WMM > t' ^>^L-!S. 5 »' >»<. x-L '5EÄ ! ilX- x -^ Mit Königlich W ür temb er g i schein Privilegium. ' Slarau 1824. Heinrich Ncmigiur S a ll e r l L » d e r. Des Schweizerlands Geschichte s'.!r dar S ch w e i z e r v o l k. Von Heinrich Z s ch o k k e. Zweite verbesserte ganz wohlfeile Original-Auflage. Mit Königlich W ür te mb erg I schein Privilegium. ' Aarau 1824. Heinrich Ncmigius S a n c r l ä » d e r. Verfügung -es Departements des Innern: Des Ministerium -es Innern. Ertbeilung von Privilegien gegen den Nachdruck. Seine Königliche Majestät haben vermöge höchster Entschließung vom 4 d. M. dem Buchhändler Sauer- länder in Aara» ein Privilegium gegen den Nachdruck der in seinem Verlage erscheinenden zweiten Ausgabe der SchweizerlandS-Geschichte von Heinrich Zschokke, auf die Dauer von sechs Jahren zu ertheilen genrhc; wel- cheS unter Hinweisung auf die Königliche Verordnung vom 25 Februar 1815, Privilegien gegen den Bücher-Nachdruck betreffend, hiemit öffentlich bekannt gemacht wird. Stuttgart den 8 April 1824. Schmidlt». Diese zweite verbesserte und vermehrte Original < Auflage erscheint in dreierlei Ausgaben; nämlich aus weißem Druckpapier . . . . r» 2 fl. oder 1 Lhlr. 8 gr. aus halbwcißcni Druckpapier . . . ä 1 ßl. 20 kr. oder 22 gr. auf ordinärem Druckpapier in engerem Druck ä äL kr. oder 12 gr. Eine Anzahl von 12 Eremplarcn zusaniniengenommen werden an Partikularen in der tzchweiz zu folgenden Parthiepreisen erlasse»; nämlich: 12 Exemplare aus weißem Druckpapier ä 27 Schweizerscanken. 12 — auf halbwcißcm Druckp. ä 18 — — 12 — auf ordinärem Druckp. »10 — — Diese Bestellungen könne» jedoch nur an den Verleger gerichtet, und im Buchhandel nicht bewilliget werden. Aarau, den 31 Mai 1824. H. R. Sauerländcr. Verbesserungen. S. 9 3. 16 von oben statt hundert und dreizehntau- send, —soll heißen hundert und iehntansend. S. 63 Z.. 8 von oben statt Glitt, — soll heißen Thuet. S. 84 Z. 4 von oben statt Ihrer sechzehn, — soll heißen Ihrer Anfangs sechzehn u. s. w. S. 84 Z. -86 von oben statt dicSolothurner des Falkcn- stcincrs u. s. w., — soll heißen: Solothnrner u ndVcrn er des Falken steincre Schloß GöS- gen, und FarnSburg bekannten sie nebst andern. S. 148 Z. 7 von oben statt umringt von seinen Bajonetten, — soll heißen von seinen Schaaren. 1 . Wie es im Anfang gewesen. Von wnnderhaftcn Hcldcnfahrtcn, guten und bösen Tagen der Barer ist viel gesungen und gelehrt. Ich aber will die alten Sagen verjüngen im Gemüth alles Volks. Und ich trage sie den freien Mannen zu in Berg und Boden, au> daß ihre Herzen sich entzünden in neuer Inbrunst zum theuer- werthen Vaterland«:. So merket denn auf meine Rede, ihr Alten und Jungen. Die Geschichte verflossener Zeiten ist ein Baum der Erkenntniß des Guten und Bösen. Wo der Nhonestrom, welcher aus den Eisbergen des Walltö quillt, nach weitem Lauf endlich in das mittelländische Meer stürzt, erhebt sich eine Reihe niedriger Berge. Wie sich dieselben aber weiter gegen Sonncnanfgang erstrecken, steigen sie höher mir den Gipfeln in die Luft, und an Italien immer höher vorüber, ihre Felfenschetrel verhüllt von Nebeln und ewigem Schnee. Dreihundert Wegstunden lang dehnen sie sich hin gen Aufgang, bis tnö Ungarland. Dort senkt sich das Gebirg allmalig wieder und wird zu Hügeln. DaS ist das Gebirg der Alpen. Und Hclvetia ist das Land genannt worden, welches im Schoose der Alpen da gelegen ist, wo sie die beschneiten Kämme, Hörner, Firsten und Zinken am höchsten aufrichten, weit über die Länder der Menschen und über die Wolken des Himmclö hinaus. Durch enge Schluchten vom Hochgebirg herab, mit Strömen, die den Gletschern entquellen, breitet sich daö Land gegen Mitternacht aus in weitere Thäler, bis zu den Kalk- bergen des Jura. Diese krümmen sich in Gestalt eines ungeheuern Halbmondes vom See des Lcman bis zum Bodcnsee. Und von Schafhauscn bis Basel steht der Nheinstrom vor dem Jura, wie der Graben vor dem Wall. Also hat Gott unser Vaterland mir hohen Bergen und tiefen Gewässern umgürtet, wie eine große Beste. Doch die Beste ist nur stark, so lange cS dahinter der Mensch bleibt. Dies Alles ist in Zeiten, von denen kein Mensch weiß, ein Weltmeer gewesen. Die Wogen der Wasser sind andert- halbtansend Klafter hoch über Feldern und Wiesen gestanden, die wir hcnt bauen. Damals waren die Gipfel deS 4 - GebtrgS einsame Inseln. Droben an Felswänden werden noch Spuren der mächtigen Finch gesehen. Pflanzen und Muschelthiere des alten Wassergrundes liegen nun versteinert im felSgewordenen Schlamm. Siehe, aus unterirdische» Hohlen ist verkündet, und von, Finger GotreS steht in den Lagern des Gebirgö geschrieben: Ehe der Mensch kam, ist schon mehr denn ein Weltuntergang gekommen. Nachdem die Gewässer abgelaufen und anö dem trocken gewordenen Mecrbodeu Moose, Gräser, Gesträuche und Wälder hervorgesprossen waren, sind Jahrhunderte verflossen, bevor die Stimme eines Menschen durch die Stille dieser Wildniß scholl. Es weiß. Niemand, wer zuerst mit seiner Heerde längs den Waldufern der Ströme und Seen umherirrte. Die frühesten Geschlechter mögen sich im offenen und zahmer» Thalboden angesiedelt haben; weit später stiegen sie in die rauhern Gegenden hinauf; zuletzt entdeckten sie verschlossene Einöden am Fuße der höchsten Alpen. Sechshundert Jahre vor Christi Geburt lagen sogar noch die Hochthäler unter den Nhcinquellen unbewohnt. Da, wie die Sage geht, sind sie zuerst von Flüchtlingen aus Italien bevölkert worden. Denn ein gewaltiges Kriegsvolk, geheißen die Galen, war nach Italien eingedrungen und hatte die Einwohner daselbst bezwungen, getödtet oder aus den ererbten Wohnsitzen vertrieben. Leute, erschrocken vor dem Grimm des feindlichen Schwertes, flohen auö dem Lände der Rasenncn am Meere, wo in unsern Tagen die Städte Florenz und Genna blühen. Sie retteten sich mit Weibern, Kindern und Hausgöttern in die Schluchten und Wildnisse der Hochalpcn. Daselbst bauten sie sich in einsamen Thälern zwischen Waldungen und himmelhohen Bergen an, sicher vor der Wuth der Galen. Und von ihrem Gott oder ihrem Helden Rhätuö sind sie Rhätier genannt worden. Darum ist daS Land um den Quellen des Rheins und JnnS noch in unsern Tagen Rhätten geheißen, die starke Heimath der freien Bündner. 2 . Die ersten Thaten der alten Helvetter, und wie zu ihnen die Kvmern gekommen sind. (Hundert Jahre vor Christi Geburt.) Das Volk in den Thälern zwischen den Alpen «nd dem Jura, dem lemanischen und windischen See (Bvdensee) ver- mehrte sich langsam mit den Jahrhunderten. ES lebte zwi. ' sehen Wäldern, Felsen und Strömen voin Ertrag der Jagd,, der Felder und Heerden, ungckannt von der Welt, in ranber Freiheit. So viel Thalschafcen, so viel unabhängige Gemein, samen. Ihre streitbare Jugend zog durch finstere Gehölze dem Wilde nach, oder kämpfte mir dem Schlangengewürm der FelShöhlen und Sümpfe und mit Ungeheuern in den Ber- gen, oder streifte von Zeit zu Zeit gegen die Nachbarn hinaus auf Raub. Ein Fell war ihr Rock, Speer und Keule, Pfeil und Bogen ihre Waffe. Zu Schuh und Trutz hielten viele Gemeinden zusammen in einem Gau. Vor allen ward zuerst am Rhein und au der Thür der Gau der Tigu- rer namhaft. Denn es begab sich, daß durch die Wälder Deutschlands erschreckliches Volk auS fernen Gegenden heranzog. Dreimal, hunderttauseiid streitbare Männer waren eö, die da hießen Kymern, daö ist, Bundesgenossen aus allerlei Volk. Viele derselben, sagt man, sind auS Frieö. und Schwedenland und aus dem Nordland gekommen, wo die bewohnte Welt in Schnee und Eis erstarrt. ES wird geredet, daß sie vom Hunger auSgetrieben worden wären, als über ihrer Heimach die Schleusen des Himmels gebrochen und Thal und Höhe Sumpf und See geworden wären. Nun kamen sie kriegend und siegend zum Rhein, und über den Rhein in die Städte deü GaleulandeS, heut Frankreich genannt. Da trieben sie unermeßlichen Raub ein. Als solches die Jugend im Gau der Tigurer hörte, ward sie gelustig, am SiegeSruhm und an der Beute der Kymern Theil zu haben. Und wer streiten konnte, zog aus und stieß zu den gewaltigen Kymern. Da ist viel Gut gewonnen, viel Blut geronnen. Und die Völker des GalenlandcS weh. klagten und schrien um Hilfe bis Rom. Rom sandle alsbald ein . starkes KriegSheer. Das zog über die weißen Berge herab zum lemanischen See. Deß erschrocken die Tigurer, welche bei den Kymern waren; denn fe meinten, es gelte ihre Hcimath im Gebirg. Stracks eilten sie den Römer» entgegen am lemanischen See. Ein junger Held war ihr Führer, Diviko genannt. Alö dieser das Lager der Römer sah, griff er zum Schwert. ES erbob sich ein entsetzliches Schlachten, daß die Römerleichcn weit das Feld bedeckten, bis die Ueberwundcnen um Gnade bare». Da richtete Diviko zween Baumstämme auf, oben mit einem Querbalken verbunden. Unter diesem Galqenioch ließ er, zum ewigen Ruhm der Seinen und zur Schmach NomS, die entwaffneten Feinde kriechen; dann schickte er sie über die Berge heim. Er aber zog nach dem Siege wohlgemurh wiederum den 6 - Kymeru zu, seinen Kriegögcselle», und verwüstete mit ihnen LaS Galenland. Und sie überstiegen die hohen Gebirge und Brachen in Italien ein und bedrängte» Rom. Da erhoben Pch die Römer; viel blutige Schlachten wurden geschlagen. DaS Glück aber verliest die Kvmern. Ihrer die meisten fielen durch die Schärfe des Schwertes. Wer daS Lebe» davon trug, rettete sich mit Dtviko in die Sicherheit deS Helvetischen GebirgS. Also mögen von den Männern, die vorzeiten durch Wasser, fiuth und HungerSnolh aus dem kalten Nordland vertrieben gewesen waren, nach Hclvetien gekommen sein. Noch singt von ihnen in den Bergen das Westfriesenlied. Am Ufer LeS WaldstätterseeS, zu den Fußen des Haken und Mythen, ibergeö, setzten sie sich bei Bruch, das heißt Snmpfland, und rodeten den Wald aus. Darum wurden sie B rnchc n bure n genannt, Von den Brudern Sntter und Swen soll Schwyz gestiftet worden sein. Noch hörst du in jenen Thälern Namen der Geschlechter, die auch im Schwedenlande blühn. Von da haben sich die Menschen, als ihrer zuviel wnr. Leu, verbreitet in die unbewohnten Waldtbäler am See, in das Land am Kernwald, gegen den schwarzen Berg, Vrünig, und jenseits desselben durchs Haöli im Weiß. land am Fuß der weißen Eisberge von Tbal zu Thal nach Irutigen, Obersibnsn, Sauen, Affleutsch und Iaum. So lehren die uralten, »«gewissen Sagen. 3 . Alles Land wird römisch. ( Fündig Jahre vor Christi Geburt.) Nach lange nach Diviko's Heldenfahn mit den Kymeul ward von den fetten Triften und reichen Orten geredet, die man im Galenland gesehen hatte. Dort sei 'ein warmer Himmel, unter welchem Traube» und Oelbäume blühen und der Schnee des Winters kaum gekannt werde. DaS machte im rauhen Helvetien daS Volk lüstern, und nicht minder, waö es von Reisenden oder Nachbarn jenseits des Rheins bestatten hörte, mit denen freundlicher Verkehr gepflogen wurde. ES lebte aber zu der Zeit im Lande ein angesehener Mann, Namens Hordri ch. Zehntausend leibeigene Knechte imd Mägde baute»' feine Felder und mordeten seine Hcerden. Auch war er von den Nachbarn im Galenland hochgeachtet und hielt mit ihren kleinen Fürsten Umgang. Dieser krach, tere größer» Dingen nach. Erst redete er mit den Vorsteher» in seinem Gau, dann mit den Uebrigen, zuletzt mit den Let^ ten in den Gemeinden r Warum man sich auf rauhem Fek senboden quäle, der kaum Vieh und Menschen nähren möge? Man müsse aufbrechen tnS Galenland; da sei noch für ei» tapferes Volk viel fruchtbares Gefilde fett und offen. Dov dieser Rede wurden die Gemüther erhitzt, und Jeder dachte bald anö Auswandern. Die versammelten Gemeinden be- schloffen einmüthig, sich zu einem großen Zuge vorzuberei- reu. Drei Jahre lang sollte man die Aecke» bauen und zur langen Reise Verrath äruten, itizwifcheu aber Bundesgenosse» und Helfer werben, und thu«? lyM sonst. M Sicherheit defi WagstückS nöthig sek Hordrich, erfreu; ob denz Gedeihetz seiner Anschläge, machte neue Gutwurfe, Alles glücklich durchzuführen» w ES war aber an der Zeit, daß große Wunderdinge auf Erden geschehen sollten. Der alte Weltherrnthron zu Nom hatte mit seinen Tugenden die tausendjährigen Grundpfeiler verloren. Das wüste Heideuthum lag ohne Kraft, und die Menschen sehnten sich von den Altären der Götzen zu dem unbekannten Gott. Das Licht dcö christlichen Glaubens leuchtete schon aus Morgenland hell wie eine neu aufgehende Sonne, und entzündete mit seinen Strahlen die Herzen in dreien Weltweiten. Da war es, alS schalle eine Stimme aus den Himmeln: Ich will die Völker der Erde durcheinander werfen, wie die Spreu im Sturmwind, daß die Funken des heiligen Glaubens in alle Welt zerstreut werden und alle Lande der Menschen davon entbrennen. ES müssen die Abgötter Staub und Asche sein. Daö Alte soll vergehen und Alles neu werden. Und siehe, eö erschienen alsbald Völker um Völker anS unbekannten Gegenden dcö Erdkreises, und vertrieben mit der Schärfe des Schwertes, was vor ihnen lag. Und sie kamen von Sonnenaufgang und auS den unbezwungenen MitrcrnachtSländern. ES kamen die Allemannen, wilde Kämpfer auS deutschem Stamm. In drittehalbhundcrt- jährigen Kriegen waren sie immer tiefer in römisches Gebiet eingedrungen, immer näher gegen das helvetische Gebirg. Endlich durchbrachen sie, wie ein verheerender Strom, die Schluchten dcS Jura, und verbreiteten sich über das Land. Da ward Alles zum ttechtland ober zur Wilbuiß, vom Schwarzwald bis zum Fuß der Alpen. Die Pracht von A venkjc u in und Vtnd o n isfa stürzte in Schutt zusammen. Der Römer, wie der Helvetier, dessen das Schwert dcS Fem- 14 - des schonte/ ward leibeigener Knecht. ES vertheilten die Allemanuen altes Land, mit Gütern und Menschen, unter sich, von« Rhein und Bodcnsee bis zum See der Waldstätte und zur Aar. Sie liebten Krieg, Freiheit und Hcerden. Die Städte verachteten sie als Kerker freier Männer. Was römisch, waö althelvetisch gewesen, ging in schmähliche Ver. gcffenbeit unter. Bald nach diesen schwärmten mit tausend Horden die Hunnen aus den Wildnissen Asiens hervor. Sie plünderten die Welt aus. Ihre Gestalten waren so gräßlich, daß man sie kaum für Menschen hielt; noch unmenschlicher war ihr Treiben. Durch Deutschland, Galenland, Italien fuhren die Würger. Nur einzelne ihrer Haufen streiften über helvetischen Boden, hinein in Schatten, hinein in die Gauen an der Aar, über die Felder der raurachischen Augusta und der römisch gewesenen Basilta (Basel). Nirgends verweilten sie. Wo aber ihr Fuß hintrat, waren Flamme, Blut und Wehklagen. Dann kamen die Burigunden, ein gewaltiger Menschenschlag. Die schlugen ihre Sitze im Galenland auf, zu beiden Seiten der Juraberge, im Land von Savoien, am Lemanersee, im untern WalliS, bis zur Aar, wo man noch heut zu Tage welsch redet. Dort bauten sie sich starke Burgen. Genf hoben sie aus dem Schutt hervor; vielleicht auch die WifliS bürg über der Asche von Aveuticum. Auf der Höhe am lemanischen See, wo sonst ein römisches Lau- sonium gestanden war, gründeten sie Lausanne neu und viele andere Orte. Dann kamen von Mittag über die höchsten Alpen herab die vielgewaltigcn Go theil. Schon war Italien ihr Raub geworden, nun ward eö auch ganz Nhätien mit seinen Thälern und weiderctchcn Gebirgen. Die gothische Gewalt ging weit hinaus über den Wallcnsee biö zu den Gittern (den kleinen Strömen im Appcnzcllcrland), über den Volkhard in die Thäler von Nri, nicht minder in GlaruS. Gräuel ward aller Orten. ES verschwand nun Kunst und Gewerb deS Alterthums, Gesetz und Uebung der Vorwelt, Gilt' und Sprache, die bisher gegolten. Selbst der Name Helvelicn ging verloren. Man hörre nur von Allemannen, Gothcn und Burgundern. Wohin der Allemauue kam, ließ er die Stadt öde. Er saß auf seinem Mcicrhof oder Weiler. Die Leibeigenen mit ihren Weibern und Kindern mußten seine Hirten, Feld- bauer und Handwerker sein. Denen er wohl wollte, verlieh er unverausserliche Grundstücke um Bodcazinö und Frondienst. Seine Heerben nährten ihn mit Fleisch, Milch und Käse. Alles Land war Biehweidc und ungctheilte Allmcnd. 16 Der einst urbar gewesene Boden verwilderte. Wo sonst der römische Pflug gegangen, wurden Gehölze. Um den Boden- See wucherten große Wälder, voller Bäre» und Wölfe. Der Gothe im hohen Nhätien war wohl auch krtegcri« sehen Sinnes, doch hakte er schon mildere Sitte. Er machte zwar das Volk auch leibeigen, aber ließ ihm seine alten Uebungen. Er zerstörte nicht die römischen Burgen, die er fand, sondern baute noch neue hinzu. In den hohen Schlössern saßen die Herren und Grafen, und verwalteten die zinsbare» Thäler und Alpen im Namen ihres KönigS, der m Italien wohnte. Am menschlichsten von Allen erwiesen sich die Burg und er. Sie nähme» nur den dritten Theil aller Grundstücke und Leibeigenen für sich. Sie rotteten des Landes alte Bewohner nicht anS, wiewohl thuen dieselben unterthänig und in Rechten nicht gleich waren. Sie wohnten neben denselben und vermischten zuletzt mit deren Sprachen und Gebräuche» die ihrigen, dergestalt, daß beide zuletzt einerlei Volk wnr- den. Noch heutiges Tages unterscheidet sich dies Volk von den übrigen EidSgeuosseu durch die ererbte, aber verunstaltete Sprache, welche man die welsche oder romanische heißt, in den Landschaften der Waadt, FreiburgS und NeuenburgS. Daö Reich dieser Fremdlinge insgesammt freute sich jedoch keiner langen Dauer. Denn abermals drang ein anderes Volk heran, gewaltiger, kühner und schlauer, als die vorigen. Das find die Franken gewesen. Die waren weit her auS den Niederlanden heraufgezogen und mit Flamm' und Schwert schon Meister des ganzen GalenlandeS geworden. In den eroberten Städterr hatten sie sich festgesetzt und das Land nach sich genannt Frankreich. Und als sie am Rhein auf die Macht der Allcmannen stießen, ward ein langes Streiten zwischrn beiden Völkern. In schreckenvoller Schlacht aber sind zuletzt die Allcmannen auf ewige Zeit überwunden worden. Und die von denselben am Rhein, in Schwaben und im helvetischen Lande wohnten, fielen darauf in die Botmäßigkeit der Sieger. Bald nachdem gingen auch die Burgunder durch Zwie- tracht und Laster ihrer Fürsten unter. Die Gothen nahmen die burgnndischen Alpen und Genf dazu; die Franken ' nahmen das klebrige deö BurgundergcbietS. Doch nur die letzten behaupteten, waS sie gewonnen hatten'; nicht also die Gorhen. Denn wie deren Herrschaft in Italien ausging, erstarb auch ihre Gewalt über das Gebirg. Der Frankenkönig Dietbcrr zauderte nicht. Er brach mit seinem Kriegsvolk auf und bcmeisterte sich Rhä- ticns und des klebrigen. Also ist am Ende, nach mehr denn eines halben Jahr- / 16 - tausendS wcchsclvollen Schicksale»/ das ganze helvetische Land wieder unter den Zepter einer einzigen Herrschaft gerathen, wie es vordem unter römischer gewesen war. 6 . o Der Franken Herrschaft und Einrichtung im Lande. (Vom Jahr no bis zum Jahr poo.) Die neuen Herren theilten nun das Land in zwei Theile, weil sie zu ungleichen Zeiten Besitz davon nahmen und die Einwohner selbst verschiedene Sprache redeten. So weit nämlich die Alemannen angesessen waren und man deutsch redete, ward das Land mit Schwaben vereinigt, das heißt, Nhätien und der Thurigau. Thurigau ward damals Alles geheißen vom Bodensee und Rhein hinweg big zur Aar und zum Gotthardöberg. — Die andern Gegenden aber, wo man welsch sprach, oder die man den Burgundern abgenommen harte, wie Genf, Wallis, Neuenburg, und was heut zu Bern, Solothurn, Freiburg und Waadt gehört, wurde mit Savoien vereinigt und Kleinburgund geheißen. Die großmächtigen Fraukenkönige, als Herren eines kriegerischen Volks, bestellten die Verwaltung von den Ländern, wie sie ihr Kriegsherr zu bestellen pflegten. Einen Oberfeldherrn oder Herzog setzten sie über ein großes Gebier; KriegS- obersten oder Grafen setzten sie über einzelne Abtheilungen des Gebiets, oder über Gauen; und andere tapfere Herren beschenkten oder belehnten sie mit weitläufigen Gütern in diesen Kauen. Denn damals war das Geld noch sehr selten. Die Könige belohnten daher den Dienst ihrer guten Kriegöleute mir Ländcreien und allen Einkünften derselben. Zu den Gütern, die sie weggaben, gehörten auch alle Einwohner and deren Haus, Hof und Vieh in den eroberten Ländern; denn die Einwohner wurden zu Leibeigenen gemacht. Der Leibeigene hatte aber kein Eigenthum, weil er selbst nur daö Eigenthum seines Leibherrn war, und er demselben Alles verzinsen mußte, was er besaß. Der Thurigau und Rhätien stand unter dem Herzog von Schwaben oder Allemannien, und das Uebrige unter dem Herzog von Kleinburgund. So war denn alles Land mit Menschen und Vieh vertheilt; und was der König nicht an seine Grafen , Edle und KriegS- lente vergabt oder verliehen hatte, daö blieb sein Eigenthum und ließ er für seinen Nutzen verwalten. Nur die freien fränkischen Leute, so wenige ihrer auch waren, machten das 17 Volk aus; die Menge der unterjochten Einwohner aber ward für nichts gerechnet, war ohne bürgerliche Rechte, dienstbar, ehr - und wehrlos. Das LooS der Leibeigenen war anfangs so kläglich, daß der Herr sie nach Gefallen strafen, per- schenken und verkaufen, ja sogar ungestraft todten konnte. Man hielt sie kg^im für. Menschen, sondern wie anderes Vieh, ließ sie sich ohne weitere Einsegnung begatten, und die neugebornen Kinder wiu'den das Eigenthum desjenigen Lcibherrn, dem die Mutter gehörte, falls der Vater etwa Eigenthum eines andern Herrn war. Also grausam und verwildert sind damals die Zeiten gewesen. 7. . Der christliche Glaube -ringt herein. Mitten durch die Finsterniß der Zeiten traten die Boten Gottes, fromme Männer, iwS Land, den Heiden daü Himmel- reich zu predigen und den Gekreuzigten zu verkünden. ES waren KriegSknechte, die in andern Gegenden das Wort deS ewigen Heils vernommen hatten; es waren vornehme Männer, oft KönigSkindcr, welche die Freuden der Welk vcrläugnetcn, um, gleich den heiligen Aposteln, unter den Heiden Christum zu bekennen. Man will sagen, daß schon zur Nömcrzcit, und kaum zweihundert Jahre nach des Heilandes Geburt, ein solcher Konigösohn, Namens Lucius, im rbätischcn Hochlande die Saat deS Glaubens unter Todesgefahren auügesäer habe. Späterhin sind Andere zu den Burgundern, Andere zu den AUemannen im Thurigau gekommen. Die sammelten fromme Haushaltungen um sich; die tauften Alt und Jung im Namen Gottess; die stifteten kleine christliche Gemeinden; sie bauten Kirchen und Bethänser. Sie gründeten auch Klöster zur Beförderung in Wissenschaft, Gebet und Glauben, und setzten Bischöfe, das heißt Aufseher, über die andern christlichen Lehrer und Gemeinden. Schon bevor Alles fränkisch wurde, hat man einen Bischof zu Chur in Nhätien gefunden, der Stadt, die erst gegen das Ende der Römerherrschaft namhaft geworden war; auch in der ranrachischcn Augnsta, und zu Vindonissa, und zu Avcnricum, desgleichen zn Genf und zu Octodurum (vielleicht Mar- tinach) im WalliS. Doch sind nicht in allen diesen Städten die bischöflichen Stühle der Christen geblieben, sondern sie sind in den langen Gräuelu der Verwüstung nach nluerstörten Orten hmgctra» 14 - gen worden. So ward der Bischofsstuhl von den Trümmern der alten ranrachischen Augusta nach Basel genommen, der von Aventicum nach Lausanne, der von Vindonissa nach Konstanz am Bvdensee, der von Ocrodurum nach Sitten im obern WalliS. Aber als die Franken, welche selbst schon christlichen Glaubens waren, sich unsers Landes bemächtigt hatten, da wurde erst das Werk der Bekehrung recht mit Eifer betrieben, der Priester beschützt, der Bischof geehrt, das Kloster und die Kirche beschenkt. Zum Unterhalt der Geistlichen stiftete man die Abgabe deS Zehnden von den Feldern, zur Verherrlichung des Gottesdienstes freiwillige Opfergaben. Denn weil damals daS Geld fehlte, zahlte man lieber mit Erzeugnissen des Landes und mit Grundstücken. Und was Einer zu frommen Stiftungen hingab, glaubte er nicht sterblichen Menschen zu geben, sondern Gott selbst und den Heiligen Gottes, die er verehrte, und schien thm Alles nur Darlehn zu sein für Zins ewiger Freuden nach dem Tode. Also sind denn nach und nach Kirchen und Kloster sehr begütert und reich geworden an Land und Zinsen. AuS fremden Landen aber kamen dazu immer mehr der Vcrkündiger d-eS Kreuzes, daß sie die letzten Ueberbleibsel deö HeidenthumS ausrotteten. Denn in den dicken Wäldern um den Zürichsee, in den abgelegenen Thälern des Gebirgs wohnten noch gar lange halbwilde Menschen, ohne alle Kenntniß des lebendigen Gottes. Sie opferten ihren Götzen auf den Berghöhen und in einsamen Gehölzen Lecrdenvieh und Pferde, die sie schlachteten; oder trieben beim Beginn eines neuen Jahres furchtbaren Lärmen mit Schreien, Iolen, Klopfen und Schlagen, um die bösen Geister, Hexen und Zauberer zu verjagen; oder zündeten mit Anbruch des Frühlings große Freudenfeuer auf allen Bergen an, wie Dankopfer für die guten Götter. Viel abergläubige Angst quälte die armen blinden Heiden vor der Macht der Hexen und Geister; sie glaubten noch an allerlei Vorbedeutung, an Wabrsagereien, an den Einguß gewisser guter und böser Tage und dergleichen Selbstbetrug. Darum waren die frommen Männer, welche den Heiden die Botschaft des Heils brachten, hochzupreisen. ES kam auch aus dem Frankenland Siegbcrt und predigte den Wildnissen RhättenS. Im „rauhen Gcbirgöwinkel hatte er dort sein Bethäuslein gegründet, wo nun daS Kloster Di- sentiS steht. Columban und Mangold lehrten lange an der Aar und Reuß und am Zürichsce; auch der viel- eifrige Gallus. Dieser baute sich zuletzt eine einsiedlerische Bcchüttc in der Oede des hohen Bergthals am Bodcnsee, wo zu feinem Gedächtniß nachher das Kloster St. Gallen 1 .'- einstanden ist. In Hochgebirgen am Waldstättersec verkün- dece der fromme Meinend dnö Wort Gottes- und im Fin. ! sierwald am Sihlfiusse bnntc er seine Zelle, wo in unsern Tagen das Kloster Einsiedeln prangt. Auf dem Hügel bei Zürich stiftete ein Herzog das Chorher-rnstift und gab ihm viele Güter am AlbiS; ein anderes Münster baute sein Bruder am Waldstättersce, da, wo einst, vielleicht zur Römerzeit, nur ein Lenchtthnrm mit nächtlich brennender Laterne für Schiffende stand, und jetzt die Stadt Luzern sich ausbreitet. Und bald darauf erhob der reiche Graf Bero unweit davon ein neues Münster oder Kloster, wel. j cheö noch jetzt nach ihm Beromünstcr genannt wird. Doch ich würde lange nicht enden, wenn ich alle fron,, men Werke jener Zeit nennen wollte. Die armen Heiden in den Gauen sahen im weiten Lande umher gvltgeweihte Mauern von Kirchen und Klöstern aufsteigen, hörten alltäg. lieh Worte der Erlösung und des Kreuzes, und allnächtlich Gesang und Gebet der Mönche in den Zellen. Ihre Herzen wurden bewegt und sie gingen zur Taufe. Freilich bewies sich das Christenthum anfangs gar blöde und dürftig, denn der Bekehrungen waren zu viele und zu schnelle. Die Lehrer waren oftmals fast so unwissend und roh, als die Hörer des Wortö. Wer die Taufe empfangen, ^ ein Gebet erlernt hatte, die Kirche besuchte, ein Kreuz !' machen konnte, hieß ein Christ, obschon er die Wildheit ! der Sitte und den Aberglauben des wüsten Hcidcnthumü l nicht abgelegt hakte. Die Heiligen wurden oft nur an die Stelle der Götzen gesetzt und die allheidnischcn Lusttage zu l christlichen Festen umgekehrt. Furcht vor dem Teufel war gar viel mächtiger, alö Liebe zu Gott. Mit Diensten und ^ Vergabungen an Kirchen und Klöster meinte der Sünder > gar wohlfeil ewige Seligkeit zu kaufen und sich gegen Hölle», gewalt zu beschützen. - Doch nicht gänzlich ohne Segen blieb der neue Glaube. Geht auch dem hellen Tagesschcin immerdar erst eine Däm. - mcrnnq voran. Es ward der Gedanke an den einzigen leben, digen Gott allgemein, und der Gedanke an die Vergeltungen der Ewigkeit, und daß wir Menschen alle hicniedcn die Kinder des VaterS im Himmel sind. ES leuchteten den übrigen Haushaltungen viele fromme Pfarrer und Bischöfe mit ihren Eheweibern im guten Beispiel vor; denn in jener . Zeit war Bischöfen und Priestern das eheliche Leben keines. Wegs untersagt. Viele christliche Herren thaten nun glimpf« ! lichcr gegen die Unterthanen und viele Leibeigene bekamen ^ eigene Rechte und erträglicheres LsoS. In manchen Klöstern wurden auch Schulen gehalten und Bücher der alten Weisen gesammelt und abgeschrieben; denn die Buchdrnekerkunst ist > ! 20 , - erst lange Jahrhunderte nachher erfunden worden. Von Einsiedlern und Mönchen, welche in ihren Wildnissen Wälder ausrodeten und den Boden urbar machten, lernte das Volk Ackerbau und bessere Landwirlhschafc; die Allmendett wurden eingeschlagen. Das Volk lernte Kalk brennen und mit Steinen bauen: denn bisher kannte man bloß elende hölzerne Hütten; eS lernte Wolle weben uud sich in Wollenruch kleiden: bisher ging eö nur in Linnen oder Felle gewickelt. An den Hügeln des Leinener., und des Zürichseeö fing man selbst schon die Pflanzung der Weinreben an. Das thaten nun freilich die Mönche nicht allein, sondern vielmehr noch dix Franken, als sie daS Land in Besitz nah. men. Denn diese brachten ihre Hauöhaltnng und den Stier und den Ackerpflug mit sich hieher, wo ihnen der König Ländereien) und leibeigene Knechte und Mägde dazu, schenkte oder zum Lehen ertheilte. 8 . Wie das Land zum deutschen Reich gekommen ist und Städte erbaut wurden. (Dom tzabr 900 bis zum Jahr 1200.) / , ' Die Könige des großmachtigen Frankreichs sind lange Zeit gewaltig gewesen über alle andere; »nd am gewaltigsten König Karl der Große. Der hat sich zn Rom trift:» lassen als ein Kaiser des alten römischen Reichs, welches er wieder herzustellen gedachte; und er wollte mit' dem Namen eines Kaisers andenken, daß er sei ein König der Kö- nige. Allein seine Kinder und Kindeskinder waren Fürsten voller Zwietracht und ost Männer schwachen Geistes. Jeder begehrte Theil an der Herrschaft; und sie zerstückelten das weitläufige Reich. Einer nahm Frankreich, ein Anderer Italien, ein Dritter Deutschland, und sie führten große Kriege wider einander ohne Ende. Auch ist bei diesen Thci- lungen gezchehen, daß von, helvetischen Land dasjenige, was bisher zum Herzogthum Schwaben gezählt gewesen war, anö deutsche RkW kam. AIS nun so viele Könige wurden und sie einander in beständigen Kriegen verfolgten, entstand aller Orten große Verwirrung. Deß erfreuten sich die vornehmen Amtleute und Landpfleger der Könige, nämlich die Herzoge und die Grafen. Denn sie schalteten fortan ohne Furcht vor Strafe, und gaben ihre Stellen, wenn sie starben, ihren Söhnen, 21 u»b betrachteten die Herzogthümer und Grafschaften, aiS hätten sie dieselben wie erbliche Lehen empfanden oder gar wie eigenes Gut. Der Herzog von Schwaben wollte Kei- nein gehorchen; der Herzog von Burgund nannte sich selbst König. Wie die Herzoge den Königen trotzten, also trotzten wieder die Grafen den Herzogen/ hielten Kricgövolk und sprachen zu Alle», ihr mächtiges Wort. Auch die Bischöfe blieben nicht müßig. In ihren Kirchsprengeln und Gebiete» hochansehnlich und stark/ thäten sie den Grafen und Herzo- gen gleich, machten sich unabhängig voin weltlichen Arm, legten Harnisch und Panzer an und ritten vor ihrem Kriegö- völk einher. Und wie die Bischöfe mit den Herzogen und Grasen, so that zu Rom der Papst mit den Kaisern und Königen; nahm Gewalt über sie an und über ane Bischöfe und Kirche» in deren Landen, und zuletzt über deren Völker. In solcher allgemeinen Vorkehrung ist gekommen, daß die Herren und Grafen, welche in Hslvttien saßen, den Herzogen in Schwaben zuletzt wenig nachfragten, eigenmächtig walteten und etwa nur die Könige oder Kaiser deg deutschen Reichs fürchteten oder ihnen schmeichelten, wenn sie durch dieselben hofften, noch größer zu werden. Einig waren sie unter einander nie, oder nur dankt, wenn große Gefahr Alle zugleich bedrohte. Eine solche Gefahr für Aste kam auch in den Tagen , als Kaiser Heinrich, genannt dcr Finkler, Herr des deut-, scheu NeichS war. AuS Morgenland her, vom schwarzen Meer, am Donaustrom herauf erschien nämlich ein wildes Volk, kriegerisch, Alles zu Pferd, zahlreich wie Sand am Meer. Man hieß cS die Ungarn. Sie streiften sengend und brennend bald durch Deutschland, bald durch Welschland; nichts widerstand thuen, kein Fluß, kein Gebirg. Nur die festen Burgen und Schlösser liessen sie unangetastet, denn sie verstanden das Belagern nicht. ES war neunhun- dert Jahre nach Christi Geburt. Da gebor der Kaiser, daß man aste große Ortschafte» im Lande solle mit Mauern, Wällen und Graben umfange» gegen den grimmigen Feind. So wurde St. Gallen und Basel mit Ringmauern umgeben, weil sie an den Grenzen lagen, auch Zürich am See. DaS waren nun gleichsam Burgen des Volks, wohin Jeder zur Zcrl der Noth seine Habseligkcit flüchtete. Auch je der Neunte von den freien, adeiich-rn Leuten, die im Lande gering begütert wohnten, mußte in die Volköburg ziehen, um sie zu vertheidigen in Kriegsnoth, oder sie in FriedenSzeitcn zu verwalten. Also sind die Städte entstanden und ihre Räthe. Und die freien Adclichcn, welche zum Stadtrcgiment bestimmt waren, hieße» sich Patrizier. 22 Nach diesem Beispiel sind bald mehrere VolkSbnrgcn oder Städte entstände», wie Lnzern und Solothurn, und später am Umladeplatz am Mein, wo dieser Strom den gewaltigen Fall über Felsen macht, aus den dortigen Schiff. Häusern, Schafhansen. Wie im deutschen Hclvetien, so geschah auch im burgundischen Helvciien, alS die Kaiser dasselbe endlich ebenfalls zum deutschen Reich nahmen und daselbst^die Herzoge von Zähringcn zu Reiche-vögten machten. Schon standen hier die uralten Srädre von Genf und Lausa n n e. Dazu fugte nun NcichSvogt Berthold, Herzog von Zähringcn, die Stadt Freiburg, welche er im Uechc- land erbaute, zum Schuh und Trutz gegen die Stärke der widerspenstigen Herren und Grafen der Gegend. Eben so that sein Sohn und baute die Stadt Bern in einer Krüm. mung des AarstromS. Alle diese und andere Städte, welche hier und dort enk- standen, wenn ein offener Flecken ummauert und befestigt ward, empfingen für ihr Gemeinwesen ähnliche Einrichtungen und Nechtsame, wie schon ältere Städte in Deutschland hatten. Der Landmann und Handwerker, welcher sich in der Stadt niederließ,'erhielt Bürgerrecht, mnßce zur Vertheidigung Spieß und Degen führen, zu den Ausgaben teilen und steuern und einen Eimer halten, bei FeuerS- Lrünsten zu loschen; denn die Häuser in Städten waren noch von Holz gebaut, wie in Dörfern. Zu großen Angelegenheiten ward die Bürgcrgemeindc versammelt, die besondere Verwaltung des gemeinen Wesens aber einem Rath über. lassen, welchen die Bürgerschaft wählte; an der Spitze des SladtrathS stand ein Schultheiß oder Bürgermeister. Ge- ringe Händel wurden vor Rath abgethan; das Hohe Bluk- gerichc aber führte der NcichSvogt, oder der Statthalter des Abtes oder des Grasen, oder wer sonst der Stadt Ober- Herr sein mochte. Sicherheit hinter den Ringmauern gegen feindliche An- fälle lockte viel Volks in die Städte; die Menge dcö Volks aber brachte Erwerb und Hanbthicrung, und Kunstfieiß und Handct auf. ES wurden Märkte gehalten, wo der Land- mann verkaufte, was seine Felder und Heerden Ueberfluß gaben, und der Städter vertauschte dafür die Waaren, welche er in seiner Werkstatt bereitete. DaS machte die Bürger, schatten wohlhabend und erfinderisch; ihr Wohlstand mächte sie gesitteter; ihre Eintracht und Stärke machte sie '-Ktbar den Herren und Adelichen, die in den Gauen umher auf einsamen Schlössern und Burgen saßen. Gern kehrten zu den Städten die Herzoge, Könige und Kaiser auf Reise» ein, und thaten sich gütlich bei ihnen, und beschenkten sie dankbar mit Nechtsamen und Freiheiten. - 26 Alö aber Grase»/ Ritter und Herren im Lande daS Wachsthum der Städte sahen/ wurden sie fast eifersüchtig. Und sie trachteten ebenfalls nach Erweiterung von Macht und Euikülifren; dienten eifriger um neue Lehen und Güter den Königen und Herzogen und Klöstern; oder führten klein« Kriege mit Nachbarn/ um Raub zu machen. Viele/ die lhren Vortheil kannte»/ erleichterten dabei ihre» Angehört- gen die Last der Leibeigenschaft/ und sahen ger»/ wenn sich auf ihren Gütern das Volk mehrte. Weil feil Eroberung deS Landes aller Boden mit Wohn' und Weid' und Wald ihr Eigenthum oder Lehen geworden/ vertheilten sie nun die Grundstücke/ welche urbar oder Weideland waren/ an die Haushaltungen/ die dafür Grundzinse und Zchndcn zahl- lcn und Frohncn leisteten. So wurden der Dörfer/ Weiler und Höfe immer mehr. Von jedem neuen HauS auf den Hofställen wurden ZinShühner und Eier entrichtet. Nach dem Tode eines leibeigenen Hausvaters gaben dessen Kinder an den Oberherrn oder an daö Gotteshaus / oder wem sie eigen gehörte»/ das beste Kleid auö dem Kasten/ daS beste Gcrärh auö dem Hause und das beste Haupt Vieh aus dem Stalle. Nach Entrichtung dieses Todfallö/ wie sie eö nanu- ten/ behielten die Bauer» das Uebrige/ als wäre eS ihr Eigen und Erbe. Auf solche Weise vermehrten sich aus den Frohnen und Zinsen der Angehörigen des TwingeS die Einkünfte des Herrn. Die unverthcilten Grundstücke/ noch meistens von hohen Wäldern überwachsen/ blieben aber deü Herrn Gut. Aus diesen Waldungen gab er seinen Angehörigen und Zinsbaren allezeit Holz zur Nolbdurft und ließ sie/ nach seinem Wohlgefallen/ das Acherum (will sagen: die Eicheln) be- inchcu zur Mästung ihrer Schweine; oder er ertheilte ihnen dasselbe gegen Zinö/ oder alS freies Geschenk/ und freien Weidgang dazu bis zu den' Eitern oder dem Bann des be- nachbarlen Weilers und Dorfes. Ohne daß es der Herr deü TwingS gestattete/ war aber Niemand befugt/ von, hochwäldige» oder HcrrschaftSgut zu schwänden/ einzuschlagen und auszurenken/ um eö in Acker und Wiese zu verwandeln. Doch wenn sich die" Haushaltungen vermehrten und sie neue Höfe bauen wollte»/ sah eS der Twingvcrr gern. Dann ließ er von einem Theil deS Hochwaldes daS Holz abschwänden und sich von neuen Auf- brüchen Rüti. und BodenzinS zahlen. So sind viele Ortschaften entstanden/ die noch heuriges TagcS Schwanden und Schwändi und Rüti und Ncuti heißen. Aber die Anbaucr blieben / waren sie nicht schon vorher Freie / seine, Leibeigenen/ wie ihre Vater gewesen/ und waü sie hatten/ betrachtete er wft daS Seine. Denn er hatte thuen «tcht 24 nur das Land hingeliehen, sondern auch znr Wohnung und Stallnng Holz, zum Acker Pflug/ Wagen und Saat/ rnS Haus Axt und Leiter/ in den Stall die ersten Kühe/ die Sau mit den Ferkeln und in den Hof den Hahn mit den Hennen. Darum wäre» sie ihm zinsbar von Allem mir Frohnarbeicen auf seinen Felder»/ mit Fuhren zu seinem Schloß/ mit Zehnden und Bodenzinü von ihren Aerntcn, mi* Käse'/ Leinwand / Hühnern und Eiern. Also sind im Schweizerlande die Städte und die vielen Dörfer entstanden. 9 . - Noch mehr von den Städten und von den großen Herren im Lande. (Von, Jahr 1200 b,is zum Jahr «90.) Je wohlhabender die Landlentc wurden/ desto größer» Reichthum sammelten sich aus den vielen Zinsen die Grafen / Edelleute/ Aebte und andere Oberherrcn. Diese aber sind noch besonders frei und mächtig geworden- als die Herzoge von Zubringen auöstarben/ weil nach deren Erlöschen die Würde und daö Amt eines kaiserlichen Statthalters oder NeichSvogtS nicht mehr erblich war/ sondern bald diesem/ bald jenem Grafen verliehen wurde. Nun fürchteten die Herren die allzugroßc Gewalt und Nebcrmachc keines Ein- zelnen Ihresgleichen mehr. Nuu wollte Jeder der Erste sein oder hoffte cü zu werden. ES blühten damals viele vornehme Geschlechter, welche jetzt verschwunden sind. Die Grafen von Savoien hauen weitläufige Güter/ Lehen und Rechte im Lande Walliö und Waadt, wo zugleich der Bischof von Lausanne gleich einem kleinen Fürsten schaltete. Die Grafen von Welsch. Neuenburg, welche der Stadt Neuen bürg große Rechte verehrten, herrschten in welschen und deutsch '» Ger eten, am Bielersee, wie an der Aar und Zihl. Die Grafen von Kvburg, welche von Zürich bis zum Bodensce mächtig waren, und auf ihrem Boden die Städte Dicssenhofen am Rhein und Wintert hur bauten, kannten kaum Gc. wattigere im Lande neben sich. Doch thaten sich neben ihnen im Aargon die Grafen von Hab üb rrg auf, dre lange Zeit daselbst in ihrem Eigen, wo ernst die alte Dindonusa gestanden, ein ansehnliches Gut besessen hakten. Nachdem / aber waren sie auch Vögle des reichen Slifies zu Seckingen 2ss geworden/ welche im Glarncrlande viel GnteS hatte: dann wurde ihnen mi Aargau dazu die uralte bnrgnndische Graf- sehaft Rore verliehen. Diese Grafschaft erstreckte sich big Mnri/ wo schon zweihundert Jahre vorher die Gemahlin eines Grafen von Habsbura, die damals noch Grafen von Attenburg hießen, eine Benediktincrabrei gestiftet, halte. Nach Verschwinden der Mafcn von Nore war deren Gebiet a» die Grafen von Lenzburg gefallen, von denen auch die Grafen von Baden berstaminten, und von denen nun so viel Reichthum das Ansehen Haböbnrgö vergrößerte. Auch die'Grafen von NapperLwul, welche die Stadt dieses NamcnS am Zürichsee gebaut haben, sind Hochansehn- lich und zwar an den Märchen von Mimen gewesen; mehr aber noch, als ste, die reichen Grafs» von Toggcuburg. Daö Stammhaus von diesen lag auf einem Nelson unweit dem Kloster Fiscbingcn. Bon da herab aus dem Fenster der hoben Burg stürzte einst Graf Heinrich von Toggcuburg seine schone Gemahlin I da aus Eifersucht, weil er ihren Draulring am Finger eines seiner Diensimanncn erblickte. Aber den Ring hatte nur ein Rabe aus offenem Fenster gestohlen und verloren gehabt. Jda jedoch, indem ste herabstürzend sich an Gesträuchen über Abgründen festhalten konnte, ward durch göttliche Fürsei,ring gerettet.und ihre Unschuld offenbar. Sie beschloß ihr Leben in einer Zelle zn Faschingen, indem sie ihren Gemahl nicht mehr lieben konrne, der also in, Jähzorn an ihr gethan, und sogar den unschuldigen Diensimann am Schweif eines wilden Nvffeö zu Tod hatte schleifen lassen. Ich könnte noch viele Geschlechter der Grafen und Frei- Herren nennen, die damals gewaltige Oberhcrren gewesen sind, wie die Grasen von Wcrdcnberg und barg aus, die von Montfort und Sax und Bai; und NhäzünS im hohen Ndäticn, und andere in deutschen und bnrgundischcn Landschaften. Allein wer möchte sie alle wissen, sie, von denen nichts übrig ist, als das dunkle Gedächtniß ihrer Krieae, oder die Sage, welche noch jetzt von ihrer Grausamkeit um die Trümmer der zerfallenen Felsenschlösser geht.' Von diesen alten und vornehmen Geschlechtern sind jedoch schon zu jener Zeit manche frühzeitig ausgcstorben und gänz- lich verschwunden. Besonders geschah solches, als eS Glaubens- und Ehrenpflicht geworden war, mit dem Schwert in der Fanst Wallfahrt nach Jerusalem zum heiligen Grabe zu thun, um dasselbe aus der Hand der Heiden und Ungläubigen zn befreien. In ungeheuern Kriegsherren aus allen christlichen Ländern khaicn sich die bewaffneten Wall- sahiler zusammen und zogen Jahr an-S Jahr ein inü gelobte* Land, alle am Zeichen deö Kreuzes kcnnbar, das auf ihre 26 Kleider genäht wir. Jünglinge und Greift gingen, sogar Kinder, Fürsten, Könige, Kaiser, Nonnen, Fürstinnen. Von Tausenden und Tausenden aber lamen aus diesen Kreuz' zügcn nur Wenige zurück; denn die meisten Leute starben unterwegs, oder in Asien und Afrika, durch Hunger, Krank, heit, Schwert, Pestilenz, Aus sag oder in Gefangenschaft der Ungläubigen. Das machte manche vornehme Frau zur Wittwe und manche Mutter kinderlos. Was den Grafen und Rittern solchergestalt Verderben brachte, daö kam den leibeigenen Leuten auf Dörfern und Höfen, und auch den Bürgern in Städten wohl zu statten. Denn man hielt die Leibeigenen freundlicher, damit sie daheim blieben und nicht Freiheit in den Kreuzheercn such. tcn. Man gab ihnen mehr Freiheit und Rechte, um sie in heimischen Kriegen als Streiter gebrauchen zu können. Und die Bürger in den Städten gewannen viel mit allerlei Hand. werk und Verkehr zur Ausrüstung, Bekleidung und Versorgung der endlosen Hecrzüge inS heilige Land. ES ward ein weiter Waarenhandcl getrieben durch Ungarn bis Griechenland und durch Italien über daü Meer bis Aegypten und Morgenland. Besonders Basel blühte auf, wohin schon Wein anü Zypern kam, und Zürich, wo schon Bearbeitung der kostbaren Seide anfing. Und nKe in den jungen Städten eine Fülle des Wohl- standcS und Reichthums ward, trachteten die Bürgerschaften eifriger, daß sie ihre Rechtsame ausdehnten und ihre Stadt- gebiete durch Kauf erweiterten. Sie schüttelten eins umö andere von den lästigen OberherrlichkeitSrechren der Bischöfe, Aebte und Stifter ab, unter denen sie seit alten Zeiten gelebt halten, und begaben sich lieber in den Schuh deü deutschen Reichs, daß Keiner über sie stehe, alö unmittelbar der Kaiser allein, oder in dessen Namen der NeichSvogt. Die Solothurner rissen sich von der Hoheit des alten St. UrsusstiftS loS, das in ihren Stadrangelegenheiten viel zu sagen gehabt, weil eS zur Gründung der Gemeinde viel gethan hatte. Ueber den Flecken Schafhausen war der Abt des reichen Stifts Allerheiligen von Ansehen gewesen, und die herrschaftlichen Rechte ließ er durch seinen Schult- heiß üben. Allein nun erlaubten die Bürger ihm nur die Hälfte ihres NnrheS zu ernennen, die andere Hälfte wählten sie selbst. Bald machten sie sich in weltlichen Dingen vom Stifte ganz ledig, und traten, wie Andere, in deö Reiche- Schutz. Die BaSler fuhren fast eben so mit ihrem Bischof, daß sie nach und nach eigene Herren unter des Rct- chcö Schirm wurden, wie Bern und Freiburg schon längst durch kaiserliche Gnade» gewesen warcu. Dem Beispiel der Stärker» folgten, wie die Gelegenheit 27 erlaubte/ viele von den kleinern Städten. Sie nutzten klug des Reichs Verwirrungen. Waren die Könige/ oder andere Herren, von denen sie abdingen, in Meldnorh, hielten sie den Stadtseckel offen; in Zeiten gemeiner Gefahr harten sie Arm und Schwert bereit. Zeder Bürger lebte schlicht und kärglich daheim, aber freigebig für daS gemeine Wesen. Die Wohnungen waren gering anznsehen, aber die öffent. liehen Gebäude, Nathhänser und Kirchen groß und stattlich. Die Handwerker wetteiferten, vortreffliche Waaren zu liefern und durch Müh' und Kunst und Nachdenken ihr Gewerb zu verbessern. Die Zünfte wachten streng gegen Pfuscherei. Also empfing jegliches Handwerk einen güldenen Boden und seine Ehren, und Keiner begehrte mehr zu gellen, alö er werth war. Gottesfurcht, Rechtlichkeit und Fleiß regierten im HanS; aber gerechter Sinn, Klugheit und uneigennütziger Geist im Rarhösaal. Bom gemeinen Mut zu zehren ver. langte Niemand; aber ihm, wenn'S Noth war, zu geben und zu nützlichen Stiftungen und Anstalten zu steuern, sah man immerdar Hände ausgestreckt. Dadurch wuchsen die Städte und wurden kräftig und gewannen schöne Befreiungen- Grundstücke, allerlei Zolle und andere Vortheile. Darum trachteten sie alle, unmittelbar unter Kaiser und Reich zu stehen und anderer Herren loS zu werden, auf daß sie ehre Obrigkeiten und Richter selbst wählen und ihr Gemeingut selbst verwalten konnten. Dafür zahlten sie gern die Neichüsteuern. DeS Kaisers Recht Hand, habte der RcichSvogt, der hielt auch Blntgericht vor allem Volk, weil er, alö Fremdling, unparteiischer richten konnte, alS Einer aus der Gemeinde über den Andern. In Kriegs, vöthen wählten sie einen mächtigen, tapfern Herrn und Grafen zum Schirmvogt oder Feldbauptniann, den sie bc. soldetcn. Zu größerer Sicherheit schloffen oft die Städte selbst mit einander Bund, wie mich mit den Stadien des Reichs in Schwaben und am Meine. Also hat sich nach langer Knechtschaft und Leibeigenschaft wiederum eine Art Freiheit aufzurichten angefangen zwi. scheu Klöstern und Ritterschlössern, zuallererst in den Släd. teil. Jst'S doch, alö könne auf Schweizerbvdcn keine Zwing. Herrschaft gedeihen, sie komme von aussen oder innen. Hier will die edle Freiheit daheim sein, wie um deö LaudeS Fel- sengiplcln der Adler. 26 10 . Äon den Völkerschaften in den Bergen von Schwyz, Appenzell, Rhätien und Wallis. (Dom Jahr 1200 bis zum Iah» 1290.) Hinter den Seen, am Fuß deS HochgebirgS, wohin vor uralten Zeiten vielleicht aus den Römerschlachten die lehnen Äymern geflohen waren / lebten deren Nachkommen entfernt von der Welt. Kein Allemann, kein Burgunde, kein Franke hätte sich in ihre armen und grauenvollen Wildnisse wagen mögen. Ungestört weideten sie ihre Hecrden anf unbckann- ten Bergen und Alpen. Man sah an ihren Felsen keine Ritterburg, in ihren Thälern keine Stadt. Lange hatten die Bruchcnburcu nur eine einzige Kirche; die stand im Muottathal; dahin zog das Volk anSSchwvz, Unter- walden und Uri. Die Leute dieser drei Thalschaften waren alle einerlei Stammes, hatten auch lange, gleichwie nur eine Kirche, nur eine gemeinsame Obrigkeit/ Zu der wählten sie aus ihrer Mitte erfahrene, redliche Männer. Nachdem dort aber der Lenke zuviel geworden waren, haute jede Landschaft ihre eigenen Kirchen und wählte eige- neu Laudammann, Rath und Gericht. So trennten die Orte Sckwyz, Uri und Unkerwalden ihr Gemeinwesen, handelten aber doch in wichtigen Dingen wie eine unge- trennte Gemeinde. Später sonderten auch die Leute in Un- kerwaldcn ob dem Kcrnwald ihre Sache von denen, die in den Dörfern nid dem Äernwald wohnten, und beide Theile Unlcrwaldcnö hielten fortan abgesvndert,Nalb und Gericht. Denn die ob dem Walde hatten nach altem Herkommen, weil sie vielleicht ehemals zahlreicher alö die nid dem Walde gewesen waren, das Doppelte an den Landkosten zahlen muffen; und solches war ihnen nachher beschwerlich geworden, als die Nidwaldner so stark und reich als sie geworden. Wiewohl sie aber auseinander gingen, hielten sie doch in großen Angelegenheiten zusammen und galten, nach wie vor, immer noch wie ein einziger Ort. Ueber alles Gebirg sprach Niemand Hoheit an, als der Kaiser, und das Volk war deß wohl zufrieden, daß es des gewaltigen Fürsten Schirm genoß. ES wählte sich gern Obcrrichter deö Reichs in seinen innern Zerwürfnissen, am liebsten dazu auS den Grafen von Lcnzburg. Bei ihnen lagen noch große Wildnisse und unbesuchte Hochthäler, die Keinem angehörten. Solche wlwdcn von - 2!I den Kaisern als herrenloses Kni, mithin als NeichSboden, angesehen. Davon Haken die Kaisee zuweilen Eigenthum oder Lehen an Herren und Klöster. LScim dann die Einöde» angebaut wurden/ zahlten die Bauern davon Zinsen an die Könige/ an die Grafen von Lcnzburg und RapperSwyl, an die Münster zu Einsiedeln/ Zuviel) und Bcromünster und andere weltliche und geistliche Herre»/ welche von Kaisern empfangen hatten. Ein-frommer Freiherr- Konrad von Scldeybüre»/ hatte auch in einem rauhen Bergthal Un. terwaldens/ am Fuße des ewig beschneiten Titliöberges, ein Kloster gebaut/ Engelberg genannt. Solches gefiel dem Papste zu Rom also/ daß er eö in unmittelbaren Schutz deS heiligen Stuhles setzte. Doch viel älter und reicher war in jenen Gegenden daö Kloster Einsiedeln. Die Hecrden deSAbtcö weideten durch alle Berge. Denn dem Kloster- war vorzeiten die ganze Wildntß deS umherliegenden Gebirgs geschenkt worden. Die Hirten von Sehwyz/ unbekannt mit Wclthändcln, wußten . lange Zeit nichts von solcher Vergabung, bis sie einst mit dem Slbt in Streit geriechen/ der seine Hecrden in die Alpen schickte, die sie doch seit undenklichen Zeiten von ihren Dükern gehabt hatten. Da schrie der Abc um Hilfe zum Kaiser, und der Kaiser sprach dem Abt das Recht zu. Deß verwunderten sich die Schwyzcr und sagten : Ist des Kaisers und Reiches Schirm unserm Recht kein Nutze, so bedürfen wir desselben auch nicht. Die von Uri und Unterwalben hielte» zu ihnen, und sprachen wie sie, und gehorchten dem Kaiser nicht. Solches verdroß den Kaiser, und er ächtete sie, und der Bischof von Konstanz warf den Bannfluch über daö Land, daß keine Glocke mehr daselbst geläutet und die heiligen Sakramente nicht mehr gereicht werden sollten, weder Lebenden, noch Sierbcnden, bis dem Kaiser gehorcht würde. Doch deshalb erschrocken die Schwyzer gar nicht, sondern sie nöthigten ihre Priester, Gottesdienst zu halten, wie immer, und jagten die widerspenstigen aus dem Lande. Und ihre Heerden gediehen, und ihre Alpen grünten, trotz deß Bischofs Fluch, und sie handelten mit dem Erzeugnis ihrer Heerden frei nach den offenen Märkten von Zürich und Luzern. Wie aber der Kaiser nachmals in Noth gerteth und tapferes Volk zu seinen Kriegen nöthig hatte, schickte er wieder freundlich den Grafen von Leuzburg ;n ibnen. Der sprach: „Der Kaiser lieber tapfere Männer; sie sollen seinen Krieg thun, wie ihre Vater, und sich nicht bekümmern um die Rede der Pfaffen." — Auf solches zogen bei sechs, hundert Jünglinge mit ihm in den Krieg für den Kaiser nach Ruhm sind Bcurc, und Niemand von Allen bekümmerte sich um die Rede der Pfaffen. K) - Auch im Hochgebirg am Bodcnsee wohnte viel freies Volk/ lauge Zeit unter des Kaisers und Reiches Schirm. Doch hatte von jeher der Abt von St. Gallen-daselbst weitläufiges Gut und dienstbare Angehörige/ die sein Land bauten und GotieShauSleute genannt wurden. Am Einer, fluß/ zu Fußen des hohe,; AlpstetnS/ lag deS Abteö HauS und Zelle/ wohin der Herr oft kam/ seines Rechts zu pfle. gen. Daher bauten sich daselbst mehr Leute an/ und ward um deS AbkeS Zelle der Flecken Appenzell, davon endlich daS ganze Bcrgland die Benennung annahm. Ueber seine GoneöhauSIcute sehte der Abt seinen Vogc; aber die freien Reichslcure zu Appenzell/ Hundwpl, Urnäschen und Teuffcn wählten unter Kaisers Schuh/ gleich den freien Völkerschaften am Waldstämrsee, aus eigener Mitte Land. amman»/ Rath und Gericht/ und hatten ihren NeichSvogt. Die Aebte von St. Gallen gewannen jedoch nach und nach durch Käufe und Schenkungen immer mehr Rechte über das gesammte Land/ zulcht sogar vom Kaiser die Reichs, steuer/ den Blucbann und die Hoheit über jene vier RetchS- ländlcin. ES galt das aber unbeschadet altbestandenen Frei. heilen deS Volk»/ dem es gleichviel dünkre, wem es die Schirmstener entrichte/ ob einem Neichsvogte oder einem mächtigen Abte. Hinwieder war daS Gotteshaus zu St. Gallen mit den schönen Steuern und Zinsen wohlvcrgnügt, und beeinträchtigte keineswegs die althergebrachten Rechtsame des Hirtenvolks. Und auf daß die eigenen GotteShauSleuce den übrigen Freien nicht so gar ungleich wäre»/ verlieh denselben der Abt ebenfalls das Recht/ sich einen Landammann zu erwähle» / und andere feine Freiheiten mehr. Das geschah zur Belohnung ihrer Treu und Tapferkeit/ mit der sie den geharnischten Aebten oft im Kriege beigestanden hatten. So vielen Heils ward das arme Volk im rhätischen Hochlande nicht froh. Da hingen in allen Thälern an den Felsenhöhen hundert und hundert stolze Burgen der Grafen und Freiherren/ wie eine Sklavenkerce um den HalS deü Vaterlandes. Da waren der Bischof von Chur, da die Aebte von Discntiö und PfäfferS/ da Lie Grafen von Bregenz/ von Werdenberg, Montfort, Mätsch und Misox, da die reichen Baronen von Nhäzüns, Montalt/ ASperm ont, Vah und hundert Andere gewaltig. Nur die Stadt Chur freute sich, unter Oberhcrr- lichkeit ihres Bischofs, ansehnlicher Rcchrsame; und eben so hin und wieder ein abgelegenes Thal altangestammter Vor« züge, wie das Pregällerthal, nahe an Italiens Grenze. Alles übrige Volk, am meisten das romanisch redende, war und blieb dienstbar und zinsbar und leibeigen. Lediglich die deutsch redenden Walser hießen in ihre» Höfen und - Z1 Dörfern freie Leine, wie sie von den Franken gefunden worden waren bei Eroberung des Landes. Man sage, diese Walscr seien Einwanderer allcuiannischen Stammes gewesen, die hier zur Zeit gothischer Herrschaft Zuflucht fanden, und abgeschiedene Hochthäler, das rauhe Averö, und Brct- tigäu, und den Rheinwald am Fuße der Nheingletscher anbauten. Eben diese haben auch die fruchtbaren Einöden von Davos zuerst bewohnt und urbar gemacht, als sie die- selben vom Freiherr» von Vatz zu Lehen empfingen. Gleichermaßen herrschten viele Grafen und Herren im Lande Walliö, wo die Stadt Sitten mir großer Mühe ihre Stadtrechte unter eigenem Bürgermeister und Rath emporhielt. Im untern WalliS war lange der Graf von Savoien am gewaltigsten; im obern WalliS aber der Bischof von Sitten. Doch die Bergleute in den Thälern und Gemein- den des obern WalliS, alle deutsch redend, hatten auch deutsches, tapferes Herz, und behaupteten uralte Freiheit von ihren Vorfahren. Sie hatten das Land in sieben Zehnten getheilt. Aus den Abgeordneten der Zehnten bestand der Rath des Landes, und dem Landrath stand ihr Landeshauptmann vor. So, unter Obhut eigener Gesetze, weideten sie ihre Heerden an den Ufern der Rhone bis zu deren Quellen aus dem ewigen Eis deö GebirgS. 11 . Vom guten Kaiser Rudolf vou Habsburg und den bösen Anschlägen seines Sohnes Albrecht- tz Dom Jahr 12Z0 bis zum Jahr 1307.) . Zu derselben Zeit war im Schwcizerland kein Herr so hochgeachtet wegen seines leutseligen und klugen, dabei tapfern Wesens, alS der Graf Rudolf von Habsburg. Sein Schloß lag auf dem Wülpclöberg im Aargau. Die Städte Aarau, Baden, Mellingen, Diessenhofen, Sursee und andere hatten ihn zu ihrem Vogt. Auch beriefen ihn die Schwyzer, daß er ihr Vogt werde, weil allerlei Unruhen waren wegen damaligen Streitens zwischen Kaiser und Papst. Deswillen hatten Uri, Schwyz und Zürich Bund mit einander gemacht, sich wider die Gewaltigen in den Schlössern beizustehen; und Zürich wählte dazu noch den Grafen Rudolf zu seinem Fcldhauprmaiin. Nicht also beliebt war Rudolf den Bürgern zu Basel; zwar er noch mehr als seine adelichcn Kricgögesellen und ;2 - Freunde. Da diese sich einst bei FastnachtSüist in Ungebühr gegen die schönen Frauen und Töchter in Basel betrugen, gab es viel blutigen Streit, und mancher leichtfertige Edel- mann fiel todt unter der wackern Bürger Faust. Die Schmach seiner Freunde schmerzte den Grafen zuHabSburg, und er zog mit vielem Äriegsvolk vor die Stadt, um sie zu züchtigen. Allein dieser Krieg endete gar plötzlich und freudig. Denn die Herzoge und Fürsten in Deutschland/ als sie, nach dem Tode ihres Kaisers, gehadert hakten, wer König sein sollte, erwählten- dazu den Grafen Rudolf von Habs- bürg. DaS war ihm geschehen, weck der Kurfürst von Köln gesagt halte: er sei weise und gerecht, und geliebt von Gort und Menschen. Wie nun die Baölcr vernahmen, ihr Feind sei ihr König geworden, gingen sie auö den Thoren hervor mit Ehrerbie. tnng, und luden ihn nnd sein Volk ei»/ in ihre Stadt zu kommen. Da ward Freundschaft geschlossen. Und Freude und Verwunderung erfüllte alles Land. Und auS Städten nnd Ländern kamen die Vorsteher, ihm Glück zu wünsche» und--seiner Gemahlin im Aargau zn Vrugg. Kaiser Rudolf aber blieb lebenslänglich, auch auf dem ersten Thron der Christenheit, auch im fernen Lande, den Völkerschaften seiner Heimalh gewogen. Er schmückte ihren Adel mit neuen Zierden, oder stattete ibrc Städte mir neuen Vorrechten auö, oder bekräftigte durch sein königliches Wort, was sie scho>i besaßen; den Zürichern, den Schafhanscrn, den Solothurncrn, sie sollten vor keinen andern, als vor ihren eigenen Richtkrn und nach eigenen Gesetzen antworten; denen von Laupcn nnd Luzern Freiheiten, wie sie Bern harte, und daß Luzcru rcichslehenmäßig sein solle; den Bie. lern die Stadtfreiheiten von Basel; den Aaraucrn, vor keinem fremden Richter, sondern vor ihrem eigenen-Schultheiß Rede zu stehen; denen von Winterthur, Dieffenhofen und andern Städten andere nnd ähnliche Nechtsame. Den drei Waldstücken am See bestätigte er, Laß sie allezeit des Reichs Unmittelbare bleiben sollten; den Bischof zu Lau. saune, den Abt von Einsiedcln erhob er znr Reichsfürsten. würde. — In den welschen Gebieten, wo die Grafen von Savotcn übermächtig waren, stellte, er mit Gewalt der Waffen das königliche Ansehen her, schirmte er Lausanne und Frei- burg vor Savoienö Joch und machte er wieder reichsgrei, waö zuvor reichsfrci gewesen. Dafür waren ihm die Städte und Länder dankbar mit reichen Geldhilfen und Beistand. Aber andere Zeiten kamen, als er gestorben war und sein Sohn Albrecht die königliche Krone trug. Denn von diesem ward bekannt, wie er nur darauf ausgehe, seine Hauvlande zu erweitern, oder sie mit Einverleibungen frein. - Sck, den Gutes auSzurundcn, und wir er die Freiheiten der Städte und Länder wenig achte. Darum fürchtete sich Jeder. Da traten sie zusammen von Uri , Schwyz und Untcrwaldcn (129t), und beschworen, in Erwägung böser uud gefährlicher Zeiten, einen ewigen Bund, sich und die Ihrigen mit Hab und Gut, gegen Alle und Jede, wer sie auch seien, zu »er. theidigcn uud einander mir Rath und That Hilfe zu leisten. Davon wurden sie Eids genossen genannt. Der Bischof von Konstanz trat auch mit dem Grafen von Savoien in Bund und mit andern Herren und Grafen gegen des KönigS Absichten, desgleichen mit dem Abt von St. Gallen uud mit der Stadt Zürich. Die deutschen Fürsten haßten den Albrecht nicht minder, und wählten sich einen Grasen Adolf von Nassau zum König. Nun entstand Paneiung und Krieg aller Orten, für und wider Albrecht vou Oesterreich, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bern hielt zum Grafen von Savoien und schloß Bund mit Freibnrg und Solothurn. Alsbald kam Albrecht mit Hecreömacht von Oesterreich und überzog verwüstend die Lande drK Bischofs von Konstanz. Dann entriß er in einer blutigen Schlacht dem Könige Adolf den Sieg, das Leben und die Krone des Reichs. Da sandten die EidSgenossen aus den Waldftätten nach Straßburg zu ihm, daß er ihre alten Freiheiten schirmen wolle, wie sein glorwürdiger Vater gethan. Er aber antwortete, daß er gedenke, ihnen nächstens eine Veränderung ihres Zustandes anzutragen. Deß erschrack die EidSgenoffenschast am Wald^ stätter-See gar sehr. Schon war Krieg und Kriegsgeschrei im ganzen Hecht- land, von Solothurn bis zum Lemanersee. Die Herren dort und Grasen, welche mit Albrecht hielten und die Städte und deren aufwachsende Macht haßten, zogen wider Bern. Aber die tapfere Bürgerschaft dieser Stadt, mit Zuzug aus Solothurn und andern Orten, und angeführt von dem kricgSerfabrnen Ulrich von Erlach, schlug die Uebermacht des Feindes am Donnerbühel aufs Haupt, und eroberte und zerstörte viele Schlösser und Burgen der Adelichen, also daß der Ruhm der Stadt durchs ganze Land glänzend wurde. Daraus kam König Albrecht selbst inS Land und lagerte sich vor Zürich aus den Berg, von welchem herab er in die Straßen sehen konnte. Die Züricher aber schlössen ihre Thore nicht, wiewohl sie starken Widerstand gerüstet hatte«, sondern sie liessen ihm sagen, daß sie ihn als König aner- kennen wollten, wofern er ihre Freiheiten anerkenne. Da er nun wenig Belagernngözcng bei sich führte, und so viel KricgSvolk in der Stadt erblickte, — denn auch die Frauen z 34 - und Töchter hatten Waffen genommen, — erwies er sich friedlich und bestätigte den freien Zustand der Stadt. Aber den Eidögenoffen in den Waldstätten meldete er, daß er sie zu seines königlichen Hanfes lieben Kindern haben wolle, und sie wohl thun würden, steh in den Schirm Oesterreichs zu begeben, als getreue Unterthanen. Da wolle er sie reich machen durch Lehen, Ritterschaft und Beute. Weil aber die Männer im Gebirg antworteten: sie begehrten viel lieber in den alten Rechten ihrer Vätcr und nn- mittelbar beim Reiche zu bleiben, wie von jeher, schickte er thuen zu Neichsvögtcn harte und böse Leute aus seinem eigenen Lande, die sie drücken und quälen sollten, damit sie froh wären, vorn Reich abzukommen und sich unter Ober- herrlichkeit des Hauses Oesterreich zu begeben. Und er schickte den Hermanin Keßler von Brnnegg und den Ritter Beringen vowLandenberg. Die thaten, was nie zuvor die ReichSvögte, und wollten im Lande selbst wohnen. Lan- dcnberg zog, aus das Schloß des KönigS bei Sarnen in Obwalden, und Keßler baute sich einen Twinghof im Lande Uri. Nun wurden die Zölle erhöht, die kleinsten Vergehen mit Kerkern und schweren Bußen gestraft und die Land- lenke mit Stolz und Verachtung mißhandelt. Als Keßler vor des StanffacherS neuem Haus im Dorfe Steinen vorbeiritt, sprach er höhnisch; „Kann mawö auch dulden, daß daö Baueruvolk so schön baue/" Und alö Arnold An- derhalden, von Mclchthal im Unterwaldner Land, wegen geringen Fehlers um ein Paar schöne Ochsen gestraft ward, riß LandenbergS Knecht die Ochsen vom Pfluge und sprach: „Bauern können ihren Pflug selbst ziehen.« Aber der junge Arnold, ob der Rede ergrimmt, schlug den Knecht, daß er demselben zwei Finger zerbrach. Darum floh er ins Gebirg. Da ließ der Landeubcrg zur Strafe dem alten Vater deS Arnold beide Augen auostechcn. Wer hingegen mit den Vögten hielt und ihren Willen that, dem ward Alles nachgesehen und er hatte immer Recht. Doch nicht Allen bekam cS wohl, wenn sie, trohig auf der Vögte Schuh, Ruchloses thaten. Denn als der Bnrgvogt auf der Insel Schwan au, im Lowerzcr See, die Tochter eines ehrlichen Mannes von Artl, schändete, ward er von den Brüdern der Jungfrau erschlagen. Und als der Junker von Wolfenschicß in Unterwaldcn, ein Freund des Lan- denberg, zu Alzellen die schöne Frau des Konrad von Baum garten sah, und erfuhr, ihr Mann sei nicht zu Dause, begehrte er, sie solle ihm ein Bad machen, und mutheie ihr Böseö zu. Wie er aber im Bade saß, rief die Frau ihren Mann vom Feld und klagte ihm. Der schlug den geilen Junker im Bade todt. — So geschah, weil kein - z§ Geächt und Recht mehr tm Lande zu finden war, daß Jeder sich selbst half und viel Unheils ward. Die Vögle aber lachten und fuhren fort nach ihrer Weise, also, daß sie nicht nur des Volks von Kaisern und Königen verbriefte Rechte mit Füßen traten, sondern selbst das ewige Recht verhöhnten, das Gott jeglichem Menschen, wie sein unser- äusserliches Gut, verliehen hat. 12 . Bon Wilhelm Tell und den drel Männern im Grütli. (Zm Zahr 1307.) AIS nn» in den Thälern der Waldstätte Demuth weinte und Hochmuth lachte, sprach tm Dorfe Steinendes Werner Stanffacherö Frau zu ihrem Manne: »Wie lange muß Hochmuth lachen und Demuth weinen ? Sollen Fremdlinge Herren dieser Erde und Erben unsers Gutes sein: wozu taugen die Männer des GebirgS? Sollen wir Müller au unsern Brüsten Bettler säugen und den Ausländern leibeigene Mägde er, ziehen? Das sei ferne l« Darauf ging schweigend der Werner Stauffacher hinab zum Orte Brunnen am See und fuhr über das Wasser nach Uri zum Walther Fürst in Altinghansen. Bet demselben fand er verborgen den Arnold von Melch- thal, welcher vor dem Grimm deS Landcnbcrg über daS Gebirg entwichen war. Und sie redeten von der Noth des Landes und dem Gräuel der ausländischen Vögte, die ihnen der König, zuwider ihren angestammten Rechten und Freiheiten, gesandt habe. Auch gedachten sie, wie sie gegen die Bosheit der Vögte vergebens geklagt hätten vor dem König, und wie dieser selbst gedroht, sie müßten trotz Siegel und Briefe alter Kaiser und Könige ab vom Reiche und der Herrschaft von Oesterreich zugewendet werden. Da nun Gott keinem Könige Gewalt gegeben, auf daß er Unrecht thue, sei keine andere Hilfe, als durch Gott und eigenen Muth, und der Tod sei viel leichter, alö so schmähliches Joch. Darum beschlossen sie, Jeder solle in seinem Lande mit vertrauten, herzhaften Männern sprechen, und erforschen, weß Sinnes das Volk sei und was eö für Freiheit und Sicherheit einsetzen wolle? Nach diesem kamen sie oft in verabredeten nächtlichen Stunden zusammen an einem heimlichen Ort am See. Der lag fast mitten inne zwischen Uri, Mmrwalden und Schwyz, ZS -r- anf einer schmalen, umbüschten Wies« am Fuß von den Felsen des SeeliSbergeS, gegenüber dem Dörstetn Brunnen. Man hieß ihn, vom auSgereutere» Gestrüpp, das Rütli; da waren sie von Menschen und Wohnungen weit. Bald brachte Jeglicher frohe Botschaft mit: allem Volke sei viel leichter der Tod, als das schmähliche Joch. Wie sie aber in der Nacht des siebenzehnten Wintermo. natS deü dreizehnhundert und siebenten Jahres zusammen, kamen, und jeder von den Dreien mit sich zur Matte auf Nütli zehn treue Ehrenmänner geführt hatte, entschlossen, die alte Landcüfreiheit über Alles, das Leben für nichts zu achten, erhoben die frommen Drei ihre Hände zum geftirn. ten Himmel und schworen zu Gott, dem Herrn, vor wel- chem Könige und Bauern gleich sind: In Treuem für die Rechte des unschuldigen Volks zu leben uud zu sterben; Alles gemeinschaftlich, nichts eigenmächtig zu wagen und zu tragen; kein Unrecht zu dulden, aber auch kein Unrecht zu thun; des Grafen von HabSburg Recht und Eigenthum zu ehren und keinem der KönigSvögtc Uebels zuzufügen, aber auch den Vögten zu wehren, das Land zu verderben. Und die dreißig Andern streckten die Sände auf und thaten den Eid, wie jene, zu Gott und allen Heiligen, die Freiheit maunhaftig zu behaupten. Und sie erwählten die Neujahr, nacht zum Werk. Dann gingen sie aus einander, Jeder in sein Thal zu seiner Hütte, und winterten daS Vieh. Dem Vogt Herr mann Geßler ward nicht wohl, denn er haue böses Gewissen. ES dünkte ihn, als wenn das Volk muthigcr einherginge und trotziger aussähe. Darum ließ er den herzoglichen Hut von Oesterreich erhöhen auf einer Stange in Uri, und befahl, wer vorübergehe, solle demselben Ehrerbietung erweisen. Daran wollte er erkennen, wer wider Oesterreich sei? Und Wilhelm Teil, der Schütz auS Bürglen, ging vorüber, einer von den Mannen aus dem Rütli; aber er beugte sich nicht. Alöbald führten sie ihn gefangen zum Bogt, und dieser sprach ergrimmt: »Trotziger Schütze, so strafe dich deine eigene Kunst. Einen Apfel lege ich auf daS Haupt deines SöhnleinS, den schiesse herab und fehle nicht!" Und sie banden daü Kind und legren auf daS Haupt desselben einen Apfel, und führte» den Schützen weil davon. Er zielte. Da schwirrte die Bogensehne. Da brach der Pftil den Apfel. Alles Volk jauchzte srendig. Geßler aber fragte den Schützen: »Wozu trägst du noch den andern Pfeil bei die?" ES antwortete Tell: »Hätt« der erste nicht den Apfel getroffen, dann gewiß der andere dein Herz!" Deß erschrack der Vogt und ließ den Schützen greifen und auf klu Schiff führen nach Küßnachk, wohin er selbst - Z7 fahren gedacht«. Denn den Teil im Lande Uri einzuker- kern, schien/ wegen des Volks, nicht rathsam; ihn aber in ausländische Gefangenschaft zu schleppen/ war wider des Landes Rechtsame. Darum fürchtete der Vogt Zusainmen- lauf des Volks und fuhr schleunig ab/ wiewohl der warme Fönwind ungestüm blies. Der See ging hohl und die Wellen schlugen schäumend über/ daß Allen bange ward und die Schiffleuie verzagten. Je weiter im See/ je größer die Todeünoth; denn da steigen Ufrrberge jäh aus dem Abgrund des Gewässers / wie Mauern zum Himmel. In schwerer Angst ließ Geßler dem Teil die Fesseln abthun, damit derselbe, als guter Schiffer, daü Fahrzeug lenke. Aber der Tcll lenkte gegen die kahle Wand des Axenbergeö, wo eine nackte Felsplatte wenige Schritt« weit in den See hervor, tritt. Schwung und Sprung; — der Tell hinaus auf die Platte, das Schiff hinaus üi den See. Nun kletterte der Erlöscte den Berg hinauf und floh, durch das Land Schwyz. Und er dachte in seinem bckmn- werten Herzen r Wohin entfliehen dem Zorn des Gewaltherrn? Und entrinne ich seiner Bosheit, so hat er in der Heimath mein Weib und Kind znm Pfand. Was wird nicht der Geßler gegen die Meinigen verhängen, wenn Landenbcrg schon um z)vei gebrochener Finger seines KnechlS willen dem Alten von Melchthal beide Augen ausbohrte! Wo ist der Äichterstuhl, vor den ich Geßlcrn lade, wenn der König selbst des ganzen Volks Klage nicht mehr anhört? Ist aber kein Gesetz gültig, nnd Keiner, der da richtet zwischen mir und khm, so stehen wir, Geßler, d» und ich, gesetzlos beide, und Nothwehr richtet. Soll eins von beiden fallen, unschuldig Weib und Kind und Vaterland, oder, Vogt Geßler, du:, so falle du, und Freiheit steige wieder! So dachte der Tell, und flog mit Pfeil nnd Bogen gen Küßuacht, und harrcte in der hohlen Gasse bei dem Ort. Da kam der Vogt; da schwirrte die Bogensehne, da brach der freie Pfeil das Herz des Gewaltherrn. Das ganze Volk erschrack freudig, als es den Tod seines Unterdrückers vernahm. Die That des Teilen verlieh höheru Muth; allein noch war die Nacht des Neujahrs nicht ge- kommen. 13. 38 Der NeujahrSmorgen des Jahres 1Z08. — Die Freiheitsschlacht auf Morgarten. — Luzern tritt zu den Eidsgenossen. (Vom tzahr« E — 1334 .) ES kam die Nacht. Da ging einer der Jünglinge, die im Grütli geschworen hatten, zur Burg Roßberg in Ob. walden; drinnen hatte er ein Mägdlein lieb. Das Mägd. lein zog ihn an einem Seil zu ihrer Kammer hinauf aus dem Burggraben. Drunten aber warteten noch zwanzig Andere, die zog der Erste auch hinauf. Wie Alle dryben, waren, bemcisterten sie sich des Amtmanns und seiner Knechte und der ganzen Burg. Als es Tag ward, ging Landenberg aus der könig- licheu Burg bei Garnen hervor zur Messe. Da kamen ihm aus Unterwaldrn zwanzig Männer entgegen, brachten Hühner, Geißen, Lämmer und andere Gaben zum Neujahrge- fchenk. Der Vogt hieß sie freundlich in die Burg hineingehen. Da stieß unterm Thor Einer von ihnen ins Horn. Schnell zogen sie alle scharfe Eisen hervor, steckten dieselben anf ihre Stäbe und nahmen die Burg ein, während dreißig Andere zu Hilfe kamen, die im Erlengebüsch versteckt gewartet hatten. Landenberg fioh erschrocken über die Matten nach Alpnach. Sie aber fingen ihn und liessen ihn und all« die Seinigen Urfehde schwören, die Waldstätte zu meiden ewiglich. Dann gestatteten sie ihm, abzuziehen nach Luzern. Kcinein war Leides gethan worden. Hoch loderten die Freudcnfeuer auf den Alpen. Mit den Leuten von Schwyz zog Stauffacher an den Lowerzcrsce und brach die Burg Schwan au daselbst ab. — ES zogen die Leute von Uri hinaus, nnd Geßlcrö Twinghof ward eingenommen. Hoch loderten die Freudenfeuer in den Alpen. Das war der Freiheit Neujahr. Am nachfolgende» Sonn. tag kamen die Boten der drei Länder zusammen und beschworen den uralten Bund wieder auf zehn Jahre; und der Bund dauerte ewiglich, und oft erneut. Sie hatten ihr altes Recht an sich genommen, keinen Tropfen BlutS vergossen und nichts beschädigt von Allem, was dem Könige oder was «abSburg im Lande angehörte. Der König Albrecht, wie er die Begebenheiten vernahm, ward höchlich entrüstet, ließ KriegSvolk sammeln und - Zv ritt in Begleitung vieler vornehmen Herren in den Aarga«. Auch sein Neffe und Mündel, Herzog Johann von Schwaben, war bei ihm, dem er das väterliche Erbtheil beständig vorenthielt. Wie sie nun am ersten Mai, von Baden abgereiset, bet Windisch über die Neust gefahren waren, schrie Herzog Johann: »Hier der Lohn des Un. rechts!" und stieß dem Könige den Speer durch den Hals. Andere Herren, verschworen mit dem Herzog, thaten wie er. Ritter Rudolf von Balm rannte dem Könige den Spieß in den Leib, Walther von Eschenbach spaltete ihm das Haupt. Die Andern standen da, voll Entsetzens vor der Missethat. Endlich flohen Alle auseinander. Der Kaiser der Deutschen starb im SchooS eines armen Weibeö, das eben an der Straße stand. Die Welt crschrack vor dem Frevel. Die Mörder irrten und starben im Fluch der Menschen. Zürich verschloss vor ihnen die Thore; die Waldstätte gönnten den Todtschlägern ihres Feindes keine Zuflucht. Aber die Kinder des Erschlagenen, Herzog Leopold von Oesterreich und Agnes, Königin von Ungarn, und die Wittwe deü Erschlagenen, Königin Elisabeth, übten Blutrache an Schuldigen und Unichuldigen. Am grausamsten vor Allen Agnes. Viele Burgen der Verdächtigen wurden Asche: Wart, Fahr, wangen, Maschwaudcn, Altbiireu. AIS in Fahrwan. gen zu Agnesens Fußen das schuldlose Blut von dreiund, sechSztg Rittern floß, sott sie gerufen haben: „Seht, nun bad' ich im Maithau!" Umsonst jainmerre vor ihr im Staube die Gemahlin des Ritters Rudolf von Wart für das Leben des Gatten. Dieser ward mit gebrochenen Gebeine» lebend aufS Rad geflochten, den Vögeln z„,n Fraß. Von, Rad herunter tröstete er sterbend die treue Gemahlin, welche da einsam kniete, weinte und betete, bis seine ge, liebte Seele entwich. — Auf der Stätte deü KaisermordcS aber bauten Agncö und ihre Mutter das reiche Kloster KönigSselden. Sie selbst begab sich hinein, ihr Lebe» mit Andacht zu vollbringen. Aber Bruder Berthold Strebet von Oftrittgen sprach voll Abscheues zu ihr, da sie den Vorüberwandelndeu in ihre Kirche winkte: „Frau, PS ist schlechter Gottesdienst, wer unschuldiges Blut vergießt und auö dem Raub Kl ö st e r st iste t." Auch den Leuten in den Waldstäitcn vergaß Herzog Leopold die Widerspenstigkeit nicht, welche sie seinem Vater gezeigt hatten, besonders als sie, stau seinem Bruder Friedrich von Oesterreich, dem Kaiser Ludwig dein Laicr ergeben thaten. Er brach wider sie auf mit vielen Ritter» und Herren und großer Macht. Gegen ObwaiLen über den Blumig zog sein Graf Otto von Straßberg mit viertausend. 40 -— Mehr denn tausend Streiter wurden durch die Amtleute zu Wtllisau, Wollhausen, Nothenburg und Luzern gerüstet, um das Land Unterwaldeu vom See her zu überfallen. Der Herzog selbst rückte mit dem Kern seiner Schau- ren aus Ärgert auf Mor garten gegen das Gebirg der Schwyzer. Viele Stricke führte er mit sich zur Hinrichtung der Vorsteher dieses Volks. Die EidSgenossen, sich seiner Macht zu wehren, lagerten mit dreizehnhundert Mann auf der Hohe bet der Einsiedler Landmarch. ES waren zu den Schwyzern vierhundert von Uri, dreihundert von Unterwalden gestoßen. Auch fünfzig aus Schwyz verbannte Männer kamen und baten, ihr Vaterland wieder durch Heldenthat zu verdienen. Wie nun am scchözehnken Tag des WintermonatS 1Z15 die viel tausend geharnischten Reiter im blutrorhen Strahl des Morgens am Gebirg herauf zogen, drangen in einer kleinen Ebene bei der Haselmatt und am großen, begraseten Vorsprung des Berges die EidSgenossen mit großem Geschrei auf sie ein. Die fünfzig Verbannten wälzten von den Höhen der Sigler- Flue zerschmetternde Felsstücke, und brachen dann aus Morgen-Nebeln hervor in den bestürzten Feind. Da ward unter den Schaaren des Herzogs große Verwirrung, zuletzt Flucht und Verderben. Den Schwyzer» freudig voran mit Ruf und That Heinrich von OSpenthal, die Söhne des Greisen Reding von Biberegg, der den Entwurf der Schlacht gegeben. In den Engweg, zum Aegerisee nieder, ward der Feind eingedrängt. Unter Hellebarden und Morgensternen der Hirten fiel die Blüthe des Adels im Morgar- ten. Leopold entkam mit Noth den siegreichen Verfolgern. Dann eilten folgenden Tages die Ueberwinder über den See der Waldstädte gen Unterwalden; da schlugen sie mit Macht die Luzerner, daß derselben viele im See ertranken. Straßberg sah rS, und floh erschrocken. Darauf, nach dem großen Heldentagc, erneuerten die EidSgenossen den alten Bund; Alle für Einen, Einer für Alle zu stehen; ohne Willen Aller in keine Verpflichtung gegen das AuSland zu treten; doch fremdes Gut und Recht im Lande zu ehren, wie eigenes. So ward der Name der Schwyzer weltberühmt und ein Name aller EidSgenossen, Mit ihren gefürchteten Waffen waren sie bald gesucht in den Kriegen deS Rcichö. Ihr Fürwort rettete die Freiheit von Zürich und St. Gallen, da der Kaiser in Geldnokh diese ReichSstätte den Herzogen von Oesterreich verpfänden wollte. Doch Schafhausen, Rheinfelden und Neuenburg kamen in österreichische Gewalt, wie unterpfändlicheS Gut. DaS schmerzte diese Städte tief. L>,uzern wußte aus bitterer Erfahrung, wie schwer Fürsten- jvch drückte. Denn Oesterreichs wegen hatten die Bürger - 4t von Luzern wider die Waldstäue «nd in allen fremden Arie, gen streiten müssen lange Jahre mit großem Schaden. Dazu erhöheren ihnen noch die Herzoge aus fürstlicher Macht die Abgaben. Sie konnte» es zuletzt nicht mehr tragen. Darum boten sie aus eigener Macht den Waldstätten erst zwanzig, jährigen Waffenstillstand an; und da sie sahen/ wie die Vornehmen und Adelichen, die den Herzogen lieber dienten, deswegen gegen die Stadt böse Absicht hatten, schloffen sie mir den EidSgenossrn ewigen Bund, daß sie stehen wollten mit ihnen, Einer für Alle, Alle für Einen, doch keinem ältern Recht zum Leide. Darüber ward von dem im Aargau wohnenden Adel, im Namen Oesterreichs, Krieg erhoben gegen die Stadt. Mannhaft wehreten sich die Bürger für ihr gutes Recht. Mit ihnen stritten gegen den Adel die Waldstäne. Allein in Luzern selbst hielten die vornehmsten Geschlechter der Stadt zum fremden Adel. Denn Art läßt nicht von Arr. Die Junker zu Luzern verschworen sich, eine Mordnachr anzustiften, und wenn die Freunde der Waldstücke in den Betten erwürgt wären, die Stadt den Herzogen auszuliefern. Schon standen sie in finsterer Stunde bewaffnet unter dem Schwibbogen am See unter der Trinkstube der Schneider, als ein Knabe ihre Anschläge zufällig behorchte. Sie er- griffen den Knaben und wollten ihn tödten. Er mußte den Eid thun, keinem Menschen zu sagen, was er gehört habe. Aber er ging in die Trinkstube der Metzger, wo noch Bürger tranken und spielten, und erzählte daselbst dem stummen Ofen mit lauter Stimme, was er geschworen hatte, keinem Menschen zu sagen. Und alle Bürger horchten verwundert, eilten hinweg, und weckten die Stadt. Sie nahmen die Derschwornen gefangen, riefen Hilfövolk von Unrerwalden, und entrissen auf ewig den vornehmen Geschlechtern die Re. gierung der Sradt, welche diese bisher verwaltet hatten. Die Vornehmen wurden vertrieben. Dreihundert Bürger bildeten fortan den Rath; auch über Stadtgut, Steuern, Krieg und Bündniß entschied die Gemeinde. So rettete Klugheit und Vaterlandsliebe eines Knaben die Freiheit Luzerns. Die Herzoge inzwischen, von andern Kriegen belastet oder erschöpft, machten gern Frieden mit Luzern, sobald neun Schiedrichter von Basel, Bern und Zürich sprachen: der ewige Bund der vier Waldstätte sei ohne Gefahr für die Rechte von HabSburg. Oesterreich, und unschuldig. 42 14. Bern schlägt die Macht des Adels bei Laupen; und Ritter Urpn ändert die Stadtverfassung von Zürich. (Von, Jahr« isn - ia4o.) Um dieselbe Zeit hat auch die Stadt Bern Kampf a«k Leben und Tod eingehen müssen gegen den Adel des Uecht. landeS und dessen Verbündete. Denn eS verdroß die Herren und Grafen, zu sehen, wie Bern in Waffen, Gewerb und Landbau zwischen ihnen blühte: wie es durch Gemetngeist der Bürger mächtig ward, HaSli und Laupen an sich gekauft -und im ganzen Lande viel Ansehen gewonnen hatte. Weil nun die Stadt damals nicht von der Münze nehmen wollte, welche Graf Eberhard von Kvburg mit kaiserlicher Bewilli- gung schlug, ja den Kaiser Ludwig den Baier selbst nicht anerkennen wollte, dieweil der Papst denselben in Bann gethan, war solches den Herren willkommener Vorwand, die Widerspenstige zu züchtigen. Darum versammelte Graf Rudolf, aus dem Hause Welsch-Ncuenburg, welcher seinen Ortschaften Erlach und Nidan städtische Rechtsame und Ringmauern gegeben, alle Feinde BernS auf dem Schloß zu Nid au. Und sie beredeten, daß die Stadt vom Grund aus vertilgt werden müsse. Also sammelten sie aus Aargau, Savoicn, Hochburgund, aus Ucchtland und Elsaß viel streitbares Volk. ES kamen siebenhundert Herren mit gekrönten Helmen, zwölfhundert geharnischte Ritter, dazu noch über fünfzehntausend Mann zu Fuß und dreitausend zn Pferd. Die von Bern erschrocken keineswegs, als sie von den gewaltigen Rüstungen hörten, noch verhöhnten sie den Feind mit trotzigem Uebermnth; sondern sie beschlossen, gerechte» Forderungen Genüge zu leisten, aber Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Und weil gütliches Unterhandeln ganz frucht. loS blieb, kam es zur Gewalt. Da schwor Altschnlthetß Johann von Bubenberg mit aufgehobener Hand, zur Behauptung der Stadt Lau. xen, unter deren Mauern sich die Macht des Feindes versammelte, Gut und Leben aufzuopfern. Und er zog dahin zur Verstärkung mit sechshundert rüstigen Mannen. Und alS man auf dem Nathhause zu Bern umher sann, wer zum Feldherrn deS tapfern Volks in diesem Kriege zu wählen sei, ritt in die Stadt herein Ritter Rudolf v. Erlach, der Sohn jenes Ulrich von Erlach, welcher vor cinnndvierzig Jahren den Adel am Domlekbühl geschlagen hatte. AlLbald - 4 » riefen sie ihn zum Feldbauptmann aus, denn er besaß Kriegs- erfahrung und hatte in fremden Ländern sechs große Feld- schlachten ersiegen helfen. ES kamen anch aus den Wald- stätten neunhundert unerschrockene Krieger über den Brünig, aug Uri, Schwyz und Untcrwalden, den Berucrn zum er- bereuen Beistand; aus HaSli und Siebenthal sechöhuo. dert. Auch Solothurn sandte achtzig Geharnischte zu Roß; denn es gedachte dankbar des Tages/ an welchem ihm Bern hilfrich gewesen/ als Herzog Leopold von Oesterreich mit großer Macht vor Solothurn gelegen war / im dritten Jahr nach der Schlacht von Morgarten. Damals aber war Leopold weniger durch Waffen / alS durch die Wuth des AarstromS und durch die Großmuth SolothurnS besiegt worden. Denn die angeschwollene Aar hatte des Herzogs Schiffbrücken zerrissen und die edelsinnigen Bürger der Stadt hatten ihre in Wellen untergehenden Feinde vom Tode ge- ... , . Mit diesen Zuzugern und nitt viertausend Bürgern und Ausbürgern lagerte Rudolf von Erlach dem Feinde gegenüber/ unweit Laupen/ auf einer Höhe, von welcher er das Heer des Adels übersah. AlSbald begann die Schlacht. Die feindlichen Schaaren drangen die Höhen herauf. Da winkte Erlach. ES griffen die Schleuderet an. ES donnerten die eisernen Hecrwagen den Hügel hinunter und brachen die Glieder der feindlichen Rotten. ES folgten die Banner, die Hellebarde»/ die Morgensterne. Nur die Hintersten des BernervolkS wichen mit Entsetzen vor dem Anblick. Da schrie der kluge Held Erlach: „So recht/ daß die Bösen nicht mit den Biederben siegen. Die Spreucr sind von den Kerne» gestoben!" Und sie siegten. Graf Rudolf von Nidau lag unter den Vordersten der Erschlagenen; anderthalbtausend der Seinigea um ihn. Das ist im Jahr 13Z9 geschehen. Doch währte noch vier Jahre lange das Kriegen her und hin mit Streifzügen. Viel ward geraubt und gebrannt. Freiburg im Uechtland litt Kroßes/ denn es hatte mit den Herren deS Adels wider Bern halten müssen. Dann endlich kam Friede, vor Allem ruhmreich für Bern/ obschou eö für sich darin keinen Fleck Landes als Entschädigung oder Eroberung behielt. Aber die Stadt, welche bedroht gewesen war, von der Erde vertilgt zu werden, war also siegreich worden, daß sie allen Feinden Untergang drohte. Ihre Bürger hatten mit tausend eisernen Armen gegen zehntausend gestritten, Alle mit einerlei Sinn, einerlei Herz, Keiner für sich, Jeder für das Leben der Stadt. So kann man Wunder verrichten. Nach geschlossenem Frieden hingen die Berner ihre Waffe» auf und traten wieder zu ihren Gewerben. Der ritterliche 44 —— Held Rudolf von Crlach baute im Stillen sein väterliches Feld/ verlangte nicht Lohn/ Ehrenstellen und Namen, lebte glückselig bis in sein hohes Alter. Eines Tages aber »rat Jobst vonRudenz aus Unterwalden, sein Eidam, zu ihm inS Zimmer, und sie haderten mit einander wegen der Ehesteuer. Jobst erblickte daS Schwert des Siegers von Lavpen an der Wand hangend. Im Jähzorn riß er es herab und stieß es dem alten Helden inS Herz, und floh, von dessen Hunden verfolgt, und ward nicht wieder gesehen. Auch der Schultheiß Johannes von Bubenbera, der seiner Stadt in den schwersten Zeiten große Dienst« gethan, mußte noch bitteres Schicksal leiden. Denn die Bürgerschaft war ihm wegen seines hochfährtigen Wesens abgeneigt. Darum ward er angeklagt, daß er mit ange. -ammtem Stolz regiere, nicht wie ein Bürger, sondern wie «in Fürst; und daß er sich keines Geschäfts annehme, ohne Geschenk. Also wurde er mit seinen Freunden allen auö der Stadt vertrieben auf hundert Jahre und einen Tag. Doch erbarmte man sich sein nach vierzehn Jahren, alS er altersschwach geworden, und nahm ihn wieder auf. In einem freien Gemeinwesen löscht wohl oft die Tugend des Bürgers daS Andenken seiner vormaligen Schuld auö, nie aber versöhnen vormalige Verdienste mit nachherigen Fehlern. Weit schlimmer erging es fast zu derselben Zeit den Raths. Herren in Zürich, wo immer vier Edelleute der Stadt und acht der vornehmste« Bürger vier Monate lang daS Regt- ment führten und dann sich Nachfolger zu wählen pflegten. So war die Herrschaft in den Händen weniger vornehmer Geschlechter, welche ritterliches und kriegerisches Geschäft »rieben und Konstaffler geheißen wurden. Die übrigen Bür. grr und di« reichen, verständigen, tapfern HandwerkSlent« verdroß eS, dieser Geschlechter Unterthanen zu sein, zumal viel Beschwerde gegen ihre Amtsführung laut ward. Die Herren, hieß es, sorgten nur eigennützig für sich selbst und die Ihrigen, legten keine Rechnung ab von den Geldern der Stadt, empfingen die geringern Bürger gar hochmüthig bei sich und führen in allen Dingen willkührlich zu. Das Murren dauerte, bis sich Einer des Raths selbst zu den miß. vergnügten Bürgern schlug und gemeine Sache mit ihnen machte. Dies war Ritter Rudolf Brun, ein kluger Mann, aber der gern der Erste gewesen wäre. Durch ihn angestif. tct, forderten die Bürger endlich, der Rath solle von den Geldern der Stadt Rechnung ablegen. Rudolf Brun, sein Freund Rüdiger Maneffe, und einige Andere des Raths sprachen, solches Begehren sei billig. Die übrigen Raths. Herren aber meinten, daS sei mir eine Aufwallung der Bür. gerschaft, werde sich schon wieder mit der Zeit legen, und krachten ihre kleinen Künste an, -je Sache ins weite Feld zu rücken. Sie kannten wohl die Rathöstuve, aber nicht daS Gemüth des Volks. Nach sechs Wochen liest Brun ausbreiten: die Herren vom Rath spotteten der Gemeinde nur. Da lief das Volk auf der untern Brücke beim Rathhaus zusammen, wo der Rath versammelt war. AIS nun der Auflauf und Lärmen zunahm, erschracken die im Hause. Einige erklärten sich für die Bürgerschaft, die Andern waren für ihre Personen in Angst, und machten sich davon und flohen eilends aus der Stadt. Nun gab man dem Ritter Brun Vollmacht in allen Dingen, und beschloß, die Herren an Ehre, Leib und Gut zu strafen. Sie wurden mit ihren Freunden verbannt. Nun schuf Ritter Brun, mit Zuzug seiner Freunde, eine neue Stadtverfassung; theilte alle Handwerker in drei- zehn Zünfte, deren Zunftmeister im Rath sitzen sollten; die Konstafflcr verband er in eine eigene Gesellschaft, damit sie auf andern Zünften keinen großen Einfluß hätten. So ward nun der Rath besetzt, zur Hälfte aus Bürgern, zur Hälfte aus Adelichen und Vornehmen, alle halbe Jahr zu erneuern. Brun selbst ließ sich auf Lebenszeit zum Bürgermeister er- nennen und behielt sich große Gewalt vor. Diese Ordnung beschwor das Volk im Jahr 1336 freudig. Denn nun hatten die Handwerker ihre Stimme im Rath, konnten daS Mit- werben fremder Handwerker, die Ausfuhr roher Arbeitsstoffe, das Einbringen verarbeiteter Waaren verbieten, als wäre die ganze Stadt zum Besten ihres Handwerks vorhanden, nicht daS Handwerk zum Besten der Stadt. Die entflohenen Herren des Raths aber und ihre aus- wärtigeu Freunde saunen auf blutige Rache gegen Zürich. 15 . Ursprung des ewigen Bundes der acht alten Orte der Eidsgenossenschaft. (Dom 8ahr I3lc> — 1360.) I» RapperSwyl nnd auf den Schlössern und Burgen ihrer Freunde saßen die Vertriebenen und führten von da aus kleinen Krieg und schadeten den Zürichern, wo sie könn« ten. Aber die Züricher waren herzhafte Männer, und Bür. germeister Brun so tapfer als klug. Da die Verbannten sahen, sie richteten nichts aus, verschworen sie sich, in Zürich eine Mordnacht anzurichten. Grafen und Edelleute 46 -- kamen öffentlich unter allerlei Vorwand zur Stakt oder heimlich hinein. Wenn sie sich in Schrecknissen einer finster» Nacht der Stadt bemeistcrt hätten, sollten die Thore geössnet und zahlreiche Mannschaften von Napperöwyl aufgenommen werden. Die Nacht kam. Die Verschwornen traten im Hause eines Freundes zusammen. Da hörte ihre Anschläge ein Bäckerjnuge, der halbschlafend hinter dem Ofen lag. Dieser verrieth es alsbald seinem Meister. Der Meister meldete eö dem Ritter Brun. Dieser im Harnisch eilte barfuß zum Nachhaus. Die Sturmglocke ward gezogen. Alle Bürger tu Waffen blitzschnell auf. Die Verschwornen, schon verrathen, rückten aus. Die Weiber aber schleuderten aus den Fenster» Steine, Töpfe, Kacheln auf sie. Und Brun an der Spitze der Bürger begegnete ihnen auf dem Markt. Nun langes mörderisches Gefecht. Die Verschwornen wur- den übermannt. Wer von ihnen entrinnen konnte, floh. Viele lagen erschlagen, andere gefangen. Brun führte darauf die Rache. Drei Tage lang blieben die Leichname der Todten auf dem Platze unbegraben, bis sie von darüber gegangene» Pferden und Wagen unkenntlich geworden waren. Stcbenunddreißig Bürger, Theilnehmer der Verschwörung, unter ihnen alte Vorsteher der Stadt, wurden vor ihren Häusern in den Gassen enthauptet oder aufS Rad geflochten. Dann ging BrunS Kriegszug gegen RapperSivyl. Die Burg ward erobert und zerstört, die Einwohnerschaft der Stadt in'S freie Feld getrieben, die Ringmauer uiedergebrochen, Alles bis auf die letzte Hütte verbrannt. So wüthete Brun gegen Schuldige und Schuld, lose. ES war im Jahr IZLO. Wie aber folgendes JahreS Herzog Albrecht von Oesterreich, schwere Vergeltung drohte, wandte sich der Bürger- Meister an die Etdögcnossen in den Waldstätten und warb bei ihnen um Hilfe und Aufnahme in ihren ewigen Bund. Uri, Schwyz, Unterwalden und Luzern, welche Zürich schon laugst als ihre Vormauer und ihren Markt schätzten, Nahmen die Stadt willig auf und beschworen mit ihr am WalpnrgiS- tage des JahreS 1351 den ewigen Bund, einander mir Leib und Gut gegen alle Feinde zu helfen, und wenn sie unter sich selbst in Zwiespalt zerfielen, den Streit durch Schiedsrichter gütlich beizulegen. Alle Rechte des KönigS und des heiligen römischen NeichS und alle alten Bünde wurden vorbehalten; aber bei Schliessung neuer Bünde mit Fremden wurde diese Eidögcnosscnschaft vorbehalten. Nun kam Herzog Albrecht von Oesterreich und ließ die Züricher hart an, und forderte Genugthuung wegen Zerstörung NapperSwylS, das seinem Verwandten angehört habe, und wegen Schädigung aller Diener und Angehörigen Oester- - 47 peiebS. Er zog mit 16,0()0 Mann herbei, und forderte auch das Volk von GlaruS auf, ihm hilfreich zuzuziehen. Als sich die Glaruer aber weigerten und sprachen: Wir, unter des Reiches Schirm, führen zwar die Kriege der Abtei Seckingen, der unser Land vergabt ist, doch sind wir zu andern Kriegen Oesterreichs nicht schuldig! — verdroß die Rede den Herzog. Er beschloß, Kriegövolk nach GlaruS zu senden, wo er selbst Schirm, und Kastvogt des Gotteshauses Seckingen war, und weil er von Glaruö aus die Urner und Schwyzcr bedrohen konnte, damit diese den Zürichern nicht bcistandeu. Jählings aber stürmten aus den Waldstätten die EidSgenossen hervor und besetzten mitten im Winter das GlariSland, dessen sicher zu fern. Die Glaruer schworen zu den Schweizern, schickten zweihundert Männer ihres Thals zur Besatzung der Stadt Zürich, schlugen den Walter vou Stadion, als er mit österreichischem Volk, von Napverüwyl aus, ihr Land überfiel, und brachen dieBurg vonRäfelö ab. Solche Tapferkeit gefiel den EidSgenossen wohl, und sie nahmen daö Glarnervolk in ihren ewigen Bund auf, doch also, baß der Herzog und die gcfürsteke Acbtin vou Seckin. gen ihre rechtmäßige Herrschaft und Einkünfte, hingegen auch das GlariSland seine alten Freiheiten behalten sollte. Das ist geschehen im Jahr 1352, in demselben Jahr, in welchem Rüdiger Man esse von Zürich mit weniger alü 1500 Mann siegreich bei Tätwyl gegen mehr denn 4000 Oestcrreicher stritt, und 42 Schwyzer bei Küßnacht am Waldstättersce gegen mehr denn 1000 Oestcrreicher Stand hielten und deren Verbrcnnnng von Küßnacht mit der Zerstörung Habsb urgS auf der Nothcnfluc am Luzernersee rächtest. Noch hatte der Herzog von Oesterreich kein einziges Hcl. denwcrk ausgeführt, und schon erscholl abermals der Ruhm der EidSgenossen und ihrer kriegerischen Behendigkeit von Thal zu Thal, von Land zu Land. Und eS ward groß an ihnen gepriesen, daß sie nicht nach Fürstenweise kriegten, sondern als freie Männer, und nicht eroberte Lande aus. raubten, und nicht die überwältigten Einwohner zu ztnS. baren Knechten und Unterthanen, sondern zu getreuen, freien BundSgenossen machten. Darum waren ihnen vor allen die Landleute am See von Zug und auf den wcidereichen Gründen und Höhen daselbst zugcchan, und brachten ihnen in vielen Dingen Botschaft, Hilfe und Rath. Hingegen die Stadt Zug hing den Herren von Oesterreich getreulich an; verschloß ihre Pforten und besetzte ihre starken Ringmauern gegen die EidSgenossen. Hier harre manch' adelicheS^ Haus Bnrgrecht. Die alten Grafen von Lenzburg selbst sollen zuerst den Ort am See befestigt baden. Wie nun aber die EidSgenossen mit beinabe dreitausend Mann vor die Mauern und Thürme von Zug traten, und ihnen weit umher alles Landvolk zufiel, erschrocken dieBür. ger der Stadt, denn sie hatten nur schwache Besatzung von Oesterreich empfangen. Also sandten sie eiligst an Herzog Albrecht, er solle ihnen beistehen in ihrer Noth. Der Bote fand den Herzog bet KönigSfelden; aber der Fürst achtere kaum aus die Klagen desselben, sondern sprach mit seinem Falkenier von der Jagdlust, während jener weinte. Einen Vogel auü den hohen Lüften zu erjagen schien dem Herrn wichtiger, als eine Stadt zu behaupten. — Voll Un. willens wegen solchen Leichtsinns eröffneten sofort die Bürger von Zug die Pforten ihrer Stadt den EidSgenossen und traten zu ihnen in den ewigen Bund, mit Vorbehalt aller Rechte und Einkünfte des Hauses Oesterreich. Der Herzog hatte zum Boten von Zug gesprochen: Ich will bald Alles wieder erobern. Er verließ sich auf seine gewaltige Hilfe. Zu ihm stieß auch aller Adel vom Aargau, Thnrgau, Uechtland, bundeögemäßer Zuzug aus den Städten Schafhausen, Basel, Straßbnrg und selbst Bern. AuS Deutschland brachte ihm sogar der Kurfürst von Branden, bürg Völker. Mit mehr denn 34,ooo Mann umlagerte er alSbald die Stadt Zürich. Diese ward von den EidSgenossen männlich beschützt. Bald genug bemerkte der Kurfürst von Brandenburg, daß gegen ein Volk, so standhaft, einträchtig und uner. schrecken, wie die Schweizer, kein Ruhm zu gewinnen wäre, da ohnehin im volkreichen Lager des Herzogs Mangel an Lebenömitteln war, und HungerSnoth dräuete. Er bot des. wegen dem Herzoge freundliche Vermittlung an und sandte zwei vertraute Männer zu den Schweizern. Als die Schweizer in der Stadt kaum geantwortet hatten, sahen sie am fol. genden Morgen die Feinde von ihren Mauern weggezogen; nur die Berner allein waren stehen geblieben, den EidS« genossen gewogener, denn dem Herzoge. Zu Luzcrn vermittelte der Kurfürst den Frieden, in wel. chem, wie immer, alle ältern Rechte und Bünde unverletzt vorbehalten wurden. Die EidSgenossen aber nahmen hier nun auch Bern in ihren ewigen Bund. ES war im Jahr Nach diesem Frieden muthete der Herzog von Oesterreich den Zugcrn zu, sie sollten dem Schweizerbunde abschwören. Die antworteten: „Der Schwcizerbund ist im FrtedenSver. trag unverletzt geblieben; wir leisten dem Herzog nur Ge. horsam in allen Rechten, die ihm gebühren." Da klagte der Fürst die Sache vor dem Kaiser/ und der Kaiser verwarf die ewigen Bünde der EidSgenossen, sagend: «NeichS- glieder dürfen sich nicht ohne das Neichöoberhaupt mit ein- ander verbinden." Und-er selbst kam auch mit großer Macht ins Land »nd vor Zürich. Als er aber die Stärke, Eintracht und Gerechtigkeit der EidSgenossen erkannte, und daß es dem Herzoge nur «m Oesterreichs Vergrößerung zn thun gewesen, besann er sich des Bessern, ließ die Schweizer in Ruhe, und es ward Friede gemacht, und die ewigen Bünde bestanden fest. Zwei Jahre nach diesem Frieden (nämlich 1Z60) ist der Bürgermeister Rudolf Bru» gestorben, verhaßt durch Ehrsucht und Eigengewalt. Er war ein Mann, der nur für sich sorgte. Ein Jahr noch vor seinem Tode hatte er den Herzogen von Oesterreich heimlich geschworen, ihnen und ihren Amtleuten zu dienen, doch nicht wider die EidSgenossen. Und dafür waren ihm tausend Gulden und ein Leibgeding von hundert Gulden verheißen. t6. Wie die Schweizer erwerben und die Gügler »»d Grafen Kyvurg verderbe». ( Vom Jahr iZ6o — iW.) WaS machte die EidSgenossen stark und fest? Daß sie Freiheit höher achteten, als Bequemlichkeit und Geld, und mehr als das flüchtige Leben; — daß sie schnell in Waffen fuhren für ihr Recht, ohne fremdes Recht zu begehren; — daß sie zusammenhielten brüderlich in Noth und Tod, und kein Eigennutz sie trennte. Daö machte die EidSgenossen stark und fest. Ihr ewiger Bund stand deutlicher in Aller Herzen, als auf dem alle» Pergamentbriefe geschrieben. AIS sie nun Frieden hatten vor Oesterreich, brachten sie ihr Hauswesen in Ordnnng, lebten geschäftig in Gewerben und sparsam z« Hanse, .und trugen Geld zusammen, niebt um wollüstig uud hoffärrig zu leben, sondern Rechtsame und Einkünfte an ihr Gemeinwesen zu kaufen, die der verarmende Adel feil bot. Dadurch vergrößerten sie ihre Starke und Freiheit auf gerechte Art. Und Gerechtigkeit ist die Grundlage aller ehrlichen Freiheit. Die Hirtcngemcinde Gersau am Luzernersec gab sich, mit Vorbehalt ihrer Vorzüge, zu den vier Waldstätten in ewigen Bund. Hergiöwyl und Alp nach kauften sich vom Ge. 4 §0 - richt ihrer Twingherren los und traten zn Nnterwalden. Luzer» erhandelte vom Freiherr» von Ramftcin die Recht- same über WeggiS am See; Zürich auö den Steuern seiner Bürger viele Reichslchenschastcn. Bern gewann, wie Zürich, aus kaiserlicher Huld Vortheile und Freiheiten der Sradk, und mit baarem Gelde die Herrschaft Aarberg und niedrere Dörfer. Auch andere Städte ausser der Eidö- gcnoffenschafl erweiterten unter ihren allen weltlichen und geistlichen Oberherren die hergebrachten Bcsttzchümer, wie Schafhausen i:»d Basel, Lausänne, St. Gallen, Viel und Solochnrn. Der Bischöfe und Grafen Gewalt aber ward in ewigen Zwiespalt«, schwach, ihr Reichthum durch beständige Kriege erschöpft. DaS hals allem Volke zu größerer Befreiung und Stärke, besser denn Trotz und Gewalt. Auch die Appenzcller gehorchten schon mehr ihren selbsteigenen Gesetzen, als den Geboten des Abts von St. Gallen. Eben so lebten die Thäler des Landes über dem Thunersee in angestammten Freiheiten unter gelinder Herrschaft ihrer Grafen, deren Keiner mehr ganz unbeschränkt gebot. Saanenland hatte sich schon volle Freiheit von den Grafen von Greicrz erkauft. Oberhasli und Brienz hätten gern die bisherige Herrschaft des VogtS zu Rinkenberg mit Gewalt vernichtet. Allein die Etdsaenossen mochten dazu nicht helfen. Diese sprachen: Ohne Gerechtigkeit keine Freiheit! Dagegen, wenn einer der schweizerischen oder der sonst befreundeten Orte in Noth und Kriegsgefahr gericlh, spran- gen die Eidögenosscu freudig zn Hilfe, wie, da Arnold von Cervola mir zuchtlosen KriegSronen von England durch Frankreich streifte und Basel bedrohte. Wenn aber Oesterreich um Beistand, bat, als Ingelram von Coucy, der Graf von SeiffonL, mir den verzogen von Oesterreich kriegerc, denen für ihr G,u im Aargan bange war, weil es dem Jngelram alS Hciratdgur verschrieben war, weigerten sich die von den Wall-stätten und Lnzern, zu helfen. Denn sie nährten in ihrer Brüst wider Oesterreich allzuschweren Groll. Zürich hingegen und Bern fürchteten, wegen der Nahe des AarganS, für ihre eigenen Grenzen, und rüstete» daher schnell. Der Jngelram aber kam wirklich mit Tausenden und Tausenden in den Aargau. Deß er schlack das Laub nicht wenig, selbst Luzern und Uutenvaiden. Von den Unterthanen Oesterreichs erhoben sich die Tapfersten ohne Verzug zur Gegenwehr; am milchigsten die Männer im Entlibuch. Diese schauet«: sich zusammen. Auö Luzern und Unkerwalden liefen ihnen streitlustige Jünglinge zu. Der Engländer stände» dreitausend im BütttSholz; viel edle verren und Ritter dabei. Die Enrlibuchcr sahen es. Sie und ihre Gefährten, - §1 mir sechshundert stark, griffen dennoch den Feind an und schlugen ihn nach viel blutigem Kampf. Stolz ritten sodann die Entlibiicher auf den erbeuteten Rossen mit den gewon- neuen Harnischen der Ritter heim. Das zu sehen jammerte die altadelichen Herren im Lande, und Junker Peter von Dorrenbcrg seufzte: „O edler Herr von edclm Blut, daß ein Bauer dune Rüstung tragen thut!" Aber der Entlibiicher antwortete: „Hei, Junker, wir haben die Waffen empfahn, und edles und Roßblut zusammengethan!" — Auch die Männer von Bern, von Laupcn und Aarberg verrichteten Hcldrmverk bei JnS »nd beim Kloster Frau- brunnen gegen die Schwärme der Kügler, wie man die Leute des Jiigelram von Couch hieß. Darum zog dieser Herr bald wieder über den Haueiistein traurig ins Elsaß heim. Sechs Jahre nach diesem, als man zählte 1382, stand die gefreite Reichsstadt Solothuru in großer Gefahr. ES lebte nämlich Graf Rudolf von Kyburg unweit der Stadt im Bergschloß Bipp, das er als Pfand von den Grafen vou Thicrsteill iiine hatte. Und ihn schmerzte, daß von seinem uralten und reich gewesenen Geschlecht so viel Guts abgekommen sei durch schlechten Hauöhalt seiner Vater. Thun, die Stadt seiner Altvordern, war an Bern als Pfand gekommen; auch Aarberg. AufSolotburn machte er wegen einiger Ncchtsame Anspruch. Daö Alles dachte er durch einen Kcwaltstnich wieder z» bekommen. Im Stillen warb er Helfershelfer links lind rechts. Solothurn wollte er in finsterer Nacht überrumpeln und einebmen. Der Propst dcS St. llrsuSinüiistcrü daselbst war sein Oheim. Ein Chorherr dieses Stiftö, HanS Amstci», an der Stadtmauer wohn. haft, sollte das KrieaSoolk durch sei» Hauö tu die Stadt lassen „nd den Hammer der Sturmglocke mit Tüchern umwickeln. Alles war bereit. Die Nacht kam und das feindliche Volk schlich wirklich im Finstern gegen die Stadt zu. HanS Nott aber, ein Bauer vou RumiSberg, lief in der Mlttcrliachtstllnde stracks voran und verrieth der Wache am Eichihor den mörderischen Anschlag des Grafen. Da wollten sie die Sturmglocke ziehen, und die schlug nicht. Nun Schrecken und Geschrei in den Gassen; nun Alles zum Schwert, nun Alles auf die Ringmauer. Alü Rudolf von Kyburg solche unverhoffte Wachsamkeit sah, zog er beschämt ab. Hans Amstein, der verrätherische Chorherr, wurde z»r Strafe geviertheilt; HanS Nott hingegen empfing zum Lohn, daß Sololhiirn alljährlich immerdar dem Aeltesten feiner Nachkommen eine» neuen Rock geben sollte von der Stadt- färbe, roth und weiß. Herr Rudolf von Kyburg kam darauf von Stund an in 53 - gar große Noth: denn Solochurn und Bern fielen rächend über seine und seiner Freunde Güter her. Er hatte Geldmangel, und darum ward ihm wenig Hilfe. Er legre sich vor Gram und starb- Seine Bruder fochten noch männlich für ihr Erbe. Diel adeliche Herren standen ihnen zu. Bern jedoch rief die EidSgenosscn. Da erging großes Unglück über Kyburg, und die Grafen machten schlechten Frieden; gaben Thun und ihr Amt am Grießenberg eigenthümlich, und Burgdorf, schon von den Bernern belagert, kauföweise an diese. Bern entschädigte die EidSgenosscn für ihren Zuzug und SolothnrU um die Kriegskosten mit Geld. Also endete KybnrgS Mordanschlag auf Solothurn ihm selbst verderbenvoll, und Bern ärmere durch Muth und Klugheit den größten Nutzen. Und das that Bern zu derselben Zeit, als inner seinen Ringmauern ein weit ärgerer Feind der Freiheit wohnte, denn KybnrgS ganze Macht war. ES halte sich nämlich zu Bern nach und nach durch Mißbrauch oder Verdrehung der Gesetze, oder durch Gleichgültigkeit der Bürger, eine Parrei weniger Familien in dem Rathe erhoben und alle Obermacht und Leitung der Dinge an sich gebracht. Diese Familien bchnndclten geringe Bürger nach Gutdünken und die Gesetze wie Wortkram, und vertheilten unter die Ihrigen die besten Aemter. Doch unter den Bürgern in Gesellschaften und Handwerken war noch frisches Leben der Freiheit. Daher, als diese um Fastnacht (1384) zusammenkamen, laut alter Uebung die Vorsteher der Stadt mit gemeinem Rath neu zu wählen, setzten sie, bis auf Einen, alle verhaßte Rathöherren ab, und schworen mit leiblichen Eiden für sich und ihre Nachkommen, daß Obrigkeit und Bürgerschaft fortan zusammen leben sollten, als Brüder; jährlich sollten die guten Aemter abgeändert werden, nebst den mehrern des NalhS; jährlich sollten die Nenner und ihre Beisitzer zweihundert ehrbare Männer von den Handwerken der Stadt zu einem gemeinen großen Rath erwählen, doch sollten keine zwei Brüder zugleich am Nach sitzen. Und vor der Gemeine sollte der erkorue Rath erst stehen, ob er von ihr bestätigt werde, und dann vor ihr schwören, Alles zu thun, wie es Handveste und Ordnungen in den Rodeln enthalten. So thaten und schworen sie zu Bern; doch kam mit der Zeit Manches wieder inö Vergessen, also daß die Gemeine die jährliche Aenderung nach und nach unterließ, und nicht sehr den Namen derer nachfragte, die in den Zweihundert waren. L3 17. Die Frelheitschlacht bei Sempach. (Von, Jahr 138L — 1887.) Run will ich erzählen von viel blutiger»! Streit um Freiheit, der in den Feldern von Sempach und Näfclü wider Oesterreich und die Ritter gestritten worden ist. Der Adel, wie immer, haßte unversöhnlich die Freiheit des Volks. Er druckte die unterthänigcn Bauern und that hoffänig gegen die EidSgcuossen. Und er dünkte sich zu Allem mächtig, weil es der Herzog von Oesterreich mit ihm hielt, der die EidSgenossen durch neue Zölle drückte, welche er in seinen Erblandcn stellte, ihren Handel zu schwächen. Wie nun eines Tages ein Haufen kecker Luzcrncr aufgebrochen war und voll Grimmes die Mauern des Schlosses Ro- thcubnrg, wo »euer Zoll stand, in den Graben gestürzt hatte; und wie in eben denselben Tagen die vielgeplagten Entlibncher, denen ihr Oberherr, Peter von Thor- berg, die Abgaben vermehrt hatte, die Luzcrncr um Schirm ihrer Rechte und um bürgerliches Zusammenhalten mit ihnen haken, und Luzeru auch ihrer Bitte zusagte: da erhob stch der Krieg gegen die Twinghcrren. Peter von Thorberg ließ die Männer aus Entlibuch, welche Urheber des BnndeS mit Luzern gewesen, schmählich hinrichten, und streifte verwüstend biö vor die Stadtthore. 'Und Herzog Leopold von Oesterreich kam nnd schwor, den trotzigen EidSgenossen Strafe zu bringen für so viel Unheil, das sie ihm schon nnd seinem Hause zugefügt hätten. Run Kriegsgeschrei, nun Geräusch der Rüstungen weil umher. Die EidSgenossen hielten eilfertig einen Tag. Nur Bern fehlte, weil der Stillstand dieser Stadt mit Herzog Leopold noch nicht ganz verflossen war. Indessen kündeten hundert und sicbenundsechSzig geistliche und weltliche Herrschaften nach einander in wenigen Tagen den EidSgenossen Verderben, Krieg nnd Untergang an. Diese aber erschienen jählings in Waffen, ohne alle Furcht. Manche Burg ward stracks von ihrer Faust gebrochen: Rümlang an der Glatt, MörSbnrg, Schenken am Berg bei Surfte, W indegg im Gasterland. Die Feinde hinwieder, nicht träge, erschlugt», mit Hilfe VerrathS der Bürger von Mayenberg, viele der dort in Besatzung liegenden Zuger und Luzcrncr; darüber mußte der Ort in Flammen aufgehe». Hinwieder Ncichcnsee, den EidS- genoffeu treu, mußte ebenfalls die Treue mit dem Brand seiner .Häuser und mit Niedermetzelung seiner meisten Be- 54 rvobncr büßen, also daß selbst des nmiiündigeu KindleinS a» der Mrttterbrnst n chr geschont ward. Herzog Leopold zog darauf mit großer Macht, viel herrlicher Ritterschaft und Hilfe aus seinen Landen, von Baden durch'ü Aargau herauf über Surfte gen Scmpach, um hier die Bürgerschaft, die zu den EidSgenossen hielt, mit eiserner Ruthe zu züchtigen. Dann wollte er Luzern überfallen. Gen Sempach gekommen, fand er aber Lle Banner der Eidögenossen schon in der obern Gegend versammelt. Alsbald, ohne sein Fußvolk zu erwarten, hieß er die Tau- sende seiner Ritter von den Rossen steigen, weil er deren Verwirrung im Berggcfechk fürchtete, und befahl, Mann an Mann gedrängt, gleich einer eisernen Mauer, mit vor- gesenkten Speeren in die EidSgcnoffen einzudringen. Da jauchzte der Adel. Doch Freiherr HanS von H äsen b u r g warnte: „Hoffart sei zu nichts gut!'* Herzog Leopold aber sagte: „Hier in meinem Land, für mein Volk null ich siegreich sei» oder verderben!" ES war zur Aerntezeit. Die Sonne stand hoch und brannte heiß. Die Schweizer fielen auf ihre Knie und beteten. Dann erhoben sie sich; vierhundert von Luzer», neunhundert aus den Waldstätten, hundert aus Gcanis, Zug, Gersau, Entlibuch und Rothen!urg. Alle stürzten sie wüthend gegen die Eiftnschaar an. Vergeblich; die durchbrach Keincr. Mann um Mann sank. SechSzig Leichname der EidSgenossen bluteten am Bvden. Alle wankten. »Ich will der Freiheit eine Gasse machen!" schrie jählings donnernd eine Stimme: „Treue, liebe Eidögenossen, tragt Sorge für mein Weib und Kind!" Daö sprach Arnold Struthan von Winkel, ried, der ritterliche Unterwalducr, umfaßte alsbald mit beiden Armen von den FeindcSspccren, so viel er deren konnte, und begrub sie in seinen Leib und sank. Und über seine Leiche strömten die Eidögenossen durch die Lücke der eisernen Mauer siürmisch, zermalmend ein. Wie krachten Helm und Schienen unter den Schlägen der Morgensterne! Da wurden viel hundert funkelnde Panzer bluiroch. Dreimal sank das Hauptbanncr von Oesterreich aus sterbende» Händen; drei- mal ward es wieder erhoben über den Schaaren, vorn Blut gefärbt. Erschlagen lag mancher Herr und Graf. Da ging verzweifelnd auch der Herzog in den Tod. Ei» Schwyzer machte dem Fürstcuklnd GaranS. Entsetzen siog über die Schaaren der Ritter. Sie schrien zur Flucht nach ihren Pferden. Aber die Knechte waren mit den Rossen in der Angst davon gejagt. Schwerfällig in den eisernen, von, Son- nenstrahl heisseu Gewändern flohen die unglückftligen Herren; hinter ihnen behend folgte» die rüstigen EidSgcuostcn. Viel 55 " hundert Grafen/ Freiherren lind Ritter iniS Schwaben/ Etschland und Aargau kamen mit Tausenden ihrer Fuß- knechte um. ES stet Schafhausens Banner/ umsonst von viernnddreißig Edelleuten und Bürgern der Stadt bis zum letzten Hauch des Lebens vertheidigt. Der Vanncrmcistcr von Lenzbürg/ Werner von Lo, fiel unter siebe»/ der Schultheiß von Aar au unter vierzehn seiner Mitbürger/, und Nik laus Gu-tt, Schultheiß von ZofingeN/ unter zwölfen der Seinigen. AIS dieser den Tod sah/ zerriß er die Fahne seiner Stadt/ daß sich derselben keine Feindes- Hand rühmen könne. Noch im Tode hielt er den Stock des Banners fest zwischen den Zahnen. Von Meningen und Vremgarten kämpften die Bürger/ in schrecklicher Tapferkeit. nur nicht im Glück/ den EidSgcnosscn gleich. — Dag war bei Sempach der Auögang der Schlacht/ am neunten Tag HcumoiialS l-Zü-d; das die ewiglich schöne Frucht aus Heldcnwerk und Todcenweihe Arnolds von Winkclried. Nun trat auch Bern zu den alten Kampf, und Bundesgenossen gegen Oesterreich und gegen dessen Anhang im Ge- birg; zerstörte manches feste Schloß des AdelS; nahm das weiderelche Land Obersibenthal in seinen Schutz und schlug Frciburg auf dem Bümplitzcr Feld. Die Banner von Zürlch und Luzern flogen siegreich durch Thal und Feld über Habsburger Gut. Die österreichisch ^Landstadt Wesen im Güster mußte sich an Glaruö/ Zürich und die Waldstätte ergebe» / da diese Orte zu Wasser und Land mit Feuer und Schwert die Stadtmauern umringten. Oesterreich gerierh in Noth und unterhandelte. ES ward auch anderthalbjähriger Stillstand der Waffen vermittelt/ aber keui Stillstand des Haffes. Der Adel und Oesterreich/ weil sie die Freiheit der EidSgenossen todten wollten, waren so sehr verhaßt/ daß ohne Lebensgefahr Niemand sich in einem Hur oder Helm mic Pfauenfedern geschmückt zeigen durfte/ weil Oesterreichs Herzoge ihn so zu tragen pflegten: daß sogar deswegen in der ganzen Schweiz kein Pfau mehr geduldet wurde; daß ei» Mann im WirthShauö voll GrimmS einst sein Weinglas zerschmetterte/ weil ihm die gebrochenen Strahlen der Sonne den Farbenglanz des Pfauenschweisö im Glase spiegelte». 66 18 . Die Fretheitschlacht bet Näfels und die Folgen. (Vom Jahr 1388 — 1402.) Aber auch der Adel und Oesterreich hatt« noch vieler Orten treuen Anhang. Obgleich GlaruS daS eroberte Städtlein Wesen gar milde verwaltete, liessen doch die Bürger daselbst den alten Nachbarschaftsgroll nicht fahren; und ihrem Stolze schien erträglicher, einen mächtigen Fürsten zum Herrn zu haben, als Ihresgleichen. Und sie verschworen sich, das Hau- Oesterreich an den Schweizern zu rächen. Darum hielten ste mit benachbarten Herren und Grafen geheimes Einver. ständniß, führten selbst österreichische Soldaten, verkleidet oder in Fässern versteckt, in die Stadt und verbargen sie in ihren Kellern und HauSwtnkeln. Die Glarner recht sicher zu machen, baten sie sogar um stärkere Besatzung von den Eidögenossen. Die Glarner, ohne Argwohn, schickten fünfzig Mann. Darauf Plötzlich in einer verabredeten Nacht (vor St. Matthias 13»8) rückten Oesterreichs Völker, bei sechstausend, aus allen Nachbarschaften, zu Land und über den Wallensee vor die Stadt. Still war'S noch in Gassen und Häusern, wo die Bürger und versteckte« Soldaten das Mord. zeichen erwarteten. Es kam. Da ward plötzlich in allen Fenstern Licht; jedes Thor zum Einlaß der Angekommenen aufgethau; nun gemordet. Da starb Konrad von Au, der Urner, Vogt und Hauptmaun der Stadt, und mir ihm über dreißig EidSgenossen. Zwciimdzwanzig sprangen über die Stadtmauer und stüchtetcn durch den See. GlaruS ward voll Entsetzens und stellte ein schwaches Häuflein seiner Getreuen an die Landmarchen auf zur Ge» genwehr. Denn die Feinde kamen heran. Noch lagen die Wege des HochgebirgS verschneit. Der EidSgenossen nahe Hilfe fehlte. Viele Tage wurde an den Landmarchen gc. stritten. In großer Noth sandte GlaruS zum Feind und bat um billigen Frieden. Da sprachen die Herren aus Oesterreich stolz und gebieterisch zum Landammann und den Gemeinden des Glarnerlandcs: „ Ihr sollet dem Herzog von Oesterreich, als euerm natürlichen Herrn, dienen, wie leibeigene Leute; keine Gesetze haben, als die euch euer Herr gibt; Zinsen und Steuern ihm zahlen, Frohnen und Tod. fall leisten, wie er euch vorschreibt; keine steuerfreie Ge. schlechter sollen ferner bei euch steuerfrei sein; ihr sollet ihm den Brief des ewigen Bundes ausliefern, den ihr mit den - 57 Schweizern errichtet habt, und ihm gegen diese dienen; ihr sollet der Stadt Wesen um Alles Ersatz leisten, und büßen, biö dcö Herzogs Gnade erworben ist." Glarus antwortete und sprach>, Wir erkennen gern die gefnrfteke Aebtin von Seckingen als unsers Landes Frau, und den Herzog von Oesterreich, daß er die Kastvogtci habe. Die gewohnten Steuern zahlen wir, wollen selbst die Stadt Wesen entschädigen. Allein wir bitten, daß man uns bei den alten Rechten lasse und im schuldlosen Bund mit den EidSgenossen." . Deß spotteten höhnisch die Räthe und Herren aus Oester- reich und zogen stracks mit sechstausend Mann gegen die Landwehr bei NäfelS, wo der Hanptmann Matthias A m Biiel mit zweihundert Glarnern Wache hielt. Weiber und Kinder flohen in die Sicherheit des GebirgS, Boten über die Gebirge nach Uri und Schwyz; der Landsturm erging. Aber Oesterreichs Leer und Ucbcrmacht brach die Schanzen der Landwehr. Fechtend, kaum mit fünfhundert Helden, zog Am Büel zurück gegen den Berg Nüti, daß er denselben im Rücken hatte zu seiner Sicherheit; vor sich wilde», von Felüschutt bedeckten Boden. Ueber diesen stet« nigen Grund aber ward der österreichischen Reiterei die Bewegung schwer; die Glarner hingegen schlenderten 'neu Hagel von Felsstücken gegen Roß und Mann, daß Verwirrung unter die Menge des Feindes kam. Roch ward herzhaft gestritten, da hörte man kriegerisches Freudengeschrci schallen auü dem Gebirg. Dreißig Männer von Schwyz kamen zur Hilfe; die hatten das Geschrei erhoben. Der Feind wußte nicht, wie viel ihrer waren, und crchrack. Schon in Verwirrung, floh die Reiterei bestürzt zurück. Das Fußvolk der Oesterreicher sah es, und hielt Alles ver- loren und floh in Angst. Mörderisch folgten ihnen auf den Fersen Speer und Schwert und Morgenstern von GlaruS. Da wurden mehr denn drttthalbtansend Mann erschlagen in den Baumgärtcn und Matten; Viele stürzten in die Fluchen der Linth. ES brach unter der Last der Fliehenden die Brücke von Wesen, und der See verschlang die geharnischten Leichname. — DaS war die Schlacht von NäfelS am nennten Tag Aprils im Jahr iz«8. Noch heute feiert das Volk von GlaruS ihr Gedächtniß, je am ersten Donnerstag des Aprilmonats, und ,hört die Namen der erschlagenen Helden »no der Sieger auf der heiligen Stätte der Freihcitschlacht- Ehe der Ruf der Waffentbat durch die EtdSgenosscnschafl geklungen war, erhob sich diese schon unter ihren Bannern. Zürich nun, mit Zuzügen, von allen cidsgenössischen Orten, stürmte die neubefestigte Stadt Rappecöwyl, wenn auch vergebens. Bern, mir Beistand der Solothmner, eroberte SS - Buren, Nidau, Untcrsee«, siegte vor Freiburg, zog verwüstend durch Aarga», brach die Stammburg PererS von Gauen st ein und zog beurereich zurück durch's Frick- that. Wie die Herzoge von Oesterreich so viel Unglück hörten «nd ihren ganzen Thurgau und Aargau in großer Gefahr sahen, ihre Heere geschlagen, zerstreut, ihre Schuhe erschöpft, war es ihnen um Frieden zu thun, und sie schloffen ihn auf sieben Jahre. Die Schweizer behielten in demselben, was zu ihrem Landrecht geschworen hatte; nur Wesen gaben sie zurück, doch sollte während des Friedens Keiner von denjenigen Leuten darin wohnen, die den Eid gegen die Schwei- zcr gebrochen und die Mordnacht gemacht hatten. Waö nun Leopold, der vierte dieses Namens unter den Herzogen von Oesterreich, nicht mt den Waffen haue ertrotzen tonnen, versuchte er dnreh List. Zuerst gedachte er die Schweizer unter sich zu trennen, und gewann steh auch wirklich zu Zürich den Bürgermeister Rudolf Schön und einige Rathsherrcn. Aber die Umtriebe desselben wurde» entdeckt und vereitelt. Die Bürger von Zürich verbannten den gefährlichen Mann nebst seinem Anhang, und beschränkten durch einen geschwornen Brief die Gewalt von Bürger- mei>e und Rath, daß sie minder leicht iu Mißbrauch veralte. Und die gesammelt acht Orte der Eidsgenossensehaft, nebst Solothurn- auf der Tagsatzung in Zürich, richteten unter sich ein gemeinsames Kriegögesctz auf (10 Bracht». 1393) und schworen: „mukhwillige Fehde zuAneideli, aber in KriegSnöthcn redlich zusammenzuhalten; in Schlachten, auch verwundet, biS nach der Entscheidung des Treffens, nicht zu fliehen, sondern das Feld zu behaupten; nicht zu plündern, ehe eö der Feldhauptmann erlaubte; der Gotteshäuser und wehrlosen Frauen und Töchter zu schonen." Dieses Gesetz der EidSgcnossen ward vom Krieg, der bei Sempach begonnen und diesen Anlaß zur Einrichtung beste- rer tzecrordnung gegeben hatte, der Sempachcr Brief geheißen. Alö Oesterreich längere Dauer dcS Friedens begehrte, ward sie auf zwanzig Jahre festgesetzt und gehalten. Diese schöne Frist war den Orten der Eidsgenoffcnfchafl willkommen, um durch Einlösungen und Käufe ihr Recht und Gemeinwesen zu vergrößern. Da war Keiner arm, sondern ein Jeglicher reich,, wenn zu dcS BakerlandcS Ruhm gezinser und gesteuert werden sollte, so wie am Tage der Schlacht Jeder reich war an Muth und Blui. DaS war elve güldene Zeit! Da tauften die Züricher von dem verarmenden österreichische» Adel die Bogttlc» von Küßuachl am Zünchfce, - 59 voll Höligg und Thalwyl; gewannen die Herrschaften Grünenbcrg/ Regen übcrg und anderes viel; da erwarben die Luzerner Rothe nbnrg ganz/ Ebikon/ Rechte auf Mcrischwanden und in benachbarten Dörfern am See der Waldstäue; pfandweise die Burgen von Woll. Hufe»/ Nußwyl und Entlibnch; da brachten die Bcrner viele Oerter und Rechte im Gebirge des Oberlandes an sich/ das große Thal Frntigen/ das schöne Emmeiithal/ die Landgrafschafr der Herren von Kyburg in Bnrgnndicn, von Tdun bis znr Brücke von Aarwangcn. Auch die Städte Solothurn und Basel erweiterten schneller mit Gold/ als sonst mir Eisen, ihre Re-chrsame und Gebiete. Mu Uri trat daS uialtfreie.Volk ick Thal Urseren am Gorrhard in ein ewiges Landrecht zusammen; und als die Amtleute des Her- zogS von Mailand den Obwaidncrn und Urncrn daü Vieh/ welches diese auf den Jahrmarkt von Varese geführt hauen, wegen Streites um Zoll wegnähme» und Recht verweigerten, zogen Uri und Obwaiden über daS GouhardSgebirg mir ihren Bannern lind liessen das Volk des LivinerlhalS zu ihrem Schirm und ihrer Gewalt schwören. ES nahm ihnen Keiner LieS wieder; denn selbst die Herren von Bei. linzong/ anS Furcht vor den EidSgcnosscn/ schlössen mit ihnen Landrecht. Also vergrößerten die Schweizer durch Geld und Der- trage ihre Gebiete in den Friedens tagen, verschönerten ihre Städte und Flecken und verbesserten ihre Verfassungen. Friburg im Uechlland gab die alte Feindschaft gegen Bern auf und schloß mit demselben ewige Freundschaft und Burg- recht/ auch mit der Stadt Biet ewigen Bund. Schaf- hausen bildet, in größerer Freiheit seine Verfassung der von Zürich nach. Alö die Stadt Zug gegen die drei Gemeinden Menzin gen, Bar und Aegcri/ um Verwahrung von Banner und Landßegcl/ in Hader siel/ der einen Bürgerkrieg drohte/ vermittelten die bewaffneten EidSgenossen Frieden und Recht. Glaruö kaufte sich von den Zehnten und Rechten der Abtei Seckingcn loü/ also daß Jeder zinsfrei wurde. DaS waren nach den Freiheitschlachtcn von Sempach und NäfelS die Friedenswerle der EidSgenossen. 60 1V. Der Appenzeller Heldrntage. (Voni Jahr i4oZ — ^11.) Aber e» honen die Leute im Gebirg von Appenzell an den Sitterstüffen von den großen Schlachten und Werken -er Eidögenoffen. Da dachten sie mit schwerem Seufzer an den Abt von St. Gallen, der ein gar harter Mann war, und ihnen die Reichs,teuern unmäßig erhöhte, und dachten au die Böswilligkeit der Amtleute, die er ihnen setzte^ Die Abgaben, kaum noch zu erschwingen, wurden mit Unmensch, lichkcit eingetrieben. Der Bogt in der Schwändi ließ Käse, Milch und Butter schwer verzollen, und wer die Zoll- stätte vorbeiging, ohne zu einrichten, den packten zwei große eingehetzte Hunde. Der Vogt zu Appenzell ließ, um sein Recht beim Todfall zu behaupten, da ihm das beste Kleid des Verstorbenen gehörte, sogar ein Grab öffnen, und nahm -er Leiche den Rock, welchen arme Kinder ihrem Vater mit in die Gruft gegeben halten. Da wurden die Menschen endlich voller Zorn und wollten solchen Mißbrauch der Gewalt nicht länger dulden. Sie sprachen: >> So kann eS nicht weiter gehen!" und überfielen eines Tageü die Burgen und jagte« die Amtleute fort. Abt Kuno zu St. Gallen hatte in dem Augenblick weder Kricgö- volk auf den Beinen, noch Geld, um eö zu werben. Er wandte sich daher an zehn schwäbische Reichsstädte, mit denen er einen Bund hatte, und bat um Hilfe. Die Rcichö. -ättc sandten warnende Boten zu den Appcnzcllern. Diese sprachen zu den Boten: „Wir wollen ja gern alle Schul, digkeiten dem Abte leisten; aber Unrecht mögen wir nicht dulden. Wir bitte» nur, der Abt wolle seine Amtmänner aus rechtlichen Leuten wählen, die wir ihm vorschlagen wollen." Die Reichsstädte hielten Gericht zu Navenöburg, verwarfen den Vorschlag des Landvolks und setzten die ver. jagten Amtleute wieder ein, welche nun aus Rache doppelt drückten. Mit der aufblühenden Stadt St. Gallen, die schon von den Kaisern große Freiheiten und mit andern Reichs, städten Bündniß hatte, war Abt Kuno auch in Zcrwnrfniß. Denn diese Stadt genoß, als ein guter Handelsplatz, wo vielerlei Handwerk gedieh, beträchtlichen Wohlstandes, und wäre gern von. Stifte ganz unabhängig gewesen. Da nun Appenzell und St. Galle» wegen ihrer Nechlsame gleiche Roth und Furcht hatten, schlössen fie mit einander Bund, sich in ihrem alten Herkommen gegenseitig zu schützen. Das 61 mißfiel dem Abt gar sehr. Nun erst that er den Appcn- zcllcrn mehr zu Leid alü zu Lieb, wich ihren Klagen aus, und wollte ihren Bund mit St. Galle» nicht gelten lassen. Darüber ward daü Landvolk ungeduldig, verlangte vom Abt Erklärung, wie er eS meine, und griff zu den Waffen. KUno floh erschrocken auf seine» Hof nach W n l. Die zehn Reichsstädte traten abermals zusammen und richteten und sprachen: „Aemter soll der Abt mit Landlenreu, aber ohne Vorschlag, besetzen; die Große der NeichSsteucr möge der Kaiser entscheiden; aber der Bund, welchen die von Appenzcll zu St. Gallen geschworen, solle ab und todt sein aus ewige Zeiten." — St. Gallen ließ sich den Spruch Wohlgefallen; aber daö Volk in den Appenzeller Bergen schrie, es sei Verrätherei. ES sah wohl, daß die Herren in den schwäbische» Städten vornehm und stolz thaten, und dem gefürsteteu Abt lieber, alS gemeinen Bauern zu Willen lebten. Darum kamen die Leute aus dem Gebirg zusammen, und die Rotten oder NHoden des Landes schwuren unter ihren Romnuicistern, und alle Gemeinden unter dem Landammann im Dorf Appen- zell, bei der Sache ihrer Rechte in Noth und Tod mit einander zu halten. Und weil stc von St. Gallen, der Stadt, verlassen waren, baten sie die Orte der EidSgenossen, ausser Bern, um Bund. Fünf derselben verweigerten ihn bedenklich; Schwyz aber nahm Appcnzell inS Landrccht auf, und GlgruS liest ausrufen: „Welcher tapfere und freihcitlicbcnde Mann den Appenzellern helfen wolle, dem solle cö erlaubt sein." Wie der Abt davon hörte und die Reichsstädte noch einmal das Volk von Appenzcll drohend angemahnt hatten, beschlossen der Abt und die Städte, die Bauern durch Ge- walt zur Unterwürfigkeit zu bringen. Also rüsteten sie Nei- tcrei und Fußvolk, die zur Stadt St. Gallen zogen, wo sie der Abt reich bewirthete. Dann rückten sie weiter; die Reiterei, schön gepanzert, voran; fünftausend Mann Fuß. Volks ihr nach. Der Zug ging über den Linsenbühel durch die Hohlgüsse hinauf zur Hohe VöglinSeck, wo daö Dorf Speicher liegt. ES war am 15 Mai des IahrS 1405 in der Frühe des Morgens. Die Appenzeller, wohlbclehrt, hatten zweihundert Männer von Glarus bei sich, und dreihundert von Schwyz, und als die Hochwachlen auf den Bergen daü Zeichen gaben, daß der Feind komme, erging der Sturm. Von Weib und Kind schied Jeder männlich, entschlossen, Alles für Alles zu wagen; und die Alten, welche nicht mitgehen konnten, segneten ihre Söhne. Zweitausend eilten hinauf zur VoglinS- eck. Achtzig Appenzeller stellten sich oben in den Hohlweg, 62 - links und rechlS neben demselben im Wald lagen die Glar- ner und Schwyjcr. Die Reiterei des Feindes ritt unerschrocken bergauf; da drangen die Achtzig gegen sie mit Schlendern und Speeren ein; da fielen seitwärts Klarner und Schwnzer aus dem Gebüsch hervor gegen die Hohlgüsse. Die Reisigen im engen Wege konnten sich nicht regen und wenden. Sie stürmten wilder bergauf, um die Ebene zu erreichen; aber dorr trat ganz Appenzcll in Schlachthaufen hervor, geführt vom Sanvtmann Jakob Hartsch. All die feindlichen Feld. Herren solches sahen, beschlossen sie, die Hohlgüsse wieder abwärts zu ziehen, und die Appenzeller druiuen im Freie» zu erwarten. — Sie gaben Befehl: Zurück! — und durch den ganzen Heerzug am Berge scholl'ü: Zurück! Zurück! Da meinten die Hintersten, droben sei Alles verloren, eS gelte Flucht. Enlseyen kam über sie. Appenzell, GlaruS und Echwyz aber brachen zugleich von allen Seilen in den Hohlweg schlagend hinein, oben und unleu. Verwirrung ward und erschreckliche Flucht nach der Stadt St. Gallen. Sechshundert in Eisen gepanzerte Reiccr lagen todt im Hohl. weg; die andern sprengrcn durch ihr eigenes Fußvolk. Ihnen auf den Fersen folgte mörderisch Schwert und Speer und Kolben der Appenzeller. Nlw entstand großes Wehklagen in den zehn Reichsstädten um Verlorne Barer und Söhne, und die Städte wollten für den Abt nichts mehr wagen, und schlössen Frieden. Der Abt hingegen redete schimpßich auf die Slädtt und auf die Appenzeller, die ihm alle seine Burgen in ihrem Lande nie. derrisscn und seine Güter verödeten. -Er rief hen Herzog Friedrich von Oesterreich an und sprach: „Appenzell wird eine zweite Schweiz, wenn man nicht wehret; und tritt Appenzell zu den EidSgenossen, ist aller Adel und Oesterreich sclbst in den obern Landen verloren! Herzog Friedrich verhieß, nach langem Unterhandeln, Hilfe, und sammelte vielen ritterlichen Adel und mächtiges KriegSvolk. Damit zog er in getheilten Hausen gen Arbon und St. Gallen, daü Land von zwei Seiten zu überfallen. Ehe denn er aber ankam, trat zu den ApoenzeUcr» vor die Landögemeinde Rudolf von Werden derg und sprach: ..ES ist mir zu Obren gekommen, daß der Her-og in Tirol sich aufmacht, wider euch zu streiten. Bedrängte müssen zusammenhalte"; darum trete ich vor euch. Ihr kennet mich Asse. Hinter jenen Felsen ist Werdenberg, das Erbe meiner Vater; im Nbeimhal haben meine Altvordern geherrscht. Alles bar mir die Habgier von Oesterreich geraubt; nichts mir gelassen, als mein Herz und mein Schwert. DaS bringe - 63 ich euch. Lasset mich bei euch sein ein freier Lan-mann zu Appcnzell, und mit euch leben und streiten!" Also sprach er, und legre seine Rüstung und die präch- tigeu Grafcnkleider ab, und nahm gemeine Hirtenkleidung an und lebte unter ihnen. Solches gefiel Allen an diesem , Kriegshelden wohl, und sie machten ihn zu ibrein Feldhanpt- mann. Sie bauten Schanzen in den Engpässen und machten wieder Freundschaft mit der Stadt St. Gallen. An einem regnerischen Tage (den 17 Brachmonds 1405) zog die größte Hecrstärke HerzogS Friedrich aus Altstänen ins Rveinihal aufwärts gegen die Appenzeller Landmarken, und hinan den Verg an den Stoß. Mühsam war der Weg, schlüpfrig vom Regen der Gang über den kurzen Nasen der Wiesen. Vierhundert Appenzeller, mir einigen Giarnern und Schwyzern, wälzte» dazu noch Felfenstückc und runde Trame von den Höben gegen den Zug. ES hatten die Schaa- reu kaum die Mitte deö Bergs erreicht, gab Rudolf von Wcrdcnberg ein Zeichen. Da stürzten die Haufen von Sippen,;cll unter großem Geschrei daher gegen die schon gebro- ebenen Ordnungen; voran war Rudolf, barfuß, wie die Appenzeller alle; so hielten die Füße sicherer am glatten Boden. Den Feinden halfen die Armbrüste nicht, denn diese waren vom Regen schlaff. Nun Speer und Schwer« wider Schwert und Speer. Mit Verzweiflung stritt Ocster- reich. Stehe, da trat hintcrbalb guf den Höhen ein neuer langer Kriegszug von Appenzcll hervor; der schien Oesterreichs Rückzug bindern zu wollen. Alsbald eilten die erschreckten Feinde bergab, Appenzcll ihnen mordend nach. Aber die auf den Höben waren die Weiber und Töchter von Avpenzell gewesen, alle in Hirlenhemdcn. Die wollten mit ihren Männern, Geliebten und Brüdern sterbe» für die Freiheit, oder siegen helfen. Nun flössen Blut und Regen in Strömen den Berg hinab. Sechs Stunden währte Schlacht und Flucht bis inS Rheinthal. Dann kehrte Ap- penzeil zurück auf den Stoß, und dankte Gott kniend auf der Wahlstätte für den großen Sieg. Herzog Friedrich war unterdessen verwüsten- von anderer Seite her mit glänzenden Ritterschaaren bis vor die Mauern der Stadt St- Gallen gekommen. Da er aber diese zu stark fand und er wieder umkehrte nach Arbon, fielen die Bürger von St. Gallen, vertheilt in mehrere kleine Rotten, den unordentlichen Zug an, und erschlugen der Oesterreicher viel am Hauptlis berge. Solche Schande schmerzte den Herzog sehr, noch mebr aber, als er die Niederlage seiner Leute am Stoß vernahm. Da schwor er, nicht nngrrächt von hinnen zu ziehen. Er ließ aussprengen, er kehre von Arbon nach Tirol heim, und rückte auch mit seinem Kriegs- 64 - volk wirklich dem Rhein zu. Aber angekommen beim Dorfe Thal/ ließ er seine Schaaren plötzlich gegen Appenzell die Wolföhalde hinaufsteigen. Er hoffte daS Hirtenvolk un- erwartet mit Schrecken zu überfallen. Allein Alles war den Appenzellern schon verrathe». Vierhundert derselben stürzten mit Geschrei gegen das österreichische Kriegovolk/ welches ohne Argwohn und sonder Ordnung beö Weges zog. ES stellte sich eilends bei der Kirche vortheilhafr. Der Kampf warb grimmig. Vierzig Appenzcller waren schon in den Tod gegangen/ ehe des HerzogS Reihen gebrochen werden konnten. Dann aber ging die Flucht der Oesterreichs.die Wolfs- Halde hinab allgemein. Jeder erschlagene Appenzcller wurde durch den Tod von zehn stiebenden Feinden bezahlt. Da verfluchte der Herzog diesen Krieg/ und ritt nach Tirol zurück. Die Appenzcller/ deren Ruhm und Schrecken weit durch'S Land ging/ schloffen nun Bund auf neun Jahre mit Sr. Gallen; rächten den Rudolf von Werdenberg an Oesterreich und eroberten ihm das Erbe seiner Vater zurück aus Dankbarkeit; halfen dankbar den Schwyzern daS Thal Wägt und die untere March von den Herzogen von Oesterreich erobern/ und drangen durch Vorarlberg in'S Tirol/ biS Landcck, wo sie des HerzogS Söldner schlugen. Schon sprach der Tiroler Landmann am Jnn und an der Etsch: „WaS kümmert'ü unö? Lasset uns freie Schweizer werden!" — Da vernahmen die Appenzcller/ der Herzog rufe am Bodensee die Macht deS Reichs gegen sie auf. Also eilte» sie aus Tirol heim. Doch fanden sie keinen Feind. Der Krieg wüthete in'S fünfte Jahr. Appenzell/ siegreich/ furchtbar am Bodensee/ an der Thür/ am Jnn gegen alle Feinde- eroberte über sechSzig Burgen/ brannte von diesen über dreißig nieder/ und belagerte zuletzt die Stadt Bregen; / doch ohne Glück. Dann erst nach großem Leiden aller Gegenden ward zum Frieden geschritten. Der König der Deutschen wollte selbst richten/ aber Appenzell fand seine Sprüche parteiisch. Unter Vermittelung von Schwyz bekam Abt Kuno seine rechtmäßigen Gefalle wieder; doch alle herrschaftliche Gewalt und Rechte verlor er über Appenzell auf immer. Oesterreich machte Waffenstillstand auf einige Jahre und nahm das Nheinthal wieder an sich. Die Appenzcller/ zufrieden mit der Freiheit und Unabhängigkeit im heimathlichen Gebirg/ traten am St. Katharinatag i4ll mit den EidSgenossen/- doch mit Bern nicht/ in Landrecht und Bund; versprachen/ ohne Willen der Schweizer keinen Krieg mehr zu unternehmen/ und ihnen mit ganzer Macht auf eigene Koste» in KriegSnoth bcizu- - 65 stehe». Die Schweizer hingegen behielten sich vor, an die- sein Bund mehren oder mindern zu können, alle insgesammt, oder jeder Ort besonders, lind wenn sie den Appenzellern in einem Kriege helfe» müßte», nicht anders als auf Ap- pcnzellS Unkosten. Die Einrichtung dieses Bundes, der beiden Theilen nicht gleiche Vortheile gab, beweiset, wie viel die Appenzcller für Behauptung ihrer neuen Unabhängigkeit fürchteten, daß sie den Bund mit den Eidögenosscn um jeden Preis eingehen wollten; und wie viel hinwieder die Eidsgcnosscn fürchteten, durch das kriegerische Volk von Appenzell in blutige Händel mir dem Anölaude verwickelt zu werden. 20 . Wie die Eidsgenossen sich des Aargaues bemächtigen und gemeine Herrschaften errichten. (Vorn Jahr i4i2 — eUs.) Nachdem die tapfern Leute im Appenzellergebirg ihre Freiheit erstritten, and mit den Eidsgenossen Bnndniß hatten, waren sie wohl zufrieden und begehrten keinen Krieg mehr. Auch Herzog Friedrich von Oesterreich sah ein, daß böse sei mit einem Volke kriegen, welches, stark durch Einkracht für sein Recht, lieber das Leben, als die Unabklmgigkeit fahren läßt. Er sah auch die Eidsgenossen schon so mächtig geworden, daß er sich bald ihre Freundschaft Ueber, als ihre Feindschaft wünschte. Derohalben trat Herzog Fried- rieh zu ihnen und schloß mit den acht freien Staaten oder Orten, aus welchen die Eidögenossenschaft bestand (am 28 Mai 1412), fünfzigjährigen Frieden, lind bestätigte ihnen Alles, waS sie besaßen. Und sie hinwieder bestätigten dem Herzog, waS er noch bei ihnen an Pfandschaft, Lehen und andern Rechten inne hatte. Auch mußten sechSzehn Städte in seinen Erblanden, Schafhanscn nämlich und Waldshut, Laufenbiirg, Seckingeu, Rheinfel- den, Diessenhofen, Baden, Rapperschwyl, Brugg, Bremgarten, Zofingen, Surfer, Lenz- burg, Mellingcn, Aarau und Frauenfeld, den fünfzigjährigen Frieden beurkunde». Allein dieser währte kaum drei Jahre. Denn cS begab sich jetzt, Laß Siegmund, der König der Deutschen, gen Konstanz ritt, wo zu derselben Zeit eine große Kirchen- Versammlung gehalten ward, um vieler Zwietracht in der 66 - christlichen Kirche ein Ende zu machen. Dazu lvarcn aus fernen und nahen Landen die vornehmsten Prälaten gekommen und die Gesandte» der Könige und Fürsten aus Italien, Deutschland, Frankreich, England, Polen, Dänemark, Schweden, Ungarn, und vielen andern Reichen. Sie wollte» richten und schlichten, weil zu Prag in Böhmen ein Priester, genannt Hust, neue Lehre verkündet, und gewaltigen Anhang gefunden hatte, welcher der katholichen Kirche absagte. Auch war dazu noch die katholische Kirche in sich selbst zerrissen, denn sie hatte, statt eines Papstes, drei Päpste, in Italien und Frankreich, die sich einander verdammten und in Bann thaten. Das gab gar großes Aergerniß in der Christenheit. Alö nun die geistlichen und weltlichen Herren zu Kon. stanz beisammen saßen, gerierh Herzog Friedrich mit dem König Siegmund in Streit. Denn der Herzog weigerte sich, nach Konstanz zu kommen, und von, Könige seine Lehen zu empfangen-, nach altem Brauch. Auch die Versammlung der Äirchensürsten würd voller Erbitterung gegen diesen Herzog, weil er einen der Päpste, Namens Johannes, in seinen mächtigen Schuh nahm, den mau absetzen wollte. Darum erklärte die Kirchenversammlung den Herzog, weil er hartnäckig Gehorsam weigerte, unter den Judaöfiuch und hohen Bann; der König aber erklärte ihn zum Hochverrä- ther an seiner Majestät und am Reich, und entsetzte ihn aller fürstlichen Würdest und sprach ihn aller seiner Lehen verlustig. ES wurden darauf deü Reichs sämmtliche Gerrcne gegen den Herzog aufgeboten, desgleichen auch die EidS- genosse... Der König bot die Stadt Schafhansen gegen den Herzog, ihren Herrn, auf, und gab ihr zum Lohn Ün- abhäugigkcit, daß sie, gleich andern freien Städten, unmittelbar nnicr dem Reich stehen solle. DaS ergriffen die Schafhanser begierig. Auch Frauenfeld, Piessenhofen und fast der ganze Thurgan gehorchten um solchen und ähnlichen PrejS dem Könige. Die Eidögenoffen trugen aber billig Bedenken, einen Frieden zu brechen, welchen sie kaum erst mit dem Herzog auf fünfzig Jahre hinaus beschworen hatten. Zwar die heilige Kirchenversammlung sprach sie von aller Sünde frei, - und der König sagte zu ihnen: daS Land, was ihr von Oesterreich, euer«, Erbfeind, erobern werdet, soll in ewigen Zeiten euer Eigenthum bleiben. Allein die in den Wald- 'ftätten, auch Zürich, Zug, Luzcrn und GlaruS, antworteten: „Wir können uns mitnichten berede», daß eine solche treulose That rühmlich sei." Anders dachte jedoch Bern. Die.Gelegenheit schien allzugünstig, eigene Herrschaft zu erweitern und Oesterreichs - 67 Gewalt in der Nachbarschaft z» vermindern. Bis zn diesen Tagen hatte die Stadt ihr Gebiet nicht durch daS Schwert, nur allein durch Vertrag, meistens durch Kauf vergrößert gehabt. Nun aber redete Bern mit Zürich und sprach: »Recht und Ehre gestalte» den Krieg, denn Reich und Kirche befehlen ihn; die Stunde des Untergangs aller Feinde unserer Altvordern ist jetzt erschienen.'" Und als die EidS- genossen länger zögerten, sandte der König wiederholt seine Boten an sie, und wiederholt drohte auch die Kirchenver- samnilung, sämmtliche EidSgenossen in Bann zu thun, wenn sie nicht gegen den Herzog in'S Feld rückten. Eilfcnig rüstete Bern sein KriegSvolk. Als Zürich solches sah, wollte eS auch nicht zurückbleiben, sondern Theil an der Beure haben. Nun folgten auch die übrigen Eidü- genossen dem Gebot deö Königs und der Kirche; nur Ap- penzell nicht. Wie aber die Städte und Edelleute im Aargatt dieses und daü Unglück ihres Herrn, des Herzogs Friedrich, vernahmen, traten sie im Frühling des Jahrs 141,s zu Surfee in einen Landtag zusammen. Und die Städte sprachen: -^Lasset uns zwischen Oesterreich und Schweizerland linpar- lcisaui bleiben und die landcsfürstlicheu Rechte neben unsern Freiheiten bewahren. Jetzt ist'S an der Zeit, daß ganz Aargau einen ewigen Bund gemeinschaftlicher Vertheidigung schwöre. So kann eö als eigener, freier Staat zur schweizerischen Eibögenosscnschaft treten, ohne Furcht eines Größer«, ohne Beherrschung von Seinesgleichen, und allen Orten der Schweizer in Würde und Schicksalen gleich." Der Hochmuth der Freiherren und Edelleute aber verschmähte, mit diesen Städten gemeine Sache zu machen. Lieber wollten sie den Fürsten dienen, als Bürgern gleich stehen. Also ging der Landtag auseinander ohne Nutzen. Doch beschlossen die Städte zuvor, sich in den Schirm der ganzen EidSgcnossenschaft zn begeben. Aber auch dies schon zu spät. Denn wie die Boten der Städte zu den EidSgenossen ritten am frühen Morgen, sahen sie schon von allen Anhöhen die Sturmzeichen der Schweizer und deren Banner und Schaaren im Anzüge. Also ritten sie betrübt wieder heim. ES zogen die ÄriegShaufcn der Bern er gegen Zo fingen, ängsteten die Stadt einige Tage lang, lind zwange» sie, dem Herzog zu entsagen, lind zum Reich und zu Bern zu schwören. Rechts von Zofingen standen die Wüten, vier Burgen, auf der Felsenhöhe; die Berncr nahmen drei, und t» die vierte drangen die Luzcrner. Liukö Zofingen lag Aarburg, die Beste, nebst dem Slädtlcin an der Aar; beide »ah», Bern, die zwei Wartburgen auf benachbar- 68 - len Berggipfel» dazu. Der Zng ging gegen An ran; den Bcrnern hatte Solothnrn, auch Biet, Neuciiburg und Neu. stadt, Beistand geschickt. Aara», doch bei weitem nicht mit den Stimmen aller Bürger, übergab sich, unter Vorbehalt seiner Freiheiten, in den Schirm des römischen ReichS und der Städte Bern und Solothurn. Gleichermaßen wurden onchBrugg und Lenz bürg durch Vertrag eingenommen; viele Burgen im Aargau dazu, Trostburg, das in Flammen aufging, Rnod, Brunegg und andere. Also eroberten die Berner binnen wenigen Wochen sieben, zehn fest Burgen und ummauerte Städrc und eine weite, reiche Landschaft, ohne allen Verlust, durch rasche» Uebcr- fatt. Nur vor dem Schlosse Wildcgg, wo die tapfern Freiherren von Hallwyl Widerstand versuchten, wurden vier Mann erschlagen. Zu gleicher Zeit waren die Banner von Lnzern über Snrsec vorgerückt und hatten sich der obern Gegenden an der Sur, Wlggcrn, Aa und Wiuna bemächtigt, bis sie an die Eroberungen der Berner stießen; und weiter gegen Mor- gen bin bcmeisterten sie sich der fruchtbaren Landschaften bei Neichensee, Meyenberg und Villmergen. Die Züricher aber waren schon über den Berg AlbiS in daS freie Amt Knonau gezogen; das mußte zu ihnen schwören. Ein anderer Hause rückte der Ltiinnat nach, Dietikon nehmend, gegen Baden im Aargau. In denselben Gegenden, wo die Limmat und Reuß sich der Aar nahen, stießen die Fahnen der sieben Orre der EidSgenossenschaft zusammen, und gemeinschaftlich eroberten sie, ivaS hier noch von Oesterreichs Erblanden übrig blieb: Mellingcn, Bremgarten, Baden. Mcllingen behauptete seine Treue zum Herzoge, vier Tage lang; stärker noch widerstand Baden. Denn im Schlosse, aus dem Stein, ob Baden, lag der Herr von Manneberg mit vielem Kriegs- Volk. Als aber die Büchsen der Berner einen Theil der Mauern niedergeworfen halten und den Belagerten Wasser mangelte, ward auch der Stein von Baden übergeben und zerstört. Weit in'S Land leuchtete die Flamme der alten Burg. Nachdem die Eroberungen vollbracht waren, richteten die EldSgenossen ihre neuen Herrschaften ein. Was Bern, Zürich und Lnzern mit eigenen Waffen gewonnen, behielt jede der drei Städte für sich, in den Rechten, wie unter Oesterreich gewesen. Was gemeinsam gewonnen war, sollte »»getheilte Herrschaft Aller sein; nur ward Bern von dieser Theilnahme ausgeschlossen, weil eü sonst zu viel harre. Aber Uri sprach: »Wir hören, der König hat sich mit Herzog Friedrich versöhnt. So laßt nuS lieber dem König, - 6 » waü wir genommen, zurückgeben, damit er dem Herzog tag Seine wieder erstatte. Denn nicht unser, sondern des Kö- nigö, war dieser Krieg. Wir, o EidSgenoffcn, wir vom Land Uri wollen keinen Theil an dem, was nicht unser ist. Unsere Barer haben die Sitte aus uns gebracht, unverfälschte Treue höher als Alles zu achten.'" Die klebrigen spotteten deß und sprachen: „Wie vor- witzig, wie göttlich stnd denn die von Uri; sie müssen immer ciwaö Besonderes haben!" Und sie beschlossen: „Wechsels, weise solle, da Uri nichts verlange, Zürich, Luzern, Schwyz, Unterwalden nnd GlarnS einen Landvogt auf zwei Jahre in diese gemeinsamen Vogteien hersenden, nnd jährlich sollen Gesandte aller thcilhabenden Städte die Verwaltung und Berechnung der Einkünfte untersuchen." Also behielten die EidSgenosscn ihre Eroberung, und ße ward ihnen auch vom König bestätigt. Und sie herrschten nun über diese Lande, statt Oesterreichs, nnd harren, als freie Bürger in Srädten und Orren, Fürsten gleich, die Zahl ihrer Unterthanen groß vermehrt. 21 . Die Matze von Wallis gegen Raron. — Die Schlacht bei Arbedo nnd des Herrn Zoppo Kunst. (Von, Jahr lUs - 1426 .) Noch waren jetzt kaum hundert Jahre seit der That Wik. Helms des Teilen vergangen, und die Städte und Orte der Schweiz, ehemals dienstbar, hatten sich nun selbst Andere dienstbar gemacht, und waren denjenigen furchtbar grwor. den, vor welchen ste sonst gezittert hatten. Und die Söhne jener alten Helden und Ritter, die vorzeiten auf ihren Nur- gen von den Felsen her den Städten gedroht hatten, warben nun entweder demüthig um Burgrecht bei ihnen, oder verkauften denselben ihre Ländercien und zogen ausser Landes, um nicht unaorlichen Bürger» gehorchen zu müssen. Da fühlten die Städte n»d Orte der Eidügeuossenschaft ihre Kraft und wurden kriegerisch stokz, und ihre Krieger- Ehre liessen ste nicht ungestraft verachten, weder vom Feind« noch von. Freunde. Das sah man in den Händeln um Wi- chard von Raron, den Landeshauptmann von Wallis. Es war nämlich geschehen, daß die EidSgenossen, als sie mit den Urnen, daS Livincnthal erobert, auch das benach. harte Offolaihal besetzt und schwache Besatzung daselbst ge. 70 -- lassen hatten. Der Herzog von Mailand, um den Schrvei- zern nicht Ossola zu lassen, hatte eö dem Herzog von Savoien verkauft. Dieser schickte Kriegsvolk nach Ossola durch WalliS; der Freiherr von Naron zeigte den Weg durch's Gebirg, und die wenigen Schweizer mußten davonziehen. ES sprach der Herr von Raron: »Wäre ich dabei ge- , wesen, kein Schweizer wäre lebendig davon gekommen." Solche bochmüthige Rede verdroß die Untcrwaldner und Urner; sie verklagten ihn vergebens bei Bern, wo der Frei- Herr Bürger war; darum wiegelten sie die Landlente im Walliö gegen ihn auf. Die Landleute im WalliS hatten schon vielerlei Klagen gegen ihn, daß er »»bewilligten Bund mit Savoien gemacht; daß er und die Großen im Lande LaS alte Herkommen vergäßen und Knechtschaft aufbringen wollten. Die Männer von Brieg sagten: »Soll WalliS in seinen alten Rechten bleiben, muß man den großen Herren Zaum und Gebiß anlegen; dazu müssen alle Ehrenmänner helfen." Und es gingen nach uralter Sitte des Landes einige Männer hinaus mir einer großen Keule, worin ein trauriges Menschenantlitz geschnitzelt war, und wanden Ruthe» und Dornen herum; dies stellte die unterdrückte Gerechtigkeit vor und ward von den Wallisern die Matze genannt. Die Matze stellten sie auf einen öffentlichen Platz, das Volk lief herzu, und ein kühner Mann trat zur Keule als Matzen, meister und hielt sie. Dann redeten Viele aus dem Volk die Gestalt an und sprachen: „Matze, warum trauerst du? Matze, wqrum bist du hier?" Sie aber antwortete nicht. Andere fragten: „Matze, wir wollen dir helfen; zeig' an, gegen wen? Fürchtest du den Sillenen? Macht dir der Asperltng Pein, oder der Henngarten?" Die Matze stand und schwieg. Alü man aber den LandShanptmann von Raron nannte, verbeugte sie sich tief bejahend. Darauf erhoben sie die Matze, trugen sie durch alle Zehnten des WalliS von Dorf zu Dorf, und es hieß, die Matze wolle zum LandeShaupt. mann und allem seinem Anhang und zum Bischof von Sitten, seinem Neffen. Als der Herr von Raron den Aufstand -des erbitterten Volks sah, floh er nach Savoien und schrie zum Herzog um Hilft. Die Landleute legten aber seine große Burg auf der Höbe ob Siders, und seinen Thurm und des Bischofs Beste ob Leuk in Asche, und belagerten sein starkes Schloß Beauregard auf dem Felsen hoch über CbippiS. Alles zerstörten sie ihm, und der Herzog von Savoien fürchtete sich, ihm beizustehen. So eilte er nach Bern, wo er Bürger war, und siebte M Hilfe und Nktkung. Aber die von Walliö wandten sich - 71 an Uri und Unterwalden, errichteten als freie Landleme mit ihnen Landrecht zu gegenseitiger Hilft/ und versprachen, ihnen wieder zum Besih von Ossola zu helfen, welches Thal an Walliö stößt. Sofort zogen die U.rner und Unterwaldncr über die höchsten Alpen; Schwyz, Luzcrn und Zürich zogen mit; die Walliser auch, und das ganze Eschenthal oder Ossola ward wieder eingenommen. Bern aber nahm sich des Freiherr« von Naron bei allen EtdSgenosscn an und forderte Recht für denselben. Es warb lange darum gehandelt. Bern wollte einen Zug in'S Pullis thun und bot die Eioögenossen auf. Aber Unterwalden und Uri weigerten sich, auch Luzern. Da drohte fast ein Krieg unter den EidSgcnossen selbst. Solches Unglück zu verhüten, sehten die unparteiischen Orte einen Tag an in Zürich, und nachdem ste für und wider Naron Alles angehört hatten, sprachen sie: „Vor Allem muß WalliS erst den Freiherr» in sein geraubtes Eigenthum wieder einsehen; dann soll er dem Lande Recht halten um alle Klagen." Allein die Parteiführer im WalliS wollten diesen Spruch nicht, und wiegelten daö Volk auf zur Hartnäckigkeit. Sie brachten Leute zusammen, siele» in'ü OberhaSli ein und raubten die Schafhcerden und führten sie hinweg, weil auch der Freiherr von Naron vorher mit Oberländern in'ü WalliS eingedrungen wäre, und übel gehauftl habe. Sofort schickte Bern zur Sicherheit seiner Pässe eine» Gcwaltbaufen gegen WalliS. Roch einmal wollten Schwyz und Zürich vermitteln. Die Walliser aber gaben nicht nach und begehrten lieber Krieg, als Billigkeit. So zogen denn die Berncr, verbunden mit den Bannern von Frciburg, Solvthurn, Nenenburg und andern, drci- zchntauscnd stark,church die höchsten Alpen gegen den Zehnten Gombü, und über daS Gebirg Sanetsch gegen SidcrS in WalliS. ES kam ihnen auch Beistand von Schwyz; aber den Walliser», wegen ihrer Halsstarrigkeit, keiner von Uri, noch Unterwalden. Viele Dörfer gingen in Flammen auf. Schrecken lief durch das weite WalliS. Doch ein gemeiner Landmann, Thomas Vrantschcu, ermannte sich und seine Mitbürger durch herzhafte» Sinn und sprach, alS er die plündernden Feinde gegen das Dorf Ulrichen vordringen sah: „He, wo bleibet WalliS, daö alte Heldenland? Haben nicht unsere Vater bei Ulrichen vorzeiten den Herzog von Zähringen blutig auf s Haupt geschlagen? So lasset uns denn noch einmal hier für Va- icrland und alte Freiheit kämpfen, oder den ruhmreichen Tod suchen!" So schrie er und stürzte mit vierhundert tapfern Walli- fern in die Tausende der Eidögenossen aus einem Hinterhalt, 72 - da sie sorglos vorbeizogen. Brantschen stritt als ein Held. Vierzig Berncrleichcn lagen vor ihm; da starb auch er, der Löwe von Walllö. Und Entsetzen war unter den Bernern. Sie wankten. Da erschien der Zuzug von Schwyz, der zwang die Walliser, in ihre vorige Stellung zurückzukehren. Keiner verfolgte sie. Folgendes Tages zogen die Schweizer aus dem Wallis zurück. Denn auch bei Sitte» halle Wallis gewaltig gegen die Saanenleure gestritten. Darauf« ward abermals über Frieden gehandelt. Nur mühsam liessen sich die Walliscr endlich gefalle», dem Frei- Herrn von Naron seine Herrschaften zurückzuerstatten und für allen erlittenen Schaden nur zehntausend Gulden zu geben; den Bernern aber für Kriegskosten eben so viel; dem Hochstift Sitten viertausend. Das geschah im Jahre 1420, wenige Monden nach der Heldenthat bcö Thomas Braut, scheu. Aber der Freiherr von Naron starb fern von seinem Vakcrlande. Auf ewig war der Glanz seines Geschlecht- dahtn, weil er nicht die Liebe deö Volks zu gewinnen vcr. standen hatte. Unterdessen halte der Herzog von Mailand noch gar nicht daü Ossolathal vergessen können, und er ward zorniger, wie er bald darauf hone, daß die Eidsgenossen von den Freiherren vonSax, den damaligen Heeren von Bellinzona, diese Stadt und die ganze Landschaft von, Livinemhal bis zum Langensce nm zweitausend vierhundert Gulden erkauft hätten. Heimlich rüstete er, und überfiel dann mit großer Macht Ossola nnd Bellinzona. Alles, sogar Liviuen, mußte ihm Treue schwören. Zu spät brachen die Eidsgenossen zur Rache auf. Seit Eroberung deö Aargancs war schon nicht mehr die alle Eintracht bei ihnen. Das hatte sie verzögert. Zwietracht schwächte auch den Ruhm ihres bluiig erkauften Sieges, als sie über den Gvllharo gezogen und im Felde von Ar. bcdo, unweit Bellinzona, auf Matlanbö Macht gestoßen waren. Vorn Morgen bis zum Abend ward da von allen Eidsgenossen gegen welsche Kunst und Verzweiflung gestritten. ES sanken viele edle Helden vorn Scliweizerland, Hans Not, Landanimann von Urc, Heinrich Püntiner, Land. fähnrich von Uri, nnd der greise Peter Koli», Ammaun und Bannerherr von Zug. Sterbend fiel Kolin mit dem Banner vor seiner Schaar. Seiner Söhne einer zog unter des V^erS Leichnam das Banner hervor nnd hob es blutig über die Schlachthaufeu. Auch er ward des Todes Leute; aber nicht daö Banner die Beule des Feindes. Johannes Landwing hat es gerettet. , Daü geschah am Zo Brach, monat ist22. Traurig um so viele Todten und den schlechten Sieg, - 73 lind Einer dem Andern Vorwürfe machend/ zogen die EidS- genosscn über den Gotthard zurück. Nur Livinen hielte» sie beseht. Jahre lang haderten sie um daö, was geschehen müsse, und brauchten halbe Mittel mit halber Lust, und richteten darum nichts gegen Mailand auö. Solches verdroß den Petermann Rysig, einen herzhaften Mann vom Lande Schwyz. Der sammelte fünfhun- dert kühne Leute zu sich, ging mit denselben über den Gott- bard, dann rechts in'S Ossolathal über die Berge, vertrieb da die mailändischen Bejahungen und hielt fest. Alle Macht von Mailand brach auf gegen das Thal. Aber Petermann Nvstg hielt fest. Nun erst erwachten alle Eidögenosscn, durch die That der wenigen Schwyzerheldcn ermuntert, und zogen gen Ossola. AnS Solothurn, WalliS, Toggcnburg und Nhiitie» kamen HilfSvolker. Darüber gerieth der Herzog von Mailand in große Verzagtheit; aber was er mit Gewalt des Schwertes nicht mehr hoffen konnte zu erstreiten, das erwartete er noch von seiner Klugheit. Und er sprach zu seinem Äammerherrn Zoppo: „Gehe mit meinem Geld zu den EtdSgenosscn und unterhandle mit ihnen." Da ging Herr Zoppo, fuchöklug und ehrbar, that gar freundlich mit den Rarvöherren und war sehr freigebig dazu;, trennte sie von einander; bewog erst Uri, Nidwalden und Luzern, für sich abgesondert Frieden zu schliesset«, und gewann durch geheime Verbindungen dann auch die klebrigen. Und im Jahre I42v liessen die EidS- genosscn um einnnddreißigtauseud und einige hundert Gulden, und um einige Vortheile und Zollbegünstigungen für ihre Kaufleute und Krämer, die Ossolachälcr, Bellinzoua, ja selbst Livinen wieder an Mailand fahren. Die Eidögcnossen zogen heim. Pecermaun NpsigS Hcldcuwerk war eitel gewesen; umsonst hatte vor Arbcdo der edcln Koline Blut die Schlachtfahne roth gefärbt. Wahrlich, den Schweizern ist nie ein gewaltiges Kriegöheer so furchtbar gewesen, als ein Herr Zoppo! 22 . Im hohen Rhätien erstehen -er Ober-Nil-, -er Gottcs- hansbull- im- -er Zehngerichtenbund zur Freiheit. (Von, Jahr 1)26 — E6.) Aber in derselben Zeit, da die EidSgcnosseu um Geld verkauften, was sie mit dem Blute so vieler Helden erworben hatten, zog ein anderer Geist durch die Thäler der hohe» rhätischen Gebirge; das war der Geist der Freiheit/ des ewigen Rechts und der Eintracht. Im hohen Nhätien waren die Leute noch anö alter fränkischer Zeit dem Bischof von Chur/ den Aebtcn von Di- sentiö und Pfeiffers und andern geistlichen Herren und zahllosen Grafen/ Baronen und Adelichcn zinsbar/ unccr- thänig und leibeigen. Die Stadt Chur hatte wohl man- chcrlci Vorrecht/ aber vorn Bischof auch mancherlei Plage. Und die armen Leute in den Dörfern litten gar sehr im Kriege/ den die vielen großen oder kleinen Herren beständig unter einander führte»; und litten eben so sehr im Frieden von der Härte und Grausamkeit ihrer Gebieter. Nicht Uri/ Schwy; und Untcrwalden hatten je bösere Tiranuen gehabt/ als Rhätien; aber Nhätien hatte auch seine Teilen. AlS nun Willkühr/ Eigennutz/ Ungerechtigkeit und Hochmuth der vornehmen Oberherren am höchsten gestiegen waren/ da erinnerten steh die armen Leute in Nhätien/ daß sie auch Menschen seien/ und Gott ihnen/ alü seinen Kindern/ ebenfalls Rechte ertheilt habe/ die kein Tirann verletzen dürfe. Und in einzelnen Thälern erwachte/ durch einzelner Ehrenmänner Muth/ der Muth alles Volks zur Errettung seines ewigen NechlS. Im hohen grünen Thal des Engadin/ von dessen Gletscherhöhlen der Jnnstrom hervorbrauset gegen Tirol/ war die Burg Gardovall/ auf dem Felsen ob dem Dorfe MaduleiN/ daü Schrecken des Landes. Der grausame Kastellan von Gardovall sah eines Tages die Schönheit eines Mägdleins aus dem gegenüberliegenden Dorfe Camogask. Und er schickte seine Knechte hinüber/ die sollten ihm das Mägdlein noch in derselben Nacht zuführen. Deß erschrack des Mägdleins Vater/ der da hieß Adam/ und die Tochter verzweifelte fast. Adam aber faßte ein Herz und sprach zu den Knechten: »Saget dem gnädigen Herr»/ ich werde ihm mein Kind am Morgen selber in'ö Schloß bringen!" Als sie fort waren/ lief der Barer zu seinen Nachbarn und Freunden; sein Herz war voller Wuth/ sein Auge voller Gluth. Er erzählte den Leuten/ was geschehen sei/ und rief: „Sind wir/ Menschen/ dieses Herrn Vieh?" Da kochte Zorn in Aller Brust/ und sie schworen in der Nacht zusam- men/ dem Elende deS Thals ein End« zu machen/ oder alle unterzugehen. Im Frühschein des Morgens führte Adam/ der Camo- gaSkev/ seine schöne Tochter/ in Fcierkleidern/ wie eine Braut geschmückt/ nach Gardovall. Einige der Vcrschwor- neu folgten/ wie im Brautgefolge; andere hatten sich um das Schloß im Hinterhalt versteckt/ den Auögang der Dinge abzuwarten/ Alle bewaffnet. 75 Kaum sah der Kastellan das Mägdlein ankommen, sprang er fröhlich von den Stiegen des Schlosses hernieder, und wollte die Unschuld vor den Augen deL Vaters umarmen. Da zuckle Adam von CamogaSk das Schwert und stieß es durch das geile Herz des Ungeheuers. Er und die Seinigen stürmten in die Burg, erschlugen die Knechte, gaben das Zeichen der Freiheit auö den Fenstern und der Hinterhalt drang nach. Gardovall ging in Flammen auf. Frei war die Landschaft unter den Jnnguellen von der Gewaltherrschaft der Zwingherren. Im weidcreichen Tbale Schamö, daö sich zwischen hohen Alpen freundlich aufthnt, waren die Herren in den Schlössern Bärenburg und Fardün unmenschliche Bösewichtc. Sie thaten mit dem Volk, was ihnen beliebte, auch daö Schändlichste, und das Volk litt und schwieg. Nicht also litt und schwieg der starke Johannes Chaldar. Da man ihm zwei Rosse des Herrn von Fardiin in seine Saat trieb, ward er^ergrimmt, daß er die Rosse zu Boden schlug. Dafür mußte er in Ketten und Banden dulden, biü ihn die Sei- mgen mit großen Summen und tausend Thränen wieder er- lösen konnten. Als Chaldar wieder froh bei den Seinigen >har, und in seiner Hütte mit ihnen zu Mittag aß, trat der Herr von Fardün herein. Alle begrüßten ihn mit Ehrerbietung; er aber sah stolz auf sie herab und spuckte ihnen in den Brei. Da loderte ChaldarS Zorn, wie Wcttcrßamme; in Nacken und Gurgel des Gewaltherrn krallte sich ChaldarS Faust: „Nun friß den Brei, den du gewürzet hast!" schrie Chaldar und stieß den Kops des bösen Wichtö in die besudelte Speise und würgte ihn. Dann trat er vor die Hütte, rief das Volk auf. Der Sturm erging. In Bluc und Flammen stürzten Fardün und Bärenburg zusammen. Gleichwie in diesen Thälern die Oberhcrrn durch harten Sinn und unbarmherziges, ruchloses Wesen die Freiheit beförderten, so halfen ste in andern Gegenden NhätienS durch ihre eigene Herrschsucht dazu. Bischof Hart mann von Chur hatte ewige» Krieg mit dem Adel des Landes. Da er nun viel Schaden litt, und das in vielerlei Dörfern und Thälern oft zwischen Feindesland zerstreut liegende Gebiet seines Gotteshauses nicht aller Orten selbst schützen konnte, gab er den unterthänigen Gotteshausleuten das Recht, zu ihrer eigenen Beschirmung unter sich und mit benachbarten Thälern und Ortschaften Bündnisse zu schließen. So errichteten (schon im Jahr 1396) die Gotteshausleute der Thäler Domlcschg, Avers, Oberhalbstcin und Vergüt» einen Bund mit den Herren von Werdenberg in SchamS, 76 - Domlcschg und Obervatz. Das war der erste Grund des nachbcrigen Gotte 6 hauSbundeS. So thaten auch die Grafen und Herren im rhätischen Oberland unter steh; und vereint mit dem untereinander verbündeten Landvolk der Thäler, errichteten sie mir ihren Nachbarn, den Glarnern (im 1.1400 schon), einen ewigen Schutzvcrlrag gegen die Anfechtungen des Bischofs von Chur. Aber in den Bünden der Tbalschasten waren allezeit die Rechlfame groß und klein ihrer verschiedenen Herren vor. behalten; und diese Rcchtsamc wurden viel gemißbraucht. Die Herren kannten kein anderes Gesetz, als ihre Gewalt und ihre Lust. Da war Ungerechtigkeit im Gericht und Unsicherheit auf der Landstraße. Solchen Leiden ein Ende zu machen, ohne Gewalt und Aufruhr, vereinigten sich im rhätischen Oberlande mehrere rechtschaffene, entschlossene und achtbare Landleute. All. nächtlich kamen sie zusammen zwischen der Abtei Disennö und dem Städtlein Jlanz, dem ersten nmmaucrten Orte am Rhein. Da, in einem Walde beim Dorf Trunö, kamen sie, zusammen und unterredeten sich; und ihre Beschlüsse theilten sie daraus den redlichsten Männern ihrer Gemeinden im Vertrauen mit. > Dann sandten an einem und demselben Tage alle Gemeinden und Thäler deS Oberlandes ihre verständigsten und ehrbarsten Mitbürger an die verschiedenen Obcrhcrrcn, und Haien um Gerechtigkeit und Sicherheit durch einen heiligen und bcschworncn Vertrag Aller mit Allen, ohne Verletzung der wirklichen Rechksame deS Vornehmsten und Geringsten. Die Herren erschrocken vor dem Ruf, der plötzlich aus den Wäldern von TruuS an sie erscholl; und sie gedachten der Begebenheiten, die sich hundert Jahre zuvor in der schweizerischen Eidöaenossenschaft zugetragen hatten. Der fromme und kluge Abt von Disenris, Herr Peter von Pultinga, sprach zuerst dem gerechten Begehren der Land. leute das Wort. Dann folgten auch die Grafen von Wer. denberg, von Sax, die Freiherr,! von Rhäzünö und Andere, aus Furcht vor der Gewalt ihres eigenen Volks, oder auch aus Furcht vor dem mächtigen BiSthum Chur, um sich gegen dasselbe zu stärken. Nun traten jene Herren und die Boten der Gemeinden aus dem Oberlande, in ihren bescheidenen grauen Kitteln, vor dem Dorfe Truns, unter freiem Himmel, im Schatten eines AhorubanmeS, zusammen, und schworen zur heiligen Dreieinigkeit ihren ewigen Bund für Gerechtigkeit und Si. cherheit, ohue Verletzung der wahren Rechte des Höchsten und Niedrigsten. DaS geschah im Maimouat deS JahreS - t-M. Und so entstand der obere oder graue Bund. 77 Späterhin ward er durch den Beitritt von den Thälern Mis'ox und Calanca vollendet in sei»ein Umfang. Bald ging der Name der Graub und »er auf alle Rhätier über/ obgleich die Gotteshaus' Idncr schon für sich selbst bestanden/ und ausserdem noch v.. Landschaften/ gegen Tirol zu, im Gcbirg lagen/ die weder zum Gotteshaus, noch zum grauen Bund gehörten/ sondern zu den weiten Herrschaften des reichen Grasen Friedrich von Toggen bürg. ES begab sich aber bald nachher, baß dieser reiche Graf kinderlos starb/ und große Furcht wegen eines KriegcS um die Erbschaft entstand. Da traten die Männer auS den Gebiete»/ Ortschaften und Gerichten zusammen, die dem Hause Toggeuburg in Nhätien angehörten. Sie kamen von Davoü und Klosters, KastelS, Schicrsch und See, wiü, auch vom Chorberngcricht Schiersch, von MalanS, Maienfeld, Belfort, Churwaldcu, Ausser- und Inner. Schalfik. Die sprachen„ Dieweil wir durch den Tod des Grafen von Toggenbnrg Freigelassene sind, so lasset uns, gleich den Leuten dcS Gotteshauses und Oberlandes, in diese» Bergen einen Bund aufrichten, der soll dauern ewiglich; Keinem zu Leib, aber zum Schutz unserer herkömmlichen Rechte; für Beistand in Noth und Tod. Keiner soll einen Andern belangen ausser Landes, noch Bünd- niß schließen mit Andern, ohne Willen Aller. Wenn über die Hinterlassenschaft von Toggenbnrg entschieden ist, wolle» wir dem künftigen Erbherrn sein Eigenthum unverletzt geben, aber auch er soll unsern Bund nicht löse» können." — So sprachen sie, und beschworen Alles gar feierlich am Freitag nach Fronleichnamütaq, im Jahre I4.;o>. Das ist der Ursprung vom Bund der zehn Gerichte. Also erwuchs eine neue Eidsgenossenschaft in den drei Bünden des rbätischcn FelsenlandeS. Und die Rhätier wurden von der Zut an Bündner geheißen. 23. Der Streit um die Toggenburger Erbschaft.- (Dom Jahre läad — i-M.) Ganz andere Wirkungen hatte der Tod des reichen Grafen von Toggenbnrg bei den Bündncrn, ganz andere bei den Schweizern; dort rief er ein herzhaftes Volk zur Frei- heil und Eintracht; — hier blies er, durch Habsucht und Ehrgeiz, die Flammen des schmählichen Bürgerkriegs hervor. 78 Sobald nämlich der reiche Friedrich von Toggenkurg im hohen Alter die Augen geschlossen hatte/ meldeten sich vielerlei Erben. Sein Gut war groß. Vieles lag jenseits des Rheines; vieles vom Sürichsee längs den Appenzellcr Berge» bis Tirol. Dazu gehörte das Togg'eubnrger-Land, die Herrschaft Uznach/ die obere Mark, Windegg im Gaster, das Nbeinthal/ die Herrschaft Sarganö und die zehn Gerichte im Bündnerlande. Noch war sonst davon manches im Thurgau und atsdcrSwo gelegen. ES meinte Frau Elisabeth, die Wittwe des Verstorbenen, eine rechtmäßige Erbin zu sein; aber des Mannes entferntere Anverwandten widersprachen ihr und verlangten für sich. Hingegen Zürich, wo der kinderlos verstorbene Graf Land - und Bürgerrecht gehabt, glaubte, wegen dieses RechtS, auch über das Erbe mitreden zu können; und Schwyz hinwieder eben so, denn der Graf harre in Schwyz das Landrecht gehabt. Frau Elisabeth, um stärker» Schirm zu empfangen, schloß sich enger an die Stadt Zürich und gab derselben Uznach, den Uznacherberg und Schmerikon mit Brief und Siegel zum Geschenk. Die Schwyzer hingegen bewogen des Grafen Verwandte, daß sie der Wittwe alle Veräußerungen aus der Erbschaft verböten.. Darauf kamen die Unterthanen des Grafen, die da wohnten in Lichte »steig, im Necke r- thal, Thurthal, St. Johan.nserthal, Uznach und am untern Wallensee, und sprachen zu Schwyz: „Ge- denket, daß unser verstorbener Herr uns bei seinem Leben noch wohl versorgen wollte, damit wir nach seinem Tode wüßte» einen Schirm und Rücken zu haben bei euch. Also nehmet uns in euern Eid und zu euer» ewigen LandSleutcn auf." Und die Leute der Grafschaft Sarganö, welche dem Grafen von Toggenburg nur pfandweise gehört hatten, baten den Herzog Friedrich von Oesterreich, er wolle sie wieder, als seine treuen Angehörigen, einlösen. Das that er. Wie er aber sah, daß sie eS nicht redlich meinten, ließ er sie dem Grafen Heinrich von Werdenberg. AIS Zürich hörte, daß die Leute in Uznach und andern Orten zu denen von Schwyz geschworen, ward die Stadt zornig und drohele sehr, dieweil Uznach ihr eigen Gut wäre. Die Schwyzer aber legten etwas Volks in die Mark und gen Uznach zu ihren neuen Landleuten, um sie vor Gewalt zu schützen; schlugen den Zürichern Recht dar, und nahmen Glaruö in die Gcincinhcrrschaft über die neuen Ge- biete auf, um im Nothfall durch Glaruö stärker zu sein. Seitdem die Regierungen in den Städten und Ländern der Schweiz den Aargatt erobert und gemeine Vogteicn errichtet hatten, waren sie gar hosfärtig geworden; wollte» - 79 wohl für sich die Freiheit gemessen/ aber sie keinem Andern geben; wollten lieber Untcrhanen/ als freie Mitbürger/ ihnen an Rechten gleich. So wenig sie den Aargau ehemals zu einem freien Mitstand im eidSgenösfischen Bund hatten aufnehmen mögen/ fo wenig dachten sie für Toggenburg an Besseres. Unterthanen wollten sie. Darum viel bluttge Verwirrung/ Hader und Zank. Eine große Tagsatzung zu Luzern versuchte umsonst liebreiche Ausgleichung. Man ging vielmehr erbitterter auseinander/ alS man gekommen war. Denn an der Spitze von Zürich stand der Bürgermeister Rudolf Stüßi/ und an der Spitze von Schwyz der Landammann Jtel Reding von Biebcregg. Beide waren ehrgeizige/ unternehmende/ kluge und beredte Männer; aber sie Haßren einander/ und jeder sorgte nur für seinen Kanton / unbekümmert um Frieden und Wohlfahrt gemeiner EidSgenossenschaft. Nun ward zum erstenmal gesehen / in welches Verderben und Unglück Selbstsucht und Eigennutz der Kantone.führt/ wen» diese ihren Vortheil dem Vortheil des ganzen Bundes vorziehen. Man hatte schon den Untergang der alten schönen Eintracht bei der damaligen großen Thcurung (im Jahr 14 Ä)/ erkannt/ als langwieriges Negenwmer die Aenuen zu Grunde gerichtet hatte. Ein Kanton versperrte schnöderweise dem andern die Zufuhr der Lcbenömittcl/ so daß natürlich bei Alle» die Noth desto größer wurde/ aber auch der Haß. Schwyz und Zürich bedräueten einander darnm . mit dem Schwert. Größeres Unglück zu meiden/ thaten die Eidsgenossen einen Spruch zu Bern. Schwyz ließ sich denselben gefalle«/ aber Zürich keineswegs. Sondern cS nannte die EidSge« noffen parteiisch/ denn diese hätten Uznach den Schwyzer» gelassen/ obwohl eö von der Gräfin Elisabeth an Zürich verschenkt sei; und von Goster und Windegg hätten sie kein Wort gesagt/ obwohl doch die Schwyzer/ vor ausgemachter Sache und selbst gegen Abmahnung der Eidsgenossen/ diese Landschaften an sich gezogen hätten. Bürgermeister Stüßi sprach: „Also muß das Schwert entscheiden!" Doch sandte er zuvor einen offenen Brief an die Schwyzer/ worin er sie aber nicht mehr Eidsgenossen hieß. Und er schlug ihnen vor/ beim römischen König Recht zu nehmen/ welcher Haupt sei deö deutschen NcichS, zu dem sie beide gehören. Ihm antworteten die Schwyzer: „Das Recht beim König mag gut sein; aber das ist nicht dasjenige Recht/ wozu wir als Eidsgenossen unsere ewigen Bünde geschworen haben." Darauf rückten die Züricher und Schwyzer mit ihrem Kriegsvolk gegen einander am Ezelberg. Droben lagen die so Schwyzer, drunten bei Pfäi'fikon die Züricher. Stiißi selbst zog gegen die Mark hinauf; aber er fand sie von Glarus und Schwyz so wohl verschanzt und beseht, daß er unverrichmcr Sachen umkehren mnßte. Auf dem Ezelberg kamen zu Zftel Neding Boren von Uri und Unterwalden. Und sie baren bei Gott und Vaterland, noch einen Vcrsnch zur Güte zu thun, damit nicht das Unerhörte erlebt würde, daß etdSgenossischeü Blut durch eidSgcnössische Hand vergossen würde. — Doch in dem Augenblick floß schon Blut. Denn ei» Haufe Züricher halte sich vorgewagt und war unter den Vorwachten der Schwyzer gewesen. Viele wurden verwun. det, eilf Züricher gelobtet, die Andern flohen. ES gelang „och einmal den EidSgenosscn, daß Waffen, stillstand wurde und neues Unterhandeln. Weil aber Zürich bebarrte, lieber bei dem römischen König, als bei den Eidö. genossen Recht zu nehmen, ward nichts beendet. Nun waren alle EidSgenosscn zornig gegen Zürich. Zürich rüstete und Stüsii zog mit mehr den» sechstausend Mann gegen den Ezelberg, wo droben Schwyz und Glaruü kämpffertig standen, zn denen auch Äricgövslk aus Uri und Unterwal. den stieß. Da geschah eS wunderbar in einer Nacht, daß über die Züricher, welche bei Pfäffikon lagen, plötzlich große Furcht kam, man wußte nicht woher. Und Alle flohen in der Nacht mit Entsetzen auf zweiundtünfzig Schiffen über den See zurück nach Zürich. Die Kricgövölkcr oben auf dem Ezel stiegen nun herab und verheerten und besetzten dag Land am See, und mahnten alle Eldsgcnossen, gegen Zürich zu ziehen. Das brachte die Stadt in Angst und Verwirrung, da sie sich von aller Hilfe verlassen sah, und sie unterhandelte von Neuem und ließ sich den Rechtsspruch der EidSgenosscn gefallen. Nun mußte Zürich nicht nur allem Anspruch auf Toggenburg entsagen, sondern sogar, zur Entschädigung an Schwyz und Glaruö, Land und Leute zu Pfäffikon, Wollrau, Hürden und andere Orte, Höfe und Rechte abtreten. Also machte ein Kanton Eroberungen von dem andern. Das geschah in demselben Jahre (l4sin), da Schwyz auf ehrenhaftere Weise durch Kauf von den wohl. begüterten Herren von Mooö das Dorf Merlischachen am Waldstänersee erwarb, und Uri Anlaß gewann, das Verlorne Livinerthal wieder zu bekommen. Es war nämlich geschehen, daß einigen Urnern sowohl zu Airolo, als Bcllinzona, vertragsmäßige Gerechtigkeit versagt worden war. Darüber ergrimmt, gingen die Urner Banner, wie sie vom Ezelberg zurückkamen, stracks über den Gotthard nnd besetzten Livine» und Bellinzona ohne Widerstand. Der v - 8 , alte Herzog von Mailand, nicht zum Kriege gerüstet, mußte den Frieden theuer wieder kaufe» und ließ dafür Llvinen an Uri fahren. Unterdessen war Herzog Friedrich von Oesterreich, ein Enkel deö bei Sempach erschlagenen Leopold, Kaiser ge. worden. Der hatte öffentlich gesagt, er gedenke noch den Schweizern alles Gut seiner Vorfahren wieder einmal ab. zunehmen. Er ließ auch die Stimmung der Leute im Aargau, des Adelü und der Städte, fleißig erforschen. Solches vernahm Bürgermeister Stützt »,,d der Rath von Zürich mir Vergnügen, denn sie waren voller Zorn über die EidSgenoffcn. Zürich, der Vorort deö SchweizerbundeS, hätte er feiner eigenen Kränkung großmüthig vergessen, hätte er jetzt gegen Oesterreichs gefährliche Anschläge mit ebelm Muthe warnen können: in wie ehrwürdiger Majestät wäre seine Tugend den nachkommenden Geschlechtern erschienen und allen EidSgcnossen damals! — Aber Zürich kannte nur die Rache, fühlte nur seine Wunden; ging dem Kaiser nach; schloß heimlich bösen Bund mit ihm und vergaß die EidS- genossen. Es mangelten große Seelen. Das schnöde Werk ward im Jahr 1442 vollbracht. Wie es ruchbar wurde, schrien die Eidögenossen alle gegen den Vorort: er habe den ewigen Bund verletzt. Und sie ritten auf Tagen zusammen und mahnten Zürich, vom österreichischen Bündniß loszulassen. Viel ward darüber eitel hin und her geredet. Zürich jedoch ließ nun nicht vom Kaiser. Dieser schickte seinen Hauptmann, den Thüring von Hallwyl, in die Stadt, die in dessen Hand feierlich den NeichSeid schwor, deö Kaisers Nutzen zu fördern und dessen Schaden zn wenden. Auf deö Hauptmanns Verlangen legten die Züricher auch die weißen Kreuze ab, das Unter- schcidungSzelchen der Eidögenossen in allen bisherigen Krie. gen, und hefteten dagegen die rothen Kreuze, wie die Oester- reicher trugen, auf ihre Röcke. Andere steckten den kaiser- lichen Adler auf und die österreichische Pfauenfeder. Das schmerzte die EibSgenoffen bitterlich, das trieb den Grimm in die Brust alles Volks. Nun gab eS Fluch und Mißhandlung, Todtschlag und Mordbrand her und hin. Endlich brach der Krieg sämmtlicher Eidögenossen gegen Zürich los. 6 52 Der Krieg aller Eidsgenossen gegen Zürich. Der Heldentod bei St. Jakob. Der Friede. (Dom tzahr 144Z — 1450.) Doch Zürich fürchtete sich keineswegs, als die EidS- genossen den Krieg ansagten; denn es hoffte auLdeS Kaisers mächtige Hilfe- Auch waren schon durch Oesterreichs Aufgebot, nebst Thüring von Hallwyl, gar viele andere Ritter und Kriegsknechte, selbst Wilhelm Markgraf von Baden, der Stadt mit Beistand zugeeilt. Man zählte der Oester- reicher über fünftausend. - Nun hob der Kampf der Schweizer gegen Schweizer an. Bei Pfäffikon und Freienbach am Zürichsee stritten die Schwyzer glückhaft gegen der Züricher doppelt stärkere Zahl; nicht minder Luzern, Uri nnd Unterwalden auf der Hohe des Hirzel gegen die Züricher in den hohen Schanzen aus dem Berge. Die Bollwerke wurden erstürmt und ge- brachen; das kostete viel edles Blut. Ich mag die Dörfer nicht zählen, die am See, und im Zuger- und Schwyzer- gebict, und in den freien Aemtern mordbrenncrisch in Asche gelegt wurden. Menschenblut färbte alltäglich die Erde und allnächtlich die Feuerflamme den Himmel. Vergebens wehrte sich tapfer die muchige Stadt Bremg arten, weil sie den Theil der Herrschaft, welchen Zürich über sie gehabt, nicht fahren lassen wollte. BremgartenS Schicksal erschreckte Baden, welches lieber unparteisam geblieben wäre. ES öffnete den EidSgenossen die Pforten. Weder der Thurm von Rümlang, noch die festen Burgen von Grüningcn und RegenSberg konnten der Wuth der Eidsgenossen widerstehen. Endlich zogen diese, Schwyz, Uri, Unterwalden, Gla. ruS, Zug und Luzern, bei fünftausend stark über den Aldis, Itel Rediug mit ihnen, gegen die Stadt Zürich selbst. Und die Bürger und Oesterreicher, zu Fuß und zu Pferd, stürzten den Kommenden wüthend entgegen, mit ihnen Bür. gcrmeister Slüßi; Alles vor, über den Sihlstrom. Auf den Wiesen, zwischen dem Dorfe Wiedikon und der alterthüm- lichen Kapelle St. Jakobs, stießen die schlachtlustigen Haufen gegen einander/Tausende gegen Tausende, am 22 HeumondS ,443. ES ward ein- erschreckliches Geheul und Morden. Entsetzen kam über die Züricher, welche ohne Ordnung stritten, wie sie ohne Ordnung ausgezogen waren. Nun stoheu sie verwirrt über die Sihibrücke. Da stellte sich Bürgermeister Sküßi, ehrwürdig durch sein graues Haar und 83 durch seinen Heldenmukh, mitten auf die Brücke und schwang die breite Streitaxt und rief: »Haltet, Bürger, Halters — Aber Einer von Zürich schrie ihn an: »Daß dich Gott'S Wunden schänd'; dies Wesen haben wir allein von dir!" und durchrannte ihn mit dem Spieß. Da fiel der Bürgermeister in seiner Rüstung prasselnd nieder. Ueber seinen Leichnam setzten Feind und Freund hinweg, der Vorstadt zu. Die Pforten der innern Stadt verrammelten die Bürger; draussen ward geplündert von den Siegern. Dieselben zerhieben deü Stüßi Leichnam, zerrissen sein Herz mit Zahnen, salbcten mit dem Fett seines Bauches Schuh und Stiefel und warfen ^ie Stücke dcö Leichnams in die Sihl. Ringsum brannten Häuser und Dörfer. Dir Flammen mußten leuchten, während die Sieger auf den Leibern erschla- gener Feinde saßen und mit einander zechten. Dann rückten die EidSgenossen belagernd vor NapperS- wyl, wo in der Burg die Oesterreichs lagen, die Berncr- eben so vor Laufenburg. Beide Orte aber hielten fest. Hingegen die Burg von Greifensee, als sie berannt ward, mußte fallen. Sechsundzwanzig Tage lang hatte fie HanS von der Breitenlandenberg, den man den WildhanS hieß, mit wenigen Leuten heldenmürhig behaupt«. Das kostete dem Jtel Reding und seinen EidSgenossen viel. Darum waren diese so erbittert, daß fie den Tod dcö WildhanS «nd seiner Helden begehrten, als fich dieselben auf Gnade und Ungnade ergeben hatten. »Alle, Alle," schrie daS wilde KriegSvolk, »müssen sterben, und die Grcifenseer dazu!"Hauptmann Holzach von Mcnzingen am Zuger- berg schrie: »EidSgenossen, fürchtet Gott! Schonet unschuldiges Blut! Bestecket die Ehre der EidSgenossen nicht!"-— Aber Jtel Reding, der Landammann, rief: »Dieser Mensch denkt österreichisch! Sie müssen sterben, durchaus, Alle bis auf die Greifenseer." Da brüllten ihm die blutgierigen Haufen Beifall, Umsonst stehlen Greise, Männer, Weiber, Vater, Mütter, jammernd um Gnade. Reding winkte. Der Kreis ward geschlossen. Der Scharfrichter von Bern trat herein mit dem Schwert. Muthvoll starb der WildhanS. Nach ihm fiel mehrerer Andern Haupt. Der Scharfrichter hielt inne und sah nach dem Jtel Ncdiug, alö stehe er um Gnade für die klebrigen. Da fuhr ihn Reding ergrimmt an und sprach: „Blitz und Bentz mit einander! Thust du deines AmteS nicht: so soll'S ein Anderer an dir selbst verrichten!" Run fielen die Häupter des Felix Ott, des HanS Eschcr von Zürich und der klebrigen. Als der Fünfzigste sank, war es schon Nacht. Da liest Reding Fackeln von brennendem Siroh bringen und leuchten. Als der Sechzigste starb, ging Reding von der schaudernden Menge hinweg. s 84 Nach diesem traten die EidSgenossen mit zwanzigtausend Mann abermals vor Zürich und belagerten scchszig Tage lang die Stadt (im Sommer 1444 ). Mannhaft wehrten sich die Züricher. Ihrer scchözchn, welche sich die Böcke hießen/ hatten eine Kriegsgesellschaft zusammengeschworen, und stifteten den EidSgenossen viel Uebels auf Streifzügen. Auch der österreichische Adel im Aargau blieb für Zürich nicht müßig. Thomas von Falkcustein, Landgraf im BuchSgau und SiSgau/ um den Bernern zu schaden, schickte zwei seiner Leute, die sollten die Stadt Aar au nächtlicherweile anzünden. Als dies mißlang, ritt er mit den beiden Herren von Baldegg durch die Statt Brugg und sagte: Wir kommen aus dem Lager vor Zürich und reiten nach Basel, dort den Herrn Bischof zu holen, um Frieden schliesset, zu helfen. — In der zweiten Nacht darauf pochte er wieder anS Stadtthor und rief: »Wir bringen Friede. Hier ist der Herr von Basel. Thut auf!" und ließ zwei Knechte in der Farbe von Basel neben sich sehen. Als nun der betrogene Wächter die Stadtpforte öffnete, drang der Falkcnstei» mit vierhundert Reitern herein, plünderte die Stadt, und ließ den Schultheiß Efftnger, die RalhS- herren und vornehmsten Bürger fangen und zusammensper- ren. In der Frühe des folgenden Tages wollte er sie alle enthaupten lassen. Doch schon war Geschrei von der That > durch'S Land gedrungen. Die Bauern erhoben sich rings. Falkenstein ließ die Stadt anzünden, die Gefangenen fortführen. Unweit Brugg im Eichwald sollten sie enthauptet werden. Als aber HanS von Rechberg, einer seiner Frevel- gehilfen, für ihr Leben bat, wurden die Gefangenen nach Laufenburg gebracht und heimlich im Thurm auf dem Felsen am Strom verwahrt, daß Niemand wußte, wo sie waren. Aber Bürgt Küsfer ließ sich vom Thurm an einem Seil von Bettgewand herab, sprang in den Strudel des Rhein- stromS, entkam und entdeckte Alles. Da löseten die Frauen zu Brugg ihre Männer mit schwerem Geld aus Feindes Gewalt. — Rächend zerstörten die Solothurner des Falken- sieinerg Schlösser GöSgen und FarnSburg. Unterdessen war Zürich belagert, in Noth. Der Kaiser, in anderweitigem Krieg, konnte nicht helfen. Er lief den König von Frankrei», um Hilfe gegen die Schweizer. Der König von Frankreich hatte zu dieser Zeit das Land voll zuchtlosen Kriegsgestndelö; darunter waren viel Engländer und Andere, welche unter Anführung des Grafen von Ar- magnae gegen ihn gestritten hatten, bis sie besiegt waren. Die ließ der König alle sammeln, gab ihnen Feldherren, und unter Anführung seines eigenen Thronerben, des Dau- phinS Ludwig, schickte er dreißigrausend Armagnaken gegen LS die Eidgenossen z«r Hilfe von Zürich. Die kamen «nd zogen auf B.asel zu, älö die Solochurner, mit denen auch Berner, Luzcrncr und BaSler waren, noch belagernd vor der hohe» Beste FarnSburg standen. Diese sandten alsbald Eilboten in's Lager von Zürich, Hilfe zu begehren, denn der Armagnaken wären gar viel. — „SiudS doch nur arme Gecken!" sagten die vor Zürich, und schickten einSweilen nur sechshundert Mann zur Verstärkung nach FaenSburg. Wie man nun hier vernahm, der welsche Feind liege schon unweit Basel auf den Feldern bei München stein, zogen neunhundert von denen, die vor Farnsburg standen, «nd die sechshundert Neuangekommenen dahin. Am 26 Aug. des Jahres 1444 in der Morgenfrühe fanden sie vor dem Dorfe Prattelen viele Tausend Armagnaken; die trieben sie im mörderischen Kampf in die Schanzen bei Muttenz zurück, und aus den Schanzen in den Strom der nahen Birö. Von den Thürmen ihrer Stadt sahen die Bürger von Basel die kleine Schweizcrschaar dem übermächtigen Feind entgegenrücken. Dreitausend Basler rückten aus, die Schwel- zer an sich zu ziehen und in die Stadt aufzunehmen; doch konnten sie nicht dazu gelangen. Die Eidgenossen durchschwammen die Birs, kamen zum jenseitigen Ufer, wo daS Geschütz umsonst gegen sie, donnerte, und die ganze Macht des Feindes stand. Sie drangen, gleich Würgengeln, in die unzähligen Schaaren ein. Zwar sie wurden getrennt, aber fochten fort, fünfhundert auf einer freien Au, die übrigen hinter der Gartenmauer des EicchenhauscS bei St. Jakob. Grimmig, wie Löwen, kämpften die auf der Au, bis Mann an Mann'über den Leichen zahlloser Feinde Leichen wurden; grimmig, wie Löwen, kämpften die hinter der Mauer; dreimal schlugen sie den Sturm zurück; zweimal machten sie selbst den Ausfall; die Mauer -stürzte, Sicchen- hauS und Kapelle brannten. Alle EidSgenossen starben hier heldenhaft. Neunundneunzig wurden in den Kcllergewölbcn erstickt gefunden. Aber der Feinde lagen mit ihren Rossen von Prättelcn bis St. Jakob Tausende neben Tausenden. Als am Ende der zehnstündigen Schlacht Ritter Burk- hard Münch, Herr zu Auenstein und Landükrone, der EidSstenossen Feind, mit andern Rittern über das Wablfckd ritt und über die Leichen der Schweizer, sprach er fröhlich : nNun bad' ick in Rosen!" Da rief unter den Todten, sich aufrichtend, HavPtinann Arnold Sckik von Uri: „Friß dioft Ross'!" und zerschmetterte mir einem Steine tödilich deö Burkhardö Stirn. Andctthalbtausend EidSgenossen waren bei St. Jakob / mit unsterblicher Ehre gefallen. Nur zehn Männer von ihnen retteten das Leben durch Flucht. Die sind im ganzen Schweizerland verschmäht und verstoßen worden, weil sie mit den Helden nicht den schönen Nubm und den schönen Tod getheilt hatten, wie Schweizer sollen. Da stand Ludwig, der Dauphin, auf dem Felde der Leichen still und wagte nicht weiter zu gehen. Denn er hörte, die EidSgenossen hätten die Mauern Zürichs verlassen, ihre ganze Macht gegen ihn zu wenden. »Auf Ehre, ein härteres Volk ist nie gefunden!" schrie er: „Ich will sie nicht weiter versuchen!" Und er schloß voll Ehrfurcht vor so großer Tapferkeit mit ihnen zu EnstSheim einen Frieden. 2 Aber der innere Krieg gegen Zürich, Oesterreich und dessen Adel dauerte fort. Basel stand nun herzhaft und offen ebenfalls zu den EidSgenossen, half im Kampf und vertrieb aus der eigenen Stadt alle Adeliche, welche den Armagnaken Nach und Hilfe geleistet hatten. ES zog darauf mit Bernern und Solochurnern nach Nhetnfelden. Die Stadt dachte eidSgenössisch, aber in der Burg auf dem Stein im Rhein lagen noch HanS von Falkenstein, Hallwyl und viele Edle mit den Oestcrreichern. Jene entwischten des NachtS; die Burg ward gebrochen. - Auch RapperSwyl litt neue Belagerung; die Stadt war sehr fest. Hans von Rechberg und die Züricher halfen ihr stark. Doch bei Wollrau purden diese von den Schwyzern und Luzernern aufs Haupt geschlagen in Heller Winternacht (16 Dezember 1445). Blutiger noch war folgendes Jahres (6 März 1446) die Niederlage der Oesterreichs, als sie, HanS Rechberg der Kriegsheld mit ihnen, sechstausend Mann stark, bet Ragaz irr'S Schweizerland einbrechen wollten. Einhundert EidSgenossen aus allen Kantonen erfochten den entscheiden- den Sieg, der den Frieden herbeiführte. Der Kaiser, in viel andere Händel verwickelt, haßte diesen Krieg, bet dem er keinen Ruhm erwarb, Zürich und die EidSgenossen, seit Stüßi gefallen, auch Jtel Rcding gestorben war, näherten sich einander wieder von selbst. Zwar ward noch hin und her gesengt und gebrennt, aber doch fleißig unterhandelt, bis endlich am 13 HeumondS 1450 durch den Schultheiß von Bern, Heinrich von Buben- hcrg, der schiedsrichterliche Spruch geschah: »Zürich soll dem Bunde mit Oesterreich entsagen und sei» ihm von den EidSgenossen entrissenes Gebiet wieder empfahn, mit Ausnahme des früher eingebüßten Landstrichs am obern See." — Toggenburg aber überliessen alle Parteien einem Verwandten des verstorbenen Grafen, dem Freiherr von Raron, - 87 der es nachher an den Abt von St. Galle» (146s) ver- kauft hak. 25. Rheinfelden wird verwüstet; Fretburg favoitsch; der Thurgau zur gemeineidsgenössischen Bogtet. (Dom tzahr« 14W - 1468.) Wie die EidSgenossen noch über den Frieden unterhandelten/ begab sich eine unerhörte Gräuelthat. Die schwel- zerischgesinnre Reichsstadt Rheinfelden/ einst an Oesterreich verpfändet/ dann wieder an'S Reich gebracht/ stand unter Basels/ Berns und Solothurns Obwachl. Jeder dieser Orre hatte zum Zeugniß dessen nur einen Wachthabenden in der Stadt. Man besorgte nichts Arges, "'»ein Ritter Wilhelm von Grüncnberg/ dem zu Gunsten Oesterreich sein Pfandrecht von der zerstörten Burg auf die Stadt übergetragen hatte/ wäre gern im Besitz der Stadt gewesen. Er beredete den HanS von Nechberg/ sie ihm durch List zu erobern: Auch Thomas von Falken stein/ der Mordbrenner von Aarau/ der Urheber der Brugger Mordnacht/ war sogleich bereit/ ebenfalls Hilft zu leisten. Eines Morgens (im Wintermonat 1448) unter dem Gottesdienst landete zu Rheinfelden ein mit Holz bela- deueö Schiff/ das den Rhein herabkan,/ vor der Stadt; darauf waren einige Männer in langen grauen Röcke»/ sagten: sie kämen von der gnadenreichen Mutter Gottes von Einsiedcln als Pilgrime; wollten hier zu Mittag speisen. Wie sie aber unterm Thor standen/ warfen sie plötzlich die Röcke ab, standen im Panzer da, hieben Wächter und Zoll- ncr nieder; hundert und zwanzig Bewaffnete sprangen unter dem Holze des Schiffes hervor, mordend tu die Stadt hinein; von der Landseile, durch'S aufgerissene Thor, kam Grüncnberg dahergcsprengt mit Sechshunderten, die im Hin, terhalt gelauert hatten. Was sie in den Gassen fanden, stachen sie nieder; die Häuser plünderten sie aus, schändeten mit allen Gräueln; trieben Männer, Weiber, Kinder fort, die zogen arm und elend nach Basel, wo sie im Spital und in den Herbergen mitleidiges Obdach fanden. Doch die Baseler thaten noch mehr. Sie röchen- mit starken Rächerschaaren aus ihren Thoren, schlugen den Rech. berg und Falkenstein bei Hesingen aufs Haupt und brannten dem adelichen Raubgesindel viele Burgen auö. Als aber bald darauf, durch den Friedensschluß, Rheinfelden wieder 88 an da§ Haus Oesterreich zurückgegeben ward und die Ade. lichen aus dieser Sladr gehen mußten/ nahmen dieselben Räuber alles Hauogeräth mir sich/ zerschlugen Fensterj, Thüre»/ Oesen/ nud liessen die oben Gemäuer zurück. Ei» großer Theil des SchweizcrlaudcS war durch den langen Krieg verwüstet. In den Städten lagen Gewerb und Handel nieder; in den Dörfern der Landbau vcrnach. läffigt. Den Zürichern hatte der eitle Kamps eine Million und stebenzigtausend Gulden gekostet. Sie trieben ihr Geld ein, wo sie ausstehendes hatten. Da Kaiser Siegmund ihnen die Grafschaft Kyburg verpfändet hatte und sie nicht ein. lösen konnte/ gab Oesterreich ihnen/ gegen Erlassung der Schuldsumme/ die Grafschaft eigenthümlich. Zwischen Bern und Freiburg war bitterer Haß aus der Kriegözcit geblieben/ denn Freiburg hatte sich allezeit österreichisch gegen Bern und die EidLgenossen bewiesen. Freiburg/ nachdem es von den Herzogen von Zähringen/ ihren Erbauern/ an die Erben von Kyburg gekommen/ war durch diese an das Haus Oesterreich verkauft worden. Darum haue es gern zu Oesterreich gehalten. Und darum half Bern dem Herzog von Savoien/ als dieser mit der Stadt in man. cherlei Zerwürfnis gerieth und sie bekriegte. ,Nach wiederhergestelltem Frieden gab Oesterreich den Freiburgern aber einen schlechten Lohn der Treue, behan. delte sie hart, entsetzte eigenmächtig ihre Schultheißen und Räthe/ zahlte empfangene Vorschüsse nicht zurück/ und machte den Marschall Thu ring vonHallwyl zum Haupt- mann der Stadt/ der da unmäßige Gewalt übte. Das ent. fremdele der Bürger Herz. Run wurden Verschwörungen und Unruhen rege; nun sann das Volk/ Oesterreichs Joch abzuschütteln. Deß freute sich Bern, die Umstände zu be. nutzen/ und aus seiner Nachbarschaft Oesterreichs immer furchtbarern Einguß zu entfernen. Nun kam auch der Herzog von Savoien, und begehrte von der erschöpften Stadt zwei. hunderttausend Gulden, die sie ihm schuldig war. So übel standen die Sachen, daß Oesterreich selbst wohl einsah, eS könne Freiburg nicht länger behaupten, und eS unterhandelte daher mit Savoien und wapd bald einig mit ihm. Darauf gab Oesterreich dem Marschall von Hallwyl Befehl, Frei- bürg zu verlassen. DaS verdroß den Hallwyl. Er sagte: Herzog Albrecht werde selbst in die Sradt kommen; man solle feierlichen Empfang bereuen, zu ihm alles Silberge. schirr der Bürger schicken, damit er den Herzog zierlich bewirthen könne. Als er aber das Silbergeschirr in Händen hatte, packte er eS ein und schickte e» heimlich fort. Dann stellte er sich, dem Herzog entgegen zu reiten. Der Schult- heiß und viele Rachsherren begleiteten ihn und seine Ritter. Aber eine Stunde vor der Stadt wandte er sich um, gab dem Schultheiß eine Urkunde, worin Herzog Albrecht seinem Recht über die Stadt entsagte, setzte hinzu: »Euer Silbergeschirr ist der Preis eurer Freiheit. Gehabt euch wohl!" — Fort sprengte Hallwyl, und die Freiburgcr ritte» ver- wundert heim. Nun neue Verwirrung und Unruhe. Das Landvolk war gegen die Stadt. Die Stadt hinwieder fürchtete unter Bernü Herrschaft zu fallen. Der Herzog von Savoicn ver- langte ungestüm von den Bürgern die Zahlung seiner Schuld- forderung. Da gericlh der Rath von Freiburg in große Noth, und er begab sich in die Oberherrschaft und den Schlitz deö Herzogs von Savoien. Am 10 Brachmonat 1452 ward in St. Nikolaus Hauptkirche von Schultheiß, Rath, SechSzig, den Venncrn, den Zweihundert und ganzer Gemeinde der Stadt und Landschaft zum Herzog von Savoien geschworen, welcher hinwieder der Stadt und Landschaft uralte Rechte bestätigte. Unterdessen war in, übrigen Schweizcrlande auch nach geschlossenem Frieden wenig Ruhe. DaS ewige Kriegen hatte das Herz der Leute gar sehr verwildert. Der gemeine Mann wollte lieber fechten und Beure machen, alö das Feld bauen, oder die Hccrdcn hüten oder Gewerb treiben. War'S im Lande still, zog er in's Anöland, dem Schall der Trom- meln nach. Da kam Einer und warb für deutschen, ein Anderer kam und warb für welschen Krieg. Die Herren aber und Obrigkeiten dachten immer auf neue Erwerbungen, wollten sich Ruhm und Geld und Namen bei den Fürsten machen, peil sie sich selbst Fürsten ihrer Unlerhanen zu sein dünkten. AIS dies der König von Frankreich sah, that er gar freundlich mit den EidSgenossen, schloß mit ihnen nachbarlichen Bund (I45Z) , und manche Hundert tapfere Schweizer zogen zn seinen Kricgshändeln. Also that auch der Herzog von Mailand, der den Urneru daü Livinenrhal auf ewig abtrat, und mit den EidSgenossen über Durchpaß, Handelsfreiheit, Zölle und gnreö Recht einen Vertrag oder ei» Ka- pitulat (I4U7) schloß. Das waren die ersten Bündnisse der EidSgenossen mit diesen Nachbarn > auf deren Feldern sie nachher um Lobn so viel theureö Blut vergießen sollten. Noch aber fehlte es nicht an andern Händeln. Die findet man immer mit Recht und Unrecht. Als die Stadt Straß- burg den Zürichern klagte, wie der Nanbgraf von Tbcngrn die Straßbnrger Kaufleute plündere, wären die Banner von Zürich schnell auf zur Räche für ihre Freunde. Die Burgen der Räuber fielen. Zürich nahm Eglisau und Rhein au ein, und behielt als Ersatz seiuer K»sie« EsslHm so - und das Kloster zu Rhema« im schweizerischen Schutz (im I. 1457). Straßburg lud Zürichs rüstige, tapfere Jugend dafür zur Feier deü Sieges« und FreundschafcsfesteS ein. Die Jünglinge fuhren zu Schiff die Limmat, Aar und den Rhein hinab gen Straßburg. Frühmorgens fuhren sie ab; mit sich nahmen sie den eben gekochten Hiröbrei und die noch heisscn Brodleiu, alles wohl eingewickelt. Und Abends in Straßburg landend brachten sie Alles noch warm zum fröhlichen Gastmahl mit, zu zeigen, wie gar schnell Freunde bei Freunden sein können. Uebeln Auögaug hatte ein Jahr hernach ein Schützenfest zu Konstanz. Da weigerte sich ein Konstanzcr Herr, von einem Luzerner einen Berner.Plappart (29 Plappart machten einen Gulden) anzunehmen, und nannte die Münze der Schweizer verächtlich einen Kuh-Plappart. Erzürnt verliessen alle Schweizer das Fest. Bald kamen sie furchtbar Wieder aus allen Orten, bei viertausend EidSgenossen, und verwüsteten die konstanzischcn Güter im Thurgau. Mit großen Summen mußte Konstanz Frieden kaufen. DaS hieß der Plappartkrieg. Wie die Eidögenossen von Konstanz nach HauS zogen, baten unterwegs dreihundert Männer von Uri, Schwyz und Unterwalden die Stadt RapperSwyl um Durchpaß und Rachtherberge. Man nahm die müden Männer freundlich auf. Denn die Bürger von RapperSwyl, wie treu sie auch den Herren von Oesterreich gedient, hatten doch von denselben immer viel Mißhandlung ausstehen müssen. Darum waren die Bürger von RapperSwyl den EidSgenossen gar hold geworden, bewirtheten sie gastlich, und in derselben Nacht schloffen NapperSwyker und EidSgenossen ewige Freundschaft, und unbekümmert um Oesterreich trat RapperSwyl mit den drei Waldstätten (1458), später auch mit GlaruS (1464), in Schirmbund. Als dies der Erzherzog Siegmund hörte, hätte er wohl Ursache znm Zorn gehabt. Aber er wardchald in andere Händel vergarnt, welche weit schlimmer waren, und die liessen ihm keine Zeit wider die EidSgenossen. Ja, der Papst zu Rom selbst haderte mit dem Herzoge um Vielerlei, that denselben in den Bann, und bot die Schweizer auf, sich des noch in Helvecien übrigen österreichischen Gutes zu bemächtigen. Diese, welche wohl wußten, daß nicht nur der Papst, sondern auch der Kaiser wider den Erzherzog sei, standen, Bern ausgenommen, mit ihren Schlachthaufen bqld bereit und überzogen den Thurgau, welcher zu den sieben Orten der EidSgenossenschaft, mit Vorbehalt seiner Rechtsame und Gerichtsverfassungen, schwören mußte. Di essen Höfen vertheidigte sich umsonst für Oesterreich tapfer. - 91 Alles Landvolk war für die Schweizer. Don der Zeit an blieben die EidSgenoffen (Appenzell und Bern ausgenommen) in den Rechten Oesterreichs über Thurgan fest. Bern und Schafhausen empfingen Theil an der Schuhgerechtigkeit über Diessenhoftn. Der Erzherzog / da er Alles hier verloren sah, verkaufte auch noch die Stadt Winterthur den Zürichern. So ward der weite, schöne Thurgau im Jahr 1460 Schwei- zergut. Um dieselbe Zeit litt Mühlhausen, eine wackere Reichsstadt im Elsaß, große Noth von dem feindseligen, räuberischen Adel umher, Und konnte fast nicht mehr widerstehen. Ein Müllermeister hatte seinem Knecht sechs Plap- parte vom Lohn abgezogen; der Knecht hatte sich an einen Edelmann um Beistand gewandt; der Edelmann hub Zank mit der Stadt an. Daraus ward Fehde und Krieg. Nun rief Mühlhausen zu den EidSgenoffen um Hilfe. Diese, der Stadt wohlgewogen, zeigten Ernst und Nachdruck für sie. Der Adel aber zog den Herzog Siegmund von Oesterreich für sich in'S Spiel. So wüthete bald die Kriegöfiamme, nach langen vergeblichen Unterhandlungen, von Neuem, voa Schafhausen bis Waldöhm und Mühlhausen. Viele Schlösser und Dörfer wurden dort öde, viele Menschen erschlagen. Die EidSgenoffen, überall sieghaft, belagerten zuletzt WaldS- hut. Bern wollte diese Stadt mit Sturm nehmen und zur Vorfestung der EidSgenoffen gegen Deutschland machen. Nicht also groß dachten die Uebrigen. Ungern schwieg Bern, als er sah, wie die MiteidSgenossen Friedensvermittlung annahmen, gegen Entschädigung ihrer gehabten Kriegskosten. Der Friede zu Waldühut ward geschloffen, wodurch Mühlhausen und Schafhauscn gegen den Adel und Oesterreich sichergestellt wurden. Das geschah im Jahr 1468, in welchem Herzog Siegmund auch den EidSgenoffen feierlich seine Rechte auf Thurgau abgetreten hat. 26. Verein der drei Bünde in Rhatien. Zwietracht in BW«. Anfang des burgundtschen Kriegs. ( Vom Jahr 1469 — ES.) An allen «jenen Kriegen und Unruhen, welche selbst um eines Plapparts willen die Schweiz erfüllten, haben die Bündner im hohen Rhätien keinen Affkyeil genommen. Diese lebten damals in der ersten und unschuldigen Liebe 93 - der Freiheit und des ewigen Rechts, das allen Menschen gehört. Sie waren noch, wie die ersten EidSgcnoffen, welche nicht das edle Kleinod der Freiheit für steh wollte», saubern es auch Andern gönnten; nur ihre Unabhängigkeit von Gewalt und Willkühr großer Herren und Fürsten be. gehrrc», aber keine Unterthanen und Leibeigene zn erkaufen oder zu erobern verlangten, die von ihnen abhängig sein sollten. Um theures Geld machten sich viele Thäler im Ober- bunde und tm GolteShanSbunde, auch im Zehngerichtcn. bunde, von der Zinöbarkeit ihrer alten Oberherreu loS; sie thaten eö nirgends mir Gewalt und Aufruhr. Aber wenn die großen Herren gewissenlos den freien Landleuten und deren wohlerworbenem Recht das abgeschüttelte Joch wieder auflegen wollten : dann stürzte daü Volk mit den Waffe» in der Faust und mit Löwengrimm in der Brust gegen die Feinde seines NechtS und Glücks, und siegte, gleich den ersten Eidögcnossen. ES liegen viel stolze Herren im Scham, serthal (i45o) erschlagen und begraben, die einen schwär, zen Bund gegen die Enkel Johanns des ChaldarS ge. schworen hatten. Um wider alle Anfechtungen ihrer Widersacher recht stark zu sein, und in ihrem Innern recht einträchtig zu bleiben, kamen die Boten aller Gemeinden und Gerichte der drei Bünde im Dörflein Vazerol zusammen, im Mittelpunkt deS Landes (1471). Da gelobten die drei Blinde, ewiglich zusammenzuhalten für ihr Recht in Noth und Tod; gegen das Ausland zu stehen wie ein einziger Leib, und alljährlich ibre eigenen Sachen und Angelegenheiten zu richten nnd zu schlichten auf einem Bundestag. Der Tag sollte abwechselnd gehalten werden einmal im KortcShauSbund zuChur, ein, mal im Oberbund zu Jlauz, einmal im Zehngerichtenbund zu DavoS. Aber die Abgeordneten auf dem Bundestage sollten nicht volle Macht haben, zu thun, wie sie wollten, sondern nur das Recht zum Vorschlag; Genehmigung oder Verwerfung stand dem selbhcrrlichcu Volke in den Gemeinen zu. Im Streite zweier Bünde ist der dritte Schiedsrichter; was zwei Bünde annehmen, dem folgt der dritte. So war die Einrichtung. Jede Gemeine besaß ihr eigenes Recht und ihren Ammann; mehrere Gemeinen zusammen hatten ihren Landammann und niedere und höbe Gerichtsbarkeit; darum hieß solch cin Verein von Gemeinen ein Hochgc. richt; mehrere Hochgerichte machten einen Bund aus, und drei Bünde bildeten nun den Freistaat in Nbätien. Daö Volk überall wählte und sehte seine Obrigkeiten selbst und nahm dazu seine rechtschaffensten Männer, zu denen es Vertrauen hatte. Als solches im Bnndnerland geschah/ die Eintracht pr 98 befestigen, war das Gemeinwesen der Stadt Bern hingegen in Gefahr, durch Zwietracht großes Verderben zu leiden. Diese Stadt, einst vom Herzog von Zähringen auf freiem Grund erbaut, und von freien Bürgern und rüstigen Hand. wcrkern bevölkert, halte auch die in der Nachbarschaft an gesessenen Gerichts, ober Twingherrcn zu Bürgern, also daß die Stadt die Rechte dieser Herren auf ihrem Eigen, thum in Schirm nahm, die Twingherrcn dagegen der Stadt in Allem alö gute Bürger halfen. Viele solcher vornehmen Geschlechter saßen in der Stadt Rath, und waren dem Ge. meinweseu durch Kenntniß, Tapferkeit und Vermögen von jeher ersprießlich gewesen. Durch Beistand derselben vor. nehmlich haue die Stadt schon viele Unterthanen erkauft oder erobert und in der Eldögenossenschaft großes Ansehen. Die gemeinen Bürger aber glaubten dennoch eben so viel zu gelten, alS die vornehmen Geschlechter der Twingherrcn; diese hingegen sahen mic Stolz auf die Kürschner, Metzger, Pstster und andere ehrbare Handwerker herab, und bildeten sich thöricht auf Herkunft und adeliches Abstammen Großes ein. Das reizte nur die Andern, diese zu demüthigen und herabzusetzen, wo irgend Gelegenheit ward. Also geschah auch in dieser Zeit wieder, als wegen un. befugter Handlungen eines Freiweibels in der Twlngherr- schaft Word große Spaltung der Meinungen im Rath zu Bern ward. Denn als der zur Strafe verfasste Weibel den großen Rath anrief, entzweiten sich darüber die Twingherrcn, welche für rhre vertragsmäßigen Rechte zusammenhielten und unparteiisches Gericht begehrten, mit den übrigen Bürgern tm großen Rath, an deren Spitze Peter Kistler, seines Gewerbö ein Metzger, stand. Aber die Twingherrcn wurden um ihre Rechte vcrurlhetlt. Darum verliessen sie Alle mit Weiberu und Kindern die Stadt und gingen auf ihre Erb. gürer nn Land. Und als Peter Kistler nachmals Schultheiß von Bern ward (c470), freut' es ihn, die Vornehmen zu demüthigen und sie auch im Aeussern den gemeinen Bürgern gleichzustellen. Schultheiß, Räthe und Bürger von Bern erließen darum eine strenge Verordnung in Sitte und Klei. verkracht. AlS die Frauen und Töchter der Vornehmen hörten, sie sollten die laugen Schleppe» ihrer Kleidung ab. thun, jammerten sie, und stifteten ihre Männer auf, nicht zn gehorchen, denn die lange Schleppe sei doch des AdelS Kennzeichen. Darüber neuer Lärm, also daß selbst die EidS. genossenschaft in Sorgen gcrieth, und Vermittlung erbot. Das bewog den Rath zu Bern, die Streitsache nicht weiter zu treiben. Er setzte die Beiolgung der Kleiöersatzuiig durch, der Adel wurde verbannt und gehorchte, ein löbliches Bei- spiel vaterländischen Sinns. Später (8 April ustd 17 Mai / 94 - 1471) wurden mildere Stttengesetze gegeben/ aber strenger gehandhabt. So gewannen die Bernerjz innern Frieden. Und daran thaten sie gar wohl, denn bald kam die Zeit, daß gesammte EidSgenoffenschaft großer Eintracht bedürftig wurde, wollte sie nicht ein Raub Karlö, deck kühnen Her. zogS von Burgund, werden. Dieser war ein prächtiger, Ruhm und Herrschaft liebender Herr, doch ungestüm zornig gegen Alles, was ihm zu widerstehen wagte. Seine Lande dehnten sich von den Schweizergrcnzen jenseits des Jura und des Rheins, zwischen Frankreich und dem Rhein cnr- lang bis zur Nordsee. Den Herzog Nenatuö von Lothringen hatte er vertrieben und mit seinen Waffen sogar vor PariS den König Ludwig Xl von Frankreich erschreckt. Dieser haßte daher den kühnen Karl von Burgund und er- weckte ihm immer neue Feinde. Der König wandle sich auch mit vielen Schmeicheleien an die Schweizer, deren furchtbare Tapferkeit er, da er noch Dauphin gewesen, schon in den Feldern von St. Jakob kennen gelernt hatte. Er ließ es nicht an Geschenke» und goldenen Ketten für die Rathüherren in den Schweizerstädten fehlen, daß sie ihm gegen den Herzog hülfen. Auch der vertriebene NenatuS von Lothringen sprach sie wehmüthig um Beistand an, und selbst in Deutschland der Kaiser munterte sie gegen Burgund auf. Sie hatten wohl nicht über den Herzog zu klagen, obgleich dessen Landvogt Peter von Hagenbach fahrlässig gewesen, wenn durch seine Leute schweizerische Kaufleute auf der Reise durch Burgund übel behandelt worden waren. Allein sie widerstanden den Bitten König Ludwigs und seiner Freigebigkeit nicht länger, zumal die kriegslustige Jugend in den Schweizerstädten nach neuen Heldenthaten dürstete. Auch Oesterreich, Lotharingen und andere Herrschaften auf deutschem Boden hatten sich gegen Burgund vereint. Also schlössen die EidSgenossen den französischen Bund (1474) und fielen mit achttausend Mann in Hochburgund raubend und brennend ein, und die Lothringer und Oester- reicher desgleichen mit zehntausend Man». Zu den EidS- genossen waren auch BaSler, Freiburqer, Schashauser, St. Galler gestoßen. Die Alle haufttcn furchtbar, und wer von Grafen und Herren im Waatland bnrgnndisch war, der mußte ihre schwere Hand fühlen, so wie der Herzog von Savoien, der mit Karl dem Kühnen zusammenhielt. Ber. ncr und Freiburger nahmen Murren, das mußte ihnen Gehorsam schwören. Weit, längs dem Lemanersee, herrsch, tcn die Waffen der EidSgenossen. Viele Schlösser gingen in Flammen auf rechts und links. In die Burg von Grandson amNeuenburgcr-See legren sie Besatzung. Auch - 95 die Walliser traten zu ihnen und halfen gegen die große Macht des feindlich gewordenen SavoienS. krl Wie nun die Schweizer im vollen Kampf standen für den französischen König und den Kaiser in Deutschland, wurden sie unvermuthct von beiden verlassen durch schweren Wortbruch. Zuerst machte der Kaiser Frieden mit dem Herzog von Burgund, und zwölf Wochen später schloß der König von Frankreich ebenfalls auf viele Jahre mit ihm Waffenstillstand (>475). Er hatte doch den Schweizern gelobt, ihnen beizustehen gegen den Herzog; nun gestattete er diesem sogar freien Zug durch sein Gebiet gegen die EidSgenoffen. Denn wider die EidSgenossen war Karl der Kühne am meisten ergrimmt; die wollte er nun beugen und strafen. Er hatte eine einzige Tochter, welche die Erbin seines ganzen Landes war; mit dieser und ihrem Reichthum hatte er den König und den Kaiser geblendet. Er wußte dem Einen wie dem Andern Hoffnung zu machen, erwerbe seine Erbrachter dessen Sohne vermählen. Doch war'S ihm kein Ernst damit. Als er nun freie Hand gewonnen, warb er starkes Kriegs. Volk in seinen Landen, und in Frankreich und Italien. Deß erschracken allerdings die verrathenen EidSgenossen, und sandte» zwei Gesandtschaften ihm entgegen, Frieden und ausschließlichen Bund ihm anzutragen und jede Genug, thuung zu leisten. Er jedoch verschmähte stolz ihre Aner. bieten und zog von Bcsanoon herauf über das Juragebirg mit. sechSzigtauseud Mann und großer Macht gegen Grand- son, daß sie seine Rache fühlten. ES war im März Eö. 27. Ausgang des burgundischen Kriegs. — Freiburg wird frei. (Vom Jahr E6 — iä77.) Als Herzog Karl von Burgund über das Juragebirg gekommen war, fand er von seinen Leuten schon die Stadt Jscrten, mit Hilfe verräthcrischer Bürger, erobert; uur im Schlosse noch trotzte eine tapfere Berncrschaar seiner ganzen Macht. Und als er vor Grandson erschien, wider, stand auch da die schwache Besatzung seinem Grimm uner- schrecken, und zitierte nicht, obwohl die Burg Tag und Rächt von ihm beschossen ward. Unwillig, daß er vor dieser elende» Beste zehn Tage laug fruchtlos gelegen, be- 96 - fahl er allgemeinen Sturm, drohte, wenn die Schweizer darin ferner widerständen, wolle er sie nach Einnahme des Schlosses alle henken lassen. Da entsank Vielen der Muth, und dem feigen Hauptmann Hans Wyler zuerst. Nun kam zu ihnen ein burgundischer Edelmann aus dem fcind. liehen Lager, der redete deutsch, belobte ihren Heldenmuth, sagte, der Herzog ehre denselben, und verhieß ihnen im Namen des Fürsten freien Abzug, wenn sie von ihrer unnützen Tollkühnheit abständen. Sie liessen sich auch bereden, und nachdem sie dem Burgunder, als ihrem Vermittler, dankbar hundert Gulden Geschenk gegeben, zogen sie getrost aus der Burg. Der Herzog aber ließ sie ergreife» und ganz entkleidet an den Bäumen aushcnken, mehrere Hundert Andere aber grausam an Seilen im Wasser deö SeeS herum- zerren, bis sie ertranken. Da eilten die Etdögcnossen, zwanztgtausend an der Zahl, gegen Grandson, ohne Zagen vor des HerzogS dreimal so großer Stärke. In der Frühe des dritten Märzes (1476) zeigten sich schon die Luzcrncr, Schwpzer und Berner Ober- länder als Vorcrab in den Nebbcrgen zwischen dem Ufer deS Neuenburger-SecS, und den Bergen des Jura. Nach vollendetem Gebet geschah ihr Angriff. Festes Schrittes zogen Freiburg und Bern, angeführt von, kriegSerfahrnen HanS von Hallwyl und dem Berner Schultheißen Nrklaus von Scharnachthal. Schon war von diesem Vorrrab auf dem Blutfelöe der schwere Kampf Stunden lang gestritten: da erst zeigte sich im Glänze der Nach. Mittagssonne die Hauptmacht der nachrückenden Eidsgeuoffen auf den Höhen. ES tönte herab der Schall des Unkerwaid- ner Laudhornö, daö dumpfe Schlachtgebrüll des Stiers von Uri. Heran wehten die Banner von Zürich und Schafhauscn. „Was ist daö für ein V-lk?" schrie der Herzog. „Das sind nun die Männer, vor denen schon Oesterreich fioh!" antwortete der Herr von Stein. „Weh!" rief der Herzog: „ES haben uns schon die Wenigen den ganzen Tag ermüdet; waS soll jetzt bei ihrer Menge aus u»6 werden?" Und Schrecken überfiel sein Kriegsvolk, alü der blntige Tanz von frischem begann. Umsonst stämmte sich der Fürst seinen fliehende» Leuten entgegen. Er hielt sie nicht, ^sie risse» ihn mit sich fort. Bis in die dunkle Nacht folgte ihnen der EidSgenossen Wuth nach. AIS die Männer von Bern und Freiburg aber vor Grandson die Erhenkten an den Bän- men sahen, stürmten sie ergrimmt hinauf in'S Schloß. Zitternd ergaben sich drinneü die burgundischen Krieger. Doch schier alle wurden ohne Barmherzigkeit an die Stelle der abgenommen Frenndesletchname aufgeheult. Tausend Menschen harre der kühne Karl verloren , -»ich - tss setu ganzes Heerlager dazn voller Pracht, und Kostbarkeit, über eine Million Gulden an Werth. Sein herzogliche» Schmuck selbst, bedeckt mit Diamanten, Rubinen und air- der» Edelsteinen und Perlen, fiel in der EidSgenossen Hand. Ein Schweizer fand auf der Landstraße einen Diamant, wie eine halbe Baumnuß groß. Den glänzenden Stein, dessen Werth er nicht kannte, den er anfangs wieder weg« werfen wollte, verkaufte er an einen Priester um drei Franken. Der Stein lief nachher aber durch manche Hand, big er zuletzt um zwanzigtausend Dukaten in die dreifache Krone des Papstes kam. Ein anderer Diamant, ebenfalls im Lager gefunden, ging durch Kauf und Verkauf zum Schmuck in die königliche Krone von Frankreich über. So köstlich war die eroberte Beute! Karl inzwischen kehrte unerwartet bald mit erneuerter Macht über Lausanne zurück tn'S Schweizerland. Bei Lansän ne musterte er sein gewaltiges Heer schon im April; dann zog er den Ufern des Neuenburger.SeeS zu, und von da gegen Murten. Hier leistete Hadriau von Babende rg mit sechshundert Tapfern und den Männern der Stadt bessern Widerstand, als einst Grandson. Während der Herzog hier verzögert ward, brachten die EidSgenossen und deren Freunde ihre Schlachthaufen zusammen. Schon war Mnrten in großer Noth, schon ringsum Mauer und Thurm durch- löchert. Der Wall wankte, doch nicht der Muth Hadrian- von Bubcnberg und seiner Schweizer. Er hielt, bis die EidSgenossen von allen Seiten ankamen, wie auch ihre Bundesverwandte aus Viel, den Städte» des Clsaßeö, von Basel, St. Gallen und Schafhausen. Die rückten vor. Ihnen nach auf bösem Wege, bei bösem Wetter, in großer Eile Züricher, Thurgauer, Aargauer, Sarganser. Hans Waldmann, der KriegShauptmann der Züricher, ließ Abends vor der Schlacht die müden Leute in der Stadt Bern nur wenige Stunden ruhen, dann NachtS um zehn Uhr wieder zum Aufbruch blasen. Die ganze Stadt ward hell erleuchtet; vor allen Häusern standen Tisch« mit Speiset für die Krieger. I» finsterer Nacht bet Sturm «nd Reget zog Alles zum Heer gen Murren. Der Morgen des Schlachttages graute. Der Himmel war bewölkt. Der Regen fiel in Strömen. Da entfalteten sich der Burgunder ungeheure Schlachtreihen vor den Augen der EidSgenossen. Die EidSgenossen aber waren kaum vicr- unddreißigkausend Mann stark. HanS von Hallwyl, ehe er das Zeichen des Angriffs gab, fiel mit seinem Heer betend auf die Knie. Und wie fie beteten, brach die Sonne fröh. lich aus den Gewölken hervor. AlSbald schwenkte Hanö von Hallwyl sein Schwert und rief! »Auf, auf, EtdSge- r »off«»! Sebet, Gott will zum Siege leuchte«!" So rief er. ES war der 22 BrachmonatS. An» donnerte das Geschütz; nu« Stoß und Schlacht von, See bis auf die Höhen. Links focht Hallwyl; rechts, dem See in, der Kern der Schwcizcrmaeht, unter HanS Waldmann; unter den Bäumen am Ufer Bubenberg. Haltwyl hatte schweren Streit; doch er bestand ihn so lange, bis KaSpar von Hertenstein, der greise Kricgöhauptmaun von Luzrrn, hinter den Feinden auf den Anhöhen erschien. Dahin hatte ihn Hallwyl auf Umwegen gesandt. Nun würgte der Tod Le» Burgundern vorn und im Rücken. Tausende fochten, Tausende sielen, Tausende flohen. Der Herzog sah Alles verloren, und sprengte davon auf schnellem Rosse, stumm und bleich, kaum von dreißig Reitern begleitet, zum Genfer- See. Fünszehntauseud der Seinen lagen erschlage» vom Murtncrsee bis WifliSburg; Diele gingen in dem Wasser und in den Sümpfen des Ufers unter, die sich da retten wollten. Die klebrigen wurden versprengt; alle feindliche Gezclte, Kostbarkeiten und Dorräthe erbeutet. Die Leich- name warf man nachher in Gruben voll ungelöschten Kalks und bedeckte sie mit Erde. Einige Jahre darauf wurde von den Murtnern eint Beinhaus errichtet , mit den Knochen und Schädeln der Burgunder gefüllt, den Fremdlingen ein WarnungSmal, die EidSgen offen zu fürchten, wenn sie einträchtig stehen. Nun konnte Herzog Rena tuS von Lothringen trium- xhire», den Karl vormals aus dem Lande getrieben. Re- natuS machte dem gedemüthigteu Feinde bittern Krieg, und nahm ihm die Stadt Naney wieder. Auch bat er, furchtbarer zu sein, um sechstausend Mann Hilfe von den Schweizern; die sandten ihm achttausend, mit ihnen den Hans Wald man», den Siegeshcld von Murren. Als diese auszogen zum Heere des RenarnS, erschien auch Karl der Kühne schon wieder tu neuer Macht, und bestürmte Naney mit großer Gewalt. Darum eilte Renatas mit seinen KriegS- völkern und den Schweizern, die hartbedrängte Stadt zu retten. Bei Naney entbrannte alöbald die Schlacht am 5 Jänner 1477. Aber Karls Kriegüheer war muthloS. Der Anführer seines DortrabS, Graf Cola Campobasso, ging sogar, statt anzugreifen, verräkherisch zum RenatuS über. Zahlreicher war die Macht des RenatuS an Kriegern, und stärker durch Muth, als Karl. So ward dieser, bald besiegt; und als er floh und mit seinem Rosse in einen gleicht übcrfrorven Sumpf fiel, von den Verfolgenden erschlagen. Fünfhundert seiner Edel» und Ritter lagen um ihn, Tau- sende seiner Krieger bedeckten mit ihren Leichen das. Wahlfeld. So starb der furchtbare Feind der Eidögcnossen. —— M Nun bemächtigten sich die Feinde Karls seiner Lande. Die Stände von Hochburgund aber sandten an die Eide- genossen und baten um Frieden/ ja sie wünschte» sich mit dein Bunde der Schiveizcr zu vereinigen. Bern, staatöklug und großsinnig/ sprach für ihre Aufnahme in den Bund: „Hier ist gegen Frankreich fortan eine starke Vormauer am Jura und den Vogesen für uns Etdsgenoffcn!"Aber die ander»/ zumal die kleinern Kantone, widcrredctcn. Sie fürchteten durch solche Ausdehnung des Bundes zu sehr in fremde Kriege verwickelt, oder, neben der Größe so vieler andern Kantone, unscheinbar und gering zu werden. Also mußten die Burgunder ihren Frieden nur mit hundert, und fünfzigtauscnd Gulden von den Etdsgcnvssen taufen. Erz. herzog Maximilian von Oesterreich aber bekam Hvchbnrgnud im Frieden mit der Hand Maria'S, der Tochter Karls des Kühnen. Und Oesterreich schloß mit Zürich, Bern, Luzern, Uri und Solothurn, zu gegenseitigem Schuhe und ewigem Frieden, einen Erbvercin, dem bald auch Unkcrwalden, Schwyz, Zug und GlaruS bemalen. In diesem Verein that Oesterreich Verzicht auf Alleö, was die Eldsgcnosscn je dem Hause Habsburg entrissen hatten, und beide Theile gelobten sich Beistand gegenseitig in der Nord. Auch mit dem König von Frankreich ward Bund gemacht, nnd ihm Werbung bei den Schweizern für seine Kricgöhcere gestattet. Dafür streute er viel Geld und Geschenke und Jahrgehalrc in der Schweiz auö. Da warben die Land. Vögte, Junker und Natboherreu rüstige Mannschaft für den König, und bereicherten sich als Hauptleute und Obersten von seinen Gabe» und seinem Solde, und dafür verspritzten sie in fremden Landen edles Schwrizerblnr. ES war aber zu dieser Zeit im Schwcizerland viel müßt. geS Volk, hatte im Kriege Zucht, Sitte und Arbeitsamkeit verlernt, und wollte lieber raufen nnd rauben. Viele liefen auf eigene Gefahr zur Reise in auswärtige Kriege, nnd dieses ReiSlaufcnS ward kein Ende. Viele legten sich auf unnütze Händel und Räubereien im Vatcrlaudc. Andere trieben andern Unfug. In Zug sprachen sie beim Wein nnd Spiel zur Fastnachlözeit von der ungleich getheilten Bnrgunber.Beute, und daß die großen Hause zu Bern »nd Frciburg wohl daö Beste für sich behalten hätten. Und sie schworen zusammen, auszuziehen nnd Rechenschaft zn for. dcrn, und hießen sich die Baude vom tollen Leben. Mit Lust und Lachen, Alle bewaffnet, zogen sie durch Städte und Lander der Schweiz, und überall ihnen frohe Jugend zu, um die aus dem Burgunder.Kriege noch vernachlässigte Brandschatzung von Genf zu holen. Sie thaten Niemandem Leides, zahlten, was sie verzehrten. In Bern waren sie 100 - strbenhiiudert» in Freiburg zweitausend stark. Sokche Un- ordnung verursachte Furcht. Die Obrigkeiten mahnten ihre Unterthanen ab/ ßch nicht mit unerlaubten Bewaffnungen 1 » vereinigen. ES wurden Tagsatznngen gehalten. Man besänftigte die Jünglinge der tollen Bande mit freundlichen Worten; doch wurden sie nicht eher zur friedlichen Heimkehr vermocht/ bis Genf und Lausanne die Summen der rückständigen BrandschalMlgen gegeben. , Da gingen Alle auseinander. Bern schloß um dieselbe Zeit auch Frieden und Bund mit Savoicn/ gab diesem das verpfändet gewesene Waadt- laud zurück/ und behielt nur Aclen; aber bewirkte dagegen/ daß Freiburg wieder/ als freie Stadt des römischen RrtchS, von Savoicn (23 August 1447) unabhängig erklärt ward. Denn Bern wollte einen solchen Wassenplatz SavoienS nicht so nahe dulden. Freiburg übernahm dafür/ zum Lösegeld seiner Freiheit/ eine» großen Theil der savoischcn Landesschuld. Deit Heldentag bei Gtornico. — Niklans von der Flue. — Freiburg und Sololhurn im Schwetzerbund. —Hans Waldmanns Untergang in Zürich. (Vom Zahr Es — i-W.) Weit nun/ in Thälern und Bergen/ in Städten und Ländern der EidSgenosscn, lebte das Volk voll kriegerischen Trotzes. Seit der Herzog von Burgund in einer Schlacht seine Schätzt/ in der zweiten sein Heer/ in der dritten das Leben verlieren müssen/ fürchtete der Schweizermann Niemanden mehr. Drum ward des KriegenS kein Ende. Eines Tages harren mailändische Unterthanen Bauholz in einem Walde der Livincr gefällt. Sogleich liefen junge Leute aus Uri über den Kotthard und beraubten und miß. handelten dafür die Unterthanen von Mailand in benachbarten Dörfern. Uri / statt diese junge Mannschaft zu strafen/ nahm sie in Schutz, kündete den Mailändern Krieg an, und bor die Eidsgenoffen aus zum Beistand. Die EidSge- noffen sahen der Urner Unrecht, wollten vermitteln, aber auch die Urner in der Noth nicht fallen lassen. Also schickten sie Krirgsvolk auf den Augenblick in der Noth. Als der Herzog von Mailand solches sah, sandte er den Gras Borclli mit starker Macht am Tessin herauf. Beim Dorf Giornico lag der Vortrab der Schweizer; cS waren - tlÄ nrrr sechSbandertUrner, Luzcrner, Schwyzcr und Züricher; die andern EidSgenoffen, ihrer gegen zehntausend- waren noch weit zurück. Borelli wollte mit seiner auserlesenste« Mannschaft auf Giorntco. ES war aber mitten in, Win, ter. Die Schweizer leiteten das Wasser des Tcssin vor sich über die Wiesen- baß er zur Eisdecke fror; dann legten sie Fußeisen an. Wie die Mailänder furchlsam über die schlüpf, rtge Eisfläche heraufkamen, stürmten festes Fußes die Schwer, zer gegen sie her (26 ChristmondS Ev). Da hatten die Wenigen leichtes Spiel gegen die Menge, welche nicht auf den Beinen sicher stand. Frisch bans Theilig, der Lu. zcrner Haiiptmann, ward mit seinem guten Schwert der Todeücngel der Mailänder. Diese flohen mit Entsetzen, Fünfzehnlmisend vor SechShunderten. Ihr Blut färbte den Schnee bis Bcllinzoua roth; über anderthalb Tausende wurden er schlagen. Diese fast unglaubliche Knegüthat machte den Namen der Schweizer durch ganz Italien berühmt. Mailand erkaufte den Frieden, zahlte Entschädigungen, und anerkannte- daß Livinen nebst dem Thal BrugiaSco alS ewiges Lehen bei Uri bleiben solle, gegen jährliche Ent- . richtuiig einer dreipfündigen Wachskerze an den Dom von Mailand. In den meisten Kriegen, besonders gegen Burgnnd, hatten die Städte Solothur» und Freiburg sich wacker für die Eidögcnosscn geschlagen. Darum bemühte sich Bern, diese Städte in den Bund der EidSgcuosscu zu bringen. Die freien Landleute hingegen in Uri, Schwyz nud Unter, waldcn waren sehr dawider. Sie fürchteten, die Städte, denen sil.' in feiner Bildung und Kenntniß nachstanden, und ' die nur immer auf Vermehrung ihrer Gebiete und Unter, thauen dachten, würden am Ende Meister sein- und den ganzen Bund nach ihrem Willen und Vortheil lenken. Wegen dieser Eifersucht und Furcht wollte» sie die Zahl der Hri.'rschcrstädtc nicht im Bunde vermehrt sehen. Die Städte hinwieder hatten ganz andern Argwohn gegen die freien Länder. Gleich nach den Unordnungen der Bande von, tollen Leben hauen Zürich, Bern nud Luzern unter sich und mit Solothurn und Freiburg, einander zum Bei- stand, Bürgerrecht errichtet, weil sie besorgten, die freie» Landleute der kleinen Kantone mochten damit umgehen, Freiheit auf alle Schweizer zu bringen, und die Uutertha, neu der Städte zu verführen, früher oder spätes,' dir Bot. mäßigkuit der Stadbürgcr zu verwerfen und LandSgcmeind. regicrung zu stiften. Das wollten die Stadtbürger nicht. Sie ha tten ihre Unterthanen erobert oder erlauft, und wog. len ihrer Rechte sicher bleibe». So t'.rwuchö gegenseitiges Mißtrauen unter den Eid-Sge. 103 - nosscn. Ein Zufall bestätigte den Argwohn der Städte. Zu Escholzmait im Luzcrnischen Amt Entlibuch saß Peter Am Skalden, ein tapferer Kricgsmann, oft mit seinen Bet. lern, dem Alrlandammann .Heinrich Bürgler von Ob. walden und dessen Schwager Kühneggcr, beim Glase Weins, wenn sie ihn besuchten, und sprachen voia der Frei- heil. Die Obwaldncr mnnlertcn den Peter anf, der ohne. dem mir dem Landvogl im Eutlibuch und den Herren in Luzern nicht zufrieden war, amEt. LcodegardSfest einen kecken Streich in der Stadt zn wagen. Obwaldner sollten auch znr» Fest kommen und helfen, Schultheiß, Natk, und Hun- dert in die andere Welt wandern, Thürme und Lringmancrn abgerissen, Luzern ein schönes Dorf, Entlibnch ein freier Stand werden. So sprachen sie. Die Luzernrr erfuhren davon, weil steh Percr durch unbesonnene Ausdrücke verra- then halte. Er ward gesanglich eingezogen; er i.iußte Alles bekennen nnd ward zur Strafe enthauptet. Daü geschah zn derselben Zeit, als sämmtlickge EidSge. »offen, mit ihnen auch Boten von St. Gallen nnd Appen. zell, Sololhurn und Freiburg, zu Stanz im Midwaldner Land eine Tagsahung hielten. Da brach nun zwischen allen Kantonen der Argwohn und Groll laut auö um die Theilung der Burgunder.Bcuke, um die Aufnahm.: der bei. den Städte in die EidSgenossenschaft und um vieles Andere. Die drei Ur.Kantonc stießen so schreckliche Drohungen gegen die Städte anü, und Luzern und die Städte wurden so er. griinmt wider die drei Länder, daß Frciburger und Solo. thnrner freiwillig und bescheiden von ihrem Wunsct-e zurück, tra en und im ganzen Land schon Rede ging, m.in werde zu den Schwertern greifen, man werde die ganze EidSge. nossenschaft auflösen müsse». Solches hörte auch der Stanzer Pfarrer Heinrich Im. gründ, ein aufrichtiger EidSgenoß, und crschr'ack von Herzen. Er nahm den Wanderstab nnd eilte in duc Wild. uiß an dem Nanfttobel, um dem frommen Bruder Ni klang Löwcnbrug g e r das Unglück zu verkünden. Dieser fromme Mann, welcher von der Flue bei Säbeln in ObwalNen, wo er sein Heimwesen hatte, auch Bon der Flue genannt ward, hatte in der Einsamkeit seiner Wilduiß schon rmanches Jahr im Gebet und in der Betrachtung göttlicher Dinge gelebt. Im ganzen Lande wurde er wegen seiner Sftidacht verehrt. Man sagte von ihm, daß er ohne Nahrung nnd Speise seit vielen Jahren lebe, ausgenommen daß er all. monatlich das heilige Abendmahl genösse. In eng er Zelle schlief er anf harte» Brettern; ein Stein war sein Kopf. kissen. Seine Frau, mit der er fünf Söhne und fü> ,f Töch. ter gezeugt hatte, wohnte droben am Berg auf de m Gute. - 10Z Er war ehemals im Thurgamr Krieg ein tapferer und mev- schcnfrelElbiicher Kriegs/nun gewesen. Wir er nun durch on> Pfarrer von Stanz die Zwietracht der EidSgenoffen erfahren hakte, verließ er seine Einsiedelei und ging nach Stanz und trat in den Saal der versammele le» Taghcrren. Alle standen von ihren Scheu auf/ als sie die Erscheinung des hochehrwürdigen Greises, in hagerer Gestalt/ jedoch jugendlicher Kraft/ sahen. Er aber sprach zu ihnen mit der Wurde eines göttlichen Boren, und mahne» sie im Namen deö GottcS, der ihnen und ihren Vatern so viele. Siege gegeben, zu Frieden und Eintracht. „Ihr seid stark worden", sprach er, „durch Macht eurer vereinten Arme; nun wollet ihr sie trennen, schnöder Beute willen? Fern sei, daß solches die umliegenden Lande von euch vernehmen! Ihr Städte, bestehet nicht anf die Bürgerrechte, die den alten EidSgenoffen schmerzlich sind. Ihr Länder, denket daran, wie Frktburg und Solochurn neben euch gekämpfl haben; nehmet sie in den Bund! — EidSgenoffen, aber erweitert den Zaun nicht zu sehr, der euch umschließt. Meidet ausländische Händel! Hütet euch vor aller Partciung! Fern von euch, daß Einer um das Vaterland Geld nehme!" DieS und Anderes sprach Nikla «S vonderFlne, und alle Herzen wurden von den Worten des hohen Einsiedlers erschüttert und also bewegt, daß in einer einzige» Stunde MeS verglichen wurde. An demselben Tage sind Solo- thnrn lind Freibnrg in den ewige» Blind der PidSgc- noffen eingetreten. ES geschah am Sonnabend, den HÄCHrist- mondS 1481. Und in dem abgeschlossenen Stanzer-Ver. kommniß wurden die alten Bünde und die Gesetzt des Pfaffen, und Scmpachcrbriefs bestätigt, desgleichen der Vorschlag des frommen NiklauS, das tm Krieg Eroberte nach den Omen, daS Erbeutete aber nach der Mannschaft zu vertheile». Auch ward beschlossen, ohne Willen und Erlaubniß seiner Herren und Obern solle Niemand Gemeinden versammeln und gefährliche Anträge machen. Wenn aber die Angehörigen eines Standes ihren Obrigkeiten widerwärtig werden wollten, sollten alle Stände helfen, die Unzufriedenen wiederum ihren Herren gehorsam zu mache». Dies gethan, gmg der Einsiedler in seine Wildniß, jeder Gesandte in seinen Kanton zurück. Freude ward aller Orten. Von allen Kirchthürmen ertönte feierliches Geläute der Glocken in den großen Jubel, von den Alpen herab biS zum Jura. Aber, mit hergestellter Eintracht in Stanz, kehrte nicht die alte Zucht und Sitte der EidSgenossen zurück. In öcn 104 - Städten nahm Habsucht und Vornehmthuerei her bürger- lichen Obrigkeiten, in den Aemtern Bestechlichkeit, in den Gemeinden rohes Wesen, beim Pöbel Ausschweifung und Ränöerlust zu. Das Gesey war oft nur ein trüglich Netz, durch welches der Reiche beguemlich ging, der Arme sich fing. Und die Gerechtigkeit, wenn sie zu lange gcschlum- mcrt hatte, erwachte nicht selten zum blutdürstigen Zorn. Nur im Jahre 1480 wurden binnen drei Monaten bei fünfzehnhundert Mörder und Räuber in der Schweiz von den Gerichten vernrtheilt. Denn auf dem Tag zu Baden war beschlossen: Wer so viel stiehlt, als ein Strick werth, soll ohne Gnade hangen. Des ReiSlaufenS in fremde Kriege war kein Ende. Da zogen oft bet hundert und raufend junge Leute, mit Spielleulen an ihrer Spitze, fort über den Rhein und über die Berge^ um den Fahnen der Könige »u folgen und Bcnre zu machen, oder den Tod zu finden. Auch an KriegShäudeln ringsum fehlte es nicht. In einen, einzigen Jahre (I4v7) wurden auf der italienischen Seite vier Kriege geführt, von den Bündnern gegen Mailand, von ihnen und Eidogenossen bei Roveredo gegen Venedig, von den Walliscrn gegen Mailand, von den Berncrn und Andern der westlichen Schweiz für den Herzog von Savoien gegen die Piemoulcser bei Saluzzo. Auch an innern Zerwürfnissen und Aufrühren fehlte eS nicht. Die adclichen Herren und die Priester in Zürich, welche den klugen und tapfern Hanö Waldmann, Bür. grrmeistcr dieser Stadt, auf den Tod haßten, weil er sie einzuschränken suchte, wiegelyn durch allerlei Reden Bürger und Landvolk gegen ihn auf, hießen ihn einen Tiranncn, der eigenmächtige Satzungen mache und die alten Rechte verletze. ES war HanS Waldmann eines LandmannS Sohn von Blikestors, im Lande Zug, als Gerber gen Zürich gekommen, durch großen Verstand und tapfern Sinn erhöht, als Sicaeshcld bet Murren und Nancy berühmt und bet EidSgenoffen und Fürsten hoch geworden. Aber die EidSgenossen hakten gegen ihn, daß er mit Oesterreich und Mailand zusammenhielt, und die Züricher, daß er auS Let- Lenschaft und Stolz seine Gewalt mißbrauchte. Das ließ sich der Bürgermeister nicht anfechten; und wehe dem, der wider ihn handelte oder redete. Als Frisch hanö Th eilig von Luzern, der Kriegsheld von Giornico, welcher Wald- manus Parlc.ckchkeit für Mailand oft getadelt hatte, eines TagcS mit Tuchwaaren nach Zürich kam, ließ ihn Wald- mann fangen und enthaupten, wie sehr auch Luzern für daS Leben des Helden gebeten hatte. Solcher vcbermuth brachte diesem an großen Gaben rei- chen Alarm allgemeinen Haß und endlich Untergang. Denn - 10L seine Feinde benutzten wider ihn die Nnrnhen des Landvolks am Zürichsee, als zuerst die Gemeinden M eila und Herr. liberg aufstanden, und bald mehrere Dörfer am See, welche sich über die Härte der Gesetze beklagten und vie. lerlet Beschwerden führten. Die Landleure vom See traten mit den Waffen vor die Mauern Zürichs und riefen: «Be. denkt, ihr Herren, >vaS ihr nach dem Zürchcr-Krieg in der Wafferkirche versprochen, uns nichts Neues aufzulegen!" — ES kamen auch die Boten der Eidsgcnossen und vermittelten, paß neuerdings erklärt ward, die Klagen der Gemeinden sollten untersucht und die Leute befriedigt werden. Aber Waldmann, welcher glaubte, eö sei der Stadt Zürich durch solche Erklärung an Ehren web gethan, ltev durch den Stadtschreibcr den Spruch abändern, als hätten die Bauern nur vermeinte Klagen geführt, als hätten sie demüthig und um Gottcöwillen Vergebung ihres Unrechts gebeten, und nur so viel erhalten, daß ihre Beschwerden bei erster Gelegenheit sollten geprüft werden. Da nun die Verfälschung des Abschiedes kund ward, geschah neuer Auflauf gegen die Stadt, und in der Stadt ward Unruhe, daß der Bürgermeister nicht mehr ohne Panzer ausging und auf dem Nathhause schlief. Wehe aber der Obrigkeit, die sich mit andern Waffen, als mit der Liebe des Volks schützen will! Der Bürgermeister und Ritter Waldmann wurde im Aufruhr mit seinen Anhängern er. griffen, in den Wellenberg geführt, gefoltert und enthauptet. (Den 6 April l^sv.) Wohl halte Waldmann viel gefehlt, doch der wüthende Parteigrimm gegen ihn nicht minder.' An dem Tage seines Todes traten oon Zürich Obrigkeit und Unterthanen, als gleiche Parteien, vor die richtenden EidSgenossrn, und diese bewirkten einen ewigen Vertrag »wischen beiden, welcher genannt ward der Waldmann- sche Spruch. Darin ward den Landleutcn geboten, Bür. germcistern und Räthen und dem großen Rath der Stadt Zürich Treue, Wahrheit und Gehorsam zu halten, ihnen aber gestattet, ihre Waaren zu Markt zu führen, wohin sie wollten; hinzuziehe», wohin ihnen gefalle; Handwerke in den Dörfern zu treiben; Reben einzulegen und die Güter zu bewerben nach bestem Gewissen; sich in den Seegemein. den einen Untervogt selbst zu wähle": und viele andere Rechte mehr wurden ihnen gestattet. Wenn aber die in der Stadt die Ihrigen am Zürichsee mit böser Gewalt übersetzen wollten, dann sollten zwei oder drei Kirchhörincn sich zusammenfügen und bereden, und von jeder Kirchhöri sollten zehn oder zwanzig AuSgeschossenc vor die Eidsgcnossen gen Zürich gehen, und ihre Klage anbringen, daß dieselbe ab- gestellt werde. 106 - Dieser Sprnchbrief wurde am v Mai 1^9 von den sieben Orten der Eidsgeuossenschaft, , 1 ^ Schiedsrichtern und Ge- währleistern, uorersiegelt. 29 . Der Schwabenkrteg. Die Eidsgenossenschasl der dreizehn Orte bildet sich. (Dom gabr« i4l>o - E.) Wenn im Land' einmal Parici mehr, als Wahrheit, wenn Gewalt mehr, als Recht gilt, dann wenden Freiheit und Frieden den Rücken. DaS erfuhr Zürich nach der Hinrichtung deö Hanü Wachmann. Denn die Stadt verlor durch den Waldmaniischen Spruch bei ihren Unterthanen sehr viel v»m alten Ansehen, und gewann daraus noch manches Hundert Jahre nachher Verdruß. Die Feinde , Wachmanns, nun sie im Rath saßen, und seine Güter einzogen und verschwendeten, und seine Anhänger verfolgte», hausece» böser und ungerechter, alü er selbst. Gcsctzlosig- keil wahrere lang im Lande. Man hieß diese Regierung den hörnernen Rath; Wachmanns Regierung stand da- gegen noch silbern. Auch in St. Galle .1 war zur selben Zeit zwischen der Stadt und dem Abte die böse Zwietracht wieder loS. Als diaser zu Rorschach auf eigenem Grund und Boden ein neues Kloster bauen wollte, wurden darüber die Bürger St. GallenS ergrimmt. Rüstig traten ihnen die Appcnzeller bei, nie des AbkeS Freunde; selbst die GokkeShausleute wandten sich auf die Seile der Bürger. Das Kloster ward geschleift. Da schrie der Abt zu den vier Schirmonen sei. nes Gotteshauses »m Hilfe, und eö kamen Zürich nnd Luzern und Schwyz und Glaruü, und stifteten Ruhe durch Waffen, gemalt (1-iso). DaS kostete den St. Gallcrn viel Geld, und Appenzell verlor, für Kriegskosten, daö Rhcinthal und einen Theil der Herrschaft Sax, welches die Schirmorte behielten, und an dessen Regierung sie nachher auch die Unier, Unterwaldner nnd Zuger, erst später wieder Appen- zell (1501) dann Iluch zuletzt (1712) Bern Theil nehmen liessen. Solche Eroberungen der EidSgenossen über EidS- genossen machten böses Blut. Zum Glück kam wieder von aussen Gefahr und Roth. DaS vereinigte Alle von neuem, und solches war heilsam. In Deutschland nämlich war Maximilian I vo» Oester. reich Kaiser. Er hatte von Frankreich die uiederburgundische Grafschaft empfangen/ und/ um sie sicherer zu bewahre«/ dem deutsche» Reiche einverleibt/ als einen eigenen kreis. Einen solchen deutschen NeichSkreiü wollt' er auch aus dem Schweizcrland machen. Aber das verbäte» sich die Elböge- noffen/ und sie blieben lieber/ wie bisher, für sich. In Schwaben hatten die dortigen Stände mit einander einen Bund zur Abschaffung aller kleinen Kriege und Fehden unter sich gemacht. Das gefiel dem siaatöklugen Kaiier; er stellte sich selbst als Mitglied an die Spitze dieses Bundes / weil er ihn dann auch zur Verstärkung seiner österreichischen Haus. macht gebrauchen und leiten konnte. Er verlangte, die EidSgenossen sollten dem Schwabenbund ebenfalls beiireten. Das verbaten sich abermals die Schweizer, denn sie blieben lieber, wie bisher, für sich. Nun ward der Kaiser zornig und zu InSbrück sagte er zu den Gesandten der EidSgenossen: „Ihr seid ringe, horsame Glieder deü NeichS; ich werd euch wohl selbst einmal mit dem Schwert heimsuchen müssen!" Die Gesand. ren antworteten und sprachen: »Wir bitten Eure kaiserliche Majestät ehrsurchtvoll, unS mit solchem Besuch zu verschonen, sintemal unsere Schweizermanneu grob sind und selbst der Kronen nicht achten!" Den Schwabenbnnd verdroß die Keckheit deü EidSgenos. sen nicht minder. An den Grenzen gab'S darum viel Neckerei und Rauferei zwischen den Leuten hin und her, also, daß sich die Stadt Konstanz zu ihrer Sicherheit in den chnh deü Schwabcnbundes begab. Denn eines Tages wollt, aus dem Thurgau ein ganzer Haufe rüstiger Männer, aufgewiegelt vorn Urner Landvogt daselbst, die Stadt, wegen ihres TroycnS gegen die Schweizer, überfallen und züchtigen. Mit den Bündnern hielten die Ocsterrcichcr auch üble Nachbarschaft; da waren zwischen Tirol und Eugadtn immer Händel und Zwiste wegen Märchen, Rechte und Zölle. Eiu. mal sogar waren die Tiroler bewaffnet inS Engadinrrthal hereingezogen (im Jahr 1476), aber mit blutigem Haupt durch die Schlucht von Finstermünz in ihr Land zurückge- jagt worden. — Nun kam neuer Stoff zum Streit hinzu. Nämlich nach der Theilung der Loggen burger Erbschaft waren die Rechte ToggenburgS in dem Zehn. Gerichten- Bund den Grafen von Matsch, Sax und Montfort zugefallen, und nachher kaufSweise (1478 und 1489) an das ErzhauS Oesterreich gelangt. Daraus ward vieler Unfriede. Weil nun also die Bündner mit den EidSgenossen einerlei Furcht vor Kaiser Maximilians Gewalt und Willen hatten, errichteten der graue Bund (im Jahri497) und der des Gotteshauses (14.9») Frcundschaftg- und Schutzbündnis mit Zürich, Luzcr», Uri, Schwyz, Uuterwalden, Zug und Glaruö. Der 108 Zehn.Gerichten-Bund, aus Furcht vor Oesterreich, wagte aber noch nicht, bcizutreten. Nun hielt der Kaiser seinen Grimm nicht länger zurück. Und wiewohl er schon schweren Krieg in den Niederlanden auf sich hatte, stellt' er doch neue Macht inS Tirol, und die Schaaren des Schwabenbundeö rückten heran, und umspannten das Schwcizcrland vom Engpaß der Bünbner beim Luziensteig, durch welchen man auü dem rhätischcn Gebirg nach Deutschland gelangt, längs Bodensee und Rhein btö Basel. Also geriethen die Schweiz und Nhätien in große Gefahr des Untergangs. Doch brachen die Bündner muthig auf für ihre Freiheit; nun auf alle Eidögenossen. Sargan. fer auch und Appenzeller eilten zum Schollcnbcrg; Walliscr, Baseler und Schafhauser flogen mit ihren Banner» heran, dem Feind ins Angesicht. Keiner blieb daheim. ES war im Hornung des Jahres 1^99, als der Kampf anhob. Denn achttausend Kaiserliche drangen inS bunden- sehe Münsterthal und Engadin; mir Tausenden bemächtigte sich Ludwig von BrandiS, des Kaisers Feldherr, un- Versehens des LuzienstetgS und, durch Verrälherei von vier Bürgern, des StädtleinS Maienfeld. Die Bündner aber erstürmten den Luziensteig wieder; achthundert Schwaben fanden hier den Tod, die andern flohen bis Balzerö. Da setzten die EtdSgenosscn bei AzmooS über den Rhein und siegln mit den Bündnern bei Tr eisen herrlich im Treffen. — Mit zehntausend Streitern stand der schwäbische Adel zu St- Johann, zu Höchst und Hard, zwischen Bregenz und Fußach. Achttausend Eidsgcnosscn crschiu- gen da fast die Hälfte seines KriegSvolkS, und drangen hinauf in die Bregenzer Wälder und brandschatzten das Land. — Zehntausend andere EidSgenossen durchzogen verheerend den Hegau, und brannten, binnen acht Tagen, zwan- zig Dörfer, Flecken und Schlösser nieder. Nun folgten rasch Schlacht auf Schlacht, Treffen auf Treffen. Zwar war den Feinden, von Konstanz auS, gelungen, die eidügcnössische Besatzung von Ermatiugen im Schlaf zu überfallen und dreinndsiebcnzig wehrlose Männer in den Betten zu ermorden. Aber blutig büßten sie im Gehölz des SchwaderlochS, wo ihrer achtzehnlanftnd, von nur zweitausend EidSgenossen überwunden, flohen, daß ihnen die Stadtthore von Konstanz zu eng wurden in der Flucht, und sie mehr ihrer Todten zählten, als ihnen Schweizer entgc- gen gestanden waren. — Ein Hcerhaufe der EidSgenossen am Obcrrhein drang in den Wallgau, wo die Feinde bei Fra- st e ri ü verschanzt standen und, vierzehmanseud stark, die Tapfer- reit der Schweizer nicht mehr fürchteten. Als aber He in- -—7- 10S r.ich Wolleö, der Held von Nrl, mit zweitausend Tapfern über den Langcugasterbergdie starke Stellung umgangen hatte, da ward sein Heldentod der Siegeörnf für die EidSgenossen. Diese stürzten unter dem Donner des Geschützes in die Reihen Oesterreichs ein und furchtbar trafen ihre Streiche. Drei. tausend Leichen bedeckten die Wahlstatt von Frästen;. WaS von den Ocsierreichern lebte, entrann durch Wald und Wasser mit Entsetzen. Denn damals stritt jeder Schweizer, als hing' an seiner Faust allein der Sieg; für Schweizerland und Schweizcrruhm flog Jeder freudiges Antlitzes in Noth und Tod und zählte die Menge des Feindes nicht. Und wo ein Schweizerfäbnlein wehte, da stand wohl mehr als Einer, der, wie, Hanö Wala, der Glarner, bei GamS im Rheinthal, es allein mit breisstg Reitern aufnahm. Aber auch die Graubündner fochten mit nicht ge. ringerm Ruhm. Davon zeuget die Malserbaide im Tirol, wo nntcr Oesterreichs Bannern fünfzehntansend hinter Voll. werken standen, und nur achttausend Bündner gegen sse rannten. Die Bollwerke wurden umgangen, die Schanzen erstürmt. Dort stand BenedtklFontana zuerst auf der Wallmauer des Feindes. Er haue Bahn gebrochen. Mit der Linken verhielt er die weite Wunde, aus der sein Ein. geweide sank, mit der Rechten focht er, und rief: »Nur wacker dran, o ibr Bundögenosscn! Laßt euch meinen Fall nicht irren; ift'S doch nur nm einen Mann zu thun. Heut möget ihr freies Vaterland und freie Bünde retten. Wer. det ihr siegloS gelegt, bleibt den Kindern ewiges Jochl« So rief Fo ntana und starb. Die Malserbaide ward von den Todten der Oesterreichs voll. Bei fünftausend kamen um. Die Büudncr zählten ihrer Erschlagenen nur zweihundert, ihrer Verwundeten siebenhundert. Als Kaiser Maximilian in den Niederlande» von so viel Verlornen Schlachten der Setnigen hörte, kam er und schalt seine Feldherren, und sprach zu den Fürsten des deutschen ReichS: „Sendet mir Hilfe gegen die Schweizer, die sogar gewagt, das Reich anzugreifen. Denn diese groben Bauern, in denen keine Tugend, Mich Geblüt, noch Mäßigung, sondern eitel Grobheit, Ueppigkeit, Untreue und Haß deutscher Nation ist, haben sogar viele des ReichS bisher getreue Unterthanen auf ihre Seite zu bringen ge. wußt." Die Fürsten des Reichs aber zauderten, Hilfe zu senden; und mit Schrecken mußte der Kaiser vernehmen, wie sein Kriegsherr, LaS er zur Unterdrückung BündeuS über die Gebirge Engadins ausgesandl hatte, dort mitten im Sommer von Sehneelauinen und vom .Hunger und von Felfenstückcn, welche die Bündner heruntergelassen, zerstört worden sei; dann, wir auf der waldigen Höbe dcg BrüderHolzes, ohinveir Basel, lausend Schweizer mehr denn viertausend ihrer Feinde geschlagen, und bald darauf in denselben Ge. gcndcn, bei Dorn ach, sechstausend Eidsgenossen gegen tünfzeblitauscnd Oesterreicher obgesiegt, und denselben drei. lausend Mann sammt ihrem Feldherrn Heinrich von Fürsten- berg erlegt hätten. Da ging der Kaiser in sich, gegen welchen binnen acht Monaten die Schweizer achtmal in acht Fcldschlachlcn den Sieg gewonnen hallen. Und er beschloß den Krieg zu enden, in welchem schon mehr denn zwanzig, tausend Menschen umgekommen, bei --MMlansend Dörfer, Flecken, Schlösser und Städte verwüstet waren. ES wurde der Friede vermittelt und geschlossen den 22 Herbstmonat 1499 in der Stadt Basel. Der Kaiser bestätigte den Eidsgenossen ihre frühern Rechte und Eroberungen, und gab ihnen dazu noch daü Landgericht über den Thurgan, welches bisher mit dem Blurbann und andern hohen Gc. rechtsamen ein Eigenthum der Stadt Konstanz gewesen war. Und fortan dachten die Kaiser nimmer daran, die EidSge. nosselischaft auflösen und sie an das deutsche Reich bringen zu wollen. BeiFraftens, in der Malserhaide und bei Dorn ach liegen die Grundsteine schweizerischer Unabhängig, kcit von fremden Mächten. Dankbar erkannten die cidSgenössischen Orte, waö Basel, was Schafdausen Herrliches in diesen Hcldcntagen für ge. sammle Eidügenoffenschaft geleistet hakten, und wie das streitbare Appenzcll nirgends zurückgeblieben war, wo es Rubin und Freiheit gegolten hatte. Darum wurde Basel (9 Brach»,. >5M), darum daS aufblühende Schafhausen (9 Aug. 15dl) in den ewigen Schweizerbund aufgenommen, und endlich auch das mir den meisten eidgenössische» Orten schon ewig verbundene Appcnzell (im Jahre 15l^) als Milstand gesummter Eidsgenossen anerkannt. Also war nun im zweihundert und fünften Jahre nach der That deö Wilhelm Teil die EidSgenosseuschast der dreizehn Orte vollendet. Aber Walli) und Bünde u wurden alü der EidSacnosseiischaft zugewandte Orte be. lraehter, auch St. Gallen, Mühihaufeu, Nothweil in Schwaben und andere Städte: alieS freie Orte, keinem Fürsten Unterthan, den Schweizern im SchniMnd verwandt. 111 so. Von der SlttenwtldhLit und den Lohttkrtegcn -ee Schweizer, und wie ste dafür Velllin und die italte. Nischen Dogleten erwarben. (Vsm 8ai>r — ttLL.) Die dreizehn Orte schweizerischer EidSgenoffcnschaft waren aber zu jener Zeit »och nicht, wie heuriges Tages, einander aleich in Rechten des BundeS, noel) unmittelbar durch einen und denselben Vertrag zusammengehalten. Eigeimich hingen sre insgesammt nur mit den drei Länden ilri, Schwu; und Umerivatden, wie um einen Mittelpunkt, unter ,ich leibst aber nur wieder durch besondere Bündnisse an einander. Jeder Ort sorgte für seinen eigene» Vortheil und Ruhm. leiten um der Andern Ruhen oder um gemeiner Eidsgenossenschafr Wohlfahrt. Furcht vor Ehrgeiz und Ucbcrmachc benachbar- ler Herren uud Fürsten hatte sie nach und nach vereinigt. So lange die Furcht währte, hielt das Bünduiß stark. Weil die Regierungen unter sich, in so weit c6 ihre Verträge erlaubten, als auch von auswärtigen Fürsten nn. abhängig waren, nannten sie sich freie Schweizer. Doch im Inncrn ihrer Länder war für das Volk wenig Freiheit. Nnr die Landlcute in den Hirten-Kanrouen rühmten sich unter einander gleicher Rechte, und in den Stadt.Kantonen nur die Bürger der Städte. DaS übrige Volk, das zu den Städten gehörte, war, durch Kauf oder Eroberung gewonnen, Unterthan, oft sogar leibeigen, und behielt etwa die geringe» Nechtsamc, welche eö vorher schon unter ehe- maligen Grafen und Fürsten genossen harre. Selbst aber auch die Hirten-Kantone besäße» Unterthanen und regier- teu fürstlich über dieselben durch ihre Landvogte. Und die eidSgenösslscheu Orte und Städte insgesammt erlaubten ihren Unterthanen keineswegs, sich frei zu kaufen, wie es doch ehemals die allen Herren und Grafen den Eidsgrnossen selbst gestattet harren. Das Volk selbst fragte icdoch damals der Freiheit nicht viel nach; war in anhaltenden Kriegen gar unbändig und roh geworden; liebte Schlagen und Raufen, Schwelgen und Saufen. GabS im Lande keinen Krieg, zogen die jungen Leute, voller Begierde zur Beute, fremden Trommeln nach, und vermiekheten sich um schnöden Lohn an die Fürsten zu deren Schlachten. An guten Schulen fehlte es in den Dör- fern, und die Geistlichen bekümmerten sich wenig darum. Ja, die Sitten der Geistlichen waren oft nicht weniger 1 112 schlimm, als die der Städter und Landlcute; selb- i» Klöstern ward, bei großem Reichthum, nicht fetten großer Unfug getrieben. Man sah viele unwissende Pfarrer; viele spiel- reu, tranken und fluchten; viele hielten ssch ohne Scheu Beischläferinnen. Das war eine böse Zeit. In den Hauptstädten der Kantone spielten Unzucht und Ueppigkeit häufig den Meister. Zwischen den Bürgerschaften und Räthen gab eö viel Streit, und zwischen den Ständen herrschte Neid und Mißtrauen. Die Herren, welche einmal in den kleinen und großen Räthen saßen, sorgten meistens viel lieber für sich und ihre Familien, alö für das Heil der Bürgerschaft: trachteten ihre Söhne und Vettern ein- vorzubringen und ihnen einträgliche Stellen zu schaffen. ES gab wohl auch aller Orten noch wahrhaft vaterländische, große Seelen, denen der Nutzen des Landes mehr, als ihr eigener, galt. Aber mau hörte diese Männer nicht gern. Sobald das Schweizcrland von aussen keine KriegSge- fahr mehr zu befürchten hatte, und die Könige und Fürsten ringsumher froh waren, Schweizer unter ihre Fahnen zu bekommen, an deren Leben und Tod ihnen weniger gelegen war, als am Tod und Leben eigener Unterthanen: waren die vornehmen Geschlechter in den Stadt- und Land-Kan- rone» sogleich bedacht, daraus für sich eine Geldquelle zu machen. Die Lust der Könige zu den tapfern Schweizern kam der Geldbegier der RathSherren eben so wohl zu stallen, als der Sucht der jungen Landleute, Beute zu machen. Ja, selbst wider ausdrückliches Verbot der Obrigkeiten, liefen oft Tausende von diesen den ausländischen Fahnen nach, und kamen meistens elendiglich um, weil Niemand für sie sorgte. Darum hielten die Regierungen für besser, Verträge mit den Königen wegen Errichtung von eigenen Schweizerregimentern abzuschlieffen, die unter schweizerischen Hauptleuten stehen, nach eigenen Gesetzen gerichtet und regelmäßig besoldet werden sollten, also, daß doch jede Regierung für ihre Angehörigen im Auöland Sorge tragen könne. „Ihr EidSgei,offen müsset ein Loch haben, wo hinaus!« sagte schon Rudolf Neding von Schwyz, als er vor Jahren das rolle Leben der jungen Leute nach dem Burgunderkrieg sah. Nun begann das Vermiethen der Schweizer, Bündner und Walliser in fremde Kriegsdienste von ObrigkeitSwegen. Den ersten Vertrag dieser Art machte der König von Frankreich (in den Jahren 1479 und 1480) mit den EidSgenossen in Luzern. Nachher warb das Haus Oesterreich um Lohnsoldaten (1-499), desgleichen thaten die Fürsten in Italien und späterhin auch andere; ja selbst der Papst zn Rom - 11Z nrirthcte sich (lLl)Z) eine Leibwache von Schweizer». Das that zuerst Papst Julius n, der gern Krieg führte. Solches Wesen brachte aber viel Verderben in'ü Schweizerland. Wohl mancher Acker lag brach und mancher Pflug stand still, weil der Man» draussen im Lohn-Krieg war. Und kam er lebendig zurück, bracht' er.fremde Seuche und Laster mit und vergiftete durch böse Sitte» die Unverdorbenen, dieweil er in, Kriege wenig Tugend gelernt hatte. Nur die Söhne der Vornehmen und RarhSherren bekamen die Hanptmannö- und'Obcrstcn-Stcllen, rind machten sich Geld, wodurch sie dann wieder im Lande Elufluß und Ansehen vergrößern konnten, um die ttebrigeu niederzudrücken. / Sie liessen sich auch anü Hochmuth und Eiretterr adeln, und von den Königen Ordensbänder geben, und meinten dann, das bedeute etwsis, und sie seien etwas mehr, als andere Schweizer. AIS die Könige solche gemeine Thorheit und Gelbsucht der EidSgenossen erkannten, brauchten sie dieselbe zu ihrem Vortheil, schickten Gesandte in die Schweiz, machten sich Anhang, vertheilten Geschenke, gaben ihren Anhänger» im Rath Gnadcngchalte und Fahrgelder, und dafür waren die NathSherrcu dann der ausländischen Fürsten ergebene Diener. Da war ein Kümo» französisch, der andere mailändisch, der eine vcnckiaiiisch, der andere spanisch gesinnt, cidöge- nössifch abernten einer. Das gereichte den EidSgenossen z» großer Schmach. AIS der deutsche Kaiser und der König von Frankreich zn gleicher Zeit wider einander um die Gunst der Kantone und nm KriegSknechre biiblteii und markteten, hatte der französische Gesandte einst (15 u>) die Unverschämt- Heu in Bern, daß er die königlichen Iahrgcider an die Herren unter Trompctcnschall austheilen ließ, und inFrei- bnrg die Thaler hanfenweise an den Boden warf, und, indem er sie mir der Schaufel zusammenscharrte, die Um- stehenden fragte: „Klingt dies Silber nicht besser, als deß Kaisers leeres Wort?" So verächtlich wurden die EidS- genoffeu um'ü Geld. Bald sah man die zwölf Orte, nur Appenzell nicht, im Kriegsblind mit Mailand wider Frankreich, bald mit Frank- reich wider Mailand. Auch ward Welschland mit Recht der Schweizer Grab geheißen. Es war nicht unerhört, daß man dort auf fremder Erde EidSgenossen gegen EidSgenossen für den KriegSlobn fechten und einander iliiibmigeu sah. Und dazu half sogar ein geistlicher Herr, Matthäus Schinner, Bischof zu Sitten im WalliS, ein ränkesüchtiger Mann. Je nachdem er belohnt ward, machte er Umtriebe in der Schweiz , bald für den König von Frankreich, bald 8 Ilst - für dcu Papst gegen Frankreich, der ihn dafür auch zum Kardinal und Gesandten in der Gidögcnossenschaft erhob. Die Lohnkriege der Schweizer auf ausländischen Schlachtfeldern und keine Freiheics., keine Evrejikriegc; doch den Ruhm der Tapferkeit behaupteten die Miethlinge der Fürsten auch dort. Mit Beistand mehrerer tausend EidSgenossen unterwarf sich der König von Frankreich binnen zwanzig Tagen ganz Mailand. Der vertriebene Herzog dcS Landes ging aber nachher mit fünftausend Schweizer»/ die er gegen den Willen der Obrigkeiten warb, zurück, um die Franzosen wieder zu vertreiben. Da empsing der König von Frankreich von seinen BundSgenosten in der Schweiz zwanzigtausend Mann, behauptete sich in Italien, und gab den drei Ländern Uri, Schwvz und Unterwaldc» (1502 und 15«.;) die Landschaften Palenza, Niviera und Bellen;. Sobald dann der König glaubte, er könne die Schweizer entbehren, be- zahlte er sie schlecht und unrichtig. Alsbald schüttelte sder Kardinal Schinncr, zu Grinste» deü Papstes und Venedigs, voll Freuden einen Geldsack mit fünftiuddreißigtaiiseub Dukaten. Sogleich zogen (im I. i5i2) zwanzigtausend Schweizer und Blinduer über das Nlpengebtrg, und mit den Vene- tiancrn vereint, gegen die Franzosen Die Bündncr bemächtigte» sich der Länder Beikirn, Clävcn und Bormio. Sie behaupteten, daß schon vor hundert Jahren ein vertriebener matländischer Herzog diese Thäler dem Bischum Lhur verehrt gehabt habe. Die EidSgcuossen^er zwölf Orte aber unterwarfen sich die Landschaften Lugano, Locarno und Valmaggia oder Mavnthal. Die Franzosen wurden aus der Lombardei verjagt, und der junge Herzog Maximilian Sforza, ein Sohn deö von "en Franzosen Verstoßenen, ward zu Mailand wieder in'S Erbtheil seiner Väter eingesetzt. Siegreich für ihn schlugen die Eidögenossen bei No- varra (6 Brachm. 1513) die Franzosen; zwar Selen zwei- raufend Schweizer, aber der Feinde zehntausend. Noch mörderischer war die zweitägige Schlacht bei Marignano (14 Herbstm. 1515), wo kam» zehntausend Eidegeuoffen gegen ftinfzlglauseud Franzosen stritten. Wohl verloren sie das Schlachtfeld, doch nicht die Ehre. Sie zogen traurig, die' Feldstücke auf ihren Rücken geladen, die Verwundeten in der'Heercomitte führend, nach Mailand zurück. .Die Feinde verloren den Kern ihres Heeres und nannten die Schlacht selber die Riesensch lacht. Da machte der König von Frankreich, Franz I, ob sech m > '''schrecken, der eurer Niederlage glich, ft'i- , s anckgen Friedet, mir den'Eidögenossen, und gi'v'u'U'a'' ach Gelo üM'H.r ennclbrrgischen Vogccie» brachte mehr Schade», als Vortheil. Denn die Eidögeiioffenschaft ward weder durch Besitz jener kleinen Landstriche, noch durch vermehrte'Zahl ihrer Unterthanen, gegen die Macht allStändischcr Fürsten stärker und sicherer, wohl aber durch innern Streit über das gefährliche Gut schwacher und unsicherer, und, durch Schmach des AcmtervcrkaiifS, der schlechten Verwaltung, dcr übel« Gerechtigkeitöpflege tadclvolb in aller Welt. Am meisten gewannen geldgierige KriegShanptteute und Landvogtc. Einzelne Familien freilich wurden reich; aber es entstanden hundertjährige Zwiste, Parteien und Verwirrungen ein Lande. Der bessere Gewinn av.ö jenen Feldziigon war, daß .die 116 - Ejdögcnossen nach großen Verlusten nnd Opfern endlich er- kamurn, cü sei nicht am für ste. die Hand in fremden Hau dcln zu haben: nnd nichk am, das?, mau anölandtschen Gesandten zu vielen Einstich auf die Kantone erlaube; und nicht gut, das, mau NathShcrrc» gcst.rttc, van Fürsten Gna. -engevalke und Jahrgelder zu ziehen.' Darum verboten mehrere Orte, solche Gelder öffentlich oder heimlich zu empfahlt; denn das Mitalied einer freien Ncgrernttg muß kein Lohnknecht auswärtiger .Herren sein. Auch der gemeine Mann gerieth vielmals in Wuth gegen die, welche um die Äronenguldcn der Könige für fremden Dienst Menschen. Handel getrieben, und Könige und Vaterland zugleich ver. riechen. Man forderte deren Bestrafung iir^iizer» (iü>;) sogar unter allgemeinem Aufstand. Allgemeiner BolkSaiisnihr war fo drohend, daß Luzern, Bern und Zürich dir vc» haßten Krouenfrcffer aus den Räthen stieße», au Leib und Gut straften oder verbannten. Und weil tausend und taufend der kricgSsnchtigen Leute in ferne» Landen umgcloiiiiiieii waren, wurde cS vor diesen lockern Gesellen ebenfalls, in der Schweiz ruhiger; die Obrigkeiten konnten das Gcsch besser handhaben, und wider die wüsten Sitten strengere Zucht und Ehrbarkeit ciuführcn. ES ward dazu an mehrcrn Kantonen mit großem Ernste der Anfang gemacht. Es gab viele gelehrte Männer in- Schweizerlandc, «„d besonders unter den Geistliche». In den Städten hatte man auch schon gute Schulen. Aber daö Landvolk wohnte in grober Unwissenheit, und selten konnte Einer lesen nnd schreiben. Daher kam , daß der größte Theil in der Neii. gion wenig Kenntniß hatte, zumal wenn die Pfarrer cö an recht christlicher Unterweisung fehle» liessen. DaS that großen Schade»; noch mehr, wenn die Geistlichen lieber da- blindgehaltcne Volk leite», als belehren und frömmer machen wollten; oder wenn sie steh lieber üppigen Wohl. lebeuS, als göttlicher Dinge beflissen, nnd sich dem Laster de- Geldgeizcs, der Unzucht, der Trunkenheit und Spiel. w»th ohne Scheu ergaben, wovor sie Andere warnen sollten. Solches verdroß die rechtschaffenen und verständigen Leute, zumal wenn mau schlechte Geistliche nicht einmal zu strafen wagte; oder wen» man hörte, der päpstliche Nun. litiö habe einen Mönch freigesprochen, der mit einer Nonne unerlaubten Umgang gepflogen harte; oder wen» man er. lebte, daß der Abt zu Kappcl, NameuS Ulrich Trink, lcr, mit einem Frauenklostcr verbotenes Wesen habe; oder daß die Dominikanermönche in Bern Gaukelspiel mit Wun. der» und Erscheinungen getrieben, so daß ein armer Mensch, Namen-Jeher, fast verrott wurde, nndshinkcunach, daß - 117 Altes nur ei» angestellter Betrug gewesen sei. Solches war rechtschaffene» Lenken ci» Gränel,'weltlichen mrd geistlichen. Nun geschah, daß Papst Leo X zu Rom, welcher seine Hauptstadt mit Gebäuden per schönern wollte, viel Geld brauchte und daher eine» Ablaß um Bezahlung ausschrieb. Er verpachtete im SehMizerlaude den Verkauf dcS Ablasse» an eine» Franziskaner, Namens Dcrnardin Samson. Weil aber damu viel Geld aus dem Lande gezogen ward, waren die weltlichen Obrigkeiten, nicht zufrieden, und sie sahen nicht ungern, wen» man gegen dies Wesen-redete. Und als der Pfarrer z» Einstedein, ein WeUgcistlichcr, Namens Ulrjch Zwingli, von WildhauS im Toggenburg gebürtig, öffemllch von der Schmach predigte, daß mau Vergebung der Sünden um baarcS Geld feil biete, mochte selbst der Bischof von Konstanz darüber gar nicht zürnen. Allein Zwinglt ließ es mit diesem nicht bewenden, sondern griff mit großem Eifer die Sünden und Laster der W ltlichen und der Geistlichen an. Da widersprachen Viel« , »uo hießen ihn schweigen. Er aber nicht erschreckt, sondcnr kühner, berief sich anf die Bibel, als GokteS Wort. Uud er hub an zu lehren, daß frommes Leben im andächtigem Sinn Gott mehr gefalle, als Wallfahrt und fleischliche Kasteiung, und daß Brod nnd Wein im heiligen Abendmahl Anzeichen -cö Leibes und Blutes Jcstt waren. Er verwarf auch Messe, Lehre vom Fegefeuer, Verehrung der Heiligen, Ehelosigkeit der Priester und vieles Andere. Noch viele Geistlich» dachten, wie er, und eS waren darunter sehr gelehrte und fromme Leute. Besonders in den Städten Zürich, Bern,. Basel, Schafhansen, St. Gallen, Bicl, Chnr nnd andern, wo girre Schulen nnd gründliche Kenntnisse vorhanden waren, gab man großem Beifall. Und wie Zwingli nach Zürich berufen, daselbst als Pfarrer, am ersten Jänner 1519, öffentlich predigte, siel ihm alles Volk bei, nnd die Regierung nahm ihn in Schuß und Liebe. Viele Klostergeistliche n»d Weitgeisilich^ i»r Schweizerland« folgten seinem Beispiel, nnd lehrten und predigten dem Volke, wie er, ohne Menschenfureht. Und der Anbaust wurde Überall groß. Richt in der Schweiz nur verbreitete sich dieser Sinn, sondern auch in Deutschland- Dort war in denselben Tagcy ei» gelehrter Augustinermönch zu Wittenberg, NMncnS Marti» Luther, aufgestanden und hatte, ohne von Zwingli zn wisse», fast dasselbe gepredigt, wie er. Und wie in der Schweiz viele Obrigkeiten, so hingen in Deutschland nnd Schweden und Dänemark und England a» LnrhcrS Predigt Könige und Fürsten und ein großer Theil ihrer Volles Darum sind seine Anhänger Lutheraner genannt worden. . V 118 - In der Schweiz aber hieß mau sich nach keines Menschen Namen , sonder» man nannte die neue Kirchpartei die eva rill e l i sch- r e sor »»irre, will sagen, die nach göttlichem Wort wiederhergestellte Kirche Christi. Der Papst halte selbst zwar bei dem Reichstage zu Nur», l-erg (1522) nicht geläugnct, daß die christkatholische Kirche an vielen Gebrechen leide; allein, sagte er, man muß bet der Heilart Schritt vor Schritt gehen, damit nicht Alles zn Grunde gehe, indem man Alles auf einmal gut machen will. — So dachten auch die guten Katholiken im Schwel- zcrlaudc, und hatten großen Abscheu vor den Neuerungen und vor der Abtrünnigkeit vom alten heiligen Klauben der Vater. Und viele sromme und vortreffliche Männer unter denselben warnten und sprachen: „Sehet euch vor, ivaS ihr thut.' Denn ihr, die ihr unö Irrthum vorwerfet, seid ihr nicht auch, als fehlbare.Meuschen, des Irrthums fähig ' Wir folgen den Ueberlieferungen frommer Männer, die tausend und mehr Jahre den Zeiten Jesu näher gelebt Hain; warum sollen wir euch mehr glauben, den» ihnen, die ihr von Heute seid ? Seher euch vor, denn ihr, die ihr mit den Lippen von der Liebe Gottes überfließet, traget blutige Zwietracht, Unruhe und Verderben in das Vaterland!" ES ward viel über die Sache bei Vornehmen sind Geringen geredet und unterhandelt; doch jeder Theil behauptete Recht, zu haben, und beschuldigte den andern der Irrlehre und Keßerer. Und die Herzen erfüllten sich wider einander mit Bitterkeit und Zorn. Cs wurden auf Veranstaltung »der Kantone öffentliche NcligionSgespräche zwischen gelehrt» Männern beider Kirehparceien gehalten, um den Streit bei- zntegen; doch Meßt blieb jeder nur fester in seiner Meinung begründet und- verhärtet. Dir neue Predigt von Wiederherstellung dcö alten christ. lichen Glaubens verbreitete sich von Tag zu Tag weiter. Gleichwie in Zürich besonders Zwingt« dafür am meisten wcrkce, so in Bern Berchtold Halter, Lnpuluö, Nikolaus Manuel, und in Basel OeeolampadiuS, in Bünden Heinrich Svreiler zu St. Antonieu, Johannes Cvn,ander zn Cbnr, Johannes Blasinö zu Ma- lauö, am Genfer - und Neuenburger-See Wilhelm Iarcl, in Brei Thomas Wyttenbach, und so noch zahllose Andere. Gleichwie in Zürich und Bern, so stellte man anch bald in Schashanscn, Basel, St. Gallen eine neue Kirchen- ordnnnq anf; schaffte die Messe, die Verehrung der Heiligen, die Klöster ab; reichte im Abendmahl nicht nur das Brod, sondern auch den Wein an die Laien oder Nichtgcistlichen; erlaubte den Priestern, sich z» vcrheirathcn, und führte die neue GlanbeiiSorknutig durch obrigkeitliche Befehle und mir - 119 ernstlicher Gewalt beim Landvolk ein, selbst wider Willen und Ueberzeugung mancher Unterthanen. Und so wie oft die Obrigkeiten und die Lehrer im Eifer zu weit gingen, also trieb es dann nicht selten der rohe Pöbel noch weiter; schändete die lange verehrten Bilder der Heiligen, mißhandelte die aufgestellten Kreuze und trieb Sport mit denen, welche dem alten Klauben creu bleiben wollten. Solches empörte das Gemüth der Katholiken sehr, daß sie voll Hasses gegen die reformirtcu EidSgcnosscu wurden. Luzcrn, Uri, Schwyz und Unterm arden hielten an der alten Lehre fest, verbrannten auf Befehl des Papstes (1521) Luthers Schriften, verboten in ihren Landen die neue Predigt, und droheten mit Todesstrafe. In den Kantonen GlarnS und Appenzell parceietc sich (umü Jahr 1524) das Volk also, daß daselbst Katholische und Nefor- mirtö zwieträchtig unter einander wohnten. Aber in Solo- thuen und Frei bürg untersagten die Regierungen alle GlanbcnSneuerung. Als endlich die Lehre der Neformirtcn auch in die gx.l meincidsgenössischen Vogleien eindrang, iu'S Nhkinthal undThurgau, in'S Toggenburg, in die freien Aemter, in die Grafschaft Baden und andere Orte, wurde den Katholischgebliebenen bange. Besonders fürchteten die kleinen Kantone, wenn die gemeinen Vogtekn die neue Lehre ergriffen, nicht nur Schaden an den Hcrrschaftörechtcu zu leiden, sondern auch, daß die rcformtrteü Städte allzu- Knächtig werde» könnten. Denn man kannte gar wohl den Hang der Städte nach Ländcrcrwcrb. Auch sah man, wie gewaltthätig die Ncugläubigen an vielen Omen verfuhren, und wie sie den Altgläubigen die althergebrachte Art des Gottesdienstes verboten. Und der Widerwille ward noch größer, als die Altgläubigen wahrnahmen, daß die neuen GlanbcnSlehrer selbst mit einander uneinS waren; daß in den reformirtcu Kantonen Schwärmer Unruhen und klüftigen stifteten, und sich den Gesetzen und Obrigkeiten widerspenstig erwiesen. Besonders machten die ausgestandenen Wiedertäufer großes Getümmel und Aergerniß, die da predigten in Wäldern und Feldern und die Ankunft des Messias weissagten, der alle geistliche und weltliche Knecht- schaft' abthun werde. So groß ward der Wahnsinn dieser Schwärmer, daß die Städte Zürich, Bern, Ec. Gallen, Schafhausen und Basel zuletzt die allerhärteften Strafen gegen sie verhängen mußten. Denn die Leute führten unter sich Gemeinschaft der Güter und der Weiber ein; Jung- fraueu hielten sich für Messiasse; und Thomas'Schmucker enthauptete mit dem Beile seinen eigenen Bruder Llenhard auf der Mühlegg, als Opferlamm für die Sünden der Weit. 3L Die Zwietracht in Kirchen-Sachen nimmt Oberhand. (Von, tzahr tL27 - iZZti.) Von Jahr zu Jahr, von Tag zu Tag stiegen im Schwer zerlande die Unruhen, Verwirrungen und Feindschaften wc- gen der Kirchentrennnng. Beide Parteien, nin ihr wahres Christenthum zu bcurknudeii, verfuhren recht uuchristlich. Man sah großes Unglück herankommen. Wohl noch viele werft und redliche CrdSgenosscn lebten, warnten unter Ka- tholiken und Neformirten, und sprachen: »Ist unser Glaube der wahre, und ist er aus Gott: so lasset unö solches mit Werken der Liebe beweisen Einer gegen den Andern; denn die Liebe stammet von Gott, aber Groll und Feindschaft stammet vorn Satan.« — Doch, wie immer zu geschehen pflegt, geschah auch hier. Man borte die Stimme der Weisen nicht vor dem Geschrei und Toben derer, die aus Stolz rmd Eigennutz eiferten. Denn von denen, welche für oder wider den alten oder neuen Glauben die Stimmen erhoben, schrien und tobeten Tausende und Tausende, nicht aus Frömmigkeit und Liebe des Gnrc» und Wahrhaften, sondern weil sie Nebenabsichten hinter einem heiligen Vorwand erreichen wollten. Unter den Landleuicu erwarteten viele von Einführung deS neuen Glaubens größere Freiheiten und Rechte; und wenn ihnen dieselben nicht zu Theil wurden, gingen sie wieder zur ka- tholischrn Kirche zurück. Als der Rath der Stadt Bern das Kloster Inter lachen aufhob nnd reformirce Prediger anstellte, waren die Bauern gar sehr zufrieden, und dach. ten: kein Klostek mehr, keine Zinsen und Frohndicnstc mehr.' Wie aber darauf die Stadt den Zins und Frohndienst für sich selbst forderte, wurden die Bauern aus Zorn wieder katholisch, jagten die rcformirten Prediger von bannen und zogen in bewaffneten Haufen bis Thu». Da bor die Stadt ihre übrigen Unterthanen auf, in dieser Sache einen schiedsrichterlichen Spruch zn fällen; denn Bern wollte Frieden halten, weil eö nicht von den benachbarten Kantonen, die katholisch waren, schleunige oder rrcne Hilft erwarten konnte. Nnd die Unterthanen ehrten das Vertrauen der Obrigkeit, sprachen gerecht und sagten: »die weltlichen Rechte des Klosters gehen zur weltlichen Obrigkeit über, und sind keineswegs der Bauer» Gut geworden.« Darauf gingen die ausgestandenen Leute deö GrindclwaldeS mürrisch auseinander, obwobl die Stadt ihnen manches von den alten Lasten zum Besten der Armen nachgelassen hatte. -' E Damit war noch kein Friede. Denn die OrdenSlente von Iiiterlachcii schlichen nnihcr und wiegelten heimlich das Volk auf. Der Abr von Engelberg, für seine alten Recht, same und Einkünfte im bernischen Oberlande besorgt, that desgleichen, besonders im Oberhasii. Das Obexhasii hat von ältesten Zeiten großer Freiheit genossen, eigenes LandeSsiegel, Panner »nd selbftgewäblten Landammann gehabt, und stand nicht sowohl unter unmittelbarer Herrschaft, als unter dem Schutze der SradrVeru. Wie nun die Gc- meinden deS OberbaSli, anfgemnntert durch die Mönche von Engclberg und durch die Untcrwaldner, ihre Nachbarn, den reformirten KotteLdienst bei sich wieder abschafften (I52d) und von Uri und Nnterwalde» katholische Priester kommen liessen, thaten die Grrndelwaldcr auch also; Acschj, Frutigen, Obersimmen und andere Thalschasreii folgten dem Beispiel, und die Unrerwaldner schickten für den Noth- fall sogar Hilfe über den Brünig. Bern aber waffnetc eilig und kam mit seinem ÄnegSvolk heran, ehe denn der Abfall größer würde. Da flohen die mißvergnügten LaMeiite ver> zagt auseinander und die Unrerwaldner über den Berg zurück. Bern strafte ObcrhaSli schwer; nahm dein Thal Panner und LandeSsiegel auf lange Zeit, daü Recht, den Landammann zu wählen, aus immer; ließ die Anführer des Anfstandcü hinrichte» und die klebrigen im Kreis bewaffneter Kriegs- knechte aus den Knien abbftte». Auch Frncigen, Simmen- rhal und die andern wurden zum resormikton-Gvrteödienst mit Gewalt zurückgeführt. Wo die reformirten Regierungen in ihrem eigener. Landen und Unterthaneiischaften Kirchriiändcrmigcn 'vornahmen, gelang es ihnen meistens ohne viele Mühe. Denn das Volk war voll Sehnsucht nach reiner Lehre, oder unwissend und voll knechtischer Furcht vor Herren und Obern in den Städ> t«n. Und es nahm oft weniger a»s Ueberzeugung, denn aus blindem Gehorsam die neue Glaubenslehre an. Allein rn den gemeinen Vogreicn, wo katholische nnd resornmte Stände zugleich daS Recht der Obcrherrlichkeit übten, gab cS heftigern Anstoß und vielerlei Umwälzung. In den freien Nennern, in der Grafschaft Baden sah man Gemeinden zuweilen den Glauben in einem und demselben Jahre mehrmals wechseln, je nachdem die katholischen oder reformirten Kantone größer» Einfluß gewannen. Der Stadtrath von Bremgartcn, aufgestiftet durch die katholischen Stände, trieb den Pfarrer Heinrich Bullinger daselbst aus seinem Amt, der die neue Lehre in den freien Aemtern ausgebreitet halle; hingegen das Volk, aufgestiftet von Zu. rieh und Bern, cmotzte die Beibehaltung des reformirten Gottesdienstes. Selbst die Abtei Meningen neigte sich 122 -— diesem zu, und das Loggen bürg beschloß, trotz seinem Oberhrrrm, dem Abt z» St. Gallen, die Abschaffung der Messe und der Heiligenvcrehrung. Darüber stieg der Ingrimm der katholischen und refor- mitten Kantone gegen einander immer heftiger. Weil in Frauenfeld der katholische Schultheiß. Weerli gegen den Gottesdienst der Reforminen heftig gethan, Wen ihn auf der Durchreise die Züricher, ungeachtet er daö Unter- rvaldner Wappen auf dem Mantel trug, und richteten ihn öffentlich hin. Dagegen nahmen die Sehnn,zer den refor- mircen Pfarrer Kaiser von Uznach gefangen, und ver- brannten »hn, als Ketzer, auf dem Scheiterhaufen. Zuletzt fürchtete Jeder für sein Leben, der durch ein Gebier von andern, Glaubensbekenntniß reisen mußte. AlS der Landvogt Anton Abacker sich von Untenvalden auf seine Stelle nach den freien Aemtern begeben mußte, wollte er es nicht ohne bewaffnete Begleitung thun. So hoch waren Mißtrauen, Furcht und Haß gestiegen. Als nun dieser katholische Landvogl in die freien Aemter einzog, zitterten die reformirtcn Unterthanen daselbst. Zu ihrer Sicherheit leg. rrn die Züricher achthundert Mann Fußvolks nach Brem- garren und in die Abtei Muri (1529), und einige tausend Mann in'S Gast erlaub, in den Thurgau und gegen den Kanton Zug. Auch Bern rüstete zehntausend Mann zum Streit, wenn eö noth thue. Hingegen waren die katholischen Orte nicht minder ge- rüstet. ttri, Schwyz, Unrerwalden, Zug und Luzern zogen ibre Kriegsmacht auf die Grenzen zusammen. Ändert- halbtausend Walliser stießen zu ihnen. Mit dem römischen König halten sie Bund gemacht zum Schutz des alten Glaubens. Als nun die übrigen Kantone sahe», wie C'chSgeiiossen gegen EidSgenoffen das Schwert zu zucken bereit standen, traten sie vermittelnd dazwischen und mahnten zum Frieden. Noch regte sich aus den bessern Tagen des Schweizerbuiideü ein edler Geist, und der EidSgenoß von der Limmal konnte nicht vergessen, er sei des Mannes aus den Waldstätten Bruder. So warü bei den Hanplleuten und Gemeinen der kriegerischen Saufen, die an den Grenzen ihr Mittagsmahl oft freundschaftlich beisammen verzehrten, und dre Milch- suppe neben den Marchstein ihrer Kantone stellten, sind scherzend mit den Löffeln kriegten, wenn einer in der Schüssel über die Grenze hinaus -nach einem guten Bissen fischte. Also gelang cü noch einmal dem Landammann Acbli von KlaruS und dem Stadcmcister Sturm von Srraßburg, daß sie zwischen den Hadernden einen Land-Neligionüfrieden am 26 Juni 1529 stifteten. -7- Die Kriegsvölker zogen wieder heim. - 123 Kaum waren sie zu Hause, erneuerte sich das alte feind. liehe Spiel, und hefonderö waren die reformieren Schweizer gar geschäftig, ihre Lehre überall weit auszubreiten. Durch -Berns Betrieb ward dem reformirttn Gottesdienst im Für. stenthum Neuenburg Aufnahme bereitet und im Kanton Solothnrn ihm durch den gelehrten Berchrold Hall er Bahn gebrochen. Durch Zürichs Betrieb wandten sich viele Gemeinden im Sar.ganscrland und Thurgau, und in der Grafschaft Baden, auch Kaiser stuhl und Zur; ach, dem nenvcrkündcten Glauben zu. Ja, als zu derselben Zeit der Abt von St. Gallen, Franz GciSbcrger, starb, ging Zürich nebst dem reformirten Theil von Glarus damit um, die Abtei St. Gallen aufzulösen, und alles Geistliche dort weltlich zu machen. Wirklich führten die Bürger der Stadt St. Gallen in die Kirche der Abtei reformirten Gottesdienst ein. Man bestimmte vom Reich, rhnm des Klosters viel zur UnterstülMig der Armen; gab den reforiiiirteu GotteshauSlcuten Loslassung von mancherlei Lasten, und ertheilte ihren Gemeinen das Recht, die Pfarrer selbst zu wählen. Das verdroß die katholischen Kantone. Denn nicht Zü, rieh und Glarus allein, sondern auch Luzcrn und Schwyz waren Schirmorte der Abtei St. Gallen. Und obwohl jene bei allen Veränderungen die Rechte von beiden katholischen Schirmvrten vorbehalten hatten, machten sie doch fort und fort neue Aenderungen; und obwohl die Reformirtcn immer für die Unterthanen in den gemeinen Nogteien Gewissens, freiheit festsetzten, liessen sie sie in der That doch selten starr finden. Auch Napperüwul endlich fiel von der alten Kirche ab, und Toggcnburg bekam Hoffnung, sich von den Rechten der Abtei ganz frei zu kaufen. Da traten zu Schwyz und Luzern auch Nri, Unter, waldcn und Zug, die da fanden, daß der letzte Neligions. und Landfriede keineswegs zu ihrem Vortheil gestiftet gc. Wesen sei. Und man sagte: „Das ist ein harter Knoten, den löset nur das Schwert!" 33 . Der Kavpcler Krieg. — Zwingli's Tod. — Schultheiß Wengi von Solothurn. (Vom Jahr INI — 15ZS.) Gar ungestüm trieb es die Bürgerschaft von Zürich. Hier wollten Alle den Krieg, doch nicht Alle aus einerlei 124 Ursache. Die Einen begehrten ihn aiiS übergroßem Eifer für die neue Lehre; meinten, man müsse für den Glauben Gut und Blut wagen, und trachten, ihn über das Schwel, zerland auszubreiten. Die Andern dachten an Erobermigen, an Erwerb der Alleinherrschaft in mancher gemeinen Voglei durch Nicdcidrücknng der katholischen Stände. Die Dritten aber wollten Krieg, weil sie im Herzen auf den Sieg der Katholiken hofften. Denn zn Zürich waren noch manche Leine im Stillen dem Glaube» ihrer Vater tren geblieben, am Ueberzeugung oder aus Haß gegen die Strenge der evangelischen Pfarrer, welche das sittenlose Leben ohne Schonung straften und gegen Bestechlichkeit und Pensionen von große» Herren ohne Schaumig zürnten. Dagegen riech Bern zum Frieden. Denn Bern war »och in seinem eigenen Lande der Ruhe nicht sicher und baue keinen Vortheil davon, wenn die entlegene Abrei St. Gallen weltliches Gut wurde. Darum riech Bern den Zürichern: ,, Warum wollet ihr Bürgerblitt vergießen '? Sperret den Waldstättcn den Kornhandel, bis sie alle Punkte des NeligionS- und Landfriedens erfüllen und euch Genüge leisten." Dawider redeie Zürich: „Solch ein Mittel har alles Gehässige eines Krieges, obiie den schnelle» Entscheid, welchen ei» rascherFeldzug bringt." Also ward znm Schwert gegriffen, in Zürich mit Begierde und grosier tteberetlung, in Bern mit Unliebe und großer Langsamkeit; das brachte beiden Schaden. Die fünf katholischen Orte aber, Luzern, Uri, Echwnz, Unrerwalden und Zug, sprachen zu Zürich und Bern: „Ihr breitet eure Neuerungen mit jedem Tage weiter aus durch List und Gewalt; solle» wir dulden, daß der-heilige Glaube der Altvordern gänzlich aus dem Erbe der Aitvorderu verschwinde ? Ihr machet- unsere Unterthanen von uns abtrünnig, und begünstiget die Aufrührer. Ihr habet geduldet, daß die empörte» Rheinthaler sogar den Unterwaldncr Landvogt Krch überfielen und auf dem Rathhause zu Alrstätrcu noch jcht gefangen halten. Ihr habet den Abt von St. Gallen auü seinem Recht und Gut vertrieben. Wir haben eidSgenoffischeS Recht begehrt, und ihr habet es verweigert. Wir wollten Versöhnung, und ihr schlüget uns freien Kauf und Markt ab. So entscheide denn daö Schwert, weil ihr eö verlanget. Gott richtet!" Also sprachen die fünf Orte, und es zogen ihre Banner stracks mit achttausend Mann gen Zug und in die freien Aemter. Da sah man schon einen Streithauscn der Züri- eher bei Kappel gelagert, der war schwach. Daö Haupt, panier von Zürich sollte aber nachrücken. Die Benicr hielten bei Lcnzburg, und wußten nicht, waü thun, weil - 125 sie »bnc VerhaltungSbefchlc standen. Die Banner der fünf Orre drangen am zwölften Tag WeimuoiidS „ach Kappet vor; dreihundert der Mnthigstcn stürzte» sich alsbald - in die Schlachtreiben der Züricher. Die Andern rückten nach. Schwer war der Kamps. Zu spät und zn ermüdet kam das Hauptpanier von Zürich «der den AtbiS. Mit ihm war Huldreich Zwingli. Da fochten Schweizer gegen Schweizer mit altem Heldengeist. Ueber sechshundert von Zürich wurden erschlagen. Unter den Todten lag die Leiche Zwingli'S. Die klebrigen hohen, bis in die Nacht verfolgt. Spät kehrten die Sieger auf die Wahlstatt zurück, dankten Gott, nach der Sitte ihrer Väter, für den blutigen Untergang der überwundenen Bruder und plünderten das »er- iaffenc Lager von Zürich. Doch folgendes Tages schon waren die Höhen des Aldis wieder mit reformirmi HilsSvölkcrn bedeckt. Die Berncr standen zahlreich bei Brem garten und plünderten das Kloster Muri; von der andern Seite drangen die Evangelischen biü zum Zligcrberg. Mehrere ihre- Sc.-aarcn sollten hinaus, das Kloster Einsicdcln auszurauben. Aber Hans Hng, der Sohn dcö Schultheißen von Luzcrn, mit sechs hundert AuücrwählteN' überfiel sie vor Tagesanbruch Weiumouds) auf dem Berg Gnbcl bei Menzingcn, und schlug sie in die Flucht nach kurzem Gerecht. Iu der Stadt Zürich entstand Trauer und Schrecken um diese Niederlagen: ftchSundzwauzig Glieder des großen und kleinen Rathes hallen guf dem Schlachtfeidc ivr Leben eingebüßt. Die rcformirtcn Bund »er, schon im Anzüge begriffen, hielte» nun bei Uznach still. Die evangelischen Glarner wollte» nnparteisam bleibe». Die Toggenbur - ger wollten für ihre Sache mit den katholischen Schirm- orten der Abtei St. Gallen unterhandeln. Da dachte Zürich: Wir stehen allein. Friede ist noth! Die fünf Orte, ohne Ueber,nutb, boten ihren Frieden unter billigen Bedingungen, Am sechzehnten Tage Winter- monatS ward er mit Zürich auf dem Hofe zu Teynikon, «mer dem Breitholz, aus freiem Felde geschloffen. Wegen der Kriegskosten sollte später ein schiedsrichterliches Urtheil entscheiden; i» den gemeinen Vogteicn aber jede NcliaionS- partci gleiches Recht gemessen. — Als es die Bcrner hör, re», zogen sie heim, und traten dem Frieden gern bei. Denn Viele von ihnen waren noch der römisch-karhoiAcht» Kirche im Herzen treu. Ging doch selbst, wenige Jahre nach diesem, Sebastian von Dies dach, der bernische Feldherr, wieder zum katholischen Glauben zurück und in die Sradt Freiburg im Ueehtlaud. Nachdem die fünf siegreichen Orte mit Zürich und Bern 126 - den Frieden geschlossen, hielten sie noch Abrechnung mi< Solothnrn. Denn die Solothnrner hatten den Bcrncrn KricgShilfe geleistet. Die meisten Gemeinen des KantonS Solothnrn waren schon dem evangelischen Glauben zugethan, und darum den Bervern gern behelfen. Nur in der Hauptstadt sah man noch Rath und Bürgerschaft zwiespältig, und gab eö viel Zanks und Verfolgend wegen des Glaubens unter ihnen. Nun aber, alrldie fünf katholische» Ort< für sich Entschädigung von taufend Goldg'-ildcn ver« langten, oder statt dessen begehrten, daß die Solothnrner zum Glauben der Alten zurückkehren sollten, wollten die wenigsten zahlen. D'' meisten nannten sich wieder katho- lisch. In der Stadt selbst zogen die Katholischen darauf gegen die Nesormirlen aus, sie zur Abläugnung deö evan- gelischcn Glaubens zu zwingen, und rannten mit geladener Kanone vor das HauS, in welchem die Nesormirlen sich be- rathschlagken. Schon drohte der zerschmetternde Schlag aus dem Geschah. Siehe, da trat ein ehrwürdiger Mann unter die Ergnmmlcn, legre seine Brust voll treuer Bürgerliche vor die Mündung der Kanone und sprach: »Soll Bür- gerblut fliessen, so fliesse denn mein Blut zuvor!" — Alle erschrocken, als sie den christlich, großen .Helden erblickten; das war der Schultheiß Wengi von Solothnrn. — ES floß kein Blut. Aber die Evangelischen in der Stadt, welche lieber Alles, als den ihnen theuer- werthen Glauben verlassen wollten, opferten Hab und Gut auf, und zogen hinaus tu andere Städte und Lande. Auch in vierundvierzig Gemeinen der Landschaft, von denen schon vierunddreißig die evangelische Lehre angenommen hatten, ward der römisch-katholische Gottesdienst wieder hergestellt. Das waren die Wirkungen des brudcrmörderischcn Sieges bei Kappel, aber nicht alle. Denn auch der Abt von St. Gallen wurde in seine gesummten Rechte wieder eingesetzt, und in den gemeinen Vogleten die fernere Ausbreitung des Glaubens der Evangelischen auf immer verhindert. Ja, so groß ward das Uebergewtcht der Sieger, daß vieler Orten in den gemeinen Herrschaften der katholische Gottesdienst nitt Gewalt eingeführt werben mußte. Genf trennt ßch von Savotcn. — Veru bemustert ßch des Waadllandes. (Dom Jahr 1233 - 1338 .) Nicht minder haderten zu dieser Zeit die Völkerschaften tu den übrigen Gegenden des helvetischen Hochgebirges wegen der Angelegenheiten ihrer Kirchen. Zwanglos bekannten sich die Gemeinen in den Thälern BündrnS, die einen zur allen, die andern zur neuen Kirchcnlchre. Im Wallt», wo Thomas Plater die Glaubensrcinigung am eifrigsten predigte, hatte der evangelische Gottesdienst zu Silken und Lenk zahlreiche Bekenncr. Im Waadrlande, längs den Ufern des lemanischcn Sees, wandte sich Lausanne mit den übrigen Städten und den meiste» Dorfschaftei: von der römischen Kirche ab. Eben so auch geschah zu Genf; hrcr aber mit großen Verwirrungen und erschütternden Um- wälznngen. Denn der kirchliche Zwiespalt verband sich mit schon längst begonnene» bürgerlichen Entzweiungen. Genf stand im Ruhm als eine volkreiche und schöne Stadt, durch Wissenschaft, Kunst, Gewerbsteiß und Reg. samkcit ihrer Bürger emporstrebend. Zweimal war dieser uralte Ort der Allobrogen, zur Zeit der römischen Kaiser, zerstört worden, und immer wieder neu aus dem Schütte hervorgestiegen. Noch heute werden dorr zwei Straßcnpstaster unter einander gefunden. Nach den Römern saßen daselbst oft die Könige der Bnrigunden; unter den Franken nachher hielten die burgundischen Freien zuweilen da ihren Landtag. Ein Bischof übte seil undenklichen Zeiten geistliche Gewalt weit umher. Er besaß sürstlichen^Tttel und große Güter und Rechlsamc, sogar Hoheitürccht über die Stadt. Dies hatte sonst den fränkischen Königen gehört, d>. cS den Bischöfen gegeben. Die übrigen Nechtd der Könige vcr- Walteren die Grafen zu Genf, als Beamte. Aber mir der Zeit hatten diese Grafen ihr Amt, und Alles, was sie verwalteten, erblich an sich gebracht. Nicht nur betrachteten sie den ganzen Gcnfcrgau, was davon nicht des BiSthumS Eigen war, als ihr Eigen, sonder» ste waren auch Vn- rhüme oder Statthalter des Bischofs in Derwalrring seiner weltlichen Rechte. Immer blieb nebenbuhlcrischcr Zank zwischen dem Bischof von Genf und dem Grasen von Gens Dabei harre zule l am meisten die Bürgerschaft der Stasi gewonnen, welche bald diesem, bald ftuem belstand, nvv bald von diesem, bald von senem nur neuen Rechte» und ,24 - Freiheiten belohnt ward. So kämpften endlich drei Parteien auf diesem engen Landstriche um den Vorzug: der Bischof, der Graf von Gens und die Bürgerschaft der Kradt. Ein Vierter kam bald hinzu, der benachbarte, mächtige Gras von Savoicn. Diesen hatte die Bürger- schaft zuerst gegen den Grafen von Gens zu Hilfe genommen, nnd ihm von dessen Reclikcn viele übertragen; darauf oder gelüstete demselben nach Allem. Er suchte den Grafen von Gens zu verdrängen, und, als dessen Geschlecht auS- starb, kaufte er die Güter desselben an sich. So ward er sehr einflußreich. Je mächtiger der Graf voü Savoien stieg, der sich zu- Itt'l herzogliche Würde beilegte, je gefährlicher stand er der Bürgerschaft von Genf gegenüber. Denn er brachte bald auch die ganze Gewalt des- BiöthumS unter sich, indem tbm leicht ward, den bischöflichen Stuhl zu Genf jedesmal mit einem Sohne deS savoiischen Hauses zu besehen. AlS ledoel, dieser Bischöfe einer, nach den Kriegen der Schweizer mit Karl dem Kühnen von Burgund, für sich und die Stadt ein Burgrecht oder Schuhbiindniß mit den Städten Bern und Freibnrg (im Jahr E5) aufgerichtet hatte, erhielt unversehens die Bürgerschaft an diesen benachbarten Eidö- genossen neue Gewährleister ihrer sehr bedrohte» Rechtsame gegen die gewaltthätkgcn Herzoge und Bischöfe. Das halte große Folgen. Eines TagcS (im Jahr 1517) schnitt ein muthwilliger Bursch zu Genf aus Bosheit dem Maulesel deö bischöflichen Richters Grossi das Springgelcnk ab. Der Thäter und ein Haufen leichtfertiger Gesellen, die dem Richter nicht wohl wollten, liessen daS Stück deS Maulesels durch einen Blödsinnigen in den Straßen nmhcrtragcn und dazu rufen: „Wer kauft? Wer kauft von der große »..Bestie/" DaS ärgerte den Grossi doppelt, denn er deutete die Worte auf seine Person. Er klagte die Wildfängc vor dem bischöf. liehen (-«deichte an. Der Bischof begnadigte Alte, ausser einen, Namens Pecolat, den er gefangen sehte, und einem, NamenS Berthelier, der nach Freibnrg entfloh. Nun erhob sich Streit, vor welches Gericht Pecolar gehöre. Die Stadt Genf behauptete, er müsse vor dem ihrige» stehen. Die Sache ward weitläufig nnd kam vor Herzog, Bischof, Erzbischof und Papst. Unterdessen war Berthelier zu Freibnrg nicht müßig gewesen. Von seinen Mitbürgern bevollmächtigt, stiftete derselbe engere Verbindung zwischen Freibnrg und Genf. Als er, um sein Werk zu vollenden, mit verheißenem sichern Geleit nach Genf zurückkam und den Bund mir Freibnrg (6 Hornnng 1518) zu Stande brachte, ward der Herzog darüber so erzürnt , d.aß er. einige Genfer, - 122 die durch sein Lau- reiseten. in Tnrin hinrichten ließ. Desto heftiger ward die Erbitterung und offene Parteiung mischen denen, die lieber zu den Eidsgenosscn, und denen, die lieber zum Herzog hielten. Der Letzter» waren ober wenige, und man hieß st- nur Mameluken. Die Andern aber hieß man Eidögenossen, oder, wie sie mtt ihrer fran- zosischen Zunge ansprachen' Hug - not t c n. ES ward der Street wegen des Bündnisses vor manche schweizerische Tagsatznug gebracht, wenn auch vhne Erfolg. Der Herzog verfolgte die Hugenotten wie abtrünnige Un. tcrthancn so grausam, daß Viele nach Bery und Freiburg stüchmen. Den Berthe lier selbst ließ er auffangen und hinrichc-n. Der savoiische Adel mußte die Stadt auf alle Weise plagen. Dann kam zu dem Allem noch der Streit „m die neue Kirchenlchre. Die meisten Hugenotten waren evangelisch-refornürt. Ja der Prior von St. Vlttor, Na. rnens ^onnivard, stand einer der Ersten auf, der wrder den Papst lehrte. Desto härter verfuhren der Herzog und der Bischof gegen die Genfer, also daß Bern und Freiburg nicht länger ihre Bundesgenossen ohne Schutz lassen wollten. Mit zwölfransend Mann zogen sie verwüstend durch'S Waadt. land bis Morsee.. Da traten Abgeordnete von WalliS milchn Kantonen vermittelnd herbei und bewogen daö Heer znm Rückzüge, und zu St. Julian ward Friede geschloffen (15Z0). Der Herzog verhieß, die Rechte von Genf zu ehren, widrigenfalls er mit Verlust seines gesammten Waadt. landeü bedroht ward; und hinwieder Genf versprach, bei Verlust -es eidsgenössischen Bundes, des Herzogs Rechte ö" 8ned"'war hergestellt, Freundschaft nicht. Der grol. lcnde verzog seine 'die Verfolgungen fort. In der Stadt haderten die Parteien der Katholilchen und Evangelischen. Es wurden Anschläge wider einander gemacht, Meuchel. morde vollzogen. Die Hugenotten aber behielten Oberhand. Bischof und Herzog machten endlich Ei ' nfc, die Stadt mir gcwaffnctcr Faust zu überfallen. Wackmmkeit und Tapfer, keil der Bürger vereitelten jedoch diese Entwürfe. Der Bischof stov, erschrocken vor dem Volk, aus der Stadt und verlegte seinen bischöflichen Sitz nach Gcx. Das kam den Genfern "ohl recht. Nun führten sie ohne Scheu cvange. lischcn Gottesdienst ein, erklärten des Bischofs Obcrberr. lichkett verfallen und ihre Stadt zum unäbhängigcn Freistaat (im Jahr 15Z6). Es war ein verwegener und großer Schrttt. Aber er gelang. Denn zu den Geufern begab sich Johannes Cal. vin, ein ftavzosischcr Geistlicher anü Noyon. Der war ein gelehrter, t» SraatS. und Kirchendingeu gewandter, 9 130 - lind in Verbreitung des evangelischen Glaubens gar eifriger Mann. derselbe richtete bei ihnen nicht nur den Gottes- dienst nach der neuen Lehre ein, sondern mir großer Strenge verbesserte er auch die zügellosen Sitten, und half er der Einrichtung des neuen Gemeinwesens durch feste Gesetze. So groß ward das Ansehen Calvins, daß zuletzt nicht- wider seinen Wille» geschah; so groß der Ruhm seiner Ein- ficht in geistlichen Dingen, daß in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland nach seinem Namen die Reformirten Calvi nisten geheißen wurden. AlS indessen die vertriebenen Mameluken und der savoiische Adel des Waadtlandcü die Stadt hart bedrängten, sandten die Berncr dem Herzog von Savoien eine Kriegserklärung, weil er den Friede» von St. Julian nicht halte. Sie schickten siebentausend Mann Kriegövolk- (Jänner 1536) in's Waadtland, eroberten büineu eilf Tagen Alles von Murten bis Genf; befreiten die frohlockende Stadt; »er- trieben den Bischof aus Lausanne; Nahmen dessen Güter und Nechksame an sich, und wurden Oberherren des ganze» WaadtlandcS, hier noch mit geringerer Mühe, als ehemals im Aargau. Denn der Herzog von Savoien konnte nur schlechten Widerstand leisten, weil er mit dem Könige von Frankreich Krieg führte, und sich in großer Noch befand. Der savoiische Adel stand gar ohnmächtig da. Die Städte und Gemeinen aber unterwarfen sich den Bernern gern, weil die savonschen Herzoge oft übel regiert, und die Landstände mehr für sich selbst, als für das Volk, gesorgt hakten. Doch WalliS und Freiburg sahen die Eroberung der Waadl durch Bern nur mit ungünstigen Herzen. Sie wollten gern auch ihren Theil davon. Die Wälliser bemusterten sich von ihrer Grenze hinweg des Gebietes bis an die Brause; die Freiburger nahmen die Landschaft von Nue und Romont. Berit, ließ daS wohl geschehen, um ungestört das Hanptland ju behalten, und sich darin festzusetzen. Darum führte eS sogleich auch aller Orten den reformirten Gottesdienst ein; setzte über die verschiedenen Bezirke acht Landvögte, und verordnete für das neuerworbene welsche Gebiet einen eigenen Seckelmcister, der Rechte und Einkünfte des Staatü zu verwalten hatte. Nur wenige Orte behielten die ehemaligen Freiheiten. Der Stadt L a ü sa nne jedoch verblieben ihre alten großen Vorrechte fast insgesammt, also daß sie wie eine Schlitzstadt anzusehen war.— Zweimal schon in frühern Zeiten hatte Bern die Waadt erobert; einmal in den Burgunder-Kriegen, da es Bex und Arten für sich behielt, das zwcitcmal vor dem Frieden - »L1 bei St. Julia»/ da cS nichts bedielt. Jetzt zum drittenmal gab es die schöne Beute nicht wieder zurück. Zwar die großen und reichen Grafen von Grein-», welche im Waadtlaude viele Güter hatten, weigerten sich lange standhaft, den Städten Bern „nd Frcibnrg wegen tbrer hiesigen Herrschaften Huldigung zu leisten. Allein weil die Grafen verschuldet und gcldbcdürftig waren, kauften Bern und Freibnrg staatöklug die Forderungen von deren Gläubigern an sich (im Jahr 1554). So gelangte damit Frciburg noch in den Besitz der Herrschaft Kreier;; Bern aber in den Besitz von Nötsch mund und Oron. ES hatte Bern demnach sein Gebiet um das Doppelte erweitert, und ist durch staatSkluge Benutzung des günstig, sten Augenblicks, durch Gemcinstnn, Entschlossenheit und tapferes Gcmiirb seiner Bürger die mächtigste Stadt der ganzen Eidügcnvsscnschaft an Land und Leuten geworden. 35. Glaubenshaß in den italienischen Vögteiett, in Bünden und überall. Der Kalender «Streit und der Borro- meische Bund. (Von, Jahre ins — 1L86.) Die Stadt Genf, mit einem kleinen Gebier ausser ihren Ringmauern, blühte fortan alü Freistaat und ward eine der berühmtesten Städte des SchweizcrlandeS durch Kunst und Wissenschaft. Doch weigerten sich die EidSgcnoffcn, sie alö zugewandten Ort zu erkennen, weil sie immerdar voller Unruhen blieb. Diese Unruhen waren Wirkung theils der jungen Freiheit selbst, theils der herben Strenge vom Nc. ltgionScifer des Johannes Calvin. Calvin verfolgte Jeden, der nicht seinen Lehren beistimmte, mit Verbannung, Schwert und Scheiterhaufen. Nur Bern, allein hielt treu z» Genf, Genf zu Bern; auch erneuerten beide ihr Burgrccht oder Schutzbündniß (im Jahr 155") auf ewige Zeiten. Denn Genf fand an Bern den sichersten Schutz seiner Freiheit gegen äussere und innere Anfechtung; Bern dagegen an Genf eine starke Vormacht gegen Savoien, zur Behauptung der Waadk, und zur Zäh. müng der Waadtländer, wenn diese vielleicht Freiheiten ansprechen wollten, welche die eidSgenössische Stadt nicht zu bewilligen gut fand. 152 Der Glaubenözwist unter den EidSgenossen und ihren Unterthanen hatte unterdessen auch in den ennelbirgischen oder italienischen Landvogteien, jenseits des Volkhards, viele Herzen getrennt. Besonders wär in der Vogtci Lo- carno die Anzahl der Evangelisch. Reformieren groß; zu ihnen gehörten viele der angesehensten und reichsten Geschlechter; dort hatten LälinS und Faustus Sozzini eine weit freiere Denkart in Glaubenssachen verbreitet, als selbst Zwingli in Zürich und Calvin zu Genf. Aber die Svzzint wurden vertrieben und ihre Anhänger verbannt, ober mit dem Tode bestraft. In Locarno selbst ward darauf Beccaria der vornehmste Lehrer der Evangelischen. Auch ihn verhaftete der katholische Landvogt; aber ein Hause reformirter Männer bestürmte das Schloß desselben und er- zwang Beccaria'S Freilassung. Der Landvogt, von den sieben katholischen mitherrschenden Ständen der EidSgenossen bevoll- »nächtigt, gebot dann allen Evangelischen den Besuch des katholischen Gottesdienstes und verwies mehrere des Landes. »Das ist gegen den Landfriedens" riefen die evangelischen nritherrschcnden Stände. — „Nein," sprachen die katholischen Stände, »der Landfrieden erstreckt sich nicht auf die italienischen Vogteien; hier gilt Mehrheit der Stimmen'" Und so dauerten die Verfolgungen. Dazu ermunterte ohne Unterlaß der päpstliche Nunzius oder Gesandte. Zuletzt wurde Landesverweisung aller Neformirren aus Locarno beschlossen, und (im März 1555) vollzogen- Anderthalbhun- dert Personen mußten auf dem Nathhause zu Locarno mit schweigender Ergebung das Berdaminungüurthcil hören. Da trat plötzlich der päpstliche Nunzius in den Saal und rief ergrimmt: »Das ist zu gelinde! Man muß den Landes- verwiesenen auch Hab undGüc, ja ihre Kinder entreißen!" — Solcher Härte entsetzten sich aber die Gesandten der ka- »höllischen EidSgenoffenschaft. In ihrer Brust lebte viel mehr Menschlichkeit, als in der Brust des GottespricsterS. Und sie sprachen: »Nimmermehr weichen wir von unserm einmal gefällten Urtheil!" Also zogen die Verbannten mit Weib und Kindlei» in der rauhen Jahreszeit über wilde Gebirge hin, weit von der Hcimalh ihrer Väter hinweg. Die evangelischen EidS- qenosseu empfingen dieselben mit christlicher Barmherzigkeit. Ueber hundert der Verwiesenen fanden Zuflucht in Zürich. ES waren bei denselben reiche und gelehrte Männer, die Orelli, bie Muralte und andere, deren Geschlechter noch heut in Zürich.blühen. Sie brachten die Kunst der Seidenweberei in diese Scadt, legten Mühlen und Färbe- rcien für ihre Gewerbe an, und erhöhten durch ihren Fleiß den Wohlstand Zürichs, der bald weit über die Grenze» der Schweiz hinaus berühmt ward. . - 1ZZ ES ist zu glauben/ daß die EidSgetwssen wohl endlich znr ehemaligen Eintracht/ troy der Kirchenverschiedcnheit/ zurückgekehrt sein würden/ wenn ße nicht den Einflüsterungen auswärtiger Gesandten allzngeueigt ihr Ohr geliehen hätten. Allein eS waren zu jener Zeit auch Religionskriege in Deutschland und Frankreich; da warben nun die Boten der kriegführenden Fürsten nm Gunst und Beistand der Kantone ihres Glaubens/ und wiegelten sie gegen die Andern aus; und die Priestcrschaft auf beiden Seiten half tapfer/ die Gemüther alles Volks noch mehr zu entflammen. Vorsichtig zwar enthielten sich die evangelischen Stände aller Einmischung in fremde Händel; aber nicht also die katholischen Stände. Diese folgten dem Worte des päpstlichen NunziuS/ nicht minder dem Golde/ welches besonders der französische Gesandte spendete/ um Schweizersöldner in seines KönigS Dienst zu ziehen. Sie schlössen im Jahre 1553 mit König Heinrich n von Frankreich zum erstenmal einen vollständigen Vertrag (Kapitulation geheißen) über die in fran- zösische» Kriegsdienst zu gebenden Schweizer/ und stellten zehntausend derselben in einem Jahre und sandten von Jahr zu Jahr beträchtliche Verstärkungen nach. Ruhmvoll zwar haben die Schweizer auf fremdem Boden / doch immer nur als Söldner/ gestritten. Ihr Blut/ ihre Thaten gehörten nicht dem Vaterlande an/ darum auch nicht der Geschichte des Vaterlandes. Mögen Fremdlinge preisen/ waS Söldner hei ihnen gethan. Sehr geschäftig war vor Allen der päpstliche NunziuS/ den rrsormirten Kantonen wehe zu thun. Er sann sogar darauf/ Genf/ vielleicht auch Waadtland/ wieder an den Herzog von Savoicn zu bringen. Gern hätten ihn,/ um Bernü Ucberlegenhcit zu schwäche»/ wohl selbst reformirte Kantone dazu geholfen. Doch gelang das nicht. Denn alg der Herzog von Savoien wirklich das Waadtland wieder zurückforderte (im Jahre 1564)/ kam Bern / staatöklug den übermächtigen Feind ausweichend/ durch freiwilliges Opfer des Ländleinü Gex und des ganze» Bezirks jenseits der GenfcrseeS/ größer)» Verluste zuvor. Dagegen entsagte Herzog Emaiiuel Philibert im Vertrag zu Lausanne allen seinen Ansprüchen auf die Waadt/ und der König von Frankreich gewährleistete diesen Vertrag/ doch unter Vor- behalt der alten Freiheiten/ die daS Waadtland von jeher bei Savoicn genossen hatte. — Genf hingegen blieb den Anfechtungen von Savoien noch langte Zeit bloßgestellt. Das erweckte aber nur neue Kräfte in diesem kleinen/ jedoch heldenmüthigen Freistaat/ der sein Dasein mukhvoil gegen listige Tücke und übermächtige Gewalt vertheidigte / allezeit von Bern männlich unterstützt. Darum (im Jahre 15r»i) I 134 trat auch Zürich endlich.mit den Gcnfern in ewiges BurgKcht. Unter allen Vertheidigern des römischen SrublS war in der Eidögenossenschast nie einer von größerer Wirksamkeit erschienen, als der KardinalKarl Borrv meo, Erzbischof von Mailand. Aber auch selten war einer so sehr durch Tugenden des Geistes und Herzens fähig, Großes zu vollbringen, als dieser junge, vielthätige, gottesfürchtige, für seinen Glauben begeisterte Mann. Der Anübrett-jing der Neuen Lehren ewige Schranken zu bauen und die riefcrschüt- lerre alrkätholische Kirche gegen den Sturm der Zeit auf- recht zu halten: das ward das erwählte Tagwerk seines Lebens. Deshalb schaffte er in Italien viele Mißbrauche ab, reinigte die Sitten der Geistlichkeit uNd that viele Reisen. Er trat auch in die Schweiz. Aber nicht Alles, was er hier vollbrachte, brachte den EidSgenossen Segen. Wie er in das Neltlin kam, wo die Biindner refor- mirte Schulen gründen wollten, arbeitete er mächtig, heimlich dagegen. Doch in Bünden hätte er gern Katholiken gegen Nesormirte in Harnisch getrieben; aber, ausgenommen am Hofe des Bischofs von Cbnr, empfingen ihn die freien Söhne des Hochlandes kalt. Denn' die Bündner hatten deö ReligionSzankö genug gehabt, und mit demselben war, wie hei den.Schweizern, politischer Eigennutz reicher Familien Hand in Hand gegangen. Darüber harre schon der edle Freiherr Johann Plauta von NhäzünS (> 572 ) sein Leben schuldlos auf dem Blutgerüst, und mancher Biedermann durch Strafgerichte Ehr' und Heimach, Gut und Blut ver- lorcn. Man spricht noch heul zu Tage im Büudnerlande von den ruchlosen Strafgerichten zu ThufiS und Ehur, von den bewaffneten Auflaufen deö Volks, und von dem herrschenden Laster der Bestechung in damaliger Zeit. Aber durch das Gesetz des ÄcsselbriefeS (1570) war endlich dem Laster Schranken gesetzt, vermittelst Geschenken und Umtrieben StaatSämter zu erwerben; und durch daS Gekey deü Dreifiegelbriefs (1574) bewaffnete Aufstand im Lande untersagt. Denn in den Vündnern lebte, bei aller Liebe unbeschränkter Freiheit, auch Liebe der Rechtlichkeit. Nur einzelnen vornehmen, herrfchsüchzigen Geschlechtern war weder an Freiheit, noch Rechtlichkeit groß gelegen. Als Kardinal Karl Borromeo zu den EidSgenossen kam in die Schweiz, fand er hei den katholischen Kantone» vielen Beifall. Weit sie für Schulunterricht zu wenig thaten, stiftete er für die katholische Jugend der Schweizer eine Priesterschulc, genannt Seminarimu, zu Mailand. Auch das stiftete er: cS müsse beständig ein päpstlicher Nuntius im Schweizcrlande wohnen., Solches gefiel den Reformir- t -- LZ5 ten übel; sie spürten wohl, der werde ihnen immerdar Ver. druß machen wollen. AIS einst im Winker (>S»0) solch ein Nunzinö nach Bern kam, wies ihn die Regierung aus der Sradk und die Buben auf den Gaffen warfen ihn . mit Schneebällen. Der Streit zwischen katholischen und evangelischen Par« teicn erfüllte in jenen Tagen fast die ganze Weil. Spanien, Savoien und der Kaiser waren des Papstes tapferste Vor. scchler. In Frankreich wurden aber trotz dem die Hugc« uolten oder Reformirtc» doch fast Meister. DerPabst arbeitete, die ganze katholische Welt zumKrieg aufTod und Leben gegen die Evangelischen zu bewegen. DaS hieß er einen heiligen Krieg. Im Schweizerlande ermähnte Kardinal Borro« , meo eifrig dazu, man müsse für Erhaltung der römischen Kirche starken Bund zusammen schliesset:. Und je länger die Menschen unter einander also stritten, je mehr erhitzten sich die Gemüther. Ja es gedieh so weit, daß die Resormirten den damals erschienenen verbesserten neuen Kalender nicht annehmen wollten (1582) , weil ihn ein Papst halte verfertige» lassen. So argwöhnisch gegen Alles, wenn cS von Nom kam, auch gegen das Beste, waren die Evangelischen, daß sie lieber die schlechte Zeitrechnung deö alten Kalenders beibehielten. Wenig fehlte, eg wäre darüber unter ihnen selbst blutiger Bürgerkrieg auögcbrochen. Der Zank um den alten und neuen Kalender half vieles dazu, daß die katholischen siebe» Orte den Bund für Er- Haltung der römischen Kirche unter sich schlössen, den Bor« romeo angeralhen hatte. Am zehnten Oktober 1586 kamen Gesandte von Luzcni, Uri, Schwyz, Unterwaiden, Zug, Solothurn und Freibnrg t» der Stadt Luzern zusammen, und beschworen dc» Bund, welchen man den goldenen oder Borromcischen hieß. Billiger hätte er der blutige geheißen. Er riß EidSgenossea von EidSgeuoLei» noch weiter. 36. Aufs and in Mühlhausen. Die beiden Rhodcn von Appcnjcll trennen sich. Der Herzog von Savoien will Genf überrumpeln^ < Vom Jahr 1LZ7 — rsös.) Von nun an hielten die katholischen Orte fester mit Fremden zusammen, als mit Schweizern evangelische« Glap« bens. Darüber stemm sich die Ausländer, denn sie zogen 1Z6 -- aus dieser Zwietracht Vortheil. Da kam der Gesandte von Spanten/ und streute Gold aus und schloß um Luzern, Uri, Schwyz, Nnterwaldcn, Zug und Frridurg einen Bund für seinen König (im Jahr 1587). Da kam der päpstliche Nunziuö/ predigte Krieg gegen die Reformirten oder Hugenotten in Frankreich, und mehr penn achttausend kathöli- sehe Schweizer zogen hinaus in den ausländischen Bürgerkrieg. Da kamen Gesandte der Hugenotten und predigten Krieg zur Vertheidigung des evangelischen Glaubens in Frankreich; »nd Tausende von reformirten Schweizern und Bündneru zogen hinaus in die französischen Blutfelder, und die Obrigkeiten im Lande thaten, als wüßten sie nichts davon. Auf fremder Erde, um schnödes Geld, würgte» Schweizdr ihre eigenen Brüder. Das that Glaubenshaß! Und in Alles mischte dieser böse Geist sein Gift. Auch das Kleinste machte er zam Werkzeug großen Verderbens, wie eS Mühlhausen erfuhr. Die Stadt Mühlhausen im Elsaß ist eines uralten Entstehens. Schon seit fast fünfhundert Jahren war sie, gleich den meisten Städfen der Schweiz, eine freie Stadt des deutschen Reichö, und seit hundert und zweihundert Jahren schon mit Basel, dann um Bern, Freiburg und Solothurn in Schutzbündnissen gewesen, endlich (seil dem Jahr 1515) als zugewandter Ort der Eidgenossen betrachtet , mit Sitz und Stimme auf Tagsatzungeu. Nun begab sich, daß daselbst daS Geschlecht der Finninger Rechtsstreit mit andern Bürgern wegen euieS Stücks Waldes bekam und verlor. In ihrer Rache wandten sich die Finninger an die österreichische Regierung zu Ensishcim, dann an die Tagsatznng der EidSgcnosien. Und weil man den katholischen Schweizern vorspiegelte, sie könnten Mühlhanseu bei dieser Gelegen- heil zum alten Glauben zurücktreiben, nahmen sie sich der Finninger an, unh bedrohten den Stadtrath,von Mühl- hausen mit Aufhebung des alten Bundes. Der Stadtrath hinwieder rief die evangelischen Orte an, und diese ent- schieben zu dessen Gunsten. Alsbald schickten die katholischen Orte, nebst Appenzell, den Mühlhansern den eidSgenösischcn BnndeSbrief mit abgerissenen Siegeln zurück. Nun machte die Partei der Finninger darüber Aufruhr, gewann das Volk, und setzte den Stadtrarh ab, als sei er am Verlust des Bundes mit den EidSgcuossen Schuld. Die evangelischen Kantone wollten freundlich vermitteln und richten, aber wurden nicht gehört; und als sie drohten, die Ord- nuug der Dinge init Ernst herzustellen, waffneren die Bürger und verstärkten sich mit österreichischen Soldaten. Also schickten die reformirten EidSgenosse» ÄnegSvolk, unter Anführung des Feldherrn von Erlach; sechshundert Basier / 167 voran. Aber von den Stadtmauern donnerte das schwere Geschütz. Da stürmten und erbrachen die Schwerer noch in spater Nacht daö Thor. Gefecht und Morden ward in allen Gassen; die Bürgerschaft besiegt; die fremde Besatzung entwaffnet, fortgeschickt »nd die Ruhe mit Enthauptung der vornehmsten Aufwiegler hergestellt. Doch seit diesem Jahre (1587) blieb für Mühlbausen die BundeSgenossenschafl der katholischen EidSgenvffen auf ewig verloren, und die Stadt gelangte nie wieder auf der Tagsatzung zum Stimmrecht. Bald nachdem geschahe» schier noch üblere Dinge im Lande Appenzell, Hier harren in beiden Rboden Evangelische und Katholiken unrcr einander gewohnt, im äussern Rhoden mehr Rcformirte, im innern und im Äaupfiecken Appenzell mehr Katholische. Nun kamen die Kapuziner in'S Land, und stifteten heimlich auf, man müsse die Evangelischen mit Gewalt zur katholischen Kirche treiben. Der Landammann Megqclin, ein im alreu Glauben harteifriger Mann, wollte dazu den Ansang machen. Er beschicd siebenundzwanzig junge rcformirte Männer vor den großen zwiefachen Laudrach zur Verantwortung und ließ daö Nachhalls von katholischen Bauern umringen. Wenn die Sieben- tindzwanzig nicht gehorchen würden, wollte er am Fenster ein Zeichen geben, cö sollte der Rath sich schnell entfernen, und daö Volk stracks über die Siebenundzwanzig herfallen. Allein er hatte übel gerechnet. Denn alS die Männer nicht gehorchen wollten, und er zum Fenster und die NachSherren zur Thür liefen, zogen die Siebenundzwanzig unter ihren Mänrcln verborgenes Gewehr hervor, besetzten Thür und Fenster, und brachten den Landammann in so großes Schrecken, daß er zum Fenster hinaus rief; „Friede! Geht nur auseinander!" So gingen die Bauern auseinander, «nd die Siebenundzwanzig entkamen ohne Schaden. Dieser Tag (14 Mai 1578) ward nun der Anfang aller Unruhen. Von da an plagten und verfolgten sieh die Parteien bitterlich. Die Ncformirten waren sehr gedrängt in Juncr- rhoden, die Katholiken sehr geängstet in Aufferrhoden. Man nahm einander gefangen; man l-niete mehrmals Sturm; man griff mehrmals zu den Waffe». Verständige Vater- landSmänncr verhüteten immer glücklich den Bürgerkrieg. Nachdem endlich weder in Räthen, noch Kirchhörinen oder Gemeineversamnilmigen, noch in LandLgemeinen Einigkeit zu bringen war, ward eidSgenössischeS Recht angerufen. Die EidSgeuossen aber waren wiederum mehr Partei als Nlchler. Die Katholische» halfen den Katholiken, die Re- formirten den Evangelischen. Zuletzt sprachen die Rppcn- zcller; „Das gibt keine Ru-e; mau muß das Land theilen 1.)S - und jedem Theil« eigenen Glauben, eigene Obrigkeit und eigenes Gericht überlassen!" Daö geschah nach zehnjährigem Lärmen nun wirklich / und den Landthetlungsbrief haben sie am 8 Herbst- mondS 1597 unterschrieben. ES wurden zwischen Ausser- rhoden und Jnnerrhodcn Land und Recht/ Pinner und Siegel / selbst das Geschütz im Zeughaus getheilt. Dir Evangelischen setzten sich in Ausserrhoden an und zahlten da zusammen sechstausend dreihundert zwciundzwanzig Mann; in Jnnerrhodcn wohnten die Katholischen und zählten zusammen zweitausend siebenhundert zwciundachtzig Mann. Aber beide Rhoden / obgleich getheilt, wie Ob - und Ridwaldcn, blieben im Kreise der EidSgeuosscN/ gleichwie Unkerwalden/ nur ein einziger Stand. Solches war Allen Recht, nur nicht dem Landammann Tann er von Jnuerrhoden. Der haßte die Evangelischen ,n Ausserrhoden unversöhnlich/ und wollte sich nicht zusriedeu geben; stiftete Zwietracht und Neckerei/ und hoffte die katholischen Kantone sogar zu vermögen, Ausserrhoden zu zwingen, den dort noch wohnenden sechs bis sieben Katholiken alle Vorrechte wie im innern Rhoden zu gestatten. Dies gelang dem Tanner jedoch nicht, und er ward wegen seiner Thaten und Gesinnungen zuleltt-selbst den eigenen Mitbürgern so verhaßt, daß er Hab und Gut und Würden verlor, und als armer Mann umherzog und in einem Vieh. stall im Thurgau elendiglich starb. Wohl war eS ein Glück für'S Schweizerland, daß Könige und Fürsten, ringsumher in allerlei KriegShändcl verstrickt, sich nicht in die Streitigkeiten der EidSgenosscn mischen konnten. Vielleicht wäre es um die Unabhängigkeit, mehr alü einmal, geschehen gewesen. Aber Spanien und Mailand kriegte mit Frankreich, und der deutsche Kaiser mit den Türken. Jeder wollte dabei die Schweizer zum Beistand. Die EidSgenossen hingegen, entweder weil sie sich unter einander nicht trauten, oder weil ein Theil diesem, der andere Theil jenem Fürsten wohl wollte, lahmten sich gegenseitig. Vielmehr mahnten sie den König von Frankreich und den König von Spanien auf rührende Weise.zum Friede», und Zürich bar den Kaiser, und Luzcrn den Papst, solchen Fricdenüvorschlägen Eingang in die Herzen zu schaffe». Sie richteten freilich wenig aus. Darum, und weil König Heinrich iv von Frankreich ein gar tugendlicher und tapferer Herr war, den Evange- lischen und Katholische» lieb, und weil er versprach, jähr- lieh vicrmalhunderttausend Kronen in die Schweiz zu schicken, als Abzahlung rückständiger Schulden, und weil er sogleich eine Million bagren Geldes n«,t feinem Gesandten sandte, -- wurden ihm Alle von Herzen gewogen. Und fie schloffen mit ihm neuen Bund (1602). Der war jedoch weder den Spaniern gelegen, noch dem Papst, noch dem Herzog von Savoien. Die Alle haßten den tapfern König Heinrich iv, ynd der .Herzog von Savoien meinte, eS sei die beste Zeit, sich wieder Meister von Genf zu machen. Heimlich nahm er seine Soldaten, und Neapolitaner und Spanier dqzu, und schickte seinen Feldobersten Bninanlicu in der Stille aus, die Stadt zu überrumpeln. In finsterer Nacht (zwischen dem it und Dezember 1602) rückten sie gegen die Mauern, legten Sturmleitern an, stiegen hinauf und glaubten schon, Alles sei gewonnen. Aber da hörte eine G ufer Schildwacht das- Getöse und schoß daS Gewehr ab, ES ließ der Wachter daS Schutzgatter deS Thors nieder; eS wachten die Bürger auf: „Hurrah, der Feind ist da!" liefen mit den Waffe» auf die Wälle, todteren, waö schon in die Stadt cingedrun. gen war, und zerschossen die Sturmleiter». — Mit Verlust und Schimpf und Schanden zogen die Savoiardcn ab. Stracks schickten Bern und Zürich Hilfe in die Stadt und nöthigten den Herzog zum Fricdensverrrag (lt Juli >603), worin er verhieß, vier Meilen weit um Genf kein Kriegsvolk mehr zu halten, da keine Festung zu bauen, auch die Stadt nimmer anzufechten. Sc'tdcm feierten die Genfer alljährlich die Sturmleiter »Nacht oder Eücalade, als Siegs, und Freudenfest. 37. Unruhen in Viel. — Verschwörung gegen Genf. — Der schwarze Tod. — Anfang der Bürgerkriege in Bünden. (Dom Iah» i6oa — 1618.) In derselben Zeit, da die freien Genfer ihr Kränzlein gcq?n dcS Herzogs von Savoien Nachstellung behaupteten, stritten die Leute im Lande WalliS ihre» letzten bittern Kampf um Glaubenssachen. Hier waren die Rcforminen an Zahl die Schwächer»; darum unterlagen sie. Zwar hatte» sie seit mehr denn fünfzig Jahren, vermöge eines geschlossenen Landfriedens (I55i), Duldung genossen; allein am Ende mochte man sie nicht länger im Lande leiden. Der Bischof und der Landralh befahlen, sie müßten ihre Guiee verkaufen und daS Vaterland meiden. ES war umsonst. raß die evangelischen Kantone (im Jahr 1603) Fürbitten einlegten; die kalhvuschcn Kantone brachten dagegen Ermunterungen, man müsse die Reiormirlen und ihre Prediger. auStreibcn. Und sie wurden vertrieben lind sahen daö Land ihrer Dürer nicht wieder. Eben so haderten die Bürger von Viel mit ihrem Bischof. Biet «st eine alte Stadt, anmuthig gelegen an ihrem See. Sie ist lange mit eigenen Freiheiten unter den Grafen von Neucnburg gewesen, nachher (im Jahr 1274) an den Bischof von Basel gekommen, der ihr die Rechlsame einer freien Reichsstadt verschaffte, damit ste ihn lieb habe. Durch solche Freiheit war die Stadt schnell aufgeblüht; sie führte in mancher Fehde ihre Waffen glücklich, und die Einwohner im Thale Erguel folgten ihrem Panner. Mit Bern hatte sie schon früh (1279) Bund und Burgrccht zum Schutz ihrer Rechte; baun auch mit Eolothurn (13S2) und hundert Jahre spater (1496) auch mit Frciburg. Mit allen Eidö- genossen hielt sie freundlich zusammen, und ward daher auch, als zugewandter Ort, geehrt. Sie suchte zuletzt sämmtliche Rechte des Bischofs über ihre Bürgerschaft und über die Landschaft Erguel (1544) zu kaufen, um Hauptstadt eines schönen Gebietes zu werden. Allein der Versuch mißlang und brachte noch viel Verdruß und Streit zwischen Viel und dem Bischof von Basel. Doch ward der Hader zuletzt (1610) freundlich von eidSgenössischen Schiedsrichtern ab. gethan, also, daß Viel dem Bischof ferner als LandeSfürste» huldigte, ohne dessen und der EidSgenossen Zustimmung sie keine neue Bündnisse schließen konnte, und der seine Rechtsame in der Stadt behielt, so wie er anderseits auch die Freiheiten von Viel bestätigen mußte, und daß die Mann. schast von, Erguel ferner unter dem Panner der Stadt im Kriege verblieb. Noch wäre viel von andern Zwiespalten und Zerwürfnissen aus diesen Zelten zu sagen; von der Verschwörung zweier Franzosen, du Terrait und La Basside, welche die Stadt Genf im (Jahr 1609) durch Vcrräthcrei über- rumpeln und dem Herzog von Savoien in die Hände spielen wollten, aber verrathen und hingerichtet wurden; oder von den Händeln im Thurgan, wo betrunkene Bauern auf einer Hochzeit zu Gachnang (l6io) den Hekror von Beroidin- gen, einen dortigen Gutsherrn, mißhandelte», seine Kapelle schleiften und den Statthalter des LandvogtS steinigten, woraus dann die evangelischen und katholischen Kantone so weitläufige und gefährliche Streitsache machten, daß die Katholischen nicht mehr mit den Zürichern auf Tagsatzungen erscheinen wollten und beide Theile Krieg drohten, härter: - 14 , nicht die übrigen EidSgenossen gütlich vermittelt. Allein größere »nd schreckhaftere Geschichten sind zu melden. Es brach die Pesi anS. Man nannte diese schreckliche Krankheit nur den schwarzen Tod. Sie kam aus fernen Ländern (loiO) über Basel/ wo sie bei viertausend Mcn- scheu todtere. Sie drang im folgenden Jahr tiefer in S Land / nach Bern und Solvthu rn und Freibnrg. In Zürich starben fünftausend Personen; im Glarner Lande bei zweitausend; weit mehr noch im Toggcnburg und Appenzellerland. Zu Sarnen in Obwalden legte mau zweihundert und achtzig Todte in ein einziges Grab. Im Thurgau entvölkerte der schwarze Tod ganzo Dörfer/ und die Aecker lagen öde/ weil keine Hand sie mehr baute. Alö man die Verstorbenen des. Thurgan'S zählte/ waren derselben dreiunddreißigrauseud fünfhundert vicrnndachtzig an der Zahl. Ueberall fast ging der vierte Theil des Volkes »n'S Grab. Bis hinauf in die hohen Thaler GraubundcnS würgte die Hand des schwarzen Todes. Aber in diesen Thälern wütheten damals noch andere Schrecken/ welche der Mensch selbst schuf. Seit der König von Spanien Herr von Mailand und der Lombardei geworden/ trachtete er heimlich/ Herr vom bündurschen Unterthancnland Veltlin zu werde»/ um mit Oesterreich durch Tirol näher zu verkehren. Denn Oester- »eich war Spaniens bester Bundesgenosse und konnte nach Mailand keine Hilfe schicken/ alö durch das Gebiet von Venedig oder von Bünden. Darum mischte sich der spanische Statthalter zu Mailand/ auf Geheiß seines Herr»/ gern in die Händel der Vcltlincr/ und die Vclkliner hatte« iittmerdar Gezänk unter sich/ besonders der Religion willen. Seit nämlich die Bünduer (im Jahr 1552) den Vcltlincrn freie Uebung auch des evangelischen Gottesdienstes gestattet hatten/ waren die Einwohner vieler Gemeinen zu demselben übergetreten/ und daher Feindschaft von den andern ge. kommen. Der König von Frankreich/ Oesterreichs und SpanienS Feind/ warnte die Bündner vor den Absichten Spaniens. Auch der Freistaat Venedig warnte/ der vor der Macht Oestc.c, ) und Spaniens Furcht hatte. Venedig sowohl alö Frankreich und Spanien schickten Gesandte in'S Bund- nerland/ die mußten den Häuptern und den Vornehmste» schöne Worte und Geschenke geben. Das gefiel den Herren wohl; der Eine dachte gut spanisch/ der Ändere gur französisch, selten einer gut vaterländisch. An der Spitze der spanischen Partei stand Rudolf Plan ra, an der Spitze der französischen Herkules von SaliS. Zuerst hatte ,42 jener die Gewalt und die meisten katholisch.':: Gemeinden auf seiner Scitt. Der spanische Statthalter von Mailand erbaute auf einem Hügel am Comersec eine Festung/ die er nach seinem Namen FuenteS nannte (ttiost). Von da sah er tief in die Thaler von Clävcn lind Vcltlin; er hielt einen Hanptpaß von Bünden in seiner Hand. Jetzt erschreck das Bündnervölk und ward voll großer Unruhe. ES klagten beide Parteien einander an. Die Ke- meinen erhoben ihre Fahnen lind setzten ein Strafgericht zu Chur nieder/ welches die LandeSvcrräther richten sollte. Da wurden, wie in VolkSstürnien geschieht, Schuldige und Un- schuldige eingekerkert, verbannt, oder ihrer Güter beraubt, und Georg Beeli, der österreichische Landvogt zu CastelS, und Caspar Baselga, -hcmalS fürstbischöflicher Haupt- mann zn Fürstcnburg, auf dem gemeinen Nichtplatz der Stadt Chur enthauptet (>6o7). Sie hatten den Spaniern treuer, alö ihrem Vaterland«: gedient. Vergebens bat die EidSgenosscnschaft für das Leben derselben. ES bereute Beeli z» spät auf dem Richtplatzc seinen Leichtsinn und sprach: „DerBürger eines freicn Landes hört auf ein freier Mann zll sein, lvenn er frcmdcr Fürstcn Gunst all zu hoch schätzt." Zwar milderte ein neues Strafgericht zn Jlanz bald nachher manche der ausgesprochenen Sk/afen. Allein der Parrcihasi ward nicht milder. Spanisches »nd französisches Gold nährten ihn. Dir Eine warb für Venedig nnd Frank- reich, der Andere für Mailand, Jeder wollte Rache, jeder vom Anöland Jahrgcld und Geschenke und sich groß machen. Neue Strafgerichte wurden zusammengerottet, neue Ungc- rechtigkeiten verübt, neue Feindschaften angeblasen. Da§ spanische wie das vcnedische Bündniß wurden verworfen. Gemeinden standen zuletzt gegen Gemeinden, Brüder gegen Brüdcr. Im Thäte Engadin zog das getrennte Volk be- waffnet in'S Feld; an der Spitze der Spanischgesinnten August in TravcrS, des Rudolf Planta Schwager, an der Spitze der vencdischcn Partei Anton TravcrS, des AngustinS Bruder. Schon waren Männer auf beiden Seiten durch Stückkugcln getödtct: da stürzten heulend noch die Weiber und Schwestern zwischen die streitenden Brüder und Gatten, und besänftigten die Erbitterten. Doch was die Liebe zarter Frauen versöhnt hatte, schied der Glaubenshaß hartherziger Priester von Neuem. Zu Bergün, im wilden Bergthal zwischen Gletschern, saß die evangelische Geistlichkeit deö Landes zu einer Kirchenbera- tbung (im Jahre 1618) beisammen. Da sagten einige der- selben: der Statthalter von Mailand habe wieder große Summen in§ Land geschickt, um das spanische Bündniß zn .- 1'Z Stand« zu bringen; und wenn es ihm nicht gelänge/ wolle er Veltlin in ?lufruhr jagen, dort über alle Evangelische herfallen und ein fürchterliches Blutbad anrichten. AIS diese Rede im ganzen Lande verbreitet ward, erhob sich daS erschrockene Volk. Am ersten in Engadin, wo Rudolf Planra in'S Tirol fluchten mußte. Gegen ihn war von Saniaden ein reformirter Pfarrer, Georg Je, nätsch, mit bewaffneten Haufen gezogen. Zu ThusiS ward ein Strafgericht versammelt und von reformirten Pfar, rcrn verderbcnvoll geleitet. Da wurde Rudolf Plant« vogelfrei erklärt, desgleichen sein Bruder Pompejus. Da wurde Johannes Flugi, Bischof von Chur, der cnrflobcn war, Lebens und Gutes verlustig gesprochen; Augustin Travcrs auf ewig verbannt; mancher Andere geächtet unbestraft, am härtesten Nikolaus RuSca, Erzpriestcr von Bedano auS dem Beltlin, und Johann Baptist Prevost, genannt Zambra, Landammann des Pregäll. RuSea, ein frommer katholischer Geistlicher, ob gleich er selbst auf der Folterbank standhaft seine Unschuld an der spanischen Verschwörung betheuerte, starb in, Kerker, man sagte, per- gifcet. Sein Leib ward vom Henker verscharrt. Und der Landammann Zambra, ein vterundstebcnzigjähriger Herr, kranken Lcibeö, wurde mit dem Schwert enthauptet, weil er auf der Folter bekannte, von Spaniern, wie von Franzosen, Miekh und Gaben empfangen zu chaben. DaS Blut Zambra'S und RuSea'S schrie zum Him- mel. Nun kamen Tage des Eittschetts und Jammers über Nhäricn. Wehe, wo das Volk in Waffen sich selber Recht schaffen will! 3 b-. Entsetzlicher Untergang von Plurs. — Der Veltlin er-Mord. — Bürgerkrieg in Bünden. (Dom tzahre 1618 — 1621.) Den Gräueln, die da kommen sollten, gingen Eräuel und Schrecken der Natur voran. Im Thale von Cläven, welches die Bündncr durch Amtleute, gleichwie Beltlin und WormS, verwalteten, erhob sich am Fuße dcS Berges Conto, mit vielen Kirchen, Palästen und Lustgarten, der reiche Flecken Plurs, gleich einer schonen Stadt. Da sah man viele Gewerbe, und die Kaufleute liessen jährlich zwanjlgkaüscnd Pfund Seide zu allerlei Waare verarbeiten. 144 ES begab sich aber, daß nach vicltä'gigen Regengüssen, am vierten HorbstmonalS 1018, ein Theil des Erdreichs vom Berge Conto abließ und manchen Rebenhügcl verschüttete. Die Hirten liefen warnend gen PlurS und sprachen: der Berg Conto zeige seit Jahren bedenkliche Riffe; oft flöhen die Kühe von da mit Gebrüll hinweg. Andere kamen und sprachen: in benachbarten Dörfern hätten die Bienen in Schwärmen ihre Körbe verlassen «nd wären todt aus der Luft zur Erde gefallen! Die Leute zu PlurS achteten der Warnungen nicht. Plötzlich, als die Rächt anbrach, erdröhnte dumpf und weit umher der Erdboden. Dann Todesstillc. Der Strom der Maira stand zwei Stunden wasserloS. Wie der Morgen erschien, ward der Himmel wunderbar von Staub und Dunst verdunkelt gesehen. Das reiche Plnrs und das Dorf Cilanv waren verschwunden, vom herabgestürzten Gipfel des Berges Conto bedeckt. Hundert Schuh hoch lag der Felscnschutt über den Wohnungen der Menschen und verbarg, als ein ungeheures Grab, die Leichname von drüt- halbrausend Erschlagenen. Zwar hörte dies voll Entsetzens das benachbarte Veltlin. Aber man vergaß das Unglück der Nachbarn hier schnell; denn schon ward gcrathschlagt über,Aufruhr und Rache um den Tod dcS frommen Priesters Rusca. Es hone voll Ent- fetzcnö ganz Bündnerland den Untergang von PlurS. Aber der Grimm der Parteien vergaß ihn schnell. Denn hier schrien die Verwandten bor z» Tbusis Bestraften nm Rache gegen die Gewaltthaten der französischen Partei; hier schrien die katholischen Gemeinen über die Reformieren, und daß diese den alten Glanben im vaterländischen Gebirge auszurotten gedächten; es schrien die Verbannten nach Hilfe bei den EidSgenossen, beim Hause Oesterreich und in Mailand bei den Spaniern. Und viele Gemeinen des grauen BnndeS, voran die Lug- nctzer, erhoben abermals die Fahnen und zogen nach Chur, Recht zu schaffen; ihnen kriegerisch entgegen Engadiner, Brcktigäuer und andere der französischen Partei. Als sie handgemein geworden, und Einige gelobtet waren, traten ernstlich die Leute anderer Hochgerichte dazwischen, setzten zu Chur ein unparteiischeS Gericht nieder, und dieses mäßigte (Juni 1619) die harten Sprüche von Thusiö und rief die verbannten Planca'ö zurück. Solche Milde erbitterte dann wieder das Volk im En- gadin, Münsterthal und Davos. Dasselbe zog mit seinen Fahnen ebenfalls gen Chur, und erklärte die Sprüche des GcrichtS ungültig. Umsonst ging Thomas von Schauenftein, Freiherr zu Haldeustein, in das Kriegs- - lager, rietb freundlich von aller Gewaltthat ab, und schlug vor: Um Frieden im Lande zu haben, solle man die Häupter sowohl der Partei der Plania, als der Ealis, zwanzig bis dreißig Jahre von Aemtern auöschliessen. Keinem gefiel es. Die Bewaffneten beschlossen vielmehr, die Gesandten der fremden Mächte aus dem Lande zu weisen, denn von diesen rühre alles Unheil her. Sie vertrieben die Richter aus Chur und deren Kriegshaufen, die bei Neichenau verschanzt lagen, und sehten ei» neues Strafgericht zu DavoS nieder. Dort wurden die Urtheile von Tbuslö nicht nur bestätigt, sondern sogar verschärft, und dir begnadigten Verbannten abermals verbannt. Auch hier waren eö, wie ,» Thufis, reformirte Geistliche, welche am wüthcnbsten zur verderben- vollen Härte ermunterten Darauf gingen die verbannten Bruder Rudolf und Poinpejus Planta zum Erzherzog von Oesterreich, ihn mit Kriegsvolk in'S Land zu rufen. Sie warben im Etsch- land herrenlose Äriegskncchle, und ihr Vetter Jakob Rodn stellt wiegelte die Veltlinrr auf und sammelte viel Gesinde! im Matländischen zu seinen Fahnen. In der Nacht vom neunzehnten HeumonatS 1620 stieg Jakob Nobustelli mit seine» Mordbandcn herab in das Thal Veltlin. Die Verschwörung daselbst znm blutigen Untergänge aller Neformirteu des Landes war reif. Der Hauptort des Thales, der Flecken Tiranv, ward umzingelt. Vier Schüsse gaben das Zeichen. Das Blutbad be- gann. Die Sturmglocken heulten. Von Dorf zu Dorf wurden die Reformieren erschlagen, erschossen, erwürgt, zu Tode geschleift, ihre Leichname in die Wellen des AddastromS gestürzt. Nicht Weiber, nicht Säuglinge, nicht Greise sän- den Erbarmen. Einigen bat man Nasen, Backen, Ohren weggeschnitten, andern die Eingeweide aus dem Leibe ge- rissen, andern Pulver in den Rachen gestoßen und ange- zündet. Ein Metzger prahlte, achtzehn Menschen umgebracht zu habe». Den aufgespießten Kopf des reformirten Pfarrers von Tirano pflanzte man auf seine Kanzel hin. Da blieb kein Hciligthum heilig. Nach mehrtägigem Morden übernahm JakobRob »stellt die höchste Gewalt im Veltlin; Wormö verband sich mit ihm; nur Cläven blieb den Bündnern treu. Diese, entzweit unter sich, wurden auch nach dieser That nicht eins. Die katholischen Gemeinen das grauen Bundes, von lbren Geistlichen und den Miptern der spanischen Partei beredet, wollten kein Kriegsvolk gegen die Aufrührer in'S Veltlin schicken. Hingegen aus vielen Hochgerichten des Gotteshaus- und Zehngerichten-Bundes gingen bei zweitausend Plann über das Gebirge, angeführt von Ulysses Salrü, des in 146 - Herkules Sühn, und Johannes Guter. Während diese anrückten, führten die Planta'S aus dem Tirol österreichische Heerhaufen unter dem Feldobersten Baldtron in'S Mün- sterthal der Bündner, und drohten, es zu behalten, bis man die Planta'S Heimberufe. Und über Cläven kam mai. limbisches Kriegövolk den Veltlinern zu Hilfe. Die Streit. Haufen der Bündner, nachdem sie schon die Hälfte VeltlmS besetzt hatten, mußten vor der Uebermacht weichen und Hilfe von den angerufenen EidSgenossen erwarten. Aber, wie die Bündner, so waren auch die EidSgenossen zwieträchtig. Denn da Bern den KriegSobersten Nikolaus von Müllinen mit zweitausend Mann nach Rhätien sandte, verlagerten ihm die katholischen Kantone bet Mellingen im Aargau die Straße. Auf Umwegen kam er nach Zürich, wo Oberst Jakob Steiner mit tausend Mann zu ihm stieß. AIS sie durch die March ziehen wollten, erging von den Schwyzern gegen sie Landsturm. Auf Umwegen gelangten sie nach Bünden. Von da zogen sie vereint mit den Schlacht. Haufen der Bündner gen WormS und siegreich bis Tirano; nur die katholischen Fahnen des grauen Bundes wollten nicht mit ihnen. Vor Tirano ward gegen die spanischen KriegSschaaren und gegen die veltlinischen Empörer blutig gestritten (li Sept. 1620). Da starb der tapfere Mann Nikolaus von Müllinen den Heldentod, und alle Haupt- leute Bernö, bis auf einen, starben mit ihm unter den Mauern von Tirano. Auch Fluri Sprecher fiel, einer der Bündner Obersten, und viele Andere sanken mit ihm. Allein Tirano blieb »»erobert. Und weil eS dem Heere an Pulver, Blei und Lunten zu fehlen anfing, zog es über die Gebirge nach Bünden zurück. Hier hatte unterdessen PompejuS Planta den grauen Bund bewegt; aus den katholischen Kantonen waren ändert- halbtausend Mann, unter Anführung des Obersten HanS Konrad Beroldingen von Uri, zum Schutz desselben gekommen, und bei Reichenau gelagert, zwei Stunden von Chnr. Man sprach schon davon, der graue Bund müsse der vierzehnte Ort der EidSgenossenschaft sein, müsse Vclt. lin allein behalten und sich von den andern Bünden trennen. Solches Zerreiffen aller Freundschaft jammerte die Redlichen im Volk sehr. Sie standen auf, ermähnten zur Versöhnung, und bewirkten eine Zurückberufung der fremden Gesandter, und wollten auch die EidSgenossen hören. Aber der fran- zösiische Gesandte, wie er wieder in'S Land kam, trieb sein voriges Spiel und machte für Frankreich Partciung. Der spanische Statthalter zu Mailand hinwieder schickte Abge- ordnete mit Gold, die mußten die großen Herren und die Gemeinden gegen Frankreich aufwiegeln. Der päpstliche - 147 Nunzius seinerseits ermunterte die katholischen Gemeinden gegen die evangelischen. Die Abgesandten der Eidsgenossen, statt Frieden zu stiften, zankten selbst erbittert wider ein. ander, also, daß sie Alle unverrichteter Sachen zurückreise-. - ren. Ihnen folgten die KriegSvölker von Bern nach. Damit war deö Zwiespalts und Grolls im Lande noch mehr geworden. Georg Jen ätsch, sonst ein reformirtcr Pfarrer, nun KriegSmann, überfiel mit einigen Spießgesellen den Pomp ejuS Plan ta im Schlosse Niecberg und erschlug ihn. Dann sammelte er die Fahnen der Engadiner, Ber- güner und Münstcrthaler, überwältigte damit im grauen Bund den Heerhaufen der katholischen Kantone und trieb denselben, nach sicbcnstündigem Gefecht, in die Flucht und über die Berge nach Uri zurück (i> April 1621). Mit dem geschlagenen Konrad Beroldingen fioh auch der Abt von Di- sentiü, Sebastian von Castelb erg, voll bösen Gewissens wegen des Veltliner-MordeS. Der graue Bund, überrascht und bezwungen, mußte seinen Verträgen mit Mailand entsagen. Nun ward mit Spanien, nun mit Oesterreich von Neuem wegen Rückgabe des Veltlins unterhandelt. Allein eö war weder Spaniern noch Oesterreichern Ernst. Sie wollten Deltlin, Cläven und WormS behalten, und das Unter-En- gadin noch dazu, um zwischen Tirol und Mailand, zu gegenseitiger Hilfe wider die Franzosen, jederzeit offene Straße zu haben. Als auf diese Weise endlich dem Volk in vielen Gemeinden die Unterhandlung zu langweilig ging, griff eS in wilder Unordnung zu den Waffen und zog selber gen WormS und Veltlin, das Land mit eigener Faust zu erobern. ES verrichtete jedoch wenig, und kam, von den Spaniern geschlagen, mit Schaben und Schanden wieder heim. Dieser unbesonnene Zug der Landlcute, welchen sie tha. ten, während ihre Gesandten noch mit dem Erzherzog von Oesterreich unterhandelten, brachte diesen Fürsten in großen Zorn. „Wollet Ihr Krieg, so sollet Ihr ihn haben!« sprach er, und ließ seine Schlachthaufen in Bunde» einziehen. 39. Die Bündner werden von den Oesterreichern unterjocht. ( Dom Zahr 1621 — 16M.) An einem Herbsttage (des Jahres 1621) drang von allen Seiten gewaltige Kriegsmacht ins Land der Bündner. Von 148 - Tirol her über die Berge und durch die Thäler kamen viele Tausend Oesterreich«, denen Rudolf Planra gegen seui eigenes Vaterland den Weg wies. Der kaiserliche Feldoberst Baldtron ließ niederhauen/ waS widerstand; sengend und brennend überwältigte er den ganzen Zehngcrichtenbund, entwaffnete er alles Volk/ und zwang eS/ umringt von seinen Bajonetten/ dem Hause Oesterreich auf den Knien Gehorsam zu schwören. Mit mehr denn siebentausend Spaniern und Welschen kam der Herzog von Feria aus Italien herüber/ vertrieb die tapfere Bündner. Besatzung aus Cläven und bemeisterte sich des Landes. Als das Züricher Kriegövolk, welches noch bei Maienfeld stand/ solches sah/ zog es heim. Nun häufele der Oberst Baldiron im Zchngerichlenbund auf entsetzliche Weise. Man hieß ihn nur den neuen Holo- ferneS. Vor seinen Kriegöknechten blieb weder Leib noch Gut sicher. Der Bauer ward wie Vieh gehalten. Ein kaiserlicher Fähnrich ritt auf dem Rücken eines ehrbaren LandmannS bergan/ den ein Soldat von hinten trieb. „So muß man die stolzen Bauern zahm machen!" sagte der Fähnrich. Viele Kapuziner kamen mit den KriegSkncchten und wollten die Leute katholisch machen. Die reformirten Geistlichen wurden von den Soldaten verjagt. Bald standen fünfundsiebenzig Kirchen ohne Prediger. Der Bischof von Chur war dessen voll großer Freude. Da sprachen die tapfern Leute im Brenigä«, als man sie zwingen wollte / zu den Kapuzinern in die Kirche zu gehen: „Jetzt ist'S genug. Muß Vaterland und Freiheit sterben/ soll doch die Seele nicht verderben!" Und sie gingen in die Wälder/ die wurden ihre Zeughäuser. Da machten sie sich Keulen/ schlugen große Nagel durch, und aus den Messern wurden Dolche/ und auö den Sicheln Todeöspeere. Dann/ am Palmsonntage (1622)/ brachen sie mit großem Geschrei hervor/ überfielen Besatzungen und Lager der Oesterreich«, erschlugen bei vierhundert Mann, nahmen viele Gefangene und trieben die andern alle aus dem Lande. Sie zogen mit Macht vor die Stadi Maienfeld und belagerten die hinein, gefiüchketcn Oesterreichs. Auch belagerten sie den Baldt. ron nebst seinen Spaniern und Oesterreich«» in Chur. Muthig durch die Siege der tapfern Bremgäuer standen alle Zehngerichtenbündner auf, der Kriegsheld Rudolf von Salis, Landammann Peter Guler von Davos und ThüringEnderli von Maienfeld an ihrer Spitze- Zu ihnen eilte» die Freunde der Freiheit aus den andern Bün. den und auö der Schweiz, besonders die herzhaften Appen. zeller. Andere Schweizer schickten Geld. Also ward in vielen Siegeskämpfen das Land von den Feinden gereinigt. Baldiron zog mit Schmach ab. Die Büudaer riefen den - 14V EidSgenoffen auf der Tagsatzung zu: ».Steht «nS bei, denn die Feinde werden wiederkommen!« — Aber die EidSgenoffen haderten unter einander und brachten keine Hilfe. Wirklich kehrte der grausame Baldiron (im Juli 1622) mit »euer Macht zurück. Zehntausend Mann führte er über die Berge. Kreise, Weiber, Kinder wurden von den wü- thenden Feinden ermordet. Man schlug sich j» den Thälern, und schlug sich über den Wolken auf den höchsten Alpen. Doch allzugroße Menge deö Feindest überwältigte Alles. Am letztet» ward (L September) im Brmigäu selbst gekämpfl, bet Naschnals auf der Wiese Aguasaua. Und alst hier nach schwerer Schlacht das Häuflein der Bündner wankte und wich, blieben noch dreißig Männer deö Brettigäu'S stehen; die wollten die theure Freiheit deö Vaterlandes nicht überleben, und weideten sich ruhmvollem Tode. Sie schwan. gen die Keulen und stürzten mit gesenkten Häuptern wild in die Reihen der Oesterreichcr, stritten schrecklich im dichten Getümmel und sanken Mann um Mann wie Helden, von vielen Leichnamen ihrer Feinde umringt, in den Tod. Zu spät eilten die Fahnen der Stadt Chur und des grauen Bundes zur Hilfe. Als dieselben in der Ferne die Flammen so vieler Dörfer und Alles verloren sahen, kehrten sie traurig um. Weh den Besiegten! Nun erst hob das größte Elend an. Run erst wurde geraubt, geraset und gemordet. Der Soldat h«cb zitternde Greise nieder; schändete Frauen; und alö nichts mehr zu rauben war, entführte und verkaufte er selbst die Glocken von den Thürmen. Viele Hundert Unglückliche wanderten auü; viele Hunderte starben am Hunger, oder an der ungarischen Seuche. Dieselbe war ein tödtli- cher Schmerz deS Haupteö. Von, Gotteshaus- und Grauenbund reimen flehend Gesandte zu den Bevollmächtigten deS Erzherzogs von Oester- reich nach Lindau sSept.). Auch die EtdSgenoffen voll Erbarmens wandten sich dahin. Allein der Erzherzog be- harrte auf seinem Willen: die Zchngcrichte müßten Erb- unterthaucn seines ErzhauscS bleiben, und die beiden ander» Bünde allezeit den Durchzng der Oesterreichcr und Spanier gestatten. — Die katholischen EidSgenoffen, im Herzen wohl zufrieden, zuckten die Amseln, machten den Bündnern nur Vorwurf und sprachen: Wir haben euch oft gewarnt! " Aber der Bürgermeister von Zürich, Hans Heinrich Holz halb, sagte: »Liebe Bundcöverwandte, auf unsere Hilfe schauet jetzt nicht. Wir haben zu Hause genug zu schaffen. Wir sehen wohl, daß ihr werdet viel eingehen müssen. Unser Herr Gott wird mit der Zeit bessere Mittel schicken. Für einmal thut, was ihr möget, daß daö Land nicht weiter verderbt werde." 150 Als sich die Bündner von den EidSgenossen verlassen sahen, willigten sie ein, den bittern Kelch zu trinken. Die acht Gerichte und daö untere Engadin wurden vom Sunde der Rhäticr losgerissen, vollkommene Unterthanen Oester. reichs. Es war großer Jammer. Die Ausschweifungen der KriegSknechte und die Gewaltthaten der österreichischen Amt- leute und das Umsichgreifen des Bischofs von Chur nahmen rein Ende. Da erweckte Gott daö Herz des Königs von Frankreich. Dieser schloß (1625) mit dem Papst, mit Venedig und Sa. voien Bündniß. Denn er konnte nicht gestatten, daß die Oefterreicher zu jeder Stunde freien Paß durch die Bündner. Alpen nach Italien hätten, und in Italien allzumächtig würden. Wie der Kaiser zu Wien und der König von Spa. uien von den Rüstungen Frankreichs hörten, nahmen sie plötzlich des Papstes Vorschlag an, daß er das Veltlin, Clavcn und Wornzö einSweilcn besetzen und in Verwahrung nehmen solle, bis nach AuStrag der Sache zwischen den Königen. Und eö geschah also. Der König von Frankreich aber, deß nicht zufrieden, schickte sein Kriegsherr durch die Schweiz nach Bünden (rc, 24 ). Bern und Zürich öffneten ihm den Durchzug. Alle ausgewanderten Bündner machten den Vortrab des Heeres. Der Held Rudolf von Saliö führte sie und der tapfere Oberst Ke 0 rgIenatsch und Andere mehr. Auch Zürich sandteSchlachtbaufen unter dem Obersten Kaspar Sch m id, desgleichen Bern unter dem tapfern NiklauS von Dies- bach. Eben so kamen die Heerbandcn des Walliö. Als diese alle naheten, erhob sich ganz Bünden freudig in Waffen. Die Besatzungen Oesterreichs und dessen grausame Amtleute wurden mit vereinter Macht (In 25 ) auS dem Zehngerichlen- bunde vertrieben, und die Grafschaften Cläven, Wormö und Veltlin erobert. Nachdem also der Zehngerichtenbnnd w,jeder mit dcnübri. gen Bünden vereinigt war, erwarteten die Nbätier, daß sie von den hilfreichen Franzosen alle ihre Untertbanculande wieder empfangen würden. Allein der französische Ober- feldherr, Markgraf von CocuvreS, sprach: „Mit Nichten.' Veltlin, Cläven und WormS sollen euch jährlich mit 25 ,000 Kronen zinsbar sein; dafür mögen diese Lande ihre Obrig. keilen selbst wählen, und ihr sollt ihnen weder Amtleute noch Besatzung schicken." Solches erzürntc die Bündner, und noch mehr, als die Könige von Frankreich und Spanien zu Monzone in Ära- gonien Friede machten (5 März 1626) und ungefähr Alles das bestätigten, was der Markgraf von Coeuvrcg gesagt hatte. Der Monzonische Vertrag wurde vollzogen. Die 151 fremden KriegSvölker zogen aus Bünden weg, und zur Sicherheit besetzten päpstliche Soldaten das Veltlin (1627). Der Kaiser in Deutschland, wohl einverstanden mit Spanien, schwieg einöwetlcn zu Allem. Doch sobald Spanien und Frankreich ihren Frieden wieder brachen und neuen Krieg in Italien anhoben, liest der Kaiser eine Macht von vicrzigtausend Mann in'S Bund- ncrland eindringen, so plötzlich, daß keine Vertheidigung möglich war (1629). Ein Theil des KricgSvolkeS zog den Spaniern zu Hilfe in die Lombardei; der übrige Theil blieb zur Bewachung der Bündner in deren Land zurück. Der Zehngerichlenbund ward abermals Oesterreichs Unterthanen- land; das untere Engadin dazu. Allen Bündnern schrieb des Kaisers Schwert das Gesetz. So groß wurde in dieser Zeit daS Elend des Volks, daß eS jeden Glauben an bessere Tage verlor. Durchzöge und Einlagerungen fremder KriegSvölkcr nahmen überhand; Scheunen und Ställe wurden leer. Die Bauern mußten den Soldaten Schanzen bauen. Pestilenzialische Seuchen breiteten sich aus, daß bei zwölfrauscnd Menschen daran starben. Dann kam der Bischof von Ehur und verlangte zu allem Elende: WaS je vor uralten Zeiten dem Hochstift Unterthan und zinsbar gewesen, müsse nun wieder auf ewige Zeilen Unterthan und zinsbar werden. ES war kein Recht, kein Erbarmen mehr. 40. Die Bündner erretten ihre Freiheit. (Dom Jahr i6so — I5lo.) So lange aber ein Volk nicht den Muth „,r Freiheit und nicht den Glauben an sich selbst verliert, ist noch nichts verloren. Dann sendet Gott immer einen Tag der Rettung. Das haben die Männer im Bündnerland erfahren. Nachdem unter schweren Drangsalen Alles niederlag, schloß in Italien der Kaiser zu CheraSco mit den Franzosen Frieden (Juni 16Z0), wobei er verhieß, seine Besatzungen aus den Bündnerrhälern wegzuziehen. Der Kaiser war aber in Deutschland hark mir Krieg bedrängt und der große Schwedenkonig Gustav Adolf zog gegen ihn üb<2 das Meer mit seinen Kriegern. Sobald die Oesterreicher Bünden verlassen und ihre Schanzen gesprengt ballen, beschwor alles Volk freudig wieder den alten Bund der Freiheit, und stellte sechstausend j152 - Mann «ntcr Waffen, die Grenzen des Vaterlandes selbst zu schützen. Und da zu derselben Zeit der berühmte Kriegheld Herzog Heinrich vonNoha», des Königs von Frankreich Botschafter bei den EidSgenosscn und Bündnern, gen Chur kam, machten sie ihn zu ihrem Oberfeldherrn (ih^i) und gaben ihm große Gewalt. Er war ein eben so kluger und rechtschaffener, als tapferer Herr, welcher die freien Bund. ner liebte. Er befestigte alle Engpässe gegen Deutschland und Tirol, nahm noch französische Schlachthanfen zur ttn. terstützung in'S Land (16^2), und setzte Alles in besten Stand. Weil jedoch sein König mir dem Kaiser Frieden hatte, konnte er nicht, waS die Büudner wünschten, mit gewaffneter Hand in'S Veltlin ziehen. So flössen zwei, drei Jahre hin. Wie Frankreich endlich zu den Schweden gegen den Kaiser trat und neuer Krieg auSbrach, befahl der franzö- fische König dem Herzog von Rohan, er solle nicht länger säumen, den Bündnern zu willfahren. Rohan unterredete sich heimlich mit den evangelischen Orten Bern, Basel und Zürich. Einverstanden mit ihnen, führte er einen starken Hccrhaufen über deren Gebiete, zum großen Aerger der katholischen Kantone, und drang aus Bünden über die Alpe» in'S Veltlin (i 6 >; 5 ). Und ganz Bündnerland erklang von Waffen. Sechstausend Tapfere zogen mit zur Erobe. rung der Untmhaneulande. In französischem Sold errich, letcn die Obersten Georg Jenätsch, Floiin und Peter Guter drei neue Schaaren. Nun ward blutig und schwer gestritten mit Oesterreichern und Spaniern im Thale von Cläven, im wilden Freel. thal, bei Morbegno im Veltlin und bei Mazzo im Lande WormS. Ueberall Rohan und der kühne Kriegs- manu Jenatsch voran, überall siegreich. Nach vollendeter Eroberung hofften die Bündner von einem Tage zum andern ihre alten Uiuerthanenlandc zurück zu empfangen. Allein, siehe, jetzt machte der König von Frankreich Schwierigkeiten, und wollte eS in den Haupt, fachen gehalten wissen, wie es im Monzonischen Vertrag gestanden war. Solches erregte den Bündnern großen In. grimm. Frankreich war ihnen allzumächtig, und sie mußten schweigen. ES ward viel und fruchtlos unterhandelt. Das Volk ward der Einlagerung französischer Soldaten müde, und konnte es doch nicht ändern. Was Roban verheißen, blieb meistens unerfüllt, doch ohne seine Schuld. Denn er konnte nicht wider den Befehl seines KönigS, der den Ge. sandten Lanier nach Chur geschickt hatte. Lanicr aber war ein stolzer, jähzorniger Mann. AIS er den Bündner. schaaren, die in franzosifchem Sold standen, nicht einmal -- 153 den KriegSsold richtig zahlte, und der größte Theil dieser Schlachthäuser» dem Dienste Frankreichs abzusagen drohte, schrie Lauter heftig: »Ich will meinen Speer zu Chur aufpflanzen und meinen Fuß in den Nacken der meuterischen Hauptleuie setzen." Da gingen die Bündner in sich und sprachen: „Oester- reich hat uns auögesogen, Frankreich hat uns auch betrogen- TraueKciuer auf frcmdc Macht!" Und eü traten (6 Hornung 1637) einunddrctßig der an- gesehensten Männer des ganzen Freistaates im Hause deS Bürgermeisters Georg Meyer zu Chur zusammen, und schwuren, Leib und Gut daran zu setzen, ihr Vaterland vom fremden Joch zu retten. Dann gingen sie auseinander in alle Thäler und bereiteten das Nöthige in größter Eintracht. Oberst Jenacsch mußte zu Innsbruck mit Oesterreich wegen Wieberaufrichrung der alren freundschaftlichen Ver- träge unterhandeln, zugleich aber den Herzog von Nohan, als sei er dieses Herzogs bester Freund, sorglos und sicher machen. Still waffnecen die Bündner. Die Franzose» hauen damals weniger ÄriegSvolk im Lande. Am Luziensteig stand uoch der Züricher Oberst Kaspar Schmid. Aber schon hatten die Bündner nach Zürich gesandt, daß diesem besohlen werde, wenigstens nicht wider sie zu sein. Der Herzog von Rohan bemerkte Unruhe und geheime Rüstung. Er verstärkte seine Besatzung in der Rhcinschanze an der Landquart. Doch Jen ätsch kam und redete ihm listig alle Sorge aus. Plötzlich aber brach sämmtliches Volk in den Gebirgen auf. Jenätsch an der Spitze von sechs vaterländischen Hecrschaarcn umzingelte die Franzosen in der Rheinschanze. Bei Linda» zeigte sich im Einverständniß mit den Bündner» ein deutscher, am Comerfee ein spanischer Heerhaufe drohend. Rodan, von allen Seite» über,nannt, mußlc einwilligen, Bünden und Dcltlin sogleich mit seinem Kricgöoolk zu verlassen. Also rief er den Marschall LecqueS nebst allen Franzosen zu sich. Fünftausend Mann waren sie stark. So zogen sie über den Rhein, aus dem Bündner- lande fort. Freundlich schied (Mai 1637) Herzog Nohan von den Häuptern des Freistaats; auch Marschall LecqueS. AlS dieser aber beim Abschied den Obersten Jenatfch erblickte, drückte er, vor Zorn erblassend, ein Pistol auf denselben ab, und schrie: »So scheidet man von einem Ber- rälhcr!" ^ Doch daü Pulver zündele nicht. Erst zwei Jahre nach diesem kam Jenarsch um'ü Lebe», da er zu Chur mit andern Obersten und Hauptleuten sich bei Gastmahl und Tanze gütlich that. Gegen Mitternacht (24 Jan. 16Z9) trat Rudolf Plan ta, der Sohn des Pompejus, i» den Tanzsaal mit andern Verschwornen. Eure 164 - Kugel fuhr dem Obersten durch die Wange. Dieser vertheidigte sich mit einem Kerzrnstock. Sechs wiederholte Schläge mit Aextcn raubten ihm das Leben. Sein Leich. nam ward mit kriegerischen Ehren in der Domkirche beige- fetzt. So endete der Mann, welcher das Vaterland geliebt und gerettet, aber dazu nie die schändlichsten Mittel ver- schmäht harke. Rudolf Planta, der-Bluträcher, starb ein Jahr nachher im Engadin gewaltsames Todes bei einem Volküauflauf. ' Nachdem die Biindncr also von fremder Gewalt frei und Meister ihrer Unterihanenlande geworden waren, wandten sie sich bittend zu den Königen von Spanien und Frankreich, um ihre Eroberung in Frieden zu behalten. Zu Mailand (6 Herbstm. 1662) ward zwischen Spanien und^ Bünden ewiger Friede unterhandelt und geschloffen, kraft dessen die bündnische Oberherrschaft in Wormö, Veltltn und Cläven vollkommen wiederhergestellt wurde; jedoch unter Vorbehalt, daß in diesen Vogceicn die katholische Kirche alleinherrschcnd bleiben solle. Solches war auch Wille der katholischen Ge- mciuden dcS BündnerlandcS. Mit dem Erzhausc Oesterreich stellte man darauf freundliche Nachbarschaft durch Erneuerung der alten Verträge her (zu Feldkirch 9 August i64i). Oesterreich hatte in Deutschland des KriegeS vollauf, und war zufrieden, im Engadin und Zehngerichtenbunde die ehemaligen Rechtsame zu behalten. ES vergingen aber nicht zehn Jahre, so kauften die Landschaften des Gcrichienbuudcö gesammlc Rechte des ErzhauscS an sich um schweres Geld. So thaten auch die Gemeinden Unter-EngadinS; also, daß Oesterreich von der Zeit an nichts, als einige kleine Hcrrschaftörechte zu Nhä- tünS und TaraSp, behielt. Auf diese Weise ist der Bund der Zehngerichte frei und unabhängig geworden, gleich den andern beiden im hohen Rhatien. Und deS Bundes Hauptort blieb, wie vor Alters, Davoü, wiewohl die übrigen Hochgerichte, aufgewiegelt vom Oberst Perer Guler und andern Männern von Ansetzn, so heftigen Streit dagegen angefangen hatten, daß Zürich, Bern und GlaruS dazwischen treten mußten, um Unglück zu verhüten. Durch den Spruch deS Sladtschreibers von Zürich, Johann Heinrich Maser (ii Jan. 1644), be- hielt DavoS den Mchrrheil seiner Ehren: als Ort des Bun- deStagö, Verwahrung dcr Panner und Urkunden dcS Bundes, und das Recht, den Pannerherrn allein zu wählen, mit deS Bundes Gcnehmhcißen. 155 41 . Von den Unruhen der Eldsgenoffen während des dreißigjährigen deutschen Glaubenskrieges/ und wie die Unabhängigkeit des Schweizerlandes gegen das deutsche Reich festgesetzt worden ist. (Bom Jahr 161 S — 1613.) Die Händel und Kriegüläufe des BündnerlandeS hatten in Städten und Ländern der Schwer; zwar viel Sorgens, auf Tagleistungen und in Rakhsstubcn viel Redens/ viel Aufwandes für Gesandtschaften und bewaffnete Zuzüge/ aber keine eidSgenössischel Großthat bewirkt/ durch welche der Unabhängigkeit und Freiheit im hohen Nhärien, oder dem allen Rühm der Schweizer geholfen gewesen wäre. DaS kam daher/ weil die eidgenössischen Orte unter sich selbst in nicht geringern Zerwürfnissen lebte»/ als die Bündner. Wollten die rcformirten Kantone helfe»/ widersetzten sich die katholischen. Wollten die Katholiken thätig sein/ ftan- den ihnen die Reformirten entgegen. Jene hielten eS mir Spanien und Oesterreich/ diese mit Frankreich und Venedig. Die Einen nahmen von diesen / die Andern von jenen Geld/ und schlössen Verträge und gaben Kriegüvolk unter die Fah- neu fremder Mächte/ denen sie wohlwollte». DaS machte einzelne Herren im Lande reich/ viele Familien arm und verwaiset. In den gemeinen Vogteie»/ wo die Herrschaft zwischen katholischen und reformirten Ständen gemeinschaftlich war/ haderten sie/ wie sonst. Obschon durch den ReligionS. und Landfrieden beiderlei Glaubcnsparteien in den Vogteicn gleiche Freiheit genossen/ ward sie den Katholiken doch durch die rcformirten Vögte und den Reformirten durch die katholischen Vögte verkümmert. Im Tburgau und Rheinthal stritten die oberherrlichen Kantone.- ob auch in Religionsangelegenheiten das Slimmenmehr gelten könne/ wie in weltlichen Dingen? Die Entzweiung zu vermehren/ mischten sich/ wie gewöhnlich/ die geistlichen Herren ein. Der Bischof von Basel/ unterstützt vom Kaiser/ so lange dieser im deutschen Kriege siegreich war/ verlangte sogar von Müblhansen und Basel Wiederanülicfcrung aller Güter seines Stiftes/ die er längst verloren hatte. Der Abt von St. Gallen forderte im Tburgau und Nheinthal mehr Rechtsamc znrsick/ als ihm billig gegeben werden mochten; der Abc von Einsiede!» behauptete gegen Schlvyj/ ihm 156 - stehe zu, die Waldleute zu besteuern; der Abt von Fisch in- gen wollte in der reformirccn Kirche zu Lnstorf einen katho- lischen Altar bauen. Immer fand jeder dieser geistlichen Herren seine Verfechter wie seine Anfechler. Und mehr denn einmal stand es nahe, daß Schweizer gegen Schweizer daö brudermöcderische Schwert noch einmal zum Bürgerkrieg zuckten. Nur Furcht vor fremden Mächten hielt Alle zurück. Denn in Deutschland ward zu dieser Zeit ein langer und gewaltiger Krieg geführt. In Böbcim halte er sich (seit Ibis) erhoben, dann über Deutschland zwischen Katholiken und Protestanten verbreitet, zuletzt Schweden rnd Italien, Spanien und Ungarn und Frankreich in daö allgemeine Verderben verschlungen. Um GlaubcnSsachcn war er bc- gönnen, um Erwerb von Ländern und Kronen ward er fort- gesetzt. Darum hatten auch bald Venezianer und Franzosen, bald Spanier und Oesterreichs so emsig um die Gebirgspässe von Bünden geworben, oder um Beistand der Eidö- gcnossen gebuhlt. Die KricgLhcere der streitenden Mächte, wenn ste einander auf deutschem Boden von Schlachtfeldern zu Schlachtfeldern trieben, streiften oft nadc an den Grenzen der EidLgcnossen- schast vorüber. Diese aber, im Gefühl ihrer innern Zwir- tracht und Schwäche, wollten nicht zu allem Unglück, welches sie schon trugen, noch fremdes Schwert in ihren Thälern sehen. Darum behaupteten sie klug gegen die aus- ländische» Händel Unpartcisamkclt und Unverletzbarkeit des schweizerischen Gebiets. Aber so groß war die Uneinigkeit unter ihnen, daß sie sich oft sogar in der gerechten Vcr- rheidigung ihrer Gebiete oder BundSverwandlen hinderten. AIS ziim Beispiel Müht Hausen durch Strcifzüge schwedischen uud kaiserlichen KriegSvolks in Gefahr geriech, sandten Zürich und Bern Mannschaft dahin zum Schutz (im Jahre 1652). Den Bcrnern aber, als sie durch die Solothnrner Klause ziehen wollten, versagte die Wacht daselbst den Durchgang und ließ den Landsturm ergeben. Die Landvogke Philipp Roll vonBcchburg und ürsns Brunn er von Falkcnstein und Hauptman» Suri um- ringren den Berner Haufen, gaben Feuer, säbelten nieder, todteren Mehrere und'entwaffneten Alle. Zwar mußte Solo- thnrn nachher schwere Genugthuung leisten, und Einige der Gewaltthäter wurden zum Tode, Andere zur Verbannung vcrurtheilt, aber Haß und Mißtrauen nicht versöhnt. Ein andermal, da der schwedische Feldherr Horn (i6Z5), um die österreichische Stadt Konstanz zu überrumpeln, mit seinem Heer durch die zürcherischc Stadt Stein im Hcgau gedrungen war, machten die katholischen EidSgcnosscu den Ncformirre« Vorwürfe, daß diese die Schweden znm Nach- - 157 theil deS Kaisers begünstigten. Uri, Schwy^, Untcrwalden und Zug liessen daher zum Gegenrecht dreitausend Mann aufbrechen gegen den Bodensce. Aber sogleich waffnerc auch Zürich und drohte, sich mit den Schweden zu vereine», wenn die katholischen EidSgenoffen mit den Oesterrcichern gemeine Sache gegen die Schweden machen würden. Nicht ohne Mühe ward Frieden vermittelt. Gleichwie die Schweden bei ^lei», so haben bald nachher wieder die Kaiserlichen bei Schashausen das Gebier der Schweiz verletzt. Zu spät, zu schwach und vereinzelt traten die Schashauser unter Waffen und kamen aus dem Tburgau einige Zürcher Schlachthaufen zum Verstand. Die Dörfer Bargen, Alldorf, Beggingen, Barzheim und Schleitheim wurdex von den Soldaten theils ausgeraubt, theils verbrannt. Die wackern Landlciitc schlugen sich gegen die fremden Plünderer mir Wuth und todteren viele, weih. rend die erschrockene Regierung von Schashausen mit dem kaiserlichen Feldherrn nur Briefe wechselte. Nicht minder zogen österreichische Heere und Streifrotten mehrmals über das Gebiet.der Stadt Basel verwüstend und raubend, und spotteten billig der schwachen Gegen, anstalten der EidSgenoffen. Konnten diese nun ihren erge. nen Boden nicht beschirmen, waren sie noch weniger im Stande, das Gebiet der zugewandten Orte gegen Verletzung zu bewahren. Die Reichsstadt Roth weil in Schwaben, ihnen bundesvcrwandt, gaben sie ganz aus, weil diese selbst österreichische Besatzung gegen die Schweden ausgenommen hatte. Und da der Ünparteisamkeitsverlrag der Freigras, schaft Hoch bürg und, also auch der österreichische Erb. verein, bald von Franzosen, bald von Schweden verletzt ward: setzten die Eidsgenosscn, stall des Schwertes, den feindseligen Waffen höflich bittende Gesandtschaften und Briefe entgegen; eben so, alö sich Herzog Bernhard von Weimar mtt den Schweden (I6är>) in'S Bisthum Basel einlagerte. Der blieb da, so lang ihm guc dünkte, allen Vorstellungen zum Trotz, und sog das arme Volk aus. Wohl ward oft auf Tagsatzlingen geredet, man müsse für daü heilige Recht des SchweizerbodenS ein stehendes KriegSheer an die Grenzen stellen und die Ehre des Vater- landcs nicht mw Papier, sondern mit -Waffen schirmen. Allein im Innern der Schweiz sprachen sie: mögen die Grenzkantone für sich sorgen! Und Andere sprachen: die Kosten für ein Hxcr sind zu groß. Jeder forderte vom BundeSstaare Opfer, aber keiner wollte ihm Opfer brin^ gen. Der alten, großmüthigen Schweizer ManneShcrz schlug nicht mehr. Auch die Gesandten der auswärtigen Mächte mischten sich, wie immer, gebieterisch ein, oder 258 - mochten Parteien. Selbst in gerechten oder geringen Dingen hatten die EidSgenossen nicht immer den Muth, dem Ueber- mulh fremder Botschafter Stirn zu bieten. Als einst der französische Gesandte (im I. tü42) durch Mellinge» fuhr, einem Städtlein an der Reich, und die Leute seines Gefolges mit den Bürgern wegen des Brückenzolls Streit bekamen, also daß die Bürger Waffen nahmen und die Thore schloffen: genügte eö dem Stolz des Gesandten nicht, daß die Tag. satzung den Schultheiß, Stadtschreiber und Zöllner nach So- lorhurn schickte, um fußfällig um Verzeihung zu bitten und dem Botschafter die abgenommenen zwölf Batzen zurückzu- geben: nein, die Tagsatzung mußte, weil er es wollte, jene Männer in den Gefängnissen von Bade» hallen, bis er versöhnt war. Durch so vielerlei Händel, Verwirrungen und Bewaffnungen geriethen hin und wieder die Regierungen in große Gcldnoth und schrieben Steuern und Auflagen aus. Als aber der Rath von Bern (im I. 1641) ausschrieb, man müßte von lausend Pfund Vermögens ein Pfund steuern, ohne zu sagen, wie lange diese Abgabe dauern solle: gerieth das Landvolk in Furcht, die Auflage werde ewig bleiben. Man redete im Aargau und im Emmenthal laut dagegen, und alle Mühe war eitel, das entstandene Mißtrauen zu tilgen. Darum griff der Rath in Bern zu strengen Maas- regeln, und ließ einige der Vornehmsten verhaften, welche gegen die Steuer redeten. Darüber entstand im Emmen- that so großer Ikvflauf des Volkes, daß die Stadt Bern Besatzung nahm, und Krtcgsvolk nach Thun, Bnrgdorf und Lenzburg legte. Die Mißvergnügten hielten offenen Rath zu Langn au. Doch glimpflich wurden die Unruhen mit Hilfe von Abgeordneten der eidSgenöffischen Tagleistung bei- gelegt. Die Steuer ward entrichtet. Bern bewies Groß- muth und verhieß Abschaffung jener und aller Beschwerden, welche daö Volk zur Sprache gebracht hatte. Bald nach diesem (im Jahr 1645) entstanden auch im Kanron Zürich wegen ausgeschriebener Gutsteuern Unruhen. Klug und milde, auf allerlei Weise durch Belehrung, wußte der Rath von Zürich die Unzufriedenen zu besänftigen, also, daß sie wegeu ihres Ungehorsams um Gnade baten. Nur in Knona» und Wäd enschwyl blieben sie trotzig, drohten bewaffneten Widerstand und vergingen sich ungestüm gegen die Vorgesetzten und Obrigkeiten. Darum wurden diese Gemeinden mir KriegSvolk besetzt und entwaffnet. Männer, Weiber und Kinder mußten im Kreise der Soldaten fuß. fällig um Gnade flehen. Sieben Rädelsführer und Anstifter des Aufruhrs wurden zum Tode durch'S Schwert vcrurtheilt. - 1L9 Wädenschwyl zahlte eine Geldbuße von 26,163 Gulden, Knonau 12,>70 Gulden. DaS war die Frucht de§ Aufruhrs. ES trieb sich aber damals viel fremdes Gesinde! in der Schweiz umher. DaS kam von Welsch, und Deutschland, wo der Krieg hausece. Landstreicher und Auörcisser wie. gelten das Volk gegen die Obrigkeit auf, um sich den Bauern beliebt zu machen oder Nutzen zu haben aus den Verwirrungen. Der unnützen Menschen und Strolchen waren so viel, daß man (im Jahr 1639) zu Schwyz an «nein Tage ihrer hundert, und in der Grafschaft Baden sechstausend dreihundert und siebenzig zählte. Das Land ward vor ihnen ganz unsicher, bis man mit großer Schärfe gegen sie verfuhr. Zu Bremg arten wurden in einem einzigen Jahre zweihundert sechsunddrcißig Verbrecher zum Tode verurtheilt. Solches brachte Schrecken unter die Zug. vögel, daß sie alle davonflogen. Jedoch mehr, als das Schwert der Gerechtigkeit, hat dem Schweizerlande endlich der Friede geholfen, welchen nach einem dreißigjährigen Kriege die großen Mächte von Europa schlössen. Als sie denselben, im Lande West- phalen, zu Münster und Osnabrück verhandelten, schickten auch die EidSgenossen ihren Gesandten dahin, den Bürger, meister von Basel, Johann Rudolf Wcttstein- Dieser führte die Sache der EidSgenossen als ein kluger und ent. schlossener Mann. Und weil man in Deutschland die Schweizer immer noch wie Angehörige deS Reichs halten wollte, und das kaiserliche Kammergericht sogar Urtheilssprüche er. lassen hatte gegen EidSgenossen, statt diese vor ihren vater. ländischcn Gerichten zu suchen: erklärte der Bürgermeister Wett st ein den festen Einschluß gesammrer EidSgenossen. schaff zur Behauptung gänzlicher Unabhängigkeit vom deutschen Reich. Darauf ist von Kaiser, Königen und Fürsten insgesammt im westphälischeu Friedensschlüsse (i4 Oktober 1648) die Unabhängigkeit und Sclbherrlichkeit schweizerischer Eidüge. nossenschaft feierlich anerkannt und ausgesprochen worden. 460 42 . O Wie die Dattel» in den Kantonen Luzern, Der»/ Solvthurn und Basel Aufruhr beginnen und darin verderben. (Vom gab» i64k» — 16 LS.) ES gefiel den Obrigkeiten in Städten und Ländern gar wobt, wenn der Kaiser sie in seinen Briefen nicht mehr „Unsere und des Reichs Liebe und Getreue" hieß / sondern sie „Gestrenge, Feste, Ehrsame und besonders Liebe" nannte. Und die Schweizer hätten wohl ein glückseliges Volk heißen können, wenn sie unter einander in Eintracht gewesen wären. Aber Glaubenshaß zwischen Katholiken und Nefor- mlrcen wollte kein Ende nehmen, und zu dieser alten Noth trat eine nan«. ES waltW in mehrern Kantonen großes Mißvergnügen beim Landvolk, das in manchen Thälern noch leibeigen war, oder doch die alten Lasten der Leibeigenschaft trug. Wenn nun diese Leute sahen, wie das Volk in Schwyz, Uri, Unterwalden so freiherrlich lebte, daß eS keine Obrigkcirin und Gesetze halte, alS solche, die es sich selbst gegeben, und keine Steuern und Auslagen zahlte, als solche, die es sich selbst ausgelegt: that es ihnen weh, daß sie leibeigene Leute und Unterthanen von den Stadtbürgern ohne Hoffnung des LoSkaufS wären; daß man von ihrem Gut Steuern und Abgaben nahm, ohne sie zu befragen; und daß man ihnen Pflichten und Gesetze auflegte, ohne auf ihre Wünsche zu achten. Noch mehr aber schmerzte eS sie, wenn sie geldgierigen Amcleuren und stolzen Landvögten in Allem knech- tisch gehorchen mußten; wenn sie wegen Kleinigkeiten geschlagen, mißhandelt und eingeihürmt, oder durch Schül- denboten und wtllkührliche Bußengelder zu armen Leuten wurden. Klagen gegen Amtleute und Junker halfen wenig, halten oft noch böse Folgen; denn die Verwandten der Landvögre saßen gewöhnlich in der Regierung. Ja selbst Schreiber, Untervögte und Weibel meinten, weil sie alle anö der Sradr wären, sie könnten ungestraft den Bauer plagen, wenn er ihnen nicht zu Willen lebe. Doch weil das Ueber nicht überall gleich groß war, auch viele gerechte und gute Amtlerue im Lande lebten, blieb Alles lange noch still. Alö aber die Regierung von Bern (August 1652), um bessere Ordnung im Münzwcsc» zu treffen, die Scheidemünze anderer dtantoiic verrief und den Werth ihrer eigenen - 161 Batzen um die Hälfte herabsetzte, wurde das Volk unzufrieden. Denn wer zehn Batzen gehabt zu haben glaubte, besaß nun nur noch fünf; und der Arme litt am meisten, der Reiche am wenigsten. Darum liefen die Leute in den Dörfern zusammen, und Jeder brachte zur allgemeinen Klage seine besondere; der Eine über den Landvogt, der Andere über den Weibel; der Eme über den Salzhandcl der Regierung, der Andere über den Pulverhandel derselben; der Eine über Trattengeld und Jnnungszwang, der Andere über Leibeigen. schaftSlastcn und über Schmälerung alter Gerechtsame. Je mehr die Leute redeten, je mehr erhitzten sich ihre Köpfe. Nun geschah, daß die Regierung von Luzern ebenfalls den Werth ihrer Batzen herabsetzte. Da schickten die Gemeinen des EntlibuchS Abgeordnete zur Stadr, und baten, man solle entweder daö Geld im alten Werth lassen, oder statt des Geldes solle man LandcSerzeugnisse zur Bezahlung nehmen. Aber sie wurden so hart angefahren, daß sie mit ' großer Traurigkeit heimgingen. Darüber gerieth das Landvolk in Wuth, und trieb die Schuldenboten, wenn sie kamen , mit Schimpf und Schande fort. Auf dieses ging der Schultheiß Dulliker, mit weltlichen und geistlichen Herren, in's Enrlibuch (Hornung 165L), die Aeltesten der Gemeinde» des Bessern zu belehren. Da zog aus allen Dörfern die Mannschaft mit Spießen und Keulen her; voran eine weiße Fahne; dann drei Jünglinge, die bliesen Alphörner; dann die Hauptlcuce und hinter ihnen drei Andere in alter Schweizeriracht, die Männer des Grütli vorstellend; dann daS ganze Heer, ein tausend vierhundert Mann stark. So trat der Zug in'S Dorf, wo die Abgesandten der Stadt saßen. Und eö erhob sich Toben und Schreien gegen die Abrufung des Geldes, gegen den Zoll bei Wollhausen, gegen den hohen Geldzins, gegen die Bußgelder der Landvögte, gegen die Willkühr der Ohmgeldner u. dgl., und man stieß gröbliche Worte und Drohungen auS, also daß die Abgesandte« bei dem wilden Haufen nichts ausrichteten und zur Stadt heimkehrten. Die Landleute hielten Zusammenkünfte; stellten Wachten aus; durchsuchten die Reisenden; munterten die benachbarten Berner Unterthanen auf, mit ihnen zu halten, und die zehn Aemter der Landschaft errichteten zu Wollhausen einen Bund unter sich, den sie beschworen. AlS die Sache so ernsthaft geworden, schickten die sechs katholischen Kamonö Gesandte, als Vermittler. Wie diese aber zn Willi sau mit den Abgeordneten der zehn Aemter zusammentraten, welche siebenundzwanzig Klagepunkte in Schrift verfaßt Hütten, singen die versammelten Bauern an zu toben, nahmen sogar die Abgesandten gefangen, bewachten sie, besetzten die Hauptpässe gegen die Stadt und drohe. 11 162 - - ren Luzern zu überfallen. Doch eilfertig zogen aus den kleinen Kantonen vierhundert Mann zur Besatzung und Ver, ^heidigung in die Stadt. Zürich und Bern rüsteten krie. gerisch. Wie die Landlente der zehn Aemter solches hörte»/ entfiel ihnen der Muth; fie liessen die gefangenen Gesandten wieder frei und baren dieselben/ fie sollten vermitteln. Solches thaten die Gesandten in einem Spruchbrief (is März) auf billige Weise: eS solle der Obrigkeit die Landes- Hoheit, aber den Unterthanen ihre Nechlsame verbleibe»/ das Ohmgeld im ganzen Lande gleichmäßig gezahlt/ der Schultheiß zu Willisau nur aus dasigen Bürgern gewählt, vom Entlibuch nur in Sachen, die über hundert Gulden steigen, nach Luzern appellirt, der Bund der zehn Aemter von Wollhausen dagegen vernichtet, auch keine solche Verbindung mehr bei schwerer Strafe gestiftet, jedoch auch dem Lande keine Bezahlung der wegen dieser Strctlhändel entstandenen Unkosten abgefordert werden. Wie man nun glaubte, es sei Alles beigelegt, erhob fich der Sturm im Kanton Bern, von Thun bis zur Stadt Brugg. Wir die Regierung hier das Landvolk gegen die Landleute lm Kanton Luzern hatte aufbieten wollen, sprach man: »Nein, wir ziehen nicht gegen unsere Brüder; wir haben wohl des Rechts zur Klage so viel, als fie!" In allen Dörfern war Lärmen und Geschrei und Unordnung Übermaßen. Keiner wollte gehorchen, Jeder befehlen. Nur in den Städten-Thun, Aarburg, Zofingen, Aaran, Brugg und Lenzburg blieb es ruhig, auch die Geistlich« kett auf dem Lande der Obrigkeit treu. AlSbald rief Bern eidögeaöffischen Beistand, die Empörung zu dämpfen. Schafhauser, BaSler und Mühlhauser sandten sogleich Kriegsvolk ab. Aber Zürich und Luzern ermähnten zu freundlicher Vermittelung. Dazu ward endlich die Regierung von Bern willig. Ehe man sich jedoch darüber verständigt hatte, rückten die Schafhauser schon bei Brngg und die BaSler und Mühlhauser bet Aaran mit ihren, KriegSvolk tt(S Land. Solches erbitterte die Leute im Aargau, nnd der Landsturm erging (18 März 16L3) durch die ganze Grafschaft Lenz bürg. Auf dieses begaben §ch die Schafhauser wieder zurück, und die BaSler und Mühlhauser zogen von Aarau weg an'S linke Aarufer in die Aemter Biberstein und Schenkenberg. Nun erging aber auch hier bis tief in'S Solothurner Gebiet der Landsturm, also, daß die BaSler und Mühlhauser ebenfalls heimgehen mußten. Zn Aerlisbach standen Solothurner und Aargauer Landleure in Waffen; zwischen ihnen durch zogen die Basier und Mühlhauser, wie durch eine Gasse, in ihr Land zurück. -- 65Z) Land-gemeinde und erwählten den NiklauS Lenenberger, einen Landmann von Schönholz, zu rhrem Haupt und zum Obmann der Bundesgenosse» aus den vier Kantonen Luzern, Bern, Solothurn und Basel. Sie gaben Gesetze: eS solle -aS Volk die Rechte der Obrigkeit, und die Obrigkeit das Recht des Volkes ehren; kein Unter- ihan sich gegen die Obrigkeit waffnen, aber wenn diese irgend Kriegsvolk schicke, solle man eS mit Gewalt abtreiben. Sie 164 - luden die Unterthanen aller EidSgenossen schriftlich zu einem Tag nach Hiitwyl ein, denn eS werde über Recht und Freiheit Aller gehandelt, und darüber, daß alle Schweizer freie Dchwetzcr werden sollten. Solches gefiel den Herren in den Städten übel. ES war ein großer und entscheidender Augenblick nahe. Gleichwie sich in alten Zeiten Grafen und Freiherren von den Kaisern losgemacht und in ihren Gauen erbliche Herrschaft erworben hatten, wie dann wieder die größer» Städte dcg SchweizerlandeS, durch Glück und Umstände begünstigt, sich von der Macht der Grafen und Freiherren losgekauft oder mit Waffengewalt befreit hatten: so wollten jetzt die umcrthänigen Landleme die Gewalt der Städte brechen und zur Freiheit eingehen. — Aber ihr Treiben war schlecht bcrechr-.'t. Denn diese stürmischen VolkShaufeu gingen weder mit der frommen Rechtlichkeit und strengen Eintracht zu Werke, wie vorzeiten die Männer in den Waldstäucn, noch mit der Klugheit und besonnenen Kraft, wie vor Alters die Städte. Sie waren rohe, unwissende Leute, unerfahren in StaatS- gcschäften, in Schulen schlecht gebildet, mißtrauisch unter einander, jeder mehr auf seinen Vortheil, alS auf allgemeinen Nutzen bedacht. Sie horchte» lieber auf tobende Schreier, alS auf Rath der Verständigen; wollten Alle ge- bieten, Keinem gehorchen. Daher sah man sie uneinig unter sich und zu allen Ausschweifungen bereit. Wer nicht ihres Sinnes war, den mißhandelten sie. Einigen drohten sie Mordbrand, Andern schlitzten sie die Ohren: Unterdessen rüsteten die Städte, um die Empörer zu zähmen; pflogen aber mit denselben Unterhandlung, um Zeit zu gewinnen. Aufrichtiger meinte aö noch Bern, auch die Tagsatzung zu Baden, mit den Leuten. Viele Zusammenkünfte mit den Ausschüssen der Aufrührer wurden beredet oder gehalten; allein bei den vielen tobenden Haufen, deren einer dem andern widersprach, und die jeden Tag ihren Sinn änderten, war keine Sache zum Ziel zu bringen. Nachdem nun alle Mühe eitel geblieben, mahnte der Vorort Zürich die ganze Eidögcnoffenschaft zum Aufbrnch (11 Mai i6Z3). Bern sammelte die Scdaare» deö Wandt- landeS, welche durch ihre Sprache von der Sache der deut- scheu Unterthanen getrennt geblieben waren, und ernannte den Sieg mund von Erlach zum Feldherrn. Er führte bei zehntausend Mann. ES kamen bei fünftausend Mann aus den katholischen Kantonen, geführt vom Oberst Zweyer; die übrigen EidSgenossen, achttausend an der Zahl, befehligte der Züricher Feldherr Wertmüller. Die freien Lanbleutc in den kleinen Kantonen hielten treu mit den - 16 L Städten und vertheidigten deren Sache gegen daö empörte Volk/ theils a«S Liede der Gerechtigkeit und nachbarlicher Freundschaft/ theils auch weil sie cbeufaUS unrerthänige Vogreien besaßen. Ihre Bclatzung schirmte Luzcrn. Schnell griffen aber auch die Empörten zu den Waffen. Sie besetzten den Engpaß bei Gummi neu gegen das Waadt- landt / beiWindiseh und Melling en gegen Zürich. Sie beraumen Siarburg und Aarau, Zofingen und Lenzburg; doch vergeblich. Denn sie hatten weder schweres Geschütz, öder andere Waffcnvorräthe genug, noch KriegSzuchr unter sich, oder erfahrene Hauptleute, weil bisher die Haupt- mannSstcllen ausschließlich von Stadtbiirgern bekleidet worden waren. Sobald Leuenberg er, der Obmann der verbündeten Landleute, und Schybi und Ulli Galli und andere Häupter der Empörung sahen, daß cö Ernst gelten werde: suchten sie theils durch Trotz. theils durch neue Unterhandlung ihre gefahrvolle Unternehmung zu sichern. Leuen- berger, eine Stunde von Bern, zu Ostermundige», gelagert, wo sein Volk rings umher raubte und plünderte, schrieb noch einmal an Bern, zu gütlicher Beilegung des StreitS. Der Rath der Stadt, daö Blutvergicsscn zu meiden, schickte wirklich Gesandte zu den Empörern; willigte in Vieles, sogar in Bezahlung von fnnfzigtausend Pfunden an daö Landvolk, doch nicht als Entschädigung von deren Kriegskosten, sondern als Unterstützung dcr Armuth. Die Abgeordneten der Empörten unterschrieben endlich den schon einmal von ihnen verworfenen Vertrag und verhießen Huldigung und Treue. Allein kaum in ihr Lager znrückgekom- mcn, ward Alles wieder vernichtet. Denn weil die EidS- genossen im Anzug waren, wollten die Empörten nicht auseinander gehen, bis die Schaaren von jenen in ihre Heiniathen zurückgegangen sein würden. Werrmüllcr und Zweyer stiegen indessen mit ver- einigten Heeren über den HeiterSbcrg herab nach Me klingen. Sie bewilligten dem Lcuenberger noch einmal Un- terreduna, wie er selbst verlangt hatte. Lenenberger jedoch, der erst noch in einem Schreiben über das Anrücken der eidSgevössische» Hilfüvölker dem Narhe zu Bern geklagt hatte, während seine eigenen Bauern die Städte im Aarga» be- lagerten, sah sein,Heer plötzlich, sobald der Landsturm ergangen war , auf zwanzigtausend Mann erwachsen. Da fürchtete er sich nicht mehr und meinte: das Schwert müsse entscheiden. Inzwischen waren die Angriffe dcr Empörten sowohl gegen Mcllingen als Zossngen fruchtlos gewesen. Das machte sie muthlos Sie sandten wiederum Abgeordnete M — a» den «idSgeuössischsn KrtegSrath in Mellingen, mn gute Bedingungen zu erhallen. Dach nun antwortete der Kriegs, rath: „ES kommt nicht den Bauer» zu, Bedingungen vor- . zuschreiben. Liefert euern Bundeöbrief aus. Zieht nach Hanse. Eure Rädelsführer haben den Spruch ihrer Obrig. keilen zu erwarten. So wollen wir euch in Frieden lassen.« Die Abgeordneten des Landvolks von Bern, Basel und Solothurn beschworen zwar erschrocken die vorgelegten Punkte. Nicht aber also die Luzerner. Sie entschuldigten sich, ohne Vollmacht zu fein. Also waren die Bande der Empörten unter sich geköset. Wertmnller rückte vor. Von Bern und Wangen her zog anderseits Feldherr Erlach gegen Langenthal. Unterwegs trieb er einen Hansen von zweitausend Bauern aus einander. Auf dem Felde vor Herzogenbuchsce (28 Mai) fand er eine Wacht von sechs mit Hellebarden bewaffneten Landlenten. Diese versicherten, die Aufrührer seien alle zerstreuet. Wie er aber mit seinem Gefolge gegen das Dorf ritt, fiel Schuß auf Schuß gegen »hu. Alsbald ließ er von drei Seiten zugleich angreifen, da er die Schnüre»- der Empörten plötzlich erblickte, dir sich des benachbarten Waldes bemächtigt hatten. Hier begann ein verzweifelungvollcs Streiten. Die Empörten, übermannt, vertheidigten Schritt um Schrill ihren Rückzug gegen daS Dorf. Während ein Theil desselben in Flammen aufging, fochten sie in den Häusern, dann noch hinter den Mauern der Kirche. Endlich flohen sie zerstreut in die Wälder. Bei Langenthal stießen Erlach und Wertmnller mir ihren Heeren zusammen. Aller Aufruhr wett.melier schwieg. Wertmüller, welcher den Frieden gehandhabk sehen wollte, der den Empörten schon vom ÄricgSratb in Mellingen zugesichert worden war, machte dem Berner Obersten Vorwürfe wegen des Gemetzels von Herzogenbnchsee. AIS dieser ihm jedoch erzählte, wie eS gekommen sei, ward beredet, der Mellinger Vertrag solle nur für das untere Aargau gelten; aber in den Landschaften oberhalb Aarburg behalt« sich Bern volle Gewalt nach KriegSrecht vor. In gcsamnilen Dörfern herrschte plötzlich, statt deS Trotzes und aufrührerischen Gebrülles, Todtenstillc, Rene und Schrecken. Man entwaffnete die Landschaften, warf die Rädelsführer tu Gefängnisse. Zu Zofingen saß der eidügenösstsche KnegSrath und hielt Gericht. Dahin ward aus dem Enrlibuch Schybt geführt und mit dem Schwert enthauptet. Leuen bcrger, der in seinem eigenen Hanse von einem seiner Nachbarn und Mithelfer verrathen ward, kam in den Kerker nach Bern. Hier wurde er hingerichtet, und sei« blutiges Haupr «cbst dem Bu^eSbriof der Empör- - 167 tei, an den Galgen geschlagen. Eben so starb sein Schreiber BröSmer. Ulli Gallt ward an den Galgen gehenkt. Zu Basel wurden siebe» Greift/ als Theilnehmer am Auf- rühr/ zum Tode verurteilt; alle hatten schneeweiße Bärte. So sind noch viele Andere theils zum Tode verdammt/ theils zur Landesverweisung/ noch Mehrere zu Geldbußen. ES mußten die Freiämtler zehntausend Gulden/ die Leute der Grafschaft Lcnzburg zwanztgtauftnd/ die Solothurnischen dreißigtauftnd Gulden / Andere andere Summen zahlen. Und die geflüchtcten Aufrührer ließ Kaiser Ferdinand m durch das ganze römische Reich in die Acht erklären. Im Kanton Luzern aber hatten sich die Empörte»/ welche bet Mellingen ihre Sache von der Sache der übrigen getrennt sahe»/ zu einem Vergleich mit ihrer Regierung entschlossen. Uri/ Schwyz/ Umerwalden und Zug vermit. leiten schiedsrichterlich zu Stanz zwischen Obrigkeit und Unterthanen (7BrachmondS). Nur die Entlibueher wider- setzten sich dem Spruch; denn in Luzern selbst lebten mehrere Bürger/ die heimlich mit ihnen hielten/ und eine Regte- rungüänderung in der Stadt durchzusetzen hofften. Allein diese Bürger wurden verrathen und verhaftet/ und die Ent- libucher durch Uebermacht des einrückenden KriegSvolkö zum Gehorsam getrieben. DaS war der AnSgang des Aufruhrs. WaS gesetzlos aufgeht/ muß gesetzlos verderben. Noch lauge haderten darauf die Kantone selbst wieder unter einander wegen Zahlung der Kriegskosten; Bern besonder- mit Zürich/ Solo- rhurn mit Bern, bis man sich auch darüber (1654) auf der etdögenöffischcn Tagleistung verglich und für die Zukunft festsetzte.- die hilfelcistenden Kantone sollten in eigenen Kosten de« uothlridenden helfen und zuziehew. 43. Religionskrieg. Das Treffen bet Villmergen. Aufstand in Basel. Die Pestilenz. (Vom tzahre 1656 — 1699 .) Kaum war der Hader über die Unkosten glücklich beigelegt, siehe, da gab es zwischen den Kantonen andern Streit, böser», al-S den ersten. Er ging noch einmal aus dem unchristlichcn Haß zwischen Neformirte» und Katholischen hervor. Die Geiitllche» beider Kirchparteie»/ statt das Hollenfeuer der Zwietracht zu lö- 168 - sehen, fachten cS mit ihren Reden geschäftig an. Schon fehlte eS unter den Regierungen ohnedem nie an Ursache deü Zanks, besonders , in den gemeinschaftlichen Vogreie», wo Jeder Recht haben, Jeder Meister sein wollte. Keiner traute dem Andern, weil Jeder von. Andern Schlechtes glaubte. Die Katholischen sagten: »Seht, die Berner und Züricher befestigen ihre Städte nicht umsonst und halten zu Holland und England! Das Alles, ist nur gegen uns!" — Die Reformirren sprachen: '»Seht, die Katholischen bestä- tigen den Borromeischen Bund, erneuern sogar ihre Bünde mit Savoicn und dem Bischof von Basel, und thun mit dem König von Spanien nicht vergebens so freundlich. Daö gilt gegen unsere Religion!" Dann begab cö steh, daß eines TageS (im Jahre 1655) sechs Familien von Arth, im Kanton Schwyz, weil sie evangelisches Glaubens waren, flüchtig werden mußten. Sie konnten in Arth nicht deö Lebens,sicher sein. Weinend und stehend traten sie vor den Rath von Zürich und baten, daß man ihnen wenigstens freien Wegzug ihres Vermögens in der Heimath auswirken möchte. ES schrieb der Rath von Zürich voll Mitleids nach Schwyz und bat UM den freien Wegzug der Güter dieser Verfolgten. Schwyz aber schlug das Begehren ab und verlangte Auslieferung der Ausgewanderten. Wie nun die reformieren Kantone dagegen das eidgenössische Recht anriefen, sprachen die zu Schwyz: »Wir sind in unserm Lande Niemandem Rechenschaft schul, dig, als Gott und uns selbst!" Und sie zogen die Güter der Ausgewanderten ein, warfen die Anverwandten dcrsel. ben, weil sie ebenfalls evangelisches Glaubens waren, in Kerker und Banden, quälten sie auf Folterbänken und ver. urtheilten sogar einige zum Tode. Da griff Zürich zu den Waffen, sobald Ermähnen nnd Vermitteln der unparteiischen Kantone auf den Taglcistun. gen vergeblich gewesen war. Eben so schnell hoben Schwyz und die katholischen Orte ihre Panncr. Zürich, unterstützt von Mühlbausen und Schafhausen, trat mit Zehntausend in Feld, bemeisterte sich des ganzen ThurgaueS, nnd belagerte Napperswyl. Aber die katholischen Kantone hielten Rapperöwyl und den Aldis schon, auch Bremg arten, Mellingcn und Baden und gegen Bern den Brünigberg besetzt. Die Berner stellten Kriegövolk gegen Freiburg, Colothurn und Unrerwalden zum Schutz, und zogen mit vierzig Fahnen gen Lenz bürg, den Zürichern zum Beistand. Es war jedoch bei den reformirten KriegSschaaren keine Zucht. Die raubten und brannten, wohin sie kamen; verwüsteten das Kloster Rheinau; plünderten Dörfer und Kirchen und trieben das Vieh weg. Und bei den Bernern - 16S sah man so wenig Ordnung, daß sie in der Gegend von Billmergen lagerten, ohne sich um den Feind zu beküm. mern, keine Kundschafter aussandten und nicht einmal für das grobe Geschütz genug Schießbedarf hatten. Und obschon ein paar Aargauer den Feind beim Dorfe Wohleu erkannt hatten und zurückgingen und Lärmen machten, ward deß doch nicht geachtet, weil einige junge Herren von Bern hinauSgcritttn waren und versichert hatten, es sei nirgends Gefahr. Doch auf der Höhe von Wählen, Hintern, Walde, standen wirklich mehr denn viertausend Lnzerncr verborgen. Die führte stracks der Luzerner Oberst Pfyffer hervor. Und von der Höhe im Hohlweg, wo sie mit halbem Leib verdeckt standen, richteten sie plötzlich ihr Feuer gegen die Berner. ES war zwei Stunden nach Mittag, am vierzehn, ten Jänner des Jahrs 1656. Die Berner gericchcn in so große Verwirrung und Schrecken, daß sie kaum in Ordnung zu stellen waren. Weil Pulver und Kugeln fehlten > schössen sie ihre Feldstücke nur zweimal ab. Alles floh. 'ES kamen zwar zehn frische Fahnen zur Hilfe, aber die kehrten auch mit um. Der Oberst Pfyffer erhielt während des Tref. scnS ein Schreiben von Luzern, mit Befehl, nicht anzugreifen, weil man sich gütlicherweise vergleichen werde. Allein er steckte den Brief „„erbrochen "ein, weil er vermuthen konnte, was derselbe enthielte, und verfolgte die fliehenden Berner, deren eine große Zahl niedergemetzelt ward. Bei achthundert derselben kamen umS Leben; eilf Stück groben Ge- schützeS verloren sie. Und seitwärts in den Weinbergen standen viele Berner Schlachthaufen: die sahen die Flucht ihrer Leute nach Lenzburg und ssahcn deren Untergang, aber regten sich nicht, weil sie keinen Befehl hatten. Nur die Schlachthaufen der Aargauer, als sie die Niederlage der Berner erblickten, wurden wüthend, und wollte» vorwärts und die Schlacht erneuen. Doch der Berner KriegSrath verbot cS und harre große Mühe, den Ungestüm der Aargauer zurückzuhalten. DaS ist das Tressen bei Billmergen gewesen. Drei Tage lagen die Sieger frohlockend auf dem Schlachtfelde. Dann zogen sie init großer Beute heim und wenige Wochen darauf ward Waffenstillstand und Friede (26 Hornung 1656) geschlossen. Denn weil man den kleinen Kantonen die LebenSmmel sperrte; weil die Luzerner sowenig, als die Berner, ihrem eigenen, unzufriedenen Landvolk vertrauen konnten, war Allen gelegen, den Krieg bald zu enden, der nur neun Wo. chen gedauert und doch den Zürichern allein schon über vierhundert, und vierzehntausend Gulden gekostet hatte. Der Friedensschluß stellte Alles wieder her, wie eö etwa vorher 170 - gewesen. In NeltgionSsacheu und wegen freien Zuges aus einem Kanton in den andern ließ man jedem Kantone Gewalt, in seinem Gebiet zu thun, wie er wollte. Bei der Übeln KrtegSordnuiig der reformirten Orte hatten die katholischen vielleicht noch Größeres gewinnen können, wenn bei ihnen selbst daö Heerwesen besser bestellt gewesen wäre. Sie warfen alle Schuld, daß stc nicht mehr ausgerichtet hätte», auf Oberst Zweyer von Evenbach, Landes- hanptmann von ttri, und sagten, er wäre mit den Zürichern und Bernern im Einverständuiß gewesen, habe am Etzel die Verfolgung der fliehenden Feinde und die Vertreibung der Belagerer vor NapperSwyl gehindert. Ja, ein Mönch zu Einsiedeln sagte: die Züricher hätten demselben tausend und vierhundert Dukaten in einem Kapaun geschickt. Das gab wieder laugen Streit und RechtShandel vor Tagleistungen, der nie beendigt wurde. Nun war Frieden im Lande ohne Friedlichkeit. DaS ward überall verspürt, und am meisten in den gemeinen Bogteien. WaS da dem Einen leid war, daö war dem Andern lieb; und der gemeine Mann trieb es mit seinem un- christlichen Glaubenseifer, wie er cS von seinem Herrn sah. Wenig fehlte, der Krieg wäre vielmals von Neuem begonnen. Ein Luzerner, der für spanischen Kriegsdienst Soldaten geworben hatte, zog am Psingstfest (1664) mit dreiundvier- zig derselben auf Abwegen durchs Thnrgau, und im Dorfe LipperSwyl in die reformirte Kirche, mit bloßem Säbel darin Unfug und Lärmen treibend. Ein Weib flüchtete mit großem Geschrei und Schrecken inS Dorf Wigoldingen und rief Hilfe. Rasch waren die Wtgoldinger auf, über die spanischen Söldner her, und fünf derselben wurde» er- schlagen, andere verwunde», andere gefangen genommen. Diese Begebenheit brachte die reformircen und katholischen Kantone in Harnisch wider einander. Mau rief Kriegsvolk zusammen. Die fünf katholischen Orte besetzten alsobald Kaiserstuhl, Mellingen und Bremgarten. Viel ward getager und unterhandelt. Die katholischen Orte konnten nur durch Blut versöhnt werden. Zween Männer von Wigoldingen wurden durch das Stimmenmehr der über Thnrgau regierenden Kantone zum Tode vcrurtheilr (am fünften Herbstmonat 1665), wie rührend auch Zürich für die Unglückliche» um Gnade bat. Und alS die Gemeinde Wigoldingen alle Kosten des langen Streithandclö zahlen sollte, sammelte man in allen Kirchen des Kantons Zürich dafür Steuern. Bald nach diesem ward geredet, daß der König in Frankreich, hart vor Bascl, den Ort Hüningen zur starken Beste bauen wolle, sich zum Schutz, den Schweizern zum - 171 Trutz. DaS macht« den Eidögenoffen Sorge, und sie fand- reu gen PariS (1679) an den König. Als aber ihre Muhe eitel war/ den Bau zu hindern/ stieg die Unruhe/ am mei- sten zu Basel. Hier murrten die Bürger gegen den kleinen Rath/ als habe Manchen aus ihm französisches Gold geblendet; denn er habe überhaupt zuviel Gewalt au sich genommen in Wahlen und Gebung der Gesetze/ zum Nachtheil des Landes. ES traten die Zünfte znsammrn. Mancherlei Unfug kam anS Licht. Rathsherren und Weiber, die sich in NathSwahle» gemischt / wurden der Ehren entsetzt/ oder eil Gefangenschaft gethan und mit schwerem Gelde bestraft. Der Rath gehorchte, den» die Bürger trotzten in Waffen. Die EidSgcnoffen sandten Boten / den Streit zu vermitteln ( 1691 ). ES warb viel Parteiung, Auflanf und Gewaltthat/ weiläustig zu erzählen. Und als endlich die Vermittler, nebst Ausschüssen des Rathes und der Bürger / die Rechte des großen und kleinen Raths geordnet/ in Landeözucht, Verwaltung, Pflege der Gerechtigkeit und Besetzung der Aemter das Bessere bestimmt, und di« mehrern Bürger begnügt geschworen hatten, Frieden zu halten/ warb derselbe dann erst am blutigsten gebrochen. Denn als Johann Fario, eine» von den Fürsprechern der Bürgerschaft/ auf das Nheiurhor gefangen gesetzt worden, angeklagt, er habe Vieles ohne der Bürger Wollen und Wissen eigenmächtig betrieben, forderte ein Haufe» anderer, bewaffnet, durch weiß« Binden rrm den Arm sich kennba», zur Nachtzeit des Mannes LoSlassnng. Die Lärmtrommel ging. Die der Obrigkeit Getreuen sprangen auf. Bürger gegen Bürger zogen in Waffe» aus; zween von Fa, rio'S Anhang wurden vonKugeln verwundet O-Sepr. 1691); bei fünfzig andere des folgenden Morgens eingekerkert; be- waffnere Landleute in die Stadt gezogen, zum Schirm der Ordnung. Ein schweres Gericht erging über die Urheber des AufstandeS. Johann Fario, Johann Müller und Konrad MoyseS wurden (28 September) auf dem Platz vor dem Rathhause enthauptet . Andere auf die Galeere» verdammt, Andere des Landes verwiesen, Andere au Geld gebüßt. So verbanden sich mit dem Streit nist Glaubens- und Kirchensachen noch vielerlei bürgerliche Parteiungen und Händel, bald dort, bald hie, als sollte das Schwetzerland nimmer znr Ruhe kommen, »na eS doch nicht mebr von auswärtigen Mächten bedrängt war. Das brachte.^erze- leid und Kummer über viele Haushaltungen. Dann trat zu allem Elend sogar noch eine pestilenzische Seuche, die viel Volks, besonders in der Stadt Basel und im Aar. gau, wegraffte (im I. w67). Die Leute bekamen Pest. 173 - beulen am Unterleibe. ES war ungesunde Witterung/ und der Winter vorder fast immer warm gewesen. Giftige Würmer und Raupen bedeckten Baume/ Gras und Früchte; und es wurden der Wasser, und Feldmäuse soviel/ als man nie vorher gesehen. Das dauerte/ bis ein Jahr zu Ende ging und ein strenger Winter erschien. 44 . Wie die Leute im Toggenburg durch den Abt von St. Gallen um ihre alten Freiheiten gebracht worden sind und was daraus entstanden. (Vom Jahr 1700 — 1712.) Es sind die alten Schweizer unabhängig vom AnSlande geworden und sind eS geblieben/ so lange sie das Ausland weder aus Hoffahrt und Eigennutz geliebt / noch gefürchtet haben. Und sie wurden von den Völker» der Erde hoch. geachtet/ so lange sie ihr ewiges Recht höher achteten/ den» das Leben. Als aber durch Gelddurst und Feigheit die Klugheit höher stehen wollte/ denn das Recht; als gemein ward/ Fleisch und Blut an die Fremde zum Kriegsdienst zu verkaufen; alS sich Vorsteher von goldenen Ketten und Ordensbänder» der Fürsten binden liessen: da riß das Ver. derben des Vaterlandes unaufhaltsam ein. Man erniedrigte sich vor dem Auslande/ um im Lande hoch zn stehen; man stellte den Kanton höher als die EidSgenossenschaft/ und die Familie höher/ alö den Kanton; mau war in großen Dingen klein und in kleinen Dinge» groß; man trachtete nach Ehren, stellen um des Geldes Wille»/ und versteigerte Aemter für Geld/ oder erwarb sie durch Heirathcn; man nannte die Schweizer frei/ aber die meisten waren arme Unterthanen und hatten weniger Recht/ als die Angehörigen der Könige; ja/ man verschmähte oft nicht Gewalt und List/ um auch die wenigen Rechtsame des Volks nach und nach zu vcrtil. gen/ auf daß die Gewalt der Herren unbeschränkter würde. Solches hatte besonders das Volk im Lande Doggen, bürg erfahren müssen. Hier genossen ehemals die Gemein, den durch Gunst der alten Grafen von Toggenburg große Vorrichte/ Theilnahme an Besetzung der hoben und niedern Gerichte/ an Vußengcldern und andern Nutzungen; Recht zu LandeSgcmcindcn und andern Versammlungen/ zur Mit. Verwaltung des öffentlichen Gutes und zur Kriegögcwalt. Ja Niemand konnte ihnen zum Landvsgt gesetzt werden/ als ei» Mann aus ihrer eigene» Mitte. - 176 Wie nun über (im Jahre Es) der Abt von St. Gallen nm vierzchntausend und fünfhundert rheinische Gulden von einen, Freiherr,, von Raron die Nechtsame gekauft hatte/ welche dieser über das Land aus dem Erbe der alten Grafen von Toggenburg erworben: so trachtete der Abt auch nach den Rechtsinnen, die er nicht gekauft/ sondern dem Volke feierlich bestätigt hatte. Und gleichwie daö Volk von Toggenburg zum Schirm der eigenen Freiheiten mit den Kantonen Glaruü und Schwyz ein Landrecht (im Jahre 1466) errichtet hatte, so stiftete nun auch der Abt zu», Schutz seiner Rechte (im Jahre 1469) ei» besonderes Schirm- recht mit denselben Kantonen. Weil seine Abtei ein zugewandter Ort der EidSgenossenschaft war/ er selbst aber Fürst deS heiligen deutschen Reiches hieß, wußt' er beides immer wohl zu seinem Vortheil anzuwenden/ um mächtiger zu werden. Er stand gegen den Kaiser/ wen» eö ihm ersprießlich schier,/ als EidSgenoß/ und gegen die EidSgcnossen als Reichsfürst und Lehenträger kaiserlicher Majestät. Das half ihm viel. So fing er a>,/ die Toggenbnrger Freiheit zweifelhaft zu machen/ und die Leute sogar seine Leibeigenen (1510) zu heiße», um sie allmälig daran zu gewöhnen. Dann griff er endlich ihre Freiheiten selbst an / und eS gab vor den Schirmorten vielen Rechtsstreit. Die Schirmortc waren ihm aber hold. So gewann er erst/ daß von allen Gerichten im Lande die Appellation (1569) vor seine» Stuhl kam; dann (,54o) riß er das Recht an sich/ das Landgericht allein zu besetzen/ und die eingezogenen Güter der Verbrecher zu behalten/ desgleichen das Recht/ einen Ausländer zum Landvogr zu erwählen, alle Kirchen, und Pfründgüter un- beschränkt zu verwalten,- auch Wildfang und Fischerei an sich zu nehmen; darauf (1546) gewann er das Recht, in allen Kirchen des Landes den Pfarrer zu setzen, auch (1555) Schreiber und Deibel zu wählen und daö Bürgerrecht zu ertheilen (1596). Endlich wurden dem Volke alle Lands- gemeinen untersagt und auch andere Versammlungen, nnd daS Kriegswesen im Lande gerieth (,654) gänzlich in deS Abtes Hand. Nun schaltete er, wie ihm wohlgestel, bewilligte gezwungene Werbungen in fremden KriegeSdicnst, besetzte alle Stellen mit seinen Geschöpfen, sah gleichgültig zu, wenn Amtleute und Klöster d,e besten Grundstücke durch List und Ränke an sich zogen, oder wenn die öffentlichen Bußen zu ungeheuern Summen stiegen. Zuletzt dünkte sich Abt Levdcgar Bürgisser ein un- beschränkter Herr im Lande. Er gebot dem Volke, auf eigene Kosten eine neue Fahrstraße durch den Hu»imelwald zu bauen und zu unterhalten. Und alö die Abgeordneten 174 - des Volkes zu ihm sprachen: solches wäre den Toggenbur- gern eine drückendere Last, als vorzeiten die Frohndicuste und Tagwen, von denen sie sich schon zweimal losgekauft hätte«, verfällte er diese Leute zu einer Geldbuße von 1540 NeichSthalcrn, zu Widerruf bei offenen Thüren und machte sie ehr. und wehrlos. Nun gingen die bedrängten Toggenbnrgcr klagend vor Schwyz und Glarnö (1701). G laruS uadm sich die Noth der armen Landlcute zu Herzen, auch Schwyz, obwohl die Toggcnburgcr reformirten Glaubens waren. „Und wenn die Toggenbnrgcr Türken und Heiden wären,« riefe« die Schwyzcr an der LandSgemeine, „so sind sie doch nasere Bundsgenossen und LandS- lente, und sollen wir ihnen zum Recht helfen!« Solches verdroß den Abt, und er klagte und rief alle Kantone um eidgenössisches Recht an. — Da gab es wiederum viele Tagleisiungen von Jahr zu Jahr. Zürich und Lnzern, die auch des Abteü Schirmorte waren, mischten sich in den bösen Handel. Manche waren den Toggenburgern gewogen, ihres reformirten, vielgckränkten Glaubens willen; manche dem Abt widerwärtig, weil er vor Kurzem noch mit dem Hause Oesterreich Schntzbündniß geschlossen hatte und die Grafschaft Toggenbnrg ansah, als wäre sie ein Lehen vom Kaiser und Reich. — Je länger der Zank währte, je größer ward, wie gewöhnlich, die Verwirrung des Handels. Zu- lehr mischte auch der alt« Glaubenshaß sein Gift dazu. Denn weil Schwyz und die katholischen One sahen, daß Zürich und Bern besonders des Glaubens willen die Toggenbnrgcr unterstützten, und diese zum Festhalten an den alten Rechten ermunterten, neigte sich Schwyz dem Abt von St. Gallen zu <170Z) und sprach: des AbteS neuere Rechte, Briefe und Siegel gehen dem alten Landrecht vor, und ohne Vorwissen von Schwyz und GlarnS soll im Tog« gcnburg kein neuer reformirter Gottesdienst eingeführt wer- den. Daö aber schreckte nicht Zürich und Bern zurück; und die Toggenburger handhabten ihre alten Rechtsame. Nun trat der kaiserliche Gesandte auf, und brachte einen Brief seines Herrn, der sagte: der Kaiser werde schlichten, denn die Grafschaft Toggenburg wäre unstreitig uraltes ReichSlehen. Aber Zürich und Bern erwiederten: Tog- genburg liegt inner den eidSgcnössischen Grenzen, und der St. Gallcr Abt hat uns schon seit mchrern Jahren alS Schiedsrichter erkannt. — Auch machten die Gesandten von Holland und der Könige von Preussen und England den Züricher» und Bernern Muth gegen den Kaiser. AlS nun der Srcit immer grenzenloser ward, und im Toggenburg selbst Unruhe, Mord und Todtschlag, entstand, - 17L weil der Akt von St. Gallen daselbst absichtlich Zwietracht zwischen den katholischen und rcformirten Einwohner» säete, versuchte noch ein weiser Mann aus Zürich/ Nabholz gc. nannt/ durch seinen Rath Ordnung und Frieden wieder herzustellen. Sein Bemühen blieb eitel. Der Abt hielt steif aus alle Titel seiner bedrohten Gewalt. Die Toggenburger aber verachteten dieselbe/ und gehorchten ihm nicht und trieben seine Amtleute / Boten und Soldaten aus den Schlössern sort. Der Abt besetzte darauf alle Brücken/ Wege und Stege in den alt.saoktgallischen Landen mir KriegSvolk. Die Toggenburger bewaffneten sich. Schultheiß Dürler in Luzcrn, dcö AbteS eifrigster Freund rief die katholischen Kantone auf/ daß sie die toggeubnrgischcn Aufrührer im Zaume halten müßten. Hinwieder sprach der Schultheiß Will« ding von Bern den rcformirten Kantonen z»/ die Sache ohne Zaudern gegen die Katholiken mit dem Schwerte zu entscheiden/ denn es gehe die alten Rechte des Toggen. kurzer Volkes und de» Schutz der rcformirten Kirche an. Zwölf Jahre schon dauere der Streit/ und er stehe immer schlimmer. Sobald die Toggenburger sahen / Zürich und Bern stehen für sie/ und der Obmann Bodmer ziehe zu ihrem Schutz mit fast dreitausend Mann von Zürich heran/ verkündeten sie ihren Krieg gegen den Abt (12 April 1712 ) zur Be- hanptung ihres Rechts. Nabholz, bisher ihr Freund und Ratbgeber/ wurde ihr Anführer/ ließ Landsturm ergehen/ und verfocht sie gegen die Leute deü AbteS mit dem Schwerte so treu, wie sonst mit der Feder. Die Klöster und des AbteS Schlösser wurde» besetzt; aber in die Stadt Wyl warf der Abt sechözehn Heerbandcn Fußvolks zur Verthei. digung. Unterdessen wütheten und plünderten die Züricher Kriegshaufen zuchtlos im St. Gallischen Gebiet. Nun griffen auch Luzcrn, Uri, Schwyz, Unter, walden und Zug zum Gewehr und deckten ihre Grenzen und brachen gegen Toggenbnrg auf und bemächtigten sich der Grafschaft Baden. Der Nunzius gab ihnen sechsund, zwanzigtausend Thäler aus dem päpstlichen Schatz, und in Rom geschahen Fürbitten für sie zu den Heiligen. Ge. weihte Kugeln und Amulette theilten die Priester den Sol. baten aus. Darauf hob Bern zehntausend Kronen aus seinem Schatz, um fünfzehntausend Mann in'S Feld zu stellen. ES deckte seine Grenzen ringsum, auch in der Grafschaft Lenzburg bei Othmarsingcn gegen Baden und die freien Aemter. Ein bernischer Heerhaufen rückte gegen die Gtilli; unter dem Schutze von zwölf Feuerschlündcn fuhr derselbe dort über die Aar, und stieß bei Würelingen zum Heerhaufen der 176 - Züricher. Diese hatten sich in derselben Zeit auch schon des ganzen ThürgaueS bemächtigt. So warb Krieg und Kriegsgeschrei aller Orten. Selbst die Walliser waren im vollen Anzüge, den katholischen Ständen bcZustehen. Glarus blieb in diesem Unwesen unparteisam, auch Solothurn, desgleichen der Bischof von Konstanz. Basel und Freiburg wehklagten über diesen Bürgerkrieg der Schweizer gegen Schweizer, und mahnten noch einmal zu freundlicher Ausgleichung; doch zu spät. Der Abt von St. Gallen flüchtete seine Kostbarkeiten nach Lindau; er selbst begab sich nach Rorschach und bat die Stadt St. Gallen und das Land Appenzell und GlaruS um Beistand; doch sie sicherten ihm nichts, als ihre Unparreisamkcit zu. Der Kaiser dagegen bot, von Preßburg in Ungarn aus, den schwäbischen Kreis zur Unterstützung deS AbtS von St. Gallen auf. 45 . 1 Der Toggenburger Krieg. — Die zweite Schlacht bet Villmergetf. -7- Der Aarauer Friede. (Dom yahr 1712 — 1713.) Züricher und Berner waren schon mit zehntausend Mann vor das Städtleiu Wyl gezogen, um die KriegSrotten dcS AbtcS darin zu belagern. Auch kam mit zweitausend Tog- genburgern Nab holz dazu, und ein Heerhaufc vomThur- gau. Bomben und Feuerkugeln wurden in das Städtlein geworfen und Felder und Dörfer verwüstet. Jedoch vertheidigte sich die Mannschaft des AbleS in der Stadt unter ihrem Oberstwachtmeister Felder sehr tapfer und that manchen blutigen Ausfall. AIS aber die Thurgauer sich wieder von.den Belagerern trennten, von denen sie geringgeschätzt waren, streifte Felder plündernd bis Braunäu und Summeri. So grausam wütheten seine Leute, daß sie zwei wehrlose Männer erschlugen, und einer Frau Hände und Füße verstümmelten. Da ging wegen solchen GräuelS daS Geschrei dev Rache durch den ganzen Thurgan; von Wein selben her kam der wüthende Landsturm abermals. Man sah dabei Weiber und zwölfjährige Knaben. Und sie verfuhren gegen die Katholiken so grausam, wie jene gegen Reformirte gewesen. Da sprach Nab holz zu den Feldherren von Bern und Zürich: „Lasset unü einfallen in die alten Lande des AbteS, von wannen viele Männer sind, die die Stadt Wyl verlhei- - 177 digen. Wenn dieselben ihre Hütten und Dörfer in der Ferne rauchen sehen/ werden sie sich von den Uebrigen trennen, und die Stadt wird schwach werden l" Also fiel er bei Oberglatt mit tausend Mann in die alten Lande des Abteö ein. Und als die in der Stadt ihre Wohnungen von fern brennen sahen, zogen ihre Haufe» eilig hinaus, für ihre Hütten zu kämpfen. ES ward darauf die Stadt voll Zwietracht und Schreckens, und ergab sich (22 Mai) ihren Feinden. Das äbtlsche Kriegövolk lief aus einander, >i>nd fluchte auf seinen gewesenen Befehlshaber Felder, der des Lebens nicht sicher war, und sogar Schutz von den Siegern erbitten mußte, um nach BernhardSzell zu entkommen. Aber der rasende Pöbel suchte ihn auch hier, schleppte ihn aus dem Pfarrhof, setzte ihn auf ein schlechtes Roß, trieb ihn mit großem Geheul und Hohn bis zur Sitterbrücke und todtere ihn da mit vier Flintenkugeln durch den Leib. Dann zerschnitten sie seinen Leichnam mit Messern und warfen ihn in die Wellen der Silter (24 Mai). Mittlerweile war der rüstige Mann Nab holz in das alte Land des AbteS von St. Gallen eingedrungen. Da ergaben sich ihm die Goßauer, welche voller Wuth ihren eigenen Landeshauptmann ermordeten. Zwei Tage zuvor hatten sie tausend Toggenburger vertrieben, die zum Sengen und Brennen wider sie gesandt waren, und die auf der Flucht noch den wehrlosen katholischen Pfarrer zu Niederglatt in einem Stall erwürgt hatten. Die Fahnen von Zürich und Bern gingen siegreich durch den ganzen Thnrgau bis zur Stadt St. Gallen. Da legten sie Besatzung in die Abtei und nach Rorschach. Der Abt hatte sich mit seinen Kostbarkeiten Hhon voller Schrecken nach Augsburg vorher geflüchtet. Weil nun die Toggenburger sahen, daß ihre Sache obsiege, verurtheilten sie diejenigen von des AbteS Leuten zum Tode, die an ihnen Berräther geworden waren; sie verwarfen gänzlich des Abreö Herrschaft, auch das Landrecht mit Schwyz und GlaruS, und sprachen zu dem Volk von Güster, Uznach, Gamö nnd andern: „ Lasset unS einen eigenen Freistaat gründen, der da gleich sei den freien Orten der EidSgenossen!" Und sie entwarfen eine neue Landes- Verfassung, die trugen sie nach Aarau, wo die Kantone Tagleistnng hielten. Allein solche Rede mißfiel den Herren von Zürich und Bern, weil sie lieber an den Toggenburger» Unterthanen, als freie Mitcidögenossen gehabt hatten. Sogar Nabhplz, der toggenburgischen Sachen eifriger Verfechter, weigerte sich, daö Begehren der Lenke zu »iirerstutzen, ob- wohl sie ihm viel Geld boten. Unterdessen waren auch bei Stillt zweitausend Berner 12 178 - Aber die Aar gegangen und za dreitausend Zürichern gestoßen, welche deren Kriegsoberster, HanS Caspar Werk- müller, anführte. Die stiegen nun zur gänzlichen Eroberung der Grafschaft Baden über den Hasenberg, verjagten die einzelnen Heerbanden der katholischen Orte und rückten vor die Stadt Mellingen. Von der entgegengesetzten Seite her kamen siebentausend Berner aus der Grafschaft Lenz. bürg über die Bünz. Da fiohen die katholischen Bcsatzun. gen nach Baden zurück. Mellingen wurde ohne Schwert, streich eingenommen. Den Siegern mußten alle Oerrer der Grafschaft Baden Huldigung leisten, auch die Einwohner der Stadt Bremg arten. Dann ging der Zug nach Baden, zur Belagerung der Beste. Wertmüllcr lagerte sich bei den Nebhügeln am Lägerberg, nnd erwartete die Ankunft der Berner, welche bei Mellingen der Reuß nach bis Fahrwindisch einen Umweg genommen hatten, um Baden von der entgegengesetzten Seite anzugreifen. Die Belagerten machten ein heftiges Feuer aus der Stadt, vom Kapuziner, kirchhof und vom hohe» Schlosse herab gegen WertmüllerS Lager. Die Züricher aber antworteten aus vierzig Feuer, schlünden und Mörsern. Die Kirche, der Thurm, viele Häuser wurden hart beschädigt. Die Brustwehr des Schlosses stürzte prasselnd über die Felsen herab. Da erschienen von der andern Seite der großen Bäder gegen das Schloß auch die Berner mit zwanzig Feldstücken, Haubitzen und Mörsern. Dessen erschracken die in der Stadt so sehr, daß sie sich aufharke Bedingungen (Zt Mai) ergaben. Der Befehlt, ger der Festung, Crtvelli von Uri, zog mit der Besatzung ab, doch ohne Geschütz. Diese Fortschritte, und daß auch das Rheinthal qe. zwungen ward, Bern nnd Zürich zu huldigen, brachte große Wuth, Zwietracht nnd Verwirrung unter die katho- lischen Orte. Einige wollten Frieden, andere Krieg. Die Gesandten von Oesterreich und Frankreich verhießen Hilfe, der Pabst sandte ihnen Geld. Freiburg und Solothnrn machten sich auf in Waffen für sie, auch WalliS, und Alkes, was in den etdögenössischen Vogccien katholisch war. Aber dagegen dräuercn diejenigen reformirten Orte, welche bisher still gewesen waren, die Waffen zu ergreifen; und waS in den gemeinen Vogtcien resormirt war, rüstete sich zum Beistand für Zürich und Bern. Also standen in dieser Zeit bei hundert- und fünszigtausend Schweizer zum blutigen Kampf gewaffnet wider einander; zu keiner Zeit vorher waren so viele Streiter aus der EidSgenossenschaft gegen fremde Feinde inS Feld getreten. Und also hielt ein Schwert das andere in die Scheide zurück. Frankreich und Oesterreich liessen von iyreuHcerschaaren wohl gegen die Grenzen rücken; - 179 allein Engländer, Holländer und Preirffen^hielten von an. dern Seiten auch diese im Zaum. Während die Gesandten der EidSgenoffen zn Aaran saßen und um Frieden handelten, zog der Landvogt und Ritter Ackermann von Unterwalden mit fünftausend Mann gegen die Sinser brücke, wo die Berner mit ihrem KriegS- Volk tagen. Der Pfarrer zu SinS, einverstanden mit dem Ritter Jakob Ackermann, hatte den Kriegshauptleuten der Berner ein Gastmahl gegeben, daß sie nichts merkten. Also wurden diese überfallen, daß sie sich mir großer Noth retten konnten. Viele Berner wurden erschlagen. Oberst Me irrn er von Bern, der mit zweihundert Mann erst auf dem Kirchhof, dann in der Kirche tapfer wehrte, mußte sich ge- fangen geben. Sie wären von den Kriegsleute« aus Unter- Waiden, Schwyz und Zug ohne Barmherzigkeit ermordet worden , hätte Ackermann diese blutdürstigen Menschen nicht nrit edler Kühnheit zurückgehalten (20 Juli). Auch auf der andern Seite gegen den Zürichsee, bet Hütten uud Bel- lenschanz, waren die Schwyzer (22 Juli) vorgedrungen. Da aber stießen sie auf den wachsamen Züricher Hauptmann Hans Caspar Wertmüller. Sieben Stunden lang fochten die Schwyzer; zweihundert Mann verloren sie; aber sie mußten den Zürichern weichen. Bei ihren Erschlagene» fand man geweihte Zettel mit Zahlen und Kreuzen und Versicherungen des gewissen Sieges. Ritter Ackermann zog von allen Seiten die katholischen Hilfsvölker an sich. Das Heer ward über zwölftausend Mann stark. ES schritt gewaltig durchö Land über Mnri nach Wohlen und Villmergcn, wo die Berner mit achttausend Mann standen. Hier, in derselben Gegend, wo schon einmal die Berner von den katholischen Orten (14 Jänner 1656) blutige Niederlage erfahren hatten, sollte wiederum das Feld durch Schweizer mit dem Blute der Schweizer gefärbt werden. Es war der fünfundzwanzigste Tag deS Heumoudö 1712. Die Berner hatten Stellung bei Meien- grün genommen. Der Donner der Feuerschlünde eröffnete den Kampf. Sechs lange Stunden ward gestritten. Da brachten die Berner Verwirrung und Entsetzen über die Völker der katholischen Orte. Sie durchbrachen deren Schlachtreihen uud schlugen sie in die Flucht. Zweitausend der Katholischen und mehr bedeckten mit ihren Leichnamen daS Feld. AlS nun darauf dieToggenburger Uznach und Gaster eroberten, die Stadt Rappe rswnl sich den Zürichern er- gab, und die Sieger von allen Seiten in das Gebiet der Katholischen vordrangen: ward diesen bange, und sie baren um Frieden. ISO - Schon hatten bet der Tagleistung in Aarau die Kanione Lnzern und Uri (18 Juli) den Frieden mitersiegclt ge- habt; aber die Luzerncr Bauern, aufgewiegelt im Namen Gottes und der heiligen Religion vom päpstlichen NunziuS und von ihren Pfarrern und Mönchen, hatten den Frieden nicht gewollt, und waren gegen die Stadt gezogen, um ihre Obrigkeit zum Kriege zu zwingen, dann hinaus gegen die Berner bei Villmergen. Hier hatten sie ihre» Untergang gefunden. Auch noch nach der Villmerger Schlacht hatten sich bei zweitausend Willisauer gegen die Regierung empört; aber auch sie wurden vom Berner Kriegsvolk bald zu Paaren getrieben und mußten schwere Brandschatzung zahlen. Denn die Berner Mannschaft war damals die vor. trefflichste an Waffe, Kleidung, KriegSzucht und Uebung geworden. Endlich (am 9 und 11) ward zu Aarau der allgemeine Landesfriede geschlossen, zum großen Vortheil der Sieger. Die fünf katholischen Orte mußte nicht nur ihre Rechte auf Baden, RapperSwyl und die untern freien Aemter an Zürich und Bern abtreten, sondern auch Bern in die Herrschaft über den Thurgau und daö Rheinthal aufnehmen, wo beide ReligionSparleien von da an gleiche Rechte empfingen. GlaruS blieb neben Bern und Zürich überall im Mitbesitz. Der gebeugte Abt Leodegar von St. Gallen aber wollte den Frieden nicht annehmen, blieb ausser Landes und hart- näckig, bis er starb. Die Züricher und Berner dielten unterdessen sein Land besetzt. Als nachher der neue Abt Joseph ( 1718 ) den Frieden in Rorschach annahm und schloß, empfing er seine Lande wieder; auch wurde« ihm die Toggenburger, jedoch mir größer» Freiheiten und Rechten, unter ZürichS und BernS Schutz, labermalS untergeben. Nur der Papst und der NunziuS verwarfen den Aarauer Frieden und erklärten ihn ganz ungültig. Doch darum kümmerten sich die nun versöhnten EldSgenossen wenig: und als das Volk in einigen Aemtern des KanlonS Luzern abermals von Geistlichen gegen die Regierung aufgewiegelt wurde, nahm diese eine Besatzung aus dem Entlibuch in die Stadt, verlangte vom Papst Besteuerung der Klöster zur Deckung ihrer Kriegskosten, und zugleich Zurückberufnng deS NunziuS Carac.cioli, den sie den Urheber alles Uebels hieß. Die katholischen Orte empfanden lange noch die bittern Nachwehen dieses Krieges; denn sie hatten große Unkosten gehabt. Schwyz schrieb eine Auflage von fünf Thalern auf jede Haushaltung aus. Luzern brauchte Gewalt, die Kosten einzutreiben. U ri besänftigte die Unter- thauen im Liv inert hal nur durch stattliche Befreiungen - 151 (171Z), und.nannte sie fortan «liebe und getreue Mitland. lente." 46. Zustand der Schweizer im Anfange des ach'-ehnten Jahr« Hunderts. — Thomas Maßners Streithandel. , (Vom Jahr 1701 — 1714.) Seit dem brudermörderischen Schlachttag bei Villmergen haben zwar die EidSgcnossen sechöundachtzig Jahre lang keinen Krieg mehr geführt, weder gegen Ausländer, noch unter einander selbst. Doch sind darum die Zeiten weder glückseliger, noch ruhiger, noch ruhmreicher geworden; son. Lern dieselben sind unrcr ewigen Staatöhändeln und Streitig, keilen, bald öineS Kantons mit den andern, bald der Obrigkeiten mit den Unterthanen zugebracht worden. Jedes neue Jahrzehend hat bald dort bald hier neue Umtriebe, neue Verschwörungen, neue Aufrühre zur Schau geführt, bis endlich das morschgewordene Gebäude der alten EidS- genoffenschaft beim ersten Stoß zusammenbrechen mußte, den eS nachher von der feindseligen Hand Frankreichs erlitt. Die ersten Kriege der alten EidSgenossen sind von ihnen nur für eigene Sicherheit angehoben worden gegen die Unter, drücker ihres RechtS und ihrer Freiheit. Dadurch haben sie sich unsterbliche Ehre bei den Völkern der Erde erworben. — Darauf unternahmen die freigewordencn Landschaften und Städte mancherlei Kriege, um Herrschaften und dienstbare Unterthanen zu erobern und ihre kleinen Gebiete zu erwei. lern. Dadurch haben sie innern Unfrieden und zweideutigen Ruhm erworben. Denn die Thaten selbst größerer Eroberer werden zuletzt der Vergessenheit oder der Verachtung übergeben, weil sie gemein oder für die Sache der Menschheit ohne Gewinn sind. — Dann zuckten die Schweizer endlich das Schwert nicht mehr gegen das Ausland, sondern aus Glaubenshaß, oder Neid, oder Ehrgeiz nnd Partcisucht nur wider einander selbst. Dadurch haben sie mehr denn einmal den Ruhm ihrer Altvordern entweiht und einander dem all. gemeinen Untergänge nahe geführt. — Zuletzt vermictheten sie ihr KricgSvolk um Lohn in fremde Länder und fremde Kriege, nnd erkauften für das Blut ihrer Tapfern den Söhnen der vornehmen Geschlechter guten Sold, Jahrge. halte, goldene Ketten, Ordensbänder und Titel, wie die Könige den eigenen Dienern zu geben pflegen. Dadurch kam Uebermuth und Ueberpracht und schädliches Ansehen zu 183 einzelnen Geschlechtern, und fremde Sitte, fremdes Laster in die Hülle deö Volks; ungebührendcS Schalten fremder Gesandten auf Schweizcrboden, und Begierde einheimische» Obrigkeiten nach unbeschränkter Gewalt über die Untertha- nen. Da ward erlebt, daß die EidSgenossen treuere Freund, schaft mit ausländischen Königen, als unter sich selbst hiel- ten; daß sie einander freie Niederlassung, sogar Kauf und Verkauf der unentbehrlichsten Dinge abschlugen. Und ihre Tagsatzungen wurden herzloses Gepränge, und ihre dunkeln Thaten widersprachen ihren glänzenden Worten. Wohl Mahnten weise Vaterlandsmänner daran, den eidS. genössischen Bund zu verbessern und zu stärken, ehe er sich gänzlich auflöse. Sogar ward auf der Tagsatzung, jedoch nur von evangelischen Kantonen, eine neue Bundesverfassung zur Sprache gebracht, aber durch die Selbstsucht der meisten wieder seitwärts geworfen. Und als Sarasin, ein Genfer, vorschlug, man solle eine oberste, vollmächtige Bundeöbe- hörde erschaffen, damit der zerfallenden Eiösgenoffcnschaft mehr Zusammenhang und Einheit gegeben werde, ward er verspottet. Hingegen traten Urt, Schwyz und Unterwalden mit vielem Gepränge (24 Brachm. 1713) auf dem Nütli z». sammen, wo ihre Väter vor vierhundert Jabren den ersten Schwur der Freiheit zusammengeschmoren halten. Da er, neuerreu sie mit festlichem Eide ihre ältesten Bündnisse; doch nur im Gefühl des erlittenen Unglücks bei Villmergen und mit unfreundlichem Hinblick auf die stärken: Kantone. Und zwei Jahre hernach (g Mai 1715) schlössen die katholischen Stände zu Solothurn einen Bund mit Frankreich, bessert König damals der grimmigste Feind der Evangelischen war. Solcher einseitige Bund erschreckte die evangelischen Stände und machte sie mißtrauisch. Man argwohnte sogar gefahrvolle, heimliche Sätze, als sollten feindliche Mächte in'S Land gerufen, die kleinern Kantone auf Kosten der größern stark gemacht, Genf und Waadtland dem Herzog von Sa- voien, der Thurgau und die Grafschaft Ky'önrg dem Kaiser wiedergegeben werden. Zwar zur Ehre der EidSgenossen ist die Wahrheit dieser Gerüchte nie bestätigt, aber durch die Gerüchte selbst bezeugt worden, welcher Untreue und Feindschaft sich die EidSgenossen gegen einander fähig hielten. Immerdar sah man sie partciei, nicht für gesummter Eldögenossenschaft Ruhm und Wohlfahrt gegen die Fremden, sondern für den Vortheil des eigenen kleine» Gebietes, oder für den Vortheil der Fremden gegen die Miceidügcnossen. Da waren die Einen kaiscrisch gesinnt, die Andern fron- zösisch gesinnt, man kannte mir wenig Schwcizerischgcsiinite. Dadurch schielten die schlauen Gesandlen der fremden Für, - 18Z stcn immer mächtiger« Hand im Lande, die EidSgenoffen immer mehr Schmach als Ehre, und manche Familie geriech damit in großes Verderben/ wie folgendes Beispiel lehrt: Ein bündnischer Jüngling / welcher zu Genf den Wisse»- , schaftcn oblag/ that einst eine Lustreise in'S benachbarte Savoicrland. Da ließ ihn der französische Gesandte heim. tückisch (17t») wegfangcn und in eine Festung sperren, darum, weil dessen Vater, Thomas Maßn er, ein RalhS- herr zu Chur, österreichisch gesinnt war. AlS der Vater die Gefangenschaft seines unschuldigen Sohnes vernahm und vergeblich geklagt und Hilfe gesucht hatte, gerieth er in schweren Zorn, ergriff mit bewaffneten Leuten den Bruder des französischen Geschäftsträgers Merveillenx zu Chur und hielt ihn mit Gegenrechr gefangen. Zwar ward Ver. gleich gestiftet, und der Ralhüherr gab seinen Gefangenen wieder los und bar den französischen Botschafter in Solo- lhurn um Verzeihung. Als er aber damit doch nicht die Freilassung seines Kindes erhielt, sann er auf neue Rache. Und der alte Maßn er lanerie eines Tage» dem Herzog von Vcndome, Großprior von Frankreich, auf, alS derselbe durch das Land SarganS reifere, nahm ihn gefangen und führte ihn nach Feldkirch zu den Oesterreichcr». Die Regierung des Freistaats Bünden wendete sich stehend so- wohl an Frankreich alS an Oesterreich, zu gegenseitiger Freigebung der unschuldigen Gefangenen; jedoch ohne Er- folg. Vielmehr die auswärtigen Gesandten vermehrten die Erbitterung. Daher geschah eS, daß selbst der englische Gesandte, der es mit den Oesterreich«!'»« hielt, im Bade PfäferS mcuchelmördcrisch überfallen wurde; daß der Zehn- gerichrcnbnnd Partei für TbomaS Mahner nahm und die Mehrheit der Zünfte von Chur ihn znm Landvogt von Maienfcld ernannte; daß die cidSgenössischen Kantone hin- gegen denselben Mann,»alS Derletzcr des Völkerrechts, sichteten und zweihundert Thaler auf seine» Kopf boten; daß endlich die Bündner selbst wieder in einem Strafgericht zu Jlanz (17 Aug. I7li) ihn ehr. und wehrlos erklärten, feine Guter einzogen, ihn znm schmählichsten Tode verur- thcilten und tausend Dukaten aussetzte», dem zum Lohne, der ihn einliefern könnte. Aber Thomas Maßuer hatte schon vorher, um größerm Unglück vorzubeugen, dem Herzog von Vendome die Frei' heil wieder bewirkt und sich selbst nach Wien unter kaiserlichen Schutz gefluchtet. Hier wohnte er dann geraume Zeit als Verbannter; sein unglücklicher Sohn alü Gefangener in einer französischen Festung; seine verlassene Frau, gleich einer Wittwe, im rhatischcn Gcbirg. Und als ihm die Zeit lang ward nach der Heimath, machte er sich wieder aus 184 - dahin. Auch mochte er wohl fühlen, daß er dem Kaiser täglich weniger gelte. Denn Volks- und großer Herren Gunst ist Aprillenwetter und loser Dunst. Doch im Vaterlande lag auf ihm noch der Fluch deö Strafgerichtes von Ilanz und die Acht der EidSgenossen- schaft. Er zog in den Alpen der Glarner nmher. Aber auch dort ward er verrathen und der französische Gesandte stellte ihm nach. Wie er sich eines Tages vor Verfolgern rette» wollte und schon wieder, rechts dem Rhein, auf öfter- reichischcm Boden angekommen war, stürzte sein Wagen um. Maßn er starb vom Sturz. Als nachher zu Baden über den Frieden zwischen Frank- reich und Oesterreich (1714) verhandelt wurde, saß unter deü Kaisers Bevollmächtigten auch ein Reffe Thomas Maß- nerS. Durch dessen Verwendung ward endlich der junge Maßner nach langen Unterhandlungen von den Franzosen aus der Gefangenschaft entlassen. Und alS derselbe nach so vielen Jahren heimkam, ward er, wie ein siegender Mär- tirer, von seinem Volke mit Freuden empfangen, und belohnend mit Ehre und Würden geschmückt. So spielte» damals die Gesandten der Fremden auf dem Schweizerboden mit den Schweizern, welche man durch höfische Kunststücke vorher entzweit hatte. 47 . Unruhen tn Zürich, Schafhansen und dem Bisthum Basel. (Dom Jahr 1714 — 1740 .) Man hat zwar gesagt: es sei der Krieg das größte der Uebel, und Andere haben es nachgesagt. Aber also haben die alten Heldeneidügenossen nicht gesprochen, welche zuerst den Schweizernamen vor Gott und Menschen verherrlichten. Die gingen in den Krieg für ibr heiliges Recht, und kannten wohl etwas Besseres alü Wohlleben und feige Sicherheit, und dachten: daö größte der Uebel ist Knechtschaft unter dem Elsenzeprer deö Hochmuths und der Ungerechtigkeit. Auch ist dem Schweizerlande seit der letzten Villmerger Schlacht bis zur zerstörenden Ankunft der Franzosen mitten im Frieden größeres Verderben gekommen, als i» allen Kriegen zuvor wider Oesterreich und Burgund. Denn »n der sechsundachtzigjährigen Ruhe, da die Schwcelcr der - 135 Winkelricde, Fontaaa, Waldmanne/ Hallwyle und Erlache verrostete»/ zerfraß schnöder Selbstsucht und Ueppigkeit Gift immer mehr und ganz und gar den ehrlichen Bund der Alte»/ und die EidSgenossenschnft zerlösere sich wie ein verwesender Leichnam. Und sie deckten den Leichnam mit Wap. penschilden der Barer prunkvoll/ daß man nicht sähe/ wie der Geist aus ihm gewichen sei. ES ward nichts Großes mehr gethan. Das Größeste dünkte Allen oder den Meisten/ Reichthümer zu sammeln/ nicht Tugenden; Herren und Unterthanen/ nicht freie Bür- gcr zu sem. Die Einen ersteigerten Landvogreien und »er- kauften darin Recht und Ungerechtigkeit/ wie gemeine Waare. Die Andern buhlten um Fahrgelder/ Ordensbänder und Ehrentitel bei Ausländern. Andere trachteten/ statt nach Verdiensten umü Vaterland/ nach der Hand der Raths- herrentöchler/ damit sie in obrigkeitliche Würden gehoben werden könnten. Andere thaten auf andere/ Wenige auf rühmliche Weise. Das Volk in den uncerthänigen Landschaften hatte kaum mehr Recht/ alö daß eö nebst seinem Vieh das Feld bauen durfte; cS blieb gar unwissend/ denn so unverständig waren die Obrigkeiten / daß sie fürchteten/ der Landmann könne zn verständig werden. Die herrschenden Städte und Länder nagten an den Freiheiten der Unterthanen/ und die vornehmen Geschlechter der Städte an den Freiheiten der Bürger. Hin und wieder erwachten und ermannte» sich zwar zuweilen die Beeinträchtigten und retteten ihr bedrohtes Recht oder schreckten doch von neuer Willkühr ab. Aber nicht alle diese kleinen Händel verdienen daS Andenken der Nachwelt; sie erregten kaum zu ihrer Zeit die Nengier anderer EidSgcnossen. In Zürich/ wo die Stadtbürgerschaft allezeit einen freiern Geist bewahrt hatte/ diente ein geringer Handwerker- zank unerwartet zur Einstellung mancherlei MißbranchS im Gemeinwesen. Zwei Pcrgamentmacher klagten gegen eine» Wetßgerber/ er thue Eingriff in ihr JnniingSrecht (Wein- mond i7i2). Der Hader dieser Lenke ward bald zum Streit der Zünfte/ der Streit der Zünfte zum Handel der ganzen Bürgerschaft. Da wurden die Ordnungen und Ncchtsame der Zünfte von Neuem geprüft und berichtigt/ die gesetz- gebenden Befugnisse der Bürqergcmeiude schärfer bestimmt/ die SalMgen des alten qeschwornen BricfeS der Zeit gemäß gebessert/ und nützliche Veränderungen in ein neues Grundgesetz/ Libell genannt/ zusammengetragen und.beschworen (,7 Dez. 1713). Früher hatte schon die Bürgerschaft der Stadt Schaf- hausen Aehulicheö für ihre Nechlsamc/ nach langem Streit/ durch Aufrichtung ihres Hauptgrunbgesctzeö bewirkt/ Nefor- 186 - mationS.Jnstrnment geheißen (1689). Denn zu Schafbau. sen war der kleine Rath allmälig zu großer Eigcuinachl erwachsen, erst durch schlaue List und Güte bei Sorglose keil der Zünfte/ dann durch Gewalt über Alle. Das Recht der Bürgerschaft war niedergedrückt und das Gemeingut deS Eiaateü mit Gillkühr und Eigennutz verwaltet worden. DaS geschieht allezeit- wenn diejenigen / welche das Gesetz handhaben sollen/ sich über Laö Gesetz erheben und glau. den/ ibre eigenen Befehle seien Gesetzes genug. Aber mit Abschaffung des MißbranchS der willkübrlichen Gewalt inner den Ringmauern der Stadt Schashausen war sie nicht ausser denselben / gegen die Ncchrsame des Land. volkS/ ganz abgethan. Daher/ als die Regierung einst im Flecken Wilchingen eine neue Pintenschcnke errichtete ) in sein Gebier einrücken ließ, und die Unterthanen nach Willkühr an Gut, Ehre und Leben strafte: da schwiegen freilich die Unterjochten. Aber sie erwarteten eine Stunde der Rache, und sie schlug endlich. 46 . Aufstand der Werdenberger gegen Glarus. (Vom Jahr 1714 - 17-to.) Ungefähr zu denselben Zeiten ward auch das Ländlein Werdenberg voller Kummer und Noth. Seit GlaruS diese Grafschaft im I. I5>7 auö der Hand der Freiherren von Henwen an sich gekauft hatte, wurde sie friedlich von Landvöglen verwaltet, die sich jedes dritte Jahr erneuerten. Wohl hatten die Werdenberger ihren Uebergang an die EidSgenossenschaft anfangs mit Unliebe gesehen, weil sie dadurch alle Hoffnung verloren, ihre Freiheit je zu erkaufen und zu gewinnen. Schon im Jahre 1525 war eö zum vollen Aufstand gegen die neuen Herren gekommen; doch seitdem Ruhe geblieben. Die viertausend Einwohner der drei Kirch. spiele hatten einträgliche Alpen an den Toggenburger Bergen, gute Stecker und Obstgärten im Thäte und rühmten sich niancher Rcchtsame. Jbren Frciheitöbrief, kraft dessen der gebietende Landvogt sich nicht in Gemeindesachen mengen, - 189 und keinen Nutzen von gemeinen Waiden und Waldungen ziehen dürfte, bewahrten sie, wie ein rechtes Hciligthum. Nicht jederzeit ehrten die Landvögte dasselbe, sondern verfügten endlich anch über Gemeingüter, Wälder und Alpen; steigerten den in Geld verwandelten Zehnten der Berg. gegenden; übten mancherlei Willkühr in Bezug des TodtcnfallS, in der Aemterbcsetzung und andern Dingen. Solches machte den Leuten böses Blut und sie riefen ihr Recht in Brief und Siegel an. Es begab sich aber, daß eines Tages, als die fünfzehn Tagwcn des Freilandeü GlaruS zur LandSgcmeinde vor den Staalöhauptern versammelt standen (l7os), Einige schrien: der Brics wäre ohne Vorwtsscn der Tagwen nur von» Landrath ausgestellt, also ungültig und den oberherr- liehen Rechten zur Gefährde. Alübald verlangte das versammelte Volk: man müsse deo Brief abfordern zur Un- tersuchung. Werdcnberg gab sein Kleinod ungern an den Landvogr Kaspar Trümpi zur Einsicht heraus, und erhielt es dann nicht wieder zurück. Da die Grafschaft nun über den ent- rissenen Brief bittere, doch dcmuthvolle Klagen führte, verhieß endlich ein dreifacher Landrath zu Glaruü, was seit äliesten Zeiten Werdenberg an Nechtsamen genossen, 'solle in einer Haupturknnde gesammelt und den Grafschaftlcuten zugestellt, werden. Allein diese wurden mißtrauisch und ver- langten nur die Urbriefe, als ihr Eigenthum, und da sie fünfzehn Jahre lang kein Gehör fanden, versagten sie dem neuen Lanbvogt die gewohnte Huldigung (1719). Zwar ward ihnen der Brief verheißen, wenn sie huldigen würden, und der Landammaiui von GlaruS sprach zum versammelten Volk in der Kirche zu GrabS: „Ich alter Mann bin mit dem einen Fuß schon im Grabe, und der zweite soll nachfolgen, wenn euch nicht Wort gehalten wird!" Doch deS Volkes Glauben, schon oft getäuscht, erwachte nicht wieder. Darüber betroffen, wandte sich Glaruö an den Vorort Zürich und an die EidSgenosscn, welche zu Frauenfeld tag- leisteten. Dasselbe that aber auch Werdcnberg. Doch die Abgeordneten der Grafschaft wurden unangchört zurückgewiesen, mit Befehl, ihrer Obrigkeit zu gehorchen und die Huldigung zu leisten. Sie thaten eS nun zwar (Heumond 1720), ohne von ihrem Rechte abzustehen. Also forderte Glaruü die Ausschüsse von Wcrdenberg auf, bei Ehr' und Eid und Zusichcrung von Fried' und Geleit zu kommen, und die Schriften zu untersuchen und die Briefe zu be- bandeln. Als die AuSgeschoffeuen kamen, wurden sie hart bedräut, weil sie von ihren Forderungen nicht lassen wollten, und in den Kerker geworfen, und einer der Standhaftesten ISO - starb jählings im Gefängniß. DaS schmerzte die Werden, berger sehr, zumal sie sahen, daß bei den Eidögcnossen U». tercbanenrecht und Obrigkeitenrecht nicht von einerlei Hei. ligkeir sei. Und vierzig Männer aus den drei Kirchspielen schworen zusammen, lieber Gut und Blut, als die Recht, same ihrer Heimalh aufzuopfern. Das Land blieb in Un. ruhe. DaS Volk ward trotzig. Der Vogt von GlaruS in seinem Schlosse glich mehr einem Gefangenen, als einem Gebieter. Er zog fiiiifunssiebenzig bewaffnete Männer von GlaruS, als Besatzung, in die Burg bei finsterer Nacht. Wie dies die Leute borken, gingen die Srnrmglocken, und die Rotten zogen aus den Gemeinden lärmend umher und wollten gegen das Schloß; doch waren sie ohne Ordnung und ohne verständige Anführer. Und wie der Donner des schweren Geschützes von den Mauern der Burg gegen sie rollte, nahmen sie Alle erschrocken die Flucht (2l Okt. r72i). Dann fünf Tage darauf erschien der Klarner Feldherr, Bartbolomäüs Paravicini, mit zweitausend Mann. Auch kamen Gesandte des Vororts Zürich. Da sahen die Werdenbergcr wohl ein, ihre Sache sei verloren, und mehr durch den Anblick der Übermacht, als durch Beredsamkeit der Züricher Gesandten bewogen, trugen sie beschämt ihre Waffen auf das Schloß und gaben sie ab. GlaruS jedoch, von Bern und Zürich zum Glimpf ermähnt, der Armuth deS verirrten Volkes zu schonen,-ließ an dem. selben Tage, da die Gewehre abgegeben waren, sein Kriegs- volk wieder umkehren, bei Sturm und Regen noch bis Azmoos denselbigen Tag. ES ist aber die Art deö unwissenden Volks, daß es weder an das Vergangene noch Künftige denkt, und, wenn die Gefahr vorbei ist, eben so stolz sich geberdet, als es beim Anblick derselben feig war. Nun erschien keiner von den Verklagten, wie eS verheißen war, auf dem Schlosse zur Verantwortung. Nun wollte jeglicher wieder der tapferste Held sein; nun hielten sie offene Landsgemeinde und schwo. ren, zusammenzuhalten für ihre Nechlsame, und schlugen für den Fall der äussersten Noth über den Rhein eine Brücke, um freien Weg zur Flucht zu haben. Sobald das Kricgövvlk der Glarner znm andernmal in das empörte Gebier einrückte, flüchteten die waffenlosen Haufen der Einwohner über den Rhein, und überredeten sich, Armuth und Verbannung sei köstlicher, als die Hei, matb mit zertretenen Nechtsamen. Allein es war Winter, und daö Winseln der Kinder, vom Frost erstarrt, und der Weiber jämmerliches Klaggcschrei, brach den Muth der Männer. Sie sandten also Boten auf das Schloß Werden, bcrg und flehten demüthig um Gnade, und wanderte», jedes 19t Schicksals gewärtig, nach wenigen Tagen zu ihren verlasse, nen Hütten heim. Nur Einige zogen freiwillige Verbannung dem Schwur der Unterwerfung, als leibeigene Leute (31 Dezbr. 1721), vor. GlaruS richtete nun das Verbreche» des verletzten Ge, horsamö. Die Namen des Lienhard Beusch von NafiS, des HanS Beusch, Jakob Vorbürger, vanS Nauw und Hans Senn, als der Sprecher des Volks, wurden an den Galgen geschlagen. Geldstrafen und Gütereinzie- hungen, über 7o,ooo Gulden, Entehrungen und Verbau- nungeu büßten die Theilnahme am Aufruhr ab. Keinem aber ging daö Schwert an'S Leben. Daö Blut, welches «n freien Landern wegen bürgerlicher Unruhen von der Richt, bühne herabfließt, fällt oft als eine Saar deö Fluchs und der Rache zur Erbe, die erst den Enkeln verderbenvoll aufschießt. ^ ES ist wahr, GlaruS vernichtete alle Freiheitöbricfe der Werdenberqer. Doch einige Jahre später half das Hirten. Volk an der Linth aus freiem Entschluß mancher alten Be. schwerde der Unterthanen, durch kluge Beschränkung der Landvögte, ab; gab endlich auch den Leuten in Werdenberg Ehren und Wehren wieder, und hatte nie Ursache, solche Mäßigung zu bereuen. 49. Parteiwuth und Unruhe tm Zugerland. — Des Ammanus Schumacher Gewalt und Unglück. ( Dom Zähre — l?4o.) Als in GlaruS wieder der HauSfricdc eingekehrt war, floh er vor den Lastern der Parteien aus dem Zugerland. Am Rande eines schönen Sce'ü im Gebirge liegt daS Städtlein Zug, nicht gefahrlos auf dem mürben Ufer, das schon zweimal unter großem Krachen riß (im Jahr 1435 und 1594) und sammt Gärten und Häusern im Wasser verschwand. Das kleine Gebiet, welches zur Stadt gehörte, war vor Zeilen (vom Jahr 1350 bis 1484) aus dem er. sparten Bürgerschatz, von Rittern und Klöstern zusammen, gekauft und durch Landvögte verwaltet. Nur die Vogtei Hünenberg, die sich von ihrem Herrn (I4i4) selbst loö. gekauft, hatte freiwillig, doch mit Vorbehalt ihrer Rechte, die Hoheit von Zug angenommen. In der Stadt galt allen Bürgern gleiches Recht. Doch einige Adclögeschlechtcr, die da saßen von alter Zeit her, wußten als Erben ansehnlichen Vermögens oder Namens, oder durch Verdienst oder Partei. 1S2 - gunst sich meistens der ersten Aemter zu versichern. Des- wegen stifteten sie oft große Zwietracht, bald unter den Bürgern, bald verfolgten sie einander selber, bald boten sie sich und des Landes Nutzen fremden Mächten um Geld und Titel feil- Die freien Gemeinden Ärgert, Menzingen und Baar, unter eigenen Verfassungen und Gesetzen, unabhängig von der Stadt, bildeten mit ihr den Kanton. Abwechselnd ward anS diesen vier Landtheilcn der Ammann, als Haupt deS ganzen Freistaates, gewählt. Die kleinen Vorzüge, deren die Stadt genoß, oder welche sie zuweilen übel gebrauchte, dient?» nur, Eifersucht und Haß des Landes gegen die Stadt zu nähren. ES verging kein Jahrhundert ohne stürmische, oft blutige Händel zwischen beiden. Ja, eS war einmal (im Jahr 1702 ) nahe daran, daß Aegeri, Menz'ngen und Baar die Stadt verstoßen und einen eigenen Kanton gestiftet hätten, wäre nicht von den EidSgenossen gewehrt worden. Die Zurlauben, Baronen zum Tburn und Gestellen- burg, gehörten zu den reichsten Geschlechtern deü Landes. Seit zweihundert Jahren sah man sie fast immer in dem Besitze der ersten SlaalSwiirden, und in der Gunst und Abhängigkeit von den französischen Konigen, die ihnen die Verrheilung der französischen Fahrgelder, sowohl der ver- tragSmäßigen als der freiwilligen, überliessen, mn Anhänger und Stimmen für Frankreich zu kaufen. Auch halten sie sich von, Stadt- und Amtrathe mit der einträglichen Verwaltung des obrigkeitlichen Salzverkaufs belehnen lassen, wozu sie alljährlich sechshundert Faß Salz aus Hochburgund bezogen. Die Gegner der Zurlauben galten als Frankreichs Gegner, und darum als Anhänger Oesterreichs. Unter den Letzter» war auch Anton Schumacher, Mitglied des Rathes, ein kluger, aber heftiger Mann, der Handelsgeschäfte mit Haller-Salz machte. Er und die übrigen Widersacher des Ammanns FideliS Zurlauben tadelten nicht ohne gerechten Grund die Schlichtheit LeS burgundischen SalzcS, dann die Treue der Salzvcrwaltung; endlich klagten sie über feine parteiische Verlheilung der französischen Jahr- und Gnadengelder. Denn zu AuSspen- dern von Gnadengaben machten die Könige oft Schweizer, deren feile Ergebenheit sie erprobt halten, und die mit solchen Geschenken neue Anhänger und Lohndicner fremder Kronen werben und erkaufen mußten. Die Gemeinden Baar und Menzingen erhoben sich, diesen Worten Beifall bietend, und sprachen: „DaS Geld soll allen Bürgern in gleichen Theilen gegeben werden. Ist nicht Jeglicher von uns, der Geringste wie der Größte, ein Bundesgenosse - 19Z des KönigS?" — AIS dies der Ammann FideliS hörte, ließ er vielen Leuten Mieth und Gaben reichen und in Wirthshäusern freien Tisch halten, auf daß er Freunde und Auhänger gegen die Harten bekäme, wie man seine Geg. ner hieß. Wie aber JosiaS Schicker von Baar, Zurlaubens Feind und einer der Harren, Ammann des Kanionö ward (I72d), beschloß man alsbald gleiche Vertheilung der französischen Bundesgclder und Gnadengehalte. Und weil Frankreich nicht darein willigte, schritt der Zorn der Harren zur Verfolgung aller Günstlinge der französischen Krone, die man die Linden nannte. Sie wurden mißhandelt; ihre Stellen mit Anhängern Oesterreichs besetzt. Ammann Fi- deliS, wegen großgerriebener Gewalt in Vergabung geist. licher und weltlicher Aemter und wegen unmäßigen GewinnS und Wuchers angeklagt, ward zur Erstattung des ungerech. tcn Nutzens verdammt, und, als er nach Luzern floh, seiner Güter beraubt und auf hundert und ein Jahr verbannt. Er sah seine Heimarh nicht wieder. Andere von den Linden flohen wie er, und wurden verurtheilt, wie er. Auch die Amniäniier Weber und Christoph And ermatt hatten dies Loor, weil sie für Zug einst den französischen Bund zu Solothurn (l7is) besiegelt halte», von welchem die Sage ging, es sei darin geheim die Zerstückelung der Schweiz für fremde Mächte bedungen worden. Als dw Landögemctnde nach zwei Jahren dem Anton Schumacher die Würde eines AmmannS (1731) verliehen hatte, wurde dem Könige von Frankreich, nun dieser weder Jahr- noch Gnadengclder sandte, der Bund aufgekündet. Nur ei» Mann war mulhig genug gewesen, der NathSherr Beat KaSpar Utigcr, dem Volke das Verderbliche solches Beginnens zu erklären: aber dem Tode zu entweichen, mußte er eilig das Land verlassen. Nun stellte Ammann Schumacher einen Auöschuß auf, der, von, oberherrlichen Volk mit der höchste» Gewalt ausgerüstet, aus neun Anhängern seines Willens bestand. Neue Verfolgung erging über die Französisch. Gesinnten. Die Gefängnisse wurden mit ihnen angefüllt. Wer dem Kerker entfloh, dessen Name und Bild prangte am Galgen. Wer die Verbannten beklagte, oder die Harten schalt, mußte am Halücisen stehen, oder, zum öffentlichen Spott, das Jahr lang eine gestrickte rorhe Kappe tragen. Schumacher suchte selbst Uri, Schwnz und Unterwaldcn vom französischen Bündnisse abtrünnig zu machen. Daü Alles that er, viel- leicht in redlicher Meinung, das Vaterland vom Einfluß fremden Geldes und fremder Umtriebe z» reinigen, vielleicht in Hoffnung, Frankreich werde in die AuSthcilung der 1Z 194 - Bundes- und Gnadengelder auf jeden Kopf willigen und damit der Zurlauben Sturz sichern. Zwei Jahre lang hatte des Ammanns wohlgemeintes/ doch heftiges Treiben gedauert. Weil aber Viele von den Harten ihre Erwartungen verfehlt sahen/ wurde» sie lind und sehnten sich nach Ruhe und nach den alten Freunden. Solches Wankelmntheö im Volk nicht gewärtig/ traf Schu- macher ungewöhnliche Anstalten/ die Verbindung von Ein- heimischen und Verbannten und die Empörung gegen seine Hoheit zu hindern. Es mußten die Gemeinden waffnen; Hauptleutc in alle Vogteicn; Baar und Menzingeu ausser- ordcntlichc Wachen ausstellen. Die Thore der Stadt Zug wurden ausgebessert/ und früh geschlossen/ spät geöffnet.— Das erregte Verwunderung/ weil man keinen Feind sah/ aber unzufriedenes Gemnrmel wegen der großen Unkosten. Nachdem Schumachers Amtszeit verflossen/ Johann Peter Staub/ an seiner Statt/ Ammann geworden und von Schumachers Verheißungen dem Volke keine eingetroffen war/ stieg daS Ansehen der Linden. Selbst der neue Am- mann that sich zu ihnen und folgte dem wachsenden Strom. Bald wurden sie die Stärkern. Daher/ alS Schumacher von den ausstehenden Staarsgeldern erst nach mehrcrn Monaten Rechnung stellt« / und überwiesen ward/ beträchtliche Summen ohne Beschluß und Vorwissen des Rathes in Händen zu habe»/ stießen sie ih»/ mir seinen Gehilfe» und Ge- treuen/ aus dem Rath in das Gefängniß. Sobald dieß im Lande ruchbar ward/ wurden überall durch den Zorn der bisher Unterdrückten die Harten von den Stühlen geworfen/ Klagen auf Klagen gegen die Schreckenherrschaft derselben erhoben/ die Verbannten aus dem Elend heimgerufcn und unter allen Hütten mit Freu- denthränen begrüßt. Und den Anton Schumacher führte/ weniger die Gerechtigkeit/ als der rachlnstige Partcimuth/ schadenfroh (9 März 1735) zum Galgen/ wo die Namen und Bilder der Verbannten hingen. Der Henker riß sie loS. Der gcdemütbigte Ammann mußte sie auf seinen Achseln zum Ratbhause tragen. Er flehte nur um sein Leben. In Folge von zehn schweren Anklagen ward er von den Richtern zu ewiger Verbannung aus der EidSgenossenschaft und drei- jähriger Galeerenarbeit verdammt. Der Pöbel aber/ der ihn zuvor hoch gepriesen hatte/ forderte sein Blut. AuS Furcht vor Aufstand brachte man ihn eines Morgens (is Mai 17Z5)/ ehe denn der Tag grauett/ an Händen und Füßen mit Ketten beladen/ zum See. Hier weinte seine Tochter die Thränen des ewigen Abschiedes an seinem Halse. Schweigend stand die Menge der Mensche»/ und sah ih»/ von starker Bedeckung umgeben/ in'S Schiff steige»/ das - 195 ihn auf Immer von dem Boden entfernte, der in jenen Stunden für ihn nur Thränen oder Flüche hatte. Volks- gunst ist eine feile Dirne; sie zahlt ihren Buhlen Treue mir Reue. In der Festung Turin, sieben Wochen nach seiner Abführung, befreite ihn der Tod vom Elende der sardini- sehen Galeeren. . Aber mit ihm waren ntcht die alten Uebel aus dem Lande gebannt; darum dauerten Mißmuth und Unruhe noch lange Jahre. Weil Zug wieder in den Bund mit Frankreich trat, theilte Frankreich alsbald im Geheimen an seine Getreuen Gnadcngelder aus. Sobald dies das Voll entdeckte (1764), erhob sich neuer Sturm; und die, welche Gelder einpfau. gen, wurden abermals mit Auszahlung derselben an den Staat, mit schweren Geldbnßeu und Verbannungen gestraft. Mühsam ward durch die Eibügcnoffen neuer Aufstand durch die Vermittelung verbüket (1764), daß Frankreich bewilligte, eS könne das Volk künftig Burgunder-Salz oder Ersatz an Geld beziehe», und letzteres, gleich den Bimbeögelderu, an alle Bürger zu Stadt und Land vertheilen. 50. Drr Harte» mid Linden Streit in Appenzell Ausser- Rhoden. (Dom Jahr« 1714 — I74o.) Es ist schlimm bestellt, wo die Vorgesetzten vergessen, daß sie Diener des Gemeinwesens sind, und statt dessen sich von« gemeinen Wesen dienen lassen, wenn sie Eigennutz, Rache oder Hoffahrt sättigen wollen. Das hatte dem Kanton Zng viel Noth und zu derselben Zeit auch dem Kanton Appenzell beinahe Bürgerkrieg gebracht. Seit die zwölf alten Rhoden oder Bezirke des Appcn-- zellerlandeü sich ihres Glaubens willen getrennt hatten, also, daß die innern Rhoden an. Fuße des Hochgebirges katholisch, die äusser« aber an beiden Ufern des Sitter- Stromes rcformirt geblieben waren, galten sie zivar in der EidSgenossenschaft noch als ein einziger Kanton, allein unter sich selbst standen sie als zweierlei Gemeinwesen da, nnab- hängig von einander in Glauben, Gesetz und Sitte. Der alte Flecken Asipenzell war der innern Rboden Hauptort geblieben. Aber die äusser«« Rhoden, welche durch den Siucrstrom in zwei ungleiche .Hälften geschieden waren, stritten lange unter einander, bald «INI Bestimmung des HauplorteS, bald um Bestellung der Obrigkeiten. Denn 1S6 - das Volk vor der Einer war zahlreicher, als das hinter der Einer, und dieses eifersüchtig auf seine Rechte gegen jenes. Zuletzt besetzte jeder Theil selbst seine obrigkeitlichen Aemter, und Trogen ward Hauprort des Landes vor der Einer, Herisau Hauptfiecken hinter der Einer. Doch die Eifersucht zwischen br 'en ward damit nicht zer- stört, sondern genährt. Zu Trogen saß das Geschlecht der Zellweger, durch ' Handel und Gcwrrbfieiß reich und ansehnlich. In Herisau blühte das Geschlecht der Wetter. Einer der Letzter» hatte die Würde des LandammannS in demselben Jahre, da die Stadt St. Gallen neuen Zollstreil mit den Appenzellern bekam ( 1742 ). Nun sprachen die St. Galler: „So lasset uns zwei eidSgenössische Orte zu Schiedsrichtern erwählen, wie es der drciundachtzigste Satz im Rorschacher Frieden vorschreibt, der nach dem Toggenburger. Kriege geschlossen war." Aber solches verschmähte der Landammann Wetter, und sprach: „Der Rorschacher Friede ist unserm Volke kein Gesetz, denn er ist in keiner Landsgemeinde bestätigt, son- dern demselben verschwiegen und nur von einzelnen LandcS- häuptern eigenmächtig unterschrieben worden. Wenn diese noch lebten, sollte man sie strafen, dieweil sie Recht und Freiheit verrathen und der Stadt St. Gallen Gewalt ge- geben haben, ihren Zoll nach Belieben zu mehren." Von allen Beamten AppenzellS, welche zu Rorschach Zeugen des Vertrags gewesen, lebten keine mehr, als die Verwandten aus dem Zellweger.Geschlecht zu Trogen. Diese aber liebte Landamman» Wetter nicht; denn sie hatten durch ihren Reichthum fast zuviel Ansetzn im Lande. Und er sprach: „DaS haben sie gethan aus Eigennutz, und mit St. Galle» geheime Verhandlungen gepflogen zu des Landes Schaden." Dagegen redeten die Zellweger: „Sind nicht beim Spruch zu Rorschach die LandeShäupter vom Lande vor und hinter der Sitter gegenwärtig gewesen? Haben nicht Vorsteher und Häupter aller Rhoden den Spruch genehmigt? Hat man den Spruch nicht schon beim Zollstreil mit den St. Gallern im Jahr 1720 angewendet und vollzogen? Warum eifert ihr so hart wider denselben, wenn nicht auS Bosheit?" Allein die Leute hinter der Sitter hörten darauf nicht, sondern glaubten dem Landammann Wetter und schalten auf die Zellweger und deren Freunde im Landtheil vor der Sitter. Und als eines Tages die Häupter aller Rhoden in Hertsau beisammen saßen, stürmten die aufgewiegelten Land. leure, welche man hieß die Harten, gegen das RathhauS, - 197 und in den Rathssaal. Da, voll Nohheit, mißhandeltes sie diejenigen des Raths, welche den Rorschacher Frieden ehrten und deswegen die Linden hießen, und siießen die Zellweger zum Fenster, um sie hinauszustürzen in die Gewalt und Wuth des PöbelS. Und es ward nicht Ruhe, bis jeder von den Rathöherren mit lauter Stimme zum Fenster hinabgeschricn: „Die Obrigkeit hat gefehlt, daß sie den Rorschacher Frieden an keine LaudSgeweinde gebracht!" Als die Ktrchbörinen vor der Gitter von solcher Mißhandlung ihrer Vorgesetzten borten, wollten sie aufstehen und Rache nehmen. Aber die Zellweger und andere rechtschaffene Männer mahnten ab und vertrösteten auf die nahe Landögemeinde. Wie nachdem die Leute aus den Rhoden vor der Sitter zur Landsgemeindc nach Teufen kamen (20 Wintermonat 1733), standen schon die Männer aus den Rhoden hinter der Sitter ungewöhnlich zahlreich versammelt um den mit alten Schlachtschmerrern geschmückten Sitz des Landommanns. Und durch Mehrheit ihrer Stimmen überschrien diese Alles; entsetzten auch die LandeShäupter, welche zur Partei der Linden gehörten, von Aemtern und Würden, und erklärte» Jeden, der, wegen seines Eifers wider den Rorschacher Frieden, gebüßt worden war, unschuldig. Nun war Erbitterung und Haß im ganzen Lande, Rauferei und Verfolgung zwischen den Harren und Linden, den Anhängern Wetters und der Zellweger. Beide Parteien klagten zu den reformirten EidSgenossrn. Während diese unentschlossen zu Frauenfeld (Jänner 1733) ragleisteten) stieg die Wuth des Volkes in den Rhoden also, daß mau sich waffnere, und Weiber und Kinder auö Trogen ins an- grenzende Rheintbal fiüchteren. Darum eilte eine Gesandt- schaft der Tagleistung gen Hertsau, Frieden zu vermitteln. Als Escher, der Statthalter von Zürich, an der Spitze der Gesandten, durch weise Rede den Landratb beruhigt, und erklärt hatte, daß eS nie im Sinne der EidSgenossrn gelegen sei, Bundesgliedern mißfällige Verträge aufzudringen : kündeten sich AuSgeschossene aus zehn Kirchbörinen des Landes an, um mit den Gesandten zu reden. Dieser Boten waren so viel, daß ihnen der Marktplatz von Herisau zu eng ward, vier. bis fünftausend Männer an der Zahl. Und sie lärmten und dräucten und sprachen: „Kommet ihr, den rebellischen Linden zu helfen und einem freien Volke Gehorsam aufzu- dringen gegen einen Vertrag, den eö nie bestätigt hat? Sind wir Unterthanen, oder sind wir noch Freie?" Bis in die finstere Nacht ward gehandelt. Beim Schein der.Fackeln und Laternen mußten die eidögenössischrn Ab. 198 - geordneten am rauhen Winterabend (19 Hornnng 1783), hinaus auf eine Wiese am Flecken Herisau ziehen und dem Volke schriftlich bezeugen, daß der Rorschacher Vertrag ihm niemals ausgcuöthigt werben solle. — Am folgenden Tage strömten abermals VolkShaufen gegen Herisau und forderten von den Vermittlern, daß sie die widerspenstige» Linden ermähnten, dem Spruch der Landsgemeinde unterwürfig zu sein. Von Zürich und Bern die Gesandten sprachen: „Unsere Kantone find Urheber und Gewährleister des angefochtenen Hauptstücks im Rorschacher Frieden; sollen wir nun wider diejenigen thun, welche solchem Frieden treu verbleiben wollen? Nimmermehr kann uns dies Volk zwingen, zu sprechen, wnS wir nicht dürfen." Aber die andern Ge. sandten, voll großer Furcht und Bangigkeit, stimmten: man müsse doch die stürmische Menge besänftigen. Und die Gesandtschaft bezeugte dem Volke schriftlich, daß die Linden dem Beschlusse der Landsgemeinde gehorchen müßten. Mehr bauen die Harten selber nicht begehrt; darum zogen sie zufrieden anS einander. Dies Verfahren der Appen- zcller, diese unwürdige Behandlung eidSgenössischer Gcsand- rcn erregte aber den vermittelnden Kantonen bittern Verdruß, zumal denen von Zürich und Bern. Doch wagte man nicht, mit bewaffneter Hand zu zürnen, denn noch waren die Wunden vom Toggenburger Krieg zu frisch. Deshalb unterhandelte man in Tagleistungen zu Frauenfeld und zu Aarau; und weil ohne Kraft, darum ohne Erfolg. Vielmehr wurde damit nur der Muth der Linden zur Widersetzlichkeit gegen die Harten erneut. Der Ingrimm beider Parteien gericth im Flecken Gaiß endlich also zum AuSbruch, daß die Leute im Handgemenge, Hilfe aus benachbarten Orten riefen. 'Mit Keulen und Prügeln schlugen sie gegen einander. Die Harten siegten auch diesmal und plünderten Scheunen und Keller der Linden. Diese hinwieder, Rache athmend, versammelte» sich folgendes Tages zu Trogen und Speicher unterm Gewehr; das Heer der Harten stand zu Teufen mit grobem Geschütz unter den Fahnen. Schon sollte Vürgcrbliit fließen. Doch gelang der Neaicrung Appenzells, durch Ernst und Klugheit, und unterstützt von einem Zuruf der eidSgenössi- schen Vermittler, die in St. Gallen waren, auch diesmal die Erbitterten zu trennen und Frieden zu erhalten. Inzwischen harten sich die Linden bei diesem Anlasse überzeugt, daß sie weitaus im Lande die Schwacher» waren. Darum gaben sie ihre Sache hoffnungslos auf. Die Landö- gemeinde zu Hundwyl bestätigte, was zu Teufen die Landsgememde vorigen Jahres beschlossen hatte. Die Vornehmsten von der Parter der Linden wurden von Ehren und - 199 Aemtern gestoßen und büßten mit großen Geldsummen die Hoffnung ab, welche sie auf den Beistand der Kantone und Tagleistungen gebaut hatten. 51. Henzl's Verschwörung tu Bern. (Vom Jahr l74o — 17 V.) Ob in den Händeln an der Sitter wobl oder übel gerichtet und geschlichtet worden/ dazu schwiegen die EidS- gcnossen gern still, sintemal ihnen über Alles ging / den Hausfrieden zu hüten. Denn jeder Ort hatte, mehr oder minder, eigene Plage, und Bern gar bald die gefährlichste von allen. Vor Alters war dir höchste Gewalt der Stadt Bern bei allen Bürgern gewesen, kraft der Handveste, die ihnen vom Kaiser Friedrich n (1218) verliehen worden war. Und die Gemeinde hatte von da an ihre Obrigkeit selbst alljährlich besetzt, meisteitS auö Männern des in die Stadt gezogenen AdelS, weil derselbe Reichthum, Kenntniß und Zeit mehr hatte, als der gemeine Mann, um einem Stadtwescn mit Würde vorzustehen. Dieweil aber 'im Lauf der Zeit der Adel übermüthig und nach Alleinherrschaft begierig geworden war, hatte die Bürgerschaft, in der Predigcrkirche (iZ8st), für ihre Freiheit einen Schirmbrief errichtet, durch solches Gesetz alle» Mißbränchen einen Riegel vor;»- stoßen. ES sollte» fortan ftchSzehn Männer deü Volks und vier Venner jährlich die Zweihundert des großen Raths (wie schon seit 1294) aus den Handwerkern wählen; denn man dachte, es sei leichter, zwanzig unbestechliche Männer gegen die Herrschgicr reicher Geschlechter zu finden, als aus einem großen Haufen den Einfluß der Umtriebe und des Goldes zu verbannen. Doch wichtige Gesetze und Entscheidung über Krieg und Frieden behielt sich die Gemeinde vor; auch die Landschaft wurde in wichtigen Dingen, wie bisher, so später noch, zu Rath gezogen. Aber nach und nach wählten die mächtigen Venner nur Freunde und Vetter» in den großen Rath; nach und nach verewigten sich diese Geschlechter auf den Stühlen der Re- giernng; der große Rath, verbunden mit den Venner» und Sechszehnern, ergänzte sich selbst; nach und nach wurde die Bürgergemeinde seltener versammelt, endlich gar nicht mehr. Im Jahre 1531 erschien das erste Gesetz ohne Zustimmung der Bürgerschaft, und im Jahre 1536, aiS man gegen 300 ^avoien Krieg anheben wollte, wurde die Gemeinde zum letztenmal angefragt. Dann nicht wieder. Es vererbte sich die höchste Gewalt ausschließlich in den Geschlechtern des großen Rathes. Zwar regimenlSfähiq blieben alle Bürger; aber der regierenden Geschlechter war nur eine mäßige Zahl, welche die Stellen und Aemter unter sich theilten. Eine unrechtmäßig erworbene Herrschaft, wie löblich und weise sie auch verwaltet werden möge, löscht durch alle Tu- gendcn nie ganz den Flecken der ersten Ungerechtigkeit aus, und zittert immerdar für sich selbst. Noch lagen die alte Handveste BerchtoldS und der bürgerliche Schirmbrief in ihren goldene» Schalen da; aber die regierenden Geschlechter im großen Rath wagten nicht, sie zu widerrufen, damit die Gemeinde nicht an verlorene Freiheiten erinnert werde, an welche doch noch die Inschrift des Stadtsiegelö mahnte. Mehrmals murrten die Bürger gegen erbliche Hoheit Einzelner aus ihnen. Die noch unvernichleten Briese und Siegel gaben den Mißvergnügten Vorwand und Anschein des Rechts. Die obrigkeitliche Gewalt aber gebot den freien Stimmen Schweigen. Als im Jahre 1710 mehrere Bürger in einer Denkschrift an den großen Räch Herstellung alter Verfassung forderten, und sich schon eine Verschwörung bereitete : traf Kerker und Verbannung die Unzufriedenen. Als darauf im Jahre 1744 mit ehrfurchtvoller Bitte vierundzwanzig Bürger der Stadt begehrten, daß künftig bet Besetzungen deS Rathes nicht mehr Willkühr und Gunst, sondern das LooS unter allen wahlfähigen Bürgern entscheiden möge, wurden die Einen, als Meutcr, mit Ein« bannung in ihren Häusern gestraft, die Andern Landes verwiesen. Unter diesen war auch der Hauptmann Samuel Henzt gewesen, ein Mann von nicht uncdelm Sinn und nicht gemeinen Kenntnissen. Durch Begnadigung wurde ihm endlich die Zeit der Verbannung abgekürzt, welche er in Neuenburg zugebracht hatte. Als er nun nach Bern wieder zurückgekehrt war, aber sein Hauswesen zerrüttet und sich bet Bewerbung um bessere Anstellung zurückgesetzt sah, ward sein Herz voll großer Bitterkeit, und er konnte den Verdruß nicht verhehlen. In der Stadt lebten zu derselben Zeit mehrere wohlhabende und redliche Männer von achtbaren Bürgcrgeschlcch- tcrn, wie die Fueter, Wernier, Küvfer, Bondely, Lerber, Knecht, Herbort, Wyß und andere mehr. Diese trauerten noch immerdar im Stillen über die niedergetretenen Rechte der Gemeinde und daß sich die wohlver- bricfctcn Freiheiten gemeiner Bürgerschaft nicht vor der Gewalt derer offenbaren dürften, die nun gleich Erbherren - 201 auf den RathSftühlen saßen. Mil ihnen vereinigte sich Henzi, desgleichen der Meßkünstler Michel Dürre st, welcher zu Bern verhafkSwetö wegen Theilnahme an den Unruhen seiner Vaterstadt Genf lebte. In gegenseitigen Klagen über Gewaltsamkeit der Regierung oder über stolze Härte einzelner Glieder derselben, erhitzten sich die Gemüther dieser Männer, und unter Gesprächen, in welchen die Mißbrauche des Gemeinwesens vor Aller Seelen lebendiger wurden, erwachten verwegene Entschlüsse. Niemand weiß zu sagen, durch wen zuerst der Gedanke einer neuen Verschwörung gegeben ward. Doch Hauptim-nn Henzi, dem frischer Mißmuth wieder den ehemaligen Wunsch eines großen Wagstückö lieb gemacht hatte, wurde durch überlegene Kenntniß und Beredsamkeit bald die Seele deS Ganzen. Sie besuchten sich nächtlicher Weile; beredeten Entwürfe zur Herstellung der uralten Ordnung der Stadlgemcinde laut Handveste und Schirmbricf, und verbanden sich insgesammt durch furchtbaren Eid zur Verschwiegenheit un- Treue. Zwar Henzi forderte nur, wenn auch zu kräftigen, doch gemäßigten Maasregeln auf. Eben dazu riech auch Daniel Fucter, der Goldschmied. Dazu stimmten alle Einsichtsvollen und Bessern, denen bloß Abstellung vorhandener Mißbräuche löblich schien. Gewalt sollte einzig im äussersten Nothfälle gegen Gewalt gebraucht werden. Als sich aber der Kreis der Verschworncn vergrößerte, und Leute hinzutraten von zügellosen Sitten, oder verwildertem Ehrgeiz, oder zerrütteten VcrmögcnSumständen, ward die ursprüngliche Mäßigung schwer zu handhaben. Das verkün- bete die heimliche Schrift, welche sie zur Rechtfertigung ihrer Entwürfe verfaßt halten, und worin ei» tödtlichcr Haß mit schwarzen Farben alle Vergehen der regierenden Geschlechter malte. „Man muß, sagten sie, den Degen in der Faust und nicht die Feder in der Hand haben, wenn man das Verlorne Kränzlcin der Freiheit wieder erobern will." Darauf setzten sie fest, am dreizehnten Tage des Heu- mondü 1749 solle das Zeughaus mit Sturm genommen, Freiheit ausgerufen, die Gemeinde versammelt, eine neue Obrigkeit erwählt und der große Rath der regierenden Geschlechter gesprengt werden. Die Regierung, unbewußt der Gefahr, die ihr bereitet ward, waltete mit Würde und Weisheit fort. Alle EidS- genossen ehrten dieselbe ihrer Großsinnigkeit und vorlreff. liehen Anordnungen willen. Selbst daS Auöland bewunderte die Güte ihrer Verwaltung, lieber ihre Tugenden hatte der Mehrrheil der Stadtbürgcr gern die alten Ansprüche der Gemeinde vergessen/ u»d die Unterthanen erfreuten sich der 202 Milde und Gerechtigkeit ihrer Herren und Obern. Aber der Tag, der Alle verderben sollte, kam heran. > Schon war die Zahl der Vcrschworncn auf sechözig erwachsen. Doch Henzi, der ihnen gehörte, ehe sie zu ihm gesprochen hatten, verabscheute sie, da er der Ihrige geworden, als er, nnd mit ihm Viele der Bessern unter ihnen, erkannten, daß eine große Zahl der Genossen ruchlosen Sinn unter Vaterlandsliebe verkappten. Da wandte Henzi sei» Angesicht von ihnen, deren Menge, Unklugheit und Zwietracht nahe Entdeckung drohte. Er rüstete Flucht. Doch eh er entkam, sah sich Alles schon durch einen Geistlichen verrathen, der selber Mirverschworncr gewesen. Henzi wurde aus einer Lustfahrt ergriffen und in den Kerker ge. schleppt; auch der Lieutenant Emanuel Fueter und der Kaufmann Samuel NikvlanS Wernier. Die Andern entflohen in großem Entsetzen, und vernahmen mit noch größer», Entsetzen in der Ferne, was die Zurückgebliebenen, unter den Schrecken der Kerker und Foltern, von blutigen Anschlägen gegen die Vornehmsten der Stadt, von mordbren- nerischen Entwürfen und von Vorsätzen zur Plünderung des öffentlichen Schatzes entweder ausgesagt hatten, oder wag ihnen von ausgesprengten Gerüchten nachgesagt ward. Sol- cher Greuel wußten sich die Wenigsten fähig. Wie nun die verbrecherischen Anschläge an das Sonnenlicht kamen, erschien Henzi als der Sträflichste von Allen. Denn er hatte seiner Obrigkeit, die ihn kaum begnadigt nnd aus der Verbannung heimgerufen, mit Undank vergolten. Daß Todeöurtheil ging über die Drei. Sie flehten um Gnade; nur Henzi nicht, der sein schmachvolles Leben verschmähte. Am sechszehnten HeumondS 1749 schied Henzi gebrochenes Herzens, doch furchtlos, von Weib und Kind; sah WernierS und FueterS, seiner Mitvcrschwornen, Häupter unter dem Schwert des Nachrichters fallen, und empfing selbst ohne Zagen den Todeöstrcich. Er wußte mit größerer Würde zu sterben, als zu leben. Die Ucbrigen wurden des Landes verwiesen. Als Hcnzi'S Gattin am Rheinstrom mit ihren zwei jungen Söhnen stand, richtete sie verzweifelungövoll das Antlitz noch einmal zum Vaterland zurück und schrie zum versammelten Volk: „Müßt' ich, daß diese Kinder nicht das Blut ihres enthaupteten Vaters rächen würden, möchte ich sie lieber in diesen Wetten verderben sehen, wie theuer sie mir auch sind!" Edler aber, als die Mutter, dachten die Söhne in männlichen Jahren. Einer derselben, Hofmeister der Edelknaben im Dienste des Erbstatthalterö der Niederlande, vergalt nachmals an Bürgern seiner Vaterstadt das eigene, unverschuldete Unglück mir Wohlthun. 203 Diese Begebenheiten blieben nicht ohne gute Wirkung auf Bern. Die Gebreche» deü Sraateö wurde» lauter be, sprachen. Viele Glieder im Rathe/ werth deö Ruhmes ihrer Altvordern/ drangen auf Auütilgnng eingeschlichener Mißbrauche. Späterhin (1780) wurde sogar daü ganze Strafurtheil über alle Schuldige aufgekobcn und den Ver' bannten die Rückkehr gestattet. So sehr verwandelte sich die öffentliche Stimmung / daß Mitleide» oder Achtung die. ienigen umringte/ welche iu ehrlicher Absicht für das Recht der Gemeinde zuviel gewagt hatten/ und daß Verachtung diejenigen traf/ welche/ statt Unzufriedene von gefährlichen Schritten abzumahnen/ in deren Verschwörung getreten und feigerweise ihre Verrälher geworden waren. 52. Von dem Aufruhr im Ltvincrthal. (Dom Jahr 17S0 - 17N.) Nach diesen Tranergeschichten von Bern vernahm man bald größere aus dem Livinerthal. Hier/ von den be- schneiten Firsten des GotthardSbergeö eilf Stunden weil ab, wärlö/ bis zum BcrgArom derAbiaSca/ wohnete an beiden Tessin.Ufern und in wilden Seitenthälern das Volk/ mit dem Wenigen vergnügt/ wag die Heerden auf den Alpe»/ die Wälder am Gcbirg und die Sanmrosse beim Waarcnzug über den Gotthard ertrugen. Die stattlichen Nechtsame / mit denen eö vorzeiten vom Hanse Visconti an Uri gekommen war/ galten ungeschmälert. Uri erhob aus dem Zoll und einer kleinen Steuer nur mäßige Einkünfte. Daher meinten die Urner auch nicht/ Sold und Bezah, lung schuldig zu sein/ als die Mannschaft des Thales den Fahnen von Uri harre in den Toggenbnrger. Krieg folgen müssen. „Denn" sprach Uri/ „ich habe seit drittchälb- hundert Jahren euere Rechte/ fast ohne Lohn/ geschirmt/ wie fordert ihr nun Lohn von enerm Oberherrn?" Das Volk der Levcntina antwortete darauf und sprach: „Daß du uns schühest bei hergebrachten Rechte»/ hast du dich in alten Verträgen verpachtet; aber kein Vertrag gebeut unü/ auf eigene Kosten für dich in den Krieg zu gehen." Und als Uri fortfuhr/ die Löhnung für getreuen Dienst zu ver. weigern/ und als darauf das Volk aus Liviuen den Urner Landvogt verjagte und sich des Zolls bemächtigte / kamen die Boten der fünf katholischen One nach Altorf (1713) und sprachen: „Uri ist den Sold schuldig." 204 Also ward Ruhe gestiftet und kein Theil trug dem An. dern einen Kroll nach. Uri hatte seinen Irrthum erkannt und liebte Gerechtigkeit. Aber in den Thälern der Leventina wohnten einzelne Männer, die waren ungerecht gegen ihre eigenen Mitbürger, besonders gegen Wittwen und Waisen, deren Gut sie verwalteten. ES klagten Wittwen und Waisen vor Uri, und der Landesherr besah!, laut altem Recht, daß von dem Waisengut Rechnung abgelegt werde. Solches erschreckte viele von den reichen Männern deS TbalS. Die sprachen: »Das ist eine Neuerung! Uri will abermals unsere Freiheit antasten." Sie gingen in den Dörfern umher, wo ihnen Viele schuldig waren, und wiegelten die Leute aus, und sprachen: „Lasset uns wacker zusammenballen. Wir mögen eü wohl gegen Uri aufnehmen. Und so ihr rechte Männer seid, schütteln wir die Steuer ab und ziehen den Zoll selbst ein." Also redeten sie und wollten ihre eigene Schuld mit der Schuld des gcsammten Volkes decken. Es war im An. fang des Jahres 1755 , da noch Alles im Schnee lag »nd der unbeschäftigte Landmann zu mancherlei Dingen gute Weile harte. ES wurden in den Dörfern Versammlungen gehalten und allerlei Beschlüsse gefaßt. Einer wollte es nun an Muth dem Andern zuvorthun. Man nahm den Urner Landvogt Gammg gefangen, desgleichen den Einnehmer deS hoheitlichen Zolls, und übertrug dem Thalgericht, über schwere Verbrechen zu richten. Die Genossamen von Uri, als fie die Unfugen hörten, forderten das Tbalvolk ernstlich zum Gehorsam auf. Antwortend erschienen vor der Landesgemeinde zwei Männer der Leventina, Wela und Bull, die sprachen trotzig, nicht als Unterthanen, sondern als Gebieter; denn zu ihrem Schutze waren jenseits des GolthardS schon zweitausend Männer unter den Waffen. Alübald ließ sich das Urihoru an der Reuß hören. Bet Sturm und Regen zogen schier tausend Urner mit sechs Stücken schweren Geschützes den Felsenweg des Gotthard hinan und erschienen droben an den Quellen deS Tessin. Erschrocken fiohen die Wachten der Empörer und verbreitete» Furcht im ganzen Thale. Die Häuprer des Aufruhrs, Landeshauptmann UrS, Furno, der Pannerherr des Thals, Sarrori, RathSherr, und andere ihrer Vertrauten, traten zusammen und hielte» KriegSrath. Sie beschlossen: Uri in's Thal zu locken biS an den Fuß deS hohen Platifer, wo der Tessin mit fürch. tcrlichem Sturz durch den Bcrgschlund bricht und eine Handvoll-Streiter einem ganzen Heere den in Felsen gehauenen Weg verrammeln kaun. Wenn dort der Feind aufgehalten - 202 werde, solle der Liviner mächtiger Hinterhalt aus allen Schluchten der Nebenthäler hervoreilen,^ die Urnermacht umzingeln und vernichten. Böses Wetter vergrub zu dieser Zeit, da schon die un. lern Thäler alle blüheten, den Volkhard noch in itiefcn Schnee. Darum verzögerten die Urner im Urserenthal. Unterdessen eilten aber auch die angerufenen Eidsgenossen von Zürich, Luzern, Schwyz, Zug und Unrcrwalden mir Htlfsvölkern über den See der Waldstätte. Wallis, Bern und GlaruS besetzten die Grenzen gegen Livinen. Endlich gingen die Urner Schlachrhaufen, vereint mit achthundert streitferrtgen Unrerwaldnern, über die Volkhards. Höhen (21 Mai 1755). AIS die Empörer aber, starr des schwachen Heerrö von Uri, die Fahnen der EidSgenosscn sahen, und rings das Land umschlossen und die Luzerner im Roneatbal, entsank Allen der Muth. Sie flohen mit weg. geworfenen Waffen in die Dörfer zurück; viele in die Wälder. Vergebens brannten auf den Höhen die Hochwuchten zum Zeichen der Gefahr und des Aufgebotes. Vorsichtig rückten Urner und Untcrwaldner von Ort zu Ort, i-^l Besetzung aller Engpässe im Rücken, bis zur letzten Dorfschaft an der AbiaSca. Alles ward bezwungen und ent. waffnet; den andern EidSgenossen Botschaft, mir ihrer Hilfe nicht nachzurücken; gute Mannsznchc gehalten; der NädelS, sichrer einer um den andern eingefangen, und UrS, der Landeshauptmann selbst, aus dem Kapuzinerklostrr sorrge. schleppt, wo er eine Freistätte zu finden gehofft harre. Dann begann das Gericht über die ganze Völkerschaft; «in Schauspiel, so groß und furchtbar, wie das Schweizer, land lange nicht gesehen. Bei Faido, wo die VotthardSstraße in ein kleines, von Waidbergen umringtes Thal tritt, ist ein freier, ebener Platz, auf welchem sich sonst das Volk zu Berathschlagungen zu vereinigen pflegte. Hier wurde es nun aus allen Orten versammelt. Bei dreitausend Männer erschienen am Tage des GerichtS (zweiten Brachmondü), des Urtheils harrend. Die Eidsgenossen in Waffen umringten die Fehlbaren. Todes, stille herrschte in der Menge, nur vom einförmigen Donner des WasserfalleS an benachbarter Felswand erhöht. AlS Alles bereitet war, geschah dem Volk das Urtheil. ES wurden ihm die verwirkten Rechtsame seiner Vorfahren, Ehren und Wehren, genommen. Dann ward es verdammt, baarhäupkig, auf den Knien, Zeuge von der Hinrichtung seiner Häupter zu sein, und den Eid deü Gehorsams an Uii zu schwören. Im Kreise der Bajonett schworen die Tausende den schweren Eid, welcher die von den Vatern ererbten Freihct. 206 - tcn zerriß/ und in den jetztlebenden Schuldigen noch die . schuldlosen Nachkommen strafte. Dann/ auf einen Wink/ sank schaudernd die Menge der Büßenden auf die Knie/ und mit entblößten Häuptern sah sie unter dem Nichtschwert die Strafbarsten falle»/ den Pannerherrn Furnv/ den Landes. Hauptmann UrS/ deren blutige Köpfe an den Galgen geschlagen wurde»/ und den NarhSherrn Sartori. Nach dieser grauenvollen Feierlichkeit zog gesammteS Volk mit tiefer Furcht im Herzen zu seinen Hütten Heini/ und andern Tagg das Rächerheer des Eidsgenossen über den Gottbardöbcrg zurück. Acht Männer des bestraften Thals gingen gefesselt/ weil auf ihnen daö Verbrechen der Empö. rung schwer lag/ vor den Fahnen her/ und empfingen erst in Uri den TodeSstreich. 53 . Warum die alte Eidsgenossenschaft immer in größer» Verfall gekommen. — Die helvetische Gesellschaft. (Vom Jahr 17SL — 1761.) Zu derselben Zeit lebten im Eidögenossenlande viele red. liehe und einsichtvolle Männer; denen ward das Herz schwer/ wenn sie von den mancherlei Unruhen und Nnfngen hörten. Sie sahen darin Vorboten deS allgemeinen Verderbens und Unterganges/ der sich näherte. Aber Niemand achtete ihrer Warnungen. Noch war freilich des Guten viel; aber das Böse fing an zu überwiegen. Rechte Liebe zum Varerlande wohnt/ wo rechte Freiheit wohnt. Daher lebte in den Haupsiädten mehr Vaterlandsliebe/ als auf dem Lande; und in den Hirten-Kantonen mehr/ als in den Vogteien. Die Bürger in den oberhcrr- liehe» Städten/ eifersüchtig auf ihre Vorzüge/ erlaubten ungern/ daß ein Unterthan durch Kenntniß oder Reichthum neben ihnen groß ward. Dem Landmann waren absichtlich alle Wege verschlossen/ auf denen er sich als Staatsmann/ Gelehrter/ Kriegsheld oder Geistlicher hätte hervorthun können. An manchen Orten wurden ihm sogar Handel und Kunstfieiß untersagt. Zum Pflug und zur Dienstbarkeil erschaffen/ sah er im Stadtbürger den gcbornen Herrscher/ Heerführer/ Richter und Priester. Unterthanen der Könige waren reicher an Rechten/ als Unterthanen der Schweizer. Sogar daö Aufblühen der kleinen Landstädte/ durch Gewcr- bigkeit und Schulbildung/ wurde mit heimlicher Unzufrie- denheit von den Hauptorten gesehen. - 207 Darum verschwand aus dem Volk die heilige Liebe, welche dem Vaterland willig das Liebste bringt; eigennützige Selbstsucht füllte den leeren Platz anS. Darum sah man Gehorsam, aber nicht Gehorsam des Freien, sondern des Knechtes, nicht aus Ueberzeugung, sondern auö Furcht, voll Argwohn gegen Herren und Städte, voll Starrsinn gegen Einführung des Bessern. Denn der gemeine Mann war in Blindheit des Geistes auferzogen; die Jugend oft ohne Unterrichtsanstaltcn, oft in Schulen, dem Verstände verderblicher, als wildes Aufwachsen unter Leitung der Natur. Man dachte: ein blindes V: lk ist leichter zn führen. Aber der Blinde erschlägt auch leichter den eigenen Meister, wenn ihn der Verführer gegen denselben mit dem Schwert stellt. Daran dachte mau nicht. Die Obrigkeiten begnügten sich, treue HauShälter zu sein. Die obersten wie die untersten Beamten waren mäßig, oft gering besoldet; in fremden Kriegsdiensten oder auf Land. vogteien pflegten sie Vermögen zu erwerben. Ordnung herrschte in der öffentlichen Verwaltung; bei mangelhafter Gesetzgebung dennoch Liebe zur Gerechtigkeit; und die Recht- same auch des Geringsten wurden meistens mit großer Vor- ficht geehrt. Auflagen waren bei der mäßigen Staatshalts- Haltung selten und dann nie drückend. In den Haupstädlcn blühte, neben Wohlstand, Wissenschaft und Kunst, besonders bei Reformirten. Unter allen wurden Zürich und Genf durch große Gelehrte und Künstler hervorragend. In Basel aber verfiel die altberühmte Hochschule durch OrtS- und Handelögeist; sie hatte fast mehr Lehrer als Schüler, und war mehr VersorgnngSanstalt für zene, als BildnngS- anstatt für diese. In den Hauptstädten der katholischen Schweiz, wo die Geistlichkeit dem freien Forschen widerstrebte, stieg die Wis. senschaft nie zu bedeutender Würde. Mönchischer Geist ver- wandelte das gemüthcrhebende Wissen in Sammeln unfrucht- barer Kenntniß. Die Hirtenländer sorgten gar nicht um höhere Bildung und Kenntniß. Freiheit daselbst genügte zu Allem. Der Landmann in seiner Hülle, ernährt von seinen Hecrden, seine Obrigkeit selbst wählend, keinem Gesetze gehorsam, alö dem, wozu er mitgestimmt, war der freiste Sohn der Erde. Zwar roh und aberglaubig, ließ er sich von Priestern und reichen Geschlechtern im Lande leiten. Aber er ward nur geleitet, nie beherrscht. In vielen Kantonen thaten einzeln die Regierungen gar löbliche Dinge. Bern baute für das gemeine Wesen Paläste, Hochstraßen, und sammelte Schätze durch Sparsamkeit. Zürich belebte Handel, Wissenschaft und Landba». 208 - Luzern bestand rühmlichen Kampf gegen den Nunzius und den päpstlichen Hof zu Rom (in den Jahren 1725 bis 1748), alS dieser sich anmaßte, geistliche Gewalt über weltliche Rechte der Regierung auszudehnen. Das ganze Schweizerland schien wohl dem Auge des Fremdlings ein Paradies, von glückseligen und harmlosen Menschen bewohnt. Aber man sah nur den grünen Teppich der Wiesen, nicht die unwirthbaren Felsen; die Majestät der EiSgebirge, nicht die zermalmenden Lawinen derselben. Man sah daü Gepränge der Tagsatzungen, nicht ihre Zer. würfnisse; die Bilder vöm Wilhelm Teil, nicht die Knecht, schafk der Hütten; die Gelehrsamkeit der Städte, nicht die Geisteövcrwllderung der Dörfer. Ucberall große Namen und Worte, kleine Gesinnungen und Thaten. Daü Bewußtsein eigener Schwäche, welche vor mann, hafte» Unternehmungen erschrickt, ward Genügsamkeit, und die Feigheit Friedensliebe geheißen. Man buhlte um Jahr, gelber, Titel, goldene Halsketten nnd Ordensbänder fremder Könige, und rühmte die Unabhängigkeit deü Vaterlandes. Man pries der Schweizer stilles FrrcdenSglück, während nach den Jahrhunderten der vielen Glaubens, und Bürger, kriege das Jahrhundert der Meutereien/ Verschwörungen und Aufruhre gekommen war. Eine kleinstädtische StaatSkunst, ohne Glanz durch Tu. gend, wollte von geheimnißvollem Dunkel, worin sie sich verbarg, Würde erborgen. Die Freiheit der Presse war Verbrechen, die Orffentlichkeit deS Urtheils Hochvcrrath. Stumm waren die Zeitungen von den Begebenheiten des Inlandes. Was Großlürk und Großmogul trieben, ward leichter erfahren, alS waS Zürich, Bern oder Schafhauscn. DaS vertilgte, weil man es zu wollen schien, den Sinn der EidSgenoffcn für eine Eidsgenosscnschaft. Diesen heiligen, mächtigen Sinn ganz zu todten, unter, hielt man den von alten Kriegen und Fehden hergestammten Haß der kleinen Völkerschaften wider einander. Frciburg feierte sogar noch den brudcrmördcrischen Tag bei Villmer. gen, wie ein heiliges Fest. Kalt und mißtrauisch wohnten inner ihren Bergen die Thalschaften einander gegenüber. Man bekriegte sich nicht mehr, auS Furcht vor dem AuS' land, mit dem Schwert; desto heftiger mit Zunge und Feder. Man untersagte einander auch wohl Zufuhr der nöthigen Lebensrnittel; stellte auch wohl Soldaten und Harschiere an Grenzen und Landstraßen, die mit empörender Härte daS Einbringen von Gartenfrüchten, Eiern, Geflügel und Fischen von einem eidgenössischen Ländlcin in'S andere hinderten. „Ohne der andern Rath und Erlaub soll kein Ort mit auswärtigen Mächten Bündniß eingehen/' So sprach der - 209 alt«/ ewige Bund. Aber, wider Rath und Erlaub der andern, schloffen ohne Scheu die Kanrone lheilweise mit Frank- reich oder Oesterreich, mit Spanien oder Venedig besondere Bündnisse. „ES -soll kein Richter angenommen werden, der das Amt kauft." So gebor der ewige Bund. Aber der Acmrervcrtauf ward, in Hirlenkantoneo und sonst, öffentlich getrieben. So war die Eidgenossenschaft geworden; Alles mehr oder weniger stille Verwesung. Hier prangten einzelne Dörfer und Städtlei» nm unbedeutenden Gerechtsamen und boten mit unverstandenen Urkunden bessern Ordnungen Trotz; — dort strebten Städte nach höherer Gewalt über das Land; — dann forderten die allen Geschlechter der Städte Rang über die jünger»; dann begehrten die Geschlechter, welche auf den Stühlen der Regierung saßen, gesetzlich, bleibendes Recht zu denselben. Ueberall klcmliche Quälerei, überall Selbstvcreinzelung und Wichtigthun mit Tand mid Schaum. Man sah die Schweizer befreundeter mit fremden Nationen, als unter sich selbst, und es war ihnen leichter, sich in aller Welt niederzulassen, als im Varerlande nur ihren Wohnsitz von einem Dorf in daö andere, oder wohl gar von einem Kanton in den andern zu verlegen. Ein Schweizer, sobald er die engen Grenze» seines heimathlichen LändleinS überschritten hatte, war mitten in der EidSgenossenschast nicht minder ein Fremdling, wie Inder oder Perser oder Russe eö war. Während die Reiche der Fürsten ihre Landesordnungen vercoelten, ihre Kräfte mehrten, geschah im Schweizerlande nichts, weder zur Verbesserung der Verfassungen, noch zur Stärkung des DnndeS. Während Frankreich und Oesterreich zu unmäßiger Macht erwuchsen und ihr Kriegswesen aus- bildeten, rösteten die Waffen der sorgloftn Schweizer. Man prahlte mit Siegen der Altvordern, und dachte nie daran, in Tagen der Gefahr Siege zn erfechten. Was zur Vertheidigung vorhanden war, stammte noch aus den Zeiten des dreißigjährigen Krieges; die letzten Abänderungen waren seit beinahe hundert Jahren geschehen. Man vergaß die KricgSvorräthe, ein Heer zu bewaffnen; und in den Waffen, wie bei Gebrauch derselben, fehlte Gleichförmigkeit. Ein-- zelne zwar, wie Ber», Zürich und Luzern, hauen auf unvollkommene Weise, mehr denn die übrigen, zur Einrich- rung des Kriegswesens geleistet, — aber was diese Städte besäßen, schien mehr zur Dämpfung von Aufrühren der ei«,e»en Unterthanen berechnet, als zur Vertheidigung gegen auswärtige Gewalt. Darum ward vielen rechtschaffenen und ein lichtvollen Männern im Eidögcnossenlandc das Herz schwer, wenn sie ist 3 tl) - solchen Zustand der Dinge sahen. Einige der Edelsten traten an der Aar im Bad Seh in; nach zusammen, wie Jseli» der Menschenfreund von Basel, Htrzel der Weise von Zürich, der freimüthige Urs Balthasar von Luzern, der wackere Zellweger von Appcuzell und andere Männer. Sie stifteten aus gemeinnützig denkenden Schweizer« einen freundschaftlichen Bund, eine helvetische Gesellschaft ( 1761 ) znr Beförderung der Aufklärung, des Gemeinst»neS, der cidsgenöstriche« Bruderliebe. Alljährlich versammelten ste sich; alljährlich ward ihre Anzahl aus allen Kantonen und zugewandte» Orten größer. Hier lernten sich die Wür. digffen'dcS Vaterlandes lieben. Hier schlössen sie Freund, schaftcn, die dem allgemeinen Wohle galten. In diesem heiligen Verein brannte die Flamme der alten Eidggenossei». fchaft noch einmal hell und rein auf. — Aber argwöhnisch blickten die Regierungen der Kantone auf diese Zusammen, küuste, uns ungern duldete« sie dieselben. 54 . Wie König Friedrich der Große, als Fürst von Reuen- burg, gegen die Unterthanen edelmWg ist. (Dom Jahr 1762 - 1770.) Denn die Häupter und Räthe in den Kantonen hatten Besorgniß: eS könnte in solchen Gesellschaften daS Thu» der Obrigkeiten ungünstig beurtheilt, das Ansehen derselben geschwächt, Aufklärung beim Volke verbreitet, und der Un. rertban nach größerer Freiheit lüstern werden. Weit furchtloser betrachtete der König von Preussen, welcher zu Reueuburg und VallcndiS Herr und Fürst war, die Entwickelung seines Volks. Ja, er befestigte und vermehrte die Rechte desselben großmüthig, statt sie zu schwa- chen und zu schmälern. Rcuenburg und VallendiS, mit fruchtbaren Thälern am See und im Gebirge des Jura, hatten vor uralten Zeiten dem Königreich Burgund gehört, und waren dann zlim deutschen Reich gekommen. Im Schlosse am See saßen die Freiherren von Rcuenburg. Die gaben allen denen, welche sich im rauhen Gebirge niederließen, und die tindurchdring. liehen Waldungen ausstockten, große Freiheiten. So bc. völkcrie sich das Land, und um daS Schloß legte sich die Scadt an, welche (im Jahr 1214 ) die Rechte von Besancon bekam, der vornehmsten Stadt von Hochburgund. - 2t1 Als «ach«,als Herr Nolin von Nrnenbnrq Herrschaft und Güter dem Kaiser Rudolf von Habsburg (1288) über. gab, ging das Land nach und nach in verschiedene Hände. ErA trat Rudolf von HabSbnrg dasselbe an daS mächtige l'irrqundischc Haus CbalonS ab; dann nach fast vierhundert Jahren kam es daS Hanö Longueville (1505), und als die letzte Tochter dieses Hauses, Maria Herzogin von Nemours, starb (>707), meldete» sich der Erben wohl zwanzig z» dem schönen Fürstentbnm. Aber die Stände des Landes, bestehend aus den zwölf Richtern vom Fürsten, tbum Ncuenburg und eben so vielen von der Grafschaft VallendiS, traten zusammen, prüften die Ansprüche der Erblustigen und erkannten den König Friedrich I vo« Preussen als nächsten Erben des HauseS von CbalonS. So ward der König von Preussen Fürst von Neuenburg und VallcndiS, und unterschrieb die Verfassung und Frxi, Heiken des Landes, und übte seine Rechte daselbst durch seinen königlichen Statthälrer und durch einen StaatSrath, den er aus den Eingebornen wählte. Er wurde fortan auch als BnndeSgcnoß der EidSgenossenschaft betrachtet, weil daS Fürstenlhum zu den zugewandten Orten der Schweiz gezählt ward. Denn sowohl die alten Herren vo« Neüenbnrg, als die Städte und viele der freien Gemeine» hatten abwech. sclnd und in verschiedenen Jahrhunderten ein ewiges Burg. recht mit den Kantoren Bern, Solothurn, Luzern und Freiburg errichtet und dadurch den Schutz des ganzen Schlveizcrbuudc» erworben. Die Neuciiburger waren auf ihre Rechte gar eifersüchtig und duldeten selbst vom Könige von Preussen keine Beein. irächliguug. Als er die Gefalle, welche er sonst vom Lande bezog, verpachtete (17^8), wurde das Volk wegen solchep Neuerung unwillig; und als er im Jahr 1766 die Vcrpach. lnng »vicderholcn, wollte, geschah großer Äuflauf. Der König übcrgäb durch feinen , abgeordneten Sachwalter Gaüdot dem Kanton Bern, als bundeSmäßigcm Richter, seine Klage; Bern aber entschied in den meisten Dingen zu Gunsten des Königs. Darüber wurde das Volk zu Neuen, bürg so ergrimnü, daß es den Gandot, alS er von Bern nach Hanse zurückkehrte, verfolgte, und sein Hans bestürmte (25 April 1768). Umsonst wehrte die Obrigkeit, umsonst schickte sie KricgSvolk. Gandot und sein Neffe, alS sie ihre Gefahr sahen, wollten den Pöbel schrecken und schössen aus dem Fenster anf die Menschenmenge. Daran thaten sie übel. Ein Zimnicnliann wurde gelobtet. Nun stürzten die Lenke würbend in'S Haus, und Gandot ward durch drei Flinten, schösse ermordet. Angerufen von den Abgeordneten des KönigS und von 212 - dem Rath der Stadt Reuenburg, legten Bern, Luzer», Solothurn und Freiburg, doch erst nach langen Beratvun- gen, zum Schutz öffentlicher Sicherheit, Besatzung in die bewegte Stadt. Nun geschahen lange Untersuchungen, weit- läufige Unterhandlungen. Die Vollmächtigen des KönigS trachteten dabei nach willkiihrlichcr Gewalt, das Land künftig besser zu halten und zn schrecken. Aber die EidSgenoffen wollten nicht Werkzeuge fremder Willkühr heißen; auch gar stark und muthig redete der Vcnner Osterwald für Gesetz und Recht feines Vaterlandes gegen die ausländischen Fürstendiener. Endlich wurde geschlichtet und gerichtet: die Stadt Neuenburg mußte ihre Waffen abgeben, alle Kosten tragen, die Familie des unglücklichen Gaudot entschädigen, und durch den Stadtrath Abbitte vor den Vollmächtigen des KönigS auf dem Schlosse thun. Die schuldigsten Aufrührer, meistens entflohen, wurden verbannt, oder mit Gefangenschaft bestraft, oder in Bildnissen gehan- gen. Darauf zog die Besatzung der EidSgenoffen wieder von bannen. Der König von Preussen aber, nach diesem Allen, statt die Freiheiten der Neuenburgcr zu beschränken oder zu min- dern, wie einst Uri in Livinen gethan, stärkte und erweiterte vielmehr dieselben mit neuen Rechten. Daö gewann dem Hause Preussen die Herzen alles Volks zurück. Denn nicht nur gab der Fürst seinen Neuenbargern bald die Waffen wieder, sondern er verzichtete auch darauf, seine Einkünfte zu verpachten, oder nach Willkühr zu verwalten, und Beamte willkührlich von ihren Stellen abzusetzen. Er gab sämmtlichen Gemeinen sogar das Recht zu einer unabhängigen allgemeinen RathSversammlung, ohne deren Beistim. mung der Fürst nichts in der StaatShauShaltnng abändern solle. Vieles, was in alten Gesetzen verworren und dunkel geworden, ward verbessert, immerdar zu des Volkes Gunst und Vortheil. Das that der König, was keine Obrigkeit eines Schweizerstaates je gethan haben würde. Aber er war einer der vortrefflichsten und weisesten Fürsten des ganzen Jahrhunderts. Er war Friedrich der Große. 313 55. Pinckeihändel in der Stadt Luzern. — Geschichte vom Landammann Suter in Appenjell-Jnnerrho-en. (Dom Jahre 1770 — 1784.) Zu derselben Zeit warb auch die Stadt Lujern der Schauplatz trauriger Zerwürfnisse und Verwirrungen. Hier, wie in einigen andern Städten des Schweizerlandes, hatten sich schon längst die vornehmen und adelichcn Geschlechter der Herrschaft bemeistcrt, wie ein Erbgut, und den alten Elnfluß der übrigen Bürger auf daö gemeine Wesen fast gänzlich vernichtet. Nicht immer durch Einsicht oder Tugend, oft nur durch Gunst einflußreicher Verwandten an die Spitze der Verwaltungen gestellt, glaubte sich mehr denn Einer berechtigt, vom Staat zu leben, nicht für den Staat. Bald allzumilde Nachsicht, bald allzuhcftige Eifersucht der Regierenden unter sich, brachte dem Vaterlande, und oft ihnen selber, gleich großes Unheil. Schon waren Veruntreuungen des öffentlichen Gutes, bei wachsendem Sitten- verderbuiß, nicht unerhört. StandeLweibel entwichen mit obrigkeitlichen Geldern; Kor», und Zeughaus wurden beeinträchtigt; selbst der Staatsschatz erbrochen und bestohlen. Schon früher hatte Amtmann Leodegar Meyer durch Landesverweisung den ungcmessencn Aufwand büßen müssen, in welchem er einen großen Theil der Stacuögelder verpraßte. Bald nach ihm schaltete der StaatSseckelmeisterJostN iklauö Joachim Schumacher für sein Haus so verschwenderisch mit dem Gut deS Landes, daß er diesem.52,000 Gulden vergeudete und auf ewig auö dem Gebiet gesammter EidS- genoffenschaft verwiesen wurde (1762). Den Sohn desselben, Namens PlaziduS Schumacher, schreckte des Vaters warnendes Beispiel nicht vom wüsten Leben zurück. Erst vcrschwclgte er all das Seine; versank in Schulden; veruntreute dann, als Amrmann, die Herrschaft Heidegg; ging in österreichische» Kriegsdienst; lief wieder davon; strich im Gebiet seiner Vaterstadt und in der Nachbarschaft umher; hielt zu den Unzufriedenen, und machte sich thuen durch unbesonnene Reden wichtig oder,beliebt. Obwohl keine Spur des Aufruhrs zu erkennen war, erschrack doch der Argwohn der Regierung, weil sie sich ihrer Willkühren und Schwächen zu sehr bewußt war, um ihrem eigenen Volke zu vertrauen. Schumacher nebst einigen feiner losen Gesellen wurde eingcfaugcn und aufrührerischer Anschlage angeklagt, obwyhl er die Beschwerden der Mißvergnügte« 214 nnr auf althergebrachtem, gesetzlichem Wege hatte hinweise vorbringen wollen. Er ivgrdc des HochvrrrathK angeklagt, und, obschon dessen nicht überwiesen, mit dem Schwirre vorn Leben zum Tode gebracht (im 1.1764), zum Schrecken der Bürgerschaft und des Landvolks. Andere,' die mit ihm gewesen, sandle der Rickkerspruch ins Elend. Als nach einigen Jahren selbst die, welche den Tod Schumachers beschlossen gehabt hatten, ihrer voreiligen Furcht und Ungerechtigkeit inne wurden, wollte jeder den Vorwurf der Schuld von sich wälzen. Der NathShrrr Valentin Meyer, welcher das Verhör geführt, sollte, so sagte man nun, daü strenge Urtheil am .»eisten Herberge- fuhrt habe». Erst leise, dann lauter machten sich die Verwandten deS Hingerichteten wider ihn auf. Jetzt erinnerte man daran, daß er der Sohn deS weiland verbannten Lco- dcgar Mcner sei, und wahrscheinlich in blutdürstiger Rache L.iS Geschäft geleitet habe. Sogar hiekenigtn sagten sich feig vou ihm loS, welche mit ihm Verhör und Gericht und Urtheil gehalten und unterzeichnet hatten. Nun erhob sich wider ihn General Pfyffer siegreich, der damals Hanpr der französischen Partei und MeyerS Feind war, weil Meyer oft gegen Frankreichs verderbenvollcn Einfluß geeifert hatte; nun Jeder wider ihn, der bisher seine Gcisieggaben und Kenntnisse gefürchtet oder beneidet haben mochte. Ihm, als hellden- kendem Manne, eignete man die Abfassung einer Druckschrift zu, welche damals mit der Aufschrift zn Zürich erschienen war: . »Ov es der katholischen Eidögenossenschaft nicht zuträglich sein würde, die regulären Mönchsorden gänzlich aufzuheben oder einzuschränken?" Vag warb Klöster, Geistlichkeit und Nuntius zu den Hansen seiner Gegner. Eiue scherzhafte Widerlegung jener Schrift, die er im Kreise vertrauter Freunde, nicht ohne Spott auf Kloistergeistliche, vorgelesen hatte, wurde, alS sie im Drucke erschien, mit lächerlicher Feierlichkeit zu Luzern durch Lenkeröhand verbrannt, weil einer der Verkramen ihn als deren Urheber treulos verra- then hatte. -' Das Alles war genug, ihn zn verdammen. Er sollte als Opfer fallen. Um ihn schuldia zu finden, entbrach man sich sogar nicht, das öffentliche Vertrauen deö Siaars zu verletzen, die Heiligkeit des Postgeheimnisses zu cmwcibe», sein HauS zn überfallen und seine Papiere zu durchftii-hen. Nachdem alle Gewaltthat eitel gewesen, Verbreche» zu entdecken, ward ex auf seinem Landgut gefangen genommen, »>c» er, seiner Unschuld bewußt, frei und furchtlos wohnte. Deciundvierzig Tage lang saß er verhaftet und wurde nicht verhört. Vergebens sprach für ihn u» Rache der biedere und muthige Schultheiß Keller, der weise Vaterlands- 215 freund Felix Baltbasar and mancher andere Unbcfan- gene. Vergebens sa«>die Meyer selbst seine Vertheidigung schriftlich an den Rath; dieser beschloß, sie nicht einmal zu eröffnen. Vergebens mahnte der redliche Kasimir Kruß zum Vermitteln und zum Frieden. Meyer wurde zu fünf. zehnjähriger Verbannung vrrurtheilt; hingegen jeder der ehemals wegen Plazidns Schumacher Verwiesenen , oder mir den Galeeren Bestraften in Gnaden zurückgerufen (i77li). Dann erst schloffen die Geschlechter- Parteien Friedenöver- trag unter sich, indem man dafür hielt, alles Unheil in Luzern sei, nicht aus der Ungerechtigkeit, sondern daher entstanden, daß man gegen Genossen der Regierung und gegen Herrschergeschlechter nach dem strengsten Recht verfahren sei: man müsse schonen und zusammenhalten, sonst könne der Volzng des Adels leicht an die Bürgerschaft übergehen. Bald nach diesem haben die innern Rhoden des AppcnzellerlandeS, im blutigen Untergang ihres Land- ammanns Joseph Anton Sutcr, bewiesen, daß Freiheit und Recht des Bürgers so wenig im Schirm eines ganzen Volkes, als unter der Herrschaft weniger AdelS - und Stadt, gcschlechter geborgen stehe, wenn der Geist der Mäßigung und Gerechtigkeit vor den Umtrieben stolzer Selbstsucht und Nachgier gewichen ist. Suier war Gastwirt!) zu Gonten, ein Mann von weniger Kenntniß, aber fröhlichem Mutterwitz, wohlthätig gegen die Armen, liebreich gegen Jedermann. Darum hatten ihn die Appenzellcr auch zum Laudvogt vom Rhein- ^ that gemacht, und ihn selbst dem Landammann Ioh. Iakob Geiger vorgezogen. Dieser hätte die Stelle gern empfangen, weil sie einträglich war, um sich für manches Opfer, das er schon gebracht, zu entschädigen. Und zwei Jahre nachher hatten die neun Rhoden des Landes den frcundli. chen Sutcr sogar zum regierenden Landammann erhoben, und seinen Nebenbuhler Geiger abermals zurückgesetzt. Das verdroß diesen und noch manchen Andern im Lande, der auch meinte etwas zn sein. Die machten im Stillen Partei gegen Suter. Auch viele reiche Leute wurden dessen Feinde, weil er gegen ein unbilliges Gesetz geeifert hatte, das den inländischen Gläubigern gegen Schuldner, die nicht zahlen können, den Rang vor ausländischen Gläubigern gab. „Denn", sagte Sutcr, „das ist ungerecht und schneidet das Zutrauen des AuölandeS von uns ab, und macht, daß Keiner in unser Ländlei» Geld hineinleiht." — Aber reiche Leute sagten: „Der Suter will nur Fremde begünstigen, er denkt gegen das Vaterland schlecht." Surer bclstmmevte sich nicht um die Reden der Leute, lind tha,r, was er kyunte, dem Lande zum Nutzen. Bon 216 - der Gemeine Oberrted im Nheinth.il erwarb er seinem Kanton das Zugrecht .ruf eine der schönten Alpen am hoben SäntiSbcrg, wenn sie je feil werden sollte. Diese Alp harren die Apvenzellcr einst in großer Geldnoth den Oder« riedcrn verkauft. — Al6 nachher ruchbar ward/ daß betracht« liehe Stücke der großen Säntiüalp Fremden verpfändet wären/ beredete Landammann Eurer auf der Stelle den Landrath, die Alp schätzen / die Geldsummen anweisen / und den Besitz von der Alp ergreifen zu lassen. Darin hatte er im Eifer zu viel gethan. Oberried klagte mit Recht gegen Jnnerrhoden vor der Tagsatzuug; und der Landrath, des Schrittes reuig, zog sich zurück. Sinter jedoch, eigensinnig und durch seine Ehren stolz geworden/ mochte nicht nachgeben und wollte den RechtShandcl auf eigene Kosten führen. Da er ihn aber vor der Tagsatzung verlor (im Jahr 1775), und er heimkam, schämte er sich, die Wahrheit zu bekennen. Wie nun dennoch laut wurde, daß der Kanton Appcnzell in die Kosten vernriheilt sei, und bis zur Auszahlung die Appenzeller Güter im Rbeinthal in Beschlag genommen würden, obwohl Eurer erklärt hatte, Alles zu zahlen, erhoben alle Widersacher des LandammannS lauceü Geschrei. Und sein AmtSgenoß, Landammann Gei« ger, und der Landrath sprachen: «ES hat Guter die Re« gicrung mit Unwahrheiten biutcrgangcu und Jnnerrhoden bei allen EidSgeuoffen in Schimpf und Schanden gebracht!" Und der Laudrath, ohne ihn anzuhören, nah», ihm, dem Haupte des Kantons, das Landeüsiegel ab, entsetzte ihn aller Ehren und Würden uud erklärte ihn in Zukunft jcgli« chcu Amtes unfähig. Da sprach Einer: „Zu Solchem habt ihr, meine Feinde, weder Fug noch Recht; die LandSgemeine soll richten zwischen mir uud euch!" Ehe aber die Landsgemeiue zusammenkam, wurde daS Volk auf mancherlei Weise gegen Guter berichtet. Auch die Kapuziner, wider ihn in Bewegung, gingen von Haus zu HauS , uud mahnten, und sprachen von Suterö geheimen Sünden und Verbrechen. Als nun LandSgemeine gehalten ward, erhob sich im Volk gewaltiges Lärmen für und wider den Angeklagten. Uud mau riß ihn mit Gewalt von» Stuhl des Landammanus, wahrend hundert Stimmen für seine Unschuld sprachen. Dann, da nach diesem der verlassene und gestürzte Mann Wallfahrt zum Gnadcnbilde nach Enisiedcln that, wurde er in seiner Abwesenheit vom Landrarh, als Slörcr der Religion, der Freiheit und des FriedcnS, auf ewig aus der ganzen Eidügenossenschasc verbannt: sein Name an den Galgen geschlagen; sein Hab und Gut um Spongeld zur - 317 Zahlung aller Kosten und Schulden verkauft; jeder seiner Freunde auö dem Rath gestoßen, und selbst seine treue Gattin, bei Verlust ihres Land- und Erbrechts, befehligt, ihn nicht Mehr Ehemann zu heißen. Niemand vernahm den Gründ so schwerer Strafen. Sogar das richterliche Urtheil blieb die Rechenschaft schuldig, nannte nur geringe Vergehen, sprach hinwieder geheimnißreich von Verbrechen, die es nicht bezeichnen möge, nm Aergerniß zu meiden. . Man blieb ungewiß, ob wirklich eine Schuld des Verbannten oder des Richters zn verhüllen war. Der geächtete Greis lebte vielbeklagt am Bodensce zu Konstanz. Nach einigen Jahren stehle er um unparteiischen Richterstuhl und sicheres Geleit. Siebenzig Männer von Appenzell verbanden sich freiwillig, ihm das Geleirzu geben. SuterS Bitten wurden aber verworfen; von den siebenzig Männern sogar vier der Entschlossensten zum Tode verur- rhcilt, zum Richtplatz hinausgeführt, jedoch aus Gnaden dem Henker zur Stäupung überlassen. Von nun an Schweige« und Schrecken. Der Verbannte blieb in Konstanz. Zuweilen ging er in die änssern Nho- den, alte Freunde zu sehen. Da kam nach Jadr und Tag ein Mann in'S Land, Baptista Roß, der, weil er zu SuterS Anhängern gehört hatte, ehrlos erklärt worden war. AlS er ergriffen wurde, sagte er: der alte Guter werbe in den äusser» Rhodeu Mannschaft, d-n Flecken Appenzell zn überfallen und daS Volk zur Freiheit aufzubieten gegen Geigers Partei. Er berief sich sogar auf Biedermänner, alü Zeugen. Aber die Biedermänner sprachen: «Er redet Unwahrheit." Dennoch ward ihm geglaubt; das Volk durch erschreckende Sagen gegen den Verbannten gereizt; dann getrachtet, der Person des Geächteten habhaft zu werde». ES gelang auf schauerliche Weise. Mau bediente sich dazu seiner eigenen zu Appenzell vermählten Tochter, ging freundlich zu ihr, und beredete sie trüglich, dem Vater zu schreiben, den Kronenwirth von Wald, einer Gemeine in Ausserrhoden, zu besuchen, man habe ihm wichtige und gute Nachricht zu geben. Argloö folgte der Greis der Stimme seiner betrogene» Tochter. Man lockre tbn dann unter mauchei'lei Verwand in'S innerrhodensche Dorf Obere a g. Da ward er überfallen, gebunden und auf offenem Schlitten nach Appenzell geschleppt (ki Hornuiig l7dst), ES war rauber Wintert,ig. Wahrend seine Wächter sich im Wielbsbausc zu Attstäiten erquickten, lag der, greise Altlandammami betend draussen auf der Schleife. Der Erutmwind schüttelte den gefallenen Schnee aus seinem grauen Haar. Er wiederholte vor dem Blurgencht das Zeugniß seiner Unschuld. Dreimal in einem Tage aus dt« Zocker gespannt, iviißt' er kein Verbrechen zu bekennen. Dennoch wurde der Stab über sein Lebe» gebrochen. Zwanzig von den Nichten» gäbe» ihre Summen rnchr dazu und verwahrten sich feierlich in den Büchern gegen Theilnahme an dem Unheil. Aber es ward »och desselbigen Tages (9 März 178^) voll- streckt. Der alte Guter vernähn» den Todesspruch mit aller Nrche der Unschuld; mit aller Nütze der Unschuld ging er zum Blurplatz. Da siel sein Haupt. 56 . Muthm lind VEcMand tm Kantes Frri-nrg. (Dom Jahr 1781 — » 790 . )i Während noch im Appenzellerkaude der Parteihgß Müh. rnngcu trieb. offenbarten sich gc'ärhcvollerr im Kanton F.rei- durg. Zu Stadt und Land waltete hier schon seit geraumer Zeit Mißvergnügen. Hier hakte» in frühesten Zeiten die Schnlrheiße und einige Richter das gemeine Wesen der Stadt und der mit ehr vereinigten umliegenden Gegend verwaltet, die noch hcur die alte Landschaft heißt. In wichtigen Dingen ein- schied das zusamnieuberufene Volk. AIS die Zahl dcS Volks zu groß geworden, wurde die höchste Gewalt einen» Aus- schuß weiser Männer übertragen, großer Rath geheißen. Zuerst erschiene» Bürger der Stadt und dcS Landes im großen Rathe, als Stellvertreter etn.eS freien Vylkcü, nachher nur Edelleute und Patrizier, zuletzt nur Söhne gewisser Geschlechter. Denn weil geschehen war, daß zwischen dem großen und kleinen Nach sich noch -ein Rath der Sechöziger, als Zwischenbehörde, gebildet haue, ging an» dem SechSziger- Rath wieder eine neue Behörde mit großer Gewalt hervor, die heimliche Kammer (seit 155S), welche zu Aemtern wähle» und ausschließen konnte. Lange wurden ans allen vier Theilen oder Pannern der Stadt glcichviele Bürger in den Scchszigcr. oder großen Nach genommen, endlich nur Söhne ans wenigen Geschlechtern, die man die Heimle- ch en hieß. Endlich verschloß man (l634) den übrigen Bürgern den Eintritt in die Reche der heimlichen Geschlechter ganz nlid gar. Von da an war Unwille bei den Stadibürgrrn gegen die regierungsfähigen oder heimliche». Geschlechter, geblieben, - 219 welche alle Aemter einuaSmen. ttnd Mischen den Heimlichen ward zuletzt Spannung, weil unter öenfelbcg die adelichen vor den unadelichen Vorzug behaupten wollte». Schon hatte mit der Freideir der Gemeinde der Gewerbüsteiß Kraft und Lebe» verlort». Ebe Freibnrg noch die heimliche Kammer gekannt, brachten zahllose Tuchwebereien qiwßen Wohlstand in'S Land; jährlich wurden über zwanziglansend Stück weißer Tücher nach Venedig verkauft. Die Gerbereien darren in einem Vierte! der Stadt beinahe zweitausend Arbeiter gezählt. DaS Alles war nicht mehr. Auch chic Männer in der alten Landschaft gedachten ihrer freiern Vorzeit; denn nun sahen sie sich säst gemeinen Unterthanen gleichgestellt. Obgleich schon mehrmals die Regierung mir Harre die demlithpollen Beschwerden sowohl einzelner Bürarr, als ganzer Gemeinen, wie freche Nrrrcnrygcu, zunichgewicsen hatte, glaubte» doch einig; Ma'uner, bei fortdauernder ttn. zufriedenheit des Volks, die Klagen erneuern zu müssen. I» dem schönen Pfarrdorf La Tour de Tremc wohnte ein "in Wissenschaften und Geschichten des Vaterlandes wohl unterrichteter Mann auf einem ansehnlichen Gute. Er hieß Perer Nikolaus Eben aux »nd war wegen seiner Recht, schaffenheir und seines muthrgen Sinnes dem Volke sehr beliebt. Er und seine Freunde, Johann Peter Raecaud und der Fürsprech Csstellaz von Greicrz, fanden aber, -aß ohne eine ernste Bewegung alles Volkes jede ehrerbie. tjge Bitte vor der Regierung eitel sein würde. Sie sandten ihre Vertrauten umher in die Thäler und sahen Alle zum Beistand bereit. Also wagte eS Cbena-ux und begab sich eines Tage) (Z Mai t7»i) zur Stadt Freibnrg, die Beschwerden deS Landes vor dem Rath zu eröffnen. Fünfzig bis sechszig bewaffnete Männer begleiteten ihn. Allein der Rath, schon von den unruhigen Bewegungen unterrichtet, halte die Tbore vor ihm schliesset!, das KnegSvolk verstärken, die Bürger bewaffnen lasse». Unterdessen scholl in allen Dorfschaften wildes Aufrudrgeschrci. ein. Noch einmal, doch ver. gebenS, sandte Castellaz ein Bittschreibcn an den Rath von Freiburg, auf die Klagen des Volks zu hören, oder die Entscheidung beö SireiteS schiedsrichterlichen Kantonen zu übergeben. Dies fruchtlos, ging Ehenaup (i Mai) mit mehr als zweitausend fünfhundert rpciKcnS schlechtbewaff. 220 nereti Landleute» gegen Freiburg zur Kapelle von St. Jakob. Mit sechshundert bis achthundert Mann st>'nd er der Stadt zunächst; die übrigen waren auf dem Wege zum Stadtthor de Bourgillon; fünfhundert lagerten im Walde Seninberg am rechten Ufer des SaauenstromS. Aus entferntem Ge- genden dcS Kantons rückten noch viele andere heran. Da zog die Besatzung her Stadt mit kriegerischer Pracht hervor. Neben Freiburgö Fahnen wehte aber auch das Banner von Bern. Denn Bern- ,um Hilfe angerufen, hatte sogleich dreihundert Dragoner gesandt/ die sich eben in den Waffen übten. Oberst Froidevillc/ ein kluger und men. schenfrenndlicher Kriegsmann, war ihr Anfükrer. Froideville redete die Empörer n>it leutseligen Worten an/ forderte Niederlegung der Waffen/ verhieß Vergessenheit des Geschehenen und Entscheidung aller Klagen von der Regierung und den vermittelnden Kantonen. Mehr hatten die Landleute nicht verlangt. Sie waren bereit/ aus Froi- demllc's Ehrenwort die Waffen zu strecken. Als er aber Auslieferung ihrer Anführer begehrte/ weigerten sie sich bedenklich. Während der Unterhandlungen war indessen der Haufe deS Landvolks umringt/ und daS schwere Gcsiitz vorgeführt worden. Als die Empörten dies sahen / streckten sie erschrocken das Gewehr. Wer da konnte/ flüchtete. Diese Flucht brachte Schrecken über die Hintern Haufen. > Alle eilten zerstreut davon. Unter den Flüchtenden war auch Chenaux. Einer von seinen eigenen Leuten/ Heinrich Rossier/ entweder aus Wuth über das mißlungene Werk/ oder um sich das Wohlwollen der Sieger zu verdienen / menchclmordete ihn hinter- rückS- Chcnaux's Leichnam/ dem Scharfrichter gegeben, ward von diesem zerstückelt/ und sein Haupt an einem Spieß auf dem Thurm des Romonrer Tbors auSgesteckt. Caftella; und Raecaud/ zur Viertheilung verdammt/ entkamen durch die Flucht. Andere der Anführer wurden an Leib/ Gut und Ehre gestraft. Bern/ Solothnrn und Luzern hatten inzwischen noch mehr Äriegsvolt und vermittelnde Gesandte nach Freiburg geschickt. Die Landesregierung aber ließ verkünden/ daß sie mit der ihr angeborncn Huld alle Klagen der Gemeinden anhöre» wolle; doch gab sie dem ganzen Lande zur Abfas- sung und Einreichunq der Beschwerden nicht mehr als drei Tage Zeit. Ungeachtet der Kürze dieser Frist und ungeachtet alles Äricgsvolks/ von dem die Stadt wimmelte/ eilten zahlreiche Abgeordnete der Gemeinden nach Freiburg von nah und fern. Allein die Untersuchungen dehnten sich von Monat zu Monat aus/ ohne Entscheid. Da zog sich daS getäuschte 221 Landvolk mir seinen Erwartungen zurück und beweinte nur den Tod dcS Mannes, dessen Leben zum Opfer geworden war. Täglich ward Ehenaux'S Grab von Betenden umringt. Wallfahrten zogen dabin mit Gesang und'Kreuz und Fahnen. Umsonst stellte die Regierung Wachen mit scharf, geladenem Gewehr auf, umsonst verdammte der Bischof die Pilgerschaften zu Cbeuaux'S Asche. Nichts konnte das -dank- bare Andenken des Volks an den Tobten stören. Auch die gemeine Bürgerschaft der Hauptstadt/ vereint mit den vierundzwanzig Pfarreien der allen Landschaft, hatte unter diesen Umständen gehofft, ihre Rechte gegen die herrschenden Geschlechter mit beffcrm Glück gültig machen zu können. Sie begehrte nur freien Zutritt in die Urkun- denkammer. Da lagen noch die geschwornen Briefe der Jahre 1404 und 155.1, die auch gemeinen Bürgern und Insassen der Stadt Theil an Wahlen und Grundgesetzen gewährt hatten. Aber die Regierung sprach: „Aus euer» Handwerks- und Zunftordnungen erkennet ihr sattsam eme Rechte!" So zurückgewiesen, erwarteten Bürger und Land- leute nun von den vermittelnden Kantonen Gerechtigkeit. Nach langen Ausgleichnugsversuchen erschien plötzlich endlich die Erklärung von Bern, Lnzern und Solothurn: „Wir werden mit aller Macht die bisherige Verfassung von Freiburg schützen; die Forderungen der Bürgerschaft sind grundlos und verfassungswidrig; doch ist der Landeöregie- rung empfohlen, daß unter den heimlichen Bürgern der Adel keinen Vorrang habe vor Patriziern, daß die Be- schwerde des Landvolks bald gemindert, und jeder eilige- schlichcne Mißbrauch bald beschränkt werden möge." Bestürzt hörten dicS^ die Bürger (28 Heumond 1782) von den Kanzeln herab verkündet. Am Abend desselben Tages traten alle vier Panner der Stadt zusammen und zum Hause des Schultheißen Gaby. ES sprachen im Namen der Bürger der Fürsprech Rey, der Notarius Guisolan, und Kaufmann Jgnaz Tirard. Der Schultheiß horte sie mit scheinbarem Beifall ruhig an. Wenige Tage nachher aber wurde Rey mit seiner Fa- milie auf vierzig, Guisolan auf zwanzig, Girard auf zehn Jahre aus dem Lande verbannt; ja selbst der Sohn eines der Herrschergeschlechter, Emannel von Maillar- doz, wurde auf sechs Jahre verwiesen, weil er in einer Pannerversammlung gerufen: „Es sei billig, daß den Bür- gern ihre Rcchtsame wieder erstattet werde»!" — Noch viele Andere hatten ähnliches LooS. Inzwischen verminderte die Regierung doch klüglich die drückendsten Lasten des Landvolks, vermehrte die Zahl der heimlichen Bürger durch Annahme von sechSzehn neuen Ge- schlechter», rmd verhieß in Zukunft an die Stelle jedes ausskcrveade» Geschlechts drei ucuc zu ernennen. 57 . Unruhen im Bisthum Dasei, im Waadtlande und Bündnerlaude. (Asm Jahr l 7 Ä 0 — iTSi.) Aber schon damals erhob sich in der Nachbarschaft des Schwcizcrlandcü ein Sturm, der den SidSgenosseu und allen Throne» und Landern des WeltthcilS Unglück weissagte. In Frankreich nämlich war durch üble Haushaltung ehe« maliger Könige eine große Schuldenlast und Noth. Tro? drückender, schwerer Steuern und Abgaben hatte man jähr. lich 140 Millionen Pfund Geldes weniger, alS zur Bcstrei. lung der Zinsen und Landcöbednrfnisse vonnötyen sein »noch. rcn. Die reichen Klöster, Edelleute und Prinzen wollten daran nichts zahlen, und das erschöpfte Volk konnte nicht mehr. Am Hofe des Königs und der Prinzen, in Schlössern des AdelS, in Abteien und großen Städten lebte Alles herrlich und in Frendcn, in Ucberprachr und Wollust; der Land- mann war ,»dessen arm und elend daran. Nicht das Gesey herrschte, sondern die Willkühr; nicht die Religion herrschte, sondern Spott Und Unglaube unter den Hohen, unter den Niedrigen Aberglaube und Unwissenheit. LaS mußte Un- fegen über daS Land bringen. Und er kaiii. ES geschah, alS der vcrschwcnöerische Hof nicht weiter Hansen Und das Völk nicht weiter zahlen konnte, daß AllcS zu Grunde ging. AlS der König einen Reichstag vcrsaui- mctle für Nach und Beistand, schaffte derselbe die Vorrechte des AdelS und der Geistlichkeit ab. DaS Volk erhob sich und zerstörte die Kcrkcrburgcn. Die Schlösser der Zwing. Herren ginge» in Flammen auf. Die Güter der Geistlich, keil wurden zu Staatsgut gemacht; sie waren dreitausend Millionen Pfund Geldes werth. Da stehen erschrocken die Prinzen, die Edelleute und Geistlichen in die Fremde; viele in die Schweiz, viele zu den Königen anderer Länder, deren Hure sie ansichle». Und als die Könige sich bewaff. rieren und drohten, griffen auch die Franzosen zum Schwert und sprachen.- „Wir sind Meister in unserm Lande!" Ueber diese Begebenheiten entzweiten sich die Meinungen der ganzen Welt. Die Regierenden oder Bevorrechteten in den Lander» saglrn: „Die Franzosen haben großes Unrecht!" - 22Z Und dir, welche mir ihre» eigenen Regierungen rmd Herren unzufrieden wäre», spräche«: „Die Franzosen haben großes Recht!" So redete« in dcnsclbige« Tage» auch die Leute des Bisthnnrs Basel, besonders «!S ihr Gebieter und Fürst, der Bischof Joseph vs« Roggcnbach, die Gemeinden des Hochstifrs hi«dcr« wollte, ihre gesetzmäßigen Landstäade zu versammeln. Weil nun die Leute aus ihr Recht beharr- te», rief der Bischof die eidSgenösslschcnOrte an, ihm bei- zustehen; und da diese Bedenke« trugen, steh in seine Händel zu mischen, verlangte er (im Jahr l79i) Som Kaiser KriegS. Volk zur Besatzung. Basel und die übrige» EidSqesosscn wollten zwar Anfangs deu Drirchzirg der Ocßerreicher über Schivcizerbodcn nicht dulden, liesse» ihn aber endlich doch zu. Solche» schien vo« keiner Gefahr xu sein, obgleich der Schutzrcdncr der bischofbüselschen Landsiande, Hoftarh von Rcnggcr, erklärt harre, daß die Landstände, laut Vertrag « Jahr 1781) mit Frankreich, Defuguiß hätten, eben so viel französisches Kriegsvolk zu berufen, als österret« chisches da wäre. Inzwischen der Bischof hatte nun wieder die Gewalt in Händen. Rengaer innme stüchtcn, lind An. dere, die wie er dachte», wurden zum Pranger und ewige« Gefängniß verdammt, ohne Gnade. Da brach ein Jahr nachher plötzlich (April 1792) der Krieg zwischen Frankreich und Oesterreich a«S; »nid sran. z-ösische Kriegsmacht drang auch in'S Bisthum ein, und vertrieb die österreichischen Besatzungen. Nun fioh der Bischof erschrocken nach Biel; bald auch wieder von da hinweg. Niemand half ihm. .Hätt' er nee mir seinem Volk gehadert! Vorsichtig verschonten die Franzosen das Erguel und Müusterthal, weil beide mit Bern und Viel von alter Zeit in Schutzrecht und mancherlei Bund gestanden. Aber das Pruntrut und die Gegenden des BiülhumS, welche dem deutschen Ncick-e naher verwandt waren, die wurden von den Franzosen besetzt. Und der Hofrath von Rcnggcr kam wieder. Mit seinen Anhänger» bewegte er das 'ganze Land. Die bischöflichen Beamten worden verjagt, und die fürstlichen Einkünfte in Beschlag genommen. Weil der König von Frankreich aber durch sein eigenes Volk vom Thron gestoßen und sein Reich zur freien Republik gemacht worden war, pstanzlc auch Nenggcr den Frciheftöbaui» zu Bniurrut, das heißt, eine hohe Stange mit der rothen Kappe daraus, zum Zeichen der LandeSfreihett. ES ver. sammelten sich um ilui die Abgeordneten der Gemeinden. Die schworen in ihrer Versammlung dem Bischof aus ewig, mid auf ewig auch dem Kaiser und deutschen Reich (Nov. 224 - 1792) ab. Sie richtet«» ihr Ländlein zu einen» Freistaat auf, den »Voltten ste Rauracien beißen. ES entiiand aber große Verwirrung. Denn Jeglicher wollte bei ihnen befehlen, Keiner gehorchen. Die Parieren verfolgten sich. Viele verlangten endlich Vereinigung des Landes mit Frankreich. Als nun Rengger und sein Anhang sahen, sie könnten nicht langer aufrecht bleiben, gaben srr das, Leben des vierteljährigen Freistaates dahin, und am 7 März dcS Jabreö 1796 beschloß die Volksversammlung des BiSthums Bafel Einverleibung in Frankreich. Und es geschah also. Nur Erguel und Münsterlhal blieben noch, kraft ihres Schirmrechtes mit Bern, unversehrt. Vielleicht wohl hätten die EidSgenossen gern zu diesen Ereignissen ein ernstes Worc geredet; denn sie waren den Franzosen im Herzen feind. Aber im Gefühl der »schwäche, ohne Eintracht unter sich und mißtrauisch gegen Angehörige und Unterthanen, wagten ste nichts. Darum schwiegen »>e zur Loüreissung des BiSthumö Basel, und entließen den Bischof mit höflichen Trostworten, als er vor der Tagleistung zu Frauenfclb die Vortheile cidSgenöffischer Unparteisamkeit gegen Frankreich ansprach. Ja, als der Pöbel in der großen Stadt Pariü den königlichen Palast daselbst gestürmt,, und die schweizerischen Leibwachen, welche dort in des KönigS Lohn dienten, nach blutigem Kampf überwunden und ermordet hatte (»0 August »792), hörte man bei den Eidsgenossen kaum öffentliche Klage darüber. Die Welt erscholl von Krieg und Kriegsgeschrei, von Empörungen, Niederlagen und Schlachten. Die Franzosen verkündeten Brüderschaft und Beistand allen Völkern, die sich frei machen wollten. Ihren König Ludwig xvi ent. haupcetcn ste. Ihre Waffen drangen siegreich durch Savoirn und Niederland und über den Nbein. Ringsum wälzte sich die große Gefahr näher gegen das Land der Alvenvölker. Aber die Regierungen in den eidgenössischen Städten trapsen gegen die Gefahr keine Fürsorge. Sie glaubten sich ge. borgen hinter dem Schilde der Unschuld und Pancilostgkeit zwischen streitenden Mächten. Sie hatten keine Waffen und rüsteten nicht; ste hallen leine Stärke und banden den ewigen Bund nicht fester. Jeder Kanton sorgte, wenig um die übn. gen alle bekümmert, furchtsam und still für steh. Nur Frei. bürg, Bern und Solotburn vereinigten steh zu gegcnsei. liger Wachsamkeit, nicht wegen Gefahr und Gewalt von Aus. scn, sondern-wegen der Unzufriedenen im eigenen Gebiete. Ber» hatte schon seil dem Jahre 17^2 im Waadttande linausgealichenen Streit über Steuern zur Herstellung von Hochstraßen zur Hauptstadt. Dis Gemeinde Morsee hatte (i790) Urkunden gebracht, und'wollte erweisen, daö ganze ) - 225 Waadtland wäre steuerfrei. Andere kamen und sprachen von andern Rechte«/ die Bern im Laufe der Jahrhunderte bade untergehen lassen. Allerlei Flugschriften weckten das Volk. Zn Lausanne/ Vcvay/ Rolle und andern Orten kranken in lärmcrischcn Versammlungen feurige Jünglinge auf das Glück der Waffe« des befreiten Frankreichs. — Obgleich nirgends die öffentliche Ordnung durch solche Dinge gestört morden war, glaubte die Regierung von Bern doch großes Ernstes einschreite» und durch heilsames schrecken Schweigen gebieten zu müssen. Es erschienen Vollmächtige unter kriegerischer Bedeckung. Schuldige/ auch wohl Unschuldige wurde» verhaftet. Mehrere entflohen. Es verstummte das Waadtland, doch mit Ingrimm. Denn die Entflohenen athmeten Rache. In Briefen und Flugschriften wandten sie das Herz ihrer Mitbürger von der lange ver- ehrten Obrigkeit ab. Im rechten Augenblick milde/ im rechten strenge sei«/ beim Besitz überlegener Stärke nicht übermüthig/ in verzweifelte,, Lagen nicht feige scheinen, das ist die schwerste Knust derer/ denen Gewalt anvertraut ist. DaS ward auch im freien Bündnerland oft vergessen, wo die allen VolkSparteien nicht um Verlust, sondern Mißbrauch der Freiheit haderten. Hier hatten die vornehmsten Geschlechter des Landes, unter welchen vor allen das Haus der Herren von SaliS hervorragte, seit langer Zeit die einträglichsten Aemter und Einkünfte des Landes genossen; so meistens die obrigkeitlichen Stellen im Vcltliu, welche von den Bündner-Gemeinden alle zwei Jahre gewöhnlich den Meistbietenden verkauft wurden, dagegen die Käufer sich wieder im Unlerlbanenlande bereicherten, wenn sie Recht und Gerechtigkeit feil boten; so die Stellen der Hauptleute und Obersten bei den Bündncr.Schaarcn im fremden Kriegsdienst; so die Büudncr.Zöllr, des Staates einziges Einkommen, um geringe Pacht. Als sich nun andere ansehnliche Geschlechter deS Landes, und unter denselben die achtbaren Tscharn er, Banner und Planta, zusammelithaten, jenen den ausschließlichen Genuß so großer Vortheile streitig zu machen; als sie den Preis der Zollpacht von scchSzehntauscnd Gulden auf sechö- zigtansend Guide» emporstcigerten (im Jahr 17^7); als sie begehrte», daß die Hauptleute im französischen Kriegsdienst nicht nach Willkühr, sondern nach dem Dicnstalter, vorrücken sollten; als dazu kam, daß die bedrückten Unterthanen im Veltlin über unrechtmäßige Gewalt der feilen Amt- lenke und über Verletzung wohlhergebrachtcr Freiheiten * Klage erhoben: gcriethcn beide Parteien in unvcrsöhnbarcn Groll wider einander. Sie klagten wider einander vor dem Volk, 15 22S WaS irgend sich Böses ereignete, schrieb eine der a», dein zu. Als ein französischer Gesandter/ Namens Scmo». vtlle, durch das Velklin nach Venedch reisend, hinterrücks gefangen und den Oeiierreichern zugcfchlcppt ward (179ö), verdächtigte man die SaliSsche Partei der Perrätherei. AlS Kornmangel im Lande entstand, ward die Plaiita'sche Partei verdächtigt, sie führe das Getreide den Franzose» zu; und das Volk (1794), gegen sie aufgewiegelt, erhob sich. ES sandte jeder der drei Bünde zwciunddrcißig Männer nach Chur. Die bildeten eine allgemeine Standcevcrsamm- lnng zur Untersuchung der Klagen. Die Planm'fche Partei rechtfertigte sich, lenkte dann gewandt den öffentlichen Unwillen wider ihre Gegner und forderte Bestrafung und Abschaffung der Mißbrauche. Ein unparteiisches Gericht verdammte viele der Angeklagte» zu Rückerstattungen und Geldbußen, andere zuv Verbannung aus dem Vaterlands. 58. Geschichte von den Parteien und Gräuclu in der Stadt Genf. (Bis zum Jahr 1797.) Unterdessen ward vom gewaltigen Kriegöstnrm die halbe Welt erschüttert, und durch baü Schwert der Schlachten Meer und Land mit Menschenblut gefärbt. Der Bund der Könige hatte Frankreichs Zähmung und Frankreich den lln- rergang der Könige geschworen. Noch stand die Eidsgenos. seuschaft unangefochten zwischen den streitenden Mächten und mit bewaffneter Mannschaft an den Greuzln, mehr, um die Märchen ihres GebielS zu bezeichne», als zu vertheidigen. Aber jeder Freund des Vaterlandes zitterte für die Zukunft. Denn nie war Eintracht im Innern, nie Vertrauen zwischen Volk und Obrigkeit nöthiger, nie weniger vorhanden gewesen, als jetzt. In Genf hatte seit hundert Jahren schon der Geist des Unfriedens gehauset. Der herrschsüchtige Ehrgeiz vornehmer Geschlechter war den Bürgern unangenehm. Vielmal kam eS in der Stadt zn blutigen Aufläufen und Händeln. Zu- erst, als die mißvergnügte Bürgerschaft klagte (im I. i7()7), daß wenige Familien beständig im Besitz der höchsten Aemter ständen, daß der Rath nicht die Gesetze bessere, sondern lieber nach Willkühr schalte und in wichtigen Dingen die Gemeinde nicht mehr frage. Der Rath rief eidSgcnössische Vermittelung, dann Besatzung von Bern und Zürich, und -- 227 endete «ntcr dem Schutz der fremden Waffen damit, die vornehmsten Fürsprecher bürgerlicher Rechtsame erhenke», erschieffeii, beschimpfen und verbannen zu lassen. DaS vergossene Blut schreckte und erbitterte die Bürger, schaft, lind erhöhte anderseits den stolzen Trotz des Rathes also, daß er nicht Scheu trug, die alten Grundgesetze deS Freistaates zu übertreten, nnd sogar eigenmächtig Auslagen auszuschreiben, um die Stadt noch stärker zu befestigen. Micheli Duerest, einer des großen Rathes, sprach da« gegen (i76tt), lind laut mit ihm die ganze Bürgerschaft. Der Rath verdammte ihn zur ewigen Gefangenschaft, und Bern, unter dessen Schutz der Genfer lebte, vollzog daS Urtheil an ihm zu Aarburg. Mehrmals kam es zu Aufstän- den; mehrmals vermittelten Zürich und Bern. Der Friede kehrte nicht wieder. Groll und Erbitterung der Parteien stiegen. ES ward selbst auf best Gassen mörderisch zwischen ihnen gefochten. Nachdem endlich Abgeordnete von Frank, rütch, Bern und Zürich (im Jahre 17^8) durch ein Edikt die Anmaßungen des kleinen NaiheS und der vornehmen Familien beschränkt und mancherlei andere weise Einrichtungen getroffen hatten, die von Ratb und Bürgerschaft genehmigt worden waren, schien die Ruhe hergestellt. Allein, als (im I. >762) der Rath zwei Bücher durch Henkers Hand zerreißen ließ, welche Hans Jakob Rous. scan, ein weiser Mann von Genf, geschrieben hatte, und ein Theil der Bürgerschaft dagegen Vorstellungen einreichte, welche der Narh nicht aunabm, entwickelte steh Neuer Groll in neuen Parteien. Die Einen nannten steh Repräsentanten und sprachen: der Rath muß jede Klage, die wider ihn gerichtet tst, annehmen und der BürgervcrsamMlung zur Entscheidung übergeben; die Andern nannten sich Negatifü, und sprachen: nein, die Bürgerversammlliiig ist keineswegs Richlerin über den kleinen Rath. Der Zank über diese Angelegenheit gebar Zank über hundert andere, und eS endeten die Verwirrungen nnd Zusammenrottungen nicht vjg Bern, Frciburg »»d Frankreich abermals dazwischen treuen. Fremde Einmischliiig zu melden, vergliche» steh aber Nach und Bürgerschaft (i7(>8) schnell, und die Regierung ge- stgttcte den Bürgern, bei jeder Besetzung deö großen Raths die Hälfte der neuen Mitglieder zu wählen, und jährlich vier Mitglieder deS kleinen Rathes abrufen zu können, die dann nie wieder wahlfähig sein sollten; auch viele andere Rechte noch. Auch den eingebornen Insassen, deren Vater schon seit alter Zeit in Genf gewohnt, und die den bür. gerlichen Parteien immer bcigestanden halten, wurde mehr Gewerbfreiheit vergönnt, und daß die Regierung alljährlich einigen derselben daS Bürgerrecht ertheilen könne. 22S Doch diese Versöhltnnq »bar van schlechter Dauer, weil sie nur aus Furcht und nicht auö aiifnchiigem Herzen ge. schehcn »var. ES renke den Stolz der Regiemngüfamilien, so viel nachgegeben zu haben. Sie wollten wieder Allein- Herren werde», und suchten den Beistand des französischen Hofes und machten das Wort wieder zweifelhaft, welches den Insassen gegeben war. Und der französische Minister VcrgenneS, welcher gern den blühenden GewerbSsteiß von Genf zerstört und durch Auswanderungen nach Frankreich gelockt hätte, mischte sich ein. Er wiegelte die zahlreichen Insassen gegen die Volks, oder Repräsentanten. Partei durch allerlei schöne Verheißungen auf, «m Zwietracht zu befördern und darin zn herrschen. Als dies die Partei der Repräsentanten wahrnahm, ergriff sie das Gewehr, besetzte die Thore und entwaffnete die Insassen. Doch war sie so llug, daß sie, um dieselben für sich zn gewinnen, ihnen olle früher gestalteten Vortheile anfS Rene zusicherte rinh ein Iiisaß fast gleiche Rechte mit dem Bürger erhielt. Das ward durch den Vergleich bestätigt, der daS Edikt vom zehnten Februar 17»1 heißt. Dieser Streich verdroß die NegierungSfamilien und deren Partei, die NegatifS, wie auch den französischen Hof. Letz- terer, nm Furcht zu erregen, ließ sechshundert Mann nach Dersoy in die Nähe der Stadt rücken. Aber dadurch wurden Zürich und Bern beleidigt; denn den Franzose» gehörte die bewaffnete Gewährleistung des Vertrags von i7Z8 nicht zu. Die EidSgenossen sagten sich von dieser Gewähr, leisturig los. AlS dies Frankreich sah, wollt' es auch nicht mehr damit zu schaffen haben, und sagte sich los. So blieben die Genfer frei, die Händel unter sich selbst abzuthun. Da nun alle Parteien Kläger und Richter zugleich waren, und die Regierung hartnäckig fortfuhr, durch Lift und Ge. walt ihre alten Vorrechte zurückzngewinnen, brach der Haß der Bürger und Insassen bald in Flammen auü. Die Re. gieying hatte miM die Soldaten der Besatzung heimllch Granaten ausgetheilt. Aber Bürger und Insassen stürmten die Stadtthore, mehrere Soldaten wurden getödcer, dann kleiner und großer Rath abgesetzt und ein neuer aus der Repräsentanten-Partei erwählt. Viele von der alten Ne- > gierung flüchteten. Aber Frankreich und Bern sprachen: > „Nimmermehr dulden wir, daß eine Regierung sich von ! Aufrührern sprengen lasse!" Auch der König von Sardinien wurde bewogen, sich der alten Regierung anzunehmen. Also rückte zugleich von Frankreich, Savoien und Bern KriegS- volk vor die Stadt (Mai 1782). Nur Zürich bot keine ! Hand dazu. Genf, in sich selbst: zwieträchkig, öffnete bald die Thore. - 229 Nun gab Frankreich das Gesetz, rind Bern half, daß die alte Regierung mit voller Macht hergestellt, die Partei der Negatifs siegreich , und die Bürgergemeinde um viele ihrer bisherigen Rechtsame gebracht ward. Als die Bürger- gemeinde dies bestätigen mußte, konnten kaum fünfhundert Bürger stimmen; denn alle Ander», weil sie bei dem letzten Aufstand thätig gewesen, standen ausgeschlossen. Aber auch von den Stimmenden weigerten sich hundert und dreizehn Männer, diese Vernichtung der Genfer Freiheit anzuerkennen. Die Regierung, durch Bern, Sardinien und Frankreich geschützt, verbot nun alle geschlossene Männergesellschaftrn, alle Waffenübungen der Bürger, alle Bücher und Flug. schriflcn über die neuesten Vorfälle, und verstärkte die Be- satzung, nach Abzug des fremden KriegSvolkS, auf zwölf- bundert Mann, wozu sie auch ausländische Hauptleute nahm. So waren die Genfer in tiefe Unterthänigkeit gebracht. Viele wanderten traurig auü, mit Rache gegen die Unterdrücker in ihrer Brust; und von dieser Zeit an verfiel Wohlstand, Gewcrböfleiß und Handel von Genf, während bitteres Mißvergnügen im Innern der Stadt wohnte. Ungerechtigkeit gedeiht nimmer, und die Liebe der theuern Freiheit wird nicht von Büchcrvcrboten und Bajonetten ver- tilgt. AIS die Regierung einst (im Jänner 17L9) den bedrängten Bürgern den Brodpreis erhöhte, brach wieder der lange verbissene Zorn deü Volks aus. Die Bürger bcwaff. ueten sich so gut, wie sie konnte», gegen die Söldner. Besatzung, führten statt der Kanonen Feuerspritzen mit siedendem Wasser, und trieben die Herrenkncchte zurück. Da erschrocken die Regierer, setzten den Brodpreis wieder herab, versprachen die StaatSverfassung zu verbessern, die Besatzung zu vermindern, die Stadtbürger wieder zu be- waffnen, die drückenden Abgaben aufzuheben, und diejenigen Insassen, welche seit vier Geschlcchtöfolgcn in der Stadt wohnten, zu Bürgern anzunehmen. — DaS Alles geschah. Bern und Zürich wurden erbeten, das alteidSgenöffische Bündniß mit Genf wieder aufzurichten, und Freude herrschte nun überall. Die Regierung hielt jetzt um so fester und lieber mit den Bürgern zusammen, seitdem sie von Frankreich keinen Beistand mehr hoffen konnte, wo das Volk gegen den König aufgestanden war. Auch hatten die Landlente in den Dörfern, welche zu Genf gehörten und nur Unterthanen der Stadt waren, so wie auch die eiugeborne« Insassen und die übrigen Hintersassen oder fremden Einwohner von Genf begonnen unruhig zu werden und Gleichheit der Rechte zu verlangen. Wirklich kam es darüber mehrmals zu Hän- 2Z0 - deln; doch standhaft hielt die Bürgerschaft zirr Regierung.- Allein die Nahrungen stiegen. Dazu trugen in Frankreich einige von den ehemals ausgewanderte» oder verbannte» Gensern bei/ die sich rächen nnd Bereinigung der Stadt mit Frankreich wollten. Auch der französische Resident in Genf, Namens Sonlavie, wünschte dies, machte sich eine Partei und wiegelte unter der Hand Landkeule, Hin. tersassen und Insassen auf, die Regierung und Verfassung umzustürzen. Alles müsse gleiche Rechte haben. Dazu kam Mangel an Verdienst und Arbeit beim gemeinen Mann, dem man versprach, die Reichen müßten geplündert werden. Als sich nun eben damals das französische Kriegsherr, welches tu Savoicn und Italien eindringen wollte (im Herbst 1792), der Stadt näherte, bat Kcnf in großer Angst dir stände Bern und Zürich, kraft des Bundes, um Schuh. Die sandten sogleich Hilfsvölker, nahmen sie aber bald wieder zurück, als sich das französische Heer entfernte, und die Regierung von Frankreich Drohungen äusserte. Kaum waren die fremden KriegSvölkor entfernt, so bewaffneten sich (Dezember 1792) Insassen, Hintersassen und Laudlcute plöh. lich und nahmen das Zeughaus ein. Es wäre» viele miß. vergnügte Bürger mit ihnen. Sie sehten in einer erzwu». gcneu Dürgergemeinde großen nnd kleinen Rath ab, und wählten statt dessen einen SicherbeitSausschnsi, einen Vcr. waltuugöauöschuß und einen Nationalkonvent, um die Gesehe zu geben. — Damit war alle Ordnung niedergestürzt. Nun wurden die Larmer und Schreier Herren. Wer nicht mir ihnen hielt, hieß Aristokrat. Recht und Gerechtigkeit enr- stohen. Der Parreihaß rafeks. Und wie in Frankreich znlcht der blutdürstige, plniidernngölnstige Pöbel obenauf kann so spielte er auch in der unglücklichen Stadt Genf den Meister und trieb seine wilde Ausschweifung aufs Höchste. Ruhe und Sicherheit verschwanden. Die Partei der sogenannten Rcvoluzer, um die Partei der Aristokraten ganz zu vernichten, bcmäcbtigtc sich end- lich in einer Sommernacht (Juli 179-s) des groben Ge. schüheü, der ganzen Stadt; schleppte bei- sechshundert der vormals achtbarsten Bürger, obrigkeitliche Personen und Gelehrte, in die Kerker; mordete einzelne, theils öffentlich, theils heimlich; sehte über die andern ein Gericht nieder, nnd dieses ließ bei vierzig Personen hinrichte», bei hundert verbannen, die Güter der einen wie der andern einziehen, und die übrigen auf andere Weise durch ewiges Gefängniß, Zuchthaus, Verbannung und dergleichen Mißhandlungen abstrafen. Diese gräßlichen Mördernen, Hinrichtungen und Räubereien dauerten zwei Jahre laug abwechselnd, während die, welche die obrigieilltche» Stelle» (ingenoiamen hatten, - 2Z1 da- Vermögen dcS SlaatrS und der beraubtev Bürger größteurheiig verschwelglen und verschlangen. Wie aber nachher i» Frankreich der Sinn des Volks zahmer, die Regierung gemäßigter ward, und in Genf die Gräuel der Unordnung allen Parteien gleich unerträglich wurden, vereinigten sich hier Alle mit Allen, die Muth dalttu und Ordnung wollten. Da horte das Unwesen auf. Die Verbannten kehrten zurück. Die Verfassung vom Jahr 17«2 ward abermals hergestellt, laut welcher Alt. und Ren, Bürger, alte und neue Insassen und Hintersasse» und Landleute, wenn sie auf Genfer Kebtct geboren waren, einerlei Rechte empfingen. DaS geschah zu Ende des JahrS -796. Friede und Versöhnung wurden noch einmal verkün. digr. Genf sah nach langen Stürmen die Ruhe wieder, aber nur auf kurz« Zeit. 59 . Von de» alten Landschaft St. Gallen, und dem weisen Abt Beda; auch wie am Zürtchsee Unruhe» ausbrechen. (Bis zum Lab« 1797.) Der schwere Krieg der Könige und Fürsten wider das französische Volk wüthete unterdessen immer furchtbarer, immer näher. Man hörte den Donner der Schlachten auS Italien, an- Schwaben und vom Nbrine her, auf den Schweizerbergen. Aber die O' /gleiten der Eid-genossen erschienen sorglos gegen die Ges..,r, welche den Schwachen allezeit zwischen großen Nachbarn bedraut. Die Fahnen Frankreichs webten siegreich durch Savoien und Niederland, durch Lothringen und Holland und auf dem Boden der Deutsche». Und wohin sie getragen wurde», da fiohen mit Entsetzen die Fürsten und Grafen und , Junker; den untcrthänigeu Völkern ward Freiheit verkündet. Die Obrigkeiten der Eidügenossen verhehlten ihren Haß und ihre Verachtung gegen die Sieger kaum; aber sie saßen in stolzer Sicherheit da, obwohl der Gährung auch hier täglich mehr ward und vieles Volk auf größere Freiheil hoffte. Auch in des AbtcS von St. Gallen alter Landschaft erhoben sich die Leute wider das oberherrliche Kloster; denn sie konnten cS nicht mehr ertragen, daß sie um ihre Recht- same gebracht und mit neuen und ansscrordenilichen Steuern und Beschwerden, Hofstaugeldern und Lasten der schmöhli- 262 chen Leibeigenschaft geplagt waren, während das Kloster dadurch iimner reicher wurde, immer mehr Grundstücke an sich kaufte und Geistliche und Beamte der Abtei nichts zu den Abgaben beitrugen. Fünf Gemeinden dcS Landes faßten Muth und redeten zusammen, welche gerechte Beschwerden sie dem Abre vor. tragen wollten. Bald schloß sich das ganze Amt Ober. berg ihnen an. Die Menge derer, die, mit oder ohne Fug, über mancherlei Unbill seufzten, wuchs von Tag zu Tage, also, daß bei sechSzig verschiedene Landesbcschwerden kund. bar wurden. Darauf vereinten sich die Gemeinden, wähl. len Auögeschossene und hielten zu Gossan Nach (im März 1795). An ihrer Spitze stand ein herzhafter, beredter und verständiger Mann, Johannes Äüuzli. Der leitete Alles init vieler Klugheit. Gesamime Gemeinden unterschrieben ihre Klagschrifc, worin die Beschwerden zusammengetragen waren und überreichten sie dem Abce. Der Abt und Fürst Beda Augchrn war ein weiser und guter Mann. Er kannte die Noch des armen Volkes gar wohl, denn er selbst war der Sohn eines Unterthanen der Abtei aus dem Dorfe Hagcnwyl im Thurgau. Und er hätte den bedrängten Leuten gern geholfen; aber von allen Geistlichen des Klosters dachten nur einzig zwei Männer wie er. Die Uebrigeu eiferten wider das Volk, und sprachen: „DaS ist französischer FreiheitSschwindcl! Will das Volk nicht schweigen, so werden die Obrigkeiten der Eidögenos. senschafl Hilfe schaffen, die uns schon oft gegen die Unter- tbancn belstanden." Und sie widersetzten sich dem weisen Beda, dessen Tage sie also trübten, daß er schon früher (im I. 1788) entschlossen gewesen war, sich seiner Würde zu entbürden. Doch hatte ihm Pabst PiuS Vc damals die Entlassung verweigert, und durch ein strenges Mahnschreiben (16 August i7->8) das Kapitel zur Nnhe gewiesen. Sie unterhandelten und zogen die Sachen in die Länge, um das Volk zu ermüden. Als der Fürstabt ihre Arglist erkannte, sprach er zu den Manchen: „ES ist mit Nichten au der Zeit, daß Obrigkeiten und Unterthanen zanken dürfen: sondern sie sollen einträch. tig sein, wenn Noth und Gefahr von Aussen kommt. Darum, wollet ihr das Volk von euch stoßen, so werf' ich mich ihm allein in die Arme!" Und er that eü, gab dem Volke (Hov. 1795) groß-e Rechtsamc und das Bcfngniß, sich Land. und Kriegürath zu erwählen, Gemeindeversammlungen zu halten, die OrfS. bcgmten selbst zu ernennen, und die ewige» Laste» loüzu. kaufen. Er hob die Leibeigenschaft auf, und befahl, daß auch Geistliche und Amtleute zu,deu Abgaben steuern und - 2Zä die Kloster keine Grnndstücke mehr kaufen sollten. — Das brachte große Freude inS Land und Segen auf des weisen Beda Andenken. Zwar genehmigten die Mönche der Abtei bald darauf den zwischen Volk und Fürst bcschworneu Vcr- trag; doch nur zum Schein. So untreues Sinnes waren sie, daß sie fast in derselben Stunde (20 Jänner 1796) eine heimliche NechtSverwahrnng gegen die rebellischen Unterthanen/ wie sie das Volk nannten/ abfaßten und unterschriebe». Damit gedachten sie b;i sich / Alles zu entkräften/ was sie öffentlich verheißen hauen / und einst wieder bet vvrtbrilhaftem Anlässe zurückzunehmen / waö sie gegeben harren. Auch die Eidögenossen, welche Schirmorte der Abtei waren/ mißbilligten in ihrem Herzen die Milde des frommen Mannes gegen die Unterthanen. Doch bestätigten sie endlich sein Werk (im Aug. 1797)/ alö sie eS nrchk hindern konnten. Solche Dinge geschahen zu derselben Zeit/ wie an beiden Ufern deü Zürichsecs die Landleme ebenfalls in Bewegung «aren, alte vergessene Rechtsamc inS Leben zu rufen. Doch diesen gedieh das Unternehme» zu großem Schmerz und Verderben. Wohl hatte Zürich immerdar gerecht und klug die nn. terlhäniqen Gemeinden des Gebietes beherrscht/ sie in chr- surchtvoller Unterwürfigkeit gehalten und durch gute Vcr- Wallung das Land blühend gemacht. Nur selten harte der Unterthan über Grobheit oder Gewaltthätigkeit/ oder über Bestechlichkeit geldgieriger Beamren zu klagen. Denn seit zwei tugendhafte Bürger aus der Stadt/ die da hießen Hans Kaöpar Lavatcr und Heinrich Füßli/ einst den böse» Landvogt Fe liy Grebel zu Grüningen öffentlich wegen seiner Ungerechtigkeit angeklagt hatten (1763), daß er mit Schmach das Vaterland verlassen mußte:, wagt« Keiner mehr/ Seinesgleichen zu werden. Aber ein anderer Kummer drückte daö Land / besonders die wohlhabenden fleißigen Leute am See; das war wegen des harten Zunftzwanges und ausschließlichen Alleinhandels der Hauptstadt. Denn ausser den unentbehrlichsten Hand. werken» in jedem Dorfe durste der Landmav.n beinah kcinS treiben; ausser mit Wein und Getreide keinerlei Handel führen; zu den vielverbreiteten Banmwollcngewerben mußte er die rohe Baumwolle in der Stadt kaufen / und daS daraus gewebte Tuch wieder dahin verkaufen. Selbst waü er für seine eigene Familie gewebt harre/ war er gehalten, erst dem Stadlbürgcr zu verhandeln, und dann es von demselben gebleicht und gedruckt wieder z» kaufen. Geistliche und weltliche Aemter blieben ihm verschlossen, denn die Stadt besetzte dieselben mit ihr-u Söhnen. Daö Kind dcö Land- 264 -— mannS war dem Pflug und Ncbmcsser zugeschrieben, oder half taglöhnend denGroßgcwcrbcn der Hauptstadt, und konnte stch nicht aus dem Staub erheben. Wie aber das französische Volk, in seiner Freiheit sieg. reich geworden, keinen Unterschied zwischen Bauer und Edelmann, Stadt und Land mehr kannte, wurden von diesem Beispiel Viele am Zürichscc ergriffen und begeistert, und sie sprachen unter einander: „Warum ist eS nicht also bei uns? Dieweil wir freie Schweizer geheißen werden, sind wir in Knechtschaft der Stadt; ja in mancher Gegend noch Leibeigenen gleich." Und ihre Gemüther erhitzten sich in vielen Reden. Einige Männer des Dorfes Slära am See verbreiteten ihre Gedanke» über das ewige Recht der Mensche» und über die Verdienste des Landvolks um die Stadt, und glaubten, dafür könne Zürich endlich seinen Unterthanen wohl die Freiheit gönnen. Man setzte eine Denk. sehnst auf, sie der LandaSobrigkeit zu überreichen, und be- gehrte darin allgemeine GewerbS- nnd Handelsfreiheit, gleiches Recht des LandmannS mit dem Stadrmann zn Aemtern und Stellen, und Loükäuflichkeir der Grundzinse, auch viel anderes noch (im Jahre 1794). Was aber be. gchrt wurde, konnte nicht ohne Zerstörung der seit Jahrhunderten bestandenen Jnnungü. nnd Zunftrechtc und der jährlich beschworncn alten reichüstädtischcn Ordnstngen der Stadt gewährt werden. AIS sie diese Denkschrift von Gemeinde an Gemeinde umhersandten, deren Genehmigung z» cmpfahcn, und sich aller Orten freudige Zustimmung verkündete, vernahm die Stadt daS Treiben der Männer am Zürichsce. Alsbald wurden diejenigen, welche sich am geschäftigsten hervorge. than hatten, verhaftet, und wie Anfrnhrstiftcr mit großer Strenge bestraft, einige aus der EidSgenossenschaft verbannt, viele andere mit Geldbußen belegt, und ehr. und wehrlos erklärt (13 Jänner 1795). Die Bestrafung so vieler Mißvergnügten machte die Menge der Mißvergnügten nicht kleiner, sondern größer. Doch gaben einige Herren des Raths in Zürich ihnen den Trost: «Zeiget ihr Siegel und Brief für Freiheiten, so ihr haben solltet und nicht gcniesset, wollen wir euch gern helfen." Darum traten bei der alljährlichen Volksversammlung zu Etäfa (im Mai >795) vier der ältesten Männer hervor und sprachen: «Es ist uns von den Väreru gesagt, daß in den Gemcuideladcn noch Briefe und Siegel vorhanden liegen, welche dem Volke Freiheiten beurkunden, die im Lauf der Zeiten verschollen sind. Lasset sie uns suchen und prüfen.'" — Obwohl Landschreiber und Vogt verboten, daß man von - 2Z5 solchen Briefen und Siegeln rede, liessen sich die Leute nicht hindern, Und sie fanden in einer Mühle den ewigen Ver. trag, welcher im Jahre erricht« worden war, als, am Tage der Hinnchtn»g des Bürgermcisterü Waldmann, Stadt und Land vor das Schiedsgericht der EldSgenossen getreten waren. Der Vertrag war nie aufgehoben, war feierlich von den EidSgenossen gewährleistet und hatte all- gem«»e Gewcrbü. und Handelsfreiheit anerkannt. Auch fanden sie einen Brief, welchen Bürgermeister, Rath und die Zweihundert der Stadt Zürich nach dem Unglück des Kappe!« Kriegs (iüg 2 ) an daö Land ausgestellt hatten. Darin waren diesem die frühern Freiheilen bestätigt, selbst Theilnahme am Regiment zugesagt worden. Nun sandten die Gemeinen Stäfa und Küß» acht, Horgeu, Thalwhl, Ehrlibach und andere, ihre Ab. geordneten zu den Obervvgren und Amtleuten, ehrerbietig fragend: «Ob jene Urkunden durch spätere Ordnungen auf. gchvbcil, oder noch gültig wären?" Aber man wies sie zurück, und die Regierung von Zürich wollte die Gültigkeit der alte» Briefe weder bejahen noch verneinen, sintemal beides gleich gefährlich schien. Sondern die Sache der See. gemeinen ward nur als sträfliche Meuterei behandelt, und wer sie angeregt halte, z»r Verantwortung in die Stadt berufen. Weil aber die Berufenen nicht erschienen, und zur Rechtfertigung solches Ungehorsams die Gemeinen, besonders Stäfa, erklärten: «Diese Einzelnen haben von uns keine Vollmacht, weder zur Verantwortung noch Unterhandlung: sondern wir bitten, diese öffeiultche Angelegenheit deö Landes mit uns selbst zn behandeln!" gcrielb die Stadt in große» Zorn. Sie rüstete kriegerisch. Alle Verbindung mit Stäfa ward unterbrochen. Viele dieses Ortg wurden aus der Hauptstadt hinweggewiescn. Und eines Morgens (5 Juli S7g5) in der Sonntagsfrühe, als zu Stäfa das Volk in der Kirche zum Gottesdienst versammelt war, rückten die Züricher mit dritthalbtausend Mann und schwerem Geschütz in das ruhige Dorf ein. Darauf verkündete Zürich und sprach: «Eure Briefe und Siegel sind ab und todt. Denn der eine ward in Zeiten gegeben, da die gesetzliche Gewalt aufgelöset war und von den sieben eidsgcnössischcn Orrcn ward er nur gestiftet, um größeres Uebel zn hindern. Der andere aber galt nur für damalige Zeilen und Umstände, und ist mit denselben erfüllt und geendet. Auch findet mau nicht, daß im Lauf von drei Jahrhunderten eine Satzung jenes Spnichbriefcö vollzogen, oder wegen Nichlvollztehuug je «ne Klage ,vom Lande er. hoben worden wäre." So sprach Zürich. Die sieben ridögenvssischen Orte, Wü - Bürgen und ewige Zeugen des also vernichteten Spruch. briefeS, wurden von den Seegemeinen angerufen. Sie schwiegen alle. Nur Glaruü, dem Worte seiner Vater treu, mahnte Zürich an, lieber Recht alS Gewalt zu üben, weil keinem Andern zu trauen sei, alö der Ueberzeugung, daß jeder Theil erlangt habe, was ihm von Rechtens wegen angehört. Stäfa, nachdem cS entwaffnet worden, mußte, von Bajonrten umringt, feierlich den alten Eid der Treue schwö- reu. Alle, die sich in den Gemeinen für die Sache der Rechtsame thätig bewiesen hatten, wurden auf mancherlei Weise bestraft; die Einen mit ewiger, die Andern mit zehnund zwanzigjähriger Gefangenschaft, Andere mit Zuchthaus, Andere mit Verbannung, Andere mit Schlägen, Andere mir großen Geldbußen. Die Gemeine Stäfa, nachdem sie meb- rere Monden lang die Lasten kriegerischer Einlagerung ge- tragen, hatte noch achliuidsiebcnzigtansend Gulden an. die Kosten zu zahlen. Aber über dem Haupte eines ihrer alle- sten und achtbarsten Bürger, des greisen SeckelmeisterS Bodmer, wurde auf dem Rabcnstein zu Zürich vom Scharf, richter daü Schwert geschwungen, zum Zeichen, er sei des Todes würdig, weil er zuerst die Anfsnchung der Urkunden betrieben halle. Dann ward er in den Kerker zurückgebracht, verurthsilt, darin lebenslang zu schmachten. Im Lande waltete nach diesem die Stille des Schreckens und der lauernden Begierde zur Rache. 60 . Untergang der alten Eidsgenoffenschaft. Einbruch der Franzosen in's Land. (Von, Zahl 1797 - 1795 .) In der Fremde saßen nun viele von denen tranrig, die zu verschiedenen Zeilen auö der Eidsgenoffenschaft verbannt worden waren, weil sie allzukübn oder ungebührlich für Rechte und Freiheiten ihrer Mitbürger geredet oder gethan harken. Mehrere derselben traten zu den Häuptern des fran. zösischcn Freistaates, und sprachen mit Rache im Gemüth: „Die, welche her,t in den dreizehn Orten der EidSgenoffen. schaft herrschen, haben unS a»S dem Vaterland- verstoßen; sie sind eure wie unsere Feinde von wegen der Freiheit. Sie wollen lieber Unterthanen, als Mitbürger, und dünken sich kleine Könige und Fürstlcin. Darum halten sie mir Königen und Fürsten im Stillen wider euch. Helfet dem - LZ7 Schweizervolk zur verlernen Freiheit; cS rnfct »nd erwartet euch mit offenem Arm. Freie Männer sind der Freien treuestc Bundesgenossen." Solche Neben gefielen den .Häuptern Frankreichs. Sie dachten im Herzen, daS Schweizerland müsse ein nnverglcich. lichcS Bollwerk Frankreichs und ein bequemes Thor werden, durch welches der Weg nach Italien und Deutschland jede Stunde offen stehe. Auch wußten sie von Schätzen in den Schwcizcrstädleu und wurden lüstern darnach. Und sie krach« trten, den Obrigkeiten der Eidögenoffen beizukommrn. Diese aber behutsam mieden jeden Anstoß, erkannten Frankreichs freie Verfassung an und verwiesen auü ihren Gebieten die unglücklichen Fürsten, Priester und Edelleute, welche vor dem Grimm des französischen Volks in die Thäler der Schweiz gestoben waren und Zuflucht gefunden hatten. Bald darauf aber kam der große Kriegsheld Napoleon Bnonaparte »nd zog durch Savoierland nach Italien gegen des Kaisers Heermacht. Denn der Kaiser allein noch, sammt dem deutschen Reich und den Engländern, strikt wider Frankreich, weil die Könige von Spanten und Preussen schon Frieden eingegangen waren. Und in wenigen Monaten und in vielen Schlachten (im 1.1797) überwand ^Bno- naparre die ganze Macht Oesterreichs, schlug und erschreckte Italien von einem Ende zum andern, nahm die gesammie Lombardei, und zwang auch den Kaiser, Friede» zu machen. Die Lombardei erhob er dann zu einem eigene» freien Staat, genannt CiSalpinien. Da dies im angrenzenden Vcltlin, Cläven und WormS die Unterthanen oeö BündnerlandeS sahen, wollten sie viel Ueber freie Bürger von CiSalpinien sein, als arme Unterthanen der Bündner bleiben. Denn ihre vielen Beschwerden und Klagen waren selten erhört worden. Buo« naparte sprach aber zn den Bündncrn zuvor: „So ihr diesen Leuten die Freiheit gebet, euch an Rechten gleich, mögen sie eure Mitbürger sein und bei euch bleiben. Ich ertheile euch Frist; bedenket cö und sendet dann zu mir nach Mailand." Doch im Dündnerland konnten sich die Parteien der Herren nicht versieben, und viele schrien: „Die Veltlincr entweder als Unterthanen, oder gar nicht bei unö!" — Wie nun die letzte Frist zur Antwort verstrichen war, «nd keine erschien, ward Bnonaparte voller Verdruß «nd Ungeduld, und verband Vcltlin, Cläven und WormS mir CiSalpinien (22 Okt. 1797). Alles Eigenthum der Bündner in diesen Landen ist alsbald eingezogen und verschleudert worden. ' Das machte in Bünden viele reiche Geschlechter arm. So ward die alte Grenze des Schweizerlandes ungerechter 2ZS - Weift geschmälert; vier Wochen nachher auch derjenige Theil des BiSthumS Basel zu Frankreich geschlagen, der bis- her noch, wegen seiner Verbindungen mit der Schweiz, geschont worden war. Darüber entstand unter den Eidüge- nosscn große Bestürzung. Aber noch größeres Unglück dräuete. Denn auch im Kanton Basel murrte das Landvolk laut gegen die Stadt; im Aargau regten sich einige Städte für ihre allverbrieften Rechte gegen Bern, und daS Wandt- land begehrte seine Verlornen Freiheiten ungestümer, den» je, zurück. Auch borte man, daß eine französische Heermacht gegen die Schwcizergrcnzen anrücke zum Schuh der Wandt- ländcr. Diese hatten alte Verträge Frankreichs wegen Vermittelung angerufen. ES ging aber Rede, Alles sei nur auf den Stur; der eidSgenöffischen Obrigkeiten abgesehen, und die Franzosen wollten sich Meister des Landes machen. Eilfertig rüsteten Bern und Freiburg Kriegövolk, um durch Waffengewalt Wandt und Aargau zu schrecke», daß dieselben schwiegen. Eilfertig versammelte sich zu Aar au eine Tagsatzuug, Vieles wurde auf derselben geredet, nichts geleistet, weil oft eidSgenösiMen Orte weder unter einander selbst, noch ihren Völkern vertrauten. Das war ein großes Uebel, aber nicht von diesem Tage her. Im Vorgefühl allgemeinen Unterganges schworen die Taghcrrcn zu Aaran noch einmal den alten Dundesschwur (25 Jänner ,798) zusammen, doch ohne Zuversicht und Begeistern,,g der Helden, mülhigen Alten. Denn als sie kaum geschworen hauen, kam ein Bote von Basel und sprach: „Sechshundert Mann des Landes sind in «ufere Stadt eingezogen; die Burgen der Landvöqte stehen in Flammen; die Unterthanen alle sind frei erklärt!" Da aing Entsetzen über die Herren der Tagsatzung. Sie schieden plötzlich und mit Zittern auseinander. Kroße Bewegung geschah darauf im Schweizcrlande, alS man der Obrigkeiten Furcht und Schwäche, und dabei deren Widerwillen gegen die Wünsche des Volks sah. In Schaf. Hausen und im Rheinthal, und im Toggenbnrg, und in der March, und iu Wesen und Uznach traten die Ausschüsse der Laudleute zusammen, sich selber zu helfen. Die welschen Vogteicn jenseits der Berge pflanzten den Freiheitöbaum am Ufer deü Tessin mir aufrührerischer Hand. ES ging bald die ganze Eldügcnosscuschafl in Verwirrung uud Auflösung auseinander. Die Obrigkeiten der Kantone, kraftlos, mißtrauisch und paricict, handelten jede für sich, ohne Zusammenhang. Und für sich handelte jede Völkerschaft, aber in Meinungen und Wünschen zerfallen. Die Einen, in Unwiffcnoeit und Nohheit, begriffen das Kähren der Zeit gar nicht und wollten der gewöhnten Ordnung anhangen. Die Ander», mit großen« Wohlstand und Unterricht, be- - 2Z9 kehrten Gleichstellung der Rechte zwischen Stattfand Land. Andere forderte» nur Wiedererhaltung ehemaliger verbriefter Freiheiten. Biele glaubten zwar, ohne Beistand Frankreichs sei nichts ;» erlangen ; aber die Mehrheit alles Volks vcr. abscheute mit gerechtem Stolz die Einmischung gewaltthä- tiger Fremdlinge in vaterländische Dinge. Inzwischen rückte eine große Kriegsmacht der Franzose» heran. Sie betrat unter ihren Feldherren Brunc und Schauen bürg den Boden der EidSgenossen, und das Waadtland verkündete sich im Schutz der Fremden unabhängig von Bern. Da sahen die Regierungen deö SchweizerlandeS, daß nicht länger vorige Herrschaft zu behaupten sei. Luzer» und Schafbausen sprachen ihre Unterthanen frei und ver- banden sich mit denselben. Zürich ließ dir Gefangenen von Stafa loS und verhieß Verbesserung der Verfassung zu Gunsten des Volks. Tausend Freudenfeuer brannten am Ztirichsee in Thal und Berg, als der greise Bodmer aus dem Kerker der Stadt mit seinen UnglückSgenossen in die Heimarh zurückfuhr. So war noch nie ein Lebender von ftinem Volke im Schweizerlande gefeiert worden. Darauf erkannte auch Frei bürg, daß nun kommen müsse, wofür Lhcnanx geblutet halle. Und der Rath zu Bern nahm zweurndsünfzig Männer dcS Landes, alö dessen Stellvertreter, zu sich und sprach: Lasset uns zusammenhalten in der Noth. Alle diese ungeheuern Verwandlungen und Umwälzungen waren das Werk von vier Wochen gewesen; alle zu spät. Bern zwar, mit Freiburg u»o Solochurn, stellten dem an- dringenden französischen Heer ihre Schlachthanfen entgegen. ES fehlte nicht an Muth, aber au KriegSzncht und Waffen- Übung und fähigen Hauptleuten. Von Glaruö, Lu-ern, den Waidstätten und ander» Orten kam schwache Hilfe, auch Landsturm, bunt bewaffnet, in verworrenen Haufen, Rosenkränze betend. Aber dieser Zuzug floh bei der erste» bösen Nachricht, ohne den Feind erblickt zu haben. Nn» bercueien die Schweizer und ihre Obrigkeiten von Herzensgrund, daß sie die Kunst der Waffen und des Krieges verlernt halten und in den Tagen des Friedens geglaubt, daS müsse immer so bleiben. Nun half ihnen kein Geld, kein Vornehmthun, kein eitles Wesen, kein Geber, kein Rosen, kränz. Denir der Himmel hilft nur denen streiten, die für gerechte Sache zu streiten und zu sterben verstehen; aber die Träge» in ihrer stolzen Sicherheit verstößt er. So geschah, daß schon am ersten KricgStag <2 März I7i-r>) deö Feindes leicht bewegliche Schaaren Frcibnrg und Solothurn einnahmen, und am vierte» (5 März) Bern selbst. Vergebens halten die Berner bei Neuencgg unter ihrem Obersten Grafenricd siegreich.widerstanden, 240 - vergebens im Graubolz blutig gestritten. Nun Alles verloren war, stoben die bewaffneten Hanfe» des Landvolks verzweifelnd auseinander, schrie» über Lcrrätherei, und erschlugen viele ihrer eigenen Hauptlcute. Die unglückSstunde aller Schweizer war gekommen. Dennoch, auch in der Noth wurden ste nicht eins. Jedes Kau- tönlein unterhandelte, nistete und sorgte für sich, nncinge- denk der übrigen. Darum mußten alle verderben. Wo noch Obrigkeiten waren, welche die Freiheit ihrer Unterthanen zurückgehalten hatten, zauderten sie nicht langer, sondern sprachen dieselben mit Kleinmuth und Verzweiflung und Feierlichkeit aus. Man sah, gern hätten sie es nicht gethan. Jetzt redete Frankreich gebieterisch »nd sprach: „Die Eidsgcnossenschaft ist nicht mehr. Nun soll das ganze Schwei- zerland ein einziger Freistaat sein, mit einer einzigen Regierung. Die nehme, mit den gesetzgebenden Räthen, vom Volk erwählt, ihren Sitz in der Stadt Aaran. Jeder hat künftig gleiches Recht im Lande und vor dem Gesetz, er wohne im Dorf oder in der Stadt. Die Bürger in Urver- sammlungen ernennen ihre Verwalter, Richter, Obrigkeiten und Gesetzgeber. Die Regierung wählt, zur Vollziehung der Gesetze, Statthalter und Beamten in den Kantonen.- Und alles Land ward darauf in achtzehn Kantone zertheilt, die sollten ungefähr von gleicher Größe sein. Darum wurde daS alte Gebiet von Bern in vier Tbeile geschieden, in Waadt, Oberland, Bern und Aargä». Hin- wieder verknüpfte man mehrere kleinere zn einem einzigen, wie Uri, Schwyz, Uuterwalden und Zug zum Kanton Waldstättcn, oder St. Galler-Land, Appcnzcll, Rhein- thal zum Kanton SäntiS, der also genannt ist vom höchsten Appenzellcrbcrg. Ehemalige Untertbanenlande der Eidöge- nosscn, wie Baden, Tburgan, Lugano und Bellin- zona, bildeten neue Kantone; Walliö auch wurde als ein solcher aufgenommen; Grau bunden nur eingeladen zum Beitritt; hingegen Gens und Mübl Hause» vom alten Verein losgerissen und dem Gebiet Frankreichs einverleibt. So schalteten die fremden Sieger im Schweizerlande, welches von da an helvetische Republik geheißen ward. Und sie trieben große Brandschatzungcn von den ehemaligen Hauptstädten ein, schleppten die aufgehäuften Schätze der Stadt Bern, Zürich und Frciburg fort und entführten viele der alten NathSbcrren, auch andere, welche dem Bestand der neuen Einrichtungen gefährlich schienen, in die französischen Festungen; und wieder andere achtbare Männer führten sie als Geiseln fort für die Geldzahlungen, welche sie von den reichen Städten forderten, I - 241 . Aber die Völkerschaften des GebirqS von Uri, Nid- walden, Schwyz und Glarus, uralter Freiheit Genossen, sprachen: »Mit Kampf und Blut haben unsere Vater das edle Kleinod der Unabhängigkeit gewonnen; s» wollen wir cö denn nicht verlieren, denn in Kampf und Blut'" Und als sie an ihren Grenzen an der Schin beilegt und auf dem Etzcl im Angesicht der französischen Schlachthaufen standen, schworen sie den Bund der Todes- rreue mit ihrem Laubshauptmann AloiS Neding. Darauf ward herzhaft, doch ohne Glück, gefochten bei Wollran und an der Schind ellegi; denn der Pfarrer von Einsie- dein, Marianuö Herzog, welcher die Einsiedler auf dem Evel befehligte, floh zaghaft von diesem Berge. Allein AloiS Reding zog sein KricgSvolk am Rothe „thurm »usammen, nahe am SiegcSfelde von Morgarten. Da g<- schab ein großes, blutiges Treffen. Die Hirten stritten, des Ruhmes ihrer Vätcr werth und siegreich, wie sie. Drei- mal erneuerten Frankreichs Schlachthäuser» den Kampf; dreimal wurden sie geschlagen und verfolgt bis Aegeri im Tluaerland. ES war der zweite Maitag. Bei zweitausend Leichname der Feinde bedeckten den sieggeweihle» Boden, -»ruhmreich auch kämpften die Waldstätte folgendes Tages bei Arlh. Aber die K/aft der Helden verblutete an ihren eigenen Siegen. Darum schloffen sie Vertrag und traten, mit Schmerz in der Brust, in die Gemeinschaft der helvc- "^So n»de"e^der ane Bund der EidSgcnosscn. Vierhundert und neunüa 242 / 61 . Wie das Schwelzervolk große Noth leidet, bis es sich zu einer Et-sgenossenschaft herstellt. (Von, Jahr b — 1803 .) Nachdem nun zwischen Jura und Alpen Alles gewaltsam oder von selbst anS den gewohnten Ordnungen gerissen war, sprachen die einsichtvollcn Bürger dcüLandes: „Es ist großes Unglück über niis gekommen. Doch lasset uns alles Uebel zu des Vaterlandes Bestem wenden. Dieweil wir bisher vielerlei kleine Staate» gewesen, wurden wir «nS selbst fremd und feuid; war jeder Kanton zu eigener Behauptung uniiiächlig, zu löblichen Anstalten arm, zn großen Gemein- thaten hinderlich. Ein jeglicher schrumpfte in seinem Eigen- nuh zusammen; darum ging Alles am Ende in Zwiespalt heillos ane. So werde den» nun das Schweizervolk eine einzige Familie mit gleichen Rechten, eine einzige Kraft mit gleichen Mitteln zur Freiheit von innen, zur Stärke nach aussen, auf daß wir noch einmal unter den Völkern -er Erde achtbar erscheinen." Aber die bildnngslose Menge des Volks verstand solche Rede gar nicht, und trauerte nur über die gebrochenen Ge- wohnheire». ES harte Unabhängigkeit und Freiheit gefordert, aber nicht diese Auflösung in ein großes Ganzes begehrt, sondern daß jede kleine Landschaft, ja wenn auch jedes Thal, ein unabhängiges selbherrlicheS Kankönlein werbe, das sich einrichte nach eigenem Gefallen in seiner LanbS- gemctne, ridvgenössisch den andern verwandt. Und Alles, was sich ferner begab, vergrößerte den Schmerz und die Sehnsucht nach einer solchen vreltheiligen Eibögcnosscnschafl und vermehrte den Widerwillen gegen die bestehende oder werdende Einrichtung der Dinge. Denn die neue Gcfamiiitregieruug, genannt Vollzichungsdirektorinm, stand zu Aar au ohne Ansehen und Vertrauen, fremd steh selbst und dem Volke, abhängig und entwürdigt von ihren eigene» Beschuhen,, den französischen Gewalthabern. Im Senar nnd großen Rath, aus Abgeordneten aller Kantone, haderten auch die Meinungen aller Parteien, die Begriffe deü PöbelS und des Schulweiscn. Im Lande begegneten sich dieselben Parteien feindselig, oft mit den Waffen in der Faust. Neue und alte Einrichtungen nnd Gcs he gebaren zerstörende» Widerspruch. Während für den Staat oft die nöthigsten MlM seiner Erhaltung fehlten, oft die Besoldungen der Beamten und Geistlichen, schwelgten die fran- - 243 zöstschen Machthaber/ Feldherren und Kriegsknechte im schamlosen Ucberfluß anf Kosten des Landes und sandten die geraubten Goldsnmmcn nach Frankreich. Darum sprach das Volk: So kann cS nicht bleiben. Und die von ihren obrigkeitlichen Stühlen verstoßenen Beamten der alrcn Zeit/ und die Mönche/ welche Aufhebung aller Klöster fürchteten / und die Pfarrer/ welche von ihren Be. soldungcn verloren hatten/ und die Kaufleute und Hand- werker/ die nicht mehr die Vortheile des Zunftzwanges und Alleinhandels in den Städten genösse»/ gingen umher/ und stärkten durch ihr Murren den Unwillen des Volks. Sie vertrösteten auf nahen Krieg Oesterreichs mit Frankreich; dann müsse mit aller Macht der deutsche Kaiser unterstützt werden zur Vertreibung der Franzosen. Also ward das Volk mit der neuen Gestalt der Dinge unversöhnbar. Daher, alü alle Völkerschaften aufgefordert wurde»/ der eingeführten Landesverfassung den Eid der Huldigung zu leisten (Juli 1798)/ entstanden im Nheüuhal, Oberland/ Appenzell und andern Gegenden Unruhen und Empörnngen. Sie wurden mit Gewalt gedämpft; am schrecklichsten in Nidwalden. Hier halte ein Kapuziner/ Paul Stygcr, nebst ander» Geistlichen, die Lenke zum wilden Widerstand entflammt, weil die Verfassung, von den Franzosen gebracht, ein Werk der Hölle sei- Sie bewaffneten sich gegen Schauen. bnrgS anrückende Hcereögcwalt. Furchtbar warb am See, furchtbar am Gcbirg von einem kleinen Haufen Hirten gegen die Ucbcrmacht drei Tage lang gestritten. Drei. bis vier. tausend Franzosen starben hier erschlagen, ehe die übrigen in'ü Land drangen. Dann aber wurden durch ihre Wuth Stansstad, EnnenmooS und Stanz ein Nanb der Flammen; Männer, Weiber, Kinder, Geistliche, die nicht flüchten konnten, gnadenlos niedergemetzelt. Fast vierhiin. dert Nidwaldncr kamen so, unter allen Gräueln, um'ö Leben (9 Sept. 1798). - Und als bald darauf die Regierung- die ihren Sitz von Aarau, weil es zu eng geworden, nach Luzcru verlegt harte (4 Okt.), Auflagen und Einschreibungen der juugcn Mannschaft zum. Kriegsdienst angeordnet hatte, erhoben sich neue Unruhen in den Kantonen Bern, Luzcrn und anderer Orten. Vtcle junge Leute flüchteten in's Aus- land, um nicht unter den helvetischen Milizen, nicht unter den achtzehntausrnd Mauu dienen zu müssen, die für Frank, reich geworben wurden. Endlich erneuerte der deutsche Kaiser den Krieg gegen Frankreich. Schon hatte einer seiner Heerhaufen (19 Okt.) das Bündncrland besetzt, aus welchem diejenigen geächtet flohen, welche zur Vereinigung mit Helvekien aufgefordert 244 - hatten. Dann, als bei Stockach in Schwaben die Fran. zosen eine große Niederlage erlitten (21 März 1799); alö siegreich die Macht Oesterreichs in die Schweiz vordrang, nnler zahllosen Gefechten; als erschrocken vor dem Heran, nahen des Feindes die helvetische Regierung, sich in Lnzern nickn sicher dünkte nud ihren Sitz nach Bern (Zi Mai) verlegte: da bewegten sich die Parteien deü Landes mit neuem Leben und neuer Wuth. Schweizer stritten unter Oester. rcichS, Schweizer unter Frankreichs Fahnen wider einander. Aufstünde und Empörungen, bald wegen Aushebung junger Mannschaft, bald zur Begünstigung der österreichischen Waffen weit umher, zu Flawyl und Moönaug im Sän- liö, zn Menzingcn und Rynach im Aargan, zu RuS. wyl im Kanton Luzern, zu Murtcn und in andern Ge. genden FveiburgS, zu Schwyz, wo man die Franzosen erschlug oder verjagte, zu Lugano und zn Uri, im Wal. lis und zn Aarberg nnd in mchrcrn Landschaften noch. In den Thalern, auf den Höhen -er Alpen, an den Seen und über den Wolken ward indessen von fremden Heeren gckämpft; da rauchte Schlachtfeld bei Schlachtfeld. Rost und Mann zogen über Bergkämme, die einst nur der GemS. jäger kannte. Abwechselnd von Deutsche» nnd Franzosen ward Graubünden, ward das Gebirg der Nheinqucllen genommen und verloren. Bis zur Stadt Zürich nnd von da bis zum Volkhard links, und bis zum Scheine rechts (im Juni) schritten erobernd die Fahnen der Oesterreicher vor; zu ihnen stießen noch Russen und Völker Asiens. Solches Elend, wie damals, hatte das Schwctzerland seit den Tagen der Römer, Allemaunen und Burgnnden nicht erfahren. Nun hofften viele der alten, zurückgesetzten ObrigkcitS, glieder baldige Wiederherstellung ihrer vergangenen Herr. lichkcit. Auch versuchten sie es unter dem Schutz der öster. reichischen Waffen chic und da. Selbst der neue Abt von St. Gallen, Pankratiuü Förster, kam, stellte die Knechtschaft des Volks her, wie sie nicht einmal vorher gewesen, trieb die vor drei Jahren dem Volke ausgestellten Bcfreilingsurkundcn durch Dragoner ein, und erbrach und entführte die Urkundcnschätze der alten Landschaft. Doch verspürte er bald, wohin Gewalt ohne Gerechtigkeit bringt; auch die Städte Zürich und Schafhauscn erkannten, das Volk sehne sich nicht nach ehemaliger Umcrthänigkeit zurück. Und als der französische Kriegsheld Masse na in der ungeheuern Schlacht bei Zürich (2ü September) obsiegte, und im Gebirge die russische Macht zertrümmerte, welche Suwarow, der Feldherr, aus Italien über die Alpen - 24L gebracht hatte, ward Alles wieder zur helvetischen Staakö- ordnung zurückgeführt, selbst bald uachber das Biiudner- land (Juli idoo). Inzwischen erkannten die obersten LandcSbehördcn zu Bern selbst, daß solche Ordnung der Dinge nicht belieben und wohlthun könne. Daher saunen sie auf verbesserte Ein. richlnngen. Allein ihre Meinungen blieben immerdar entzweit. Mehr aus die Personen, als auf die Sache achtend, stürzten sich abwechselnd die Parteien, also daß keine lange um Ruder blieb, und keine dem Vatcrlande half. Erst löscten die gesetzgebenden Rathe zu Bern (7 Jänner 1800 ) daö Vollziehungsdircktorium auf, und machte eine neue Verfassung und Regierung, die den Namen Vollzie- hungöauüschuß empfing; — dann nach sieben Monaten lösetc eben so gewaltsam der VollziehungSauSschuß hinwieder die gesetzgebenden Räthe (7 Aug. 1800) aus, und berief eine» neuen gesetzgebenden Rath, und die Regierung nannte sich Vollzichungsrath. Dann nach einem Jahre wurde eine all- gemeine helvetische Tagsatzung in Bern versammelt (7 Sep. teinbcr 1801), eine bessere Landesverfassung für die Schweiz zu schaffen. AIS diese aber darüber uncinS ward und sich trennte, lösetc ein Theil deü gesetzgebenden chnd des Voll- ziehnngüratheö die Tagsatzung gewaltthätig auf und führte eine Verfassung ein mir Senat und kleinem Rath (28 Otr. 180 1) . An die Spitze des kleinen Rathes ward der Sieger bei Rothenlhurm, Aloiö Reding, als erster Landammann der Schweiz, gestellt, weil sein Name, vor Allen, dem Schwcizervolk theuer war. AIS dieser aber weder das Per- trauen der französischen Regierung, noch derer gewinnen konnte, welche die Rückkehr der alten Ordnung der Dinge haßten, ward der Senat eigenmächtig vom kleinen Rath beseitigt (17 April 1802) und AloiS Reding entlassen. Achtbare Männer, berufen aus allen Kantonen, mußten dann eine neue Verfassung entwerfen. Sie ward abermals eingeführt, ein Senac und Vollziehungörath dazu, an dessen Spitze, alö Landammann der Schweiz, Dolder, ei» geschmeidiger Staatsmann, gestellt. Jedoch das Schweizervolk sah diese ewigen Aenderungen und Umwälzungen der obersten Behörden gleichgültig an, durch welche Gesetz und Ordnung, statt befestigt zu werden, täglich hallu.'gSloscr wurden. ES seufzte über die endlosen Verwirrungen, über die Steuern und Abgaben, über die Uufugen der französischen KricgSkncchte im Lande. Empörungen und Unruhen hörten nicht auf. WalltS besonders verging unter der räuberischen Gewaltherrschaft der fran- zösischen Feldherrn und Soldaten, denen eü preisgegeben 2äü war. Um eine Straße über die Alpen nach Italien zu behalten, wollte Frankreich das Walliö losreißen. Ein einziger Wunsch lebte in gesammen Völkerschaften des Schweizer-landes unwandelbar fort: daß jeder Kanton sein eigenes Hauswesen selber bestellen könne, jeder frei, in einer neuen Bundes- und EidSgenoffeuschaft, unabhängig von französischer Gewalt, befreit vom fremden KriegSvolk und aller Untcrlhaneuschaft. Da nun endlich zu AmienS zwischen Frankreich und den übrigen Kriegsmächten Friede geschloffen worden war, nnd dem zufolge die französischen Besatzungen auö der Schweiz in ihr Land heimkehrten (August 1802), erhob sich der Geist der schweizerische» Parteien und Völkerschaften mit neuer Macht. WalliS bildete sich zu einem eigene» Freistaat. Uri, Schwyz und Unterwaldcn waffncrcn gegen die helvetische Regierung. Die Stadt Zürich sagte sich auch von dieser loü. Bascl und Schafha«sen folgten dem Beispiel. Auö dem Aargan zog Landsturm gegen Bern. Die helvetische Regierung, obschon nicht ganz wehrlos, floh nach Lausanne, während zur Herstellung der alten EidSgenosscnschaft sich in Schwyz eine Tagsatzung versammelte (September 1803). Die schwachen helvetischen Kriegsschaaren, im Sold der Regierung, auö dem Innern des Landes zurückgetrieben, folgten ihr in daö Waadtland nach. Ucberall rüsteten die Parteien; rüsteten die Städte zum Sturz der Gesammtreglerung; rüsteten die Landleuie für ibre Freiheit gegen die Ansprüche der Städte; rüsteten die Waadtländcr zum Schutz der helvetischen Einheit nnd Freiheit. Allgemeiner Bürgerkrieg stand dem AuSbrnch „ade. Schon floß Blut. Da wandte daS gewaltige Ober- Haupt deü französischen Volks, Napoleon Buonaparte, den Blick auf die Schweiz. Er gebot Frieden. Beim Wicdcrerschcinen seiner Heergcwalt (2l Oktober) streckten alle Parteien die gezückten Waffen, und riefen ihn an, daß er ihr Vermittler werde; denn sie selbst vertrauten einander nicht. 62 . Napoleon Buonaparte gibt den Schweizern eine Der» mittelungsrrrkuir-e. (Vom Jahre 1803 - 1813 .) Also bcschied er Abgeordnete, von allen Kantonen nnd Parteien zu sich in die Stadt Pariö; da hörte er sie an. Und nachdem er sie mahl verstanden, schlichtete er ihren Hader durch sein mächtiges Wort, also, baß er nicht ansah die Person, sonder» die Sache. Darum hielt er weder zu den Siadtgcschlechrcrn, welche Herrschaften und Nnierlha, »en begehrten, noch zu denen, welche begehrten, daß das ganze Schwcizcrland ein ungethciltcS Gemeinwesen sein solle, mit einerlei Gesetz und Gesammrrcgierung über Alle; sondern er hörte die Stimmen der Volkeiiiehrdcu, welche > wollte, cS müsse ein jeder Kanton Herr,für sieh und Stadt und Land an Rechten und Freiheiten e,»ander gleich sein. Napoleon Buon aparte war aber ein kluger Herr und ' dachte: „So ich dem Volle dies erfülle, wird es zufrieden sein; das Schwcizcrland aber wieder in sich selbst zer- stückelt, allezeit uneinig, schwach und mciner Leitung hin« fällig bleiben!» Demnach vermittelte er und stellte den Schweizern 09 Horn. 180.;) die Urkunde seiner Vermittelung aus, die sollte ein Grundgesetz bleiben für Alle. Jeglichem Kanton war darin seine Verfassung gegeben. Und er sprach: »ES soll fortan eine neue Eidögcnossenschaft bestehen aus ucuir- zehu Kantonen, nämlich den dreizehn alten, und den Kau- tonen Bünden (mit Nhäziins und Tarasp, aber ohne Leltlin), Aargau (mit dem Frickihal), Waadt, St. Gallen, Thurgau und Tessin (den ehemaligen cnnel- birgischen Vogleien). ES soll keine Stadt, keine Familie mehr ein Vorrecht, und kein Kanton Unterthanen haben; sondern jeder Schweizer zu Stadt und Land genießt gleiches Recht, hat Freiheil des GewerbS und der Niederlassung im ganzen Schweizerland, wo er will, und es soll ihn Niemand stören. Angelegenheiten gesummter Eidügcnosseuschaft werden abwechselnd zu Frciburg, Bern, Solothurn, Basel, Zürich und Luzeru auf der Tagsatzung behandelt. Das Haupt des jedesmaligen Vororts heißt Landanimann der Schweiz, leitet die Geschäfte und verkehrt mit den Gesund- reu auswärtiger Mächte. Uebrigcnö ist jeglicher Kanton selbbcrrlich mit eigenem Gesetz und eigener Obrigkeit." Alö nun demzufolge jeder der neunzehn Kantone eingerichtet war und die helvetische Gesammtregiernng, von Lausanne nvch Bern zurückgekehrt, sich aufgelöset hatte, rief Buonaparte auch sein Knegüoolk wieder anö der Schweiz zurück. 4 Fast überall stellten die Völkerschaften der Schweiz ihr Hauswesen, kraft der neuen Ordnung, friedlich auf, und leisteten ihr04) und griffen zu den Waffen. Die lange Verwirrung ! voriger Jahre harre zu gesetzloser Selbsthilfe verwöhnt. n Doch eiliger Zuzug benachbarter EidSgcnossen, vereint mit j den Getreuen des Kanronü Zürich, dämpfte nach kurzen Gefechten bei Oberrteden, Horgen und auf Bocken 1 die Empörnng schrell. Der Hauptmann derselben, Johann ' Jaks b Willi, ein Schuhmacher von Horgen, und andere der vornehmsten Theilhaber, wurden mit dem Tode, andere ^ mit Gefangenschaft, und zwciundvierzig fehlbare Gemeinden mit einer Kricgsstcuer von mehr denn zweimalhunderttauseu- Guldeu bestraft. ES war aber gut, daß dieser Funke schnell gelöscht ward, ehe er zu einer Flamme wurde, die über das ganze ! Sehweizcrland schlug. Noch standen aller Orten und Enden die Parteien unversöhnt, und jede dachte: stürzt die neue Ordnung nm, stehen wir Andern oben auf. Noch mnrreten , die Freunde der helvetischen Einheit, denn ihnen mißfiel die cidSgenössische Zerstückelung dcö Landes. ES murrcte« ^ die Klöster, weil ihr Dasein unsicher schien, und Pan- > krattus, der Abt des ehemaligen Klosters St. Gallen, schalt öffentlich die St. Gallischen Landschaften rebellische Vasallen deö deutschen Reiches, und gedachte sein Stift mehr durch Zwang und Trotz, alS auf rechtlichem Wege, herzu, stellen. Es mnrreten viele Landleute, die lieber Lands, gemeinden gehabt hätten , gleich den Urkantonen. Es mur. reten viele Patrizier und Sladtgcschlechker, weil sie ihre Vorrechte verloren sahen, und weil die Landleure nicht mehr ihre Unterthanen waren. Doch die Mehrheit der Völkerschaften begehrte ernstlich Ruhe nnd Frieden, und hielt fest an dem, was bestand, und an der Freiheit, die gewonnen worden. Also verstummte der eitle Zorn der Einzelnen, und Alle fürchteten sich vor dem Ernste deö gewaltigen Vermittlers, vor welchem selbst Könige zitterten. Denn Napoleon wuchs an Macht und Hoheit so sehr, daß er die kaiserliche Krone auf sein Haupt setzte und mit seinem Schwert die halbe Welt er. schreckte. Darum blieb Stille im Lande, und eS folgte eine lange Neide friedlicher und freudiger Jahre. Die Zeiten der Um. wälziing und bürgerlichen Kriege hatten die Kraft der Schweizer erweckt. Sie bewegten sich mit neuem Leben, j wie zuvor nie gesehen worden. In den Stürmen unter einander bekannt geworden, standen sie einander nicht mehr fremd, wie vorzeiten. Was einem Kanton widerfuhr, das ! 24S rührte jetzt den Sinn aller. Vielerlei Schriften, Tagblättcr und Zeitungen, vorzeiten von scheuen Regierungen „nee» drücke, belehrten das Volk von wissenSwürdigen Dingen, zogen die Aufmerksamkeit desselben zu den öffentlichen An. gclegenheitcn und nährten und verbreiteten einen vormals unbekannten Gemcingeist. Schweizer aus allen Kainoncu bildeten Gesellschaften zur Beförderung gemeinnütziger Sa. chen, zur Erhebung der Wissenschaften und Künste und zur Stärkung der Eintracht oder Vaterlandsliebe. Ein ewiges Denkmal dieses großen, nie vorher also geoffenbarten Volks- gcisteS ward der Linthkanal. Schweizer brachten aus allen Kantonen freiwillig beinahe eine Million dar, um die desuitzpften llfergegenden des Wallen sceü trocken zu lege», von denen bisher Armuth, Elend und Ficberscuchen aus, gegangen waren. Richt minder that stch die EidSgcuossen. liebe herrlit kund, als herbstliche Regengüsse einen Theil des Roßbergeü ob Goldan im Kanton Schwyz unterfresscn ballen, daß er eines Abcndü urplötzlich (2 Scpt. isoü) mir dumpfem Krachen niederstürzte. Goldau, Lowerz und zahlreiche Hütten wurden unrer Felsenschutt ttef vcr. graben mit Hunderten von glücklichen Menschen. Noch siehst du die Wüste; einst war es ein blühendes Thal. Daü überall freie Volk, seit eö nicht mehr alö unmündig behandelt ward, regte sich mit frischem Muthe, trieb mir neuer Lust Gewerb und Handel, Viehzucht und Ackerbau; nirgends beengt, wie ehemals dllrch Zunftzwang und Sper. riing eines KanlonS gegen den andern. Die.Theilnahme aller Bürger an Landeüsachen nöthigte die Regierungen znr Mtldc und Gerechtigkeit, zur Verbesserung schlechter Gesetze und znr Beförderung löblicher Anstalten und Einrichtungen. DaS Volk wollte frei sein; aber ohne Einsicht und Stärke ist kein Volk unabhängig. Darum wurden dir Schulen des Landes vermehrt und verbessert; denn nur der Verständige versteht, sich selber und Andern zn helfen. Darum wurde das Kriegswesen der EidSgcnosscn neu gestaltet, auf daß zu jeder Stuube ein streitbares Heer die Kreuzen wider Fremd, linge decken könne. Binnen einem Jahrzchcnd ward im Schweizerlaude mehr Löbliches gestiftet und vollbracht, als sonst in einem Jahrhundert. Der gewaltige Vermittler, Napoleon, Kaiser der Franzosen, welcher in »»überwindlicher Macht Könige von ihren Thronen stieß' alte Reiche zertrümmerte und neue Kronen schuf, alü wäre er ein Herr der Welt, schonte zwar des Schweizer'. nideS freundlich. Doch seine ewigen.'kriege läbniken den Wandel der Eidsgenossen mit andern Völkern; das drückte Breie, und wehr »och der Vertrag, kraft dessen ihm, wie einst den Königen, sechSzehnranfend Mann in 2Ü0 - KriegSsold gegeben werden mußte». Denn weil der Tod in zahllosen Schlachten viele Mannschaft hmwegraffce, wollte sich fast Niemand mehr werden lassen. Auch mißfiel man- eher Stadt, daß den Franken freie Niederlassung in der Schweiz, wie den Schweizern in Frankreich/ gestaltet war. Allein c6 tröstete sich Jeder mit Hoffnungen besserer Zu. lunft. Niemand wagte/ wider Napoleon aufzutreten. Doch es begab sich, als dieser mit ungeheurer HeereS. macht in das Innere Rußlands eingedrungen war, und er das große Reich fast zu seinen Füßen liegen sah, baß Gott der Herr sein Antlitz von ihm wandte. Der Frost weniger Mitternächte (1812) vertrgie in den russischen Wildnissen die Kraft des Niebezwungenen. Da erhoben sich, als er mit Schrecken znrückfiob, die Könige und Volker des Welt. theils weit umher und schworen den Untergang ihres von Gott geschlagenem Unterdrückers. Und als er reue Kriegö. macht wider sie gesammelt hatte, und gegen sie abermals auszog, stießen sie in den Feldern von Leipzig auf ihn und schlugen ihn in dreitägiger Schlacht (16, 18, 19 Okt. 1818) mit dem Schwert ihrer Rache, Er floh mit Schmach über den Rhein. Sie aber folgten ihm nach. Wie sich nun die Heereögewalten der Kaiser und Könige dem Meine näherten und den Grenzen deü Schweizerlandeö, gedachten die Eidügcnossen ihrer Verpflichtungen gegen den Vermittler, aber auch des Druckes und Leidens der Völker uiircr seinem Zepter. Und sie sprachen: lasset uns in diesem Kamvfe der Könige nnparteisam bleiben, wie wir es Allen zugesagt haben. Also beschlossen es die Kantone auf der Tagsatzung in Zürich, und ihre Waffen zogen zur Hut deS SchweizcrbodenS au die Grenzen längs dem Rhein. 63. Die Schweizer vernichten Napoleons Vermittekrings- urkunde und zerfallen, bis abermals fremde Mächte die Zerwürfnisse entscheiden, mit Gründung einer neuen Eidsgenossenschast von zweiundzwanzig Kau- tonen. (Vom Jahr 1813 — 181L.) Da nun unter den Siegen der verbündeten Könige der Thron deS gcwaltrcichen Napoleons wankte,' sprachen die Weiser» unter den EldSgenossen„Jetzt ist der Tag gekommen, an welchem des Vaterlandes Unabhängigkeit und Ehre i 251 neu aufzurichten ist. An den Grenze« kämpfe, sieg' oder sterbe unsere Jugend für Unverletzbarkeit des Schweizer- Hodens, während unsere versammelten Abgeordneten in Zürich einen neuen Bund der EidSgenoffen gründen sollen, ein Werk vaterländischer Weisheit, für das Bedürfniß des Jahr- Hunderts., Dann, doch nicht früher, verschwinde die Napv. leonische VcrmittclungSurkunbe, das Zeugniß unserer ehe- maligen Zwietracht und Schwäche. So sprachen sie. Nicht, also Viele auö den Geschlechtern der vormals herrschenden Städte. Viele wünschten die Heere der Fremden auf Schweizcrboden zu sehen, um unter Schutz und Schrecken derselben eine EidSgenosscuschafc der dreizehn Orte herzustellen,, mit Dienstbarkeit und Herrschaft, der- gleichen im Jahre 1798 blutig verschwunden war. Man borte von heimlichen Umtrieben und Unterband, lungen mit den Fremden. Dann unerwartet, nachdem kaum die feierliche Erklärung schweizerischer Unpartcisamkeit durch -ie Tagsatzung ergangen war, geschah der Befehl zum Rück- zug der streirferkigen Schlachthaufen von den Grenzen. Die österreichischen Schnarrn zogen mit klingendem Spiel in gedrängten Haufen (21 Dez. I 81 .Z) über den Rhein, durch Basel, Aargau, Solorhurn, Bern und andere Landschaften, dem Gebiete Frankreichs zu. In Unwillen und Bestürzung sah das Volk sie vorübcrwandcrn. Die eidSgenossischeu Schlachthaufen standen in der Ferne; die meisten voller Scham, Ingrimm und Schmerz. Den langen Zug der Fremden bezeichneten Fieber und lödtiiche Seuchen. Manches weiland frohe HauS ward öde. Bern aber, die Scadt, als sie die zahlreichen Kricgg. Haufen der Deutschen erblickte, hob zuerst die Napolconische Vermittelung auf, und erklärte sich für die Oberherrlichkcit und Macht, welche sie vordem im Lande genossen. Das Volk, überrascht, und im Glauben, solches sei daö Gebot der deutschen Sieger, deren Fahnen cü sah, schwieg in Hanger Erwartung. Die Slädie Solotb nrn und Frei. bürg folgten den! Beispiel Bcrnü; bald auch Luzern. In Zürich hob die Tagsatzung nun auch die Kraft der Napo. leonischcu Vermittlung auf, durch welche sie beisammen war, und entwarf die Grundlagen eines neuen Bundes der neun- zehn eidsgeuvssischen Staaten (29 Christin.). Doch nicht dies, sonder» Wiederkunft einer EidSgcnossen. schaft der dreizehn Orte wollten einige der ehemaligen Regen, ie». Dafür bewegte man die Urkantone im Gebirg. Darum hatte man die Kantone Waadt und Aargau geheißen, unter Bern zurückzukehren (2st Christin.). Waadt und Aargau wiesen aber daS Ansinnen beharrlich ab. Und nun losere sich abermals gesummte EidSgenosscuschaft 2S2 - in innern Entzweiungen verworren auf, während die verbündeten Kaiser und Könige zu Parts einzogen, den überwundenen Napoleon auf das Eiland Elba verbannten und Ludwig den Achtzehnten, alü König von Frankreich, auf den Thron seiner Barer einsetzten. Noch ward in Zürich die Tagsatzung, welche neuerdings aus Abgeordneten aller neunzehn Kanione (d April >8i4) zusaiittnengetreken war, das einzige schwache Band, welches das gänzliche AuSeinanber- gehcn des VundeSstaaies verhütete. Mißtrauen, Feindschaft ringsum; Geschrei zur Vernichtung und Zerstückelung aller seit sechzehn Jahren selbständig und frei gewordenen Theile der Eldsgenossenschafc. Zug forderte vom Aargau einen Theil der ehemaligenJreiämtcr; Uri vom Kanton Tessin das Livruerthai; Glarns vom Kanton St. Gallen die Landschaft Sarganü; der gewesene Fürstabt PankratiuS seine vormaligen Gebiete und Herrlichkeiten rm Thurgau und St. Gallcrland; Schwyz und GlaruS vereint, die Gebiete Uzuach, Gaster, Wesen und Ersatz für vielerlei gehabte Ncchlsame; Unterwald en, Uri, Schwyz vereint, ahn- lichen Ersatz für ober herrliche Rechte, die sie im Aargau, Thurgau, St. Gallischen und am Tessin genossen hatten. So verlangten Andere wieder Anderes. In Bünden hinwieder begehrte eine Partei die Loöreissung Rhätienö von der Eidsgenossenschaft; eine andere zog mir einigen hundert Bewaffneten über daö Gebirg zur Wiedercroberung Clävcnü und BeltlinS (4 Mai), wurde jedoch von dreitausend Oester- reichern zurückgewiesen. In diesen Stürmen erschienen Zürich, Basel und Schafhausen am unbefangensten; Waadt und Aargau, durch begeisterte Entschlossenheit ihres Volks, der erworbenen Freiheit würdig und stark. Auö den Gebieten und Städten von Basel, Zürich und Solothurn trugen freihcic- liebende Männer den Vorsatz, den Fahnen des Aargauö zu folgen. Zwölftauscnd wohlgeordnete Streiter standen hier, eben so viele im Waadtland, täglich zum Aufbruch bereit. Bern aber vermied offene Fehde; es erbot sogar dem Waadt- land Anerkennung der Unabhängigkeit unter Bedingungen. Doch Waadt verwarf (24 HeumondS). Aargau rüstete drohender. Auch im Oberlande ward gefährliche Gährung laut (August). Es war eine trübselige Zeit voller Hader und Zerwürfnisse; möge die große Familie der EidSgenosscn ' nie eine ähnliche wieder erleben. Hier, wie in vielen andern Kantonen, waren Argwohn und Eifersucht der Parteien lebendiger geworden, zumal alü man begonnen hatte, die künftigen Rechte des Volks und die künftigen Grenzen obrigkeitlicher Gewalt zu berathen. Plan vernahm von theilweisen Aufstanden, von Verschwö- 2ä^ rnngen/ Einkerkerungen und Verbannungen in Luzcrn, Freibnrg und Solothurn. Solothurn, die Scadr, rief bcruische Besamung zu ihrem Schutz gegen daö eigene Volk. EidSgenöffische Schlaehlhaufen mußten über das Hochgebirg an die Ufer des Tesstn eilen, damit dort mörderischer Bürgerkrieg verhindert werde (September); andere Schlachthaufen in den Kanton St. Gallen, damit Mcu- terci und zerrüttende Gesetzlosigkeit ende. Denn hier fuhr Abc Pankranuö fort, seine Anhänger zu bewegen, an- derseitS Schwyz, um SarganS und Uznach zu gewinnen. Andere Landschaften forderten Landgemeinden. Einrichtung. Während das Schwcizcrland also und lange Zeit den wachsenden Unruhen preisgegeben war, mancher Orten schon Blut floß, und sich die Kerker mehrerer Städte mit Gefan- geuen füllten, saßen zn Wien, in der Hauptstadt dcö Kaisers von Oesterreich, die Bevollmächtigten fast aller großen Nei/e Europa'S beisammen, um die künftigen Friedrns- verhällnisse der Welt festzustellen. Schon früher hatten die verbündeten Besiegcr Frankreichs gestattet, daß sich der Freistaat Genf dem cidSgenöffischen Bunde alg sclbststän- digcr Kanton anschloß, eben so Neuen bürg, das Für- stcnlhum unter preussischer Hoheit, desgleichen WalUS (am 12 Herbstmonat ward den drei Kantonen daö Begehren zur Aufnahme in den Schweizerbnnd durch die Tagsatzung bewilligt). Jetzt aber, alS die Könige und ihre Vollmächtigen zu Wien den unversöhnbaren Hader der Eidsgcnosscn sahen, den die Länge der Zeit, statt zu mäßigen, nur'stärkte, übernahmen sie es, alS Vermittler, durch ihr Wort allen Streit auf immer zu schlichte». ES zogen daher willig die Abgeordneten der Eidgenossen, wie vor eilf Jahren gen Pariö, nun zur Kaiferstadc an der Donau. Hier, nach langer Prüfung sämmtlicher Zwiste und Zer. würfNtssc, ward endlich (20 März ir>i 5 ) darüber die Erklärung der verbündeten Mächte und ihr entscheidender Ver- gleich ausgesprochen; der Bundcövertrag, welchen die Mehrheit der eidgenössischen Stände am 8 Hcrbstmonds i 8 ist angenommen hatte, und der unverletzte Bestand der neunzehn Kantone anerkannt, so wie die Vermehrung derselben zu zweinndzwanzig Kantonen, durch Zutritt von Genf, Ncuenbnrg und WalliS, bestätigt. Dem Kanton Waadt wurde das ihm durch Frankreich entrissen gewesene Dappen- thal wieder zugewiesen; dem Kanton Bern zur Eulschädi- gung Viel und das Biüthnm Basel, mit Ausnahme kleiner Abschnitte desselben für Ncucnburg und Kanton Bafel, gegeben; dem Kanton Nri die Hälfte des jährlichen Zoll- crtrags im Livinerlhal; dein Abt PankramiS und seiuen Be. amen ein Jahrgchalt vön achttausend Gulden; den S.'än. den Uri, Schwvz, Unterwalden, Zug, Glarus und Appeuzell Jnnerrhoden, für ihre ehemalige» Nechlsame, ein Ersatz von eurer halben Million Franken von den Kantonen Aargau, Waadl und St. Gallen. Auch über Tilgung der helvetischen Staatsschulden von mehr denn Z,50»,ooli Franken, über Entschädigung der Berner, welche im Waadtlande Löbergcrcchtigkeiten besessen hatten, und über vieles Andere ward für immer entschieden. Nur die Klagen des Freistaates der Bündner blieben unerhört. Demi Cläven, Veltlin und Wormü, nun Oesterreichs Eigenchum geworden, kam ihnen nicht zurück; nicht einmal wurde denen Entschädigung geleistet, deren rechtmäßige Besitzungen und Güter im Veltlin vor stcbenzehn Jahren bei Empörung der Unterthanen von diesen in Beschlag genommen und veräußert worden waren. Nachdem die EidSgenossen durch ihre Tagsa'.uig (am 27 Mai) jene Erklärung und den Vergleich angenommen hatten, der von den Bevollmächtigten der Kronen Oesterreich, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Portugal, Preussen, Rußland und Schweden unterzeichnet war: erklärten eben dieselben Mächte Anerkennung »nd Gewährleistung einer immerwährenden Unparteisamkcir und Uuvcr- sebrbarkett der Schweiz in allen künftigen Kriegen der Fürsten. So hat die Dazwischcnkunft der vereinten Häupter des WcltthcilS großsinnig den Hader der EidSgenossen geendet; und also ist der Bund der zweiundzwauzig eidgenössischen Freistaaten im Gebirg der Alpen und des Jura gegründet worden. 64. Das Schlußwort. Dies sind die Geschichten verflossener Zeiten, ein Spiegel vom Geheimniß der zukünftigen. Nicht der Pfeil des Teilen und nicht der Dolch des Camogaükers bat die Banden schweizerischer Knechtschaft gclöset. Nicht bei Sc. Jakob und nicht auf der Malscr- haide ward die Unabhängigkeit der EidSgenossen erfochten. Nein, fünfhundert Jahre laug ist für Freiheit von innen, für Unabhängigkeit von aussen gerungen worden. Die Männer im Grünt, und die murr dem Ahorn von Truns, gaben nur die Losung zum heiligen Kampf. Denn seit Nri'S Unschuld durch die Hoffart der Andern verführt worden war, errötyctc von den Eidögenosscn Kemer wehr, au die Statte der vertriebenen Herren u»o Vögte zu treten, und lieber Unterthanen und Leibeigene, als ffteie Mitbürger, zu haben. Zu Stanö, wo ihnen der selige Nikolaus von der Flue erschienen war, gaben sie sich die Gewährleistung ewiger Herrschaft über das Volk gegen dessen Gewalt. Und wenn Toggenburg um LoSkauf sichte, vcrschniäheten sie ehrliches Lösegeld. Sie wollten den Un- tcrthancu nur Freiheiten, aber nicht Freiheit gewähren. Darum dänchtcte ihnen zuletzt derselben T'-^ciid,' Einsicht und steigender Reichthum furchtbarer, als offene Fehde mit Empörern. Waö jedoch die Hand schnöder Selbstsucht gebunden hatte, das mußte sie selber wieder lösen. Bald sah die Welt, mit Erstaunen, von den Schweizern das verachtet und verrathen, wodurch sie mächtig und ruhmreich geworden waren: den ewigen Bund und die Eintracht. Die Kantone vergaßen der ersten Liebe, strebten feindselig aus« einander und gingen fremden Buhlen nach. Die Helden der Freiheil knechteten um goldene Fürstenketten. Die genügsamen Söhne der Alpen verkauften um Mielk und Gaben das Blut des Volks nach «»bekannten Schlachtfeldern, und ' ihre Stimmen im Rath. Der mannhafte Geist der alten StaatShäupter verkrüppelte zu scheuen RalbSherrn. Regie- rungen. Sie machten den Angehörigen ihr eigenes Vater- land zum Sraatsgeheimniß. Und als die Regierungen fast sämiiirlich vom Voll" abgefallen waren, da fiel das Volk von ihnen ab. ES ist noch nie ein Reich durch die Tilgen- den seiner Bürger untergegangen. Der alte Bund ging vielgebrochen unter. Doch der Gort der Värer wachte in unendlicher Barm. Herzigkeit über die Kinder. Und wie a»S donnernder Wetterwolke ein fruchtbarer Regen, so ging aus dem Wellstnrm die Freiheit alles Sch weizervvlkS. Und cS wohnen heut, was nie vorher gewesen, auf einem Flächenraum von beinahe »eunhnnbert Gcviertmcilen, zwischen Lcman und Bodensee, fast zwei Millionen Menschen, vertheilt in zwei- undzwanzig Gemeinwesen, Alle Genossen der Freiheit. Zwar gegen die Fürsten der Welt ist auch der stärkste von den zweinndzwanzig Freistaaten schweizerischer EidSgcnossenschaft ohnmächtig und gering. Aber auch der kleinste derselben steht, im Blinde aller, unüberwindlich, so lange jeder Eido. genoß ein zweites Grandson, Murren und Frästenz weniger fürchtet, als eines Herrn Zoppo oder eines Bl- sehofö Sch in »er List und Gold. Nicht aus Deutschland, nicht aus Welschland kommt der Feind, vor welchem das Schweizcrbcrz zittert. Der furcht, barste Widersacher der Freiheit und Unabhängigkeit, wenn er kommt, wird aus unserer eigenen Mitte hervortreten. Aber er muß ein Zeichen tragen, woran ibn Jeglicher kenne. Er ist'ü, welcher das Ansehen seines OrteS dem ewigen Ruhm gemeiner Eidsgenossenschaft, und seinen und seines HanscS vergänglichen Vortheil dem öffentlichen Wohle vor. anstellt.— Er ist'S, welcher vor dem Schwert an der Hüfte des freien Volks, aber nrcht vor Echmcichelwort und Gabe der Könige »-„d idrer Gesandten erschrickt. — Er ist'S, welcher prcdigl: Gebietet den Tagblättern Schweigen und den Lehrern der Jugend Stille; leget euer Geld an Zinsen und verschwendet es nicht für Waffen und Heerwesen; ver. schliesset die NathSstnben und lasset daü Volk nicht hören, was wir treiben: so mögen wir wieder Herren und Meister sein, und die Knechte werden uns dienen.' — Er ist'S, wel. eher Mißtrauen zwischen Stadt und Land, Glaubensgroll zwischen Katholischen und Neformirten, Sperren zwischen Kantonen und Kantonen pflanzt, nud jene Erschlaffung durch Eigennutz, jene Familienberrschsucht, jenen Geschlechlcrstolz, all jenes zwieträchcige Verderben noch einmal zurückruft, wodurch die alle Eidsgenossenschaft, trotz Neuenegg und Rothenthurm, einst blutig verschwand. Aber wir haben gelernt: Recht und Gerechtigkeit ist gewaltiger, denn alle Gewalt; und jedes Hauses Glückseligkeit steht nur sicher unter dem Gesetz der Freiheit; und die Frei. heil Aller ist nur geborgen durch Unabhängigkeit dcS Schwei. zerbundeS. Die Sclbstständigkeit des Schweizerbundeg aber ruht nicht fest auf Pcrgamentbricfen kaiserlicher und könig. sicher Znstchcrungen, sondern allein auf einem eisernen Grund, der da ist unser Schwert. Der rechte Schweizer- adcl soll aus den Kirchen und Schulen des Volks hervor, schreiten. Der rechte Staatsschatz muß im Wohlstand aller Haushaltungen liegen. Das große Rüst. und Zeughaus dcS BunheS soll in den Waffelikammern aller Bürger stehen. Dir Verhandlung der großen Räthe und Landsgemeinden muß vor dem Ohre gesammter Eidsgenossenschaft ertönen. So wird die heilige Sache des Vaterlandes die heilige Sache jeder Hütte, und ein göttlicher Gemeinstnn wird, wie himmlisches Feuer, den Moder spicßbürgerischcr Selbst, sucht verzehren. Nicht der Pfeil dcö Teilen, nicht der Dolch des Ca- mogaükerö hat die Banden schweizerischer Knechtschaft geloset. Nicht bei St. Jakob, mehr auf der Malscr. halbe ward die Unabhängigkeit schweizerischer EidSgenossen- - 25s schaft erfochten. Auf Grünt und unter dem Ahorn von Trunü wurde nur die Losung des Kampfes gegeben. — Wir k a m p fe u i h n noch, Etdsgeno ssen! — Nnd ihr, unsere Enkel, werdet ivu kämpfen über unfern Gräbern! — Wachet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet! Vertrauet Gott! Alle Eidügcnoffcn für Einen, und Jeder für Alle! Inhalt. L, Wie es im Anfang gewesen S. Die ersten Tbaken »er allen Helvetier und wie zu ihnen die Kymern gekommen sind . S. Alles Land wird römisch .... 4. Von der römischen Botmäßigkeit im Lande 5. Wie das ganze Land ein Rand fremder Völker wird ...... 6. Der Franken Herrschaft und Einrichtung im Lande. 7. Der christliche Glaube dringt herein. 8. Wie das Lande zum deutschen Reich gekommen ist und Srädte erbaut werden 9. Noch mehr von den Stadien und von den großen Herren im Lande SO. Von den Völkerschaften in den Bekgen von Schwvj. Lrpenzell, Rbätien und WalliS 11. Vom guten Kaiser Rudolf von Habüburg und den bösen Anschlägen seines SohneS Albrechr. 12 . Von Wilhelm Teil und den drei Männern im Krüili. 13. Der NcujabrSlnorgen des ZabreS 1308. — Die Freibeikschlacht aus Moraarten. — Luzern tritt z» den EidSgenoffen ist. Bern schlägt die Macht dcS Adels bei Lauvcnz und Ritter Bru» ändert die Gtadtverfaffnnq von Zürich . 13. Ursprung des ewigen Bundes der acht alten Orte der EidSgenoffenschakt . 16 . Wie die Schweizer erwerben und die Gügler und Gra/en Kyburq verderben 17. Die ffreibeitschlacht bei Gempach 18 . Die Freiheitschlacht bei NäfelS und die Folgen ....... 19. Der Appenzellcr Heldentage 20. Wie die EidSgenoffen sich des AarqaueS bemächtigen und gemeine Herrschaften errichten . Ll. Die Mabe von WalliS gegen Narou. — Die Schlacht bei Acbedo und des Herr» Loppo Kunst .' . S2. Hm hoben Rbätien erstehen der O , ''und, der GvileSbausbuttd und der Sc-...>jcttch- lcubun^ jur Freiheit .... Seit« 3 (100I.V. C.G ) 4 (50J. v. E. S ) 6 (I — Z00) 10 (300 — 550) 13 (LL0 — ?00) 16 . . . 17 (S00 — 1200) 20 (1200 — 1200) 24 . . . 23 (12?0 — 1307) 3t (1307) 33 (1307 — 1334) 33 (IZZ5 — 1340) st3 (4340 — 1360) 43 (1340 — 1335) 49 (1385 — 1387) 53 (1388 — 1402) 56 (I4VS — 1411) 60 (1412 — 1418) 65 (141? — 142«) 6S (142« - 143«) 73 SZ. Der Streit um die Toggettburger Erbschaft. (1436 24. Der Krieg aller Eidsgenosse» gegen Zürich. Der Heldentod bei St. Jakob. Der Friede . . (1"Z Rbcinfelden wird verwüstet; Frei- bürg savoiisch; der Thurgau zur ge. 25S Seite 1443) 77 25 . 26. 27. 28. 29. so. 3t. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 33. 39. 40. 4t. 42. 43. 44. («46» (1476 meineidSgenössischcn Dogtei Verein der drei Bünde in Nhäticn; Zwietracht in Bern. Anfang des burgundi- schen Kriegs. Ausgang des bnrgundischen KriegS. Frei- burg wird frei...... Der Leldentag bei Giornico. — NiklauS von der Flue. — ,Freiburg und Solotburn im Schweizerbund. — HanS WaldmannS Untergang i» Zürich .... Der Schwabenkrieg. Die EidSgcnoßenschaft der dreizehn Orte bildet sich . . . (1470 Von der Sttrenwildbeit und den Lohnkriegen der Schweizer, und wie sie dafür Veltlin und die italienischen Vogtcien erwarben.(>5oo Wie die kirchliche Trennung der Schweizer den Anfang nimmt.(ISIS Die Zwietracht in Kirchensachcn nimmt übcrhand ....... (1527 Der Kappeler Krieg. Zwingli' S Tod. Schultheiß Meng, von Solothurn . (1531 Genf trennt sich von Savoien. — Bern bemeistert sich des WaadrlandeS . . (1L3Z Glaubenshaß in den italienischen Vogtcien, i» Bünde» und überall. Der Kalender- streit und der BorromLische Bund. . (155S Aufstand in Müblhausen. Die beiden Rboden von Avpcnzell trennen sich. Der Herzog von Savoien will Genf überrumpeln . (<5»7 Unruhen in Viel. — Verschwörung gegen Genf. —Der schwarze Tod. —Anfang der Bürgerkriege in Bünden. . . . (lüvZ Entsetzlicher Untergang von PlurS. Der Vcltlinermord. Bürgerkrieg in Bünden (161» Dir Bündiicr werden von den Oesterreich«» unterjocht. .. Die Bnndncr erretten ihre Freiheit . Von den Unruhen der EidSgenoffen während des dreißigjährigen deutschen Glaubenskrieges, und wie die Unabhängigkeit des GchweizeriandeS gegen das deutsche Reich festgesetzt worden ist .... Wie die Bauern in den Kantonen Luzern, Bern, Solotburn und Basel Aufruhr beginnen und darin verderben. Religionskrieg. DaS Treffe» bei Villinergen. 0Iii7t?an8 In gz.'git.'nr 1450) 82 (1450 — «6») 87 1476) 9t 1417) A5 (1478 — 1487) IM > 1500) IM > 1525) 11t 1527) 115 1530) 12» 1533) 123 15L») 127 1586) 131 160?) 1Z5 1618) 13- 1621) 143 1630) 147 1640) 151 (1621 (1630 (1618 — «64») 155 Aufstand in Basel. Die Pestilenz Wie die Leute im Toggcnbnrg durch den Abt von St. Gallen uzn ihre allen Freiheiten gebracht worden sind und waS daraus entstanden . (1648 (1656 165L) 1ü» 16S?) 1Ü7 (1700 — 1712) 172 260 46. Der Toggenburger Krieg. Die zweite Schlacht bei Viümcrgen. Der Aarauer Friede . (>712 — 1718) 46. Zustand der Schweizer im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts. — Thomas Mahners Streirhandel .... (1701 — 1714) 47. Unruhen tu Zürich, Schafbauien und dem BiStbum Bafel gegen Wlllkühr . . (1714 — I7ga) 43. Aufstand der Werdcnbcracr gegen GlaruS. — — 49. Parterwuth und Unruhe im Zügerland. Des AmmannS Schumacher Gewalt u. Unglück — — 40. Der .Harten und Linden Streik in Appcnzell Ausser-Nhoden.— — 41. Henzi'S Verschwörung in Bern. . . (i7äo — 174 ») 42. Von dem Aufruhr un Livinerchal . . (<75o — 17 ;;) 44. Warum die alte EidSqenoffenlchafr immer in größer» Verfall gekommen. — Die belvelische Gesellschaft .... (I7L5 — 176 I) 44. Wie König Friedrich der Große, als Fürst von Neuenburg, gegen die Unterthanen edrlmüthig ist.. (1762 — t77o) 44. ParreihLndel in der Stadt Luzcrn. Geschichte vom Landainniann Guter in Avoenzell Jnncr-Rboden. . . . (>77o — 1734 ) 46. Unruhen und VolkSaufstand imK. Fretburg. (>7Si — 1790 ) 47. Unruhen im BiStbum Basel, im Waadt- lande und Bündnerlande . . . (1790 — 1791) 43. Geschichte von den Parteien und Grüne!» in der Stadt Gent.(1707 , 797 ) 49. Von der alten Landschaft St- Gallen und dem weisen Abt Beda; auch wie am Zürichsee Unruhen auSbceche». . . (1794 — t797) 60. Untergang der alten EidSgenossenfchaft.— Einbruch der Franzosen in'S Land. . (>797 — >798) 61. Wie daS Schwcizervolk große Notb leidet, bis es sich zu einer EidSgenossenfchaft herstellt.(>798 - 1803) 62. Navoleon Buonaparte gibt den Echweizei» enie VermittelunaSnrkunde . . . (1803 — 1813) 63. Die Schweizer vernichten Napoleons Vc» mittelunaSurkunde und zerfallen, bis abermals fremde Möchte die Zerwürfnisse entscheiden, mit Gründung einer neuen EidSgenossenfchaft von zweiundzwanzig Kantonen.(>»>3 — >8is) 64. DaS Schlußwort. Seit« 176 181 184 188 191 194 199 203 206 210 21 ,; 2!3 222 226 231 236 242 246 240 244 t. s ^ > /' WMÄ E^L > ,>> ^'- - . > . 7 - ->- ^ «—^v -"--<' >'^.- ;.s>LL