können, zu be- meister«, und sie zu unterdrücken. Sorgen wir also dafür, S34 daß wir diesen Ständen, welchen wir das alte abgenutzte Messer gegen uns aus der Hand nehmen wollen, nicht dafür ein neues in die Hand geben. ES ist wahr, daß die Klosterfrage hier nicht die Hauptsache ist, aber sie sollte gewissen Ständen zu einer Hauptsache helfen, sie sollte das religiös-kirchliche Gewand um die Verhältnisse unseres KantonS werfen, denn man steht, daß man mit diesem Gewand mehr ausrichten kann, als wenn man der Klosterfrage einen einfachen Bauernkittel anhängen würde. (ES thut mir leid, daß ich so viel von der Tagsatzung sprechen muß, aber ich thue es, um Sie auf den Standpunkt zu stellen, von dem aus auch ich die Sache betrachte.) Es ist auch noch von einflußreichen Ständen dahin gewirkt worden, daß die aargauischen Verhältnisse vorn Standpunkte eines kirchlichen Kampfes aus betrachtet werden, bei diesen Ständen waltet keineswegs die Absicht, einen Religionskrieg oder eine religiöse Befeindung anzufachen, und auch diese müssen dafür gewonnen werden, daß ste dahin wirken helfen, um eine religiöse Entzweiung zu vermeiden. Wenn nun dieses richtig ist, und wenn auch die Stimmung vorzüglicher Stände diese ist, so ist es auf der andern Seite auch unsere Pflicht, zu zeigen, daß wirklich in dieser Frage keinerlei religiöse Tendenz und keinerlei Befeindung der ka- tholischen Kirche vorwalte, sondern daß unsere Schluß-' nähme rein politisch gewesen sei, und daß der Staat hier nur so weit gehandelt habe, als die Selbsterhaltung und die Herstellung der Ruhe ihn genöthigt haben. Es gibt zwar Leute in der Eidgenossenschaft, welche eine kirchlich, religiöse Entzweiung, wie ste in früheren Jahrhunderten stattgefunden, gerne sehen würden, eine Partei, welche die Zeit des borromäischen Bundes zurückwünscht, um durch die Macht des fremden Einflusses das alte Gewicht und die Be- deutung in der Eidgenossenschaft zu haben, und mit diesem Gewicht die Fortschritte der größer» Kantone in der Kultur hemmen und paralyfiren zu können, aber hoffentlich wird man dieser Partei noch zu guter Zeit zuvorkommen können. Jene Partei weiß gar wohl, daß diese Tendenz nur dadurch realistrt werden kann, daß man die Eidgenossenschaft spalte, aber deswegen gehen auch alle Bemühungen darauf hinaus, eidgenösfische Wirren auf das kirchlich-politische Feld hinüber zu spiele». Es ist dieses das gleiche Spiel, das wir seit Jahren in unserm eigenen Kanton, vor unsern eigenen Augen stch entfalten gesehen haben. Es wird im Ferneren gesagt, daß hier auch der Punkt der Ehre zu be- rücksichtigen sei, und daß der Antrag auf irgend eine Con- 535 — cession nicht mit der Ehre und Würde eines Standes verein« dar sei. Auch ich habe meine Ansichten über Ehre, und auch ich weiß gewiß dieses Kleinod sowohl des einzelnen Jndivi- duumS, als des Staates und einer Nation zu schätzen, aber darin könnte ich keine Unehre finden, wenn erklärt wird: „Wir haben die Ansicht, und sind jetzt noch der Meinung, „daß wir im guten Recht gehandelt haben, da wir aber „sehen, daß das unbedingte und unentwegte Beharren auf „diesem Recht nur Hader und Zwietracht in der Eidgenos- „senschaft hervorrufen könnte, so wollen wir dem Frieden „des Landes zulieb etwas zurücktreten; wir wollen unsere „Ueberzeugung auf dem Altar des Vaterlandes opfern, und „wir wollen diesen Pfenning auf den Opferkaften legen, „aber wenn mehr gefordert würde, als wir freiwillig geben, „so stehen wir Mann für Mann dagegen, und lassen unS „für dieses Anerbieten in keiner Weise verbindlich machen." Ich frage, ob in dieser Erklärung etwas Unehrenhaftes liege? Rein. Man sagt, es könnten durch Wiederherstellung der Klö- ster die alten Umtriebe erneuert werden. Seien Sie nur gewiß überzeugt, daß die letzte Geschichte auf die Klöster einen solchen Eindruck gemacht hat, daß sie sich wohl hüten werden, wieder zu weit sich herauszulassen. Seien Sie dann auch überzeugt, daß die Klöster gegenüber Verfassung und Staat ihre Stellung nicht leicht wieder vergessen werden. Von dieser Seite habe ich wahrlich keine Besorgnisse mehr. ES ist gesagt worden, es hätte etwas vorsichtiger gehandelt wer« den sollen bei der Aufhebung der Klöster, und man hätte die Untersuchung und einen Richterspruch abwarten sollen, allein das ist nicht richtig, und ich brauche hier nichts weiter zu erwiedern, indem schon gesagt wurde, was nöthig ist. Hierüber also nur noch eine einzige Bemer- kung. — HHerren, ich habe mich bekannt gemacht mit den UntersuchungSakten, ich habe mich auch vielfach besprochen mit den Untersuchungsrichtern, und ich will Ihnen sagen, welches moralische Resultat diese Untersuchungen bezüglich auf den Volkscharaltcr geliefert haben. Sie werden aus meinen Bemerkungen dann entnehmen können, wie weit eine LandesbehörLe gegenüber diesen Instituten käme. Ich habe aus der Untersuchung die Ueberzeugung gewonnen, Laß bei dem Volke um die Klöster herum der Grundsatz gilt: tiäeo lizei-eticis non est — dem Ketzer ist weder Treue noch Wahrheit zu leisten. Als ein Ketzer wird der angesehen, der nicht gerade ist, wie sie sind, und hat eine Bevölkerung einmal diese falsche moralische Ansicht, so ist man bald mit Untersuchungen fertig. Würde eine Untersuchung fortgeführt, L3K — so würde es gewiß geschehe«/ daß man sich aus die Tröstung verließe, man könne mit dem Bußsakrament die Sache wieder gut Machen. Wenn das auch so ist, so bitte ich Sie, deswegen keine Schuld dem katholischen Glauben beizumessen, denn es ist Grundsatz in der katholischen Kirche, daß eine solche Handlungsweise eine Sünde gegen den heiligen Geist ist, welche nicht nachgelassen wird. Es ist aber traurig, daß bet einer Bevölkerung dieses unrichtige Auffassen deö Heils- mittels des Sakramentes angetroffen werden muß. HHerren, Akten werden verlangt. Es liegen Akten in Muri und Brem- garten, blicken Sie nur hin nach Muri und Bremgarte» und Sie sehen diese Akten. DaS Kloster Muri hat Fleisch, Brod und Wein herausgegeben, um die Insurgenten zum Aufruhr zu ermuntern. Dieses Kloster hak ferner Wagen und Pferde hergegeben zur Unterstützung des Aufruhrs, und eS hat in der Klosterkutsche Mitglieder des Bünzer-Comites zur verhängnißvollen Versammlung vom 10. auf den 11. geführt. In den Akten liegt ferner, daß der Anführer deS Landsturms, Silvan Müller, zwei Mal zur Nachtzeit kurz vor dem AuSbruche des Landsturms Besprechungen mit dem Abt von Muri gehabt hat. Hätte der Abt dem Silvan Müller abgewehrt, so würde dieser es gerne gesagt haben. Akten liegen auf den Krankenbetten im Freienamt und Akten liegen auf dem Friedhofe zu Lenzburg. Ja, Akten haben wir, daß die Klöster den Aufruhr unterstützt haben und daß sie dabei berheiliget waren. Akten haben wir, daß die Klöster hauptsächlich dieses Unglück über das Land gebracht haben. Wollen Sie noch Papiere hier haben? Das hilft Ihnen nicht viel, das Leben entscheidet jetzt, und e§ werden Andere nachkommen und über diese Angelegenheiten schreiben. Wenn man zuverläßigen Männern glauben darf, und wenn man weiß, wie vorher schon Mitglieder von einzelnen Klöstern sich ausgesprochen haben, so finden wir nicht wenige Aeußerungen, wodurch die Klöster das Todesurtheil sich selbst gesprochen haben. Einzelne Konventualen find nicht unbekannt, welche zu guten Freunden gesagt haben, als die Umtriebe bezüglich auf daö Verfassungswesen anfingen: „Mit uns kann es nicht mehr lange gehen," und ich kann mich auf einen unbethei- ligten Mann berufen, auf einen bernerischcn Offizier, dem selbst ein Konventual im Kloster Muri erklärt hat, „ er sei gerade am Malen gewesen, als man angefangen habe Sturm zu läuten, darauf sei ihm sogleich der Pinsel entfallen, und er habe zu sich selbst gesagt, das sei die Todtenglocke für das Kloster." Wenn die Klöster unschuldig gewesen, man hätte diese Angst und Hast nicht bemerkt; ein gutes Gewissen 537 — ist innert den Klosternmauern so stark wie außerhalb. ES ist weiter bemeMworden, wen mann etwas nachgebe/ so müsse man später noch mehr nachgebe»/ denn gebe man den Finger/ so wolle man die Hand/ dann den Arm und zuletzt noch gar den Kopf. Was wollen wir machen? ich sage: wir wollen den Kopfnicht verliere»/ dann so wenig als gegenwärtig / und wir wollen dann auch nicht nur nicht den Kopf/ sondern auch das Herz nicht verlieren ? Hat das aargauische Volk wirklich den Muth die gefaßte Schlußnahme festzuhalten/ so hat cS auch den Muth einer allzugroßenZudringlichkeit zu widerstehen/und dieser Muth wird dann nur gesteigert / wenn man ferner unbescheiden gegen uns auftritt. Dieses ist Ihnen besser gesagt worden/ als ich eS sagen kann/ es ist eine psychologische Thatsache/ und dann wird das Volk/ sei es alraargauisch oder neuaargauisch, beweise»/ daß es Muth hat und wird seinen Muth zeigen. Es ist immerhin das richtig / und das ist diejenige Betrachtung/ die ich vorzugsweise im Auge habe/ daß wir uns gegenüber dem Bunde als untergeordnet zu benehmen haben. Wir müssen das Recht des Bundes über uns anerkennen und ehren/ und wenn wir eS nicht thu»/ so sind wir allerdings gegen den Bund revolutionär. Man hat freilich gesagt/ eS sei nicht lebensgefährlich an eine Verbesserung des Bundes zu denken; allerdings/ denn es ist Ihnen gestern gesagt worden/ die Gedanken seien frei/ aber denken wir zu gelegener Zeit daran und bei einem bessern Anlasse/ der gewiß bald kommen wird. Man hat im Jahr 1833 den Bund re- sormircn wolle»/ aber diese Reformation ist gescheitert, jedoch überall ist eS noch so geschehe»/ daß, wenn eine Reformation von der Hand gewiesen worden, dieses Vonderhand- weisen eine Revolution zur Folge hatte, und ich habe die Ueberzeugung, wenn die Eidgenossenschaft einen Bund erhal- ren soll, der ihren Interessen zusagt, so könne derselbe nur auf dem Wege der Revolution geschaffen werden. Ich wünsche, daß diese Revolution nicht in unserm Lande begonnen werde, sondern daß man ein großes Weltereigniß dazu benutze, denn wenn Wind und Sturm auf die Eidgenossenschaft ein- brausen, so wird dieselbe näher zusammengetrieben werden. Ein solcher Augenblick muß zur Schaffung eines neuen Bundes benutzt werden, denn im jetzigen Augenblicke würden wir nicht einig, und die Frage über unsere aargauische» Klöster würde uns wahrlich nicht zur Gründung eines neuen Bundes antreiben. Glauben Sie ja nicht, daß diese Frage, welche bereits ein religiös-kirchliches Gewand angenommen hat, dazu dienen könnte, eine BundeSrevolution zu machen, und uns etwas besseres zu bringen, denn die Verschiedenheit Verhandl. des Gr. Raths. 184t. 68 538 -er religiösen Ansichten, sowohl bei Protestanten als Katholiken, ist noch zu groß. Nicht nur bei den Katholiken gibt es mehr oder weniger Aufgeklärte, sondern dieser Unterschied ist auch bei den Reformirten vorhanden, oder glauben Sie nicht, daß die religiöse Stimmung im Kanton Zürich gegenwärtig eine ganz verschiedene sei von derjenigen im Kanton Bern?! Es wäre wahrlich ein Wunder, wenn Sie den Bund reformiren könnten bei Anlaß dieser Frage, es wäre ein Wunder, wenn nur im geringsten eine Reformation des Bundes erzielt werden könnte. Achten wir also den Bund und denken wir nicht daran, ihn bei Anlaß dieser Klosterfrage erneuern zu wollen. Ich mache Sie noch auf die Ansicht aufmerksam, welche der Kl. Rath, bezüglich aus den Bund, in seinem jüngfthin herausgegebenen Rechenschaftsberichte für das Jahr 1839 x-iK.7, ausgesprochen hat: „Unserer Verhältnisse zum Bunde können wir hier um so kürzer gedenken, als wir unserer Stellung gemäß mit demselben nie in unmittelbare und ausschließliche Thätigkeit ge- setzt werden. Die Erfahrungen des verflossenen Jahres haben, wie keines seiner nächsten Vorgänger, die Ueberzeugung in uns bestärkt, daß es eines treuen und unverbrüchlichen Fest- haltenS an dem Geiste, der den Bund gegründet, einer nicht gewöhnlichen Selbstverläugnung und Hingabe der einzelnen Bundesglieder, einer versöhnlichen und friedliebenden Stim- mung derselben bedarf, um in allen Beziehungen die Pflicht der Selbfterhaltung mit den Rücksichten auf das Gesammt- wohl des Ganzen in Einklang zu bringen. Die Gegensätze, die sich zwischen den aristokratisch-stabilen Grundsätzen der Bundesverfassung vom Jahr i8is und den auf Volkssouveränität und Rechtsgleichheit aller Bürger beruhenden Vcr- sassungen der regenerirten Kantone gebildet, lassen sich im Leben nicht vermitteln; sie auf dem Wege der Bundesrevißon zu lösen, wird, früher oder später, die Aufgabe deö zur Einsichtseiner wahrenBedürfnisse'gekommenenVolkes sein)' — Das ist die Politik, welche bezüglich auf den Bund, der Kl. Rath ausgesprochen hat. Wollten wir nun fast in dem gleichen Augenblicke, da wir dieses öffentlich abgegebene Ge- ständniß den andern Kantonen mitgetheilt haben, uns in einen solchen Widerspruch mit demselben stellen?! — Ich erlaube mir schließlich noch die Bemerkung: wenn wir am Aufhebungsbeschlusse festhalten, und keinerlei Anerbietungen machen, so wird (was unzweifelhaft auseinandergesetzt wor- den ist) eine starke feindliche Partei im Lande den Anlaß ergreifen, gegen die in bundeswidriger Stellung sich bcfiu- dende Kantonalbehörde Umtriebe zu machen und zu wühlen, 539 und cs kann so weit komme»/ daß wieder Unruhen ausbre- chen (solche sind bald gemacht)/ und glauben Sie dann / die reformirte Bevölkerung/ so ehrenhaft/ so tre»/ so anerken- ncnSwerth ihre Anhänglichkeit an Behörden und Verfassung ist/ werde wiederum so leicht treuen biedern Muthes sich in den Bürgerkrieg verwickeln lassen (ich drücke mich absichtlich so aus)? Nein. Welche Gesinnung muß und wird aber bet dieser Bevölkerung erwachen? Ich stelle mich aus ihren Standpunkt/ und ich will Ihnen erkläre«/ was sie sagt/ und sie wird sich entschieden so aussprechen: „Diese ewigen Be- „unruhigungen haben wir einmal satt/ und wenn wir denn unter „keiner andern Bedingung bei einander bleiben können/ als daß „wir immer dazu berufen sind/ den Aufruhr zu dämpfen/ so „gehen wir lieber auseinander." Ich meinerseits würde dann nichts mehr gegen eine solche Stimmung sage«/ und es ist auch natürlich/ daß sie durch kein Mittel darnieder gehalten werden könnte. Hätten Sie also die Sache einmal so weit gehen lasse«/ dann würden Sie schwerlich mehr ein Mittel haben/ die Einheit des Kantons zu erhalten. Daher geben wir vor allem aus keinen Anlaß zur Ungesetzlichkeit schon wegen der Verhältnisse im Kanton/ geben wir aber auch keinen Anlaß zu Ungesetzlichkeiten gegenüber dem Bunde/ denn unsere Verhältnisse sind gewiß nicht von der Art/ daß sie noch manchen harten Sturm auszuhalten vermöchten. Geben Sie nicht zu/ daß die Klöster noch im Grabe den Aargau verderben und vernichte»/ und leicht könnte das doch geschehen/ leicht würde es geschehen/ wenn man diesen Anlaß einer gewissen dem Aargau nicht befreundeten Partei hingibt/ die bemüht ist/ den schönen Kanton zu zerstören. Wenn'ich zum Schlüsse/ nachdem ich einige Bemerkungen gegen den Majoritätsantrag widerlegt habe/ diesen selbst betrachte/ so stelle ich mir vor/ er sage ungefähr folgendes: i) wir erklären/ daß wir noch die gleiche Ansicht habe«/ und noch die gleiche Ueberzeugung unseres Rechtes besitzen/ und daß wir noch nicht davon abgegangen sind; 2) Wir erwarte»/ die Eidgenossen werden die schwierigen Verhältnisse unseres Kantons und eines Rücktrittes betrachte»/ und ge. gen uns etwas zuvorkommender sein (eine solche zuvorkommende Sprache wird vom Bunde nicht übel gedeutet werden können); 3) wir erklären ferner/ wenn Ihr Euch damit nicht begnügen könnet/ so bieten wir an / daß wir die Mitglieder der Konvente von Fahr/ Maria.Krönung und Gna- denthal unter dem Vorbehalte der Reform zurückkommen lassen; 4) würde das wieder nicht angenommen/ Eidgenosse»/ so halten wir dann unser gutes HauSrecht/ und werden uns Z40 selbst zu helfen suchen, wenn man uns auch dauiit zurückgewiesen hat; dann ist endlich Z) angetragen, daß der Kanton Aargau den Ständen zur Kenntniß bringe, er habe bezüglich auf die Klofteraufhebung keine gewinnsüchtige Absicht haben können, — Wenn ich diesen Antrag der Mehrheit betrachte, so muß ich ihn dem MinderhettSantrage vorziehen, so achtbar mir auch dieser ist. Der Mehrheitöantrag ist offen und bestimmt, und bezüglich auf die Reform kann man erklären was man will, damit kein Hinterhalt dahinter liege. Ich bin überzeugt, daß wir dadurch erlangen, was wir wollen, nämlich, daß wir die Tagsatzung befriedigen, und daß wir im Aargau keine Klöster mehr haben, wie sie bisher bestanden. Bezüglich auf eine Proklamation trete ich dem Antrage des HHrn. Hegnauer bei. Hr. Fürsprech Dössekel. Ich werde mich in meinem Vortrage so einschränken, daß ich nur noch daS Nothwendigste hervorhebe. Ueber den Klosteraufhebungöbeschlnß vom 13 . Jenner abhin will ich kein Wort mehr verlieren, indem Sie selbst die Nothwendigkeit desselben durch Ihre dieöfälli- geu Schlußnahmen zum dritten Male ausgesprochen haben, lmd rS wäre demnach eine eitle Sache, hierüber noch des Wettern einzutreten. Es frägt sich heute nun, sind Gründe vorhanden, jene Schlußnahme abzuändern? ich kann dieselben wenigstens nicht einsehen. Oder sind etwa die Gründe hiezu deswegen da, weil ein Konttusum vorliegt, daö den AufhebnngSbeschluß mit dem §. 12 des BundeövertrageS nicht vereinbarlich erklärt? — Die Commission hat die ihr zur Begutachtung überwiesenen kleinräthlichen Vorschläge gründlich untersucht, allein ihre Ansichten haben sich in eine Mehrheit und Minderheit, getheilt. Erlauben Sie mir nun noch eine Vergleichung der Mrhrheits - und MinderheitSanträge anzustellen. Die Minderheit proponirt Ihnen, unter obwaltenden Umständen bei dem Klosteraufhebungsbeschlusse zu verbleiben; sie proponirt Ihnen aber auch, ein Kreiö- schreiben an sämmtliche Stände zu erlassen, und ihnen darüber Aufschlüsse zu geben, daß und warum eS dem Aargau unmöglich geworden sei, dem Konklusum sich zu unterziehen. Ich wollte dieselben von dem wahren Stand der Dinge in ausführliche Kenntniß setzen, well eS leider Jedermann bekannt ist, daß die Denkschrift der aargauischen Regierung erst in Bern, nachdem die Tagsimmg versammelt war, hat ausgetheilt werden können, — und daß es den schweizerischen Gr. Räthen unmöglich war, im Hinblick auf die Darstellung und auf die Ereignisse ihren Gesandtschaften eine den Verhältnissen angemessene Instruktion zu ertheilen, um ihre — 541 StandeSvsten auf eine sichere Grundlage gestützt abgeben zu . können. Ich habe mich überzeugt, daß mehrere Stände sich so vernehmen ließen, daß, da das aarqauische Klostergut zum Staatsgut erklärt worden sei, man sich das Vermögen zueignen und eS Leu ursprünglichen Zwecken entfremden wolle. ES liegt aber in meiner redlichen Absicht die eidgenössischen Stände auch noch zu belehren, daß nämlich in der nächsten Zeit daS Klostervermögen für die Kranken- und Armenpflege, so wie für daS ErziehungSwcscn, also für die ursprünglichen Zwecke verwendet werde. Ich wollte demnach im ganzen Umfange und in allen möglichen Beziehungen aufklären, auf daß Lurch die eidgenössischen Stände eine neue und gründ- liehe Untersuchung über die geborene Nothwendigkeit der Klöstcraufhcbuug ergehen könne. Wenn man erklärt, man sei bereit gewesen, dem Konklusum vom 2. April nachzukommen, man sei auch gegenwärtig noch bereit, demselben soweit Folge zu geben, als eö unter Umständen möglich sein könne; — heißt Laü den Krieg inS Land verpflanzen, heißt daS denn Unglück und Verderben in den Kanton hineinführen? Ich glaube nein; solche Ansichten und Absichten liegen und lagen nicht in meinem Antrage, indem ich nur erklären wollte, was der Aargau unter dm gegebenen Verhältnissen thun könne. HHerren .' WaS propouirt Ihnen nun die hohe Regierung? Sie proponirr Ihnen ebenfalls bei dem Kloster- nufhebungöbeschlusse zu verbleiben, nur mit der Abweichung, man solle zwei Klöster auswandern, und ihnen zu diesem Behufe ihr Vermögen verabfolgen lassen; hierin liegt der Unterschied zwischen dem kleinräthlichen und meinem Antrage. Worin stehe ich mit meinem Antrage nun der Mehrheit gegenüber? Ich glaube darin, daß in meinem Vor- schlage eine Konsequenz und Grundsätzlichkeit liegt, (und diese Anerkennung ist mir von verschiedenen Seiten auch geworden) während im Mehrheitsantrage der Commission eine Grundsatzlosigkeit vorwaltet. Man sagt mir, man wisse nicht, was bei meinen Anträgen hervorgehen dürfte; diese Ansicht theile ich auch; aber ich will ja nur einstweilen bei dem AufhebuugSbcschluffe verbleiben, um abzuwarten, ob die Stände sich von unserm guten Recht nicht zu überzeugen vermögen. Kommt dann die Majorität der Stände, und verlangt sie, daß wir drei Klöster wiederherstellen, und sagt sie: wir verstehen den Tagsstzungsbeschluß nicht wie ihr Nar- gauer, sondern wir verstehen ihn so, dann ist eS an unö, daö Weitere zu beschließen. Bekanntlich gäbe es dann eine Partei unter den Ständen, welche Wiedereinsetzung aller Klöster verlangen würde; andere würden vielleicht 543 Wiedereinsetzung nur einiger Klöster verlangen; und eine dritte Partei wüßte nicht, wie weit ihr und des Konklu- sums Verlangen gienge. Bei solchen Ansichten ist es nicht rathsam Concessionen zu machen. Die Mehrheit der Com- Mission sagt in ihrer Proposition deutlich, wenn die schwei. zerischen Tagherren das Anerbieten, welches ihnen gemacht werden will, nicht annehmen, dann bleibe der Aargau bei seinem Beschlusse vom 13 . Jenner stehen. Ich glaube, wir sollen jetzt schon bei dem Klosteraufhcbungsbcschlüffe verbleiben, bis die hohe Tagsatzung die Sache noch einmal zur Hand genommen, darüber Untersuchung gepflogen hat und möglicher Weise zu einem andern Resultate gelangt ist. Es ist mir aufgefallen, daß selbst unsere Herren Ehrengesandteu über die Mittel und Wege nicht einig sind, welche hier in Anwendung gebracht werden sollten. Der HHr. RegierungS- rath Wieland hat gestern den kleinräthlichen Antrag vertheidigt, dessen Schöpfer, wie ich glaube, derselbe ist; und nun muß ich mich wundern, daß wenn ein solcher Antrag angefochten wird, dann dem guten Kinde Niemand mehr Vater sein will. Gegenüber dem Antrage des Hrn. Regie- rungöratheS Wieland sagen die beiden andern Ehrenge- sandten, daß wir wieder drei Klöster einsetzen sollen; der eine glaubt, mit dem kleinräthlichen Vorschlage durchzukommen, die beiden andern mit dem MajoritätSantrage der Commission. Ich habe für meinen Vorschlag eben so viele Wahrscheinlichkeit, daß uns derselbe zum Ziel führen könne; denn wer bürgt uns dafür, daß wenn wir den kleinräthlichen oder den Commissionalvorschlag annehmen, der eine ober der andere der Tagsatzung genügen werde? Dann haben wir auch das Jammergeschrei über Intervention , das schon gestern und heute geführt worden ist. HHerren, ich halte auch etwas auf Ehre, und diesen Beweis, daß ich viel auf Ehre halte, haben Sie schon bei andern Anlässen wahrnehmen können. Ich halte aber auch viel auf Recht und Pflicht, und in dieser Beziehung weise ich Sie darauf hin, daß das materielle Recht auf unserer Seite liegt. Man spricht, Sympathien habe» nichts für sich. Ich sage aber, spielen Sie mit dem Volke nicht, geben Sie ihm nicht Veranlassung, handeln zu müssen. Wir würden durch die Annahme des Commissional- amrageS noch lange nicht zum Frieden gelangen, denn das Volk würde sagen: Wenn die Behörden uns gegenüber heute so handeln und morgen wieder anders, was müssen wir davon denken. Gott behüte uns dann vor einem ähnlichen Fall, daß unsere Leute wieder NachtS to Uhr und noch später unter die Waffen gerufen werden müßten. Und wenn nun 543 diese Leute wissen/ daß dasjenige, was von dem Gr. Rathe so zu sagen drei Mal beschlossen worden ist, von der gleichen Behörde nach meiner Ueberzeugung ohne Grund wieder zurück, genommen wird, wenn dieselben ferner wissen, daß man auf die Großrachsbeschlüsse nicht bauen kann, weil sse von keinem Bestände sind, so stimme ich mit dem Volke diesfalls über- ein, daß wir ihm keine Garantien gewähren. — Die letzte Nacht noch hat man mir die Nachricht gebracht, daß noch tausend und tausend gute Bürger sür den Aargau einstehen werden, wenn es sich um die Vertheidigung seines guten Rechts handle. Die 4o,ooo Wchrmänner von Bern, was würden diese dazu sagen? Dieser Stand steht mit Gut und Blut dem Aargau zur Seite. Aber auf den ersten Angriff, wie man heute möchte, die Waffen zu strecken, das geziemt sich weder der Würde eines Manne, noch viel weniger der Würde eines eidgenössischen Freistaates. Ich habe gestern erwähnt, daß diese Klosterfrage eine untergeordnete sei, und ihre Entscheidung, falle sie nun wieder aus, wie sie wolle, nicht genügen werde, indem man nicht nur die Weiberklöster verlange. Ja, wenn gewissen Landestheilen das Ohr geleiht wird, ist gesagt worden, man finde, daß die Kapuziner wieder verlangt werden. Sie wollen also erwaS geben, das man von Ihnen nicht verlangt? ES ist ferner bemerkt wor- den, man hätte nur vor einem Jahre die Badener-Konferenz. artikel hingeben sollen, und wir hätten heute diese Angelegen- heit nicht zu besprechen und keinen Aufruhr zu bekämpfen, gehabt. Also ist man nicht nur in den Klosterangelegenheiten unzufrieden, sondern auch in andern Sachen. Wenn man die Freiheil in der VolkSthümlichkeit findet, so hätte man auch in Bczichnng auf die besagten Konferenzartikcl schon lange den darüber geäußerten Wünschen entsprechen sollen. Da die Klosterfrage untergeordneter Art ist und damit noch an- dere Zwecke verknüpft werden, so bin ich weit entfernt, irgend eine Bevölkerung des Aargaus in ihren Rechten zu verkürzen; ich bin weit entfernt, daß ich die Fraueuklöster strafen möchte, aber wir haben die Eintracht nicht, und diese werden wir durch Wiedereinsetzung der Fraueuklöster auch nicht erhalten. Um aber den Frieden im Lande wieder herzustellen, so haben wir hiefür andere Mittel, wir können diesen Zweck am besten auf dem Wege der Gesetzgebung erreichen. HHerren! Man ist dann auch auf das formelle Recht hinübergegangen und hat gesagt, das Tagsatzungs- konklusum bestehe, und weil es bestehe, müsse man sich dem- selben unbedingt unterziehen. Ich könnte Ihnen Beispiele vorweisen, wenn man schon gestern von gewaltsamer Voll- 544 ziehung gesprochen,, daß die Tagsatzung auch schon Beschlüsse eben aus dem Grunde/ weil ße nicht vollzogen werden konnten, auf sich hat beruhen lassen, ohne auf dem Wege der Exekution die Vollziehung zu versuchen. Man hat sogar auf fremde Intervention hingedeutet; sich aber von solchen Schreckmännchen einschüchtern zu lassen, wäre nichts weniger als mannhaft. Allerdings weiß ich wohl, daß in der Klosterfrage Reklamationen vom AuSlande erfolgt sind; sind sie aber nicht von den Ständen insgesammt zurückgewiesen worden? Und sollte es auch zu einem solchen Schritt je kommen, so glaube ich, eö werden noch andere wichtigere Interessen in den Weg treten. — Ich muß mich neuerdings davor verwahren, daß meine Anträge nicht im mindesten den Bund gefährden, eben so wenig daß sie Revolutionen provoziren. Alle diese Vorgeben sind Schreckmännchen, wodurch ich mich wenigstens nicht einschüchtern lasse; ich maße mir jedoch nicht an, den Stein der Weisen gesunden zu haben, aber dennoch glaube ich, meine Anträge würden zum gewünschten Ziele führen. Roch eins. Man hat heute so ziemlich über die Art und Weise gesprochen, in weicher der Klosterauf- hebungöbeschluß vom 13. Ienner zu Stande gekommen sei. Man hat in dieser Beziehung sich eine Freimüthigkeit erlaubt, die ich nur ehre und die nicht alS eine feindselige erscheint, weil sie hier offen, und nicht nur im Hintergründe, besprochen worden ist. Aber diese Behauptung, daß LaS freie Wort damals nicht gestattet war, muß ich als unrichtig zu- rückweisen. Die moralische und physische Möglichkeit, seine Meinung und Stimme nach Belieben abzugeben, war jedcr- maun geboten, indem mir wenigstens nichts bekannt ist, daß man irgendwie in seinem Vortrage, weder durch das Publikum noch die Mitglieder selbst, gehindert worden ist. Aber wäre auch dies wahr, so muß man bedenken, daß unterm 20. Ienner diese Frage in Anregung gebracht worden war, ob man einige Frauenklöster wieder in ihre Rechte einsetzen wolle, und ich bitte Sie sich doch zu erinnern, daß diese Frage umständlich erörtert, aber keine Ausnahme ausgesprochen worden ist; und warum? weil die StaatSgefährlichkeit der Klöster allen Mitgliedern bekannt war, gerade die Vergangenheit war Leiterin bei Beantwortung der Frage, ob ihr weiterer Fortbestand gut sei oder nicht. Auch gegenwärtig ist nichts ausgemacht, daß irgend ein Kloster am Aufruhr unschuldig sei. Der HHr. Fürsprech Bruggisser hat mich aufgefordert, zu erweisen, wer von ihnen denn schuldig sei. Ich glaube der Fragesteller wird wohl als Mitglied der Staatsrechnungökommission die Klosterrechnungen von Maria- 545 Krönung durchgangen haben- und dort hätte er sich füglich überzeugen können, daß sich jenes Kloster mit einem groben Trotz stets den administrativen Anordnungen der Verwaltungsbehörde wiedersetzt hat. Die Beweise der Schuld können beim Kloster Gnadenthal nicht so rechtlich geführt werden, wie es vielleicht gewünscht werden mag, aber so viel ist gewiß , daß in diesem Kloster politische Zusammenkünfte und Konspirationen stattgefunden haben, und zwar gerade vor dem Tage des AuöbruchS. ES ist also gewiß, daß Gnadenthal mit dem Aufruhr einverstanden war, eS haben sich von dorther Jndivi- duen dabei thätig erwiesen. Aber nicht einzig aus diesem Gesichtspunkt sind die Klöster aufgehoben worden, sondern es ist ein Akt der Nothwendigkeit geworden, dieselben unschädlich zu machen. Und erfaßt man die Frage in ihrer Gesammtheit, so kann man, wie der Kl. Rath vielleicht meint, hier nicht exiliren, wenn gleich zugegeben werden darf, daß das eine oder andere Kloster mehr oder weniger am Aufruhr betheiligt ist. Aber haben Sie nicht auch schon Gesetze erlassen, wo einzelne Bürger des Landes sich Aufopferungen gefallen lassen mußten, sie mußten sich dem Gesetze unterziehen, und so ist rS mit den Frauenklöstern. Man hat gesagt, es werden Stände dem Aargau feindlich entgegentreten; das ist aber eine Hypothese, wie noch manche andere. Wir müssen gewärtigen, wie die Stände sich gegen den Aargau benehmen werden, und eö der Zukunft anheimstellen. Aber wenn wir in dieser Hinsicht auch noch nicht voreilig zum Kreuze kriechen, so möchte ich sehr bezweifeln, ob denn in einem Verzug von einigen Monaten das Vaterland schon in Gefahr sein könnte. Ein anderer HHerr hat in Beziehung auf die Reform der Frauenklöster offen erklärt, er wünsche Verwick- lungen mit der Geistlichkeit. Heißt daS aber den Weg zum Frieden gehen, wenn man die gleichen kirchlichen Zwiste, mit denen wir schon seit Jahren zu schaffen haben, wieder hervorrufen will? Ferne sei aber ein solcher Wunsch von uns, und in dieser Hinsicht möchte ich schon zum Voraus solchen Anträgen nicht beistimmen, welche kirchlichen Verwicklungen entgegen gehen. HHerren l Ich schließe und erkläre ganz einfach, daß ich noch immerfort in der Aufrecht- haltung des zum dritten Mal wiederholten Klosteraufhebungs- beschlüsses das Beste erkenne, was wir in dieser Angelegenheit thun können, und daß ich eine solche konsequente Handlungsweise namentlich der Würde und der Ehre eines Standes angemessen finde, indem ich weder in kirchlichen noch in politischen Dingen in einen Markt eintreten möchte. Verzeihen Sie es mir, daß ich in dieser Angelegenheit zum Verhandl. des Er. Raths. 1841. 69 dritten Male gesprochen habe; es wäre vielleicht besser gewesen, ich hätte dies nicht gethan; aber die Gefühle und Wünsche, welche zur Wiedererhaltung des Friedens sich in mir rege gemacht, haben mich dazu verpflichtet, meine Meinung noch einmal vorzutragen. Ich schweige und schließe mit der Erklärung, daß ich meine bereits gestellten Anträge Hochdenselben wiederholt zur Genehmigung empfehle. Hr. Landesstatthalter Frei. Wäre ich nicht zum Sprechen provozier worden, so hätte ich das Wort nicht ergriffen, um Ihnen zum 30. Male das zu wiederholen, was 29 Redner bereits vor mir gesagt haben. Der Baum, von dem wir pflücken, ist immer derselbe, und wenn man auch von demselben neue Früchte pflückt, so sind es doch nach der Art des Baumes nur entweder Aepfel oder Birnen, zwar in neuer Schale, aber immer dasselbe. Mannigfaltig und verschieden, wie die Zahl der Früchte, können auch die Ansichten über einen Gegenstand sein, je nachdem er auf diese oder jene Art angesehen wird, aber im Grund hat man immer die gleiche Frucht. Ich spreche deshalb kurz und berühre eine Neuste- rung, die dahin geht, es wolle den kleinräthlichen Anträgen, nachdem sie nun angegriffen seien, niemand mehr zu Gevatter stehen. Ich will die Gevatterstelle übernehmen und das Kind nicht verläugnen. — Ich hätte vor Allem geglaubt, es dürfte das Zweckmäßigste sein, daß in so hochwichtiger Angelegen, heit, wo Niemand mit Gewißheit verbürgen kann, daß nur in seinem Antrag die glückliche Lösung unserer Aufgabe liege, die Mitglieder in dieser Hohen Versammlung einfach ihre Ansichten aussprächen, ohne über andere Ansichten schneidend zu urtheilen; das Urtheil über die vorliegende Frage liegt in der Hand des Gr. Rathes, und er urtheile »«bestochen frei, nach eigenem Ermessen. Ich würde es daher bedauern, wenn mein Vortrag neue Gegenäußerungen veranlassen oder gar das Wort von einem andern HHerrn wieder verlangt werden sollte, um allfällige Aeußerungen zu widerlegen, die er als gegen seine Person gerichtet betrachten würde; ich will in dieser Beziehung wenigstens trachten, keinen Anlaß zu solchem Fehler zu geben. — Vor allem aus gebe ich die Erklärung ab, daß ich dazu stimme, daß der Gr. Rath einen Schritt thue, der den Anforderungen des katholischen Volkes und des Bundes entgegengeht. ES ist mir noch nicht be- wiesen, daß das reformirle Volk das, was der Kleine Rath beantragt, nicht wolle, ich glaube, es wolle das, was verständig und gut ist, und die Regierung will ja auch nichts anderes. Wenn gesagt wird,' das Volk könne sich nicht damit befreunden, so wird es Anfgabe der Verständige» sein, ihm das Verständige klar nnd denklich vorzutragen, und es wird das verständige Volk, daS nicht heute „Hostanna" und morgen „kreuzige ihn" ruft, einsehen, daß man diese Klofterfrage zu seinem Besten entschieden hat, und sich zufrieden geben; aber nur dann, wenn leidenschaftlose Entscheidung und ruhige VolkSbelehrung erfolgen, wird das Glück im Lande wieder blühen. Der Verstand rathet uns einen passenden Schritt zu thun. Ich will, ohne alle die vielen bereits vorgebrachten Gründe zu wiederholen, Ihnen noch einen Grund sagen, warum wir nicht unbedingt an dem KlosteraufhcbungSdekret festhalten sollen. Glauben Sie denn, daß die Stände nicht zu den Voten Ihrer Gesandten stehen werden, die diese in ihrem Namen aus der Tagsatzung abgaben? Glauben Sie, daß die Stände ihren Gesandten zu Gunsten Aargaus ein Dementi, geben würden? Ich zweifle daran, daß Sie es glauben, mir scheint es unmöglich. Ich kenne einen einzigen Fall, wo in der neueren Geschichte ein Stand das Vorum seines Gesandten nicht anerkennen wollte, und dieser Fall kaun hier gar nicht maßgebend sein. Nun sehen Sie aber selbst ein, wie schwer eS hält, von einer Schlußnahme zu? rückzukommen, indem wir ja ebenfalls nicht von unserm Klosteraufhebungsdekret abkommen wollen. Sind Sie nun der Meinung, däß eine Ständemehrheit, glücklicher und nachgiebiger als wir, sich zur Zurücknahme eines TagsatzungS- beschiusseS verstehen werde, und daß daS Konklusum vom 2. April von der Tagsatzung demnach zurückgenommen werde, glauben Sie, daß Aargau hiefür eine Mehrheit erhalte? Schwerlich! ich habe wenigstens keine solche Hoffnung, darum machen wir den Eidgenossen den Weg zur Versöhnung leicht, und Sie werden uns die Hand zum Frieden auch gerne bieten. — Ich will nicht in Widerlegung von geäußerten Mei- nungen eintreten, nur den Antrag des HHerrn Fürsprech Baldinger kann ich nicht ganz unberührt lassen, er kommt mir vor wie eine Sirene, die unsern Blicken einen schönen Menschenkopf zeigt, was dahinten liegt, ob ein regelmäßiger Theil oder ein Fischfchwanz, das hat uns der Herr Antragsteller noch nicht enthüllt, deswegen könnte man wohl nie zu etwas Unbekanntem stimmen. Ich gehe einfach daranf ein, Ihnen zu erzählen, wie der Kl. Rath zur Stellung seiner Anträge gelang. Als er bei sich selbst und einmüthig darüber im Reinen war, daß etwas gethan werden müsse, so fragte er sich, was? Er stellte sich vorerst auf denjenigen Punkt, den der Gr. Rath durch die ausgesprochene Klosteranfhebung ihm zur Nachachtung angewiesen hatte; dieser ist Festhaltung des Grundsatzes.- „Keine Klöster im Aargav." Wollte 548 der Er. Rath/ der die Aufhebung sämmtlicher Klöster beschlossen hat/ selbst von dieser Basis abgehen/ so mag er es thun, der Kl. Rath hatte weder den Beruf noch die Aufgabe einen solchen Antrag zu bringen. Festhaltend an besagtem Grundsätze kam nun die Frage zur Beantwortung: Wenn nun aber dem Bunde gegenüber etwas geschehen tnuß, auf welche Grundlage läßt sich ein Festhalten am Beschluß/ aus welche ein Eintreten feststellen? Ein Festhalten wird gerechtfertiget durch Sittenzerfall und Antheil am Aufruhr/ ein Eintreten durch Unschuld und Unschädlichkeit. Sie ha- ben keinen andern Haltpunkt/ und der Unschuldige erstehe wieder aus der Asche/ so weit es immer möglich ist. Als der Kl. Rath darüber im Reinen war/ da fand er/ daß Fahr und Maria-Krönung unschuldig dastehe»/ wobei nicht Reichthum, sondern Schuld oder Unschuld in die Waagschale gelegt wurden. Diese zwei Klöster sind unschuldig, was soll mit ihnen geschehen, soll man sie im Aargau restituiren? Dieß wäre das einfachste, allein einmal widerstreitet eine solche Wiedereinsetzung dem Grundsätze des Klofteraushebungs- dekrets, das sagt: „Keine Klöster im Aargau." Und zwei- tens dann steht jedes Franenklofter im kanonischen Verband mit einem Mannskloster, und ohne einen solchen Verband ist ein Frauenkloster gar nicht gedenkbar. Fahr hängt ab von Einsiedeln und Maria-Krönung hatte immer seine Aufseher und Beichtiger aus dem Kapuzincrkloster von Baden erhalten. Wollen wir, daß die Mönche von Einsiedeln in dieser Beziehung wieder Einfluß haben auf unser StaatSleben, und wollen Sie dies auch von den Kapuzinern? ich glaube eS nicht. Man wird jenes große Kloster, das sich selbst als den Zentralpunkt des ganzen Mönchswesens in der Schweiz ansieht und ausgibt, von dem so vieles Unheil schon ausge- flössen ist, und wohl noch ausfliesten dürfte, auf den Aargau nicht mehr influenziren lassen wollen, und einen wenigstens indirekten, möglicherweise von Jahr zu Jahr sich erweitern- den Einfluß, wenigstens das Bestreben darnach könnte man, wären auch nur zwei Mönche in einem aargauischen Frauenkloster, nicht leicht abwenden. Dann in Beziehung auf die Kapuziner hat man bemerkt, daß ein großer Theil des Vol- keS gerade diese haben wolle, aber in jenem Vertrag lag auch schon die Ablehnung der Entsprechung dieses Wunsches eines VolkStheilS. Wollen Sie neuen Aberglauben, neues Herumschleichen von einem Laus ins andere, neuen Unfrieden in Familien, neuen Mißbrauch des gutmüthigen Volks, wollen Sie überhaupt neues Unheil stiften lassen, dann rufen Sie die Kapuziner sammt ihrem Malefizwachs nur wieder 549 in unsern Kanton zurück. — HHerren, was soll aber geschehen, wenn man die Klöster nicht in ihrer vorigen Form wieder einsetzen will? Soll man sie reformiren? Nein. Wenn wir keine katholischen Klöster haben könne»/ so wollen wir auch keine reformirten; wir wollen keine neuen Curtalverhandlungen mehr/ wir haben deren schon genug/ nur zu viel an den Badener-Konferenzartikeln gehabt/ von denen auch behauptet wurde/ sie umfassen die unbestreitbaren Rechte deS StaatS, die Niemand in Abrede stellen werde/ und wohin sind wir damit gekom- men? Gerade so weit als wir mit der Resorm der Klöster kämen. Wir wollen einmal frei und ruhig stehe«/ ohne Händel mit der Kirche; und dies kann im vorliegenden Fall wohl am beßten geschehe»/ wenn der kleinräthliche Vorschlag angenommen wird. Er ist einfach/ leicht ausführbar/ ohne Chikanen und redlich. Es dürfte demnach das Beßre sei«/ den zwei unschuldigen Frauenklöftern zu sagen: „Wir haben Euch nicht gern/ und Ihr seid nicht gern bei uns/ geht wohin Ihr wollt, da habet Ihr all' euer Geld: Ihr werdet anderwärts damit wohl aufgenommen werden/ geht dorthin/ wo man Euch liebt." Dies ist der offene Sinn dessen/ was der Kl. Rath beantragt/ dessen was er glaubt/ daß in Fest. Haltung Ihrer Klofteraufhebungsschlußnahme und in Ent. sprechung des Wunsches der Eidgenossenschaft geschehen könnte und sollte. Die Klosterkorporationen könnten gehen wohin sie wollte«/ niemand würde sie daran hindern/ und sie würden auch gerne dorthin gehen/ wo sie eine bleibendere Ruhe und größere Achtung zu erlangen hoffen könnten, denn was haben sie bei uns in den letzten zehn Jahren für Freude erlebt/ besonders in jüngster Zeit? Keine große. Und welche AuSstchten hätten ste bei uns für die Zukunft? Nur unerfreuliche. Auch die Mitftände würden diese bessere Stellung der Klöster einsehen und sich wahrscheinlich damit beruhigen. HHerren! Nebst diesen allgemeinen und hauptsächlichen Be- trachtungen leiteten den Kl. Rath noch einige andere/ die ich Ihnen nicht vorenthalten soll. Wenn Sie die Klöster wiederherstellen wolle«/ wie früher, so haben Sie mit deren Ad- ministration wieder zu schaffen; und wir wissen genug, nur zu gut, was Klofteradministration ist; wir wissen genug, wieder nur zu gut, was man mit der Aufsicht über die Klöster sonst zu thun hat, ohne der Administration nur zu gedenken. Oder wollte man die Administration aufheben, waS die Tag- satzung mit der Wiedereinsetzung vielleicht verlangen dürfte? Was wäre die Folge davon, wenn man diese freigäbe? tteble Verwendung der Einkünfte keineswegs im Sinn des 550 Fortschritts. Nach meinem Dafürhalten würde man aber auch dabei nicht stehen bleiben, sondern auch die Wiederauf- nähme von Novizen bald gestatten müssen, nm so die Fortdauer der Klöster zu garantiren. Ob man dazu geneigt wäre, dies muß ich bezweifeln. HHerren! Wenn Sie einen Schritt gegen die Eidgenossenschaft thun wollen, so sollten Sie thun, was Ihnen der Kl. Rath in Antrag stellt. Sie würden den Bund befriedigen und keine spätern Mißverständnisse veranlassen. Das Kloster Gnadenthal, von dessen Wiedereinsetzung hier auch gesprochen wurde, wird nicht für unschuldig erfunden, Sittenzersall stürzte das Kloster Meningen in sein Unglück, und mit ihm muß aus gleichem Grunde das ihm beigeordnete Gnadenthal fallen. Zudem sollen, wie behauptet wird, Bedienstete von Gnadenthal am Aufruhr Theil genommen haben. Man hat darauf hingedeutet, den Konvent von Gna- denthal zu Erziehungszwecken zu benutzen; ja dies dürfte aus dem Grunde gut sein, weil dann dort die eigenen Kinder ohne Anstand erzogen werden könnten- HHerren, urtheilen Sie nach Ihrem besten Wissen und Gewissen, und erwägen Sie zugleich, was das Beste ist, sowohl für unsern Kanton, als für die ganze Eidgenossenschaft. Der Kl. Rath hat geglaubt, sein Vorschlag sei der richtige und enthalte den gesuchten Pfad; wenn Sie aber auch einen andern und bessern Weg, der leichter und sicherer zum gewünschten Ziele führt, finden können, so wird eö den Kl. Rath nur freuen und auch er wird einen solchen Antrag unterstützen helfen. Ich schließe, indem ich den Antrag des Kl. Rathes gerechtfertigt und ihn Hochderselben günstigem Entscheid näher gelegt zu haben, glaube. Hr. Landammann Waller. Ich hätte das Wort in dieser Angelegenheit nicht mehr ergriffen, wenn nicht der HHr. Berichterstatter Tanner mir dadurch eine allzugroße Ehre erwiesen hätte, meine gestern über diese Frage gehaltene Rede eine so kunstreiche und zugleich verführerische zu. nennen. Er hatte die Gewogenheit, mir zu sagen ich sei ein Verführer des Volks (?) Es muß dies aber schon des- wegen der Fall nicht sein, da ich bisanhin die politische Unschuld des HHrn. Tanner nicht zum Falle zu bringen versuchte. Ich werde nie die verächtliche Rolle eines Dema- zogen spielen und dem Volke allerwärts entgegentreten, wu meine Ueberzeugung es fordert; so z. B. werde ich zur Stunde meine Stimme für unbedingte Begnadigung des Kettensträflings, der seine Pflicht als Soldat verletzte, versagen. Es war indessen die Aeußerung des Hrn. Bericht- erstatters tu einem guten Sinne gemeint, und ich will ste 551 auch so aufnehmen. HHerren! Klöster, oder keine Kloster im Aargau? In dieser Frage bewegen sich die verschiedenen Meinungen der Mitglieder dieser hohen Versammlung. Einige wollen Klöster und andere wollen keine. Sie theilen sich weiter in Solche, welche verbesserte Klöster, und Solche, die Klöster nach bisherigem Bestände wünschen. Ich will, daß überhaupt keine Klöster mehr sein sollen. Nicht bloß der 10. Ienner hat die Klöster vernichtet, ihr Treiben hat sie geächtet und die Zeit. Alles unter den Sternen hat seine Zeit; der Strom der Zeit hat die deutsche Kaiserkrone von den Firnen der Alpen und von dem Gestade des Wald- stättersees hinweggespühlt; er hat die Burgen der Ritter in seinem Schoose begraben, er wird kräftig genug sein, auch die Klöster und alle ihre Freunde mit seinen Wogen sortzu. führen. Ich muß die Ansicht, welche dahin geht, über die Klöster gewöhnliches Gerichtsverfahren zu halten, Unter- suchung zu pflegen und nach den Regeln des gemeinen Prozesses Urtheil zu hegen, eine zwergartige, kleinlichte nennen. Die Zeit hat gerichtet, sie, die so groß ist, daß deren Thurmuhr weit über den Kanton Aargau hinausragt. Man sagt, das Volk habe Sympathie für die Klöster. Unter diesem Volk verstehe ich jedoch nicht die gesammte katholische Bevölkerung, welche Vorliebe für jene Institute hat; es gibt Tausende unter derselben, welche für die gegenwärtige Frage mit Gut und Blut, wenn es darauf an- kömmt, elnzustchen bereit sind. Man erklärt Ihnen, daß nur wenige Stände für die Sache Aargaus Theil neh- men, daß die meisten auSsprechen werden: wir bleiben bei dem Beschlusse vom 2. April; dieser bildet die Grenze zwischen uns und Aargau, die Rechtslinie, den Rubikon. Vor dieser Linie aber werden wir nicht zittern, so lange >iser gutes Recht und die Begeisterung des Volkes für uns ist. Diese Begeisterung läßt sich aber nicht nach gelegenen Momenten heranbeschwören; sie nimmt keinen Befehl an, bei der Revue zu erscheinen, sie verfliegt und ist unwiederbringlich dahin, wenn das Volk durch seine Behörden selbst in eine unehrenhafte Stellung gedrängt werden sollte, so wie es hingegen an der Seite treuer Behörden mit Kraft und Entschlossenheit sich jedem Unrechte entgegenstellen würde, das ihm von irgend einer Seite angethan werden wollte. Diese Entschlossenheit des aargauischen Volkes für seine gute Sache müßten auch die Eidgenossen ehren, und jeder Redlichgesinnte würde es von sich weisen, einem Volke Gewalt anzuthun, welches sich zum Schutze seiner Rechte zu erheben begeistert ist. — Statt mit dem Volke, will die Commission jedoch nach ihren 553 Vorschlägen mit der diplomatischen Wett zu Rathe gehen; es soll hier auf den weichen Sesseln der Tagsatzung ein Bünd- niß gemacht werden. Aber die Entscheidung wird nicht in den Rathssälen gefunden werden; die Gerichtshöfe großer Angelegenheiten haben ftetöfort aus den Rationen selbst bestanden. Diesen gebührt der Spruch über ihre höchsten und heiligsten Interessen. Ich ehre indessen auch die oberste Bundesbehörde der Schweiz, und bin weit entfernt, eine »«rechtliche Stellung gegen dieselbe anzurathen. Ich finde mich veranlaßt, die gegen mich gefallene Aeußerung zu würdigen, daß ich nämlich, die Anficht der Regierung verlassend, diejenige des Hrn. Dössekel zu der mcinigen gemacht. Im Schooße der Regierung galt es mir, dem Präfidenren derselben, hoch, bet den verschiedenen individuellen Ansichten der Mitglieder einen Centralpunkt der Vereinigung zu finden, um Hochdenselben einen bestimmten Antrag hinterbringen zu zu können. Dieser Centralpunkt lag in dem Grundsätze, daß keine Klöster mehr im Aargau bestehen sollen. Dieser Grundsatz liegt auch in der Ansicht des HHrn. Dössekel, der aber mit mir weder von einer Wiedereinsetzung noch von einem Auskaufe der Klöster etwas wissen will. Wohin wird die Wiedereinsetzung einiger Klöster führen? Zur Erbitterung desjenigen katholischen Landestheiles, dem die Klöster nicht mehr zurückgestellt würden. Denn wenn auch, wie selbst von den Freunden der Klöster in der Versammlung wiederholt selbst ausgesprochen wird, die Sympathie des Vo^eS für die Klöster gering ist, so müßte es dennoch aufregend und erbitternd wirken, wenn unter Sang und Klang da und dort ein wiedereingesetztes Kloster seinen Einzug hielte, während an- dern derselbe versagt wurde. Das Volk würde ohne die Lin-e zwischen Schuld und Unschuld genau zu ermessen, in dem Rufe um Wiederherstellung aller Klöster sich vereinigen, und am Ende müßten Sie die Restitution auf dem Wege der Amnestie eintreten lassen, um so mehr, wenn Sie eine solche für die Hochverrärher und Aufrührer vom 10. und 11. Jen- ner beschließen wollten. So würde dann die ganze Frage, der ganze Aufschwung und die Kraft, die sich in der jüng. fien Vergangenheit kundgab, unter dem Streusande der Di- plomatik zur Ruhe bestattet. — Man ruft dem HHrn. Dössekel und mir entgegen: ihr führt uns auf gefahrvoller Bahn dem Elende entgegen. Wir fragen: was berechtigt zu diesem Vorwürfe? Ist denn unser Antrag nicht dahin gerichtet, ein einiges Verbündniß mit den Eidgenossen zu achten und ein klares Verständniß zu bereiten? Wir wollen an die Eidgenossen die Bruderbitte stellen, unserer Angelegenheit eine 553 nochmalige, auf eine genauere Kunde der Gründe gebaute Prüfung zu Theil werden zu lassen. Ist denn das Verlangen, daß uns die Eidgenossenschaft höre, daß die Große» Räthe, die Landsgemeinden, das ganze Volk unsere Gründe vernehme und würdige, ein Bundesbruch? Ist ein solches Begehren ein Verrath an den uns heiligen Pflichten gegen die Eidgenossenschaft? Ist es in derselben so weit gekommen- daß der Geist unserer Bündnisse nicht mehr gilt, daß die Schlange der Form die treueste Brust einer eidgenössischen Völkerschaft erdrücken darf? Wenn das wäre, so dürfte das Recht auch aufleben, des Unrechtes sich zu erwehren, unge- hört verurtheilt und nur nach der Form, aber ohne Grund gerichtet zu werden, Es wird für den Aargau noch eine eidgenössische Gerechtigkeit geben, die uns auch auf der Tag- satzung hören muß und auch hören will, da dieselbe erkennen wird, daß Aargau in vollem Rechte und aus ernsten, zwingenden Gründen die Aufhebung der Klöster beschlossen. In dem hierseitigen Antrage liegt nicht nur keine Verletzung des Bundes oder eine Wegsctzung über die Beschlüsse der obersten Bundesbehörde, sondern geradezu der Versuch auf dem Wege der brüderlichen Einigung, die Interessen und Rechte des Aargaus mit den Rechten und der Hoheit des Bundes in Einklang zu bringen. Unsere Anträge schließen keineswegs die Gewalt und das Richteramt der Tagsatzung aus, sondern enthalten umgekehrt den Aufruf an die Eidgenossenschaft, eine bruderrechtliche Entscheidung auszusprechen, durch welche die Versöhnung der Interessen wieder herbeigeführt werden kann. Hat eine auf genaue Würdigung und Prüfung unserer Gründe sich stützende Entscheidung unserer Sache im wahren Geiste des Bundes stattgefunden, dann werde ich mein Haupt beugen und das Urtheil hinnehmen. Ich will keine Revolution, obschon ich erkläre, daß ich die Abänderung verschiedener Bestimmungen der Bundesurkunde als eine Nothwendigkeit erkenne. Diese Nothwendigkeit wird mehr und mehr fühlbar. In den jüngsten Tagen ward die Hand an das Bundeswerk vom Jahr i8is gelegt; auf dem Wege der Revision wurden Abänderungen der Artikel 10 und it, das Direktorialverhältniß angehend, berathen. Liegt in diesem Beginnen ein Versuch der Revolution, oder läge ein solcher darin, daß dieser Revision eine weitere Grenze selbst über den Art. t2 hinaus geöffnet würde? HHerren.' Ich komme zu Weiterem. ES ist etwas noch nicht berührt worden, waS in meinen Augen von Gewicht ist. Die heutige Frage ist eine kleine Partikel jenes großen Verhältnisses, durch deren Urtheil das Wohl des Landes für die Zukunft bedingt wird, Vkthandl. des Gt. Raths. 18 i>. 70 554 Es ist die Frage, soll es eine freie, in ihren Entwicklungen und Kulturfortschritten ungestörte Schweiz geben, oder soll sie Unterthan werden denjenigen Einflüssen, welche wir nur zu sattsam kennen? Die Klosterfrage ist das Panier jener finstern Macht, welche immer den günstigsten Augenblick zur Ausführung ihrer Pläne benutzt. Unter dieser Fahne wird der Kampf des MramontaniSmus gegen den Liberalismus geschlagen. Unter der Maske der Religion werden die Waffen für verderbliche politische Zwecke, für die Vernichtung des frei- finnigen, republikanischen Lebens geschwungen. Der religiöse Fanatismus wird gedungen, um den Staat zu erobern und zu unterwerfen. Man hat von Seite der Mehrheit der Commission selbst damit vor unserm Antrage gewarnt, daß die HH. Baldinger und Fahrländer und ihre Freunde dem Hrn. Dössekel sich in die Arme zu werfen geneigt seien. Zwar „timeo äonaos ei Sons kei-entes," indessen lade ich den Hrn. Baldinger und seine ehrenwerthen Freunde höflichst ein, sich mit uns zu vereinigen; es gäbe dies nebenbei noch das herrlichste Schauspiel einer Versöhnung, die jede Erwartung weit hinter sich lassen würde. Ich stehe bereit, die Anerbietungen und Zu- irittserklärungen der hochgeachteten Herren in Empfang zu nehmen. HHerren, der HHr. Landstatthalter Frei-Herose Hat Ihnen mit Kraft und Wärme die Anträge der Regierung empfohlen. Hr. Dössekel und ich haben uns in zweiter Linie zu denselben bekennt. Wollen Sie sich für die Ansichten des Hrn. Dössekel nicht erheben, so schließen Sie sich denjenigen der Regierung an, durch welche die Grundsätzlichkeit Ihrer Schlußnahme vom 13 . Jenner gerettet, die Ehre der Zukunft und das Zutrauen zu den obersten Landesbrhörden gewahrt und befestigt bleiben. Würden Sie aber weiter gehen, würden Sie den Boden der Grundsätzlichkeit verlassen und die Wiedereinsetzung von Klöstern beschließen, dann einschlage ich mich für meine Person, Ange- stchts des aargauischen Volkes, all der unglücklichen Folgen einer solchen verderblichen Schlußnahme, die mit einem Schlage das Zutrauen des Volkes und die moralische Kraft der Regierung vernichten müßte. Ich rechtfertige die aar- gauische Regierung vor der Zukunft und will, daß deutlich niedergeschrieben werde, daß es einst im Aargau eine Regierung gegeben, die bereitwillig Gut und Blut für die Freiheit und die Heiligthümer des Volkes dahin gegeben, daß sie darauf geschworen, den Kampfplatz nicht zn verlassen, aber daß sie gefallen, nicht aus eigener Schuld, sondern darum, weil die Mehrheit des aargauischen Gr. Rathes sie verlassen. Zur Wahrung und Rettung meiner persönlichen Ehre aber, — 555 werde ich die Verhandlungsblätter der heutigen Sitzung zu dem kleinen Erbe meines Kindes legen, auf daß es wisse, daß sein Vater in dem Kampfe für die Freiheit gegen das Mönchsthum nicht weichen, sondern bis zum Letzten stehen wollte. Ich habe meinen gestern gestellte» Antrag in Form eines Dekrets nun schriftlich verfaßt und also redigirt: WtrPräsident und Großer Rath des Kantons Aargau: Nachdem uns von dem Kl. Rathe die Schluß, «ahme der hohen Tagsatzung vom 2. April 184t übermittelt worden, durch welche die Unvereinbarkeit unseres unterm 13. Ienner 1841 gefaßten, die Aufhebung der sämmtlichen Klöster betreffenden, Beschlusses mit den Bestimmungen des Artikels 12 der Bundesverfassung ausgesprochen wird, haben Wir: in Erwägung, daß Kraft der jedem selbstherrlichen Staate inwohnenden Souveränetät und gemäß der von dem eidgenös. stschen Bunde befestigten und gewährleisteten Hoheit der Kantone wir die Schlußnahme vom 13. Ienner i84t gefaßt ; in Erwägung, daß die unS voraus und ausschließlich zu. stehende durch schwere Erfahrungen gewonnene Erkenntniß dessen, was zur Wohlfahrt des Kantons frommt und nöthig ist, uns zu der ergriffenen hoch über der Linie gemeiner Gerichtsbarkeit stehenden Schlußnahme gebieterisch zwang; in Erwägung, daß die auf außerordentliche Weise nach Bern zusammengerufene Tagsatzung das Konklusum vom 2. April 1841 erließ, ehe und bevor cS dem Stande Aargau möglich geworden, den hohen eidgenössischen Mitständen die Gründe zu beleuchten, auf welchen das Klostcraufhebungs- dekret beruht; in Erwägung, daß die von den hohen Mitständen an die außerordentliche Tagsatzung abgeordneten Gesandtschaften von ihren Kantonen keine auf die Prüfung und Würdigung der hierseits waltenden das Dekret vom 13. Ienner 1841 befestigenden Gründe und Thatsachen gestützte Instruktionen in Empfang nehmen konnten; in Erwägung, daß diesem zufolge auf der außerordentlichen Tagsatzung nicht der auf eine richtige Werthung der hierseitigen Gründe sich stützende Wille der Mitstände, sondern einzig die individuelle eines festen Mandates entbeh- rende und in den verschiedensten Richtungen sich kund gebende Meinung und Stimmung der hohen Abgeordneten vernehmbar war, und zwar in einer Weise, wie er dem Stande Aargau unmöglich macht, den Gesammkwtllen der hohen Tagsatzung auch nur mit einiger Bestimmtheit zu erkennen; 556 — in Erwägung/ daß der Bund der Eidgenossen es mit sich bringt und will/ daß über Fragen ernster und umfangreicher Art nur nach eingeholter spezieller Instruktion aller eidgenössischen Stände entschieden werde/ und daß sonach der Kanton Aargau das bundesverfassungSgemäße Recht in Anspruch nehmen darf/ die Entscheidung über das Dekret vom is. Jenner 1841 nur von einer gehörig instruirten Tagsatzung zu verlangen; in Erwägung daß der diesem Erforderniß nicht entsprechende Tagsatzungsbeschluß vom ?. April 1841 nicht mit den Forderungen des Bundes in Geist und Form im Einklänge steht; in Erwägung/ daß der in seinen Pflichten zum Bunde stets als treu erprobte Stand Aargau in seinem Grunde und Zweck von seinen Mitftänden und nicht bloß von deren Abgeordneten gehört zu werden wohl würdig und werth sein müsse; in Erwägung endlich, daß der Stand Aargau weder jetzt noch irgend je angestanden der Bundcshoheit und den von derselben ausgehenden Schlußnahmen die vollste/ bereitwilligste und treueste Huldigung zu bringe«/ und daß sonach nicht in der Absicht.des Standes Aargau liegt/ noch liegen kann/ bundeswidrige Schlußnahmen zu fasse»/ und dieselben auf dem Wege der Vollziehung durchzuführen; beschlossen: 1) Das Klosteraufhebungsdekret vom 13. Jenner 1841 bleibt so wie es gefaßt ist/ unter obwaltenden Umständen und im Hinblick auf die gegebenen Erwägungen in seinem rechtlichen Bestände; 2 ) Der Kl. Rath erhält den Auftrag/ den hohen eidgenössischen Mitständen im Namen des Standes Aargau/ die Gründe/ Ursachen und Zwecke/ die uns zu dem Dekrete vom is. Jenner 1841 berechtigten und bemüßigte»/ ausführlich mitzutheilen zu dem Behufe/ daß unsere Mitstände über diese Angelegenheit die nöthigen Instruktionen er- lassen mögen. 3) Der Kl. Rath wird des Wettern eingeladen/ mit Beförderung seine Vorschläge zu der hierörtigen Instruktion auf die eidgenössische Tagsatzung zu hinterbringen. Hr. Fürsprech Dössekel erklärt/ daß er/ weil mit Ausnahme der Redaktion seine Anträge mit denjenigen des Herrn Landammann Waller übereinstimmen/ sich mit diesen vereinige/ um dadurch auch noch einigermaßen die Abstimmung zu erleichtern. Hr. Fürsprech Baldinger. Nicht deswegen ergreife ich das Wort/ um dem HHrn. Landammann Waller in die Arme — 557 zu fallen, sondern um zu erklären, daß ich mit dem Zusatzantrag des HHrn. Dr. Fahrländer einverstanden bin. Ich habe nur in Beziehung auf die Form desselben zu bemerken, daß ich ihn als §. 2 meines Antrages bringen wollte. Da mein Vorschlag nur ein Bestandtheil deS Antrages des HHrn. Fahrländer ist, zu welchem ich unbedingt stimmen werde, so ziehe ich meinen gemachten Antrag zurück. Hr. Kellersberger. Meinen besondern Antrag, daß der hohen Tagsatzung von Ihrem Beschlusse: Der Kl. Rath habe zur Paeifikation des Volkes die geeigneten Anträge zu hinterbringen, — Kenntniß gegeben werden soll, ziehe ich htemit zurück. Hr. Schaufelbüel schließt sich den Anträgen der Mehrheit der Commission unbedingt an, um die Abstimmung zu erleichtern. Hr. Präsident. Sie haben gestern die artikelwcise Berathung beschlossen, und es haben sich über die in Frage liegende Angelegenheit nicht weniger denn 32 Redner vernehmen lassen. Niemand wird die Schwierigkeit verkennen können, welche nach einer so langen Berathung bei der Abstimmung über die verschiedenen zum Theil verwickelten und in einander übergreifenden Anträge eintreten dürfte. Ich weiß nicht, ob ich so glücklich bin, einen Ausweg zu finden, und die Abstimmung so einrichten zu können, daß Sie da- durch befriedigt werden. Indessen will ich Ließ versuchen, und die Anträge so zur Abstimmung bringen, wie ich glaube, daß Reglement und Uebung eS mit sich führen re. Für den §. 1 des KommissionalantrageS erheben sich S 3 Stimmen; dem Antrage des Herrn Fürsprech Fahrländer pflichten bei 69 ; und für den §. 1 des Antrages deö Herrn Landammann Waller stimmen 67 , wobei Las Gegenwehr 126 Stimmen beträgt. Hr. Präsident. Da sich kein absolutes Mehr ergeben, so schlage ich die grundsätzliche Abstimmung vor. Ich will indessen vernehmen, was Sie unter diesen Umständen thun wollen, ob Sie nun vielleicht den §. 2 des Commissional- vorschlages in Berathung zu ziehen gedenken. Hr. Landammann Waller. Die Angelegenheit ist von der Art, daß sich auch gegen diesen zweiten §. deS Commissional- vorschlageS die Mehrheit der Stimmen erheben müßten, denn diejenigen von Ihnen, welche den ersten §. nicht angenommen haben, würden sich schwerlich mit dem zweiten befreunden können. Und da es nicht nur einer Abstimmung, sondern einer ernsten und der Frage angemessenen Besprechung bedarf, wobei ich vorzüglich die vier übrigen Artikel des Com- - 558 missionalvorschlageS noch einer nähern Prüfung unterwerfen werde, — so stelle ich den Antrag, um sich nicht noch mehr zu verwickeln, daß wir für heute die Sitzung schließen und morgen wieder fortfahren. Dieser Antrag wird beschlossen, und die Sitzung aufgehoben. Sitzung vo«l LS Mai Das Protokoll der gestrigen Sitzung wird nach statt- gefundenem Namensaufruf verlesen und genehmigt. DaS Kreiswahlprotokoll von Leuggern, wo an die Stelle des Herrn von Schmid zum Mitglied des Gr. Rathes Herr Schullehrer Vögelt von Epen gewählt worden ist, wird zur Untersuchung der Wahlprotokollvrüfungö. Commission zuge- wiesen. Hr. Präsident. Bei der gestrigen Abstimmung hat sich für keinen der gestellten Anträge eine absolute Mehrheit ergeben. Ich fahre nun fort und eröffne über den Z. 2 des Commisstonalantrages die Berathung. Hr. Ammann Jäger. Es hat die bisherige, seit zwei- vollen Tagen angestandene Diskussion über die Klosterfrage umfangreich gewaltet, so daß ich glaube, der Stoff sei in allen Beziehungen hinlänglich erörtert und auseinandergesetzt. Es hat sich in Folge der verschiedenen Ansichten über die AbstimmungSweise der Uebelftand herausgestellt, daß man gestern nur über den §. 1 des Commissionalvorschlages abgestimmt hat. Nun möchte ich beantragen, daß die 2 und 3 der Commissionsvorschläge gemeinschaftlich in Berathung kommen, weil sie den Anträgen deö Kl. Rathes entgegen sind, und daraus ausgehen, mit den eidgenössischen Ständen in nochmalige Unterhandlung einzutreten, während der Kl. Rath dies nicht will. Auch bin ich gesonnen, gegenüber den 2 und 3 des Commissionalvorschlages einen eigenen Antrag zu bringen. Ueberhaupt scheint es mir besser, wenn nicht nur einzelne Bruchstücke, sondern wenn etwas Ganzes berathen und darüber abgestimmt wird, und deshalb trage ich bestimmt darauf an, daß über die 2 und 3 des Commissionalvorschlages zusammen eine Abstimmung vorgenommen werde. Hr. Berichterstatter Tanner. Ich meinerseits möchte die OrdnungSmotion des HHerrn Jäger unterstützen, und 559 — füge bei/ daß der §. 3 des CommissionalvorschlageS dem klein- räthlichen Antrage gegenüber steht. Hr. Staatskassier Guter. Mir scheint es/ nachdem die Berathung nicht nur über den i / sondern über den ganzen Commissionalvorschlag sich verbreitet hat/ daß das Wesent- liche der Sache erschöpft sei. So viel an mir liegt/ werde ich weder über die Sache selbst/ noch über den Vorschlag der Commission irgend ein Wort verlieren. Wir sind über die ganze Angelegenheit hinlänglich aufgeklärt/ und jeder von uns weiß gewiß/ zu was er stimmen wird. In dieser Beziehung Künsteleien zu versuche»/ schiene mir unnütz/ ja nicht einmal der Ehre des Gr. Rathes würdig; lassen wir deshalb das bei Seite. Nachdem nun der HHr. Jäger angekündigt hat/ er werde uns einen eigenen Antrag bringe«/ welcher/ Wie ich gehört/ die auseinander gehenden Ansichten möglichst zu vereinigen geeignet sei/ so möchte ich denselben hiemit ersuche»/ uns seinen Antrag vorzulegen. Hr. Präsident. Es ist unverkennbar/ daß die Diskussion über den Commissionalvorschlag in vollem Umfang gewaltet; es ist aber eben so unverkennbar/ daß Sie die artikel- weise Berathung beschlossen haben. Nun schreibt das Reglement vor/ daß die Commisstonalanträge immer zuerst ins Mehr gesetzt werden müsse»/ und wenn Sie der Ansicht des HHrn. Jäger folge»/ so werde ich die §§. 2 und 3 des CommissionalvorschlageS zugleich in Berathung nehmen und darüber abstimmen lassen. Ich werde nun vor allem aus die Ord- nungsmotion des Hrn. Jäger zur Abstimmung bringen. Der Antrag des Herrn Jäger wird beschlossen/ und es wird sonach über die §§. 2 und 3 deS Commission«!. Vorschlages die Berathung eröffnet. Hr. Ammann Jsiger. Ueber die vorliegende Angelegen- heit hatte ich mir schon längst eine Ansicht und Meinung gebildet/ welche von den Commifsionalanträgen der Mehrheit und Minderheit abweichend war. Ich wollte aber gestern keinen neuen Antrag bringe»/ und zwar deßwegen/ um nicht noch mehr zu verwirre«/ und doch zu keinem definitiven Resultat zu gelangen. Das Resultat der gestrigen Abstimmung hat mich zu der Ueberzeugung gebracht/ daß ein Ziel der Abstimmung nicht in deren Form gelegen hat/ und daß demnach ein Ausweg gefunden werden muß/ auf welchem die verschiedenen Ansichten vereinigt werden können. — Das gestrige Abftimmungöergebniß hat mich ermuthigt/ meine gehegte Idee wieder aufzunehmen uud Ihnen in Schrift vorzulegen. Dieses geschieht jedoch nur in der Weift/ daß mein Antrag in seinem Gesammtumfange zuletzt soll zur Abstim- — 560 - nmng gebracht werden. Wenn dann einer der vorhergegangenen Anträge oder alle in der Minderheit bleiben / so habe ich die Aussicht/ daß die Mehrheit der Stimmen sich dann auf meinen Antrag vereinigen dürfte. In dem gegenwärtigen Augenblick wäre eö das größte Unglück/ wenn wir zu keiner definitiven Schlußnahme gelangen könnten; es wäre dies um so mehr gefährlich/ weil/ im Falle wir uns nicht vereinigen könnten/ die Tagsatzung artikelweise und positiv festsetzen würde/ was man zu thun hätte; — ein Ergebniß/ welches unehrenhaft und für den Aargau im höchsten Grade nach- theilig sein müßte. Dies wollen wir aber zu vermeiden suchen und darnach trachten/ unsere Beschlüsse so zu fassen / daß sie uns den beabsichtigten Wunsch realisiern helfen. HHerren/ ich will mir erlauben/ Ihnen meinen schriftlich verfaßten Antrag vorzulegen/ um ihn noch näher zu erläutern; ich will dabei in die Sache nicht weiter eintreten/ indem über dieselbe gesagt worden ist/ was nur immer darüber gesagt werden kann. Mein Antrag / welchen ich gegenüber den Com- missionalanträgen und den Vorschlägen des Kl. Rathes stelle/ lautet folgendermaßen: Den Beschluß der ausserordentlichrn Tagsatzung vom 2. v. M./ wodurch der Stand Aargau eingeladen wird/ die am t3. Jenner abhin gefaßte Schlußnahme der Aufhebung sämmtlicher aargautschen Klöster einer Modifikation zu unterwerfen/ hat der Gr. Rath in reifliche Berathung gezogen/ und dabei erwogen./ daß die hohen eidgenössischen Stände bei Erlaß der Instruktionen auf die letzte außerordentliche Tagsatzung noch nicht mit allen denjenigen Gründen und nähern Verumstän- dungen bekannt sein konnten / welche jene Schlußnahme vom 13. Jenner hervorgerufen oder dieselbe begleiteten / daß demnach die hohen Stände bei Prüfung der seither erhaltenen Aufschlüsse über die aargauischen Klöster und die aargauischcn Zustände im Allgemeinen sich veranlaßt finden dürsten / die hierseitigen Schlußnahmen als faktisch und rechtlich begründet zu erachten. — Von diesen Betrachtungen geleitet hat der Gr. Rath beschlossen: 1) Es sollen die eidgenössischen Mitstände sreundnachbarlich ersucht werden/ dem Tagsatzungskonklufum vom 2. April abhin keine wettere Folge zu geben. 2) Sollte dieses gegen alles Verholst» nicht der Fall sei«/ so ist Aargau aus jenem angestammten vaterländischen Sinne/ den er zu jeder Zeit noch bewährte/ und um zu zeige»/ daß er nie beabsichtige/ den Bund zu verletzen oder dessen Ansehen zu untergraben/ bereit/ seinen Bun- deSbrüderu seine Ueberzeugung so weit möglich zum Opfer 561 - zu bringt«, «nd er wird ungesäumt darüber in Berathung treten, welche Modifikationen in der Schlußnahme vom 13 . Ienner 1841 ohne wesentliche Beeinträchtigung der Wohlfahrt unseres Kantons möglich seien. 3) Im gleichen Sinne, aus gleichen eidgenössischen Rücksichten und um die Aufrichtigkeit dieser Erklärung zu beurkunden, sollen alle fernern Liquidationsmaßregeln, so weit sie die durch Dekret vom 7. November 18S5 festgestellten Verwaltungsbefugnisse überschreiten, für einstweilen eingestellt bleiben. Als vierten Antrag möchte ich den von der Commission vorgeschlagenen Artikel 5 aufnehmen, welcher dahin geht, daß der Gr. Rath die Klöster nicht aus einer gewinnsüchtigen Absicht aufgehoben habe, sondern daß das Klostergut auf alle Zeiten frommen christlichen Zwecken gewidmet bleibe, so wie daß die Räumlichkeiten der Klöster durch ihre Verwen- düng dem Willen der Stifter nicht fremd bleiben sollen. — Erlauben Sie mir nun noch, daß ich Hochdieselben noch auf verschiedene Punkte aufmerksam mache. Einerseits steht die Commission mit der Regierung in der Weise im Widerspruch, daß jene noch eine neue Berathung will, während dem diese ge- rade in bestimmte Konzessionen eintreten möchte. Ich habe nun die Ansicht, daß wenn man Konzessionen machen will, dieselben sofort und ohne Umschweife gemacht werden sollten, denn wenn wir verlangen, die Tagsatzung solle noch einmal die Sache zur Hand nehmen und darüber eintreten, so würde dies eine leere Formsache sein, und dieselbe würde sich ganz einfach darüber berathschlagen, ob sie sich mit dem Klostcr- aufhebungsdekret begnügen wolle, oder aber ob ihr bereits gefaßter Beschluß gehandhabt werden müsse. Wie ich aber weiß, so wünscht die große Mehrheit des Gr. Rathes, daß man die Tagsatzung noch einmal veranlasse, über die Sache des Nähern einzutreten und nach Befund der Sache ihre Beschlüsse zu modifiziren, weil zur Zeit, als von den Stän- den die Instruktionen beschlossen wurden, dieselben über den wahren Sachverhalt der Klosterfrage nicht genugsam unter- richtet waren. Mein Antrag stimmt in dieser Hinsicht mit dem der Commission überein; er differirt aber darin, daß er noch nicht bestimmte Konzessionen machen will. Der Kanton Aargau muß sich dem Bunde unterordnen, weil dieser höher steht, und deswegen möchte ich zuerst noch versuchen, ob auf die angegebene Weise das Tagsatzungskonklusum nicht modifizier werden könnte. Wenn keine Abänderungen geschehen, so wird es sich dann erst fragen, was wir in Bezug auf da§ Klosteraufhebungsdekret für Modifikationen eintreten lassen Verhandl. des Gr. Raths. 1841. 71 — 562 — müssen. Ich glaube, es sei dieser Schritt der Sache angemessen; die Stellung gegenüber der reformirren Bevölkerung erfordert, daß wir die Sache noch einmal der Tagsatzung unterstellen, und erst dann ModistkationSbeschlüsse eintreten lassen, wenn nichts anderes, nichts besseres zu hoffen ist. HHerren! Ich habe in einem dritten Paragraphen beantragt, daß man sich über den Grundsatz auSsprcche, der Gr. Rath beschließe positiv und unzweideutig, daß alle fernern Liqui- dationsmaßnahmen, so weit sie die festgestellten VerwaltungS- befugnisse überschreiten, für einstweilen eingestellt bleiben. Und wenn wir uns auch in dieser Beziehung offen auSsprechen, so werden wir am Besten zum Ziele gelangen. Ich rathe dies sofort zu thun, damit die Tagsatzung einsehe, eS sei der Aargau bereit das zu thun, was er verspricht, damit sie ferner einsehe, daß das Gesagte nicht dilatorisch sei, um dem gegebenen Versprechen wieder auszuweichen. — Indem ich mich nun enthalte, den Inhalt meines Antrages näher zu begründen, empfehle ich Ihnen denselben einfach zur Genehmigung; denn alles Materielle ist bereits genug behan- delt worden. Hr. Berichterstatter Tann er. Die Mehrheit der Commission hat nach Würdigung aller Verhältnisse gefunden, dasjenige Opfer bringen zu müssen, um den Frieden in der Eidgenossenschaft wieder herzustellen, welches in ihrem dritten Antrage niedergelegt ist. Dieses Opfer ist von keiner Seite angenommen worden; es wäre jedoch anzunehmen ge- wesen, daß der Commisstonalantrag von einer gewissen Seite härte unterstützt werden sollen; der vermittelnde Antrag der Commission, statt daß er eine gerechte Würdigung und Anerkennung gefunden hätte, ist vielmehr in dieser hohen Be- hörde von einer Mehrzahl der Katholiken öffentlich bekämpft worden. Ich habe mit meinen Committenten, welche gegenüber der Eidgenossenschaft ein Opfer bringen wollten, Rücksprache genommen, ob sie auf ihren Anträgen beharren wollen, und die Mehrheit der Commissionsmitglieder hat mir nun erklärt, daß sie sich an den Antrag des HHrn. Jäger anschließe, was ich Ihnen hiemit eröffne. Meine Aussage hat jedoch nicht den Zweck, den ganzen Commisstonalantrag zu beseitigen, weil ein Commissionsmitglied nicht anwesend ist und seine Stimme hierüber nicht hat abgeben können; die andern aber erklären, wie bereits bemerkt, daß sie zum Antrage des Hrn. Jäger stimmen werden. Hr. Regierungsrath Dorer. Ich für meine Person begreife die Motive ganz gut, welche der HHr. Jäger für seinen Antrag hat; aber diese Motive könnten mich nicht Z63 bewege»/ demselben meine Zusiimmnng zu ertheilen. — ES war einmal ein König in Rom, zu welchem eine Frau mit neun WciSheitsbüchern kam/ und sie ihm zum Kauf anbot. Der König wollte keine; die Frau ging mit denselben nach Hause und verbrannte drei davon. Sie kam zum zweiten Mal und bot dem König ihre Bücher aber um den doppelten Preis an; der König wollte auch jetzt keine/ und die Frau ging nach Hause und verbrannte wieder drei davon. Mit den übrig gebliebenen Büchern kehrte die Frau zum dritten Mal zum König zurück und bot ihm dieselben um den dreifachen Preis zum Kauf an. Der König kaufte die übriggebliebenen Bücher um den dreifach erhöhten Preis. Auch mit der Klosterfrage wird nach meiner Anficht das Gleiche geschehen. Ich bin keiner derjenigen/ welche nicht gern gesehen/ daß die außerordentliche Tagsatzung in dieser Sache gehandelt; ich scheue weder die ordentliche noch die außer, ordentliche Tagsatzung/ aber ich besorgte/ daß die Schweiz in zwei Heerlager getheilt werde/ wovon ich mir nichts Gutes versprach. Was war die Absicht der Tagsatzung? Gefahr zu verhüte»/ zu verhüten, daß diese Heerlager nicht stattfinden können. ES ist ihr gelungen / aber wie? Sie hat den Entscheid gefaßt/ dem Aargau zu überlassen/ wie er ihrem Beschlusse nachkommen möge. Der Bund hat die Frage weise an den Aargau zurückgestellt/ zurück auf ein Terrain/ auf welchem unsere Gegner in der Folge mehr machen können, alS wir glauben. Ich bin mir und Ihnen die Erklärung schuldig/ daß ich nach dem Gesagten zu dem Antrage des Hrn. Jäger nicht stimmen könnte/ auch noch aus dem Grunde, weil ich finde, daß derselbe mit der Würde und Ehre der obersten Landeöbehörde nicht im Einklänge steht. Man- muß wissen, was man will und wo man steht; man muß nicht der Unbestimmtheit Thür und Thor öffnen. Der Antrag des Hrn. Jäger heißt mit andern Worten nur, was Hr. Dierschi gesagt hat; er ist in meinen Augen nur eine diplomatische Wendung. Ich werde demselben meine Zustimmung nicht geben. Hr. Berichterstatter Tanner. Das von Hrn. Regicrungs- rath Dorer Gesprochene ist nach meinem Dafürhalten Wahr- hett; diese Ansichten sind von der Commission mehrseitig entwickelt, aber von Ihnen nicht beachtet worden. Ich wiederhole noch einmal, die Minderheit der Commission könne nicht bei dem stehen bleiben, was sie beantragt hat. Unter den obwaltenden Umständen hat der Antrag des Hrn. Jäger zur Folge, daß die Tagsatzung die Sache noch einmal zur Hand nimmt, und das beschließt, waS wir wünschen, oder aber das beschließt und befiehlt/ was Ihre Commission freiwillig hat darbringen/ als freiwilliges Opfer auf den Altar des Vaterlandes hat legen wolle»/ wodurch viele Eidgenossen mit dem Aargau versöhnt worden wären; oder endlich könnte die Tagsatzung auch befehlen wolle»/ was wir gar nicht wünschen. Wen« aber unter gewissen Einflüsse« die Tagfatzung das Maß ihrer Aufgabe überschreiten sollte/ so tra- gen wir nicht die Schuld. Die Commission hat darauf angetragen/ zu trachten, daß man die Sache schnell beendige« könne. ES ist nun aber klär und zur Obliegenheit der Commission geworden, ihre Anträge fallen zu lassen. Hr. Siegfried. Ich will mich nicht mehr in weitere Erörterungen einlassen, sondern erlaube mir nur zu erklären, daß ich dafür halte, daß, wenn der Antrag des Hrn. Jäger angenommen wird, sich Aargau in der Zukunft schwerlich besser befinde, als wenn die Commisfionalvsrschläge angenommen würden. Der reformirten Bevölkerung wegen möchte ich hier keine Concessionen verwerfen, denn ich glaube, wir würden derselben einen eben so großen Gefallen erweisen durch die Annahme der Anträge der Commission, als durch irgend andere Schlußnahmen; jedoch Sie müssen entscheiden; ich maße mir nicht die Weisheit an, Ihnen für die Zukunft sagen zu wollen, was wir durch diesen oder jenen Beschluß zu gewärtigen haben. Indessen halte ich immer dafür, daß Wilhelm 1 „ Staatskassier Guter 2 „ Bez.Richter Gautschi 1 verloren _1 147 Hr. Siegfried. Ich erkläre/ daß/ wenn ich auch gewählt würde/ ich die Wahl nicht annehmen könnte. Hr. Jäger. Auch mir ist die Ehre zu Theil geworden, daß man mich auf dre Liste derjenigen bringt, welche gewählt werden sollen. Ich erkläre, daß ich die Wahl nicht annehmen könnte, und muß bitten, mir keine Stimme mehr zu geben. Hr. Dr. Bruggisser. Ich gebe die gleiche Erklärung. Hr. Fahrländer. Auch ich muß diejenigen Mitglieder, welche mir gestimmt haben, bitten, mich aus der Wahl zu lassen. Veehandl. des Gr. Raths. 1841. 75 - 594 Im zweiten Serutinim» erhalten Stimmen: Hr. Fahrender s » Jäger 19 » Dr. Bruggisser 48 „ Lindenmann 32 „ Bez.Amt. Frey is » Siegfried 3 „ Präsidt. Keller 7 „ Fröhlich 4 -> StaatSkass. Guter 3 verloren 2 142 Im dritten Scrutininm erhalten Stimmen: Hr. Fahrläuder 2 » Jäger , 1 „ Dr. Bruggisser Z3 „ Lindenmann 80 » Bez.Amt. Frey_8^ 144 Demnach ist gewählt der HHr. Lindenmann. Hr. Vize-Präsident. An der Tagesordnung ist die Berathung über den Entwurf eines ReglementeS für den Er. Rath. Hr. Tanner. Mein Geist ist ermüdet, er fühlt die Folgen der lange gewarteten Berathungen und Abstimmungen. Deswegen stelle ich den Antrag, der Gr. Rath möchte sich vertagen, wenn nicht etwa noch andere Geschäfte vorhanden sind. Hr. Waller. Allerdings mußten seit drei Tagen die Sitzungen des Gr. Rathes ermüden, indessen hat eine Nacht 1 seither wieder Stärkung gebracht, und ich glaube, die hohe Versammlung habe sich heute durch ein einziges Wahl- geschäft nicht so ermüdet, daß sie nicht fortfahren könnte. Ich muß deshalb den Antrag des HHerrn Tanner widersprechen, und wünschen, daß der Gr. Rath hier bleibe und auch morgen noch seine Berathungen fortsetze. Wie man mir sagt, so soll diese Woche gerade noch diejenige sein, in der die Landleute am wenigsten Zeit versäumen. Dann ist doch die Berathung des Großrathsreglementes ein dringendes Geschäft. Ich möchte antragen fortzufahren. Hr. Dietschi. Es rückt die Heuerndtezeit heran, und viele von den Mitgliedern des Gr. Rathes müssen während dieser Zeit zu Hause bleiben. Ich glaube also, wir sollen jetzt fortfahren, und was vorgelegt ist, fertig machen. Daß 595 wir müde geworden sind/ das ist wahr/ ich bin auch müde geworden/ aber was hinter uns ist/ das ist fertig/ und ich will gerne fortfahre». Der Antrag des Herrn Tanner bleibt in der Minderheit. §r. Jäger. Ich habe so eben dem Präsidium eine» Bericht eingegeben über mehrere nachträgliche Kreditbegehren des Kl. Rathes. Da diese Gegenstände dringend sind/ so möchte ich das Präsidium bitten/ diese Geschäfte jetzt noch vorzunehmen. Es wird beschlossen, in Abänderung der Tagesordnung diese Berichte zn erledigen. Hr. Jäger erstattet demnach den Commissionalbericht über folgende nachträgliche Kreditbegehren des Kl. Rathes: i) von 2000 Frk. für die Landsassenkassa; 2) von 8ooo Frk. für die Kleidung von soo Milizen; von 12,000 Frk. für die Bewaffnung der Infanterie-Soldaten, und 4) von 1960 Frk. für 50 neue Betten in die Kaserne. Es wird ohne Diskussion beschlösse«/ diese nachträglichen Kredite zu bewilligen. Hr. Negierungüsekretär Wagner erstattet den Commis- sionalbericbt über den Entwurf eines GroßrathsreglementeS. Die ar'tikelweise Berathung wird beschlossen. Die §§. 1 bis und mit 4 werden unverändert angenommen. §.5. Hr. Dr. Ammann. Hier wird gesagt/ wenn ein Mitglied dreimal in Jahresfrist am ersten SitzungStage nicht erscheine/ so müsse eS dem Kreise verzeigt werden / nun sind aber nur 2 reglementarische Sitzungen festgesetzt/ und wenn wir also nicht mehrere Sitzungen voraussetze»/ so kann ein Mitglied nicht dreimal am ersten SitzungStage fehlen. Ich möchte deshalb den Antrag stellen/ daß dieser tz. zur bessern Redaktion an die Commission zurückgewiesen werde. Hr. Schmiel. Ich möchte antrage»/ den ganzen §. zu streichen / denn er stammt aus einer Zeit her / wo eine gewisse JndiSciplin in dem Gr. Rathe eingerissen war, und wo oft Mitglieder sich erlaubte»/ am ersten SitzungStage wegzubleiben. Diese Bestimmung ist nun nicht mehr nöthig, und sie steht dem Reglcmente auch nicht wohl an. Abgesehen aber davon/ und zudem möchte ich nicht etwas beschließe»/ das nicht ausgeführt werden kann. Wenn dem Kreise eine. Anzeige gemacht werden soll/ so möchte ich fragen/ auf welche Weise und auf welche Art? Der Kl. Rath müßte ersucht werden, eine KreiSversammlung zu veranstalten , damit das betreffende Mitglied durch den Friedensrichter oder Statthalter vor dem Kreise die Mahnung erhalte, fleißiger zur 596 Sitzung des Gr. Rathes zu erscheine«. Wollen Sie nun die Bürger eines Kreises zusammen kommen lasse«/ um anzuhören/ wie der Friedensrichter einem Repräsentanten eine Zuschrift eröffnet? In diesem liegt also eine Theorie/ die nicht wohl anwendbar ist/ und wegen einem so klägliche» Resultat würde gewiß nie eine Kreisversammlung veranstal- ret. Aus diesen Gründen trage ich an/ den Z ganz zu streiche«. Hr. Staatskassier Guter. Indem ich den gefallenen Antrag unterstütze/ muß ich noch bemerke»/ daß/ soviel ich mich erinnere/ dieser §. nie vollzogen worden ist. Ich glaube aber/ Sie noch auf einen andern Umstand aufmerksam machen zu müssen. ES liegt in der Zusammenstellung der §§. dieses Reglementes etwas unlogisches/ denn es sind im sechsten Ab- schnitte Bestimmungen enthalten/ die in den ersten Abschnitt gehöre»/ so z. B. die Verlesung des NamensverzeichnisseS/ die Ertheilung von Urlaub/ die Dauer der Sitzungszeit und die Bestimmung/ daß alle Mitglieder den Sitzungen fleißig beiwohnen sollen. Aus diesen Gründen stelle ich den Antrag/ daß der §. 122 an der Stelle des §. s hier folgen, und daß auch die §§. 123, 125 und 126 in diesen Abschnitt hergezogen werden sollen. Hr. Dr. Ammann. Da durch den Antrag des Herrn Schmtel der Uebelstand/ den ich früher rügte/ wegfällt, so stimme ich ihm bei/ aber ich stimme auch dem Hrn. Guter bei/ weil so die Ordnung im Reglement logischer wird. Ich ziehe also meinen Antrag zurück, und schließe mich diesen beiden Anträgen an. Hr. Dr. Thut. Ich bin im Wesentlichen mit tzem HH. Surer einverstanden/ aber ich möchte auch die Bestimmung des tz. 124 hier noch aufgenommen wissen, nämlich daß, wer den Sitzungen nicht beiwohnt/ durch Eilboten einberufen werden soll. Diese Vorschrift ist dann auch die Strafbestim- mung/ welche man im tz. s wollte. Deswegen stelle ich den Antrag/ daß der §. 5 gestrichen werde, daß aber die Commission bis morgen antragen soll, was aus dem sechsten Abschnitt hieher zu ziehen sei. Hr. Jäger. Es liegt wohl nicht viel daran, ob der §. 5 gestrichen werde oder nicht. Freilich kann man sich durch Eilboten helfen, um die Vollzähligkeit zu erlangen, aber doch ist dieser §. 5 nicht ganz unnütz, denn es kann auch der Fall sein, daß viele Mitglieder es sich zur Gewohnheit machen, am ersten SitzungStage nicht zu erscheinen, und in einem solchen Falle wäre der §. 6 nicht unnütz. Nützt er übrigens nichts/ so schadet er auch nichts, und ich trage an, ihn 5S7 stehen zu lassen. Was dann die Bcstimmunq betrifft/ daß ein Mitglied fleißig zur Sitzung erscheinen soll/ so ist die. selbe überflüssig/ denn wer den Eid als Mitglied des Gr. Rathes geschworen hat/ wird wohl dadurch gehalten sei»/ seine Pflicht zu erfüllen. Indessen dient diese Bestimmung/ daß Jemand gehalten sei/ den Sitzungen beizuwohnen/ nur zur Verbindung mit der noch folgenden Bestimmung/ daß wer nicht fleißig erscheine/ die Reiseentschädigung verlieren soll. Deswegen ist also der Art. 124 ganz am Ort. Wollte man also diese Bestimmung wegnehmen/ so wäre dann die andere Bestimmung des §. 124 bezüglich auf die Reisegelder nicht mehr am Ort. Ich stelle den Antrag/ beim §. L stehen zu bleibe«/ denn auch die Bedenklichkeit des Hrn. Dr. Am. mann ist unbegründet/ indem wir bisher zwischen SitzungS. Perioden und Sitzungszeiten unterschieden haben; und wir haben nur zwei Sitzungsperiode«/ während dem wir 4, 6 bis 8 Sitzungszeiten haben. Ich unterstütze wiederholt die unveränderte Annahme des §. s. Hr. Thut. Ich wiederhole noch einmal/ daß nach meiner Ansicht der §. Z gestrichen werden soll/ um so mehr/ da ich mir vorbehalten/ einen Zusatz zum §. it9 aufzunehmen/ der die Stenographen betrifft/ und vorschreibt/ daß in jedem Verhandlungsblalt die Namen derjenigen erscheinen solle»/ welche nicht in der Versammlung waren. Es ist wahrlich nicht nöthig/ daß im s eine solche Zuchtruthe dastehe/ während dem jedes Mitglied/ vermöge seiner EideSpsticht/ fleißig zur Sitzung erscheinen soll/ und eS gehören auch nicht alle dortigen Bestimmungen in den sechsten Abschnitt: „Von der Berechnung und AuSbezahlung der Reisegelder." Deswegen stelle ich den Antrag / daß die im sechsten Abschnitt enthaltenen Bestimmungen zusammen geschmolzen und hieher gezogen werden solle«. Hr. Regierungssekretär Wagner. Wenn nicht geleug« net werden kau»/ daß der §. 5 nicht ehrenhaft dasteht/ da er aus einer Zeit stammt/ wo man darauf sehen mußte/ den Gr. Rath vor Entvölkerung zu bewahren/ so könnte ich ihn doch nicht streichen und nur Bestimmungen aus dem sechsten Abschnitt hieher nehmen. Die Bestimmungen des sechsten Abschnittes machen ein abgeschiedenes Ganzes aus/ und sie können um so weniger hieher gezogen werde«/ da die Commission auch noch auf Erweiterungen derselben anträgt. Der Vertrag des HHrn. Jäger erspart mir mehrere Gründe vor- zutragen. Es ist allerdings Unzweckmäßiges gesagt worden/ so z. B./ daß. man nicht eine KreiSversammlung werde ver- ««stalten wolle»/ damit die Bürger hören/ wie der Friedens- 598 richter oder Statthalter einem Mttgliede des Gr. Rathes den Text lese, denn es ist ja nirgends gesagt, daß dieses geschehen müsse. Uebrigens kann ja diese Anzeige doch geschehen und ich möchte sie nicht fallen lasse«, indem sie immer noch ein Warnungsmittel ist. Ich unterstütze den Antrag der Commission. Hr. Präsident Keller. Ich unterstütze diesen Antrag auch, aber mit einiger Abänderung, denn ich halte dafür, diese Bestimmung werde auf solche Mitglieder des Gr. Rathes gut wirken, welche gewohnt sind, ihre Pflicht nicht so ganz getreu zu erfüllen. Ich habe schon oft gehört, daß Mitglieder des Gr. Rathes sagten: ich komme am ersten Sitzungs- tag noch nicht, denn es gibt ja doch nichts. Ich möchte nicht, daß solche Reden bei den Mitgliedern des Gr. Rathes noch mehr einwurzeln, dessen ungeachtet aber soll nicht ein Kreis wegen einer solchen Anzeige versammelt werden, sondern ich möchte folgende Redaktion vorschlagen: »Wenn ein Mitglied.... soll dem Vorsteher des! Kreises Anzeige gemacht werden, damit er bei der nächsten Kreisversammlung davon dem Kreise Anzeige mache." Hr. Thut. Ich möchte den §. 5 in folgender Redaktion vorschlagen: » Jedes Mitglied ist verpflichtet allen Sitzungen »des Gr. Rathes fleißig beizuwohnen; wer ohne Erlaubniß »oder ohne erheblich erklärte Gründe drei Mal den Sitzungen nicht beiwohnt, wird durch Eilboten in seinen Kosten »einberufen." Hr. StaatSkassier Suter. Ich glaube, daß dieser §. aus dem Reglements verschwinden sollte. Stellen Sie sich vor, daß ein Beamter (und wir haben deren viele im Gr. Rathe) drei Mal unentschuldigt sich wegbcgebcn muß, oder hier nicht erscheinen kann, und bedenken Sie, wie schwankend oft der Gr. Rath in der Annahme oder Abweisung von Entschuldigungen ist, so daß heute diegleichen Entschuldigungsgründe angenommen oder morgen verworfen werden, und Sie können den §. 5, wie er vorliegt, nicht wohl vollziehen. Ich finde also etwas entwürdigendes in der vorliegenden Bestimmung und ich möchte auf Streichung des 5 antragen. Würde LaS nicht beliebt, so würde ich zu Anfang deS sagen: »Jedes Mitglied ist verpstichtet allen Sitzungen des Gr.Rathes »beizuwohnen." Damir^ wir nnS aber nicht in Redaktionen verlieren, so unterstütze ich den Antrag auf Zurückweisung. Hr. Schmiel. Ich schließe mich dem letztgefallenen Antrage gerne an, um so mehr, weil cS nothwendig ist, daß aus dem sechste» Abschnitt mehrere Bestimmungen hieher gezogen werden. Die 125 und l26 gehören gewiß nicht 599 dorthin, sondern hieher. Ich möchte aber immerhin den Z. 5 . hier wegfallen lassen, und wenn Sie dennoch eine Strafte. Kimmung aufnehmen wollen, so schiene eS mir besser zu sein. wenn der Präsident des Gr. Rathes einem «»fleißigen Mit. gliede einen Verweis ertheilen müßte. So etwas schiene mir anständiger, alS wenn ein Friedensrichter oder Statt- Halter einem Mitgliede des Gr. Rathes den Kopf waschen müft-e. Die Mitglieder des Gr. Rathes müßten wenig mehr geachtet sein, wenn sie vor einer KretSversammlung einen Verweis empfangen sollten. Die Zurückweisung an die Commission wird beschlossen. §. 6 . Hr. Fürsprech Dössekel. Der Kl.Rath und die Com- mission schlagen vor, daß zur Gültigkeit einer Verhandlung die Anwesenheit der absoluten Mehrheit der Mitglieder genügend sei. Abermals aus Konsequenz kann ich einer solchen Bestimmung nicht beipflichten, und ich habe bei der Festsetzung des frühern Reglementes mich dafür erhoben, daß zwei Durcheile der Mitglieder anwesend sein müssen. Die bisherige Verfassung hat 200 Mitglieder für den Gr. Rath bestimmt, und nach der gegenwärtigen Verfassung kann derselbe schon aus 214 Mitgliedern bestehen, und so sollen in Zukunft auch nicht weniger Mitglieder als bisher gültige Beschlüsse fassen können. Ich denke es liege im Geiste unserer Staatsorganisation und der Verfassung, daß wir nicht papicrne Rarhö- herrcn haben, sondern solche die da sind, wo die Pflicht sie hinruft. Darin liegt eine Garantie für das Volk, daß dasselbe so zahlreich als möglich repräsentirt sei, und daß seine Repräsentanten Theil nehmen an den Berathungen über Gesetze und Verfügungen, damit diese mit der Ansicht des Volkes die möglichst größte Uebereinstimmung erhalten. Wenn bisher 134 Mitglieder anwesend sein mußten, um einen gültigen Beschluß fassen zu können, so konnten 68 Mitglieder ein sehr wichtiges Gesetz beschließen, aber dessen ungeachtet schlägt man uns heute vor, daß von 108 anwesenden Mit- gliedern 55 möglicherweise das allerwichtigste Gesetz sollen beschließen können. Hierin finde ich nicht die mindeste Garantie für eine gute Gesetzgebung, sondern es sollte die Versammlung so zahlreich als möglich sein. Wenn Sie hier nur die absolute Mehrheit festsetzen, so haben immer 106 Mitglieder die Wahl hieher zu kommen oder nicht, und wenn die Pflichterfüllung etwas lau geworden wäre, so wären wir sehr vielen Uebelftänden ausgesetzt. Haben wir nicht Gesetze beschlossen, über die man sich später beklagte, und welche die Zustimmung des Volkes nicht erhielten? Und ist es also nicht 600 nothwendig, daß über alle Gesetze eine möglichst einsichtsvolle und umsichtigt Berathung stattfinde? In der Zukunft haben wir wieder wichtige Gesetze vor und vielleicht noch wichtigere als wir bisher hatte«, und sorgen wir also dafür, daß immer möglichst viele Mitglieder hier sein müssen; man wird mir vielleicht sagen, der gleiche Grundsatz sei auch in andern gesetzlichen Bestimmungen enthalten, aber dagegen möchte ich bemerken, daß wir nur einen Gr. Rath haben, und daß die zahlreiche Versammlung dieser Behörde besonders nothwendig ist. Man wird mir vielleicht auch den Einwurf machen, daß der Gr. Rath bet der Zahl von 134 oft nicht im Stande gewesen sei, die Geschäfte zu besorgen, aber ich erwiedere hierauf, ob Sie wirklich eine Garantie haben, daß Sie im- mer arbeiten können, wenn auch nur 108 Mitglieder da sein »rüsten? Eine solche Garantie hängt einfach von dem Pflicht- gefühle der Mitglieder ab. Aus diesen Gründen schlage ich für den §. 6 folgende Redaktion vor: „Zur Gültigkeit einer „jeden Verhandlung des Gr. Rathes ist erforderlich, daß „wenigstens zwei Drittheile seiner Mitglieder anwesend seien." Hr. Staatskassier Guter. Ich habe das Wort im gleichen Augenblicke verlangt, wo der HHr. Präopinant, und ich wollte den gleichen Antrag stellen, den er mit vieler Klarheit begründet hat. Nur eine möglichst zahlreiche Versammlung kann die Garantie darbieten, daß die Beschlüsse reiflich berathen und gefaßt werden. Zudem würden wir mit dem Antrage des Kl. Rathes und der Commission vielleicht großen Unmuth im Lande hervorrufen und Mißtrauen wecken, und ich wünsche deshalb, daß wir bei dem bisherigen Grundsatz verbleiben. Hr. Dr. Thut. Wenn auch mit vieler Umsicht und Klarheit vorgetragene Gründe gegen den Commissionalantrag sprechen, so möchte ich Ihnen doch einiges ins Gedächtniß zurückrufen, welches den Antrag des HHrn. Dössekel bedenk, lich macht. Der 13. Jenner ist Ihnen gewiß noch lebhaft im Gedächtniß. Wenn nun ein Landestheil in Währung wäre, so möchte ich Sie fragen, wie leicht nicht der Fall eintreten dürfte, daß der Gr. Rath gar nichts mehr ver- fügen könnte? — Wenn also der Antrag des HHrn. Dössekel beschlossen werden sollte, so möchte ich den Zusatz be- antragen: „In dringenden Fällen kann jedoch die absolute „Mehrheit Beschlüsse fassen." Hr. Dietschi. Die Zeit hat den Gr. Rath gelehrt und die Erfahrung hat gezeigt, daß wir Ordnung haben und uns zahlreich versammeln sollen. Die Kreise wählen Männer, auf welche sie das Vertrauen haben, und die Großräthe, 601 welche ihre Pflicht nicht erfülle»/ verdienen Verachtung und erhalten sie auch. Wenn ein Großrarh bei Krankheitsfällen nicht erscheint/ so ist er immer noch Scscheidelich, aber wenn der Mann gesund ist/ und den Namen Großrarh haben will/ so soll er auch seine Pflicht erfüllen. ES ist Pflicht eines Mitgliedes/ daß eS arbeite/ und wer das nicht thut/ der ist nur ein halber Großrath. Ich stimme zum HHrn. Dössekel, und zwar mit Ueberzeugung/ denn sein Vorrrag ist noth- wendig/ und das ganze Volk wird ihm beistimmen. Hr. Schaufelbühl. Ich habe schon im Kl. Rathe die Ansicht des HHrn. Dössekel ausgesprochen. Schon im Jahr 1831 hat man eine möglichst große Repräsentation zu schaffen gesucht, und zwar aus dem Grunde/ weil wohl blos dadurch der Wille des Volkes in der hohen Versammlung sich kund geben könne. Wenn Sie nun dieses als das oberste Prinzip annehmen/ so können Sie im Reglement nichts anderes be- stimme»/ als was das Volk wollte, und Sie können nicht einen vom Volke angenommenen GrundsatzMöglichft zahlreicher Repräsentation in einem Gesetze nemralisiren. Ich möchte sonst fragen: Wozu diese Bestimmung in der Verfassung? Eben weil von aufferordentlichcn Fällen gesprochen wird, so möchte ich den Antrag der Commission nicht beschließen, und eben deßwegen habe ich das Wort ergriffen, weil man aus außerordentliche Fälle hingedeutet hat. Der HHr. Thut führt den 13. Jenner an. Wenn Sie glauben, daß in einem solchen Falle ein LandeStheil über den andern regieren soll, so müssen Sie auch die Hauptstadt zirkulirrn lassen, damit bald der eine und bald der andere Landestheil herrschen kann. Wenn die Verfassung eine große Repräsentation bestimmt, so soll der Gr. Rath nicht zu seiner Bequemlichkeit sagen können: wir erlauben, daß ioZ Mitglieder zu Hause bleiben können. Das wäre gewiß nicht, was das Volk in der durch die Verfassung festgesetzten Repräsentation will. Ich unterstütze den Antrag des HHrn. Dössekel. Hr. Jäger. Es ist wohl eine natürliche Sache, daß in jeder berathenden Versammlung die Regel gelten müsse, die absolute Mehrheit müsse entscheiden, und zur Fassung einer gültigen Schlußnahme müsse nur die absolute Mehrheit stimmen; aber mit diesem Grundsätze der Entscheidung steht nicht im Widersprüche der Grundsatz des Anwesendseins, der verlangt, wie viele anwesend sein müssen, damit die absolute Mehrheit der Anwesenden beschließen könne. Wenn also der Grundsatz gilt, daß die absolute Mehrheit beschließen kann, so sollen wir nicht hier Bestimmungen aufnehmen, wodurch die Folgen dieses Grundsatzes auf einmal zernichtet werden. Wenn Sie Vcrhandl. des Gr. Raths. 1841. 76 602 auch beim Obergerichte und der Regierung annehme»/ daß die absolute Mehrheit entscheiden könne/ so wollen Sie doch nicht zugebe»/ daß ein Bruchtheil einer Behörde Entscheide fasse/ und zwar damit in der größeren Zahl der Berathenden und Entscheidenden eine größere Garantie für die reis- liche Beurtheilung/ und in dem Geschäftskreise der Behörde eine größere Gleichförmigkeit und Ständigkeit sich zeige. Wenn Sie annehme»/ daß nur zwei Viertheile einer Behörde gültige Beschlüsse sollen fassen könne»/ so können später drei Viertheile die gefaßten Beschlüsse wieder umstürzen; das ist aber nicht so leicht möglich/ wenn immer zwei Drittheile anwesend sein müsse«/ um eine gültige Schlußnahme fassen zu können. Was setzt man dem Antrage des Hrn. Döffekel entgegen? Die Besorgniß/ der Gr. Rath möchte oft nicht in genügender Zahl anwesend sein. Der Antrag der Commission hilft aber hier nicht/ denn je größer die Ausnahme«/ desto größer werden auch die Lizenzen sei»/ und je weniger wir Ausnahmen mache»/ desto fleißiger werden auch die Mitglieder erscheinen. In andern Kantonen/ wo nur die absolute Mehrheit der Mitglieder anwesend sein muß/ sind die Störungen noch öfter eingetreten als bei uns/ und trotz dem/ daß auch Taggelder bestimmt wurden. Ich berühre noch einen Grund/ mit welchem man den Antrag des Kl. Rathes unterstützen wollte. Man spricht von dem Uebelstand/ der bei dem Revolmionszuftande eines Landestheiles eintreten könnte. Man sollte sich scheue»/ so etwas auszu- sprechen und auf so etwas hinzudeuten/ ja/ man soll sich wohl hüte«/ eine solche Befürchtung in das Gesetz aufzunehmen. Thun wir unser Möglichstes/ um einen solchen be- klagenSwerthen Zustand unseres Landes zu verhüten/ und wenn wir es nicht könne»/ so sind wir in einem gestörten Zustande/ und helfen wir uns dann so gut wir können. Eine solche Schlußnahme würde die Verwirrung nur per- mehren und gewiß nicht zu etwas Gutem führen. Ich un- terstütze den Antrag des Hrn. Dössekel. Hr. Tanner. ES sind hier zwei Gesichtspunkte inS Auge zu fassen. Was verlangt die Verfassung? Sie verlangt nicht mehr als was die Vernunft streng mathematisch zu fordern scheint. Wenn also der Gr. Rath aus so und so viel Mitgliedern besteht/ so scheint sie nicht mehr zu fordern/ alS daß die absolute Mehrheit des Gr. Rathes zur Gültigkeit einer Schlußnahme dasei.. Aber dieser Grundsatz kann nickt praktisch sei»/ und würde nur eine Erschlaffung deS Gr. Rathes zur Folge haben. Um die nöthige Energie zu handhabe»/ wollen wir also das Zweidrittelsystem 603 beibehalten/ aber haben wir nicht auch Zeiten erlebt/ die uns bei diesem Systeme gefährlich werden könnten? Haben wir nicht auch schon befürchten müssen/ daß Mitglieder/ um den Entscheid des Gr. Rathes zu hemmen/ den Finkenstrich hat- ten nehmen mögend Ich glaube/ das Reglement soll in der Regel beim Zweidrittelsystem verbleiben/ aber ausnahms- weise in Fälle»/ wo das Staatswohl eS dringend erfordert/ soll dieses natürliche System hervortreten/ und das Zweidrit- telsystem aufhören. Ich unterstütze diesen Antrag/ kann aber jetzt noch keine Redaktion dafür geben. Ich trage deshalb am in diesem Sinne den Gegenstand an die Commission zur Redaktion zurückzuweisen. Diese Redaktion sollte bezwecken/ daß eine Vermittlung der Ansichten hervorgebracht werde. Hr. Vizepräsident.-Der Zusatzantrag des Hrn. Thut würde nun so lauten: „in außerordentlichen Fällen jedoch „kann der Gr. Rath auch bei der absoluten Mehrheit der „Mitglieder gültige Beschlüsse fassen." Hr. Tanner. Mein Antrag auf Zurückweisung kann sich unmöglich mit dem so eben ausgesprochenen Gedanken veret» nigen. Wer bezeichnet die außerordentlichen Fälle? Der Gr. Rath/ und diese Fälle müssen in das Reglement aufge- uommen werden/ und es muß gesagt werde»/ daß ein solches Abgehen von der Regel nur durch den Gr. Rath beschlossen werden könne. Wenn es dem HHrn. Thut gelingt/ in diesem Sinne sogleich einen §. 6 hervorzuzaubern/ der allen An- sichten genügt/ so müßte ich ihn sehr beneide«/ weil aber das schwerlich geschehen wird/ so will ich lieber auf der Zurück- Weisung beharren. Hr. Dr. Bruggisser. Ich habe nicht sprechen wolle«/ aber die unerwartete Wendung der Diskussion bewegt mich dazu. Räch meiner Ansicht soll daS/ was die Verfassung vorschreibt/ nicht durch das Reglement verfälscht oder abgeändert werden. Ich theile die Ansicht nicht/ daß die Vernunft es mit sich bringe/ wenn der Gr.Rath aus 214 Mitgliedern bestehe/ daß nur 108 da sein müssen/ um eine gültige Schlußnahme zu fassen; nein/ ich glaube vielmehr/ die Vernunft und Verfassung bringen eS mit sich/ daß die Repräsentation möglichst zahlreich sei/ und daß alle da seien/ welche nicht wegen Krankheit oder dringenden Geschäften abwesend sein müssen. Die Vernunft kann da nicht etwas wollen/ was die Vernunft wieder nicht will. Die Vernunft verlangt eine möglichst zahlreiche Repräsentation; die Vernunft des Gr. Rarhes hat dem Volke das vor. geschlagen/ die Vernunft des Volkes hat das angenommen/ und der Gr. Rath soll also diese Vernunft in das Reglement aufnehmen und keiner andern Vernunft huldigen. Wenn ein 604 Kreis fünf Repräsentanten wählt und will/ daß sie an der Berathung Theil nehme»/ fo dürfen Sie nicht beschließe»/ daß immer zwei zu Hause bleiben dürfen. Der HHr. Jäger hat sehr richtig unterschieden zwischen den Grundsätzen der Anwesenheit und der Entscheidung. Wenn Sie sagen/ von 200 Mitgliedern könne die absolute Mehrheit hier Berathungen pflegen und Beschlüsse fassen/ so kann der vierte Theil der Repräsentanten die wichtigsten Gesetze erlassen. Sie haben Beispiele, daß es nicht gut ist, wenn nur eine geringe Zahl von Mitgliedern da ist und Gesetze beschließt, und daß es nicht gleichgültig ist, wie diese ausfallen und aufgenommen werden. Ich erinnere Sie au das Betreibungsgesetz, welches nie zur Vollziehung gekommen ist. Bisher müßten 134 Mitglieder da sein, und von diesen konnte die absolute Mehrheit entscheiden. Das Prinzip der Anwesenheit und das Prinzip der Entscheidung sind also ganz verschieden, und der HHr. Jäger hat sie wohl unterschieden. Ich müßte den Vorschlag der Commission als anarchisch betrachten. Wir haben allerdings Beispiele, daß ein ganzer Er. Rath und eine ganze Regierung über den Haufen geworfen werden können, und das können Sie nicht mit einem Reglement verhindern; die Ursachen solcher Erscheinungen liegen so tief, daß man sie nicht mit reglemen- tarischen Bestimmungen beseitigen kann. Welches sind übrigens die ordentlichen und die außerordentlichen Fälle? Diese Entscheidung hinge zufällig von den Anwesenden ab, und heute wäre außerordentlich, was morgen ganz ordentlich wäre, und dafür haben Sie gar keinen Maßstab zur richti- gen Entscheidung. Sie können doch einen Fall nicht als außerordentlich erklären, bevor eine ordentliche Versammlung denselben so beschlossen hat, und Sie sehen also, daß in dem gefallenen Antrage eine petitio pi-ineipü liegt. Wenn der Gr. Rath anS 200 Mitgliedern bestünde, so müßten 134 Mitglieder da sein, um beschließen zu können, daß ein außerordentlicher Fall vorhanden sei, und 101 Mitglieder könnten das nicht thun. ES müßte also auf eine reglementarische Weise bestimmt werden, ob ein Fall außerordentlich sei, nicht nur die anwesende absolute Mehrheit sämmtlicher Mitglieder könnte einen Fall für außerordentlich erklären, und so befänden Sie sich in einem o^clus'viiiosus, der keineswegs von guten Folgen sein würde. DenkenSie sich, daß wir wieder eine Bewegung im Lande hätten, wie sie jüngfthin stattgefunden hat und heute angedeutet wurde, so will ich Ihnen bloß bemerken, daß das Reglement hier nicht helfen könnte. Wen» eine so starke Minorität, und nur eine so schwache Majorität sich zeigen würden, so gingen Sie nur dem Verderben 605 entgegen. Schauen SiehiernichtnuraufdieEreignissedesTages, so Gott will treten solche Fälle nicht mehr ein. Wenn auch einmal der Fall vorhanden war/ daß man befürchten mußte/ nicht in reglementarischcr Zahl versammelt zu sein/ so wollen wir doch wegen einer solchen Befürchtung/ die damals noch unbegründet war/ ein so anarchisches Prinzip hier nicht aufnehmen. Wenn ein solcher Beschluß hier gefaßt würde/ so würden viele Mitglieder unfieißig sei»/ und man würde/ wenn die gefaßten Schlußnahmen nicht gefielen/ hernach sich bemühen/ dieselben wieder zurückzunehmen/ und Sie hätten vor der ganzen Welt den Skandal/ daß Sie heute über den Haufen werfen/ was Sie gestern gemacht haben. Sichern Sie das Ansehen der obersten Landcsbehörde / und das ist der beste Anker für den Kanton. Ich unterstütze/ abgesehen von allen Erscheinungen der Zeit/ rein im Hinblick auf die Sache und die Würde des Gr. Rathes, den Antrag des HHrn. Dössekel. Hr. Dr. Thut. Ich will nur die Erklärung abgeben, daß ich mich dem Antrage des HHrn. Tanncr anschließe/ und zwar deswegen/ weil man mich des vielen Sprechens ungeachtet noch nicht überzeugt hat, daß es nicht außerordentliche Fälle geben könne. Wenn man sagt/ man solle nicht auf Ereignisse dieser Tage hinschauen, so muß ich bemerken, daß dieselben uns denn doch noch zu gut in Erinnerung find, als daß wir fie jetzt schon übersehen könnten. Hr. OScrstl. Waldesbühl. Damit wir einmal zur Abstimmung kommen, unterstütze ich den Antrag des HHrn. Dössekel und zwar ohne Vorbehalt, denn wenn man einen Vorbehalt machen wollte, so könnte man nur den außerordentlichen Fall aufstellen, daß ein Landestheil ganz mit Truppen besetzt wäre. Hr. Regierungsrath Lüscher. Ich möchte nicht zwischen ordentlichen und außerordentlichen Zeiten und Ereignissen unterscheiden. In ungefährlichen Zeiten möchte ich immer zahlreiche Versammlungen haben, damit unsere Schlußnah- mcn möglichst gründlich und leidenschaftslos gefaßt werden; ich möchte aber auch, daß in gefährlichen Zeiten der Große Rath nicht veranlaßt werden könnte, stille zu stehen. Ich erkläre, daß mir der §. genügt, wie er vorliegt, aber gerade deswegen bin ich denn auch ein Mitglied der Versammlung, welches die Coercitivmaßregeln so streng als möglich festsetzen will, um wo möglich die Mitglieder zur Versammlung zu per- anlassen. Ich möchte also einen möglichst zahlreichen Gr. Rath, aber auf der andern Seite möchte ich nicht, daß die absolute Mehrheit gehindert werde, ihre Pflicht zu thun. 606 wenn die Minorität ihre Pflicht außer Acht setzen will. Wenn die absolute Mehrheit da ist/ so soll sie nicht müßig die Hände in den Schooß legen müsse«/ wenn es der Minorität beliebt/ nicht zu kommen; oder soll die Majorität der Minorität sich füge»/ während doch das Umgekehrte überall der Fall ist? Es sollen die nöthigen Coercitivmaßregeln festgesetzt werden/ um die Mitglieder zur fleißigen Erscheinung anzuhalten/ aber daneben soll auch gestattet werde«/ daß die Mehrheit handeln kann/ wenn die Minorität nicht kommt. Das darf um so mehr geschehe«/ weil jedes Gesetz zweimal berathen werden soll/ und weil hierin eine größere Garantie liegt/ als in der bisherigen Bestimmung/ daß 134 Mitglieder anwesend sein müssen. Der HHr. Dr. Bruggisser hat auf das Betreibungsgesetz hingewiesen und gesagt/ wir sollen für die Zukunft solche Fälle nicht mehr möglich machen/ aber gerade dieses Beispiel beweist ja/ daß die Anwesenheit von zwei Drittheilen der Mitglieder nicht die nöthige Garantie darbietet. Dieses Gesetz ist unter dem Prinzip des Zweidrittheil- Systems beschlossen worden/ und eS hat doch niemanden ge- fallen. Machen Sie die strengsten Coercitivmaßregeln und handhaben Sie die reglementarischen Bestimmungen/ aber dann binden Sie auch die Mehrheit des Gr. Rathes nicht/ ihre Pflicht nicht thun zu können. Ich trage an/ daß der §. 6 unverändert angenommen werde. Hr. Staatskassier Guter. Einer der Gründe/ welche zur Unterstützung des Commissionalantrages vorgetragen worden sind/ bestimmt mich/ Ihnen noch eine Bemerkung vor- zutragen. Die Verfassung schreibt vor/ daß über jeden Gesetzesvorschlag eine zweimalige Berathung stattfinden müsse/ und hierin liegt mir gerade ein Grund/ um den Antrag des Herrn Lüscher zu bekämpfen. Wir kämen durch den Antrag Des Hrn. Lüscher mit der Verfassung in den grellsten Wider- spruch/ weil sich die Möglichkeit denken läßt/ daß ein Ge-. setzesvorschlag angenommen/ und bei der zweiten Berathung in seinen wesentlichsten Bestimmungen abgeändert und um- gearbeitet würde/ ohne daß einmal die entschiedene Mehrheit des Gr. Rathes einen Beschluß gefaßt hätte. Wäre das der Volkswille? Mit einer solchen Bestimmung würden wir den Erwartungen unserer Committenten nicht entspreche«/ und das Interesse des Landes nicht wahren. Lassen wir also eine solche Bestimmung bei Seite. Wir haben gegenwärtig 214 und vielleicht bald 220 Mitglieder im Gr. Rathe/ und nun soll eine geringere Zahl Beschlüsse fassen können als bisher? Ich glaube/ das liege nicht in Ihrem Willen. Was den Zusatz der HHerren Thut und Tanner betrifft/ so 607 so trägt dieser den Keim des Widerspruchs und der Zerstörung in sich/ denn gerade in dem Augenblick, da man ihn anwenden will/ stößt man auf die Unmöglichkeit ihn vollziehen zu können. Ich erlaube mir/ den bisherigen Ihnen zu empfehlen/ und schließe mich dem Antrage des HHerrn Dössekel an. Der Antrag der Commission bleibt in der Minderheit; der Antrag des Herrn Dössekel wird beschlossen/ und die Ordnungsmotion des Herrn Tanner bleibt in der Minderheit. Die Commission schlägt vor als §. 7 den h. 7 des alten Reg' lementeS aufzunehmen/ und diesen §.7 als §.9 folgen zu lassen. Dieser Antrag wird beschlossen. Die Commission trägt an/ alö §. 8 den Eid der Mitglie- der des Gr. Rathes einzuschalten. Dieser Antrag wird beschlossen. §. 8 nun L- io. Die Commission trägt an/ den ersten Satz des zweiten Passus so zu redigiren: »Diese Beamten dürfen nicht Mitglieder des Kl. Rathes sein. Hr. Schaufelbühl. Diese Bestimmung ist aus Versehen in das Reglement übergegangen und der Kl. Rath wollte diesen Widerspruch mit der Verfassung nicht. Die meisten des alten Reglementes sind in diesen Entwurf übergegangen/ und so ist dieser Widersvruch mit unterlaufen. Der Antrag der Commission wird beschlossen. Die A 9 bis und mit 1Z nun Z. ii bis und mit 17 werden unverändert angenommen. 16 des Entwurfs nun §. 18. Die Commission schlägt diesen §. in folgender Fassung vor: „Wenn der Präsident die Berathung über einen Gegenstand eröffnet hat/ so ertheilt er jedem Mitgliede/ das darüber zu sprechen verlangt/ nach Anleitung des §.... (alt tz. 72) das Wort in der Reihenfolge/ wie eS begehrt wird/ mit der Ausnahme/ daß wenn eine Ordnungsmotion (§...alt H. 85) gestellt werden will/ der diesfällige Antragsteller vor allen andern das Wort erhalten soll. Wünscht der Präsident selbst das Wort zu nehmen/ so läßt er sich hiefür im gleichen Range mit den übrigen Mitgliedern anschreiben. Für die Dauer seines Vortrages verläßt er den Präsidentenstuhl; seine Stelle wird unterdessen von dem Vizepräsidenten »er- sehen." Hr. Dr. Bruggisser wünscht/ daß der §. so/ wie ihn der Kl. Rath vorschlägt/ beibehalten werde. Es sei ihm nicht ersichtlich/ warum die Commission von den im §. 79 enthaltenen Bestimmungen in Bezug auf die Ordnungsmotion 608 abgehen wolle/ da doch in der abschnittweisen Berathung nicht die Reihenfolge der Redner, sondern der Gegenstand über den Vorzug der Motion entscheide. Das gegenwärtige Reglement sei aus der Erfahrung hervorgegangen, und dieser §. habe sich bisher als gut bewährt, er stelle demnach den Antrag, den in Berathung liegenden h. nach dem kleinrärh- lichen Vorschlage zu beschließen. Dieser §. wird nach dem Antrage der Commission be- schloffen. Die 17, 18, 19, 20 und 21 werden ohne Widerspruch nach dem Vorschlage des Kl. Rathes gutgeheißen. §. 22 NUN 24. In diesem ö. wird nach der bereits im §. 8 vorgenommenen Aenderung auf den Antrag der Commission der PassuS: „die in gleicher Zeit beiden Glaubensbekenntnissen angehören sollen", gestrichen, und die Redaktion so bestimmt: „diese Beamteten dürfen nicht Mitglieder deS Kl. Rathes seil,, und re." Der 23 des Entwurfs, nun 2Z wird nach dem Antrage der Commission also beschlossen: „Für die Entwerfung deS Protokolls und zur Besorgung der Kanzleigeschäfte wohnt der StaatSschreiber oder dessen Stellvertreter dem Gr. Mthe bei. Für die Kanzletgeschäfte des Gr. Rathes, seiner Commissionen und des Präsidenten wird überhaupt die StaatSj- kanzlei die nöthige Aushilfe leisten." §. 24 des Entwurfs, nun 26. Hr. Ammann Jäger. Ich glaube, man soll hier praktisch sein, und es dürfte dem Präsidenten wohl überlassen werden, in Abwesenheit eines Sekretärs oder eines Stim- menzählers einen Stellvertreter zu bezeichnen. Kann der Präsident für zwei Tage Urlaub ertheilen, so kann ihm auch hier die Bezeichnung eines Stellvertreters aufgetragen werden, worauf ich antrage- Hr. Dr. Bruggisser. Ich schaue auch mehr aus das Praktische, allein ich konnte doch dem gefallenen Antrag nicht beistimmen. Wenn ein Sekretär nicht Da war, so hat gewöhnlich bisher ein Stimmenzähler als Vizesekretär unterzeichnet, und so möchte ich die Geschäftsführung nicht abändern, aber Mißbräuchen vorbeugen. Es könnte ja ei» Sekretär ein halbes Jahr krank sein, und so hätte der Präsident nach Belieben einen Stellvertreter zu bezeichnen. Ich halte dafür, daß man die Befugnisse des Präsidenten nicht zu weit ausdehnen solle. Wenn ein Sekretär oder Stimmen- zähler für einige Tage, zum Beispiel 6 biö 8 Tage, abwesend ist, so möchte ich es dem Bureau überlassen, einen Stellvertreter zu wählen, worauf ich hiemit antrage. Ich weiß jedoch — 60 S nicht/ was hier gemeint ist, ob für die Dauer einer ganzen Sitzungsperiode oder nur einer Sitzungszeit. Hr. Ämmann Jäger. Wenn man darin mehr Garantie findet/ daß von dem Bureau ei» Stellvertreter bezeichnet werde/ so will ich mich nicht widersetze»/ erlaube mir aber doch zu bemerke»/ daß wir nie länger als höchstens 8 Tage beisammen find / und so könnte die provisorische Bestellung nicht für eine längere Zeit angewendet werden. Und eines oder zweier Tage wegen wird der Gr. Rath nicht ein solches Wahlgeschäft vornehmest wollen; bleiben wir also bei dem stehen und beschließest wir/ was ausführbar ist. Ich unterstütze den Antrag/ daß der Präsident den Stellvertreter bezeichnen soll. Hr. Oberrichter Lützelschwab bemerkt/ daß in dem Reglement 3 verschiedene Benennungen der Sitzung vorkommen / nämlich Sitzung / Sitzungszeit und Sitzungsperiode. Er beantragt/ daß im zweiten Satz statt „während einer einzigen Sitzung« gesagt werde „während einer SitzungS- zeit. Der erste Satz dieses tz. wird unverändert angenommen; der zweite dagegen erhält im Sinne des von HHrn. Lützel- schwab gestellten Antrages folgende Redaktion: „Hat die Abwesenheit bloß während einer Sitzungszeit statt/ so ist dem Präsidenten überlassen/ einen Stellvertreter zu bezeichnen." Die 25 / 26, 27 und 28 bleiben nach dem Entwürfe des Kl. Rathes unverändert. Der §. 29 wird mit der Umänderung der Worte „bet geheimer Abstimmung" in „bei geheimer Wahl" nach dem kleinräthlichen Entwürfe angenommen. §. 30 des Entwurfs nun 32 . Die Commission schlägt vor, die Worte „und Läufer" zst streichen: Hr. Dr. Bruggisser. Ich glaube daß dieses Wort Läufer nicht überflüssig sei, weil Sie schon oft im Fall waren, Läufer zu gebrauchen, und wenn die Thätigkeit des Laufens hier den Vorzug hat, so scheint mir dieser Ausdruck ganz richtig. Sie haben'schon oft aus der Staatskasse Läufer entschädigen müssen und brauchen deren oft auch um Mitglieder des Gr. Rathes herbeizuholen. Freilich nennt man diese gewöhnlich Eilboten, was im Gründe so viel heißt als Läufer. Mir kann es gleichgültig sein, ob der Ausdruck Läufer ausgelassen werde oder nicht. Und deshalb stelle ich auch keinen bestimmten Antrag. Dieser §. wird nach dem Vorschlage der Commission genehmigt. Verhandl. deS Gr. RaihS. 1841. 77 610 §. 31 NUN 33 Wird nach dem Entwurf unverändert gutgeheißen. §. 32 nun 34 wird unwidersprochen nach dem Entwürfe gutgeheißen. Die Berathung des §. 33, nun 35, welcher die Wahlart der Commissionen bestimmt, wird nach denr Antrage der Commission, da sie hier ein ganz neues Wahlinstitut in Vorschlag bringt, bis zum §. 103, wo die Organisation des Nähern bezeichnet ist, verschoben. §. 34, nun 36. Hr. Ammann Jäger. Ich finde es angemeffen, daß in diesem §. noch weitere Ausschliessungen stattfinden, und daß namentlich die Mitglieder des Kl. Rathes bei Prüfung solcher Gegenstände ausgeschlossen werden, welche bei demselben bereits zur Voruntersuchung gelegen haben. Ich stelle demnach den Antrag, den §. so zu redigiren: Zu Mitgliedern der Commissionen können überhaupt der Präsident und Vizepräsident des Er. Rathes, bei Gegenständen, welche bereits vom Kl. Rathe vorberarhen wurden, die Mitglieder dieser Behörde und in gegebenen Fällen re. Dieser Antrag wird beschlossen. Die Berathung des §. 35, nun 37, wird aus dem bei §. 33 angegebenen Grunde nach dem Antrage der Commission ebenfalls bis zum §. 103 verschoben. Die §§. 36 und 37 (nun 38 und 39), werden nach dem Entwürfe genehmigt. §.38, NUN 40. Hr. Ammann Jäger. Es sind gewisse Gegenstände, welche nach der ausdrücklichen Vorschrift des ReglementeS auf den Kanzleitisch gelegt werden müssen. Ich beantrage, daß ge- sagt werde: Nach Vorlegung eines CommisstonalberichteS entscheidet da, wo das Reglement nichts anderes verfügt, der Er. Rath rc. Dies wird beschlossen. Die §§. 39, 4o, 4i und 42 bleiben unverändert. Der §. 43 wird nach dem Antrage der Commission hier gestrichen. Die §§. 44, 45 und 46 bleiben nach dem Entwürfe des Kl. Rathes unverändert. Der §. 47 des Entwurfes erhält nach dem Antrage der Commission folgenden Zusatz: „Wesentliche AbänderungSan- träge einer Commission sollen vor der Berathung ebenfalls gedruckt den Mitgliedern des Gr. Rathes zugestellt werden." Der §. 48 wird nach dem Antrage der Commission, da sie auch hier die neu? Wahlfokm geltend mache» will, eben. falls bis zur Berathung des §. 103 verschoben» Als neuer §. 49 wird folgender Vorschlag der Commis. sion angenommen: »Erfolgt nach der ersten Berathung keine Ueberweisung an den Kl. Rath, so sind vor der zweiten Be. rachung entweder bloß die beschlossenen Abänderungen oder aber der ganze Entwurf in seiner veränderten Fassung ge. druckt den Mitgliedern des Er. Rathes wieder mitzutheilen." Für den ausgefallenen §. 43 wird nach dem Antrage der Commisfion als Z. so ein neuer §. in folgender Redaktion beschlossen: »Wird infolge des §. (46 des Entwurfes) ein GefttzeSvorschlag dem Kl. Rathe zur Berichterstattung über. wiesen, so sind die von demselben allfällig vorgeschlagenen Abänderungen den Mitglieder» deS Gr. Rathes 1 4 Tage vor der zweiten Berathung im Drucke mitzutheilen. Von dieser Regel kann nur in dem Falle eine Ausnahme gemacht wer. den, wo die zweite Berathung des Gesetzesvorschlages auf eine kürzere Zeit festgesetzt worden wäre." Die §§. 49, so und si des Entwurfes bleiben unser, ändert. Im tz. 52 wird auf den Antrag der Commisfion nach den Worten »mit Einschluß dieses GradeS" die Einschaltung ge. macht »im Blut oder durch Verheirathung", u- f. w. Der s. S3 bleibt unverändert. Im 54 wird nach dem Antrage der Commission der Druckfehler »der" in das Wort »den" verbessert, und «ach den Worten »bevor darüber" eingefügt »berathen und" rc. Die §§. SS, S6, 57 und SS werden unverändert ange. nommen. Der Z. Z9 wird nach dem Aütrag der Commission in folgender Fassung angenommen: »Vor der Berathung UNS Abstimmung soll rc. rc." Hr. Dr. Bruggisser beantragt/ hier einen neuen §. aufzunehmen, ungefähr also lautend: So wie über den Jah^ reSbericht des Obergerichts abgestimmt wird, verlassen die Mitglieder und Suppleanten desselben mit ihren Verwandten die Versammlung. Dieser Antrag wird beschlossen. Die G. 60 , 61 , b 2 , 63, 64, 65 und 66 des Entwurfs blei. ben unverändert, nur wird im §. 6S nach dem Worte »Ver, wandte" der tz. si des Entwurfes cirikt. Der h. 67 erhält folgende Fassung: »Ebenso sollen auch die Gesandten und ihre Perwandten (tz. 81 des Entwurfes) abtreten, wenn über die Handlungsweise der Erster« abge. stimmt wird." 612 Der 68 wird nach dem Antrage der Commission asso beschlossen: „zur Voruntersuchung der eingegangene» Petitionen/ welche der Gr. Rath zu jenem Behufe/ weder einer gesetzlichen Behörde/ noch einer eigens zu bestellenden Commission zuweisen will/ wird von dem Wahlkollegium eine Commission von is Mitgliedern auf die Dauer eines Jahres gewählt. §. 69. Hr. Dr. Thut möchte statt „Hauptgegenständen" lieber sagen „Hauptinhalt." Hr. Lützelschwab beantragt/ daß gesagt werde: „An- zeige von den Bittstellern und dem Gegenstand ihrer Bitte gemacht hat. Der wird mit dieser von Hrn. Lützelschwab vorgeschlagenen Abänderung beschlossen. Der §> 7o wird nach dem Antrage der Commission in folgender Fassung angenommen: „Sie wird mit möglichster Beförderung ihren Bericht und Antrag schriftlich erstatten/ unter Aufnahme des wesentlichen Inhalts jeder Bittschrift." Der §. 71 erhält nach dem Commissionalvorschlage folgende Redaktion: „Der Bericht der Commission soll mit den betreffenden Akten vor der Behandlung desselben wenigstens einen Tag auf den Kanzleitisch zur Einsicht eines jeden Mitgliedes des Gr. Rathes gelegt werden. Zu gleichem Behufe soll sich fortdauernd ein Verzeichniß über die eingegangenen Petitionen und ihre Erledigung auf dem Kauzleitische be- finden." Hr. Dr. Bruggisser. Wir haben nun über die Hälfte des Reglementes Berathung gepflogen. Ich erlaube mir demnach in der Voraussetzung/ daß die Sitzung morgen fortgesetzt werde/ den Antrag/ die Berathungen für heute einzustellen/ indem wir/ wie ich glaube/ morgen von 8 bis etwa gegen 12 Uhr dieses Reglement noch zu Ende berathen können. Hr. Vize-Präsident. Ich soll bemerke«/ daß wir heute kaum vollzählig wäre»/ und daß sich noch über 20 Mitglieder bei mir um Urlaub für morgen haben anschreiben lasse«/ die theils in Gerichts- und andern Amtsgeschäften sich absentiren müssen. Ich habe zwar noch keine definitiven Beurlaubungen ertheilt/ allein ich weiß nicht/ ob es in den schwachen Kräften des Vize-Präsidenten liegt / die Versammlung für morgen vollzählig zu erhalten. Hr. Fürsprech Dössekel. Es ist allerdings vorauszusehen/ daß morgen die Zahl der anwesenden Mitglieder »ichs K13 groß sein wird, aber ich habe Hoffnung, daß Mitglieder, welche heute nicht da waren, morgen wieder eintreffen werden, und ich würde es doch darauf ankommen lassen, ob wir morgen Sitzung halten können, oder nicht. Hr. Vize-Präsident. Ich habe keinen bestimmten Antrag stellen wollen, sondern ich habe Sie nur darauf aufmerksam gemacht, daß wir kaum vollzählig seien, und daß vielleicht der Fall eintreten dürfte, wegen Unvollständigkeit der Behörde morgen nicht einmal Sitzung halten zu können. Hr. BezirkSrichter Frey von Rheinfelden. So viel mir bekannt ist, werden auch einige Mitglieder, welche heute noch da sind, morgen nicht mehr erscheinen wollen, so wie diejenigen, welche bereits um Urlaub nachgesucht haben. Wenn man voraussieht, daß man morgen nicht Sitzung halten kann, so wünsche ich, daß man heute abbrechen und sich vertagen möchte. Hr. Zehnder. Sie haben so eben von dem HHrn. Vize- Präsidenten vernommen, daß sich bei ihm über 20 Mitglieder für Urlaub gemeldet, aber die Bewilligung hiefür noch nicht erhalten haben. Diese Mitglieder sind noch da, und ich setze das Vertrauen in sie, daß sie da bleiben und die Mehrheit des Gr. Rathes nicht im Stiche lassen werden. Ich sehe um so weniger ein, daß man die Berathung nicht vollenden will, da doch das Reglement nach drei Monaten noch einmal berathen wird. Hr. Dretschi. Wir haben erst 2 Uhr; in diesen Tagen haben wir ja heiter bis Abends 9 Uhr, und was wir heute machen, ist morgen schon fertig; deshalb trage ich darauf an, daß man mit der Berathung fortfahre. Dies wird beschlossen. Zu möglichst genauer Bezeichnung der Präsidialobliegen. Heiken wird nach dem Antrage der Commission folgender neuer beschlossen und hier aufgenommen: „Der Präsident eröffnet die Berathung über den jeweils zu behandelnden Gegenstand." Die 72 und 73 des Entwurfs bleiben unverändert. 74. Hr. Dr. Bruggisser. Ich will die bisherige Anrede in Schutz nehmen. Daß man die vorgeschlagene Form an vielen Orten in Anwendung bringt, kommt daher, weil man andere persönliche Eigenschaften, die sich auf Geburt und Titel beziehen, abgeschafft hat. Auf der Tagsatzung , wo mehrere Sprachen gesprochen werden, sagt man allerdings auch nur „Meine Herren!" Das kann aber für uns, die 614 wir nur in der deutschen Sprache reden/ nicht maaßgebend sein. In den höhern Regionen und im französischen Styl sagt man jedem „Herr." Es bringt dies schon die Ratio, nalität der Franzosen mit sich, weil sie nicht wie die Deut- schen hervorgehoben sein wollen, sondern eS genügt ihnen vollkommen Franzosen zu sein. Ich erlaube mir nur, auf die Berathung über diesen Gegenstand vor zehn Jahren auf. merksam zu machen, damals glaubte man auch, diese vorge. schlagene Titulatur anzunehmen. Mir kann es gleichgültig sein, wie man anredtt, allein in allen demokratischen Staa- ten sind gewisse Abstufungen bezüglich auf die Anrede beobachtet worden. Man sagt freilich, diese Formen seien gleichgültig, ich möchte aber sagen, wenn sie denn so gleichgültig sind, so braucht man gar keine Anrede. HHerrcn! Der Präsident ist nicht mein Herr, er ist so wenig mein Herr als ich Ihr Diener bin. Allein ich halte die Sache nicht für so bedeu. tungslos, wie man glauben möchte, sie gibt der Behörde eine Haltung. Wenn man der obersten Landeshehörde diese Formen noch wegnimmt, da doch das Obergericht und der Kl. Rath „Hochgeachtete Herren" sind, welche diese Ti. tulaturen auch so ziemlich lieben, — so hätte dieselbe gar keine Auszeichnung mehr. Diese Titulatur ist die einzige Auszeichnung, welche das Mitglied des Gr. Rathes noch besitzt, und ich glaube, daß es einem Volksabgeordneten, der an den wichtigsten vaterländischen Angelcgenheiren Theil nimmt, gezieme, einen solchen Titel zu haben. Es gibt ihm das Bewußtsein, daß er ein Abgeordneter deS Volk.s ist, welches ihm mit der gleichen Hochachtung zu begegnen hat, wie dies in der obersten Landcsbehörde zu geschehen pflegt. ES ist von einem sehr hochgeachteten Mann in dieser hohen Versammlung seiner Zeit ausgesprochen worden: Hochgeach- tete Herrn! sei ein sehr zweckmäßiger Gedankenstrich, wenn nämlich zu viel hinaus wolle, so könne man noch überlegen. Sie werden doch nicht nur sagen wollen „mein Herr," wie dies bei einem jeden Kellner der Fall ist, Sie werden solche Gewohnheiten, wie sie auf jedem Billard oder Lasse üblich find, nicht in die oberste Landesbehörde einführen wollen. Früher war sogar eine bestimmte Kleidung für die Mitglieder deS Gr. Rathes vorgeschrieben, und ich war derjenige, der sich einem solchen Kostüme entgegenstellte. Nach meiner bisher gemachten Erfahrung ist damit aber nicht viel ge. Wonnen worden, al§ etwa das, daß man einige Kosten er. sparen konnte. Jetzt können die Mitglieder des Gr. Rathes vielleicht in ein Wirthshaus oder anders wohin gehen, und man kennt sie nicht; sie können auf den Viehmarkt- gehen, 615 ynd man weiß nicht, ob sie Viehhändler, Schneidergesellen oder Volksvertreter sind. Wenn man in ihrem Gesichte nicht schon den Typus als Mitglied des Gr. Rathes und die Züge eines Gesetzgebers erblickt, (was nicht immer der Fall ist) so haben wir keine einzige Auszeichnung mehr, wenn die bis. herige Titulatur noch abgeschafft wird. Sorgen Sie dafür, daß man sich dieser letzten Auszeichnung nicht begebe. Für meine Person, wie gesagt, lege ich keinen Werth darauf. Allein die gleichen Gründe, welche den sehr radikalen Gr. Rath von 1831 bewogen haben, die Anrede: „Hochgeachteter Herr Präsident! Hochgeachtete Herren!" beizubehalten, dürften uns wohl bestimmen, dieselbe auch jetzt noch fortbestehen zu lassen, worauf ich biemit anzutragen, die Ehre habe. Hr. Zehnder. Ich für meinen Theil unterstütze den Vorschlag des Kl. Rathes. Sie werden schon vielfach die Beobachtung gemacht haben- daß mit der bisherigen Anrede zu viel Zeit verloren geht, so daß wir mit Weglassung dieser Titulatur oft eine ganze Stunde früher hätten Feierabend machen können. Hr. Dietschi. Das ist keine Zeit verloren. Der Gr. Rath muß doch auch eine Achtungöwürde haben. Es gibt Leute genug, die die Mitglieder des Gr. Rathes anders tituliren. Ich unterstütze den Vorschlag des Hrn. Dr. Brug- gisser und stimme zum bisherigen §. Hr. Siegfried. Wenn der Gr. Rath sich so oder anders anreden will, ist e§ mir gleichgültig; ich setze keinen Werth weder auf das eine noch das andere. Wenn Sie indessen den vorgeschlagenen Titel nicht wollen, und er Ihnen ztt einfach ist, so möchte ich Ihnen einen angenehmern vorschlagen, einen solchen, wie derjenige des zürcherischen Gr. Rathes ist, der so heißt: „Herr Präsident! Hochgeachtete Herren!" Diese Anrede klingt wohl, ist leicht auSzusprechen und wird wohl der Behörde gut anstehen. Ich schlage also diesen Titel vor. Hr. Dr. Bruggisser zieht seinen Vorschlag zurück und schließt sich diesem Antrage an. Hr. Regierungsrath Wieland. Ich nehme den zurückgezogenen Antrag bezüglich auf die bisherige Anrede auf. Dieser Titel ist mir auch schon sehr oft ein angenehmer Ruhepunkt gewesen. Bei der Abstimmung ergibt sich kein absolutes Mehr. Hr. Vizepräsident. Die Herren Stimmenzähler erklären mir, daß sich deswegen kein absolutes Mehr ergebe, weil die Behörde nicht mehr reglementarisch vollzählig sei. Ich will Sie daher einladen, zur Fortsetzung dieser Be-i 616 rathung sich morgen gefälligst wieder einfinden zit tvöllen, Und erkläre die heutige Sitzung für geschloffen. Sitzung vorn LS. Mai. Hr. Vizepräsident. Bei dem sö eben stattgefundenen Namensaufruf hat sich ergeben/ daß wir vollzählig versam- melt sind. Ich habe demnach die Ehre, die heutige Sitzung zu eröffnen. Das Protokoll von gestern wird verlesen^«nd genehmigt. Hr. Regierungsrath Dorer. Wir leben in einer Zeit, wo man däS Terrain, auf dem man sich befindet, kennen muß, und namentlich muß es von denjenigen gekannt sein, welchen das Vollziehungöamt aufgetragen ist. Meine An- sichten in den gegenwärtigen Verhältnissen sind klar ausgesprochen , und ich habe den Willen, so lange möglich ihnen Nachdruck zu geben; ich werde diejenige Stellung einneh- men, welche mir die meiste Wirksamkeit gewährt. Ich bin im Falle, über diese Stellung meine Erklärung abzugeben. HHerren.' Sie haben mich vor einigen Jahren aus einem sehr befreundeten Wirkungskreise herausgenommen, meine Verhältnisse verlangen nun, daß ich wieder in denselben zurückkehre. Ich hübe in der Periode der Verfassungsrevision mein Mögliches gethan; ich strebte Versöhnung und Vermin, lung an; ich glaubte dies im Interesse des Volkes zu thun. Nach dem Unglück vorn w. Januar des gegenwärtigen Iah- reS war es wieder meine Aufgabe, Versöhnung und Vermittlung eintreten zu lassen. Ich wollte diese und glaubte nicht auf Tagesereignisse schauen zu müssen, welche nicht mehr eine Grundlage abgeben können. Damit war es mir nicht zu thun, meinen Sessel zu befestigen. Ich erkläre meine Ansichten unumwunden. Regierungen, welche in Republiken fest dastehen wollen, müssen auf das Gesammte sehen; Regierungen, welche zu Vollziehung ihrer Beschlüsse Zwang anwenden müssen, können in den Fall kommen, sich selbst unmöglich zu machen, und sie haben die Aufgabe, die Schrecken der Waffen aufzugeben. Diesen Grundsatz habe ich stetsfort im Auge gehabt. Ich erkläre, daß ich auch von diesen An- sichten nicht abgehen werde, muß aber bemerken, daß ich das Bessere dem regern Leben überlasse. Ich muß bedauern, daß vielleicht schon die Zeit abgelaufen, welche die bessere Wohlfahrt uns herbeigeführt hätte. Ich bin heute gezwun- - 7 - 617 gen, im Hinblick auf unsere Verhältnisse, Hochdenselben das Gesuch vorzulegen, mir die Entlassung von der Stelle eines Mitgliedes des Kleinen RarheS zu gewähren. Ich werde, wie bereits bemerkt, in dem neuen Kreise meines Lebens stetöfort das Panier des AargauS festhalten. HHerren! Ich lege Ihnen dieses Gesuch vor, es ist Ihnen nicht neu; ich habe bereits hier für einen Freund das Wort ergriffen und den Wink hiezu gegeben. Ich bitte, mir die Entlassung zu gewähren. Hr. Reg.-Rath Schaufelbuel. Sie erinnern sich vielleicht noch, mit welchem Bedenken ich mich Dazu verstanden habe, die mir zum zweiten Mal übertragene Stelle eines Mitgliedes Der Regierung wieder anzunehmen. Verschiedene Gründe und namentlich die Ursache, in die dama, ligen Wahlen keine Störung zu machen, haben mich bestimmt, die mir wiederholt übertragene Würde anzunehmen. Weil ich nun 2 Kollegen scheiden sehe, so sei der Anlaß auch mir gegeben, ohne weitere Bemerkungen Hochdieselben zu bitten, auch mir die Entlassung zu ertheilen. Ich wünsche wieder in das Privatleben zurückzutreten, um wieder einem Berufe zu leben, den ich einst nur ungern verlassen habe. Hr. Vize-Präsident. Sie werden gewiß mit gleicher Ueberraschung, wie ich, diese beiden Entlassungsbegehren vernommen haben. Ich will gewärtigen, ob Sie diesen beiden HHerren die Entlassung von ihren beiden Stellen erthei- len wollen, und mache Sie darauf aufmerksam, daß im Falle der Entlassung diese beiden Stellen sogleich wieder besetzt werden müssen, weil noch immer ein Mitglied der hohen Regierung krank ist, und so die Behörde in den Fall kommen könnte, oft nicht reglementarisch vollzählig zu sein. Hr. Landammann Waller. Es muß dem Präsidenten des Kl. Rathes schmerzlich sein, wen» aus dieser Behörde ausgezeichnete Männer treten wollen. Ich bin eS schuldig hier auszusprechen, daß eine republikanische Regierung sich nicht zur Unmöglichkeit machen soll; es ist der Wunsch jedes frommen Republikaners, daß der Friede walte, und daß Alles in Eintracht sei. Wenn unglücklicher Weise diese und jene Störung eingetreten ist, so ist es dann die Aufgabe einer republikanischen Regierung, die Ordnung und Ruhe wieder herzustellen. Es thut mir persönlich weh, dem Vaterland solche ausgezeichnete und geistvolle Männer entrissen zu sehen. Ich weiß, daß der HHr. Dorer austreten will, deßhalb wage ich keine vergebene Bitte an ihn, aber dennoch stelle ich an Hochdieselben die Bitte, daß eS Ihnen gefallen wolle, an die beiden HHerren daS Gesuch zu richten, daß sie, wenn sie V-rhandl. !>cs Gr. Raths. 1841. 78 618 auch auf ihrem Begehre» beharren sollten, noch bis zum nächsten Gr. Rathe ihre Funktionen verrichten möchten; denn in diesen Tagen muß eine Behörde möglichst vollzählig sein, und mit dem Auötritt dieser beiden Herren würde vft der Fall eintreten, daß nicht Sitzung gehalten werden könnte. Ich beantrage, die HHerren Dorer und Schaufelbucl noch nicht zu entlassen, sondern Sie zu ersuchen, ihre Stellen wenigstens noch all i-nerim zu versehen. Hr. Anton Steigmeier. ES ist um so bedauerlicher, und muß jeden wahren VatcrlandSfreund um so mehr schmerzen, wenn er hört, daß in einer so wichtigen Krisis Männer von Verstand und Herz aus der VollziehungSbehörde zu treten entschlossen sind. Jedem biedern Aargaucr kann ein solcher Schritt nur wehe thun; allein ich glaube und möchte sagen, daß ich bereits davon überzeugt bin, daß diese zwei HHerren, welche von der Vaterlandsliebe durchdrungen sind, sich noch bitten lassen, ihre Stellen noch so lange beibehalten zu wollen, bis Die Versöhnung im Aargau stattgefunden hat und der Friede wieder hergestellt ist. Ich möchte den ge- machten Antrag dahin unterstützen, daß diese beiden HHerren ersucht werden, ihre Stellen ferner beizubehalten; sollten dieselben nun diese Bitte versagen, so möchte ich mich in zweiter Linie dem Antrag deö HHrn. Landammann Waller anschließen. Räch dem Vorschlage des HHrn. Landammann Waller wird beschlossen, die HHerren NegierungSräthe Dorer und Dr. Schaufelbuel zu ersuchen, ihre Stellen noch aus unbestimmte Zeit beizubehalten. Mit Zuschrift von heute erklärt Herr Klostergutsligui- dations-Kommissär Rudolf Lindenmann von Fahrwangen die Annahme der gestern auf ihn gefallenen Wahl zum Mit- gliede des Kl. Rathes. Derselbe tritt vor.', um den AmtSeid zu leisten. Hr. Vize-Präsident. Hochgeachteter Herr! Der Gr. Rath hat Sie in die oberste VollziehungSbehörde berufen. An der Schwierigkeit der Zeitumstände mögen Sie das Vertrauen messen, welches die Behörde auf Ihre Talente, Ihre Tugend, Ihre Treue und Liebe zum erschütterten Vaterlande setzt. Sie werden in Ihrer neuen Stellung die schöne Aufgabe und heilige Pflicht nicht vergessen, einzig und allein die Interessen eines einigen Kantons, eines »»getheilten, verbrüderten Volkes zu vertreten, und dabei keine Rücksichten kennen, als jene, welche die Gerechtigkeit, Weisheit und Humanität einer Regierung des gegenwärtigen AargauS gebieten. Der Gr. Rath hegt die frohe Ueberzeugung, Sie 61S werden nach den gemachten Erfahrungen stetsfort denjenigen Grundsätzen huldigen, welche im Systeme der Einheit, der Mäßigung und Versöhnung liegen. Möge der allmächtige Gott, der Schutz und Hort unseres theuren Vaterlandes, Sie dabei mit seinem Segen unterstützen! Hr. Linden mann leistet nun den vorgeschriebenen Eid. Hr. Vize-Präsident. Ehe ich zur Tagesordnung über. schreite, will ich Sie anfragen, ob Sie gerade jetzt in Be- ziehung auf die Vertagung einen Beschluß fassen wollen? Hr. Bezirksamtmann Schmiel. Ich möchte bloß beantragen, daß man die Frage über Vertagung erst nach einigen Stünden in Berathung bringe, weil, wenn die Vertagung jetzt schon beschlossen würde, in diesem Falle vielleicht Mit- glieder fortgehen könnten, so daß wir unglücklicherweise dann mit der Berathung nicht fortzufahren im Stande wären. Dieser Antrag wird beschlossen. Hr. Vize-Präsident. An der Tagesordnung ist die Fortsetzung der Berathung über den Vorschlag eines Regle- ments für den Gr. Rath. Ich will den HHrn. Berichterstatter ersuchen, den §. 74, bei welchem wir gestern stehen ge- blieben sind, noch einmal vorzulesen. §. 74. Hr. Dietschi. Wie der Titel im Vorschlage ist, das ist doch zu wenig und zu einfach, denn es ist jeder Herr für sich. Wir wollen beibehalten, was wir beibehalten können, und deshalb wünsche ich, daß die bisherige Anrede auch in der Zukunft stattfinden soll. Hr. Vize-Präsident. Ich soll bemerken, daß gestern die Diskussion geschlossen worden ist. Wollen Sie nun wieder auf die Berathung des tz. 74 zurückkommen, so muß ich Sie ersuchen, sich über diese Frage auszusprechen. Hr. Bezirksamtmann Schmiel. Das wollte ich eben sagen. Wir blieben gestern in der Abstimmung stecken. ES lagen drei Anträge vor, aber wegen Unvollzähligkeit der Behörde hat keiner derselben ein absolutes Mehr erhalten. Ich trage darauf an, in der gestern abgebrochenen Abstimmung fortzufahren. Dies wird beschlossen, und der von Herrn Dretschi gestellte Antrag, daß die Anrede in Zukunft also stattfinden solle: „Hochgeachteter Herr Präsident! Hochgeachtete Her- ren!" wird angenommen. Die Commission schlägt vor, wieder auf die 16, 17 und 18 zurückzukommen, und dieselben an den geeigneten Orten einzuschalten. Dies wirb beschlossen. 620 Nach dem Antrage der Commission werden die 125 und 126 als 5 und 6 herübergezogen und unverändert beibehalten. Hr. Oberrichter Lützelschwab wünscht, den 4 als selbstständig aufzuheben und dem §. 3 anzuhängen. Dies wird beschlossen. Den §. 5 des Entwurfes, nun 7, welcher der Commission zur nochmaligen Prüfung zurückgewiesen worden, schlägt dieselbe also vor: Die ohne Entschuldigung ausbleibenden Mitglieder sollen, wenn entweder die reglementarische Zahl von Mitgliedern (§. 9) nicht anwesend oder Gefahr vorhanden wäre, dasi die Versammlung unter jene Zahl Herabsinken würde, durch Eilboten, in ihren Kosten, einberufen werden. Die Einberufungskosten sollen von den Einberufenen zu gleichen Theilen getragen werden. Die Namen der unentschul- digt Abwesende» sind in die VerhandlungSölätter aufzunehmen. Hr. Vize-Präsident. Das Verzeichniß der Abwesenden ist ein Bestandtheil des VildeS der Verhandlungen und wird diesen auch beigefügt. Hr. Regierungsrath Löscher. Mir scheint, daß wenn auch die Vollzähligkeit der Versammlung statt hat, alle diejenigen Mitglieder, welche ohne Entschuldigung abwesend sind, einberufen werden sollten. Man hat gestern Lurch die Bestimmung, daß zu einer gültigen Schlußnahme ^ an- wesend sein müssen, deutlich dargerhan, daß das Volk möglichst vollständig repräsentirt sein soll. Bei dieser Voraus- setzung soll man nun dafür sorgen, daß die Mitglieder , wenn immer möglich, erscheinen, und gegen Säumige soll man die bezeichneten Mittel in Anwendung bringen. Ich trage darauf an, in den §. eine solche Bestimmung aufzunehmen, daß alle unentschuldigt Abwesenden durch Eilboten einberufen werden sollen. Hr. Siegfried. Der Antrag deS Hrn. Regierungs- rath Löscher dürfte denn doch auch gar zu riguroS sein. Mir scheint, der Vorschlag der Commission könnte wohl genügen. Der Antrag deS Herrn Lüscher hätte zur Folge, daß eS dem Büreau oft unmöglich würde, genug Eilboten auszutretben, um die Abwesenden allxmal herbeiholen zu lasse«. Wenn wegen Unvollzähligkeit in der Berathung nicht fortgefahren werden kann, so ist es dann Pflicht dafür zu sorgen, Laß der Gr. Rath vollzählig werde. Die Betreffenden sind schon bestraft genug, wenn sie in den Verhandlungsblättern erscheinen; wenn sie Ehre im Leibe haben, so werden sie ihre Pflichten als Mitglieder der obersten Landes- 621 öehörde nicht mit Ausbleiben erfüllen wollen. Ich möchte bei dem Commissionalvorschlage verbleiben. Hr. Zehnder. Ich unterstütze anö vollster Ueberzeugung den Antrag des Hrn. Negierungsrath Lüscher. Denn es könnte der Fall eintrete»/ daß einem Mitglied, welches nur einen Tag abwesend ist, das gleiche LooS zu Theil würde, wie einem andern, welches vier Tage nicht hier ist. Wenn der Antrag deS Herrn Lüscher angenommen wird, so seien Sie versichert, wir haben dann nicht nöthig, viele Eilboten auszusenden, ja vielleicht gar keinen einzigen, die Mirglie- der würden sich wohl hüten, sich zusammentreiben zu lassen. Hr. Staatskassier Suter. Mir genügen die Commtssional- Vorschläge; auf der andern Seite hingegen glaube ich, daß das Einrücken der Namen der Abwesenden nicht wohl angehen könne, weil die Publikation der Verhandlungen keinen offiziellen Charakter trägt, und Sie haben nur ein Verzeichne, dem Sie keinen Glauben beimessen dürfen, wenn Sie nicht wollen. Jedes Mitglied hat aber einen Eid auf sich, und vermöge seiner Vaterlandsliebe und seines ange- stammten Pflichtgefühls wird eS trachten, weil seine Anwesenheit nothwendig ist, hier wenn immer möglich zu erscheinen. Führen Sie keine militärische Disziplin ein. Seiner Zeit ist auch darauf angetragen worden, die abwesenden Großrathsmitglicder in dem Kantonsblatt zu publiziren; würde das beschlossen worden sein, so wären die abwesenden Herren gerade nach den ausgeschriebenen Milizen erschienen. Mir scheint eS nicht ganz des Großen Rathes würdig, daß er die Fehler der einzelnen Mitglieder publizire, wo oft ei» falscher Schein auf dieselben fallen dürfte. Im Großrathö- protokoll werden die Abwesenden angemerkt; man weiß sehr bald, ob die Mitglieder fleißig sind oder nicht, und in dem betreffenden Kreise kann man bald erwägen, ob man ihnen das Zutrauen wieder schenken darf oder nicht. Ich wünsche die Streichung des Satzes über die Publikation der Namen der GroßrathSmitglieder. Hr. Regicrungsrath Plüß. Es ist bemerkt worden, die Verhandlungen seien nicht offiziell, weil sie nur die hier gehaltenen Vortrüge aufnehmen sollen. Wenn aber über die Abwesenden auch ein Auszug aus dem Protokoll den Verhandlungen beigelegt würde, so wäre dies nicht offiziell, aber sie enthielten immer doch die Wahrheit; somit mochte ich den Antrag der Commission unterstützen, daß die Namen der Abwesenden jeweils in den Verhandlungen erscheine» sollen. Wenn man jedem Ausbleibenden einen Expressen zu- schicken müßte, so wäre das doch ein wenig zu weit gerne- 622 ben; dies würde nur eine Mißstimmung hervorbringen. Wenn die Zahl von A nicht vorhanden ist, so ist es schon genug, daß man in diesem Falle Eilboten aussende. Es ist kein Einziger von uns, der nicht schon im Falle war, eine Sitzung unentschuldigt zu versäumen, und wenn er auch den besten Willen gehabt hätte, derselben beizuwohnen; dies wird auch in Zukunft noch der Fall sein. Wenn man aber alle un- entschuldigt oder mit nicht angenommener Entschuldigung Abwesenden durch Eilboten einberufen lassen wollte, so müßte man vielleicht ein eigenes Läuferkorps organiflren, und es immer bei der Hand haben. Ich bleibe bei dem Antrage des Kl. Rathes. Hr. Wald meier. Ich glaube, diejenigen Mitglieder, welche dann, wenn wir keine Sitzung halten können, da find, seien mehr gestraft, als diejenigen, welche eingeholt werden müssen; deshalb stimme ich zum Antrage des Herrn Regierungsrath Löscher. Hr. Fürsprech Dössekel. Das Großrathsreglement bestimmt grundsätzlich, daß die Mitglieder alle den Sitzungen beizuwohnen haben; gegenüber diesem Grundsatz stellt dasselbe Ausnahmen auf, welche namentlich wegen unübersteig- lichen Hindernissen stattfinden müssen. Jedes Mitglied kaun bei Hause ermessen, ob es solche Gründe hat, die sein Aus- bleiben rechtfertigen, und soll so viel Anstand haben, sei eS bei dem Präsidenten oder dem Gr. Rathe, seine Entschuldigung anzubringen. Aber wenn ihnen gestattet wird, ohne gewichtige Entschuldigungsgründe ausbleiben zu dürfen, so folgt daraus, daß diejenigen, welche weniger Pflichtgefühl haben als andere, unter irgend einem Vormunde bei Hause bleiben, denn nicht alle Mitglieder haben das gleiche Pflicht- gefühl, es ist in dieser Beziehung sehr verschieden, aber nichts desto weniger soll jedes Mitglied gleich seine Pflicht erfüllen. ES soll ja freilich eine Disziplin eingeführt werden, und zwar eine solche, die sich aus der Erfahrung rechtfertigt. Man könnte Beispiele von den Jahren 1830 bis 4o anführen; die Pflichtgetreuen, die hier erschienen, waren oft das Opfer der Pflichtsäumigen, und eS soll hier im Reglement keine Bestimmung aufgenommen werden, welche zuläßt, nach Wiükühr zu erscheinen oder nicht. Ich muß mit voller Ueberzeugung den Antrag des Herrn Regierungsrath Lüschee unterstützen. Erlauben Sie mir noch, in Beziehung auf die Einberufungskosten einiges zu bemerken. Ich glaube nicht, baß es gerecht sei, wen» z. B. ein herbeigeholtes Mitglied von Entfelden so viel bezahlen sollte, wie ein solches von Eins oder Rheinfeldeu, indem diese ein angemessenes Reise- — 623 tzcld beziehen, während jenes keinen Kreuzer bekommt. Im gleichen Verhältniß wie die Vortheile, sollen auch die Nach- 'theile, die EinberufungSkosicn, getragen werden, wenn nicht ein Unrecht stattfinden soll. Ich möchte diesen Passus gestrichen wissen, und beantrage, daß die EinberufungSkosten von den Mitgliedern je nach ihrer Entfernung vom Versammlungsort des Großen Rathes verhäitnißmäßig getragen werden sollen. Hr. Oberrichter Liitzelschwab. ES scheint mir, man sollte auch jetzt in das Reglement nicht Maßregeln aufnehmen, welche bisher nicht nothwendig waren. ES hat sich gezeigt, daß höchst selten der Fall eingetreten ist, daß man die Sitzung nicht hat fortsetzen können; eS ist mir ein ein- zigcr Fall der Art bekannt. Wenn der versammelte Große Rath nicht zahlreich ist, so wird das Präsidium dafür sorgen, daß nicht zu viel Beurlaubungen ertheilt werden. Ich glaube, ohne hier Beispiele anzuführen, eine solche Maßregel wäre viel zu streng. Wenn ein Mitglied ziemlich haltbare Gründe für sein Ausbleiben hat, so kann man eine solche Maßregel schon deswegen nicht aufnehmen. In Bezug auf die Tragung der EinberufungSkosten möchte ich Den Vorschlag der Commission in Schutz nehmen, denn wenn Mitglieder aus einer nahen oder fernen Gegend nicht anwesend sind, so sind aüe diese Abwesenden gleich Schuld, daß man nicht Sitzung halten kann, und sie sollen auch die Folgen dies:r Versäumniß im gleichen Maaße tragen. Wäre eS gerecht, wenn z. B. einem Mitgliede von Zurzach, während dem noch solche aus einer nähern Gegend herbeigeholt worden sind, Lüö ganze Betreffniß der EinberufungSkosten zur Last Last fallen würde? Ich glaube nicht. Alle abwesenden Mitglieder tragen die gleiche Schuld, daß nicht Sitzung gehalten werden kann, und die Folgen davon sollen sie auch gemeinschaftlich tragen, wie eS bei Verlegung solcher Kosten, die durch Pflichtversäumnisse entstanden sind, Regel ist. In Beziehung auf das NamenSverzeichniß der abwesenden Mitglieder gebe ich ebenfalls zu, daß die Verhandlungen keinen offiziellen Charakter tragen, und wenn auch die Bestimmung aufgenommen würde in den h., daß zu diesem Behufe dem Stenographen ein Auüzug von den Fehlenden aus dem Protokoll zu geben fei, so wäre auch das nicht offiziell, weil der Druck und Die Aufsicht über die Nichtigkeit eines solchen Verzeichnisses nicht dem Gr. Rathe übertragen ist. Ein solcher AuSzug wäre übrigens wohl glaubwürdig, und ich könnte nur dem Antrage beistimmen, daß gesagt werde: - 616 einen Auszug aus dem Protokoll über die abwesenden Mir- glicder dem Stenographen zuzustellen. Hr. Ammann Jäger. Wir haben gestern über diesen §. eine lange Diskussion gehabt, und heute erhebt sich nun eine neue; es häufen sich Zweifel über Zweifel, und Einwendungen über Einwendungen, und wir könnten in den Fall kom- men, diesen §. noch einmal an die Commission zurückzuweisen. Ich meines Erachtens glaube, daß wir uns mit dem Com. missionalantrag wohl begnügen könnten. In den bisherigen Verhandlungsblättern, welche allerdings keinen offiziellen Charakter tragen, haben die Namen der abwesenden Mitglie. der des Gr. Rathes immer gestanden, und nun sagt man, cS wäre unpassend, sie. ferner in dieselben aufzunehmen. Auf der andern Seite ist vorgeschlagen worden, daß das Ver. zeichniß jeden Tag wiederholt werde, während nach bisheri- gcr Uebung die Abwesenden nur am ersten Tage verzeichnet worden sind. Durch die Aufführung der Namen in den Verhandlungsblättern haben die Mitglieder noch keinen Abbruch an ihrer Ehre erlitten, und wenn es auch geschehen ist, mögen die Betreffenden es sich gefallen lassen. Wir haben Beispiele, daß Mitglieder auf dem Wege erkrankt sind, daß ihnen der Wagen umgestürzt ist rc., und so scheint es auch nicht am Ort, daß man in jedem einzelnen Falle Eilboten sende. Wenn dies jedoch beschlossen werden sollte, dann behalte ich mir den Antrag vor, haß jedes Mal am Schlüsse der Sitzung das NamenSverzichniß abgelesen werde und den Abwesenden, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, ob sie hier sind oder nicht, Boten zugesendet werden sollen. Hr Dös- sekel findet darin eine Ungerechtigkeit, wenn die Hergeholten die EinberufungSkosten zu gleichen Theilen bezahlen sollten. Hierauf möchte ich ihm bloß bemerken, daß die Aussendung von Boten in außerordentlichen Fällen nur geringe Kosten verursacht, indem gewöhnlich ein Bote mehrere Mitglieder einzuholen hat. Nach Mitgäbe des Reglementes verliert dasjenige Mitglied, welches einen Tag abwesend ist, daS Reisegeld, und es ist noch genugsam bestraft, wenn es im Falle der Einholung die Reise hieher machen, und noch einen Theil an die Einberufungskosten bezahlen muß. Alle diese Betrachtungen führen mich dahin, daß ich Hochdenselben den Commissionalvorfchlag zur Annahme empfehle. Hr. Oöerstl. Waldesbuel. Es könnte der Fall ein- treten, und dies hat sich schon oft ereignet, daß man bei dem Appell überhört wurde, und nun möchte ich fragen, auf wen dann die Kosten für den Eilboten fallen würden? Ich glaube, eS würde ein anwesendes Mitglied sich nicht gerne 625 dazu verstehen, einen Eilboten zu bezahlen. Ueberhaupt möchte ich nicht zu solchen strengen Maßregeln stimme»/ sondern ich bin in dieser Beziehung mit den Ansichten des Hrn. Siegfried einverstanden/ und wünsche/ daß der Antrag der Com- mission beschlossen werde. Hr. Regierungsrath Lü scher pflichtet in Beziehung auf die Tragung der Einberufungskosten dem Hrn. Fürsprech Dössekel bei. Dieser §. wird/ wie ihn die Commission vorgeschlagen hat/ ohne Abänderung angenommen. 72 wird nach dem Vorschlage des Kl. Rathes unverändert/ jedoch mit folgendem von der Commission beantragten Zusatz aus dem bereits beschlossenen 16 also angenommen: »Das Wort wird in der Reihenfolge/ wie es begehrt worden ist, ertheilt/ mit der Ausnahme/ daß wenn eine Ordnungsmotion (h... alt §. 85 ) gestellt werden will/ der dieS- fälli'ge Antragsteller vor allen andern das Wort erhalten soll. Wünscht der Präsident selbst das Wort zu nehmen/ so läßt er sich hiefür beim Bureau im gleichen Range mit den übrigen Mitgliedern anschreiben. Für die Dauer seines Vertrags hat er den Prästdentenstuhl zu verlassen; seine Stelle wird unterdessen durch den Vizepräsidenten versehen.« §. 75 . Die Commission schlägt diesen §. mit folgendem Zusätze zur unveränderten Annahme vor: »Das Ablesen von geschrie- denen oder gedruckten Reden ist in der Regel und ohne be- sondere Bewilligung des Gr. Rathes nicht gestattet.« Hr. Dr. Thut wünscht/ daß dieser Nachsatz wegbleibe/ weil man denjenigen Mitglieder»/ welche nicht gerade aus dem Stegreife ihre Meinungen vortragen könne»/ nicht zu untersagen berechtigt sei/ ihre in Schrift verfaßten Vorträgt abzulesen/ eben so wenig könne man befehle»/ daß Redner keine Notizen machen sollen. Er trägt demnach auf Streichung dieses Nachsatzes an. Hr. Siegfried. Diese Folgerungen sind durchaus unrichtig/ weil die Commission nur beantragt/ daß in der Regel und ohne besondere Bewilligung des Großen Rathes keine in Schrift verfaßten Reden vorgetragen werden sollen; hievon sind aber Ausnahmen gestattet/ und ältern Männern und Kranken wird wohl zugegeben werden mössen/ daß sie ihre Meinungen zu Papier bringen und so vortragen können; zu Erleichterung des Gedächtnisses versteht es sich von selbst/ daß man Notizeu machen und zur Hand nehmen darf. Die Commission wollte durch ihren Zusatz bloß verhüte»/ daß durch das Ablesen langer Reden nicht Mißbrauch gemacht Verband!, des Er'. RatbS. 184 !. 79 — «26 werde. Wir wollen hier nicht exempliren, aber es steht gut und wohl an, wenn man in freiem Vertrag seine Meinung abgibt. In andern Staaten ist eS Regel/ daß man münd. liehe Reden halte. Ich unterstütze den Antrag der Coni. misston. Hr. Ammann Jäger. Wenn je eine auffallende Erscheinung vorkam/ so ist eS diese. Die Freiheit des Vertrags ist beschlossen; wer will mir verbieten, eine Rede abzulesen, wenn ich nicht genug Gedächtniß hätte, dieselbe im Kopfe zu behalten? Uebcrhaupt dürste es oft gut sein, wenn man seine Reden schreiben und mehr überdenken würde. Liegt denn die Gefahr des langen Redens etwa darin, daß man seine Rede schriftlich vortrage? Ich glaube nicht, denn das heißt auch Mißbrauch getrieben, wenn man sich vergißt, von dem in Berathung liegenden Gegenstand abschweift, und stundenlange Reden über andere nicht dahin gehörige Gegenstände hält. Welcher Fall ist nun schon am häufigsten vorgekommen? ich glaube der letztere. Wer soll nun die Ausnahme bestimmen? Dem Gr. Rathe steht nicht zu, einem Redner vorzuschreiben, seinen Vertrag so oder anders zu halten; jedes Mitglied muß selbst erwägen, ob eS im Stande sei, eine Rede münd. lich oder schriftlich zu halten. In der Sitzung selbst wird keiner eine Rede schreiben und sie vortragen, sondern er schreibt ste bei Hause, gibt ihr einen andern Namen, z. B. Bittschrift, Gesuch, Antrag rc., und gibt ste dem Präsiden- ten ein, welche gewöhnlich einen schlechter« Eindruck macht, als wenn ste der Betreffende selbst vorgetragen hätte, nament- lich wenn etwa der Sekretär die Handschrift nicht gut lesen kann. Eine solche Bestimmung, in das Reglement aufgenommen, widerstreitet grundsätzlich der Anficht, seine Meinung ohne Rücksicht auf die Formen vorzutragen; die Formen sind bloß diejenigen, daß man sich in den Schranken des Anstandes halte und sich kurz fasse. Ich stimme dem kleinräthlichen Vorschlage mit der Bemerkung bei, daß der von der Commission beantragte Zusatz gestrichen werde. Hr. Anton Steigmeier. Was ich sagen wollte, hat bereits der HHr. Jäger gesagt. Ich erlaube mir deshalb, nur noch eine Bemerkung zu machen. Dieser Zusatz, wenn er beschlossen werden sollte, würde in der Oeffentlichkeit nicht sehr gut aufgenommen werden. Ich kann überdieß auch nicht begreifen, wie man dem freien Vertrag seiner Met- nung einen Hemmschuh anlegen will. Die Mitglieder in der Behörde, die sich mündlich nicht ausdrücken können, soll man nicht hindern, ihre Voten schriftlich abzugeben. Ich unterstütze den Antrag des HHrn. Ammann Jäger. 627 Hr. Ammann Lüthi von Schöftland. Ich glaube, man wolle durch Aufnahme einer solchen Bestimmung den schlich, ten Landmann verdrängen, seine Meinung abzugeben; ich sehe in dieser Maßregel etwas im Hintergründe, das nicht gut ist. Eine solche Bestimmung ist eine unrcpu- blikanische, und Männer, die nicht auf Universitäten gewesen sind ^können derselben nicht nachkommen; deshalb unterstütze ich den Antrag des HHrn. Ammann Jäger. Hr. Berichterstatter. Zuerst erhebe ich mich gegen den HHrn. Lüthi. Aus welchen Gründen er der Commission die Absicht unterschiebt, als wolle man den schlichten Landmann verhindern, seine Meinung abzugeben, kann ich nicht einsehen. Wenn schon Mancher zu viel gesprochen, so hat schon Mancher zu viel geschwiegen. In Bezug auf den Com- missionalantrag bemerke ich, daß Diese Bestimmung in jedem Reglement der deutschen Kammern enthalten ist; und sie wollen auch dort den Landleuten keine Schlösser an den Mund legen. Der HHr. Lüthi ist auch ab dem Lande, und er weiß sich recht gut auszudrücken; er gibt gerade das Gegentheil von dem, was er so eben behauptet hat. Die Commission hat eS nicht so gemeint, wie Hr. Lüthi es verstanden hat, und ich weise diesen Vorwurf zurück. Hr. Ammann Jäger hat einen neuen Beweis geleistet, daß man für Alles Gründe, wenn auch nur scheinbare Gründe, vortragen kann. Er hat darauf hingewiesen, daß durch jene Bestimmung eine Be- schränkung des Vertrages eintrete; aber eS steht im Reglement auch, man soll sich kurz und bündig fassen. Ist dies nicht auch eine Beschränkung im Vortrage? Ich glaube doch, und ich muß erklären, daß sein Anrrag auf Streichung dieses Zusatzes durchaus ««stichhaltig ist. Ich will auch nicht exempliren, aber wenn man hier diese Bestimmung aufzunehmen unterläßt, so versteht man am Ende vor lauter Re- den nicht mehr was man will. Ich unterstütze den Antrag Der Commission. ? Hr. Siegfried. Ich muß ebenfalls bemerken, daß es sehr ungut ist vom HHrn. Lüthi, der Commission eine solche Absicht unterschieben zu wollen, woran sie nicht einmal ge- dacht hat. Er hat ihr eine Absicht unterschieben wollende man sich nicht einmal getrauen sollte auszusprechen, nämlich als wollte man den Landleuten nicht gestatten, ihre Meinungen und Anträge frei und offen vorzutragen. Glaubt etwa der HHr. Lüthi, man könne diese Absicht der Commis- sion deswegen unterschieben, weil deren Mitglieder ukcht ab dem Lande, sondern aus der Stadt sind ? Die Commission hat nie daran gedacht, die Landleme in dieser Beziehung nur 628 im mindesten zu verkürzen/ deshalb ist der Vorwurf des Hrn. Lüthi am unrechten Orte und durchaus »»gegründet. Ich unterstütze den Commifsionalvorschlag. Hr. Oberrichter Lützelschwab. Ich will als Commis- sionSmitglied auf die gefallenen Vorwürfe nicht zurückkommen; sie sind bereits erwiedert. Es ist gewiß jedem bekannt/ daß geschriebene Reden die Aufmerksamkeit dieser hohen Versamm- sung nicht in dem Maße ansprechen/ wie ein mündlicher Vertrag. Und wer seine schlichte Meinung nicht mündlich vortragen kann/ wird ihr auch keine bessere schriftliche Form zu geben im Stande sein. Eine mündliche Rede wirkt auf die Versammlung und Beschlüsse weit besser/ als eine schriftliche. Ich könnte mich auf Vorfälle berufen; jedes bloß abgelesene entbehrt der Aufmerksamkeit/ während ein mündliches Wort die Gemüther anspricht. Diese vorgeschlagene Bestimmung kommt auch anderwärts vor/ und es ist auch dort nicht die Absicht, die Freiheit der Meinungsäußerung zu hemmen. ES versteht sich von selbst, daß Notizen gemacht und allfällige Anträge schriftlich verfaßt und abgelesen wer- den dürfen; mithin ist diese Maßregel nur in so weit anwendbar, daß nicht förmliche Reden aufgesetzt und abgelesen werden sollen. Die Ausnahmen hievon bestimmt der Gr. Rath. Ich unterstütze den Zusatzantrag der Commission. Hr. Landammann Waller. Ich muß Sie hingegen ersuchen, diesen Zusatzantrag fallen zu lassen. Ich glaube auch daß Hr. Lüthi in seiner Besorgniß zu weil gegangen ist, indem die Commission nie die Absicht hatte, noch haben konnte, irgend Mitglieder dieser hohen Versammlung zu hindern, ihre Meinungen auszusprechen. Hr. Lüthi kann aber doch eine Besorgniß haben, in Beziehung auf gründliches und durchdachtes Vorbringen der Ansichten. Hr. Oberrichter Lützelschwab hat bemerkt, die geschriebenen Reden machen keinen so großen Eindruck, wie die mündlichen Vortrüge. Wenn jedoch ein wichtiger Gegenstand in Berathung liegt, ein Redner seine Meinung in Schrift verfaßt vorträgt, und die hohe Versammlung nicht aufmerksam ist, so ist der Verfasser nicht Schuld daran. Eine solche Bestimmung ist allerdings einigermaßen eine Antastung des Pflichtgefühls. Wenn ein Mitglied nicht zu sprechen im Stande ist, und doch seine Meinung in irgend einer Sache abzugeben für unerläßliche Pflicht hält, fühlt eS sich gedrungen, seine An. sichte» schriftlich auszusprechen, und eS würde bei dieser Bestimmung dann sagen: man hat mir die Form genommen, in welcher ich meine Meinung hätte abgeben können. Ich bitte wiederholt, diesen Zusatzantrag fallen zu lassen. 629 Hr. Amman» Lüthi von Schöftland. Ich habe auf die Bemerkungen deS HHrn. Siegfried einiges zu erwiedern. Er hat geglaubt/und mir deutlich zu verstehen gegeben/als hätte ich eine böse Meinung gegen die Commisston/ und als hätte ich derselben einen Vorwurf machen wollen. Ich habe nur geglaubt/ man solle bei der seit zehn Jahren bestandenen Re- gel stehen bleibe»/ und eS hat mir geschienen/ man mache hier einen unnützen Zusatz und es müsse etwas dahinter versteckt sein. Im klebrigen glaube ich meine Worte so aus- sprechen zu können/ wie ich sie für gut und angemessen finde; auch andere haben schon oft Worte ausgesprochen/ die mehr zu bedeuten habe»/ als diejenigen / welche man mir beimessen will. Wie bemerkt unterstütze ich den Antrag/ daß der beantragte Zusatz gestrichen werde. Der Zusatzantrag der Commission wird gestrichen, hingegen der §. des Kleinrälhlichen Vorschlages unverändert angenommen. 76 . Die Commission schlägt diesen §. zur unveränderten Annahme vor, und beantragt nachfolgenden Zusatz: „Einzig wegen Ehrverletzung kann von einem Beleidigten, wenn derselbe abwesend ist, der ordentliche Richter angerufen werden." Hr. Ammann Jäger. Ich glaube mich immer so ausgedrückt zu haben und werde eS immer thun, daß ich wegen diesem Nachsatz nichts zu befürchten habe, aber ich mache Sie darauf aufmerksam, daß eS einem Mitgliede nicht gleichgültig sein kann, wenn es von einem Abwesenden vor den Richter gezogen wird, wenn eS gewärtigen muß, seine Aeusserungen einem richterlichen Entscheid zu unterstellen; und da wir hierüber kein Protokoll haben, so würden die andern Mitglieder als Zeugen zu den gerichtlichen Verhandlungen beigezogen werden müssen. Dies wäre ein großer Uebelstand. Das Reglement erklärt, man soll sich anständig ausdrücken, und das Präsidium soll darauf sehen, ob dies geschehe, jedes Mitglied hat das Recht, den Präsidenten darauf aufmerksam zu machen, daß er den Sprechenden, welcher sich gegen das Reglement verstoßt, in die gebührenden Schranken zurückweise. Ich trage darauf an, den §. nach dem Klemräth- lichen Entwürfe unverändert anzunehmen, hingegen den von der Commission beantragten Zusatz zu streichen. Hr. RegierungSrath Löscher. Ich pflichte dem HHrn. Jäger vollkommen bei und erlaube mir nur noch zu bemerken, daß nicht jedes Mitglied gehalten sei, seine Anträge dem Präsidenten schriftlich einzureichen. Wenn man einen Antrag rein und klar ausgesprochen und der Präsident den- 630 selben aufgefaßt hat, so ist es nicht mehr nöthig, daß man zum Kanzleitisch gehe und Tinte und Federn fordere, um feinen Antrag niederzuschreiben. Ich glaube demnach, eS soll heissen „sofern das Präsidium sie schriftlich verlange oder für nöthig erachte" rc. Hr. Ammann Jäger. Ich bin mit dem Herrn Regierungsrath Liischer einverstanden. Wenn der Präsident den Antrag nicht rekapituliren kann, so ist es das Angemessenste, wenn er das betreffende Mitglied auffordert, ihm denselben schriftlich einzureichen. Dieser §. wird nach dem Antrage des Kl. Rathes unverändert angenommen, und der von der Commission beantragte Zusatz bleibt in der Minderheit. Die §§. 77 und 78 werden nach dem Entwürfe ohne Abänderung gutgeheißen. §. 79 . Der erste Satz dieses h. wird nach dem Entwurf gutgeheißen, hingegen die folgenden Sätze werden auf den Vorschlag der Commission also beschlossen: „Wird die zweite „Berathung beschlossen, so ist nach Verlesung des ganzen Ab- „schnitteS die Berathung über alle Artikel desselben (oder der „durch den innern Zusammenhang gegebenen Abtheilung) zugleich eröffnet." „Ist die artikelweife Berathung beschlossen, so wird ein „Artikel nach dem andern vorgelesen, bei jedem Artikel eine „Weile inne gehalten, und erwartet, ob Jemand das Wort „ergreifen wolle, um etwas über den vorgeschlagenen Artikel „zu bemerken. Wird derselbe nicht angefochten, so ist er „als genehmigt anzusehen. „Abänderungsanträge kommen bei den einschlägigen Artikeln und in deren Reihenfolge zur besondern Abstimmung, „jedoch so, daß jeweilen UnterabänderungSanträge vor den „Abänderungsanträgen, und diese vor dem Hauptanlrag inS „Mehr gesetzt werden. Nach Beendigung der allgemeinen, „abschnittweise» oder artikelweisen Berathung wird abge- „ stimmt, ob der vorgewaltcte Gegenstand in der Fassung, „die er durch die Berathung- erhalten hat, zum Beschlusse „erhoben und also im Ganzen angenommen sein soll oder „nicht. §. 80. Die Commission schlägt diesen tz. in folgender Fassung vor: „Die eröffnete und einmal angehobene Berathung soll „vom Präsidenten erst dann geschlossen werden, wenn kein „ Mitglied mehr das Wort verlangt. Die Versammlung kann „den Schluß der Berathung und die Vornahme der Äbstim- 631 „mung erkenne«/ wenn Mitglieder das Wort begehre«/ welche „bereits zum zweiten Male über den in Frage liegenden Ge. „genstand gesprochen haben. Der Antrag zu diesem Beschlusse „soll jedoch nicht znr Abstimmung gebracht werde«/ so lange „Mitglieder/ welche noch nicht zum zweiten Male gesprochen/ „das Wort verlangen und ihre Vortrage noch nicht beendigt „haben. Eben so wenig darf die Berathung eines Gegen, „standes ohne besondern Beschluß des Großen Rathes abge. „brachen werden." Hr. StaatSkassier Suter. Der Antrag der Commission will dasselbe/ was der bisherige §. gestattet hatte. Ich ge. stehe aufrichtig/ ich kann in der Redaktionsänderung keine Abänderung deö §. sehen. Man war über die Anwendung des frühern Artikels nie im Zweifel/ und so dürfte der klein, räthliche Antrag zur Genehmigung empfohlen werden/ worauf ich hicmit antrage. Hr. Oberrichter Lützelschwab. Allerdings beantragt die Commission nichts anderes/ wenn man genau die Worte auffaßt. Allein eine andere Uebung hat sich eingestellt/ wenn nämlich der Abstimmung gerufen und auf Schluß der Berathung ein Anrrag gestellt wird/ so kann noch nach dem Beschluß das Wort verlangt werde«/ und dies liegt yicht in dem 80 des Entwurfs. Die Commission hat Ihnen eine deutlichere Redaktion beantragt/ es wird gesagt/ daß der Präsident erst dann die Berathung schließen werde/ wenn kein Mitglied mehr daS Wort verlange. Die Diskussion kann erst dann geschlossen werde»/ wenn nur Mitglieder das Wort begehren/ welche zum zweiten Male bereits gesprochen haben/ und ganz ausgeschlossen werden die/ welche das dritte Mal gesprochen haben. Man kann keinem Mttgliede daS Wort verweigern/ wenn dasselbe nicht bereits dreimal gesprochen hat/ weil andere Gründe und vielleicht andere An. träge vorkommen könne»/ welche unterstützt oder aber wider, legt werden. Würde dies nicht in der Weise stattfinde»/ so hätten die Letzter« den Vorzug und könnten Abänderungsanträge vorbringe«/ und es wäre dann den übrigen Mitgliedern benommen, die vielleicht ««stichhaltigen Gründe wider, legen zu können. Ich unterstütze den Antrag der Commission. Dieser §. wird nach dem Commissionalvorschlage zum Beschluß erhoben. Hr. Fürsprech Dössekel. Ich erlaube mir/ die hohe Versammlung anzufragen, ob sie in der Berathung noch weiter fortfahren, oder aber abbrechen wolle. Wir haben uoch etwa so A zu berathen, und ich sehe die Unmöglichkeit voraus, daß die Berathung des Reglementeö heute noch zu 632 Ende geführt werden könne/ und das um so mehr/ da die Commission Ihnen einen neuen WahlmoduS vorgeschlagen hat. Ich bin ebenfalls so frei/ namentlich über das Kapitel der Abstimmung/ einen ganz neuen Antrag zu bringen, der, wie ich schon vorläufig gehört habe, widersprochen werden dürfte, und eine folgende Diskussion würde uns uur dahin führen, daß wir mitten in einer Diskussion stehen blieben. Ich wünsche demnach, weil gerade hier ein Abschnitt zu Ende ist, daß die Berathung eingestellt, und durch das Präsidium an die hohe Versammlung die Frage gestellt werde, wann man sich wieder versammeln wolle. Dies mein Antrag. Hr. Oberftl. Waldesbuel. Wir haben diese Woche viel gearbeitet, und ich glaube, wir dürften unS wenigstens auf acht Tage vertagen. Hr. Vize-Präsident. Ich will an Hochdieselben nun zuerst die Frage stellen, ob man die Berathung einstellen wolle, und sie erst dann anfragen, auf wie lange Sie sich vertagen wollen. Es wird beschlossen, die Berathung hier abzubrechen. Hr. Ammann Jäger. Die Commission wird unS einen ganz neuen WahlmoduS vorschlagen, und so muß ich wünschen, daß diese Vorschläge möchten gedruckt und den Mit- gliedern des Gr. Rathes zugestellt werden, damit man die- selben vor ihrer Berathung in gehörige Würdigung und Erwägung zu ziehen in den Stand gesetzt sei. Dies mein Antrag. Hr. Oberrichter Lützelschwab. Ich möchte den Antrag des Hrn. Jäger mit dem Zusatz unterstützen, daß auch die übrigen Abänderungsanträge der Commission uns zugesendet werden. Dies wird beschlossen. Hr. Staatskassier Guter. Nothwendig muß der Große Rath noch vor dem Zusammentritt der Tagsatzung sich wieder versammeln, und in dieser Voraussicht dürfte es genügen, wenn wir in der Mitte des Monates Juni wieder zusammentreten würden; aber weil noch so viele Geschäfte zu crledt- gen sind, so glaube ich, daß die Vertagung nicht auf so lange beschlossen werden dürfe. Da in der künftigen Woche ein Feiertag ist, so beantrage ich, daß man sich bis auf den 24. dieses Monats vertage. Hr. Dietschi. So wichtige Geschäfte sind keine vorhanden, daß wir uns so bald wieder versammeln sollen, und zudem fällt auf die beantragte Zeit die Heuerndte, wo dann jeder auch gern seiner Sache nachsteht. Wir ab dem Lande können nicht immer gerade bereit sein, wie die HHrn. Groß- 633 rathe in Aarau/ und deshalb ist es Pflicht/ daß man in dieser Beziehung dem ganzen Kanton Rechnung trage/ daß jeder von uns auch seine Haushaltung besorgen könne. Ich trage demnach darauf a»/ daß man sich bis Mitte BrackmonatS vertagen möge. Hr. Zehn der. Ich glaube/ der HHr. Dietschi täusche sich/ denn die Heuerndte geht in acht Tagen noch nicht an. DaS Volk aber wartet mit Schmerzen auf den Erlaß der verschiedenen Organisationsgesetze / weil es die Wahlen vornehmen möchte. Ich denke/ es ist billig/ es ist gut und nothwendig/ daß wir bald wieder zusammentrete»/ um das Volk in seinem Verlangen befriedigen zu können. Wenn wir auf die jedesmaligen Arbeiten des Hrn. Dietschi Rücksicht nehmen wollten/ so würden wir auch in Mitte Juni uns bald wieder auflösen müssen. Ich stimme dazu/ daß man acht Tage unterbreche/ und dann die Arbeiten wieder fort- setzen möchte. Hr. Fürsprech Dössekel. Ich möchte die Vertagung so beschließe»/ daß die Mitglieder dann auch erscheinen kön- nen. Wenn Sie sich in acht Tagen schon wieder versammeln wolle«/ so wird der Kl. Rath die Gesandtschaftsinstruktion auf die nächste ordentliche Tagsatzung vorzulegen noch nicht im Falle sein. Was wäre dann die Folge davon? Daß Sie wieder eine zweite außerordentliche Sitzung halten müssen/ um es der Commission möglich zu mache»/ ihren Bericht darüber erstatten zu können; und eine zweimalige außerordentliche Zusammenkunft werden Sie gewiß nicht wollen. ES würde dann die Heuerndte in einem andern KantonS- theile beginnen/ und die Mitglieder von daher würden dann auch bei Hause zu sein wünschen/ um ihren daherigen Obliegenheiten nachzukommen. Wenn die Heuerndte an einem gewissen Ort endigt/ beginnt sie wieder an einem andern Orte/ und wir müssen wenigstens vier Wochen annehmen/ bis dieselbe überall vollendet ist. Ich glaube demnach/ man sollte den Gr. Rath auf den 21 . Brachmonat vertagen. Dannzumal wäre demselben noch 14 Tage Zeit vergönnt zu seinen Berathungen/ bis die Tagsatzung eröffnet wird/ und dem Landmanne wäre die Möglichkeit gegeben/ noch länger als acht Tage hier zu verweilen. Ich erlaube mir demnach, Hochdenselben zu proponire»/ daß man sich vertage und am 21 . Juni wieder versammle. Hr. Dietschi zieht seinen gestellten Antrag zurück/ und schließt sich dem so eben von Hrn. Fürsprech Dössekel gemachten Vorschlage an. Hr. Ammann Jäger. Ich bin nicht Landmann/ und Verband!, des Er. Raths. 1841. 80 634 kenne die Verrichtungen eines solchen nicht/ aber eS wäre im Interesse des Landes und des Volkes/ wenn wir unü über acht Tage wieder versammeln würden. ES liegt in den Wünschen des VolkeS/ daß die neue Verfassung sobald alS möglich vollständig inS Leben treten könne. In Berücksichtigung der Bestimmung/ welche wir in Bezug auf die noch. malige Berathung der Organisarisnsgesetze festgestellt habe«/ können wir uns nicht auf so lange vertagen/ weil dannzumal die TagsatzungSinftrktion berathen werden muß. Wenn nicht höchftwichtige landwirthschaftliche Rücksichten entgegentreten / so möchte ich den Antrag des Hrn. StaatSkasster Guter unterstützen. Hr. Siegfried. ES ist um so nöthiger/ sich wieder in acht Tagen zu versammeln/ alS die Organisationsgefttze nicht sogleich ausführbar sind/ indem nach Mitgäbe der neuen Verfassung die zweite Berathung erst einige Monate nach der ersten stattfinden soll; und wenn wir auch sehr fleißig find/ so können die verschiedenen Behörden und Beamten erst im Herbst neu bestellt werden. Wollen Sie hieven eine kleine Abschweifung eintreten lasse»/ und erst in der Mitte deS Juni wieder zusammentreten/ so können die Behörden dieses Jahr nicht mehr bestellt werden. Man kann ja die betreffende Commission dringend einlade»/ ihren Bericht über die Gesandtschaftsinstruktion beförderlich zu verfertigen/ um denselben in acht Tagen vorlegen zu könne«/ worauf ich antrage und den Hrn. StaatSkasster Guter unterstütze/ daß der Große Rath sich auf Montag über acht Tage wieder versammeln wolle. Hr. Fürsprech Schmid. Diese Sitzungsperiode ist größtentheils mir den Klosterangelegenheiten ausgefüllt worden/ und in der Sitzungszeit vom 21. Juni an wird uns die Gesandtschastsinstruktton beschäftigen/ so daß die Organisationsgesetze / welche doch von dem Volke so dringend verlangt werde«/ wieder nicht berathen werden können. Ich stimme demnach dazu/ daß man sich nur auf acht Tage vertage. Die Vertagung des Gr. Rathes wird beschlossen und auf den 21. Brachmsnat nächfthin festgesetzt. In die GesandtschaftSinftruktionskommisfion find durch die Wahlkammern gewählt worden: 1. HHerr Borfinger/ Bezirksamtmann von Bade«/ 2. „ Jäger/ Ammann von Brugg/ 3. „ Dössekel/ Fürsprech/ 4 . „ Guter/ StaatSkasster/ L. » Weißenbach, Fürsprech. 635 Hr. Vizepräsident. Ich soll noch die Bemerkung machen, daß das Protokoll nicht gefertigt ist, und also erst in der nächsten Sitzung verlesen werden kann; womit ich die Ehre habe, die Sitzung aufzuheben. Auf Verlangen des Herrn Dr. Minntch wird der auf p.iA. 461 vorkommende Vortrag also gegeben: „Hätte ich die Erläuterung des Antrages des Hrn. Für- sprechers Baldinger früher vernommen, so würde ich das Wort nicht verlangt haben. Ich finde in seinem Antrage nur eine grundsätzliche Zurücknahme deS KlosteraufhcbungS- beschlusses, keine unbedingte. Auch ich huldige der Ansicht, daß man Korporationen, welche wirklich staatsgefährlich find, unschädlich machen soll; solchen Korporationen könnte ich das Wort nicht reden. Aber bloß auf Gerüchte, auf Verdacht hin will ich nicht verurtheilen. Wir haben Rechtsgleichheit und verfassungsmäßig garanrirte Rechtsgleichheit im Karr- tone, und schon aus diesem Grundsätze können die Klöster Anspruch auf Untersuchung und gerichtliche Beurtheilung machen, und wenn schon gegenwärtig im Exile lebend, darf nicht das Individuum, darf nicht die Korporation davon ausgeschlossen sein. HHerren! Es wäre eine gefährliche Maxime, wenn man Tendenzen als ausgemachte Wahrheiten annehmen würde; es wäre eine gefährliche Maxime, ohne formelle Ueberzeugung Urtheile zu fällen und so ganze Kör. perschaften zu vernichten. Findet man dann die Klöster wirklich schuldig, haben sie an dem Aufruhre hochverräterisch thätigen Antheil genommen, so mag man sie vernichten, aber ohne sie nur gehört zu haben, kann man sie, wie ich bereits bemerkt, nicht verurtheilen. HHerren! Sie wollen einerseits wieder einige Klöster einsetzen, damit heben Sie ja eben den Grundsatz Ihrer allgemeinen Bestimmung wieder auf. Der Kleine Rath will zwei Klöster außer den Kamon versetzen, aber mit oder ohne Herausgabe des Vermögens oder Geldes find deswegen doch sämmtliche Klöster im Kantone aufgehoben. Da aber die Bundesurkunde die Klöster garantirt, da es Beschluß der Tagsatzung und deren unzweideutiger Wille ist, daß der Klofteraushebungsbeschluß grundsätzlich zurückgenommen werde, so spreche» Sie doch offen aus, daß Sie das thun wollen. Im stimme dem Antrage des Kleinen Rathes in diesem Sinne als nicht genügend nicht bei, sondern jenem des Hrn. Fürsprech Baldin- 636 aer, und zwar in dem Sinne/ wie er so eben gezeigt und ihn beantragt hat.« Hätte die Redaktion nicht geglaubt, -ein ausdrücklichen Wunsche des Hrn. Dr. Minnich entsprechen zu müssen, so hätte sie zur Ersparung von Druckkosten lieber nur das mangelhaft oder irrig Aufgefaßte berichtigt, und nicht den ganzen Vortrag beinahe wörtlich wieder abdrucken lassen. Expedier den 2L . Mai. ^ n-