Anrede an die Schüler der lateinischen Schule zum Andenken des sel. Herrn I. Caspar StokarS von Neuforn Altstatthalters und Präsidenten des Disitations-RathS» Gehalten an dem Promottonstag den 8ken April 1802. von I 0 h. G e 0 r g M ü l l er, krokessor. * Schaffhausen, bey Job. Ulrich Schwarz, rr«-» * I Auf Verlangen einiger Freunde dc6 sel. Stokars erscheint diese Rede im Druk. Der Verfasser hofft, wenn Zeit und Umstände es erlauben, einige wichtige Fragmente des litterarischen Nachlasses und eine etwas ausführlichere histo- ' rische Nachricht von dem Verstorbenen herauszugeben. Liebe Schüler! ^.^enn die Geschichte in der That eine Lehre» ein der Menschen ist, wie ihr dieser Lobjpruch allgemein gegeben wird: so ist sie eS gewiß alsdann am meisten, wenn sie uns auf die mancherley Arten von Verdienst aufmerksam macht, wodurch weise und tugendhafte Männer auf verschiedene Weise Wohlthäter des Menschengeschlechts geworden sind; Und wenn sie uns diese schönen Beyspiele so beredt ans Herz legt, daß das Gemüth begeistert wird, ste nachzuahmen, und nach der Palme des wahren Verdienstes zu streben, welche den Menschen mehr als Kronen ehrt. Große und ausgebildete Geistcsgaben, ein feste» bestimmter Zwck, den man sich vorftzr, helle Ein» iicht und weise Wahl der Mittel, um dazu zn gelangen, vorzüglich aber ein reiner Wille, bcm es nicht bloß um eigene — so unsichere und so vergängliche! — Vortheile, sondern um das Wohl seiner Mitmenschen zu thun ist; endlich glükliche Gelegenheiten, die uns die Vorsicht in den Weg , unsere Kräfte zum allgemeinen Besten anzu. Wenden: — das ists, was dazu gehört, um ein ^hres bleibendes Verdienst um seine Mitmenschen erwerben. 2 'ssclbcn, künftige !!! Wis^ ide der in seine d seine den ist y Vel-- i Lobeö > Men- erkün» »liche, , Vicl- rkannt , wo und unt>^ ^nets^ GrUis^ ALL 4 4 - » Viel und mannigfaltig sind die Arten desselben, wie man sich um das lebende oder auch um künftige Geschlechter, um den Staat, die Kirche, um Wissenschaften und Künste, um einzelne Stände der bürgerlichen Gesellschaft, um die Jugend, um seine Freunde, oder endlich um sein Haus und seine Familie verdient machen kann. Verschieden ist aber auch der Ruhm, den diese mancherley Verdienste sich erwerben. Indem die Posaune des Lobes die Verdienste des einen dem ganzen gesitteten Menschengeschlecht sind der fernsten Nachwelt verkündigt, giebt es andere, oft nicht minder nüjlichc, die nur in dem engen Kreise der Mitbürger, vielleicht nur den gllervertrantrstcn Freunden bekannt wo picht gar von der Menge yerkannt, wo nicht gar van Neid und Mißgunst verfolgt und unterdrückt werden. . Bleibt aber darum das Verdienst weniger Verdienst? — Gewiß nicht! Ruhm und Hob vor den Menschen ist wahrlich ein sehr geringer Lohn für das mit Schweiß und Sorgen und mancher theuren Aufopferung crkgpste wahre Verdienst! Es giebt einen höhern Lohn! Es ist «in gerechterer Lichter als «S die leidenschaftlichen Menschen sind! eine billigere Wage, welche die Absicht und den Geist der Thaten wiegt, und einem jeglichen vergelten wird nach stineu Werken ! Wohl dene», die diese!) Glauben haben, der mächtiger als der spiMMste Grundsaz irgend eines phijosoxhischen Svstevir »Ufer Herz ergreift, und mebr als die feurigst« AnhMiiebe uns zu Gott. gefälligen, Weuschcn- beglükcnden Thaten begeistert.' Wenn es ie in einem Zeitalter nothwendig war, nein Werthe des stillen Verdienstes den jeder Gelegenheit zu reden, und denselben jungen Ge» "U'thern (zumal beym Unterricht in der Geschichte) auf alle Weise lebendig vor Augen zu halten und kräftig anS Herz zu legen, so ist eS in dem unfein gen, das man mit so vielem Rechte daS Zeitalter des ausgebildeten theoretischen und praktischen Egoismus nennen kann'; wo man, eben weil ">an steh allen Glauben an höhere Belohnungen, als die Menschen geben können, wegraisonnicrt bat, den eingeschränktesten Eigen»»; zum Gort des Tageö macht, der allein unsere Opfer und unsere Anbetung verdienen soll. Seitdem eine "lose Philosophie" dir Menschen um diesen schönen, z» allem Guten begeisternden Glauben betrogen hat, >»ird jener Grunds«; deö Römischen Pöbels immer nichr das Symbol dcS sich aufgeklärt «dünkenden Publikums: Views poor nummos! *) Wenn irgend ein Stand vorzüglich in der Lage ist, sich dieses stille Verdienst erwerben zu können, so ist eö der Lehrst«nd. Er will aus Geister und Gemüther, auf Herzen und Gesinnungen wir. ken: ahn wie oft ist seine Mühe auf dem harten Boden eines verdorbenen gefühllosen Herzen vcr. üblich i oder gelingt sie auch, so zeigt sich ihre Wirkung manchmal erst nach Jahren, wo niemand mehr die Hand des treuen Arbeiters erkennt; die besten Wirkungen zeigen sich gar nie öffentlich, und bleiben nur Gott bekannt. Glaube wo du nicht ') Tugend sieht dem G?I4e nach. 6 < - » siehest, und säe auf Hoffnung aus! das muß ein Lehrer sich jeden Morgen sagen. Da aber der große Haufe der Menschen nur an die Gegenwart und Sichtbarkeit gewöhnt ist, so pflegen sie den Werth der Handlungen auch nur so, ncmlich nach den in die Augen fallenden Folgen zu beurtheilen, und jemehr ein ganzes Zeitalter sich.auf diese Seite deS Materialismus und Egoismus hinneigt, desto mehr muß der Lehrstand in seiner Achtung vor dem großen Haufen verlieren. Dies alles gilt besonders vom Stande des SchullehrerS. Der Fall ist selten, wo sich der Ruhm eines geschiktcn Schulmanns über die Gränzen seiner Stadt oder Gemeinde verbreitet. Wie oft scheint Überbein seine beste Mühe umsonst, wenn seine Schüler für seinen Unterricht taube Ohren haben; oder wenn er von ihren Eltern im Werk der Erziehung nicht unterstüzt wird; oder wenn eine barbarische Behandlung von ihrer Seite die armen Kinder scheu und furchtsam selbst gegen freundliche Lehrer macht; oder wenn die Raub- vdgel der Zerstreuung den guten Saamen, den er in ihr Herz und Verstand gcsäet hatte, wieder wegnehmen; oder Dämonen der Verführung das Unkraut des Lasters in dem weichen Herzen deS Jünglings nur allzuglüklich pflanzen! — Aber, geräth eö sein Werk: sagt mir, wo ist ein Verdienst größer als das eines weisen und gewissenhaften Lehrers? Was ist heiliger als die Wahrheit? Was ist beseligender als die Tugend! — Und Er ists, der die Saamkörncr der Wahrheit und Tugend in ihre^ Herzen säet, und ihrer lmit väterlicher H 7 Sorgfalt pfleget, damit sie zur schönen gesunden Pflanze emporreifen mögen! Für ein Verdienst solcher Art haben freilich nur wenige Menschen Gefühl; aber der Beifall seines Gewissens, und die Ansicht des Guten das er stiftete, — und soll. teu es auch nur Spuren seyn, die er bemerkt! — sind ihm mehr als alles Lob; und wenn sein Name nicht in den Annalen der Geschichte glänzt, so dabei, Dankbarkeit und Liebe ihn in die Herzen seiner Schüler und Mitbürger gegraben. Das Beispiel seiner Treue und Gewissenhaftigkeit prägt sich in ihr Herz ein, und bildet sie zu ähnlichen Tugenden. Waren sie bey ihm noch überdas mit Freundlichkeit, Leutseligkeit und Frohsinn verbun. den, und wußte er durch ein liebreiches Betrage» die Freundschaft der jungen Gemüther zu geivin» "eu: — O dann hat er eine Unsterblichkeit in ihren Herzen, die ein süßerer Lohn für ihn ist als Denkmale von Marmor. „ Denn kein Nachruhm ist so »rein und angenehm, und keine Blume duftet lieblicher auf unserm Grabe, alS daS Andenken »der Humanität, einer gefälligen, -friedfertigen »und schlichen Seele." *) Von Ihrem Bestreben, würdige Lehrer!**) sich durch Ihre Schularbeit dieses stille und edle Verdienst zu erwerben, haben wir bei den in diesen Tagen eingenommenen Schulprüfungen manche *) Herder. '*) Die Herren J.J. Mörser, Reetor; M. Kirchfofer, Conrectsr; J.H. Enden»; G. M. Harter; G.,2. Dealer, und L-Debiler. schöne Proben gesehen. De' ErziehungSrath weiß den Werth derselben zu schaze», und danket Ihnen Vier öffcnllich für Ihre unausgeftzte Bemühungen zum Beßten dieser Schule. Wir hoffe», selbst Ihnen auch von unserer Seite bald neue Beweist geben zu können, daß unS die Verbesserung derselben am Herzen liege, und wir zählen voraus auf Ihre thätige Mitwirkung dazu, ohne welche die schönsten Plane vergeblich seyn würden. Aber bei diesem so nöthigen und nüzlichen W^rke mangelt nnS, leider! derjenige Mann, der seit mehr akS vier und zwanzig Jahren unserm ganze» hiess» gen Schulwesen vorstand, und die Seele alles dessen war, was in dieser langen Zeit von unserer Regierung zum Beßten derselben vorgenommen wurde. Ich könnte es mir auch nicht verzeihen, wenn ich diesen ftyerlichen Anlaß vorbeigehen liesse, wo er so oft von dieser Stell« zu Euch, liebe Schüler, sprach, und so viele unserer gebildeter» Bürger alS zu einem seltenen Geistesgcnnsse hicherzog — ohne seinem theuren, mir besonders unvergeßlichen Andenken das lezte Opfer des öffentlichen Dankes und der reinsten Freuudschast zu bringen. Ihr theilet diese Empfindungen mit mir, meine Freunde! — 8unt die etlnm SIIS prs-mis laucli! *) soll man auch von UNS sagen können. Ihr nennt ihn schon in euenn Herzen, ge- liebte Schüler, den Namen unsers unvergeßlichen Srokarö! **) *) "Auch hier w-?d kobenrwürbize qelobt." **) Ee ßsrh tzrv -r. IunuS rzyi. 9 < - > Ja, Nav.rgeßlich wird er seyn bey allen, dir ächtes Bürgerverdienst zu schäzcn wissen, und daS stinigc, als des Staatsmanns, deü Gelehrten, des EchulvorstcherS, des Freundes, deS Christen, ge. naucr kannten. Gestattete eö mir die Zeit, wie gern würde ich Euch sein Bild in jedem dieser Verhältnisse vorführen, und es mit allem Fleiß ausmahlen, um in jedem bessern Gemüthe unter auch Funken einer edel» Nacheiftrung zu entzünde,»! Als ich vorhin von dem wahren und stillen Ver« Dienste sprach, so entwarf ich nur sein Bild, dem >ch jezt seinen Namen gebe. Unvergeßlich groß waren seine Verdienste beson» dcrs um diese Schule! Er war es, der vor -4. Jahren zuerst und einzig und mit vieler Mühe eine Verbesserung der ehemaligen, mit den Zeiten obso» l« gewordenen Schulverfassung zu Stande brachte, deren Vortheile Ihr und einige hundert Schüler vor euch genossen haben; der von da an, soviel es seine vielfachen andern Geschäfte erlaubten, mit unausgesczter Thätigkeit der Schule sich annahm, alles Gute, das er selbst auSdachtc, oder ihm von den Lehrern vorgeschlagen wurde, thätig und freu. dig beförderte, cS an mancherley Ermunterungen ?um Fleiße nicht fehlen ließ, und unsere väterlich» gesinnte Obrigkeit zu beträchtlichen Ausgaben für dieselbe mit leichter Mühe beredete. Nie suchte er dabey den Ruhm, auswärts für seine Bemühungen 2 "b zu erhalten, und war zufrieden, hier in seiner Vaterstadt Erfolg und Nuzcn davon zu sehen. Und das war nur ein Theil seiner Verdienste, ^ cr sich als Regent und Bürger erwarb. Drei und dreißig Jahre diente er in verschiedenen Aemtern unserm Scaat mit aller Treue und Gewissenhaftigkeit, und war als einer unserer gcschiktcstcn Staatsmänner in den übrigen Cantoncn der ehemaligen Eidgenoßschaft bekannt und geschäzt; biö der Umsturz aller Eidgenössischen ScaatSverfassungcn auch ihn, mit so manchen gcschikceu und verdienten Männern, von den wichtigsten Geschäften entfernte. Doch auch da weigerte er sich keiner, noch so vcr. dricßlichcn und undankbaren Arbeit, sobald er dazu berufen wurde, weil er es, wie sei» Vorbild Sokra- tcS, für die heilige Pflicht des Bürgers hielt, dem Ruf des Vaterlandes in jedem Fall zu folgen; und er dachte, eben wenn der Staat krank sey, so bedürfe er der Hülfe geschikter und redlicher Aerzte am meisten. Seine Liebe zum Schulwesen litt durch alle jene politischen Stürme nichts. Als Mitglied des Erzichungsrathes erwarb er sich eine neue Hoch- schäzung von seinen Collcgcn, und seine weisen Räthe über das ErzichungSwesen, welche immer den tiefen Kenner verriethen, waren ihnen allemal vorzüglich schäzbar. Noch in den lczten Monaten seines verdienstvollen Lebens bewies er seine väccr- liche Sorgfalt für die Schule, da er mit einigen seiner Eollegcn an einem Plan zu einer gänzlichen Umformung derselben thätig milarbcitcle, und — indem er selbst diejenige Verfassung, welche er vor 24. Jahren ihr gegeben hatte, den veränderten Zeit- umständen aufopfern wollte — ein seltenes Beispiel gab, wie man, entfernt von aller Eigenliebe, bei solchen Arbeiten einzig das allgemeine Beßtc >rn Aug halten müße. Il Der große Unfall, der vor vier Jahren über unser Vaterland kam, hatte, in mehr als einer Hinsicht, den traurigsten Einfluß aus ihn: beson. derü auch darum, weil die Art, wie dir Umschaf. sung der helvetischen StaatSvcrfassung von vielen betrieben wurde, ihn in seinen Begriffen von dem Uttlichen Verfall eines großen Theils des gegenwärtigen Geschlechtes immer mehr, immer trauriger überzeugte, und die Voraussicht der traurigen Folgen, welche nothwendig daraus für das Vaterland entstehen müßte», sein patriotisches Herz ausS tiefste kränkte. Dieser und andere UnglükS- fälle trübten seine lezten Lebenötage mehr als er auch dem vertrautesten Freunde sagen mochte. Der Tag seines Lebens, der sich so schön und vielspre« chend anhob, endigte mit einem stürmischen Abend, mit schweren Sorgen, mit dem Verwelken seiner schönsten und unschuldigsten Hoffnungen- Wohl ihm, daß er die Ruhe gefunden hat!! Eine Frage muß euch, Jünglinge, besonders wichtig seyn, und ich will sie euch kürzlich beantworten : Wodurch erwarb er sich so nüzliche Fähig, leiten? wie wurde er der verdienstvolle Mann im Staat, der Vater unserer Schulen, die Ehre unserer Stadt und unsers Landes, dessen Andenken wir so gern, so dankbar ehren? Er wollte das Gute; er wollte nicht nur sich "ud seinem Privatvortheil, sondern dem gemeinen Vcßtcn leben: ( nori sibi, 8eä patriT genimm 8L8L creäebst). Wo immer ihn sein Beruf aufforderte, etwas NüzlicheS zu thun, da that er eS mit uuver- drossencr Treue, mit grauer Pünktlichkeit, mir r: — )- reifer Ueberlegung, und mit Kenntniß der Sachen. Er scheint, um seine Thätigkeit lebendig zu erhalten , jene weise Regel SalomonS sich vorgestzr zu haben, die auch für den Schutlehrer so viel anwendbares hat: » Früh säe deinen Saamen, und „des Abends laß die Hände nicht sinken! denn du „ weißest nicht, ob dies oder das dir gerathen wird? „und ob es beides Miethe, so wäre cS desto „ besser.« *) Hiezu machte er sich von Jugend an fähig durch einen uncrmüdeten Fleiß in den Wissenschaften, durch llnanözesezte und gewissenhafte Uebung und Ausbildung der herrlichen Anlagen seines Geistes, hauptsächlich auch dadurch, daß er seinen Geist von zarter Jugend an bis an sein Ende mit den unsterblichen Schriften der Griechen und Römer nährte, die ihm ausgebreitete Kenntnisse, große und richtige Begriffe über die menschliche Natur, über die Kunst, sie Zu vervollkommnen, und über die Wichten des Menschen — seinem Geschmak aber eine Feinheit gaben, daß ein auswärtiger großer Menschenkenner in Hinsicht aus feinen Geschmak und Scharfsinn ihn einzig mit Lessrng vergleichen wollte. Wie eine fleißige Birne hatte er sich auS dem ganzen Umfang des menschlichen Wissens das Ente, Wahre und Schöne gesammelt, und war besonders mit der klassischen Litteratur so vertraut, daß er bei jeder Gelegenheit die gleichsten Anwendungen aus ihr zu machen, und seinem Umgang dadurch -inen ganz eigenen Reiz zu geben wußte.- °) Prediger EKrm. Aas. XI. Denn diesem Studium harte er seine Jugendzeit gewidmet, und nicht jener flüchtigen zerstreuende» Lecrüre von Romanen und ander m lokern Gesckreibr dieser Art, womit manche sonst hoffnungsvolle Jung» linge unsers Vaterlandes die ihrige verschwenden. Nicht nur wird ein Jüngling, der seine Leserey größtentheils, wo nicht gar ganz auf diese beschränkt , niemals zu irgend einer gründlichen Gelehrtheit gelangen: vielmehr wird selbst das Bestreben und der Wunsch darnach in ihm gelähmt, und jede Beschäftigung, die anhaltenden Flerß und Nachdenken erfordert, ihm zum Ekel werden. Was wird er anders lernen, slö verworrene und unrichtige Begriffe von der Welt, in welcher er einL als thätiges oder leidendes Mitglied auftrete» wird? Und sollte er zu Aemtern im Staat oder in der Kirche gelangen, so wird er vielleicht viel plaudera und raisonnieren, nie aber wird er richtig schliesst« lernen, nie seine Geschäfte mit derjenigen Kenntniß und Einsicht betreiben, ohne welche nicht» Nüzii- ches und nichts Bleibendes gemacht werbt» kann; und wenn eS gut geht, so wird er es bereue», aber zu spät! gutem Rath nicht gefdlget zu habe». Darum war er auch weit von dem schädliches Vorurtheil entfernt, daö allenthalben und auch ia dieser Schule immer mehr einreißt: die lateinische und griechische Litteratur nüze im gemeine» Leben gar nichts, und diene höchstens nur muffige» Gelehrten ; — ein Vorurtheil, ganz des Geschlechtes Würdig, das alle Vortheile verwirft, die sich nicht im gegenwärtigen Augenblik an den Tag legen > vM alle Mühe für eitel erklärt, die auf die Bildung 14 '?«/"Alles wird gut werden""" war der Inhalt seiner lezten Rede an euch, liebe Schüler. Er dachte sichS wohl nicht, als er vor einem Jahr an dieser Stelle zu euch sprach, daß das Ziel, wo auch für ihn alles gut werden und die Wunden seines Herzens auf ewig heilen wür. den, so nahe sey! Mag Er sichs gedacht haben oder nicht: er konnte seinem Lebensziele ruhig und heiter entgegen sehen; denn er hatte als ein treuer Arbeiter sein Tagewerk vollendet, und sah ohne Vorwürfe auf ein wohlvollbrachteS Leben zurük. Ihn wollen wir, so uncrsezlich uns sein Verlurst ist, nicht in rin Leben zurükwünschen, dessen spätere Tage für ihn so voll von Kümmernissen und Kränkungen waren. Die Gottheit hat eö gut mit ihm gemacht, und ihn, nachdem des Lebens Lust und Freude von ihm gewichen war, auf eine leichte leise Att der Erde entrükl, und seinen wahrheitdürstenden Geist zur Quelle des Lichtes, der Wahrheit und des Frohsinns hinübergeleittt: LLnälstu8 in8uettim niiracue lumen OIvmpi, 8ub yeciibusque vistec nukes et ^Isteru llsplilns! *) Ader unvergeßlich wirst du uns, wirst du besonders auch mir seyn, du abgeschicdtier edler Geist! der ich dir so viel Belehrung, so viel Beförderung in der Ausbildung des Geistes zu dünken habe! Wie oft bewunderte ich deinen licfdringenden Scharfsinn, dein zartes sicheres Gefühl für alles Wahre und Schöne, und wie oft bemerkte ich mit Rührung die schönsten Züge deines cdeln Herzens, die nur wenigen bekannt wurden! Unvergeßlich daS Andenken an so manche liebliche Abendstunde, wo wir uns über die wichtigsten Gegenstände drS menschlichen Wissens vertraulich untcrhklten, und mit der lebhaftesten Anmuth Gedanken wechselten; wo der Geist sich wie eine Blume öftrere, und die heitersten Gedanken sich entwikelten! Wohl dir! das Vaterland, der Staat, die Kirche, die Jugend, dein Bruder und deine Freunde rufen es dankbar dir in dein Paradies der Ruhe nach: Wohl dir — du hast uvö wohl gethan! Du hast dein Tagewerk redlich und treu vollbracht, und dein Andenkn» bleibet im Segen! Ruhr, süße Ruhe schwebe - Friedlich über seiner Gruft! Bis der himmlische Belohnrr Ihren redlichen Bewohner Seine Krone zu empfangen ruft l *) »Der DerklLrte bewundert das ungewohnte Licht der Himmels, und siehet unter seinen Füßen Wolken und Trilirne.« Airgil.