) _ EMU-- Griechische Prosaiker i n neuen Übersetzungen. ' Herausgegeben von G. 8. F. Tasel, Professor zu Tübingen. C. N. Osiand er und G. Schwab, Professoren zu Stuttgart. Zwei und neunzigstes Bündchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mörschner und Jasper in Wi-en. i 8 L i. Tassiu« Dio'S Römische Geschichte, übersetzt r>»„ , v. Leonhard Tafel, iUerreallehrer an dem Gymnasium zu Ulm. Erste Abtheilung. Stuttgart, Verlag der I. B. M.etzler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mörschner und^Jasprr in Wien. 1 8 2 5 . Cass i us D i o' s Römische Geschichte^ übersetzt von v. Leonhard Tafel, Oberreallehrer an dem Gymnasium zu Ulm. Erstes Bündchen. Stuttgart, Verlag der I. D. MeHler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Morsch »er und Jasper in Wien. I s z I. - vo > Einleitung. Cassius Dio Coccejanus ward zu Nicäa in Bi- thynim in der Nähe des durch seine Fische berühmten Asclepischen See's um das Jahr der Erbauung Roms 908., 4.55. der christlichen Zeitrechnung, geboren. Den Beinamen Cassius scheint Einer seiner Vorfahren von einem Cassius, der ihm das Römische Bürgerrecht verschaffte, angenommen zu haben. Sein Vorname ist unbekannt. Dio Coccejanus hieß er nach seinem mütterlichen Großvater Dio Chrysostomus, welcher sich den Beinamen Coccejanus wahrscheinlich zu Ehren des Kaisers Coccejns Nerva beigelegt hatte. Sein Vater Cassius Apronianus, Römischer Senator, wurde unter Mark Aurel, vermuthlich um das Jahr 4.63, Statthalter in Cilicien, wohin ihn Dio begleitete, um sich unter ihm, nach der Gewohnheit der jungen Römer, praktisch auszubilden. Nach Rom zurückgekehrt, ward er unter Mark Aurel, oder gleich nach dessen Tode (im Jahr der 6 Einleitung. Stadt 933, nach Christi Geburt 180) noch vor der Ankunft des Commodus, in den Senat aufgenommen, aber unter Letzterem zu keinen Ehrenstellen befördert. Während der dreizehn Regierungsjahre desselben brachte er es kaum zur Qnästur und zur Aedilität, und blieb zu Rom, wo er seinen Freunden in ihren Nechts- händeln beistand und wissenschaftlichen Arbeiten gelebt zu haben scheint. Als aber Pertinar, der sein Freund war, (i. I. d. St. 946 , n. Chr. Geb. 193) auf den Thron gelangte, ward er theils auf andere Weise ausgezeichnet, theils auch zum Prätor für's folgende Jahr designirt. Als, nach dessen Ermordung durch die Soldaten, Julianus als Meistbietender den Thron erstanden, hörte er in aller Devotion dessen Rede in der Curie, bestätigte ihn mit seinen Collegen in der Kaiserwürde, und machte ihm, der so eben noch die Leiche seines kaiserlichen Freundes und Gönners verhöhnt, mit Jenen seine Aufwartung in dem Palast, um ihm zur Thronbesteigung Glück zu wünschen. Bald darauf, als ein neuer Herr der Stadt sich naht, erscheint er gleich bereit in dem Senat und verurtheilt den machtlosen Julianus zum Tode, ruft den Seve- rus auf den Thron und beschließt dem ermordeten Pertinar Heroenverehrung. Ein neuer Glücksstern scheint Dio unter Severus aufzugehen. Seine Schrift über die Träume und Wunderzeichen, welche Diesem Hoffnung 7 Einleitung. zum Kaiserthrone gemacht, ward von dem neuen Kaiser huldvoll aufgenommen, und Dio erhält in der folgenden Nacht im Traume die göttliche Weisung, Geschichtschreiber zu werden. Er schreibt die Regierungsgeschichte des Commodus, wozu er schon früher die Materialien gesammelt hatte, während er, in Rom anwesend, Augenzeuge von dessen Unthaten war, übersendet sie dem Severus bevor derselbe noch wider den Gegenkaiser Niger zu Felde zog, und findet so günstige Aufnahme, daß er die ganze Römische Geschichte zu schreiben beschließt. Als aber Severus , nach Besiegung des Albinus, den Senat, welchen er einer günstigen Gesinnung für Diesen beargwohnt, hart anläßt, den Commodus verehrt und seinen Bruder nennt, wird Dio's schriftstellerischer Eifer abgekühlt, und muß von der Göttin im Traume durch Verheißung der Unsterblichkeit auf's Neue angefeuert werden. Jetzt sammelt er zehn Jahre lang die Materialien seiner Römergeschichte und verwendet zwölf weitere Jahre auf die Bearbeitung derselben, was nach Reimarus so zu verstehen ist, daß Dio, vom Jahr der Stadt 954, nach Chr. 201; bis 964, nach Chr. 2kl, sich die historischen Belege verschaffte, wozu er in Rom die beste Gelegenheit hatte, und nach dem Tode Sever's mit der Bearbeitung des gesammelten Stoffs bis zum Jahre d. St. 975, nach Chr. 222 , wo Alerander Severus zur Regierung gelang- 8 Einleitung. te, fortgefahren und im Sinne gehabt hat, das Uebrige bis zu seinem Tode nachzufahren, davon aber, durch Letzteren zu wichtigen Staatsgeschäften und von einer Statthalterschaft in die andere gerufen, abgestanden ist, und, zumal von Alter und Krankheit geschwächt, die Geschichte Alerand er's und seiner Zeit nur noch obenhin berührt hat. Was nun seine politische Laufbahn betrifft, so bekleidete er im Jahr der Stadt 947 nach Chr. 1.94 unter Severus die Prätur, zu welcher er von Perti- nar designirt worden war. Beim Ausbruche des Kriegs zwischen Severus und Albinus gehörte er zu denjenigen Senatoren, welche, mit kluger Vorsicht, den Ausgang erwartend, sich öffentlich weder für den Einen, noch für den Andern entschieden. Dieß und Sever's Sinnesänderung in Betreff des Commodus waren vielleicht hauptsächlich Schuld, daß er von Diesem zu keiner Ehrenstelle befördert, noch außerhalb Roms verwendet wurde, sondern in Muße theils in Rom, theils in Capua seinen historischen Studien sich widmen konnte. Nach der Ermordung seines Bruders Geta Alleinherrscher, blieb der tyrannische Caracalla stets der Lehre seines Vaters Severus: „Bereichert die Soldaten und verachtet die Andern!" eingedenk, schaffte durch jederlei Bedrückung die zur Befriedigung seiner Soldaten erforderlichen Summen herbei und suchte das Vermögen 9 Einleitung. der angesehenern Senatoren planmäßig zu Grunde zu richten. — Immer mußten ihn, wie Dio selbst erzählt, wenn er Rom verließ, Senatoren begleiten, und ihm, auf eigene Kosten mitten auf seinen Reisen Häuser, Absteigequartiere, und wo er überwinterte, Amphitheater und Rennbahnen erbauen und Wild zur Jagd Herbeitreiben lassen. So mußte ihm denn auch Dio, welcher jetzt zum erstenmal Italien verließ, nebst Andern auf seiner Reise in den Orient folgen, vorgeblich, weil sie dem Kaiser zu den Gerichtssitzungen und zur Bewachung nöthig wären, in der That aber, um seiner Willkühr ihr Vermögen aufzuopfern und den Soldaten und Eunuchen zur Zielscheibe des Spottes zu dienen. In den Winterquartieren in Nicome- dien wurden sie, nach Dio's eigenem Geständnis;, oft vor Tagesanbruch von dem Kaiser zur Gerichtssitzung oder zum Rathe berufen und mußten bis Mittag, zuweilen sogar bis Abend vor der Thüre warten, ohne eingelassen oder bewillkomme zu werden, während er wilde Thiere erlegte, im Wagen fuhr, Fechterspiele trieb, oder mit den Soldaten Trinkgelage hielt. Auf seinem Zuge wider die Parther scheint ihn jedoch Dio nicht begleitet zu haben, sondern irgendwo in Vorder- asien zurückgeblieben zu seyn, wo ihn dann Macrinus, nach Caracalla's Ermordung, zum Statthalter in die unruhigen Städte Smyrna und Pergamus berief. 10 Einleitung. Hier blieb er, bis nach Heliogabal's Falle Alexander Severus auf den Thron gelangte. Nach dieser Statthalterschaft begab er sich in seine Vaterstadt Nicäa und erkrankte daselbst. Während seines dortigen Aufenthalts scheint er, vielleicht zur Belohnung seiner Dienste in den beiden Städten, zum erstenmal zum Consul ernannt worden zu seyn, sein Amt aber, der Krankheit wegen, nicht angetreten zu haben. Aus Asien ging er als Proconsul nach Afrika, und wurde, kaum von da zurückgekehrt, nach Dalmat-ien, wo auch sein Vater Statthalter gewesen, abgeschickt, und im folgenden Jahre mit der Verwaltung des obern Pannonien beauftragt. Wegen der Strenge aber, womit er auf Mannszucht hielt, mißfiel er den Soldaten, so daß bei seiner Rückkunft nach Nom die zügellosen Prätorianer, die Mörder des Hauptmanns der Leibwache, Ulpianus, Gleiches auch von sich befürchtend, seinen Kopf verlangten. Der Kaiser aber nahm ihn in Schutz und ernannte ihn, außer andern Auszeichnungen, für's nächste Jahr zu seinem Collegen in dem Consulat, indem er die damit verbundenen Kosten aus der eigenen Kasse bestritt. Um ihn der Wuth der erbitterten Prätorianer zu entziehen, erlaubte er ihm, die Zeit seines Amtes außerhalb der Stadt in irgend einem Theile Italiens zuzubringen. Nach Ablauf derselben erschien er wieder ungefährdet in Rom, erbat sich aber, im Alter Einleitung. vorgerückt, und überdieß an einem Fußübel leidend, von dem Kaiser die Erlaubniß, sich von den öffentlichen Geschäften in seine Vaterstadt Nicäa zurückziehen zu dürfen, um dort den Rest seiner Tage in Ruhe zu verleben und die letzte Hand an sein Geschichtwerk zu legen, das er denn auch, auf Befehl seines Genius mit den Homerischen Worten: „Hektorn aber entrückt aus Geschossen Zeus, aus dem Staube, Weg aus dem tvdtlichen Kampf, aus Blut und Schlach- tengetümmel!" beendigte. So viel von dem politischen Leben Dio'ö. — Daß unser Römischer Senator zu lange nach dem letzten Römer gelebt, um noch einen Funken altrömischen Stolzes in sich zu fühlen, belegt er selbst überall mit bewnndernöwerther Naivetät durch die sprechendsten Beweise; und doch gehört er, was freilich nicht viel heißen will, noch zu dem bessern Theile seiner Mitbürger, und tritt sogar hin und wieder, wo es ohne eigene Gefahr geschehen kann, für das Bessere auf. Sobald es aber gilt, der eigenen Sicherheit seine Ehre zum Opfer zu bringen, entblödet er sich nicht, gegen die verworfensten Ungeheuer zu kriechender Schmeichelei sich zu erniedrigen und unbedenklich zum Werkzeuge ihrer Willkühr sich herzugeben. 12 Einleitung. Sey dem, wie ihm wolle, Dio hat die Attischen E Musterwerke auf's Fleißigste studirt und sich deren 1 Sprache so zu eigen gemacht, daß er nicht leicht ge- 1 gen die Regeln derselben verstößt; — sein Styl ist, ^ Dank seinen Attischen Lehrern, meist kunstgerecht, sein Ausdruck gewählt, überall finden wir Reminis- < cenzen aus Plato, Lenophon, Demosthenes u. s. w.; § Perioden, trotz denen seines Vorbilds Thucydides, r mit Parenthesen ausgestattet; — schade aber, daß ^ es ihm au jener nicht aus Büchern erlernbaren Ge- ^ nialität ermangelt, welche die Meisterwerke eines Thu- * cydides, eines Tacitus beseelt. Nur eine mit ihren ^ Zeitverhältnissen zerfallene Persönlichkeit konnte dem ^ Geist und dessen Abdruck, der Rede, jene kernige Ge- ^ drungenheit geben, die wir an Jenen bewundern. — ' Ueberall aber finden wir bei Dio keine Spur einer sittlichen Indignation über sein allen höheren Regungen er- ' storbenes Zeitalter — und die Worte und Redensarten, * die er aus dem besseren Alterthum erborgt, dienen nur ^ dazu, die Blößen der Erbärmlichkeit seiner Zeit zu de- ^ cken. Wenn nun aber die der Tugend abholde Ge- ^ meinheit und Niedertracht nicht nur selbst unedel denkt . und handelt, sondern alles Große und Hohe haßt und ' anfeindet — darf man sich wundern, daß Dio, der ^ dem Cicero, trotz dessen Schwächen, und andern von ' ihm angefeindeten Männern das Wasser nicht reicht, ^ sie zu sich herabzuziehen sucht? Eben diese Jndivi- 13 Einleitung. dualität aber gibt ihm z. B. vor Tacitus einen freilich nicht rühmlichen Vorzug; er gibt uns in sich selbst ein treues Abbild seiner Zeit, wir sehen in ihm den Caracallischen Römer, wie er leibt und lebt. Weiter erkennen wir in ihm den Mann seiner Zeit auch darin, daß er statt großartige Umrisse der Geschichte des Römerreichs, die Gestaltung des Rechtszustands u. s. w. zu geben, uns mit Spielen, Schauspielen, Trinkgelagen und Narrheiten der Kaiser unterhält. Daß er Träumen und Wunderzeichen so viel Glauben beimißt, lag, wenn man nicht auch hierin eine Nachahmung der Alten, z. B. Xenophon's, annehmen will, gleichfalls im Geiste seines Zeitalters, da selbst die Philosophen die untergehende heidnische Religion aufrecht zu halten suchten, indem sie ihre Wunder denen des Christenthums entgegensepten. Nehmen wir aber auch alles Dieß und noch weiter an, daß er nicht selten sich Verstöße gegen die Geschichte zu Schulden kommen läßt, so sagen wir damit nicht, daß seine Geschichte für den Geschicht- sorscher nicht von hohem Werthe sey. Eben seine Persönlichkeit, sein Unwerth als Mensch macht nicht selten, daß man in ihm Aufschlüsse findet, die man anderswo vergeblich sucht. Er wird nicht von Enthusiasmus für das Hohe bethört, durch keine Scheu abgehalten, überall auch die geringsten Fehler aufzudecken und dem gefeierten Manne die Nativität zu 14 Einleitung. stellen. Auch hier ist, wie überall das -nnliswr er sltsra xsrs von hoher Bedeutung. Kein Charakter ist, wie eine tägliche Erfahrung lehrt, ganz vollendet, und würde meist überschätzt, wenn ihm nicht böswillige Laurer seine Schwächen absehen würden. Er konnte, die Fehler der Einzelnen zusammenstellend, uns ganz andere Menschen zeigen, als wir sie uns aus den Schilderungen anderer Schriftsteller constrnirten. Wenn z. B. Tacitus in Seneca mehr den tüchtigen Philosophen, den Mann von hohem Geiste, unerschütterlicher Seelenstärke, und vielseitigem Wirken betrachtet, so gibt unö Dio die Schattenseite des berühmten Mannes. — Unstreitig hatte er die Römische Geschichte mit großem Fleiße studirt und die Begebenheiten streng chronologisch geordnet, und mit genauester Bestimmung der Oerelichkeiten überliefert; obgleich, wenigstens bei der frühern Geschichte, was bei der Bearbeitung dieses endlosen Stoffs fast unvermeidlich war, manche Versehen mit unterlaufen. Als Gelehrter und Staatsmann liefert er uns für die Kenntniß der Staatseinrichtungen, der Gesetze und Gebräuche, des bürgerlichen Lebens, während die Frühern das um sie her Bestehende, weil es noch bestand, aufzuzeichnen und historisch zu begründen unterließen, die unschätzbarste Ausbeute. Wie wenig wüßten wir ohne Dio von den Zeiten Augusts! Für seine Zeitgeschichte, wo er Alles selbst gesehen und gehört, selbst grv- Einleitung. L5 ßen Antheil an der Staatsverwaltung hatte, und alles Nöthige durch zuverläßige, glaubwürdige Männer erfahren konnte, gibt er uns die wichtigsten historischen Aufschlüsse, die ohne ihn nicht auf uns gekommen wären. Leider besitzen wir davon fast nur den unvollkommenen Auszug Xiphilin's, der durch seine Kürze vielleicht manche wichtige Thatsache überging oder entstellte; auch die Ercerpemen Constantin's geben oft gerade das Gegentheil von dem, Was Dio berichtet hatte. Die Schriften, als deren Verfasser er aufgeführt wird, sind folgende: 1) Das Buch von den Träumen und Wunderzeichen, welche dem Seve- nus Hoffnung auf den Kaiserthron machten, 2) die Geschichte des Commodus, die er wahrscheinlich größten Theils seiner 3) Römischen Geschichte einverleibte. Sodann nennt ihn Snidas als Verfasser 4) einer Geschichte des Kaisers Tras an. Diese ließ sich aber eher von Dio Chryso- stomus erwarten; doch konnte unser Dio von Jenem überkommene Notizen benützt und bearbeitet haben. Das Hauptsächlichste davon, wenn er wirklich der Verfasser war, besäßen wir in seiner Römischen Geschichte. Auch wird ihm 5) eine Lebensbeschreibung des Philosophen Arrian's von Suidas zugeschrieben, 6) die Persische Geschichte aber, welche derselbe ihm zutheilt, ist wahrscheinlich, durch 16 Einleitung. Verwechslung der Namen, die des Dinon, welcher von vielen Schriftstellern als Verfasser einer solchen citirt wird. 7) Die Reisebeschreibung, als deren Verfasser Suidas gleichfalls den Dio nennt, ist ebenfalls eher von Dio Chrysostomus, von dem man weiß, daß er viele Länder bereiste; doch konnte unser Dio die Materialien von seinem mütterlichen Großvater erhalten, vervollständigt und bearbeitet haben. 8) Endlich wird auch die Getische Geschichte, welche Suidas, Jornandes und Freculphus dem Cassius Dio zuschreiben, mit größerer Wahrscheinlichkeit dem Prussischen Dio zugewiesen. Dio schrieb seine Römische Geschichte, nach dem Zeugnisse der Alten in achtzig nach Decaden eingetheilten Büchern, und begann mit der Ankunft des Aeneas in Italien. Die ersten fünf und vierzig Bücher sind blos noch in Bruchstücken vorhanden. Die bedeutendsten frühern enthalten in der Reimarischen Ausgabe des Dio 1) die Nummern l — XX, Dio- nische Bruchstücke von Valesius aus verschiedenen Schriftstellern gesammelt, hinter den Peirescischen Excerpten, 2) die Nummern XX — 6X1., Bruchstücke in den von Valesius herausgegebenen Sammlungen des Constantinus Porphyrogeneta, 3) die Nummern 6X6 — 66XXVIII, Dionische Bruchstücke der ersten vier und dreißig Bücher aus des Fulvius Ursinus Selecten, aus den Constantinischen Excerpten über die 17 Einleitung. Gesandtschaften. Einen sehr reichlichen Beitrag lieferte in neuester Zeit Majo aus einigen Codd. der vatica- nischen Bibliothek. Die Bruchstücke aus einem vatikanischen Palimpsest gehören zu dem Constantinischen Titel über die Sentenzen, und reichen von dem letzten Theil der Vorrede Dio's bis zur Schlacht bei Cannä, wo bis zur Geschichte August's eine Lücke eintritt. (Lorixtvrun, veterura Nova vollevtio etc. rom. II. S. i35 — 233.) Auch von der Kaisergeschichte finden sich daselbst neben bekannten auch unbekannte Stellen, nebst verschiedenen Lesarten für die bekannten. Eine zweite Quelle boten ihm zwei Codd., welche Ercerpte des Marimus Planudeö aus verschiedenen Schriftstellern enthalten — und eine dritte Quelle eine ungedruckte Blumenlese des Vaticans — S. 527 — 555 — bis zum sieben und siebzigsten Buch; «in Bruchstück aus des Georgidius ungedruckter Blu- menlese, Majo S. 559; aus Antonius Melissa S. L60 (Num. 107 — 111.); aus der von Arsenals Herausgegebenen Blnmenlese, Majo S. 560 — 562 a) und wo er Dieß nicht mehr kann, d. h. bei Alexander Severus, ausdrücklich sich entschuldigt. Erscheint seine Geschichte übrigens mit Heliogabalus beschlossen, und die ersten Regierungsjahre des Aleran- Ler Severus nur noch als eine csxtstlo Kenevolantise beigefügt zu haben. Da aber die Bruchstücke in dem vaticanischen Palimpsest bis in die ersten Regierungsjahre Conffantin des Großen ununterbrochen fortlaufen, so muß die Dionische Geschichte von einem Unbekannten, nach Seite 244 zn schließen, einem Chri- Aen, fortgesetzt worden seyn. Wie weit sich diese Fortsetzung erstreckte, ersieht man nicht, da gleich nach den ersten Regierungsjahren Eonstantin's die Blätter des Palimpsest's abbrechen. Weil aber auch Planu- des , bei seinen Bruchstücken aus Dio, jenen Anhang kennt und mit Gratian's Geschichte schließt, folgert Majo mit Recht, daß diese Fortsetzung bis dahin gereicht, und daß der Verfasser zu dieser Zeit gelebt haben müße, und vermuthet, daß es Johannes An- tiochenus war, dessen Archäologie der Ausziehet- Con- stantin's in dem von Valesius herausgegebenen Pei- r-sscischen Coder compilirt. Einleitung. 2! Bei der Übersetzung habe ich die Stnrz'sche Ausgabe zu Grunde gelegt. Daß ich die verdienstvolle Übersetzung von Lorenz, so weit sie erschienen ist, verglichen und berücksichtigt habe, wird mir in keinem Falle von Billigen zum Vorwürfe gemacht werden. Ulm, den -8. Jan. ,8L». v. Leonhard Tafel. Cassius Dio's Römische Geschichte, B r u ch st ü ck e auS den ersten vier und dreißig Büchern nach der Zeitfolge geordnet. i. Einleitung Dio's in seine Geschichte. Ich werde mich bestreben die denkwürdigen Thaten der Römer in Krieg und Frieden so zn beschreiben, daß weder Einer von ihnen fden Römernch noch die Andern etwas Nothwendiges vermissen sollen '). 3 . Ich las fast Alles, was über sie sdie Römers geschrieben worden ist, nahm aber nicht 'Alles auf, sondern nur was ich ausgewählt. Daß ich mich aber eines, sofern die Gegenstände es erlaubken, gefälligen Vertrags befließ, darf keinen Verdacht gegen dessen Treue erregen, was Andern schon begegnet ist) denn ich ließ mir Beides möglichst angelegen seyn. *) Dieses Bruchstück ist in der Reimar'schen Ausgabe der Num. 20. zugetheilt; wohin es jedoch nicht gehöre« kann. Vergl. mein« Vorrede. Cassius Dio's Römische Geschichte. Fragmente. 23 Ich beginne in derjenigen Zeit, wo die Ueberlieferung von dem Lande, das wir bewohnen, Licht gewinnt. Das Land, in welchem die Hauptstadt der Römer erbaut ist ') - Roms Ursprung. Aeneas also kam aus Macedvnien nach Italien, welches früher Argessa, dann Saturnia, von Kronos, (denn der fGriechischej Kronos heißt beiden Römern Saturnus,)hierauf, nach einem gewissen Auson, Ausonia, später Tyrrhenia hieß. In der Folge ward von einem Jtalns, oder von einem der von Hercules weggetriebenen Geryonischen Stiere, der von Rhegium nach Sicilien in das Flachland des Eryr, Königs der Elymer, eines Sohns von Neptun, hinnberschwamm, das Land Italien genannt. Denn die Tyrrhener nennen den Stier Jtalns. So erhielt denn das Land den Namen Italien, über welches zuerst Picus, dann sein Sohn Fannus König war. Als Herkules mit den übrigen Stieren des Geryon dahin *) **) kam, zeugte *) Maja 8orijitorum veterum nova collccnio e Vstieauis co- cilLidus eclita Dom, II. Uistoriaoruin Orueaorum parier uc>vss complcetsns. S. 1Z5. (Bergt, die Vorrede zu dieser Uebersetznng.) In diesem sind die Worte: rwr- rrkpt — 7ia(»kX«/)ozlkv mit dem in inei-, ner Uebersetznng durch einen Punkt getrennten rr)v Xwpan r«vr?-v — ärv tikTroXrcrr«», durch ein bloßes Komma getrennt. Maja vermuthet aber mit Recht, daß Dio, ähnlich dem OionpsiuS, mit letzter» Worten seine eigentliche Geschichte begonnen habe. **) Ich lese mit Stur» sxkiok statt exksvoc,'- 24 Cassius Dio'S Römische Geschichte. er mitFaunu's Gemahlin*) den Latinus, welcher über die dortigen Einwohner herrschte und ihnen allen den Namen Latiner gab. Fünf und fünfzig Jahre nach Hercules kam der vorerwähnte Aeneas, nach der Eroberung Trvja's, nach Italien und zu den Salinen,; er legte bei Laurentium, das auch Troja heißt, nächst dem Flusse Numicius an, und mit ihm sein Sohn von der Creusa, Ascanius oder Jlus. Als hier seine Gefährte» die mondlömige Unterlage ihrer Mahlzeit**) aus Brodrinden bestehend (denn sie hatten keine Tische) auf- speisten, und ein weißes Mutterschwein, aus seinem Schiffe auf den nach ihm benannten Albanerberg entsprungen, daselbst dreißig Junge warf —zum Vorzeichen, daß seine Söhne in dreißig Jahren im Besitze des Landes und der Gewalt seyn würden — beschloß er, eingedenk eines Götterspruchs, seineJrrfahrt, opferte das Schwein und traf Anstalt, eine Stadt zu gründen. Latinus wehrte es ihm zwar; aber im Kriege besiegt, gab er dem Aeneas seine Tochter Lavinia zur Gemahlin. Aeneas baute jetzt eine Stadt und nannte sie Lavinia. Als aber Latinus und der König der Rutnler, Turnus, im Kriege, gegenseitig durch einander, gefallen waren, ward Aeneas König. Nachdem aber auch Aeneas zu Laurentium im Kriege gegen dieselben Rutuler und den Tyrrhenerkvnig Mezentius geblieben und seine Gemahlin Lavinia schwanger hinterlassen, kam sein *) Sturz liest Fvvaroös statt vvr-aexas) vergl. Austinus Xllll, 1. **) Ich lese »ach dem Borschlag von Toup und Sturz naiag (statt okktUti-ax, aus Eppich), platte Brodkuchen, die in den ältesten Zeiten die Stelle des Brods und im Nothfall auch der Teller und Schüsseln vertraten. Fragmente. 28 Sohn von der Crensa, Ascanius, zur Herrschaft. Dieser überwand den Mezentius, da er keine Friedensbotschaft annahm , sondern einen jährlichen Tribut aus ganz Latium verlangte, in einer entscheidenden Schlacht. Mit dem dreißigsten Jahre ging das Vorzeichen des Mutterschweins in Erfüllung, und die Latiner begnügten sich, zu größerer Macht angewachsen, nicht mehr mit Lavinia, sondern bauten eine andere tztadt, Alba Lvnga, die sie nach dem Mutterschwein, die Weiße, und von ihrer Lage, die Lange benannten; auch den Berg hießen sie den Albanischen; nur die von Troja mitgebrachten Bildsäulen der Götter wurden nach Lavinia geschafft.. Nach des Ascanius Tode regierte nicht dessen Sohn Julus, sondern des Aeneas Sohn von der Lavinia, SilviuS, soder nach Einigen des Ascanius Svhn Silvius *)j; dem Silvius folgte ein zweiter Aeneas, diesem Latinus, dann Capys; dem Capys sein Sohn Tiberinus; diesem Amulius und diesem wieder Aventinus. So viel von Alba und den Albanern. Nun die Geschichte Roms. — Aventinus zeugte Numitor und Amulius. Den König Numitor stieß Amulius vvm Thron und tödtcte den Sohn Numitors Aegestes auf der Jagd. Des AegesteS Schwester aber, die Tochter des vorgenannten Numitor, Sil- via oder Rhea Jl-a machte er zur Priesterin der Vesta, damit sie Jungfrau bliebe; denn er fürchtete sich vor einem Orakelspruche, nach welchem er durch Numitors Kinder umkommen sollte. Deßwegen tödtete er den Aegestes, und sie machte er zu einer Priesterin der Vesta, damit sie Jung- *) Diesen Zusatz gibt die Dasler Ausgabe. 26 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. frau und kinderlos bliebe. Als fle aber einmal in dem Marshaine Wasser schöpfte, ward sie schwanger und gebar den Romnlus und den Romus *). Auf die Fürsprache von des Amulius Tochter blieb sie am Leben; die Kinder aber wurden dem Hirten Faustulns, dessen Gattin Laurentia hieß, übergeben, um sie in den Tiberfluß zu werfen. Seine Frau aber nahm sie zu sich und erzog fle; denn sie hatte gerade damals ein todtes Kind geboren. Als Romnlus und Romus heranwuchsen, thaten sie Hirtendienst auf den Gütern des Amulius. Weil sie aber einige Hirten ihres Großvaters Numitor erschlagen hatten, fischte man sie zu sahen. Romus ward aufgegriffen, Romnlus aber lief hin und meldete es dem Faustulns, dieser eilte, die Sache dem Numitor zu hinterbringen. Endlich erkannte sie Numitor für die Kinder seiner Tochter. Von vielen Andern unterstützt brachten sie den Amulius um, übergaben dem Großvater Numitor die Herrschaft über Alba, sie selbst aber begannen die Gründung Roms im achtzehnten Lebensjahre des Romulus. Vor diesem großen Rom, welches Romulus um das Haus des Faustulns auf dem Palatinischen Berg anlegte, war schon ein Anderes in Gestalt eines Vierecks von einem älteren Romus oder Romes angelegt gewesen. **) *) So schreibt Potter nach den zwei Handschriften für'-Lpß- juou«, den» einige Griechische Geschichtschreiber und Andere nennen des Romulus Bruder nicht Rcmus sondern Romus. *') Dieses Bruchstück gibt Valesiur aus den Schotte» des Jsaak Tzeyes zu Lykophrons Kassandra (S. 158 zu Vers 1232.) als ein Dionisches, obgleich es vielleicht blos aus Di»'s Geschichte in's Kurze gezogen ist. 27 Fragmente. 4. Frühere Benennung Italiens. Unter Ausonicn wird, wie Dio Coccejanus berichtet, eigentlich blos das Land der Anrunker zwischen den Campa- nern und Volskern längs dem Meere hin verstanden. Viele aber sind der Meinung, Ausonien habe sich bis an Latium hin erstreckt, so daß dann ganz Italien davon benannt worden sei. *) L. Oenotrien. Wo jezt Rom steht, war vorher eine Gegend Oenotria genannt, wo sich Philoctet nach der Zerstörung Jliums niederließ, wie Dionysius, Dio und alle Römischen Geschichtschreiber berichten. **) K. Lignrien. Die Ligurer bewohnen das Küstenland von Tyrrhcnien bis an die Alpen und Gallien, wie Dio berichtet. ***) 7. Calabrien. Die Iapygen und Apuler wohnen um den Ionischen Meerbusen. Das Volk der Apuler bestand nach Dio aus den Pcncetiern, den Pediculern, den Dauniern, den Tarentinern und den Sannen. Das Feld des Diomedes liegt in dem Daunischen Apnlien. Mesapygicn und Iapygien k) ward später Salenticn, dann Calabrien genannt. Die Stadt Dio- *) Reimar. Nro. 4. **) Geographisch richtiger und gemäßer den sonstigen Nachrichten über Philoctet schlägt Reimar. Nro. 5 vor, Croton oder Cortona oder Vruttien zu lesen. **') Neimar. Nro. 7 . 1) Reimar. will mit Andern Mesapien lesen. 28 Cassius Dio'S Römische Geschichte. med's Argyrippa veränderte nachher ihren Namen in Apu- lisches Arpi. *) 8 . Mesapygien und Japygien wurde später Salentien, dann Calabrien genannt, wie der Historiker Dio berichtet, der eine Geschichte der Römer geschrieben hat. Calabrien liegt «m Ionischen Meerbusen und am Adriatischen Meer **) g. Der Avernus. Nach Andern, Sotion, Agathvsthenes, Dio und den übrigen Geschichtschreibern ist der Avernus kein See noch Fels, sondern eine' Kluft bei Adiabene, über welche kein Vogel hinfliegen kann; die Ausdünstung aus ihr sey für sie und jede Thierart tödtlich gewesen. *") 10 . Dio sagt in Bezug auf die Tyrrhener: So viel mußte ich hier über sie berühren. Auch sonst werde ich, wenn es der Gang und die Ordnung der Geschichterzählung verlangt, das Gehörige zur Zeit einreihen; auch bei dem Andern werde ich mich auf das Nöthige beschränken, die Römische Geschichte möglichst vollständig geben, die der andern Völker aber blos, in so weit sie auf jene sich beziehen. — Denn der Mensch kann nicht Alles voraussehen, noch Was da nothwendig über ihn kommen wird, von sich abwenden.seyen Rächer des von ihm verübten Unrechts von jener Jungfrau geboren, b) *> Neimar. Nro. 8. Neimar. Nro. S. *") Reimar. Nro. 10. k) Maja S. 1L6. Fragmente. 29 Erbauung Roms. Daß Remus und Romulus unter sich in Zwist gerieten.aus dem Lande verbannten.daß es Menschen gibt, welche sich in Gefahren sicherer als im Glücke benehmen. Lernten es selbst und lehrten's die Andern. —Daß auch Solche, die an Andern Rache nehmen, nicht immer für das vorerlit- tene Unrecht Genugthuung erhalten; noch Diejenigen, welche von Mächtigern Etwas zurückverlangen, es erhalten, sondern das Uebrige oft noch dazu verlieren. *) ir. Als Romulns auf dem Palatium die Gestalt der künftigen Stadt Rom beschrieb, jochte er einen Stier mit einer jungen Kuh zusammen, so daß der Stier nach aussen, gegen das Feld, die Kuh aber gegen die Stadt gekehrt war, indem er hierdurch sinnbildlich den Wunsch ausdrückte, daß die Männer den Fremden furchtbar, die Frauen aber fruchtbare und treue Hausmütter werden möchten; sodann nahm er eine Scholle und warf sie von aussen in die Stadt, und bat die Götter, also von Fremdem ihren Besitz zu mehren. ") iö. Als in Rom der Grund zu einem Tempel gegraben wurde, fand man den mit Mordblut bedeckten Kopf eines neu- getödteten Mannes; woraus ein Etruscischer Wahrsager prophezeite, daß die Stadt das Haupt vieler Völker werden würde, jedoch nicht ohne Blut und Mord; daher wurde der Tarpcjische Berg jetzt der Capitolinische genannt. ***) ') Majo, S. izg. *') Majo S. 527. Söeudaselbst S. 528. 30 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. Milliarius heißt ein je nach tausend Schritten gesetzter Stein. Denn milli-» bedeutet das Griechische *) -5. Die Sabinerinnen. Jahr der Stadt - 7 . Hersilia und die andern stammverwandten Frauen rannten, als sie dieselben im Kampfe einander gegenüber stehen sahen, mit ihren Kindern (denn schon waren einige geboren) auf dem Arm, von dem Palatium herab, stürzten sich plötzlich mitten in die Schlachtgaffs, indem sie bald gegen diese, bald gegen jene gewendet, durch Worte und Geberden ihr Mitleid zu erregen strebten: „Was wollt ihr, Vater? Was ihr Männer? wie lange wollt ihr kämpfen? wie lange euch Haffen? Versöhnt euch mit enern Eidamen! Versöhnt euch mit euern Schwiegervatern! schont, bei'm Pan, eurer Kinder! schont, beim Quirinns, eurer Enkel! Erbarmt euch der Töchter, erbarmt euch der Frauen! Wollt ihr aber unversöhnlich seyn, behext und treibt euch ein böswilliger Gott: so töbtet zuvor uns, wegen deren ihr kämpft, erwürgt und schlachtet die Kinder hier, daß kein Name, kein Band der Verwandtschaft mehr zwischen euch bleibe und ihr das größte der Uebel gewinnet, daß ihr die Großvater der Kinder, die Väter der Enkel gemordet habt!" Mit diesen Worten zerrißen sie ihre Kleider, entblößten ihre Brüste und Leiber, und warfen sich und ihre Kinder den rings um sie gezückten Schwertern entgegen; so daß Jene über diesem Anblicke in Thränen ausbrachen und vom Kampfe abließen. Sie standen aber mitten auf dem Consilium, das von eben diesem Vorfalle seinen Namen erhielt; denn bei den Römern ») Majo S. 528, Fragmente. 3L heißt comire zusammenkommen. *) — Es ist nämlich ein großer Unterschied, ob Etwas erst eingerichtet wird, oder vorher bestanden hat und nur eine besondere Benennung erhält.**) 16. Eintheilung in Tribus und Curie». Tribus, Drittheil oder dritter Theil. Denn die dreitausend Bewaffnete des Romulns waren, wie Dio im ersten Buche seiner Geschichte sagt, in drei Theile, Tribus, d. i. Drittheile eingetheilt, was die Griechen PvXr)fPhylej nennen. Ein Tribus enthielt zehrn Curie», oder Phrontisterien. Denn das Lateinische Lur» Sorge, heißt bei den Griechen Phron- tis. In jeder Curie besorgten die Mitglieder in Zusammenkünften die etwa vorfallenden Geschäfte. Bei den Griechen heißen die Curie» Phratricn oder Phatrien, gleichsam Gesellschaften, Bruderschaften, Innungen, Zünfte; weil die Mitglieder dieser Phratrien ihre Ansichten nngeschent und furchtlos gegen einander anssprechen (phrazein) oder in'S Licht setzen (phainein) durften. (Als Solche, welche zu eigner Phratria gehören, werden auch Vater, Verwandte, Lehrer Phratores genannt.) Vielleicht hat man aber auch diesen Ausdruck aus dem lateinischen Frater, welcher Bruder bedeutet, herüber genommen. ***) 17. I. d. St. ,7. I. Die Römer, welche in ihren fortwährenden Unfällen eine göttliche Heimsuchung fanden, ließen, nach hergebrachter Sitte, als Ursachen» der göttlichen Strafe eine Bestalln, weil sie *) Majv «. 1Z6. 157. **) Ebendaselbst S. 157 . ***) Relinar. Nro. 1. 32 CassiuS Dio's Römische Geschichte. ihre Jnngfrauschaft hingegeben und durch widergesetzliche fleischliche Vermischung die heiligen Gebräuche geschändet, lebendig begraben. * * ) 18. Romulus herrscht nach Willkühr. I. d. St. Zg. Romulus war auf den Senat erbost und behandelte ihn etwas tyrannisch. So gab er für sich, ohne vorgäugige gemeinschaftliche Berathung, den Vejentern ihre Geiffel zurück. Als Dieß sich öfter wiederholte, und Jene sich darvb beschwerten, wurde er aufgebracht und sprach unter andern folgende harte Worte: „Ich wählte euch nicht, ihr Vater, damit ihr über mich herrschet, sondern um euch meine Befehle zu er» theilen. -g. Nnma Pompilius. I. d. St. Zg— 3 r. Numa wohnte, als Sabiner, auf dem Quirinalischen Hügel; ***) seine Königsburg aber hatte er in der heiligen Straße, und hielt sich gern in der Nähe des Destatcmpels auf, zuweilen aber lebte er auch auf dem Lande, l) Da er nun wußte, daß die Menschen das Nahe und Verwandte gering und für nichts Besseres als sie selbst erachten, das dem Anblick Entrückte und Fremdartige aber als etwas Höheres und Göttliches betrachten und verehren, so weihte er einen bestimmten Ort den Musen, lck) *) Majo S. 150. 151. ") Majo S. 158. ***) Nach Livius wäre dieser Hügel erst von Servius TuLins mit der Stadt vereinigt worden. -s) Reimar. Nro. 2ll, 1. li) Majo Vatic. Cod. (low. U. S. 158.) 33 Fragmente. 20. Durch sich selbst fügten sich jetzt die Römer geselliger Ordnung, da sie Kunde *) vom Göttlichen bekamen, lebten seit der Zeit während Numa's ganzer Regierung unter sich und mit den andern Völkern in Frieden, und hielten Jenen gleich Romulus für ein besonderes Geschenk der Götter. Die gründlichsten Kenner der Sabinischen Geschichte geben an, das; er am Tage der Gründung Roms geboren sei. So war denn die Stadt durch sie Beide in kurzem mächtig und geordnet, indem der Eine, wie es bei der neugegründeten Stadt nothwendig war, sie im Kriege übte, der Andere sie die Künste des Friedens lehrte; so daß sie in Beidcm sich gleich sehr hervorthat. **) 21. Janus. Der Römer Dion gibt an, daß ein alter Heros Janus wegen der Bcwirthung des Saturn mit der Kenntniß der Zukunft und der Vergangenheit begabt worden sei und deßhalb von den Römern mit zwei Gesichtern vorgestellt werde. Nach ihm sei der Monat Januarius benannt und mit diesem beginne das Jahr. ***) Tullus Hostilius. I. d. St. L-—>,i. Tullus galt für den tapfersten Helden gegenüber vom Feinde, Götterdienst aber mißschätzte und vernachlässigte er ganz, bis er, bei einer ansteckenden Seuche, auch davon be- *) Reimar. Nrr. 20, 2. Ich lese mit Sturz nach dem Vorschlage Rcimarus' statt nintV. **) Aus den Jahrbüchern des Georgius Cedrenns. S. 168. Dio Cassius. 1s Bdchn. 3 34 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. fallen ward. Jetzt verehrte er die andern Götter aufs Gewissenhafteste, und sehte noch die Collinischen Salier ein. *> Weder Tullus, noch Mettns wollte sich zu einer Veränderung seines Wohnsitzes verstehen; Jeder besorgte die Angelegenheiten seines Staats; Tullus that sich auf den durch Romulus erworbenen Ruhm und die Macht der Stadt, Fufferius aber auf Alba's Alter, und daraus, daß es die Mutterstadt vieler Andern und selbst der Römer war, nicht wenig zu Gute; so geriekheu stein jenen Streit und kämpften um die Oberherrschaft. — Denn sie sahen, daß sie, ohne Streit, bei gleichen Rechten unangefochten neben einander leben konnten. — Das dem Mensche» angeborne Wohlwollen gegen den Ebenbürtigen, und Sucht über Andere zu herrschen.... — Sie sprachen sich über diesen Gegenstand viel- fack aus, wie der eine Theil sich mit dem andern vertragen sollte, ohne die Sache zu einem Ende zu führen, und beschloßen daher die Entscheidung dem Kampfe zu überlassen. **> -z. Ancus Marcius. 2- d. St. -,5. Marcius welcher sich überzeugt hatte, daß, Wer im Frieden leben wolle, sich nicht begnügen dürfe, Andern nichts zu Leide zu thun, daß Ruhe ohne Kampf nicht heilsam sei, daß Einer, jcmehr er der ersteren begehre, desto mehr Angriffen sich blosstclle, änderte seinen Entschluß. Denn er sah ein, daß ohne kräftige Vorkehr zum Kriege die Liebe zur Ruhe keinen wirksamen Schutz gewähre, und die Reize der ') Reimar. Nro. 21. Majo S. 1Z8, 1Z9, Fragmente. 3L Muße Denen, die sie unzeitig suchen, leicht verderblich würden; weßhalb er den Krieg für die rühmlichste und sicherste Schutzwehr des Friedens erachtend, den Larinern Alles, was sie seinen gerechten Anforderungen versagten, mit gewaffneter Hand entriß. *) - 5 . Aneus Marcius und Tarquinius Prisens. I. d. St. 146. Tarquinius wußte durch zeitigen Gebrauch seines Reichthums, durch Klugheit und Geschmeidigkeit den Marcius so für sich zu gewinnen, daß dieser ihn unter die Patricier und in den Senat aufnahm, öfters an die Spitze des Heeres stellte- und ihm die Vormundschaft über seine Kinder, ja selbst die Verwaltung der Regierung übertrug. Denn auch bei Andern wußte er sich ebenso beliebt zu machen, so daß marr ihm gerne den Vorrang zugestand. Bei allem Streben nach Macht nämlich wurde er niemals übermüthig, sondern spielte selbst auf der höchsten Stufe von Einfluß den Anspruchlosen. Mühvolle Geschäfte übernahm er auch für Andere und öffentlich, die angenehmen überließ er mit Vergnügen Andern; denn er selbst zog auS denselben keinen, oder nur wenig Gewinn, und auch di«ßr nur unter der Hand. Bei gelungenem Unternehmen schrieb- er ,edem Andern lieber, als sich selbst das Verdienst zu- und überließ den Preis Solchen, die dessen bedürftig waren; was aber mißglückte, legte er Keinem auch nur theilweise zur Last. *) Maja S. 1Z9. 3 * 36 Casstus Dio's Römische Geschichte. Ausserdem machte er sich am Hofe des Marcius Alle und Jede durch Rath und That zu Freunden. Seme Schätze standen Jedem zu Gebote, für Jeden, der ihn anging, machte er seinen Einfluß geltend. Gegen Niemand sprach oder handelte er schlecht, und ward mit Willen Keines Feind. Dienste, die ihm Einer erwies, würdigte er selbst über Gebühr; Beleidigungen aber beachtete er entweder gar nicht, oder setzte sich über sie, als unbedeutend, weg und war so weit entfernt, sich dafür an Einem zu rächen, daß er ihm so lange Gutes erwies, bis er auch ihn für sich gewonnen. Durch dieses Benehmen gewann er Marcius und dessen ganzen Hof und erwarb sich den Ruhm der Weisheit; durch seine späteren Handlungen aber erregte er fast allgemein den Verdacht, daß er entweder von Natur tückisch sei, oder nach Maßgabe seiner Macht und seines Glücks auch seine Gesinnung geändert habe. *) - 6 . Tarquinius Superbus. I. d. St. -20—2-5. Als sich Tarquinius hinlänglich vorbereitet hatte, um auch wider den Willen sder Römer) zu herrschen, ließ er die Mächtigsten, zuerst von den Senatoren, sodann auch Andere greifen, und Viele, auf die er einen glaubhaften Schein von Schuld bringen konnte, öffentlich, Viele aber auch heimlich umbringen und verbannte Andere. Nicht nur etwa Solche, die es mehr mitTullius als mit ihm gehalten, nicht nur Solche, die sich durch Adel, Reichthum, Hochsinn, Muth oder auch Einsicht auszeichneten, ließ er, theils um sich zu rächen, theils um ihnen zuvorzukommen, theils aus Miß- *) Reimar. Nro. SS. 37 Fragmente. gunff, Argwohn und Haß gegen andere Sinnesart hinrichten, sondern auch seine besten Freunde, mit deren Hülfe er zur Herrschaft gelangt war, schaffte er nicht weniger als die Andern bei Seite, aus Furcht, sie möchten mit derselben Kühnheit und Neuerungssucht, womit sie ihm auf den Thron verhelfen, einen Andern an seine Stelle setzen. So schaffte er den Kern des Senats und des Ritterstandes aus dem Wege, ohne die Stellen der Gemordeten mit Andern zn ersehen. Denn vom ganzen Volke glaubte er sich gehaßt, und wollte jene Stände durch Verminderung ihrer Zahl so viel möglich schwächen. Den Senat wollte er völlig auflösen, da er jede Körperschaft, zumal von Auserwählten das Ansehen einer Obrigkeit von Alters her behauptenden Männer», einem Tyrannen für höchst gefährlich hielt. Aus Furcht jedoch, das Volk, oder selbst seine Leibwache, da sie gleichfalls aus Bürgern bestand, möchte, im Unwillen über die Veränderung der Staatsverfassung, gegen ihn sich empören, ging er nicht offen zu Werke, wußte aber seine Absichten auf eine andere zweckdienliche und arglistige Weise *) zu erreichen; er nahm nämlich Keinen mehr in denselben auf, und zog die noch klebrigen über nichts Wichtiges mehr zu Rathe. Zwar rief er sie noch immer zusammen, aber nicht, um nothwendige Angelegenheiten mit ihnen zu besprechen, sondern vielmehr um ihre geringe Zahl, und eben da- *) Lch lese statt der verdorbenen Leseart des Urterts: v(>o- nm '— xock rrcenr- rrö, welche ValesiuS in — x«i ncenr-ar-rä verbesserte, mit Wagner — rire- rizäktm xai riervö^a-. 38 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. mit ihre Unmacht und Verächtlichkeit ihnen vorzurücken. Das Meiste that er selbst oder mit seinen Söhnen, theils damit kein Anderer mächtig würde, theils auch, weil er seine Schandthaten nicht wollte kund werden lassen. Es hielt schwer, Zutritt und Gehör bei ihm zu finden. Mit solchem Uebermuth und solcher Grausamkeit verfuhr er überall, daß man ihn den Uebermüthigen sSuperbusj nannte. Unter andern von ihm oder seinen Söhnen verübten Gräneltha- ten, ließ er auch einmal auf offenem Markt und unter den Augen des Volks einige Bürger nackt an Pfähle binden und mit Ruthen zu Tode geißeln; eine Strafe, die von ihm erfunden, später oft angewendet wurde. *) 27 . Brutus. I. d. St. 2 -,. ff. Lucius Jnnius, Schwestcrsohn des Tarqninius stellte sich, nachdem dieser seinen Vater getödtet und sein Vermögen an sich gezogen hatte, blödsinnig, um so sein Leben zu retten; weil er wohl wußte, daß jedes Anzeichen von Verstand, znmal mit hoher Geburt verbunden, den Machthabern verdächtig werde; und da er einmal diesen Plan gefaßt hälfe , wußte er seine Rolle aufs genaueste durchzuführen, und Ward deßhalb auch Brutus genannt, denn so hießen bei den Latinern die Geistesschwachen. Dem Titns und Aruns ward er sauf ihrer Gesandtschaft nach Dclphij als Possenreißer Leigegeben, und sagte, er bringe dem Gott als Weihgeschenk einen Stock, der dem Anscheine nach Nichts von Bedeutung enthielt.Sie nun spotteten über des Brutus Geschenk, nämlich seinen Stab; und als der Gott den Abgesandten, *) Reimar. Nro. 2Z. 39 Fragmente. anfahre Frage: Wer von ihnen ihrem Vater auf dem Throne folgen würde, erwiederte, Welcher zuerst seine Mutter küsse, der werde die Herrschaft über die Römer haben, fiel er, nsse von ungefähr zu Bode», und küßte die Erde, weil er sie für die Mutter aller Sterblichen hielt. *) - 8 . Die Veranlassung der Vertreibung der Tarquinier durch Brutus war folgende. Als bei der Belagerung von Ardea die Söhne des Tarqninius mit Collatinns und Brutus, ihren Jngendgenossen und Vettern zusammen speisten, kamen sie auf die Tugend ihrer Weiber zu spreche», und gerietben in Streit, weil Jeder der seinigen den Borzug gab. Da keine derselben im Lager gegenwärtig war, beschlossen sie, sogleich in der Nacht sich zu Pferde zu seyen, und ehe sie von ihrer Ankunft etwas erfahren konnten, Alle der Reihe nach zn überraschen. Sie thaten es und fanden die Andern in Unterhaltung, des Collatinus Gattin aber mit Wollarbeit beschäftigt. Sie ward überall darob gerühmt, und den Sertus kam die Begierde an, sie um ihre Ehre zn bringen; vielleicht, daß er sie auch liebte, denn sie war äusserst schön; jedoch war eS mehr seine Absicht, ihren Ruhm als ihre Keuschheit zn beflecken. Er ersah sich einmal die Zeit, da Collatinns im Lande der Rutuler war und eilte nach Collatia. Wie er in der Nacht bei ihr, als einer Verwandten ankam, erhielt er Tisch und Obdach. O Majo S. 15V. 140. 40 Cassms Dio's Römische Geschichte. Anfangs suchte er sie zur Willfahrnng seiner Wünsche zu bereden, als er aber Nichts ausrichtete, brauchte er Gewalt. Da es ihm aber auch so nicht glückte, erfand er eine neue Art, durch die er sie sonderbarer Weise zwang, sich freiwillig der Entehrung hinzugeben. Daß er ihr drohte, sie niederzustvsien, achtete sie nicht. Auch daß er einen Sklaven neben ihr todten *) wollte, schlug sie nicht au. Als er aber drohte, den Leichnam des Sklaven nebe» sie zu legen und überall auszubreiten, er habe sie bei einander schlafend gefunden und getödtet, fand sie sich nicht mehr stark genug. Aus Furcht, er möchte Glauben finden, zog sie vor, sich ihm hinzugeben, und nach Belichtung des Vorgangs zu sterben, als durch augenblicklichen Tod Schande zu hinterlassen. Aus dieser Rücksicht ließ sie den Ehebrecher gewähren. Sie schob sodann einen Dolch unter ihr Kopfkissen und entbot ihren Mann und ihren Vater. Sie erschienen in Eile, sie zerfloß in Thränen. Tief aufseufzend sprach sie: Vater, — dir gestehe ich's mit minderer Scham als dem Manne — Heute Nacht habe ich Schlimmes begangen. Aber Sertus zwang mich dazu, indem er drohte, einen Sklaven über meiner Leiche zu todten und vorzugeben, er habe mich im Beischlafe mit ihm überrascht. Diese Drohung zwang mich zur Sünde, damit ihr ihm nicht glauben möchtet, es sei dem wirklich so. Und ich, ein Weib, thue jcyt, was dem Weibe ziemt. Ihr aber, wenn ihr Männer seid, und *) Ich lese auf den Vorschlag ReimaruS' Troocrxaraxor-'cckcr- statt irpocrxaracrrrz'crecrAllt welches hieße: dane- benstelle». 41 Fragmente. für eure Weiber und Kinder Serge tragt, rächet mich! befreiet euch und zeigt den Tyrannen, welch Weib welcher Männer sie schändeten! Mit diesen Worten zog sie, ohne A itwort zu erwarten, den Dolch, und stieß ihn sich in die Brust. *) -S- Das Volk beurtheilt insgemein die Angelegenheiten nach den Leitern derselben; wie es diese findet, so erscheine» ihm auch jene. Immer zieht man das Unbekannteste der ungünstigen Erfahrung vor, indem man dem verhaßten Gegenstände gegenüber große Hoffnung aas das Ungewiße setzt. Alle Veränderungen sind höchst geläi-rlich, vor Allen aber die politischen; denn sie schaden am öftesten und meisten den Einzelnen sowohl als den Staaten selbst; daher die Verständigen lieber in demselben Zustande bleibe», wenn er auch nicht der beste ist, als daß sie sich von einer Veränderung in die andere umher werfen lassen. Neigungen und Degimden wechseln mit den Glücksum- ständcn; und je nach der Gegenwart bildet sich die Gesinnung. Das Regieren erfordert nicht nur Tugend, sondern auch Einsicht und vor Allen Erfa rung; denn ohne sie weiß sich Einer nickt zu mäßigen. Viele, auf eine unerwartete Höhe gehoben, ertrugen diese nicht, sondern stürzten schwindelnd herab und rißen ihre Unterthanen mit sich ins Verderben hin. *) Reimar. Nro, 24. 42 Cassiüs Dio's Römische Geschichte. Auf die Zukunft werdet ihr aus frühern Handlungen, und nicht aus den Reden des Hülfeflehcnden untrügliche Schlüsse ziehen; denn Frevel verübt Einer mit Vorbedacht; schöne Worte aber sind leicht gefunden, daher Einer aus Dem, was er gethan, nicht nach Dem, was er gesprochen hat, beurtheilt wird. *) 5«. Valerius. I. d. St. -45. Den Consul Valerius, Collegen des Brutus, hätte das Volk, obgleich er sehr dcm Volke zugethan war, beinahe in Stücke zerrissen. Ee beargwohnte ihn, als strebe er nach Alleinherrschaft, und hätte ihn umgebracht, wenn er nicht zeitig genug der Obmackt des Volkes geschmeichelt hätte. Er ti«t mit gesenkten Fascen, die er bisher aufrecht tragen ließ, in die Versammlung und nahm die darein gebundenen Beile ab. In diesem demmhoollen Aufznge stand er lange mit trauriger Miene und weinte. Als er aber zu reden begann, that er es mir gedämpfter, bebender Stimme. Vergl. **) den Titel über die Volksredcn. Daß man die Plane geheim hält, zur rechten Zeit thatkräftig einschreitet, mit sich allein zu Rathe geht, sich nicht auf fremde Beihülfe verläßt, und die Folgen des Verlaufs auf sich selbst nimmt, tragt sehr viel zu günstigen Resultaten bei. ***) P Majo S. 14«. ") Statt: riAkl rtrXoN i schlägt Majo vor zu lesen: ^rki, äu rM Tieot — vielleicht genügte: rtrXav n. A **') Majo S. 141 f. Fragmente. 43 5,. I. d. St. -45. Daß in Rom zwei Cvnsuln gewählt wurden, damit man, wenn der eine untauglich wäre, zu dem andern eine Zuflucht hätte. Tribnnus 'heißt (bei den Griechen) öhMssXos, Dictator Prätor *) Censor r,/r^r^s; Census ist nämlich Zähl» g des Volks **). 5-. Horatius. I. d. St. - 46 . Die Einweihung des Jupitertcmpsls siel durchs Loos dem Horatius zu. Obgleich ihm Valerius den Tod seines Sohnes meldete, und auch Andere aufstellte, die ihm dasselbe über der Einweihung vertun! en mußten, damit er in der Betrübniß, und weil es überhaupt nicht erlaubt war,, in der Trauer ein heiliges Amt zu verrichten, ihm die Einweihung des Gebäudes überließe, so hielt er die Nachricht, welche ihm von vielen glaubwürdigen Männern bestätigt wurde, zwar für wahr, stand aber doch nicht von der Einweihung ab, sondern befahl Einigen, die Leiche des Knaben, als wäre sie eine fremde, damit sie mit seiner Wcihhandlung in keiner Berührung zu stehen scheine, »»beerdigt zu lassen, und vollzog was seines Amtes war. *") 35. I. d. St. -56. So geriethen sie in Zerwürfnisse. Die Reichen nämlich wollten, als die Herrn der Unbemittelter», überall vorgehen, die Aermern dagegen, als Gleichberechtigte, nicht im *) Prätor — Präitor. Herzog; anfangs Consul. *') Maja weitere Excerpten S. 528. **') Rcimar. Nro. 25. 44 Casjius Dio's Römische Geschichte. Geringsten gehorche»; die Annen unersättlich in der Freiheit, trachteten nun auch nach den Schätzen der Reichen. Diese mit übertriebener Strenge an die Schätzung sich haltend, mißbrauchten selbst die Leiber der Armen; so trennten sie, die früber unter wechselseitiger Dienstleistung in Eintracht gelebt, sich von einander und schieben das Heimische nicht mehr vom Fremden; das Mittelmaß überschreitend, hier nach der höchsten Macht, dort nach unbeschränktester Unabhängigkeit strebend, verfehlten Beide des Ziels, und begingen, die Einen des Angriffs sich erwehrend, die Andern ihm zuvorkommend, mancherlei Ungebühr wider einander; wenn nicht die beständigen Kriege eben um dieses Zwiespalts willen ihnen die höchste Gefahr drohten, lagen sie in ewigem Zwiste; woher denn auch Viele der Großen dieselben *) oft geflissentlich veranlaßten; seit der Zeit litten sie weit größeres Ungemach durch sich als von fremden Völkern; und diese Vorgänge lassen mich schließen, daß sie einst auf keine andere Weise ihrer Macht oder Herrichast verlustig werden, als wenn sie sich selbst zu Falle bringen. Noch weiter brachte sie auf, daß die Vätcr nicht nach wie vor der Erreichung Dessen, wozu sie sie bedurften, gleichen Sinnes blieben. Im Augenblicke der Gefahr machten sie ihnen viele und große Verheißungen, war die Noth vorbei, so erfüllten sie nicht Las Geringste. **) *) Dieses steht entweder flir av'rovs (so. naXs/tSs) oder ist es aus einem Worte ähnlicher Bedeutung mit nvXk/uog verdorben. Mcsto S. 143. vergl. Liv. II, 28. Fragmente. 45 5H. I. d. St. -56. Damit sie, nicht zusammen kämpfend, sondern Jeder vereinzelt für sein Haus streitend, leichter zu besiegen wären, theilten sie das Heer. *) 55. I. d. St. 261 . Als der Dictator Valenus sein Amt niedergelegt hatte, brach der heftigste Volkeaufstand aus, so daß sogar die Form des Staats verändert wurde; die Reichen, welche sich mit der größten Härte an die Schuldgesetze hielten und nicht das Geringste nachlassen wollten, bekamen nicht nur ihr Geld nicht, sondern büßten noch andere Vortheile ein; weil sie sich immer nicht überzeugten, daß gränzenlose Armuth das gewaltsamste Ungeheuer, und daß die Verzweiflung in ihrem Gefolge, zumal wenn sie die Ueberzahl auf ihre Seite bekommt, unwiderstehlich wird; daher denn auch viele Staatsmänner gleich von freien Stücken das Billige dem strengsten Rechte vorziehen; denn gar oft unterliegt das Letztere der menschlichen Natur und wirb zuweilen gänzlich aufgehoben, während Jenes Geringes opfert, um die größere Masse zu retten. Diese Härte der Mächtigern gegen die Schwächern hat den Römern vieles Unheil gebracht. Noch manches Andere war ihnen gegen die säumigern Schuldner snach den Gesetzensj gestattet. Wenn der Gläubiger mehrere waren, so durften sie den Schuldner in Stücke zerhauen und je nach dem Belauf ihrer Schuld unter sich vertheilen. Wenn Dieß aber auch ganz gesetzlich war, so wurde es doch nie angewendet. Wie hätten sie sich auch eine solche *) Ebendaselbst. 46 Cassilis Dio's Römische Geschichte. Grausamkeit erlaubt, sie, die selbst bei Verbrechern oft noch den Rettungsweg öffneten, und die vom Capitolinischen Fels Gestürzten, wenn sie davon kamen, am Leben ließen? *) 56. I. d. St. -6i. Die Verschuldeten stellten, nachdem sie einen Hügel beseht, einen gewissen Casus fSicüüuss an die Spitze, und beköstigten sich aus der Umgegend, wie aus Feindesland; indem sie damit zeigten, daß die Waffen mehr als die Gesetze, die Verzweiflung mehr als das Recht vermöge; Die Vater aber, einen noch schwierigern Kampf und unter den gegenwärtigen Umständen zugleich einen Angriff der Nachbarn befürchtend, boten ihnen durch eine Gesandschaft an, all ihren Wünschen willfahren zu wollen. Anfangs nun führten sie dreiste Reden, wurden aber auf seltsame Weife zur Ruhe gebracht. Wie sie nämlich so ohne Ordnung durch einander schrieen, ersuchte sie einer der Abgeordneten, Agrippa, eine Erzählung anzuhören, erhielt Stille und sprach folgender Maßen: „Die andern Körpertheile des Menschen empörten sich einst wider den Magen: sie selbst äßen und tränken nicht, und hätten stets Mühe und Arbeit, ihm alle Dienstleistungen zu verrichten, er allein hätte keine Beschwerde, und ließe sich nur immer mit Speise füllen; endlich beschloßen sie, weder die Hände sollten die Speise zum Munde führen, noch der Mund sie annehmen, damit der Magen, der Speise und des Tranks ermangelnd zu Grunde ginge. Wie Dieß aber beschlossen und ausgeführt wurde, gerietst erst der ganze Körper in's Stocken, dann fiel er ab und ward Maja S. 145. 144. Fragmente. 47 ganz mark. Als die Glieder nun übel dabei fuhren, erkannten sie allesamt, das; von ihm auch ihr Heil abhänge, und gaben ihm seine Speise wieder." Aus diesem Vertrag überzeugte sich die Menge, daß der Reichen Mittel auch den Armen erhielte», lies; sich berichten und versöhnte sich, da sie Nachlas; der Zinsen und der Auspfändungen erlangt hatte, und dasselbe durch einen Senatsbeschluß bestätigt wurde *). 5 ?. Die Sache schien ausser menschlichem Bereiche zu liegen, und viele Andere theils mit, theils gegen ihren Willen.... Wenn Viele sich zusammenthnn und eine Ueberlegen- heit erringen, so sind sie vermittelst eines klugen Einver-. ständniffes für den Augenblick äusserst kühn, trennen sie sich aber, so wird der Eine unter diesem, der Andere unter jenem Verwände zur Strafe gezogen. — Von Natur sind die Meisten gegen ihre Amtsgenoffcn feindselig; denn es hält schwer, daß Diele, zumal wenn sie eine Gewalt bekleiden, zusammenstimmen. Alle ihre Kraft wurde zertheilt und aufgehoben; denn es lag am Tage, daß sie Nichts ausrichteten , wenn auch nur Einer derselben Einsprache that. Dadurch nämlich, daß sie ihren Posten nur dazu erhielten, um sich Dem, der gegen Andere Gewalt brauchte, zu widersetzen, wurde Derjenige, welcher die Ausführung einer Sache verhinderte, mächtiger als Diejenigen, welche sie betrieben.**) *) Majo S. 444. 145. **) Majo S. 145. 146. Diese Bruchstücke beziehen sich wahrscheinlich auf die Trbbunenwahr, wie aus Zonaras z» ersehen ist, 43 Cassius Dio's Römische Geschichte. 58. Coriolanns. I. d. St. -6>. Ein gewisser Marcius sEoriolanns'j schlug nach einer glänzenden Waffentbat gegen die Vvlsker, als er von dem Consul mit vielem Geld und Gefangenen beschenkt wurde, alles Andere aus, und begnügte sich mit einem Kranze und einem Skrcitrosse, unter den Gefangenen erbat er sich einen, der sein Freund war, und man ließ ihn frei. *) 5g. I. d. St. -65. Denn nicht leicht besitzt Einer in Allem gleiche Stärke, gleiches Geschick in Sacken des Kriegs und des Friedens. So sind die körperlich Starken gewöhnlich schwachen Geistes; Was plötzlich aufgeschossen, pflegt nicht lange zu bliss hen. So wurde er, von seinen Mitbürgern zu den ersten Ehrenstellen gehoben, und bald darauf verbannt. Er, der die Stadt der Volsker seiner Vaterstadt unterworfen, brachte diese dagegen mit Jener Hülfe in die äusserste Gefahr. **) 4». I. d. St. -65. Als er sich um die Prätnr bewarb und sie nicht erhielt, ward er erbost anf das Volk; und da er ***) den viclber- msgendsn Tribunen aussätzig war, sprach er sich mit größerem Freimuthc aus, als ihm in Vergleich mit den Andern, die sich gleicher Verdienste zu rühmen hatten, zukommen ») Majo S. 528. *') Majo S. 146. 147. ***) Ich lese mit demCodcr xai ex r« roig —> was Majo fälschlich zusammenlas x«i ex 7-Lroeg und, weil er keinen Sinn darin fand, in x«i ex rnrs x«i roix veränderte. Fragmente. 49 wollte. Als eine große Hungersnoth eintrat, und nach der Stadt Nvrbä Pflanzbnrger geführt werden sollten, klagte das Volk über Beidem die Vornehmen an, daß es durch sie der Nahrung beraubt und geflissentlich gewissem Verderben mitten unter den Feinden *) preisgegeben werde. Denn wo man sich einmal gegenseitig beargwohnt, wird Alles, was auch zu Eines Besten geschieht, aus Partcihaß falsch gedeutet, und Koriolan, der auch sonst wohl dasselbe geringschätzig behandelt hatte, war dagegen, daß das Getreide, welches von den Königin in Sicilien unentgeldlich gesendet worden, wie sie es verlangten, vertheilt werden sollte. Die Volkstribuncn, deren Macht er vor Allen zu vernichte» strebte, klagten ihn bei dem Volke an, als trachte er nach der Alleinherrschaft und verbannten ihn; obgleich Alle sdie Vornehme»! dagegen schrieen, und sich entrüsteten, daß das Volk sich eines solchen Urtheils wider einen der Ihrige» vermessen sollte. ") 4 >. Aus dem Vaterlande verbannt ging er, in der Erbitterung über seinen Fall, zu ten Volskern, obgleich sie seine abge- sagtesten Feinde waren. Er hatte sich als tapferer Mann bewährt und wartete wegen seines Ingrimms gegen seine Mitbürger auf günstige Aufnahme, indem er Hoffnung gab, daß er den Römern gleichen oder noch größern Schaden zufügen würde, als sie sdie Vvlskers erlitten hatten; denn der Mensch erwartet von Denen, die ihm das größte Uebel an- Ich lese statt 7ioXx,,Lt.', »o-.sitlüi,-. **) Maja S. 147. Dio EassiuS. 1s Vdchn. 4 50 CassiuS Dio's Römische Geschichte. gethan, anch die größten Vortheile, wenn sie ihm nütze» wollen und können. — Denn er war sehr aufgebracht, daß sie, wegen des eigenen Landes Gefahr laufend, nicht einmal des fremden Besitzes sich begeben wollten * **) ). Aber anch diese Botschaft machte auf die Männer keinen Eindruck; so verstockt hatte sie. der Parteihaß gemacht, daß sie anch nicht Angesichts der größten Gefahren an Versöhnung dachten. *') Die Frauen aber, Corivlans Gattin Volumina und seine Mutter Veturia, kamen unter einem Gefolge der angesehensten Römerinnen mit seinen Kindern zu ihm in's Lager; vermochten ihn aber nicht nur nicht' zur Versöhnung mit seinem Vaterlande, sondern nicht einmal znr Rückkehr. Er ließ sie, sobald er ihre Ankunft erfuhr, vor sich und erlaubte ihnen zu sprechen. Dies; geschah auf folgende Weise. Die Andern schwiegen und weinten, Veturia aber sprach? „Was wunderst du dich, Sohn? was staunest du? Wir sind keine Ueberläufer, uns sendet das Vaterland — gehorchst du — als deine Mutter, deine Gattin, deine Kinder; wo nicht — als Leine Beute. Zürnest du jetzt noch fücdcr, so tödte nns als die Erstlinge. Was hörst Du? "*) was wendest du dich ab? weißt du nicht, daß wir aufhörten über das Schick- *) Sie waren bereits von den Dolskern unter boriolan belagert, und wollten doch das den Vvlskern früher abgenommene Gebiet nicht herausgeben. Dergl. Liv. 11, 59. **) Majo S. 148. **') Vielleicht wäre zu lesen; ri ö' öx «XLktg; „Was hörst du uns nicht an?" Fragmente. LL sal der Stadt zu wehklagen, um dich zu sehen? Söhne dich aus mit uns, und höre auf, deinen Mitbürgern, deinen Freunden, den Tempeln zu zürnen. Stürze nicht mit feindlichem Ungestüm über die Stadt; belagere nicht die Vaterstadt, in der du geboren und erzogen wardst, und dir den großen Namen des Coriolaiuis erwarbst*); gehorche mir, Sohn, laß mich nicht unerhört von dir scheiden, auf daß dir mich nicht durch eigene Hand gemordet vor dir schauest. **)" Mit diesen Worte» weinte sie laut auf, zerriß ihr Kleid, entblödte ihre Brüste und rief ihren Leib berührend: „dieser hat dich geboren, Sohn, diese dich gesäugt!" Indem sie so sprach, brachen seine Gattin, seine Kinder und die andern Frauen in Wehklagen aus; so daß auch er ergriffen ward» Jetzt hielt er sich nicht mehr, er umarmte und küßte die- Mutter, indem er sprach: Siehe Mutter, ich gehorche drr^ Du besiegst mich, dir mögen es auch alle Andern danken; denn nicht anschauen mag ich Sie, die nach so vielen Wohlthaten also mir vergalten. Nie kehre ich in die Stadt zurück; du aber freue dich, da du's so willst, auch an meinen Stadt des Vaterlands. Ich aber gehe weit von bannen!" Damit erhob er sich; und nahm aus Furcht vor dem Volke und aus Scham vor seinen Standesgenoffen, daß er gegen sie zu Felde gezogen, die ihm angebotene Erlaubniß zur Rükkehr nicht an, sondern kehrte ins Land der Volsker zu» *) Dieß ist der Sinn der wahrscheinlich verderbten Stelle» **) Mais S. 148. 149. 52 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. rück» wo er, sei es durch Meuchelmord, sei es am hohen Alter, starb. *- Li. Cassius. I. d. St. -Kg. sSpuriuss Cassius wurde, nachdem er sich um die Rö- ' mer verdient gemacht, von denselben zum Tode verurtheilt;— wieder ei» deutlicher Beweis, wie treulos die Menge ist; ihre verdientesten Freunde verderbt sie gleich den größten Verbrechern; wenn sie sie ausgenutzt hat, so gelten sie ihr nicht mehr, als die köstlichsten Feinde. Cassius, der es so gut mit ihnen meinte, tödteten sie ob derselben Handlung, die er sich zum Ruhme rechnete; und es ist erwiesen, daß er aus Eifersucht und keines Verbrechens wegen mit dem Tode bestraft ward. **) 45. Wenn die Männer, welche den Staat verwalteten, das Volk auf keine Weise in Ordnung halten konnten, so begannen sie geflissentlich Kriege auf Kriege, damit Dasselbe mit diesen beschäftigt, keine Umtriebe wegen Ackervertheilungen machte. So wurden sie von Beiden aufgereizt, daß sie den Führern den Sieg zuschworen; denn in ihrer augenblicklichen Kampflust glaubten sie sich Herren des Glücks. Die meisten Menschen pflegen sich Dem, der sich widersetzt, selbst wider ihren Vortheil, entgegenzustellen, dem Nachgebenden aber oft über ihre Kräfte gefällig zu seyn. ***> Maja S. 149. 150. **) Majo S. 150. **H Majv S. 150. 151. Fragmente. LZ ^6. Die Fabier. I. d. St. >77. Die Fabier, welche sich durch Geschlecht und Reichthum den Vornehmsten gleich stellen konnten, hatten nicht so bald ihre» Kleimiinth bemerkt. Oft geschieht es, daß Menschen , wenn sie in viele und schmierige Geschäfte verwickelt worden, gegen die Menge und das Unvorgesehene der Gefahren des Raths ermangelnd an dem Leichtesten verzweifeln, und ohne Noth Besinnung und Vertrauen verlierend, als hätten sie sich bisher vergebens angestrengt, freiwillig ihre Sache aufgeben und am Ende den blinden Wschselfällen des Schicksals sich überlassend, erwarten, was immer das Glück Ihnen bringen würde. Die Fabier wurden, dreihundert und sechs an der Zahl, von den Tyrrheneru erschlagen; .... wer seiner Tapferkeit zu viel vertraut, geht oft durch eben diese Zuversicht zu Grunde, und wer sich seines Glücks überhebt, kömmt durch seinen Uebermuth zu Fall. *) Die Fabier, welche sich durch Geschlecht und Reichthum den Vornehmsten gleichstellen konnten, wurden, dreihundert und sechs an der Zahl, von den Tyrrheuern erschlagen; und größer, als sich nach der Zahl der Gefallenen erwarten ließ, war in Rom die Trauer von Seiten der Einzelnen wie des Staats. Aber auch ihre Zahl schon war immerhin für eine Patrieierfamilie nicht unbedeutend; in Hinsicht ihres Werths und Hochsinns dagegen glaubten sie ihre ganze Stärke verloren zu haben. Deßhalb zählten sie den Tag, an welchem sie gefallen, zu den unglücklichen und belegten das Thor, durch ») Maie S. 1L1. 5» Casfius Dio's Römische Geschichte. Welches sie ausgezogen, mit dem Namen des Unglücksthors, so daß keiner der Staatsbeamten durch dasselbe gehen durfte. Auch wurde der Feldherr TitnS Mcnenins, unter welchem dieß Unglück sich ereignete, weil er ihnen nicht zu Hülfe kam, und darauf eine Schlacht verlor, vor dein Volke ange- Kssgt und verurtheilt. *) 47. I. d. St. r8i. Die Patricier traten öffentlich nur selten, und auch dann nur mit Verwünschungen, gegen sie auf, ingeheim aber Krachten sie Viele der Verwegensten ums Leben ") 48. n. d. I. ,61. Neun Tribunen ***) wurden einmal von dem Volke verbrannt; dieß schreckte aber die Andern nicht ab; mehr Hoffnung aus ihrer Beharrlichkeit, als Furcht aus dem Schicksal der Früheren schöpfend wurden sie nicht nur nicht einge- schröckt sonder» vielmehr in ihrem Trotze noch bestärkt; die Ermordeten betrachteten sie mehr als Vorwand ihrer Rache And stellten sich hoch erfreut, daß sie wider Erwarten noch ungefährdet am Leben waren; so daß sich mehrere Patricier, — die Niedrigkeit des Volks bei der Aussicht auf das Tribu- «at höher als die Unmacht ihrer patricischen Ehren erachtend, besonders da Viele und, obgleich es vom Gesetze verboten war, zum zweiten, dritten mal und noch öfter ununterbrochen Tribunen wurden, — in bürgerliche Familien auf- Mhmen ließen, -s) ») Reimar. Nro. 26. Majo S. 151. -***) Bon den Patriciern umgebracht. D Maio S. 152. Fragmente. 55 4g. Hierzu wurde jedoch das Volk von den Patriciern selbst angetrieben; denn Was diese zum Vortheile der eigenen Partei zu thun glaubten, daß sie immer neue Kriege veranlaßten und sie durch die Gefahren nach außen bei Vernunft zu halten suchten, machte sie nur noch trotziger; denn da sie nicht zu Felde ziehen wollten, wenn man ihren Wünschen nicht willfahrte, oder, wenn sie auch auszogen, verdrossen kämpften, so setzten sie Alles durch, was sie wollten; und in der That fingen auch Viele der Gräuzuachbaru, mehr auf die Uneinigkeit Jener, als auf die eigene Stärke vertrauend, Feindseligkeiten an. Sowohl im Lager als in der Stadt gab es Unruhen, die Soldaten setzte» einen Ruhm darein, den Mächthaben- den nicht zu willfahren, und gaben aus freien Stücken sowohl das Eigene als das Gemein-Wohl preis; und Die in der Stadt freuten sich nicht nur über den Untergang der Ihrigen durch die Feinde, sondern richteten selbst Viele der Unternehmenderen, welche die Sache des Volks begünstigten, zu Grunde; woraus ein nicht unbedeutender Aufstand unter ihnen sich entspann. *) 5o. Uebermuth der Aequer. I. d. St. ,g6. Nach der Einnahme Tuscnlum's und der Beilegung des Marcus Minncius wurden die Aequer so übermüthig, daß sie den Gesandten, welche die Römer an sie abgeordnet hatten, um sie über die Besitznahme der Stadt zur Rede zu stellen, auf ibre Beschwerde keine Antwort gaben, *) Mal» S. 15S. 15Z. K6 CassiuS Dio's Römische Geschichte. sondern durch ihren Feldherrn CSlius Gracchns eine Eiche zeigen liehen: dieser sollen sie sagen was sie wollten. *) 5,.^ Cincinnatus I. d. St. -g6. Als die Nachricht nach Rom kam, daß Minncius mit einem Theile des Heeres in einem hohlen, mit Buschwerk bewachsenen Platze eingeschlossen sei, wählte man zum Dictator wider sie (die Aeguer) den Lucius Quintius, einen unbemittelten Mann, der mit eigener Hand sein einziges Landgütchen bebaute; denn er war überhaupt an Verdienst Roms ersten Männern gleich und übertraf Alle an Mäßigkeit. Sein Haar, das er in Locken wachsen ließ, gab ihm den Beinamen Cincinnatus. ") S,. Eroberung von Falerii. I- d. St. Züi. Die Römer belagerten die Stadt der Falisker, und hätten noch lange Zeit vor ihr liegen müssen, wenn nicht folgender Vorfall sich ereignet hätte. Ein Schulmeister, welcher daselbst viele vornehme Kinder unterrichtete, führte sie Alle, sei es aus Aerger oder aus Gewinnsucht, unter irgend einem Verwände aus der Stadt (denn man hatte noch so wenig zu fürchten, daß man wie zuvor die Kinder die Schule besuchen ließ), und brachte sie zu Camillus, mit den Worten, er übergebe ihm mit ihnen die ganze Stadt) denn die Belagerten würden nicht länger widerstehen, wenn sie ihr Theuerstes in Feindes Händen wüßten. Er richtete jedoch Nichts aus; denn Cammillus hielt es, der Römischen Tugend und des Wechsels menschlicher Dinge *) Reünar. Nro. 140. »») Reimar. Nro. ,7. Fragmente. 57 eingedenk, für unwürdig, die Stadt durch Verräthcrei in seine Gewalt zu bekommen. Er ließ vielmehr dem Verrä- ther die Hände auf den Rücken binden und ihn so durch die Knaben selbst in die Stadt zurücktreiben. Auf diesen Vorfall leistete» die Falisker nicht mehr Widerstand, obgleich ihre Stadt schwer zu erobern war, und sie Mittel im Ue- berflusse hatten, den Krieg noch weiter zu führen, sondern ergaben sich freiwillig, indem sie in Ihm einen trefflichen Freund erwarteten, den sie als Feind so gerecht befunden. Camillus aber ward darob von seinen Mitbürgern nur noch mehr gehaßt und von den Volkstribuncn angeklagt, daß er von der Vejenterbeute Nichts in den Staatsschatz gelegt habe. Er ging noch vor dem Urtheilsspruch in die Verbannung. *) 5;. I. k. St. 56,. Die Römer begannen, nachdem sie in vielen Schlachten gegen die Falisker theils gesiegt hatten, theils besiegt worden waren, die hergebrachten gottesdienstlichen Gebräuche zu vernackläßigen, und bei Fremden ihr Heil zu suchen; denn die Menschen lieben es, in Unglücksfällen das Gewohnte, wenn auch göttlichen Ursprungs, zu mißachten, und das Unbekannte zu bewundern. Von jenem erwarten sie für den Augenblick keine Hülfe und versprechen sich auch für die Zukunft nichts Gutes; von dem Fremden aber, als von etwa« Neuem, hoffen sie Alles, was sie sich nur wünschen. Ihre Eifersucht und Zwietracht erreichte einen solchen Grad, daß sie nicht mehr zusammen, wie früher, sondern einzeln der Reihe ») Rtimar. Nrr>. S8. 58 Cassius Dio's Römische Geschichte. nach herrschten; woraus nichts Gutes ersproß. Da Jeder mir auf den eigenen nicht auf den Vortheil des Ganzen sah, und lieber das Ganze in Schaden, als den Amtsgcnoffen zu Ehren kommen ließ, geschah viel Ungebührliches. *) 54 . Die Dolksherrschaft besteht nicht darin, daß Alle ohne Unterschied das Gleiche haben, sondern daß Jeder das seinem Verdienste Gemäße erhalte. I. d. St. 564. Denn nicht allein das Volk, und Diejenigen, die nach seinem Ansehen trachteten, sondern selbst seine Freunde und Verwandten beneideten ihn, ganz unverholen; als er sie bat, ihn zu vertheidigen und durch ihre Stimme zu unterstützen, versprachen sie ihm nichts weiter, als, wenn er verurtheilt würde, die Geldstrafe für ihn zusammenzulegen. Deßhalb betete er zu den Göttern, daß die Stadt seinen Verlust empfinden möchte und noch vor Fällung seines Urtheils ging er zu den Rutnlern in die Verbannung. **) 55. Der Fe dzug der Gallier hatte folgende Veranlassung: Die Elusier, von ihnen im Kriege bedrängt, nahmen ihre Zuflucht zu den Römern, indem sie gegründete Hoffnung hegten , weil sie den Vejentern, obgleich Stammsgenoffen, nicht beigestandcn, jetzt von ihnen unterstützt zu werden. Die Römer bewilligten ihnen zwar keinen Beistand, schickten aber Ge- ») Majo 155. 154. Majo S. 154. Vergl. den Schluß der Nummer SL. meiner Ueberseyung. Fragmente. 59 sandte an die Gallier und unterhandelten für sie einen Frieden. und hätten ihn beinahe zu Stande gebracht; denn er wurde ihnen gegen einen Theil Landes angeboten. Sie kamen aber mit den Barbaren von Worten zu Thätlichkeiten und nahmen die Gesandten der Römer zu Hülfe. Die Gallier, aufgebracht, daß sie sich ihnen im Kampfe gegenüber stellten, schickten zuerst Gesandte nach Rom, um sich über sie zu beschweren. Als sie aber nicht nur nicht bestraft, sondern alle zu Kriegstribunen erwählt wurden, geriethen sie in Zorn, wozu sie ohne dieß sehr geneigt sind, und eilten, ohne sich weiter an die Clusier zu kehren, gegen Rom. *) 56. Die Römer, welche den anrückenden Galliern entgegen zogen, konnten nicht zu Athem kommen, sondern mußten an demselben Tage vom Marsche weg in die Schlacht ausrücken und wurden besiegt; denn, erschreckt über ihren plötzlichen Einfall, ihre Menge, Körpergröße und fremd und furchtbar lautende Stimme, vergaßen sie Kriegskunst und Zucht, und entänsserten sich so ihrer Tapferkeit; denn zum Muthe trägt sehr viel die Kenntniß bei, und steht einem die zur Seite, so stärkt sie auch die Kraft, schwindet aber diese, so löst sie auch jenen auf, und das weit mehr, als wenn sie jenem gleich anfangs abgegangen wäre; denn der ungestüme Muth flegt oft ohne Erfahrung durch rohe Gewalt; wer aber aus der angewöhnten Zucht und Ordnung fällt, verliert auch die Kraft der Besinnung; Dieß brachte die Römer zu Falle. ") Reimar. Nro. 141. ") Mai. S. 154. 155. 60 CasstuS Dio's Römische Geschichte. r?- Die Römer, auf dem Eapitolium belagert, hatten, ausser der Hülfe der Götter, keine Hoffnung auf Rettung mehr. Im Dienste dieser waren sie, in all ihrer Bedrängniß, so gewissenhaft, das; bei einem Opfer, das die Oberpriester an einem andern Orte der Stadt ") zu verrichten hatten, Käso Fabius, den die Reihe des Dienstes traf, in dem Priesterge- wande, wie sonst, vvm Eapitolium stieg, mitten durch die Feinde schritt, und nach Vollendung des Opfers noch an demselben Tage zurückkehrte. — Wundern muß ich mich zwar über die Barbaren, daß fle ihn, sei es aus Scheu vor den Göttern, oder aus Achtung vor seinem Pflichtgefühle schonten, weit mehr aber bewundere ich Jenen, theils daß er sich allein unter die Feinde hinabwagte, theils weil er sich nicht, wie er doch konnte, anderswohin in Siche ,^cit begab, sondern freiwillig unter augenscheinlicher Gefahr auf's Eapitolium zurückkehrte. Er wußte freilich, daß fle den einzigen Platz, der ihnen noch von ihrer Vaterstadt übrig geblieben, nicht so leicht verlassen würden, sah aber auch ein, daß sie, wenn sie's auch noch so sehr wünschten, wegen der Menge der Belagerer nicht durchkommen konnten. ") L8. Camillus schlug den ihm angetragenen Oberbefehl aus, weil er, als Verbannter, ihn nach den Landesgesctzen nicht annehmen dürfte. So streng und gewissenhaft beobachtet« »> Auf be», Ouirinalischen Hügel, nach Liviu« «ub FloruS. *') Reimar. Nr». IS. 61 Fragmente. dieser Mann die Gesetze, laß er selbst bei so dringlicher Gefahr des Vaterlands seinen Pflichten getreu blieb, und es für unrecht hielt, den Nachkommen ein Beispiel von Gesetzwidrigkeit zu hinterlassen. * **) ) 5g. Als die Stadt von den Galliern eingenommen war, und die Römer auf das Capitolium sich geflüchtet hatten, kündigte ihnen der verbannte Camillus an, daß er die Gallier angreifen würde. Als der Ueberbringer des Briefs in die B...» gelangte, gewahrten die Barbaren die Fußtritte desselben) und beinahe hätten sie sich auch dieses letzten Zufluchtsorts bemächtigt, wenn nicht die heiligen Gänse, welche daselbst gehalten wurden, die Nähe der Feinde verkündet, die Römer geweckt und zu den Waffen gerufeiz hätten. ") sDie Gallier erstaunt, daß die Römer solchen Brodüberfluß hätten und aus Ueppigkeit die Brode Herabwürfen, verstanden sich znm Vertrag. ***>f Ein Spruch der Sibylla prophezeite, daß das Capitoli- um bis aus Ende der Welt das Haupt des Erdkreises bleiben werde, k) 6o. I. d. St. 565. Februarius hatte, aus Neid gegen Camillus, diesen beabsichtigter Alleinherrschaft angeklagt; als Derselbe verbannt und wieder zurückberufen war, weil er, der Verbannte, sei- ") Reimar. Nro. 50. **) Majo S. 529. 550. ***) Ueber dieses Fragment ist Mass ungewiß, ob es Dio oder Dionpsiiis zugehörc. b) Majo S. 529. 55». 62 Cassius Dio'S Römische Geschichte. ner vom Feinde belagerten Vaterstadt zu Hülfe kam, wurde Februarius vor Gericht gefordert und verurtheilt. Camil- lus verkürzte sogar den ihm gleichnamigen Monat gegen die übrigen. *) e-. Nachdem Camillus seinen Triumph über die Tyrrhener gehalten hatte, suchte der Consul **> Februarius, seinem Geschlechte nach ein Gallier, aus Eifersucht gegen ihn, auf der Rednerbühne zu behaupten, nicht dem Camillus, sondern dem Glücke der Römer verdanke man den Sieg; auch brachte er Briefe und falsche Zeugnisse vor, daß er nach der Alleinherrschaft strebe. Hierdurch hatte er das Volk wider Jenen aufgebracht und seine Verbannung aus der Stadt bewirkt. Als Camillus nach der Einnahme Roms zurückgekehrt und die Feinde unter Brennus vernichtet hatte, brach- te er die Sache vor Gericht und zeigte, daß an Allem, was geschehen, Februarius schuldig sei; worauf er von den Diener» des Volkstribuns, rernacuU genannt, entkleidet und mit einer Binsendecke umgeben, unter Streichen mit Bogensehnen, aus der Stadt getrieben wurde; auch verkürzte er den ihm gleichnamigen Monat gegen die übrigen. ***) 6-. Marcus Maulius Capitolinns. I. d. St Z71. Den Kapitolinns verdammte das Volk zum Tode. Sein Haus ward niedergerissen, sein Vermögen eingezogen, sein ") M«jo SZ8. *») Consul steht hier bei Dio, wie auch bei Andern für Tribun mit Consulsgewalt. **«) Majo S. 562. 565. Fragmente. 6L Name und sein Bild, wo es zu finden war, ausgelöscht und vertilgt. Auch jczt noch geschieht alles Dieß, das Niederreißen des Hauses ausgenommen, bei Hochverräthern. Auch verordnete das Volk, daß kein Patricier auf der Burg wohnen sollte, weil Jener daselbst gewohnt hatte. Das Geschlecht der Manlier machte es zum Hansgsseye, baß Keiner von ihnen den Vornamen Marcus, weil Jener in gehabt, in Zukunft führen sollte. Ein solcher Wechsel trat bei dem Capitolinus in seinem Betragen wie in seinem Glücke ein. Im Kriege ausgezeichnet, wußte er im Frieden sich nicht zu benehmen; das Capitolium, das er gerettet hatte, wählte er zum Sitze der Alleinherrschaft. Er, der Patricier, fiel durch Henkershand; *) er, ein anerkannter Kriegsheld, ward wie ein Sklave gebunden, und von demselben Felsen, von dem er die Gallier abgewehrt, hinabgestürzt. **) s;. Capitolinus ward von den Römern svom Felsen) gestürzt. So hat denn Nichts in der Welt Bestand; das Glück führt Viele zu gleich großem Unglücke; nachdem es sie znm Gegenstände der Hoffnungen ihrer Mitbürger erhoben, und ihnen Wünsche nach Höherem erweckt, stürzt es die Getäuschten ins äusserste Verderben. ***) 64. List der Tusculaner. I. d. St. ö? 4 . Camillus zog gegen die Tusculaner zu Felde, durch eine bew underungswürdige List aber entzogen sie sich aller *) otxörs ö'ss/ov s^Lvrro. Neimar. Nro. 51 . "*) Maiv S. 155. 64 CassiuS Dio's Römische Geschichte. Gefahr. Als hätten sie Nichts verbrochen, und die Römer keinen Unwillen gegen sie, als kämen diese als Freunde zu Freunden, oder zögen durch ihr Gebiet gegen Andere, veränderten sie Nichts in ihrer Lebensweise und ließe» sich nicht in ihrer Ruhe stören, sondern blieben Alle bei ihren gewöhnlichen Geschäften und Tagewerken wie,im Frieden an Ort und Stelle, nahmen das Heer in ihre Stadt auf, gaben ihm gastliche Zehrung und thäte ihm auch im klebrigen alle Ehre als Freunde an. Die Römer thaten ihnen daher auch nicht nur Nichts zu Leide, sondern ertheilten ihnen später sogar das Bürgerrecht. *) L 5 . I. d. St. 578. Die Gattin des Rnfus ") sderen Schwager,.! zur Zeit Tribun, nach einem Geschäfte auf dem Markte, zurückkehrte, erschrak, als der Lictor, einer herkömmlichen Sitte gemäß, an die Thüre schlug, da ihr früher Nichts dieser Art vorgekommen war, und fuhr zusammen. Als sie nun von ihrer Schwester und den Andern ausgelacht und verspottet wurde: daß sie Nichts von dem Gebrauche bei Staatsämtern wüßte, weil ihr Mann noch keine der obern Ehrenstellen bekleidet hatte; grämte sie sich darob, wie bei dem durch Kleinigkeiten reizbaren Weibervolke zu geschehen pflegt, und ruhte nicht eher mit ihren Umtrieben, bis sie die ganze Stadt in Aufruhr gebracht hatte. So führen oft kleine und gering. *) Reimar. Num. 52. ") Sonst heißt Dieser Stolo. lLcrgl. Lio. Vk, 54. 2 ch folge der Conjectur Majo's; Fo(>vAH< 7 at, statt des im Lod. flehenden Ae^crner'crcrt. Fragmente. 65 fügige Anlässe viele und große Uebel herbei, wenn dabei Neid und Eifersucht in'L Spiel kommen *). « 6 . Im Unglücke beredet oft die Hoffnung auf Rettung, selbst an Ungereimtheiten zu glauben. Mehr und mehr lösten fle durch ihre fortwährenden Aufstände die Zucht des Staats, so daß sie Alles, worüber sich früher die heftigsten Kämpfe erhoben, mit der Zeit zwar nicht ohne Widerstand, aber doch ohne viel Schwierigkeit durchsetzten. Dion bemerkt: deßhalb erwähnte ich, obgleich ich sonst kein« Abschweifungen liebe, seiner, und schrieb die Olympiade bei, damit die den Meisten unbekannte Zeit der Wanderung daraus deutlicher hervorginge *'). «7- 2- d. St. L86. Publius sManlius, der Dictator) hätte den Parteikampf der Römer beinahe beschwichtigt; denn er wählte den Lici- nius Stolv, einen Plebejer "*) zu seinem Reiterobersten. Diese Neuerung verdroß zwar die Patricier, gewann aber die Andern in dem Maße, daß sie für's folgende Jahr nicht auf *) Majo S. 155. 156. ") Majo 156. M. meint, Dio spreche hier vielleicht von der Einwanderung des jünger» Dionysius nach Italien, doch führt er auch andre Vermuthungen a». *»») Der Text scheint verstümmelt und Reimar. schlägt statt der Worte irpocret^kro, övra die annehmliche Ergänzung vor: rrstocrktXero xa/ne(>kx rs Heg üur«, eTlncrpxo^- Dio Eaffius. 1s Bdchu. 5 66 Cassius Dio's Römische Geschichte- kemConsnlate bestanden, sondern Kriegstribuneii wählen ließen. Da sie hierauf auch in andern Stücken einander nachgaben, so hätten sie sich vielleicht gänzlich ausgesöhnt, wenn sie nicht der Boltttribun Stolo durch das Sprichwort: wer nicht äße, der sollt' auch nicht trinken*), beredet hätte, von Nichts abzustehen, sondern alle ihre Forderungen, als unerläßlich, durchzusehen **). 68. Marcus Curtius. I. d. St. 3g5. Als sich Lurch ein Erdbeben in Rom auf dem Markte ein Schlund öffnete, sollte sich nach einem Sibyllinischen Spruche der Schlund schließen, wenn das Kostbarste auf Erden in denselben hineingeworfen würde. Da nun Viele, die Einen diese, die Andern jene Kostbarkeiten hinabwarfen, und der Schlund immer sich nicht schloß, so erklärte Curtius, an Leib und Geist der trefflichste Mann, daß er den Sibyl- lenspruch besser als die Andern verstände, denn der kostbarste Schatz für die Stadt sey des Mannes Tapferkeit; damit legte er sich die Waffen an, bestieg sein Schlachtrvß, und sprengte mit unverwandtem Gesicht in den Abgrund hinab; da schloß sich die Erde; er aber wird als Heros verehrt***). Unter dem Consulate des Quintus Servilius öffnete sich mitten auf dem Markte ein Erdschlund. Als die Römer aus *) Statt des Textes cüg or)x «Trioern gebe ich Reimarns glückliche konjectur ovx «n Trioikv. Jenes hieße: daß sie das Forum nicht verlassen, bevor sie (den vorgesetzten Bissen) verschlängen; Reisk« will für cxcc/otkn i)n«rrriotko lesen. Reimar. Nro. 55. ***) Majo S. 550. 55t. Fragmente. 67 den Sprüchen der Sibylla ersahen, daß die Erde sich schließen werde, wenn das Kostbarste auf Erden in den Schlnnd geworfen würde,' so brachten die Einen Gold, die Andern Silber, Andere Früchte, wieder Andere Anderes, als das Kostbarste herbei, und glaubten so dem heiligen Spruche zu genügen; da aber nichts desto weniger der Schlnnd geöffnet blieb, so erklärte Eurtius, der schönste und trefflichste Man», daß er den Sibyllenspruch besser als die Andern verstände; denn der kostbarste Schah für die Stadt sey des Mannes Tapferkeit, und diese fordere der Orakelspruck. Mit diesen Worten legte er sich die Waffen an, und bestieg sein Schlacht- roß; während Alle staunten, sprengte er unverwandt in den Abgrund hinab. Als die Erde sich schloß, verordneten die Römer, den Mann mitten auf dem Markte jedes Jahr als Heros zu verehren, nannten den Ort Libernus, und errichteten einen Altar; womit denn auch Virgilius einen Gesang beginnt *). Kein sterbliches Geschöpf ist besser oder starker als der Mensch; oder seht ihr nicht, daß alle Andern sich niederbeugen und immer erdwärts schauen, und nichts thun als was sich auf Nahrung und Befriedigung des Gelchlechkstriebs bezieht; und dazu sind sie anch von der Natur selbst verdammt; wir allein schauen aufwärts und haben Verkehr mit dem Bezieht etwa Dio Birgil ikclog. Vll. ys^rasiliae uoster »mor likieiliiiüe» — hieher? die Stelle (Majo S. 53k. 5Z2.) findet sich ohne Angabe des Verfassers bei Suidas unter: ^ljZkpuog. 5 * L8 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. Himmel selbst, verachten, was auf der Erde ist, und gehen mit den Göttern selbst, als unsersgleichen, um; indem wir deren nicht irdische, sondern himmlische Sprößlinge und Geschöpfe sind; daher wir sie auch nach unserem Ebenbilde malen und gestalten; darf ich mich der Rede vermessen, so ist der Mensch nichts anderes als ein Gott mit sterblichem Körper, noch Gott etwas anderes als ei« körperloser Mensch, nnd deßhalb auch unsterblich; Dieß auch gibt uns den Vorzug vor all den andern Geschöpfen; kein Geschöpf auf dem Lande gibt's, das wir nicht durch Schnelligkeit einholen, durch Starke bändigen, oder auch durch Kunstgriffe fangen und uns dienstbar machen, — kein's im Wasser, kein's in der Luft; jene ziehen wir aus Abgründen, wohin unser Auge nicht reicht, herauf, diese aus den Lüsten herab, wohin wir selbst nicht gelangen *). sMarcus Curtius aber, ein Patricier, der schönste, stärkste, tapferste, verständigste junge Mann, erkannte den Sinn des Orakelspruchs, und sprach unter das Volk tretend folgendermaßen: ,,Was klagen wir, Männer Rvm's die Göttersprüche der Dunkelheit, oder uns des Blvdsinnes an? Wir sind Das, was gefordert und worüber gezweifelt wird; nicht wird man das Leblose höher als das Belebte, das Geist-, Vernunft - und Sprachlose höher, als das mit Geist, Vernunft und Sprache Begabte achten; wem sollten wir vor dem Menschen den Vorzug geben, um durch dessen Opfer den Erd- schlund zu schließen? darf ich mich der Rede vermessen, so *) Aus der ««gedruckten vatikanischen Blumenlese, S. 211. Mass S. 535. Fragmente. 69 ist der Mensch nichts anderes, als ein Gott mit sterblichem Körper, noch Gott etwas anderes als ein körperloser Mensch, und daher unsterblich; und nicht allzufern steh',, wir der Götter Macht. Davon bin ich überzeugt, und wünschte auch euch davon zu überzeugen; glaubt nicht, daß ich zum Loose, zum Opfertod eines Mädchens, eines Knaben rathe; ich selbst weihe mich sfürsl euch, daß ihr mich heute, in diesem Augenblick, als Herold und Machtboten den unterirdischen Göttern sendet, auf daß ich hinfort euer Fürsprecher und Mitkämpfer werde." Als Curtius dieß gesprochen u. s. w. *).) 6g. Manlius Torquatus. 2- d. St. 5gä. Manlius erlegte in einem Zweikampfe den König der Celten, zog ihm die Rüstung aus, nahm ihm die Halskette, den gewöhnlichen Schmuck der Celten, ab, und legte sle fleh an; weßhalb er von seinen Mitbürgern Torquatus, d. h. der Halskettenträger, genannt ward, und diesen Beinamen, als Denkmal seiner Waffenthat, seinen Nachkommen hinterließ **). Als die Lager einander gegenüber standen, nahm es Manlius, ein ausgezeichneter Römer aus dem Senatorstande mit dem Könige der Celten auf, welcher prahlerisch vortretend den tapfersten Römer zum Zweikampf ausgefordert, und streckte ihn tödllich verwundet zu Boden. Er zog ihm die Rüstung aus, nahm ihm die Halkskette, den gewöhnlichen ) Aus der Stelle Dio's in der «»gedruckten vatic. Blumen- lese ergibt sich, daß diese Rede des dem Tode sich weihenden Curtius bei Ionaras dein Dio entnommen ist. Majo, S. 554. **) Maio S. 550. 70 Cassius Dio's Römische Geschichte. Schmuck der Celten ab, und legte sie sich an; weßhalb er von seinen Mitbürgern Torqnatus d. h. der Halskette n- träger, genannt ward, und als Denkmal seiner Waffen- that, diesen Beiname» seinen Nachkommen hinterließ *). 70. I. d. St. ^01. Auf die Nachricht, daß die Römer einen Zug gegen sie vorhätten, schickten die Agylläer sCäritcns, ehe noch ein Beschluß gefaßt war, Gesandte nach Rom, und erhielten gegen Abtretung der Hälfte ihres Gebietes Frieden **). 71. I. d. St. t,o 5 . Als sich Valeuus znm Zweikampfe mit einem Anführer der Celten sGallier) anschickte, setzte sich ihm ein Rabe auf dessen rechten Arm, mit dem Schnabel dem Celten zugekehrt, und mit den Krallen das Gesiebt ihm zerkratzend und seine Augen mit den Flügeln bedeckend, gab er ihn , der sich nicht vorsehen konnte, in die Gewalt des Valerins; woher dieser den Beinamen Corvinus erhielt; denn corvus heißt Rabe. sBald die Backen mit den Krallen zerkratzend, bald hackte er mit dem-Schnabel nach den Augen; als er aber a»s der Mitte der Seinigen vortrat, setzte sich ein Rabe auf des Mannes rechten Arm, und während des Kampfes mit dem Schnabel wider den Celten gekehrt, auf ihn losfliegcnd, und mit den Krallen das Gesicht ihm zerkratzend, seine Augen mit den Flügeln bedeckend, gab er ihn, der sich nicht vorse- *) Diese anonyme Stelle in Suldas, unter dem Worte 7os>- XLllrog, ist, durch Vergleichung des Planudischen Ercerpt's, dem Dio zuzuerkennen. Mass S. 55V. 551. **) Reim. Nro. 112. Fragmente. 71 hen konnte, in die Gemalt des Valerins; indem er ihm mit dem Siege zugleich den Beinamen schenkte; denn er ward von da an Eorvius fCorvinus) genannt *).) 72, I. d. St. äi 5 . Dieses und anderes der Art schützten fle auf solche Weise vor, nicht weil fle hofften, etwas davon durchzusetzen; denn fle kannten vor Allem den stolzen Sinn der Römer; sondern nm durch Verweigerung ihrer Bitte, als Beleidigte, einen Borwand zu Beschwerden zn haben. — Denn es lag am Tage, daß sie nur den Ausgang erwarteten, um sich dem Sieger anzuschließen. — Torquatus rückte es ihnen nicht vor, damit fle nicht aus Gelegenheit des Kriegs gegen die Latiner Feindseligkeiten anfangen möchten; er war nämlich nicht in allen Dingen so rauh, noch verfuhr er überall so strenge, wie gegen seinen Sohn ** ***) ). Torquatus war nicht in allen Dingen so rauh, noch verfuhr er überall so strenge, wie gegen seinen Sohn, sondern war nach dem Geständnisse Aller ein guter Rathgeber und geschickter Soldat; daher erkannten auch sowohl seine Mitbürger als seine Feinde an , daß die Entscheidung des Kriegs in seinen Händen gelegen, und er, an der Spitze der Latiner stehend, unfehlbar den Sieg auf ihre Seite gewendet hätte*"*). *) Majo S. 534. das erstere Bruchstück beweist, daß die aus Suidas unter dem Worte «/n-ovkcu aufgeführte Stelle aus Dio genommen ist. — Majo A. a. O. **) Majo S. 456. 157. Dieses Bruchstück schließt sich ohne Zweifel an das nachfolgende an. ***) Reimar. Nro. 34. 72 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. 7 Z. I. d. St. 4 >5. Der Consul Manlius bekränzte seinen Sohn, weil er den Latiner Pontius in einem Zweikampf erlegt hatte, als Sieger, ließ ihn aber, weil er seine Befehle überschritten, unter dem Beile bluten; diese gräßliche That machte die Römer äußerst folgsam gegen ihre Obern *). 74 . 2- d. St. 4>5. Als die Römer gegen die Latiner im Felde standen, und der Wahrsager den Römern den Sieg verhieß, wenn einer der Eonsuln sich den Göttern der Unterwelt weihen würde, legte der Consul Decins sein Kriegskleid ab, zog das heilige Gewand an und stürzte sich in's dichteste Gedränge der Feinde. Don allen Seiten von Geschossen getroffen stirbt er, die Schlacht aber entschied sich für die Römer **). 7 S. Dio sagt: Wir finden es höchst wundersam: Wenn nämlich wirklich der Tod des einzigen Decins die Schlacht wiederherstellte, die Sieger besiegte, den Besiegten den Sieg gab, so sehe ich nicht ab, wie das Alles zuging. Wenn ich die Thaten gewisser Männer lese und weiß, daß Diele dergleichen Angaben zusammentrugen, so kann ich denselben den Glauben nicht versagen; wenn ich dagegen die Ursachen der Ereignisse erwäge, so ist mir das Ganze unbegreiflich; denn wie will Einer glauben, daß eine solche Selbstaufopferung eines einzigen Mannes einer solchen Menge Men schen Heil und *) Majo S, 555. **) Maio S. 554. 555. Fragmente. 73 Sieg bringen würde? Wie und durch welche Mittel Dieß geschieht, mögen Andere untersuchen *). 76. Obgleich die Römer dem Torquatus, seines Sohnes wegen , so sehr gram waren, daß sie die gräulichsten Thaten davon manlia nische nannten und ihm nicht verziehen, daß er, ungeachtet sein Sohn und sein Mitconsul todt war, einen Triumph feierte; so erwählten sie ihn doch, als ein anderer Krieg sie drängte, zum viertenmale zum Consul; er aber schlug das Consulat aus und verschwor sich mit den Worten: „ich könnte euch, und ihr könntet mich nicht ertragen **)." 77. I. d. St. z>6. Die Römer söhnten sich wieder mit den Latinern aus und schenkten denselben das Bürgerrecht, so daß sie die gleichen Rechte mit ihnen theilten. Sie gestanden, was sie den Krieg drohenden verweigert, und um dessen willen sie so viele Gefahren bestanden hatten, den Besiegten aus freie» Stücken zu, indem sie den Einen dafür, daß sie im Kriege beigestanden, den Andern, daß sie während desselben ruhig geblieben, vergalten *"). 78. 2 . d. St. z,6. Die Römer beschloßen, die Privernaten zu fragen, welche Strafe sie nach solchem Unterfangen verdienten? Sie antworteten kühn: „die Sumse freier Männer, welche die Freiheit lieben." Als der Cousul wieder fragte: „„Was Mai» S. 157. 158. **) Majo S. 157. *") Majo S. 158. 159- 74 Casstus Dio's Römische Geschichte. werdet ihr thun, wenn ihr Frieden erhaltet?"" erwiederten sie: „erhalten wir ihn unter billigen Bedingungen, so werden wir ruhig bleiben, wenn man uns aber Unerträgliches befiehlt, werden wir kriegen. Sie bewunderten ihren Freisinn, und machten ihnen nicht nur bessere Friedensbedingnn- gen, als den Andern — *). 7 g. I. d. St. -Zo. Rede des Vaters Rullns vor dem Volke. (Vergl. Liv. Vli, zäo ff.) Bedenke, daß Todesstrafen an solchen Männern vollzogen, die Schuldigen verderben, die noch gebessert werben konnten , die Andern aber um nichts besonnener machen. Die menschliche Natur will nicht, ^daß man, bei Drohungen, ihr Gesetz überschreite. Durch den Zwang der Furcht, den Ueber- muth der Kühnheit, die Unbesonnenheit der Unerfahrenheit und das Ungestüm des Kraftgefühls, oder durch andere Reizmittel , wie deren so oft Einen wider Vermuthen anwandeln, führte sie, die Einen nicht einmal gedenkend der Strafen, sondern ohne Rücksicht auf sich selbst dem vorgesteckten Ziele zueilend, die Andern die Erreichung des Gegenstands ihrer Wünsche höher als sich selbst erachtend, zum Fehltritte; die bedachtsame Menschlichkeit bewirkt von Allem das Gegentheil; denn Verzeihung am rechten Orte hat schon manchen umgewandelt, besonders wenn Einer aus einem Ucberdrange von Muth, nicht ans Bösartigkeit, aus Ehrtrieb, nicht aus Schlechtigkeit gefehlt; vernünftige Schonung zähmt und mä- ») Sbendas. das zweite Satzglied, welches mit crX^' anfing, vergaß der Abschreiber wahrscheinlich über dem des «ächstci! Stückes. Majo 159. Nro. XXXII. Fragmente. 75 ßigt edeln Uebermuth und stimmt auch die Andern, wenn sie ihn gerettet sehen, unwillkürlich, zum Gehorsam um; denn Jeder gehorcht lieber, als er sich zwingen läßt, und hört lieber freiwillig auf das Gesetz, als durch Gewalt genöthigt; der freie Wille erscheint als Selbstbestimmung, was befohlen wird, das wird als etwas Unfreies abgewiesen. Die höchste Tugend und Macht besteht nicht im Tödten, was auch der Schlechteste und der Schwächste kann, sondern im Schonen und Retten Anderer, was Keiner unter uns wider seinen Willen kann. Ich wünschte ein Ende meiner Klagen; mein Geist ist erschöpft, meine Stimme versagt und wird durch Thränen gehemmt, die Angst schließt mir den Mund; und doch weiß ich nicht, wie ich schließen soll. Mein Unglück scheint mir, änderst du nicht deinen Sinn "), noch lange nicht geschildert, es erlaubt mir nicht zu schweigen; da, waS immer ich zuletzt für die Rettung meines Sohnes spreche, mich, wie im Gebete, zu Weiterem drängt *) **). So. Denn er sder Dictator Papiriuss fand es noch bedenklich, von der Hoheit der Gewalt, die er bekleidete, etwas zu vergeben; und als er schon, auf Rullus Rede, und weil er die ihm günstige Stimmung des Volkes sah, ihm das Lebe» schenken wollte, hielt er noch an sich, jenem zu willfahren, *) Statt der unverständlichen Worte des Cod., ro ir«Ao§ «v /ittXXov cror zc?) öoEkr kwi n ii(>o- . I. d. St. z5r. Von den Römern besiegt, schickten die Samniten Gesandte nach Rom und gaben ihnen alle Gefangenen, welche sie hatten, zurück, auch plünderten sie das Eigenthum des Papirius "*), eines ihrer angesehensten Männer, auf den sie die ganze Schuld des Krieges schoben, und zerstreuten die Gebeine desselben, weil er sich vorher entleibt hatte. Sie erhielten aber den Frieden nicht. Weil man ihnen nicht trauen zu dürfen glaubte, und sie immer nur aus Noth, um ihren jedesmaliger Besiegen zu täuschen, Friedensanträge zu machen schienen, bekamen sie nicht nur keine friedliche *) Hier fehlt die Rede des Dictators. ") Maso S. 160. 161. *") Leunclav liest «in Rande /IllTil«. Veral. Liv. VIII, 59. Fragmente. 77 Antwort, sondern mußten sich auch auf einen unversöhnlichen Krieg gefaßt machen. Denn die Römer beschloßen, obgleich sie die Gefangenen behielten, einen unversöhnlichen Krieg wider sie zu führen *). 8,. I. d. St. -55. Unter den vielen wunderbaren Wcchselfällen des menschlichen Lebens zeichnet sich nicht wenig auch derjenige aus, der sich damals ereignete: die Römer, welche in ihrem Ueber- muthe beschlossen, von den Samniteu keinen Friedensherold mehr anzunehmen, und gehofft hatten, sie allesammt in einer Schlacht zu Paaren zu treiben, kamen in große Gefahr und erlitten einen Schimpf, den sie noch niemals erlebt hatten. Jene, welche über die Nichterlangnng des Friedens in größter Furcht geschwebt hatten» bekamen das ganze Heer in ihre Gewalt und schickten es durch das Joch. So sehr hatte sich ihr Glück gewendet **). 85. Die Feindschaften werden durch Wohlthaten aufgehoben; und je größere Feindschaft Einer hegt, wenn er nun gegen Erwarten Rettung statt Rache findet, desto eher entschlägt er sich dieser und gibt sich von jener besiegt. Wie der Haß Derer, die sich entzweien und von Freundschaft zur Feindschaft übergehen, größer ist, so lieben Diejenigen, welche, nach einem Zerwürfnisse Gutes erfahren, die Thäter mehr, als die jederzeit Wohlthaten genossen. Die Römer zumal wollen im Kriege die ersten seyn, schätzen aber auch die Tu- *) Reimar. Nro. 14Z. **) Mai» S. 161. 78 Cassius Dio's Römische Geschichte. gend und buhlen um den Preis der Ehre, indem sie Gleiches mit Gleichem im Uebermaße zu vergelten trachten *). Die Wohlthaten sind ein Ergebniß freier Entschließung bei den Menschen, nicht der Unwinkürlichkeit, der Ueberei- lung, der Hinterlist, oder eines sonstigen Beweggrunds, durch freie Wahl werden sie mit willigem, geneigtem Sinne vollbracht; und deßhalb muß man Diejenigen, die sich Etwas zu Schuld kommen ließen, bemitleiden, ermähnen, zurechtweisen, lieben, denselben mit Gutem vergelten; und wenn auch von den Menschen beides geschah, so ziemt es unsern Sitten weit mehr, des Guten, als des Unrechten zu gedenken "). Großes darf man sich darauf einbilden, wenn man dem Beleidiger vergilt *"), noch mehr aber, wenn man dem Wohlthäter erkenntlich ist st). — Tue Menschen schmerzt durchaus mehr die angethane Schmach, als die Wohlthat sie erfreut; sie verfolgen mehr Diejenigen, welche ihnen Etwas Hier bricht der Tert ab; wenn man aber annehmen darf. daß das blloiiie^ium vario. S. 46. (Majo S, 555. 556.) seine Auszüge nach der Tertsolge machte, so gehöre», die Stücks x/, xä' in die Lücke der Rede des Heremiius, da xs (Majo 556.) dasselbe Eocerpt gibt. womit die Rede (Majo 162.) wieder beginnt, mit der einzigen Veränderung. daß es statt des dortigen öre, ?«(> setzt. Ich schalte in obiger Voraussetzung die benannten Fragmente hier ein. **) Majo S. 555. *") Ich lese statt äzlktva§F«t — a/iel^ecrAtte. st) Majo S. 556.. Fragmente. 79 zu Leide thaten , als sie dem Wohlthäter vergelten; indem sie die Schande der Undankbarkeit gegen ihren Reiter für nichts achten, wenn es ihren Vortheil gilt, und selbst wenn's gegen ihren Nutzen ist, ihre Leidenschaft gewähren lassen. — Aus solch-en Gründen ermähnte er sie, nach seiner Weisheit und der dem Alter eigenen Erfahrung, nicht die augenblickliche Lust, sondern das künftige Leid vor Augen zu haben * **) ). 6 -,. Die Capnaner krankten die besiegten Römer, als sie nach Capna kamen, weder durch Worte, noch durch die That, gaben ihnen vielmehr Nahrung und Pferde, und nahmen sie wie Sieger auf. Sie, welchen sie wegen des durch sie Erlittenen , den Sieg nicht wünschten, bemitleideten sie in dem jetzigen Unglück. Die Römer waren, auf die Kunde von diesen Unfälle», in großer Noth, und wußten nicht, ob sie sich über die Rettung der Soldaten freuen, oder ärgern sollten. Sie verwünschten die unwürdige, unerhörte Beschimpfung , znmal durch die Eamniten, und hätten lieber die Ihrigen alle verloren gegeben; wenn sie aber bedachten, daß in diesem Falle auch alle klebrigen gefährdet waren, so war ihnen doch ihre Rettung nicht unerwünscht. Alle Menschen müßen, ohne daß man es ihnen verargen dürfte, auf ihre Rettung bedacht seyn, und, wenn stein Gefahr sind, kein Rcttungsmittel unversucht lassen. Bei Göttern und Menschen findet Verzeihung, wer wider seinen Willen etwas thut "). *) Majo S. 162. **) Maiv S. 162. 165. 80 Casstus Dio's Römische Geschichte. Die Samnitcn schloßen die Römer in Engpässe ein und nöthigten sie zu schimpflichen V-rträgen, indem sie dieselben unbewaffnet einzeln durch das Joch ziehen ließen. Die Stadt aber erklärte den Vertrag für nichtig und lieferte die Con- suln, die solchen geschlossen, den Feinden aus, indem sie auf sie die Sühne des gebrochenen Vertrags abwälzte *). Als die Samniten sahen, daß man ihnen weder den Vertrag hielt, noch sonst erkenntlich war, vielmehr statt der Vielen Wenige mit Umgehung der eidlichen Verpflichtungen auslieferte, wurden sie äußerst aufgebracht, und riefen, die Rache der Götter erflehend, Einige namentlich auf '*), for- derten, ihre Eidschwüre vorrückend, die Kriegsgefangenen zurück, und hießen sie nackt zu demselben Joche zurückkehren, von dem sie sie aus Mitleid entlassen hätten, damit sie die Heilighaltung ihrer Eide durch die That bewiesen; die Ausgelieferten aber schickten sie zurück, sey es, weil sie sie, die Nichts verbrochen, nicht verderben, oder dem Volke den Eidbruch zuschieben, und durch einzelner Männer Bestrafung die Andern nicht für entbunden erklären wollten; Dieß thaten sie, indem sie auf eine billigt Genugthuung hofften '**). 85. I. d. St. 45z. Die Römer wußten den Samniten für die Schonung der Ausgelieferten nicht nur keinen Dank, sondern begannen, als hätten sie dadurch eine neue Unbilde erlitten, völl Erbitterung den Krieg, besiegten sie und thaten ihnen dieselbe Strafe Wafo S. 535. *«) Bergl. LiviuL IX, 11. **') Majo S. 163. 81 Fragmente. an; denn die Waffen sprechen gewöhnlich anderes Recht, als dir Gesetze; der Sieg ist nicht immer auf Seiten der Beleidigten; der Krieg verfügt eigenmächtig alles zum Vortheile des Siegers und verkehrt oft die Satzung des Rechts in das Gegentheil *). Die Römer besiegten die Samniter und schickten auch ihrerseits die Kriegsgefangenen unter dem Joche durch, indem sie durch Vergeltung gleicher Schmach die ihrige hinlänglich gerächt zu haben glaubten. So zeigte das Glück, das beiden Theilen in kürzester Frist zum Gegentheil umschlug , und den Samniteu durch die von ihnen mit Schmach Belegten wiederoergalt, seine Allgewalt **). 86. I. d. St. zL5. Papirius rückte gegen die Samniteu in's Feld, schloß fle (in die Stadt) ein und belagerte fle. Als ihm hier Einer vorrückte: daß er viel Wein trinke, sagte er: „daß ich kein Säufer bin, ersieht Jedermann schon daraus, daß ich am frühesten aufstehe, und am spätesten schlafen gehe; weil ich aber bei Tag und bei Nacht für das Gemeinwohl sorge und nicht leicht einschlafe, genieße ich den Wein, um mich in Schlaf zu bringen." Als er einmal selbst die Wachen besuchte, und den Anführer der Pränestiner nicht auf dem Posten fand, ließ er ihn kommen, und befahl dem Lictor das Beil bereit zu halten. Als Jener erblaßte und erschrack, begnügte erblich mit seiner Furcht und verfügte weiter Nichts gegen ihn, sondern *) Majo S. 165. 164. **) Majo S. 184. Dio Cassius. 1s Bdchn. 6 82 CassiuS Dio's Römische Geschichte. befahl dem Lictor, einige Wurzeln neben den Zelten auszurenken, damit die Vorbeigehenden slch nicht daran stoßen *). 87. Das Glück bleibt meistens einem nicht immer getreu, sondern verführt sogar Viele zur Unvorsichtigkeit.** ***) ) 68. Fabius Rullus. I. d. St. 445. In der Stadt wünschte man den Papirins zum Dictator. Da man aber besorgte, Rullus möchte ihn, wegen Dessen, was ihm als Reiterobristen begegnet war, nicht ernennen wollen, bat man ihn durch Abgeordnete, das Gemeinwohl seiner Feindschaft vorzuziehen. Er gab den Abgesandten keinen Bescheid; als es aber Nacht ward, (denn zur Nachtzeit mußte herkömmlicher Weise der Dictator ernannt werden) erklärte er ihn dazu, und erwarb sich dadurch das größte Lob *'*). 8g. I. d. St. 457. Avkius der Blinde und Vvlnmnius geriethen mit einander in Streit; wobei Vvlnmnius, als Appins in der Versammlung gegen ihn äußerte, daß er durch ihn weiser geworden sey und es ihm nicht danke, zugab, daß er weiser geworden sey; daß aber Jener an Kriegserfahrung Nichts gewonnen hätte k). go. I. d. St. 45g. Im Augenblicke wußte das Volk nicht, sollte es der Wahrsagung glauben, ober nicht, denn es wollte überhaupt *) Mach S. 164. **) Majo S. 165. ***) Reimar. Nro. 55. k) Mach S. 165. 83 Fragmente. Nicht hoffen, weil es nicht wollte, daß davon irgend Etwas geschehe; dagegen wagte es auch nicht, Allem den Glauben zu versagen, weil es lüstern nach dem Siege war; so lebte es nun unter Schrecken und Furcht in der peinlichste» Ungewißheit. Als aber Alles nach einander eintraf, paßten sie die Deutung der Erfahrung an, und er selbst suchte aus der Voraussicht des Unbekannten den Ruhm der Weisheit zu erlangen *). g>. I. d. St. 45g. Die Samniten, ergrimmt über die ungünstigen Erfolge, und nicht verwindend, daß sie immer die Besiegten waren, beschloßen, in einem entscheidenden verzweifelten Kampfe entweder obzusiegen, oder männiglich umzukommen. Sie hoben die ganze waffenfähige Mannschaft aus und ließen sie die furchtbarsten Eide schwören, daß sie selbst nicht vcm Wahlplatze fliehen, und Jeden, der es zu thun versuchte, niederstoßen wollten **). g-, I. d. St. 465. Auf die Nachricht, daß der Consul sQuintus) Fabins sMarimus Gurges) eine Schlacht sgegen die Samniten) verloren habe, wurden die Römer sehr ausgebracht, riefen ihn in die Stadt und stellten ihn zur Rechenschaft. Er wurde in der Volksversammlung heftig angeklagt, (seines Vaters Ruhm lag schwerer auf ihm als alle andere Beschuldigungen,) und man erlaubte ihm nicht ein Wort zu seiner Vertheidigung. *) Sbendas. vergl. Livius X, ZI. ") Majo S. 165. 1S6. 84 Cassius Dio's Römische Geschichte. Der Greis sprach zwar Nichts zu des Sohnes Entschuldigung, zählte aber seine und seiner Vorfahren Thaten auf und verbürgte sich, daß er nichts derselben Unwürdiges thun werde. So besänftigte er ihren Zorn, besonders da er die Jugend seines Sohns zur Entschuldigung anführte. Er ging nun sogleich mit ihm zum Heere ab, sä,lug die auf ihren Sieg stolzen Samniten und eroberte ihr Lager nebst vieler Beute. Die Römer priesen Jenen jetzt hoch und ließen dem Sohn auch künftig als Proconsul den Oberbefehl, nur sollte er den Vater als Unterbefehlshaber bei sich behalte». Ohne Schonung des Alters unterstützte ihn Dieser überall mit Rath und That; auch die Bundesgenossen gingen, seiner frühern Thaten eingedenk, ihm willig an die Hand. Bei all dem merkte man nicht, daß Alles durch ihn geschah; er blieb, als wäre er wirklich nur des Sohnes Rathgcber und Untergebener, sehr bescheiden und schrieb allen Ruhm der Thaten Diesem zu *). gZ. I. d. St. ä6Z. Die Soldaten, welche mit Junius und Postumius ausgezogen, erkrankten auf dem Weg; als Ursache wurden die Anstrengungen bei der Fällung des Waldes angegeben. Darob zurückgerufen, gab er aber auch hier ihnen nichr viel Gehör, indem er sagte sdaß der Senats über die Privatleute, aber snicht über die Consuln zu befehlen habes **). *) Rcimar. Nro. Z6. **) So weit verständlicher Text. Jetzt folgen einzelne abgerissene Worte, die ich in der Ursprache beisetze und Klügern die Ergänzung überlasse: xai... «PAonerkoon ziev.. Fragmente, 85 9i. 2 . d. St. 461 - 468. -— * *) Als ihnen endlich die Vornehmen viel mehr als sie anfangs gehofft hakten, zugestehen wollten, gaben sie sich nicht mehr zufrieden, sonder» wurden, je mehr sie Jene nachgeben sahen, als hätten sie ein Recht darauf gewonnen, nur noch dreister; und wegen der fortwährenden Zugeständnisse schlugen sie Diese, als wären sie nothwendig, für nichts cenö^wn rroXX ... oni PrXori/tttz:.... Oa/Z(>ixto§... r« irpa^rara ... , x«t ?rs>o ... rrin r)nö r« iroXtrs ... rj viro r«v iioXr- /ulwv crrrXXrx^r-nar. *) Da dieses Fragment keinen verständlichen Zusammenhang gibt. setze ich den Urtext sei: (5 itt Lor'ssros. . . r« ,ILI-.. .... rwu ... iroXX«xr§.^«Xostonwo' rwt- As ... ävnarosg 1 / rsron.xcci rxktr>«§ räg'... ere§ txovl<7«i7tsc-.t' x«i xn /rev rw ncr(ittXstr/stcr ol r'«crLrr-k<7nrk>ot Heran... x«i rü iranros äztap- r^tarog.. . rrpocrrx -.. ro' xai ot ki-7io(>wrL- gor HacckHaanr-kg cüg üSerk^ov ava/xacrAHaon- r«t . . . rnkräH ök xvicr/krv ro /Ikrarcrnre e/ieXXk, ög r^Luanr/ov r'/tPorö^ors aurors 7iL(>trriz' rc>7g öe össkiXLctrv or-örrkpon or' avräv k§?/ssx/strk, xai ro7§ övnarosg ä^arirzrön öriövxkrn .. ktwA -. xai rwn äss^aicav rk(»^t>kr5u' «r' ovv rv rr^ ncr^nnnt... öekxptAh' xai /lera rsrwv rni slaxk>o- rk^ov Lcr ro ... ervnL^aXXku äXXHXoeg ovx äXXt/7ov H rn rw xaAkowrr 7i(. So sind auch sie aus ihrer Blüthe und ihrem Glück ü? gleichgroßes Unglück herabgestürzt gg. I. d. St. />7-. Lucius ***) sCornelius^ ward von den Römern nach Ta» rent gesandt. Die Tarentiner, welche das Bacchusfest feierten *) Majo S. 168. 169. Bergt. Nro. 87. Dieses Fragment fand Majo in einer vaticanischen Blumenlese in etwas veränderter und berichtigter Form. vergl. S. 556. Ich gebe die Uebersetzung mit Hinweisung auf die Tertver- ' schiedenheit. Wenn das Glück Sinen im Uebermaß so begünstigt. stürzt es ihn ins Unglück (ltv/Kpostäg erst. a. xattl^croro nämlich rn7if>cr/i«n, oben. cru/rss) 0 (>wv er«, a- Blumenlese) denn es verführt zur Unbesonnenheit; Besonnenheit nämlich verträgt sich nicht mit Aufgeblasenheit, und stürzt ins Verderben. irsto- «z'crj'Lctcrr «. rg rü exPostcru «rvurc- r>«e, crPa^^scttV. oben. irstoa^sotre «. rig r» Lxgostoo ssöe /«c> rAeXer rö ctwPpon rw /avoa» cti'uktuae) r« zir/er« crwcr^.Loti'. Majo S. 168 . *") Appian (s. dessen Fragm. bei Ursin.) erzählt die Geschichte Fragmente. 89 ünd am Abende voll Weines im Theater ") saßen, argwöhnten, er komme mit seinen Schiffen in feindlicher Absicht, und, von Zorn und Trunkenheit getrieben, liefen sie ohne Weiteres wider ihn aus, fielen über ihn her, der keine Hand zur Gegenwehr rührte und nicht im Geringsten eine Feindseligkeit vermuthete, und warfen ihn nebst vielen Andern in das Meer. Die Römer, auf diese Kunde, wie sich denken läßt, höchst aufgebracht, beschlossen dennoch, nicht sogleich wider sie ins Feld zu rücken. Um aber nicht den Schein zu haben, als wollten sie ganz dazu schweigen, und um sie dadurch nicht noch dreister zu mache», schickten sie Gesandte ab. Die Tarentiner, weit entfernt, sie wie sichs gebührte, aufzunehmen,. oder ihnen die geeignete Antwort zu geben, verhöhnten sie, ehe sie ihnen noch Gehör gegeben, sowohl über anderem, als auch wegen ihrer Kleidung. Es war Dieß die städtische, die wir auf dem Markte tragen. Diese hatten sie angelegt, sey es der größer» Feierlichkeit wegen, oder um denselben dadurch Ehrfurcht einzuflößen. etwas anders: Cornelius war mit zehe» bedeckten Schiffen ausgesegelt, nm Großgriechenland zu befahren. Ein De- magoge zu Tarent, Namens Philocharis, wegen seines schändlichen Lebens Thais zubenanut, erinnerte die Ta- renliner an alte Verträge, nach denen die Römer nicht über das Vorgebirg Lacinium Hinausschiffen dürften. Hierdurch aufgereizt liefen die Tarentiner gegen Cornelius aus, versenkten ihm vier Schiffe und »ahmen eines sammt der Bemannung weg. Ltach Zonaras hieß der Befehlshaber der Schiffe Lucius Valerius. — Dieser wollte in den Hafen von Tarent, als einen befreundeten, einlaufen u.s.w. *) Das größere Theater lag nach Florus, l, 18 . über dem Hafen nnd gab eine Aussicht auf das Meer. 90 Cassius Dio's Römische Geschichte. Sie standen nun trnppenweise zusammen und verhöhnten sie. Denn auch damals feierten sie gerade ein Fest, das sie, die auch sonst nicht sehr bescheiden waren, noch muthwMger machte. Zuletzt stand Einer neben Postumius hin, bückte sich, verrichtete seine Nothdurft, und beschmutzte sein Kleid. Als alle Andern darüber aufschrien, es als eine Heldenthat lvbpriesen, viele muthwillige Spottlieder auf die Römer sangen, und mit Hand und Fuß den Takt dazu schlugen, sprach Postumius: „Lacht nur, lacht, so lange ibr noch könnt. Denn lange werdet ihr weinen, wann ihr dieß Kleid mit eurem Blute abwaschen müßt *)." Auf diese Rede enthielten sie sich des Spotts, thaten aber Nichts, die Verhöhnung abznbitten, sondern rechneten sichs noch als Wohlthat an, daß sie dieselben unversehrt ziehen ließen ** ***) ). Als Meton die Tarentiner vergeblich ermähnt hatte, keinen Kueg mit den Römern anzufangen, entfernte er sich aus der Versammlung, bekränzte sich und kehrte mit Festgenoffen und einer Flötenspielers» zurück. Als er nun sang, und den Cordar "') tanzte, standen sie von der Berathung ab, und schrieen und klatschten ihm zu, wie in solchen Fällen zu geschehen pflegt. Er aber erbat sich Stille und sprach: „Jetzt *) Reimar. Nro. 145. **) Diesen Ansatz gibt Majo S. 168. nachdem er die Rede des Postumius folgendermaßen eingeleitet hatte: Pvstumiu- sprach, als die Tarentiner sein Kleid beschmutzten, und unter Händeklatschen und rythmischem Fußschlage Spott- lieder absangen —. ***) Ein plumper, unanständiger Tanz, in der alten Comödie gebräuchlich, den nur trunkene und ungebildete Leute tanzten. 9t Fragmente. noch dürfen wir uns im. Wein ergehen und guter Dinge seyn; wann ihr aber thut, worüber ihr zu Rathes geht, werden wir als Sklaven dienen *)." 100. Caqus Fabricius. CajuS Fabricius stand im klebrigen dem Rufinus gleich, in Hinsicht der Unbestechlichkeit aber übertraf er ihn weit. Er war durchaus keinem Geschenke zugänglich und fand deshalb an Jenem keinen Gefallen, war vielmehr beständig mit ihm entzweit; gleichwohl gab er ihm seine Stimme zum Consulate. Denn er hielt ihn zur Führung des Kriegs am geeignetsten und setzte seine Privalfeindschaft dem Vortheil des Staates nach. Dadurch erwarb er sich Ruhm, da er sich auch über den Neid erhaben zeigte, den oft auch bei den verdienstvollsten Männern der Ehrgeiz in so hohem Grade erzeugt. Denn, als ächter Patriot, dem Nichts an Auszeichnung lag, hielt er es für einerlei, ob dem Staate durch ihn selbst, oder einen Andern, wenn er auch sein Feind wäre, geholfen würde **). 101. Cineas. Durch Cineas soll Pyrrhus mehr Städte, als durch das eigene Schwert erobert haben. Er war, nach Plutarch "*), ein guter Redner und an Stärke der Beredsamkeit allein mit Demosthenes zu vergleichen. Weil er nun, als verständiger Man», das Thörichte des Feldzuges einsah, machte er dem Pyrrhus Vorstellungen dagegen. Dieser gedachte, ver- *> Majo 168. 169. Ncimar. Nro. Z7. *»*) Plut. Pyrrhus Cax. 14. L-l. Hütte». Vol. III. S. 21. 92 Casflus Dio's Römische Geschichte. möge seiner Tapferkeit, den ganzen Erdkreis sich zu unterwerfen ; Jener riekh ihm, er sollte sich mit dem eigenen Lande, als hinreichend zur Glückseligkeit, begnügen. Die Kriegslust des Mannes und seine Herrschsucht, mächtiger als des Cineas Rath, hatten zur Folge, daß er nach dem Verluste vieler Tausende von Kriegern in den Schlachten aus Sicilien und Italien schimpflich abziehen mußte *). > 02 . Der König Pyrrhus herrschte über das sogenannte Epl- rus und hatte sich den größten Theil Griechenlands theils durch Wohlthaten, theils Lurch den Schrecken seiner Waffen zu eigen gemacht. Die damals mächtigen Aeloler, der Mace- donier Philippus ") und die Fürsten Jllyriens buhlten um seine Gunst. Denn durch seine glänzenden Anlagen, seine hohe Bildung und seine Gewandtheit in Geschäften that er es Allen zuvor; so daß seine Persönlichkeit seine und seiner Bundesgenossen Macht, so groß sie auch war, überwog *"). ioZ. Pyrrhus, der König von Epirns, trug den Sinn noch höher, da er von den auswärtige» Völkern als der geeignetste Gegner der Römer angesehen ward; und betrachtete es als glücklichen Umstand,, daß er den Schuhsuchenden, zu- *) Reimar. Nro. 58. Der älteste Sohn Cassanders, der ein Jahr lang auf dem Throne saß; paffender wäre jedoch Alexander, Cassanders Sohn, angeführt, der, von dem ältern Bruder Antipater bedrängt, den Pyrrhus zu Hülfe rief und gegen Abtretung von Nympbäa, Ambracien, Acarnanien und Amphi- lochien in der Regierung bestätigt wurde. *'*) Reimar. Nro. 59. Fragmente. 93 mal als Griechen, zu Hülfe kommen sollte; und daß er Jene unter einem schicklichen Verwände zuvor angriff, ehe ihm von denselben Etwas zu Leide gethan ward; denn so sehr war er auf guten Ruf bedacht, daß er, obgleich schon längst auf Sicilien absehend '), und der Römer Macht zu demüthigen trachtend, Anstand nahm, als nicht Beleidigter, die Feindseligkeiten gegen sie zu beginnen. Pyrrhus schickte nach Dvbona "* * ***) ) und ließ das Orakel über den Feldzug um Rath fragen. Als ihm der Spruch ward: Wenn er nach Italien übersetze, nexMkev *"), legte er ihn nach seine» Wünschen aus, (so sehr verblendet oft die Begierde) und erwartete nicht einmal den Frühling k). Jahr der Stadt äoä- Die Rhegiuer hatte» sich von den Römern eine Besatzung erbeten; diese ward von Decins befehligt. Die Meisten von Diesen ließen sich, durch den Ueberfluß an Lebensmitteln, das müßige Leben und die, mit der heimischen verglichen, weit ungebundenere Zucht, besonders auf Antrieb *) Wegen seiner Gemahlin Lanassa, Tochter des Agathocles, machte er Ansprüche auf den Besitz von Sicilien. Ein berühmter Ort in Epirus mit einem Orakel des Jupiter. Neben seinem Tempel war der heilige Hain, in welchem sich die prophetische Eiche befand. ***) Die in den Griechischen Worten liegende Zweideutigkeit ist im Deutschen nicht leicht auszudrücken. Es heißt eben so gut: werden die Rvin^r siegen, als auch, werde (er) die Römer besiegen, etwa: „So werde der Römer-Sieg erfolgen." st) Majv S. 169. 94 Cassius Dio's Römische Geschichte. des Decins, in den Sinn kommn, die vornehmsten Rhegi- ner zu todten und sich der Stadt zu bemächtigen. Weil die Römer mit den Tarentinern und dem Pyrrhus zu thun hatten, glaubten sie nach Willktthr schalten zu dürfen. Ein weiterer Beweggrund war, daß sie auch Meffana im Besitze der Mamcrtiner sahen. Denn diese, Campaner, und von Agothocles, dem Beherrscher Siciliens, zur Beschützung der Stadt bestellt, hatten die Einwohner ermordet und sich in den Besitz der Stadt gesetzt *). Sie getrauten sich indessen nicht, ihren Anschlag vssen auszuführen, da sie ihrer zu Wenige waren; Decins umer- schob Briefe, worin einige Bürger dem Pyrrhus anboten, sie (die Besatzung) durch Verrätberei in seine Hände zu überliefern, berief die Soldaten zusammen, las ihnen die angeblich aufgefangenen Briefe vor, und setzte sie durch eine passende Rede in Wuth, besonders als ein von ihm aufgestellter Bote die Nachricht brachte, es seyen Schiffe des Pyrrhus in der Gegend gelandet, um mit den Berräthern Abrede zu treffen. Andere, von ihm vorbereitet, vergrößerten die Sache und schrieen durcheinander, man müßte den Rheginern zuvorkommen, ehe man von ihnen gefährdet werde; wenn man sie unversehens überfalle, könnten sie schwerlich Widerstand leisten. Die Einen stürzten jetzt in ihre Quartiere, die Andern in die Häuser und machten die Mei- *) Nach Pvlybius I, 7. ist die Geschichte etwas anders. Nach des Agathocles Tod mußten die Söldner, größtentheils Cam« xaner, Spracus verlassen, fanden anf dem Rückwege in Messana gute Aufnahme und setzte» sich durch schwarzen Verrath in den Besitz der Stadt. Fragmente. 95 sten nieder. Einige Wenige lud Decius znm Gastmahl und tvdtrte sie *). 108. Der Befehlshaber der Besatzung, Decius, ermordete die Rheginer und schloß ein Bündniß mit den Mamertinern, indem er sie, die sich der gleichen That vermessen, für die treusten Bundesgenossen hielt, weil ihm die Erfahrung sagte , daß viele Menschen sich wegen gleicher Verbrechen einander weit enger anschließen, als bei gesetzlicher Genossenschaft nnö Verwandtschaft zu geschehen Pflegt. Die Römer kamen da,ob in bösen Leumund, bis fle endlich gegen sie zu Felde rückten; weil sie nämlich durch wichtigere und dringlichere Angelegenheiten beschäftigt waren, glaubten Einige, daß sie gar Nichts aus der Sache machen wollten **). log. Die Römer gerirthen auf die Nachricht, daß Pyrrhus komme, in große Furcht; denn sie hörten von ihm, daß er ein guter K iegsmann sey, und ein kriegerisches, noch nie besiegtes Heer befehlige; wie es zu gehen pflegt, wenn man st» nach unbekannten, durch den Ruf gepriesenen, Männern erkundigt *"). Menschen, welche unter verschiedenen Sitten aufgewachsen sind, und nicht dieselben Begriffe von Schlecht und Gut haben, können sich nimmermehr befreunden k). Reimar. Nro. 40. Majo S. 170. *") Majo ebeudas. k) Mas» S. 5L7. Dieses und das folgende Fragment scheint 96 Cassius Dio's Römische Geschichte. Ehrgeiz und Argwohn sind die beständigen Begleiter der Tyrannen, weßhalb sie auch keinen wahrhaften Freund * * * ***) ) haben können; denn wer beargwohnt und beneidet wird, kann nicht von Herzen lieben;, die gleiche Sinnesart und Lebensweise, daß man auf demselben Wege sein Glück und Unglück findet, macht allein wahre und beständige Freunde; gebricht es an einem dieser Dinge, so wird man blos den äußern Schein, keine znverläßige Stütze der Freundschaft finden *')> 107. Wenn die Feldherrnkunst über ansehnliche Mittel verfügt, so trägt sie sehr viel zur Rettung und zum Siege bei; für sich allein aber vermag sie Nichts; denn auch keine andere Kunst richtet ohne den Dienst und die Beihülfe Anderer etwas aus *"*). Publius Valerius bekam die Kundschafter des Pyrrhus gefangen und ließ sie, nachdem sie sich im Lager gehörig umgesehen hätten, unversehrt frei, um dem Pyrrhus die schöne Haltung des Heeres, und gegen welche und in welcher Zucht gehaltene Männer er zu streiten hätte, zu verkündigen k). Als Megacles gefallen, und Pyrrhus den Hut abwarf, änderte sich das Glück der Schlacht, denn den Einen gab Mach'» einer Rede entnommen, welche zu Tarent in Betreff des Pyrrhus gehalten wurde. *) Ich lese statt PeX-«!' wegen oes vorausgehenden chyZer« mit der vaticanischen Blumcnlese (Mach S. 537.) PiXon. ") Mach S. 170. ***) Majo S. 171. j) Mach S. 537. 553. Fragmente. S7 dir Rettung des Königs, und daß er gegen ihre Hoffnung, nach solcher Gefahr noch am Leben war, weit mehr Muth, als wenn man ihn gar nicht gefallen geglaubt hätte *). Die Andern, zum zweitenmal gerauscht, verloren den gute» Willen, da sie wiederum vergeblich Muth gefaßt und wegen dieses plötzlichen Uebergangs zur Furcht vor Schlimmerem , auch nicht mehr hofften, daß er später sich wieder ermannen werde **). ro8. Als Einige dem Pyrrhus zu dem Siegs Glück wünschten, nahm er zwar die Ehre des Kampfes hin, ,agte aber, wenn er einen zweiten Sieg wie diesen erkämpfe, sey er verloren. — Auch erzählt man von ihm, daß er die beilegten Römer bewundert und denselben vor seinen Soldaten mit folgenden Worten den Vorzug gegeben habe: „den ganzen Erdkreis wollt' ich bewältigen, wenn ich König der Römer wäre *'')!" Pyrrhus ließ die in der Schlacht gefallenen Römer mit aller Sorgfalt beerdigen. Bewundernd den Ausdruck von Trotz, der auf den Gesichtern der Männer lag, und wie sie alle Wunden vorn auf dem Körper hatten, soll er die Hände zum Himmel aufgehoben, und um solche-Bundesgenvffen gebeten haben; denn so würde er leicht den ganzen Erdkreis bezwingen 1). *) Maso S. 171. **) Majo S. 171. Majo bezieht diese Stelle auf die Italienischen Bundesgenosse,, des Pyrrhus, oder auf die Sicilianer. "*) Majc S. 171- -l) Majo S. 5Z8. Dio Cassius. 1s Bdchn. 7 98 Cassius Dio's Römische Geschichte. Dieser Siez verherrlichte den Pyrrhus, und machte ihm einen so großen Namen, daß Viele, die bisher parteilos geblieben, zu ihm übertraten, und alle säumigen Bundesgenossen sich bei ihm einstellten. Zwar bewies er keinen offenen Aerger über sie, mochte aber doch fern Mißtrauen nicht ganz verbergen; sondern er machte ihnen Vorwürfe über ihre Lässigkeit, doch so, daß er sie sich nicht entfremdete. Denn hätte er Nichts geäußert, so müßten sie ihn, glaubte er, für einen Thoren halten, der nicht einsehe, daß sie sich verfehlten, oder argwöhnen, daß er geheimen Groll wider sie trage, und ihn deßhalb verachten oder hassen und ihm nachstellen, um seiner Rache vorzubeugen. Daher sprach er freundlich mit ihnen und theilte ihnen selbst von der Beute mit *). I»g. I. d. St. -75. Pyrrhus suchte Anfangs die gefangenen Römer, deren er viele hatte, zu überreden, unler ihm gegen Rom zu dienen. Da sie sich aber weigerten, suchte er sie auf jede Leise zu gewinne», ließ Keinen fesseln, noch »»gütig behandeln, sondern wollte sie ohne Lösegeld freilassen und sich durch sie ohne weiter» Kampf der Ergebenheit der Stadt versichern "). i ,c>. Die Römer, welche die Elephanten, da sie »och nie zuvor solche Thiere gesehen, in Schrecken versetzt hakte», gewannen bei dem G-danken, Laß auch sie sterblich wären, und daß kein Thier dem Menschen überlegen sey, sondern wenn ») Majo S. 171. 172. *') Reimar. Nrv. 41. Fragmente. 99 auch nicht seiner Gewalt, doch seiner List erliege, wieder Muth '). Die Soldaten des Pyrrhns waren theils aus angebor- ner Raubsucht, theils weil sie als Bundesgenossen kamen, sehr aufs Plündern erpicht, zumal da sie nur zugreifen durfte» und Nichts dabei zu fürchten hatten. Die Epüvtcn, unwillig, das; sie, unter grcßen Hoffnungen ausgezogen, nichts als Anstrengungen hatten, plünderten selbst in Freundcsland und thaten dadurch den Römern große» Vorschub; denn die Bewohner Italiens, welche ihm beigetreten waren, wurden ihm entfremdet, da sie sahen, das; sie ohne Unterschied das Gebiet der Verbündeten wie der Feinde verheerten; denn sie richteten ihr Augenmerk mehr auf Das, was Pyrrhus that, als was er verhieß. Pyrrhns fürchtete sehr, von den Römern in unbekannten Gegenden eingeschlossen zu werden *'), und als sich seine Bundesgenosse» darüber aufhielten, sagte er, ersehe an dem Lande selbst, wie weit sie von den Römern abstünden; denn das Jenen Unterthans Land habe allerlei Baume, Weinpflanzungen und kostbare Landbauarbeiten, das ferner Freunde aber sey so verheert, daß man ihm nicht einmal ansehe, daß es jemals bewohnt worden sey "*). »> Majo S. 172. *"> „Zonaras gibt an, daß Dieß auf seinem Zuge durch Erklirren gegen Rom gewesen sey; wogegen Andere behaupten, Pyrrhus sey niemals nach Etrnrien gekommen; ohne Zweifel hat aber Zonaras seine Angabe aus Dio geschöpft." Majo. *»») Maj> S. 172. 175. Eassius Dio's Römische Geschichte. 400 i ir. AlS er bei seiner Rückkehr das Heer des Lävinus weit stärker als das frühere sah, meinte er, die niedergehauenen Heere der Römer wüchsen, gleich der Hydra sKöpien), wieder auf. Er wagte deßhalb keine Schlacht *), stellte sich zwar in Schlachtordnung auf, griff aber nicht an ** ***) ). Il5. Auf die Nachricht, daß der Gefangenen wegen Gesandte, nnd unter diesen Fabricius käme, schickte er ihnen, um sie «or Mißhandlungen der Tarenlincr zu schützen, bis an die Grenzen eine Bedeckung entgegen, und holte sie dann noch in st)erson ein. Er führte sie in dieSta'-t, bewirthete sie herrlich und behandelte sie sehr zuvorkommend; indem er hoffte, sie würden um Frieden bitten und Bedingungen, wie sich Von Besiegten erwarten ließ, annehmen *'*). Als aber Fabricius erklärte: „Die Römer haben uns gesandt, die Zurückgabe der in der Schlacht Gefangenen zu Anterhandeln und «ür sie ein Lösegeld zu zahlen, über welches beide Theile übereinkommen würden;" war er sehr verlegen , daß er nccht sagte, sie kämen, um Friedensanträge zu machen. Er ließ sie abtreten, und berieth sich mit seinen Vertrauten, die er beizuziehen pflegte, über die Zurückgabe der Gefangenen, hauptsächlich aber über den Krieg und die *) Zonaras hat die Worte: wagte deshalb keine Schlacht; gar nicht. »*) Maja S. 175. ***) Neiinar. S. 146. Fragmente. ivL Führung desselben, ob er ihn mit aller Macht »erfolgen), oder auf irgend eine Weise — *) „-zu richten und in unqewisie Kämpfe und Schlachten zu stürzen. Deßwegen, Milo, folge mir und meinem alten Rathe *'), und wende überall, wo es angeht, lieber Weisheit als Gewalt an. Denn Pyrrhus »ersteht Alles, was zu thun ist, aufs Beste, und braucht nicht erss von uns darauf geführt zu werden." So sprach er und Alle stimmten ihm bei; besonders da sie auf diesem Wege weder zu Schaden, noch in Gefahr kamen, au* dem andern aber beides zu befürchten hatten. Auch Pyrrbus war dieser Ansicht und sprach zu den Gesandten: ,,Weder früher bekriegte ich euch, ihr Römer, mit meinem Willen, noch auch jetzt. Es ist mir Alles an eurer Freundschaft gelegen, und deßhalb entlasse ich die Gefangenen alle ohne Löseqeld und schließe Frieden." Hieraus bezeigte er ihnen noch besonders alle Auszeichnung, bannt sie ihm geneigt würden, oder wenigstens den Frieden auswirken möchten. Pyrrhus suchte nicht nur die Andern für sich zu gewinnen , sondern besprach sich auch mit Fabricius auf folgende Weile: , Ich brauche nicht langer mit euch Kiieg zu führen, Fabricius; ja ich bereue sogar, daß ich von Anfang an *) Hier fehlt in dem Coder ein Folium, d. i. vier Seite». Aonaras Vlli, 4. aber gibt uns das hier Vermißte, deK Pyrrhus Berathung mit seinen Freunden, ob er den Kries verfolgen, oder Frieden schließen solle. Awei sich bekämpfende Reden wurden gehalten, von deren zweiter (der des Cineasi wir nur noch die Schlußworte haben. ") Cineas lratte dem Könige nämlich schon in Spirus von diesem Kriege abgerathen. 102 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. von den Tarentinern mich bereden ließ, hierher zu kommen, obal-'ich ick euck in einer großen Schlackt besiegt habe. Ich wünschte nun alter Römer Freund, vorzüglich aber der dei- nige zu weiden; denn ich habe in dir einen äußerst wackern Mann gefunden. Ich bitte dich »un, mir den Frieden auszuwirken, und mir dann nach Haus und nach Svirus zu folgen: denn ick habe einen Feldzug gegen Griechenland vor, und bedarf deines Raths und deines Feldherrntalents." Fabricius erwiederte: „Ick lobe ds, daß du den Feldzug bereust und Frieden wünschest, auch werde ich dir, wenn er uns nützt, dazu bchülflich seyn; denn gegen mein Vaterland zu handeln wirst du von mir als einem wacker» Manne, wie du mich nennest, nickt verlangen. Einen Rath und Feldherrn nimm dir aber nicht aus einem Freistaat; ich wenigstens habe auch keine Muße dazu. Ich nähme auf keinen Fall dergleicken an, weil es überhaupt nicht ziemen will, Laß ein Gesandter Geschenke nimmt. Ich frage dich nun, ob du inick für einen Biedermann hältst, oder nickt? denn wenn ich schleckt bin, wie achtest du mich der Geschenke würdig? wen» aber reckttick, wie wüthest du mir deren Annähme zu? Wisse denn, daß ich sehr viel besitze und mehr nicht bedarf; denn mir genügt, was ick habe, und ich begehre nack Fremdem nickt. Wenn du dich auch für noch so reich hältst, so bcst du dock bitterarm; denn du hättest nicht Epirus, noch deine andern Besitzungen verlassen und wärest hierher übergesetzt wenn dir an Jenem genügte, und du nickt nack Mehreren, begehrtest. Wenn Einer so gemuthet ist und nimmer satt werten kann, der ist der ärmste Mann; — warum? Weil er nack Allem, was er nicht hat, als nach Fragmente. 103 einem nothwendige» Besitze begehrt, als ob er ohne selbiges nicht leben könnte. Wie gerne möchte ick dir, der dn dich meinen Freund nennst, von meinem Reichthume mittheilen, denn er ist viel zuverläßiger und unsterblicher als der reinige; ihn beneidet, ihn belauert kein Volk, kein Tyrann, und Was das Schönste ist, je mehr ich davon mittheile, desto mehr nimmt er zu. Und wo.in besteht derselbe? Im freudigen Genusse Dessen, was man hat, als hätte man an Allem Uebersiuß; in der Enthaltung von Fremdem, als ob es großes Unglück brächte; darin, daß ich Niemand Unrecht, Vielen wohl thue, und in tausend andern Dingen, deren Aufzählung ermüden würde. So wollte ich lieber, wenn mir die Wahl nicht bliebe, durch fremde Gewalt, als durch Selbstbetrug zu Grunde gehen; denn das Eine verlangt oft so das Geschick, das Andere geschieht aus Betbörnng und schmutziger Habsucht. Daher ist es noch vorzuziehen, lieber durch die Gewalt höherer Mächte, als durch eigene Schlechtigkeit zu fallen; denn in jenem Falle wir» der Leib besiegt, in diesem geht auch die Seele mit zu Grunde. So wird Einer gewissermaßen Selbstmörder; weil er, wenn er sich nickt gewöhnt, mit dem Vorhandenen sich zu begnügen, in eine unersättliche Habsucht verfällt * **) )." II-. I. d. St. 47k. — Und ließen sich aufs Willigste zum Kriegsdienste einschreiben, indem Jeder glaubte, was er für sich unterlasse, würde zum Verderben des Vaterlands den Ausschlag geben *'). *) Mach S. 172 - 176. **) Mach S. 176. 104 Cassius Dio's Römische Geschichte. Solcher Art ist die Rede und hat solche Kraft, daß sie Jene andern Sinnes machte, mit Haß und Kampflust gegen Pyrrhus erfüllte und für Zurückweisung der Geschenke stimmte *). i >5. Als der Redner Cineas, welcher von Pyrrhus als Gesandter nach Rom geschickt worden war, bei seiner Rückkunft von ihm über den Glanz der Stadt Rom und Anderes gefragt wurde, antwortete er: Er habe die Vaterstadt vieler Könige gesehen; indem er damit andeutete, daß alle Römer solche Männer seyen, wie er selbst sPyrrhusj bei den Hellenen seiner Vorzüge wegen geschätzt werde **). l >6. Wessen Selbstvertrauen unvermuthet geschmäht wird, der verliert auch au leiblicher Stärke. Pyrrhus ließ dem Decins sagen, daß es ihm, wenn er Dieß vorhätte, d. h. ohne gefangen zu werden, sich todten zu lassen, nicht gelingen werde, und fügte die Drohung bei, daß er, lebendig gefangen eines schimpflichen Todes sterben müßte. Die Consuln erwiederten, daß sie einer solchen Tdat nicht bedürften; denn auf jeden Fall würden sie auch ohne Dieß mit Pyrrhus fertig werden **'). " 7 - Als die Lager des Fabricius und des Pyrrhus k) einan- *) Maja S. 176. 177. »') Maja S. 538. »»') Maja S. 177. k) Dasselbe Fragment (Majo S. 563.) hat blos: Als die Lager einander u. s. w. Fragmente. 105 der gegenüber standen, kam bei Nacht *) ein Arzt, oder ein anderer Tafelbeamter **) des Königs zu Fabricius lind erbot sich, den Pyrrhus durch Gift aus dem Wege zu schaffen, wenn er von ihm eine gewisse Geldsumme erhalten würde. Fabricius aber verabscheute das Anerbieten '**), und schickte ihn dem Pyrrhus gebunden zu. Pyrrbus soll, voll Bewunderung über diese That, ausgerufen haben: Dieß ist Fabricius, und kein Anderer, den man schwerer von seiner angestammten Tugend, als die Sonne von ihrer gewohnten Bahn abbrächte. Pyrrhus aber ward, nachdem er Alles auf's Spiel gesetzt, gänzlich besiegt 1). ii8. I. d. St. z?8. Da die Bundesgenossen dem Pyrrhus keinen Beitrag geben wollten, so vergriff er sich an den Schätzen der Pher- rephaktc ssi), die für sehr reich gehalten wurden. Er plünderte sie und schickte den Raub auf Schiffen nach Tarent. Die Schiffsmannschaft kam beinahe ganz in einem Sturme um, die *) Den ZuMy: bei Nacht (nvxr« PvXa^crg) hat das Fr. S. 558. nicht. ") Sin Arzt oder Tafelbcamter (rä)N 7ik(>i rr)n rü rrravzlLi «p) statt dessen hat das Fr. 558. ein Mann aus der Bedienung des Königs taviz'^i ri§ rwv nk(>r Ae^atikian ru Statt des Worts Anerbieten (etiiXkisti-erex, eigentlich Attentat) hat das Fragm. 559-: verabscheute ihn. k) Mach 558. 559. 565. Tchr Sah: Pyrrhus aber — findet sich in dein Fr. 559. nicht. ick) Ein Beiname der Proserpina. Vergl. Livius XX>X, 13. 106 Casstus Dio's Römische Geschichte. Scöätze und die Weihgeschenke aber wurden aus Land geworfen *). i>g. I. d. St. — Da er sonst äußerst scharf gegen sie verfuhr, und seiner eigenen Sicherheit wegen mehr darauf Bedacht nahm, daß Keiner, wenn er auch wollte, ihm schaden konnte, als, daß er nicht den Willen dazu faßte. Weßhalb er viele der obrigkeitlichen Personen und selbst Derer, die ihn herbeigerufen hatten, theils weil er es ihnen verdachte, daß sie sagten , sie hätten ihn in den Besitz der Stadt gesetzt, theils weil er befürchtete, sie möchten sich, wie früher ihm, so auch irgend einem Andern ergeben, verbannte oder ermordete. Ueber Folgendem ward Pyrrhns allgemein gelobt. Als einige junge Leute ihn bei einem Gastmahle verspottet hatten, wollte er anfangs die Sache untersuchen, um sie zu bestrafen; als sie aber sagten: Wir härten noch viel mehr und Aergeres gesagt, wen» uns der Wein nicht ausgegangen wäre, lachte er und ließ sie frei **). irc». Er wußte nicht, ob er den Einen zuerst, oder Beide zugleich angreifen sollte, und war in großer Verlegenheit; denn er getraute sich nicht das Heer zu theilen, weil er schwächer als die Feinde war, und doch wollte er dem Andern nicht ohne Weiteres das Land znr Plünderung überlassen *'*). P Reimar. Nro. 42. **) Maja S. 177. Pyrrhus war aus Sieilien zurückgekehrt. Vergl. Plut. 25. Maja S. 178. Maja bezieht dieses Fragment auf den Aufenthalt des Pyrrhus in SvrakuS, obgleich es auch von Fragmente. 107 ,,,. I. d. St. 48,. Als der König Ptolcmäus Philadelphus von Aegyten hörte, daß Pyrrhus schlecht davon gekommen war, und die Macht der Rönier steige, schickte er ihnen Geschenke und schloß ein Bündniß. Die Römer, erfreut, daß er aus so großer Ferne* *) ihnen solche Ehre bewies, ordneten eine Ge- gengesandtschatt an ihn ab. Als diese die von ihm erhaltenen prächtigen Geschenke in die Schatzkammer abliefern wollten, nahmen sie fdie Römers dieselben nicht an **). ii,. I. d. St. 4st8. Die Römer wurden, obgleich sie nach diesen Thaten zu größerer Macht gelangten, doch nicht übermüthig, dielmehr lieferten sie den Senator O.»intus Fabius den Bürgern von Apollvnia, eintr am Ionischen Meerbusen gelegenen Corin- thischen Pflanzstadt aus, weil er einige Gesandte derselben beschimpft hatte. Diese thaten ihm jedoch Nichts zu Leide, sondern schickten ihn nach Hause zurück **'). Iiö. I. d. St. 48 g. Veranlassung des Zerwürfnisses war von Seiten der Römer, daß die Earkhager den Tarcntmern zu Hülfe kamen, von Seiten der Carthager aber, daß die Römer mit Hiero den Tarentinern verstanden werden könnte. Ich halte dasselbe für einen Theil einer Schlußcharakteristik des Pyrrhus, wo es dann wohl hinter dem späteren (Nro. 122.1 folgen konnte. *) Ich nehme dieses als Abstands- oder Entfernungsbestimmung. **) Reimar. Nro. 147. **') Reimar. 4Z, Bergt. Livius, Lxit. 1,. XV. 103 Cassius Dio's Römische Geschichte. Freundschaft schloßen. Wie immer sich Dieß auch verhielt, so nalnnen sie, die in der That G ößeres als Dieß bezweckten, aber nicht dafür angesehen seyn wollten, solchen Vor- wand. In Wahrheit aber verhielt es sich anders. Die Car- thager, im Besitze großer Macht, und die Römer, bereits erstarkend, beobachteten sich eifersüchtig, und wurden theils aus Begierde nach Mehrerm, die alle» Menschen, besonders im Glücke, eigen ist, theils aus Furcht, zum Kriege getrieben; indem beide Theile den Besitz des Jhngni nur du ch die Zueignung des Fremden gesichert glaubten. Uederhaupt war es schwer, und fast unmöglich, daß zwei freie, mächtige und stolze Völker, um es kurz zu sagen, als Nebenbuhler in der Schiffahrt, über Andere zu herrschen sich begnügten, einander selbst aber ferne blieben. Dieß uno ähnliches, durch Zufall zusammengetroffen, bewirkte - ie Auslösung des Bündnisses und fachte den Krieg an. Dem Scheine nach galt der Kampf blos Meffana und Swilien, i» der That aber waren sich beide Theile schon bewußt, daß von dort aus um die eigene Herrschaft gestritten ward, und nahmen an, daß ,die Insel, zwischen Beide» iune lrcgend, den Siegern einen sichern Anlauf gegen die Andern geben werde '). 1-6. I. d. St. zgo. Casus Claudius trat in die Versammlung und erklärte, unter anderem, womit er die Gemüther zu gewinnen suchte, daß er zur Befreiung der Stadt gekommen sey; denn die Römer bedürften Messana'L nicht; er werde, wenn er ihre Angelegenheiten geordnet, sogleich wieder zu Schiffe gehen. ') Maja S. 178. 179. 109 Fragmente. Deßhalb verlangte er, daß auch die Carthager abziehen, oder, wenn sie Rechtsansprüche machten, dieselben zur Beirr- theilung vorbrivgeu sollten. Wie aber von der Mamertinern Keiner, aus Furcht, sich Etwas verlauten ließ, und die Car- khager, welche die Statt mit Waffengewalt inne hatten, nicht auf ihn achteten, svrach er: ,,Ein vollgültiges Zeugniß gibt das Still chweigeu Beider, der Einen, daß sie Unrecht haben; (denn wenn sie etwas Vernünftiges zu sagen wüßten, hätten sie eS vorgebracht) der Ändern, daß sie frei zu seyn wünschten; denn sonst hätten sie, zumal unter dem Schutze der Macht, sich freimüthig für die Sache der Carlhager erklärt." Er schloß mit dem Versprechen, sowohl weil sie Italischer Abknnft' wären, als auch weil sie um Beistand nachgesucht, ihnen Hülfe zu leisten '). i,5. CajuS Claudius verlor einige Dreiräder und rettete sich mit genauer Noth; allein weder Jener noch die Römer in der Stadt befaßten sich deßbalb weniger mit der See. Sonst wohl hätten sie in einem fehlge^chlagenen Versuch eine Götterweisung gesehen und an künftigem Gelingen verzweifelt; aus andern Gründen und vornämlich aus Eifersucht war-en sie sich aber jetzt nur,um so eifriger darauf, um den Schein nicht zu haben, als hätte sie der Unfall abgeschreckt *) **). 126 . I. d. St. 1g5. Hanno, der den Krieg mit Nachdruck zu führen wußte, wenn er unvermeidlich war, die Schuld dcS FriedenSbruchs *) Maso S. 179. Man vergleiche das verschiedene Benehmen der Römer gegen die Mamcrtiner und die Nheginer. ") Majo S. 179. 180. 110 Cassius Dlo's Römische Geschichte. aber auf Jenen schieben wollte, damit man nicht glaube, er hätte angefangen, schickte ihm die Schiffe und die Gefangenen zu, ermähnte ihn zum Frieden und rieth ihm, sich nicht weiter mit dem Meere zu befassen. Als Dieser aber Nichts annahm, ließ er die übermüthige, leidenschaftliche Drohung hören: „Die Römer sollte» ihm nicht einmal die Hände im Meere waschen dürfen *);" und gleich darauf verlor er Messana **). 127. Claudius fand die Mamertiuer im Hafen beisammen, berief sie in eine Versammlung und erklärte: „Nicht bedarf ich der Waffen, euch selbst überlasse ich darüber zu entscheiden." Er bewog sie, den Hanno zu berufen; da Dieser aber nicht (von der Burg) hcrabkommen wollte, zog er aufs Heftigste über ihn los und sagte, wenn die neuen Ankömmlinge auch nur die geringste Rechtfertigung hätten, so würden sie sich zur Nebe stellen, und nicht mit Gewalt die Stadt beseht halten. — Der Consul Claudius ***) sprach den Soldaten Muth ei», sie sollten über des Hanptmanns Verlust sich nicht eiu- schrecken lassen, denn die Siege würden immer den besser Vorbereiteten zu Theil, ihre Tapferkeit sey der Kunst der Feinde bei weitem überlegen; sie würden sich das Seemannsgeschick in Kurzem zu eigen machen, den Carthagern aber ») Dieß nahm Dio aus Oiodor (Vatic. Excerpt. XXllI, 1.) und aus ersterem Zonaras Vlil, 9. Majo S. l8». ***) Cajus Claudius war Kriegstribun; der Consul hieß Appius Claudius, Aouar. VllI, 8. Fragmente. 111 werde nie die gleiche Taofcrk-it zu Theil, denn das Eine könnte erworbeu werden und würde bald durch Aufmerksamkeit und Uebung angeeignet; diese aber werde, wenn nicht von Natur gegeben, durch keine Belehrung eingeübt *). ir8. Die Afrikaner, nicht im Vertrauen auf die Beschaffenheit des LrcS, sondern durch die eigene Tapferkeit sich ermannend, versuchten ück durchzuschlagen; Claudius aber jagte ihnen laichen Schrecke» ein, haß sie sich sogar keinen Schritt aus dem Lager hervorwagten **)> Denn gewöhnlich cntkom- kommen die aus Vorbedacht Fürchtenden durch diese Vorsicht der Gefahr; die unvorsichtig Wagenden aber gehen durch ihre Un»>°rkcktii,keit zu Grunde *»»). Besonnenheit erwirbt und sichert die Siege; Frechheit gewinnt Nichts; und wenn sie irgendwo glücklich ist, so verliert sie es sehr leicht wieder. Wenn Einer aber auch durch,cickr, so wird er durch das unvernünftige Glück noch schlimmer, und hat davon nicht nur keinen Nutzen, sondern geht eben dadurch um so eher zu Grunde 1). Die Ucdeilefiiing festigt den Geist durch Vorsicht, begründet die Hoffnung durch die Gewahr derselben und läßt so weder verzweifeln, noch übermüthig werden. Unvernünftige Kühnheit fürchtet auch ohne Grund. Unbesonnenes Ungestüm hs) *) Mas» S. 180. 181. *') Bergt. Pochb. l, 11. Majv S. 559. k) Mach S. 559. i"d) So Mach S. 558. aus einer Batic. Blumenlese. S. 181 . steht xxTt/.'zAcr Vcrduyung. 112 Cassius Dio's Römische Geschichte. aber erhebt *) Diele im Glück und drückt sie im Unglücke nieder, da es keine» festen Haltpunkt hat, sondern die Zufälle ** ***) ) verworren zusammenwirft '**). l-g. I. d. St. zgz. Die Römer und die Sarthager kamen in die Seeschlacht, an Zahl der Schiffer wie am Muthe der Kämpfenden einander gleich. Mit gleicher Vorrichtnng begannen sie das Treffen und hofften durch dieses Eine den ganzen Krieg zu entichei- den, als Siegespreis Sicilien vor Augen habend uns über Knechtschaft und Herrschaft kämpfend, auf daß sie Jener nicht als Besiegte verfielen, Die,e aber als Sieger errängen. Die Einen hatten das große Geschick der Ruderer, durch lange Seeherrschaft, die Andern die Stärke und den kühnen Muth der Kämpfenden voraus; je unsrfahrner sie nämlich im Seewesen waren, desto unbedenklicher und kecker stritten sie; denn die Erfahrung macht immer bedächtlich und säumig, wenn man sich auch zuletzt dennoch dafür sfür den Kampfl entscheidet. Die Unerfahrenheit vertraut sich unbesonnen und führt ohne Vorbedacht zum Handgemenge 1). iZo. I. d. St. 497. Als die Carthager die Seeschlacht gegen die Römer verloren, hätten sie beinahe den Hanniballl) mit dem Tode be- *) So S. 5ZS. S. 181. **) Ich folge der Lesart rcr rrr'Mciircipro: lS. 181.) — S. 559. steht r<5 crv/lwrrrror'r5. ***) Majo S. 181» 55g. 1) Mcho S. 181. 182. 11) Ueber diesen Hannibal vergleiche man Polpb. I, 2r — 25. Fragmente. i 13 straft. Denn Alle, welche Heere aussenden, pflegen sich selbst die glücklichen Erfolge zuzuschreiben, die Verluste aber den Anführern Schuld zu geben. Auch hatten die Carihager die Besiegten ohne Weiteres zur Straft gezogen, wenn er sie nicht sogleich nach der Niederlage, als ob Alles noch im vorigen Stande wäre, hätte fragen lassen, ob sie ihm rie- lhen, sich zu schlagen, oder nicht. Als sie, wie sich erwarten ließ, im Vertrauen auf ihre Ueberlegenheit znr See ihre Zustimmung gaben, erklärte er ihnen durch dieselben Boten: ,,Jch habe also Nichts verbrochen, daß ich mit derselben Hoffnung, wie ihr, mich zur Seeschlacht entschloß; denn des Entschlusses, nicht des Glückes bin ich Herr * **) )." iä>. I. d. St. 4g8. — Denn mit gleichem Eifer auf den Schutz des Eigenen wie auf den Erwerb des Fremde» bedacht, kämpften sie mit Muth und Nachdruck. Während nämlich die Andern das Ihrige nach Kräften wahren, an Fremdes aber sich nicht wagen, legten Jene auf das Erworbene »nd das zu Erwerbende gleichen Werth und strengten sich für Beides gleich sehr an. Tue Römer erkannten es für vortheilhafter, den Krieg nicht mehr in der Ferne zu führen, und auf den Inseln Boxkämpfe zu halten, sondern auf dem eigenen Grund und Boden der Carthager zu streiten, weil ei» Verlust ihnen nicht Abbruch that, und ein Sieg nicht bloße Hoffnungen gab, und zogen nach einer ihrem Entschlüsse entsprechenden Zulüftung in das Feld *'). *) Mach S. 182. **) Mach S. 18Z. Dio Cassius. 1s Bdchu. 8 114 Casstus Dio's Römische Geschichte. Die Römer zogen nach einer ihrem Einschlüsse entsprechenden Zulüftung gegen Earthago in das Feld. Den Oberbefehl hatten Regulus und Lucius *), welche ihrer Tapferkeit wegen hierzu auserseheu wurden. Regulus lebte in solcher Dürftigkeit, daß er sich deßhalb anfangs gar nicht von Hause entfernen wollte, und daß seiner Frau und seinen Kindern der Unterhalt aus dem öffentlichen Schatz- zuerkannt wurde "). rör. Ham lcar schickte dem Scheine nach des Friedens wegen i» der That aber nm Zeit zu gewinnen, den Haun» an die Römer ab. Als Jene aber schrieen, man solle ihn aufgreifen, weil die Carthager den Cornelius gefangen genommen, sprachen: „Wenn ihr Dieß thut, dann werdet ihr um Nichts besser als die Afrikaner seyn!" Durch diese Schmeichelei am rechten Orte geschah ihm Nichts zu Leide räa. I. d. St. zgg. Die Carthager schickten, die Einnahme ihrer Stadt befürchtend , Gesandte an den Consnl i), nm ihn unter billigen Bedingungen aus ihrem Lande zu entfernen und der augenblicklichen Gefahr zn entgehen. Weil sie sich aber nicht dazu verstanden, ganz Sicilien und Sardinien abzutreten, die Römischen Gefangenen ohne Lösegeld freizulassen, die Lucius ManliuS. *') Reiinar. Nro. 44. *»*) Majo S. 48Z. l) Nämlich Regulus. Er war jedoch in diesem Jahre nicht mehr Lonsnl; vielleicht glaubte Dio, daß noch im Jahr 488 über den Frieden unterhandelt wurde. Fragmente. 115 Ihrigen aber loszukaufen, den Römern alle Kriegskosten zn ersetzen, und außerdem ci»en jährlichen Tribut zn zahlen, richteten fle Nichts aus. Außer dem Angeführten waren auch folgende h rte Bedingungen : daß sie ohne Einwilligung der Römer weder Krieg führe», noch Frieden schließen, daß sie selbst nicht mehr als ein Kriegsschiff halten dürften, Jenen aber, so oft es verlangt würde, mit fünfzig Dreirudern zu Hülfe kommen müßten, und Anderes mehr, was nicht mit der Billigkeit bestehen konnte. Da ein solcher Friede ihnen völlige Vernichtung schien, beschloßen sie, lieber den Krieg fortzuführen *). Als Lacedämon den Carthageru Hülfstruppcn schickte, rügte der Spartaner Xanthvs **) gegen die Heerführer der Eingebornen, daß sie das Heer, das seine Hauptstärke in der Reiterei und den Elephanten hätte, in Gebirgen und sonstigen ungüustigen Ocrtlichkeiten hielten. Er übernahm den Oberbefehl, stellte die Carthager in Schlachtordnung und hatte bald beinahe das ganze Römische Heer vernichtet ***). iä5. Er war der. Ansicht, daß Wer etwas ingeheim thun wolle, es durchaus Niemand sagen dürfe; den» Keiner habe sich so in seiner Gewalt, daß er das Gehörte gerne für *) Reimar. Nro. 148- So haben die bodd. des PlanudeS, gewöhnlich heißt er Xanthippns; oder -kantbivpes. Majo S. 540. 8 * 116 Cassius Dio's Römische Geschichte, sich behalte und verschweige; im Gegentheil, je mehr Einem verboten sey, Nichts zn sagen, desto mehr jucke es ihn, dasselbe auszuschwatzen; so verbreite sich ein Geheimniß, indem es immer Einer von dem Andern als der einzige Vertraute zu erfahren pflege *). 1Z6. Die Carthager, von den Römern bekriegt, hatten sich in kürzester Zeit wieder Waffen und Dreirnder verschafft; sie schmelzten die Bildsäulen um und gebrauchten das Metall, verwandten das Holz von öffentlichen und Privatgebäudeu zu Dreirädern und Maschinen und bedienten sich des Haars der Frauen zn Geilen **). 107. I. d. St. 5 oz. Man erzählt, die Carthager hätten theils aus andern Gründen, theils auch wegen der Menge der Gefangenen Gesandte an die Römer geschickt, besonders aber in der Absicht, unter billigen Bedingungen Frieden zu schließen, und gelänge Dieß Nicht, wenigstens ihre Gefangenen auszulösen. Unter diesen Gesandten soll nun auch Regulus, seines Ansehens, wie seiner Vorzüge wegen geschickt worden seyn. Denn sie meinten, die Römer würden in der Hoffnung, ihn znrückzu- *) Dieses Fragment setzt Majo in das Jahr 504 in diese Reihenfolge. S. 540. **) Majo S. 540. „Dieß erzählt Apxian vorn dritten Puni- schen Krieg, und nicht wie Dio von dem ersten; wenn anders dieses Fragment in den Excerpten des Planudes nicht versetzt ist, was ich sonst weder in dem vorliegenden Planudischen Werke noch in dem Palimpsest gesunden hatte." Majo. Fragmente. 117 erhalte», Alles thun, und ihn allein gegen das Zugeständniß des Friedens oder gegen die andern Gefangenen einzutan- schen bereitwillig seyn. Sie ließen ihn also einen feierlichen Eid schwör-», daß er zurückkehren woll«, wenn er Nichts von Bcieem bewirken würde, und ordneten ihn mit den Andern ab. Er nun benahm sich in allem Uebrig-n wie ein Carihager, nicht wie ein Römer: ließ weder seine Frau vor sich, noch ging er in die Stadt, weil er ja verbannt sey *), und erbat sich, nachdem der Senat außerhalb der Stadt, wie es üblich war, mit Gesandten der Feinde zu unterhandeln, versammelt war, dort, so erzählt man, mit den Andern Gehör. >58. Die Carthager schickten den Feldherrn der Römer, Re- gnlus, den sie gefangen genommen, sammt ihren eigenen Gesandten nach Rom, indem sie glaubten, fle würde» durch die Vermittelung dieses Mannes billige Fciedenebedingungen und die Zurückgabe der Gefangenen erhalten. Als er aber ankam lehnte er dir gegen consnlarische Männer gebräuchlichen Ehren mit der Erklärung ab, daß er keinen Theil am Vaterlands mehr habe, seit ihm das Schicksal die Canhager zu Herren gegeben, und rieth ihnen, die Fricdensanträge zurückzuweisen , da die Feinde bereits selbst an ihrer Rettung verzweifelten. Die Römer bewunderten den Mann, entließen die Gesandten und wollten ihn zurückbehalten. Er aber sagte, er könnte in einem Staate nicht bleibe», in welchem *) D. h. das Bürgerrecht verloren habe. ") Reimar. Nro. 149. 118 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. er nach den Satzungen des Landes nicht die gleichen Rechte genießen dürfte, da er durch das Gesetz des Krieges Andern zu dienen gezwungen sey, und falzte freiwillig den Cartha- gern. Dort endete er unter vielen und schrecklichen Martern sein Leben *). i äg. I. d. St. 4 >4. Unter den Consuln Marcus Claudius und Titus Sem- pronius ward zu Rom verordnet, daß nur der älteste Sohn den Zunamen des Vaters führen sollte "). >4o. I. d. St. 5,3. Die Römer hatten mit den Ligurern Frieden geschlossen. Den Claudius, welcher den Krieg wieder anfing und sie überwand , lieferten sie zum Beweise, daß der Friedensbruch seine, nicht ihre Schuld sey, zuerst Diesen aus, und als sie ihn nicht annahmen, verbannten sie ihn *"). i/»i. I. d. St. 8ig. Die Römer erneuerten gegen Entrichtung einer Geldsumme den Carthagern den Frieden. Zuerst ließen sie ihre Gesandtschaft unfreundlich an, weil sie selbst, ihrer vollstän- «) Majo S. 541. **) Majo S. 541. Es ist wahrscheinlich Casus Claudius und MarcuS Semxronius zu schreiben. *") Reiniar. Nro. 145. Der Verfasser der Srcerpten hat sich wahrscheinlich verstoßen. Nach Zonaras wurde Claudius von dem Consul Varus nach Corsica gesandt, und schloß mit den Corsen ohne Ermächtigung Frieden. Der Verfasser verwechselte also den Krieg gegen die Corsen mit dem Ligustischen, welchen Zonaras wahrscheinlich nach dem Vorgang des Dio kurz vorher erzählt. Fragmente. 1,19 digen Rüstung bewußt waren, hingegen aber noch immer von nahen Feinden bedrängt sahen. Als aber darauf ein gewisser Hanno, ein in seinen Reden äußerst freimüthiger, junger Mann gesendet ward, und Dieser nach vielen unverholenen Aeußerungen damit schloß : „Wenn ihr keinen Frieden wollt, so gebt uns auch Sardinien und Sicilicn heraus; denn damit haben wir nicht zeitigen Waffenstillstand, sondern ewige Freundschaft erkauft;" schämten sie sich und wurden milder gestimmt *). iz-, I. d. St. 5,g. —.Jene aber, um nicht dasselbe zu erleiden. Während so die Einen gerne das Glück der frühern Siege bewahrten, die Andern sich bei der Gegenwart beruhigten, zauderten Beide. Ihren Drohungen nach bestand kein Friede mehr, der That nach aber, während sie reiflich überlegten, hielten sie ihn; so daß Allen klar war, daß, welcher Tbeil den andern reizte, auch das Zeichen zum Kriege geben würde. Denn meist hält man Verträge nur so lange, als man eS zuträglich findet: und der eigenen Bequemlichkeit wegen erscheint es oft sicherer, dem Bündnisse nicht zuwider zu handeln **). >z5. I. d. St. 5,5. Es kamen einmal der Kundschaft wegen Gesandte an den Cajns Papirius, obgleich die Römer damals noch Nichts von Spanien wollten. Er nahm sie freundlich auf, leitete *) Reim. 150. **) Majo S. 184. Ss fehlen in dem Coder vier Seiten. Wahrscheinlich wurden hier die Ursachen des zweiten Pu- nischen Kriegs angegeben. 120 Cassins Dio's Römische Geschichte. ein paffendes Gespräch ein und äußerte unter Anderem, daß er gegen Spanien kriegen müßte, um die Geldsummen, welche die Carthager den Römern noch schuldeten, und die srmst auf keine Weise zu bekommen wären, einzutreiben. Die Gesandten waren in großer Noth, wie viel sie geschaht werden würden * * ***) ). -4». I. d. St. 5-z. Die Insel Jffa *") ergab sich freiwillig an die Römer.. Weil sie es damals zuerst mit ihnen versuchen wollten, und sie für milder und getreuer als Jene hielten, die ihnen erst noch so furchtbar waren.Indem sie mehr Zuversicht auf das Unbekannte als auf das Bekannte sehten. .... Theils wegen der gegenwärtigen Bedrängnis;, theils wegen der zu erwartenden Zukunft hegten sie gerechte Hoffnung Die Römer, welche sich den zu ihnen übergetretenen Jssäern, um sich in den Ruf zu setzen, daß sie Denen, die sich zu ihnen hielten, beizustehcn wüßten, sogleich gefällig erzeigen, und sich an den Sardiäern st), weil sie die aus Brnndnslum Schiffenden beunruhigten, rächen wollten, schickten Gesandte an Agron, theils um für Jene Fürsprache einzulegen, theils um Diesen zur Rede zu stellen, *) Majo S. 184. *H Sine Insel Jltpricn gegenüber, jezt Lissa genannt. ***) Majo S. 184. 185. k) So gibt der Griechische Tert. Sardus ist nach StephannS Vpzant. eineL-tadt in Jllprien. Casaubonns, Valois und Reimarus schlagen vor statt dessen zu lesen; eine Völkerschaft Jlichnetts, deren Polybius und Andere erwähnen. Fragmente. 121 daß er ohne Anlaß von ihrer Seite sich Feindseligkeiten erlaube. Sie fanden ihn nicht mehr am Leben; er war mit Hinterlassung eines unmündigen Kindes, mit Namen Pin- nes, gestorben. Seine Gemahlin Teuta *), des Pinnes Stiefmutter, welche jetzt über die Ardiäer *') herrschte, gab denselben nicht nur eine trotzige Antwort, sondern ließ auch, unbesonnen als Weib und übermüthig als Königin, einige der Gesandten in Fesseln lagen, Andere, die allzu freimüthig gesprochen hatten, sogar tödten. Dieß that sie und gefiel sich in dem Wahne, durch ihre übereilte Gransackkeit sich das Ansehen von Macht gegeben zu haben. Bald aber verrieth sie die Schwäche ihres Geschlechts, das bei beschränkter Einsicht eben so schnell aufbraust, als es aus Zaghaftigkeit in Furcht geräth. Sobald sie nämlich erfuhr, daß die Römer Krieg gegen sie beschlossen hätten, erschreck sie, versprach die Abgesandten, die sie von ihnen hatte, herauszugeben, und entschuldigte sich, wegen der Gesödteten, indem sie vorgab, sie seyen von Räubern umgebracht worden. Als die Römer deßhalb mit dem Feldzuge inne hielten und blos auf die Auslieferung der Thäter drangen, ward sie, weil die Gefahr nicht mehr so nahe war, wieder übermüthig, verweigerte die Auslieferung und schickte ei» Heer gegen Jffa. Als flc überhörte, die *) Nach Plinius hieß sie Tcuca, »ach Fcorus Teutana. ") So lese ich mit Sturz statt Es scheine» einig? Worte ausgefallen zu seyn, wie sich aus Donaras lük>. ll. ergibt. 122 Cassms Dio's Römische Geschichte. Consuln * * ) seyen da, entsank ihr wieder der Muth; und seht wollte sie in all ihre Forderungen willigen. Doch ward sie nicht ganz zur Besinnung gebracht. Denn als die Cousuln nach Cvrcyra übergefahren, faßte sie neuen Muth, empörte sich und schickte ein Heer gegen Epidamnus "). Wie aber die Römer die Städte entsetzten, und ihre mit Schätzen beladeuen Schiffe wegnahmen, wollte sie sich von Neuem bequemen. Als sie aber bei der Ueberfahrt beim Berge Aty- rius zu Schaden kamen, besann sie sich wieder anders; indem sie hoffte, daß sie, da es bereits Winter war, heimkehren würden. Auf die Nachricht aber; daß Albinus im Lande bleibe und Demetrius ***), wegen ihres sinnlosen Betragens, und aus Furcht vor den Römern, abgefallen sey und auch Andere zum Uebcrtritt beredet habe, gerieth sie in die größte Angst und legte die Regierung nieder tz). >45. I. d. St. 5-g. Die Römer schreckte ein Sibyllenspruch, der sie vor den Galliern sich in Acht nehmen hieß, wenn ein Blitzsin das Capitolium nahe dem Apvllvtempel eingeschlagen haben würde. Die Gallier, als sie die günstigste» Punkte von den Römern besetzt sahen, verloren den Muth. Die Menschen wagen sich, wenn sie Das, wonach sie trachteten, erreicht haben, immer mit größerem Vertrauen au das klebrige; wenn es ihnen aber hier fehlschlägt, so werden sie für Alles abgestumpft. Die *) Im Jahr 525. Diese Consuln waren Lucius Postumius Albinus und Cneus Fulvius. *') Sonst auch Dyrrhachium genannt, das jetzige Durazzo. ***) Demetrius von Pbarus. b) Reimar. Nro. 151. Fragmente. 123 Gallier aber, vor andern auf die Erreichung ihrer Wünsche erpicht, verfolgen ihr Glück auf's Tapferste, wenn sie aber auch nur das geringste * * ) Hinderniß finden, so geben sie die Hoffnung auch für's Uebrige auf. In ihrer Uebesonnenheit dünkt ihnen jeder Wunsch erfüllbar, fle verfolgen ihre Plane mit größter Leidenschaft und geben sich blindlings ihrem wüthenden Ungestüme hin. Deßhalb hat auch bei ihnen Nichts Bestand, denn unmöglich reicht tollkühne Wagniß lange aus. Sind fle aber einmal umgestimmt, so finden fle sich, zumal wenn noch Furcht hinzukommt, nicht mehr zurecht und gerathen eben so sehr in Bestürzung, wie fle früher furchtlose Kühnheit gezeigt hatten; denn durch leichte Anregung werden fle plötzlich auf das Gegentheil geführt, da fle flch nicht nach feststehenden Vernunftgründen für das Eine oder das Andere entscheiden "). i/»6. I. d» St. 5rg. Aemilius trinmphirte über die Besiegten Insubrer und führte dabei die Vornehmsten der Gefangenen aus Hohn bewaffnet auf das Capitol, weil er erfuhr, daß fle geschworen hakten, nicht früher ihre Panzer abzulegen, als bis fle das Capitolium erstiegen hätten ***). -4?. I. d. St. 53i? Wenn bei feierlichen Versammlungen auch nur das Geringste versehen worden war, wurden fle zum zweiten-, drit- *) Ich lese statt Tra/vrarov, Bcaxvraron. Bergt. Majo S. 186. Linz, 7. Mai» S. 185. 186. "*) Majo S. 186. Bergt. Liv. Spitom. XX. 124 Cassius Div's Römische Geschichte. tenmal, ja noch öfter wiederholt, bis sie glaubten, daß Alles ohne Fehl geschehen sey *). li8. Die Römer waren im Kriege berühmt und lebten unter sich in Eintracht. Wahrend die Meisten übermäßiges Glück zum Uebermuth, und große Furcht zur Nachgiebigkeit führt, war bei ihnen das Gegentheil der Fall. Je glücklicher sie waren, desto billiger wurden sie. Den Trotz der Tapferkeit zeigten sie gegen Feinde, im Verkehr unter sich aber Ruhe und Mäßigung. Ihre Kraft bethätigten sie in Uebung der Billigkeit, ihre Sittsamkeit in Erwerbung ächter Tapferkeit; indem weder ihr Glück in Uebermuth, noch ihre Nachgiebigkeit in Feigheit überschlug. So waren sie denn damals gemäßigt aus Tapferkeit; denn sie hielten dafür, daß Uebermuth durch Uebermuth untergehe, dagegen Mäßigung durch Tapferkeit sicherer, und das Glück durch Ordnungsliebe dauerhafter werde. Und deßwegen führten sie auch die gegen sie ansprechenden Kriege mit dem glücklichsten Erfolg und verwalteten ihre und der Bundesgenossen Angelegenheiten auf das Beste "). ,zg. I. d. St. 555. Durch die Vormundschaft über Pinnes und die Vermählung mit dessen Mutter Trilenta, nach Teuta's Tode, übermüthig, bedrückte Demetrius die Eingebornen, und ver- ') Ma)o S. 186. *') Mach S. 186. 187. Mach hält dlcseS Urtheil über die Römer für den Eingang zu einem seiner Bücher, in welchem er die Beschreibung des zweite» Punischen Kriegs etwa beginne. Fragmente. 128 heerte das Gebiet der Grenznaclibarn. AlS die Römer, deren Freundschaft er zu diesen Bedrückungen zn mißbrauchen schien, Dieß erfahren, luden sie ihn vor. Da er nicht gehorchte, sondern sogar ihre Bundesgenossen angriff, zogen sie gegen ihn nach Jffa zu Felde *). ,Lo. I. d. St. ;-5. Alle Völker diesseits der Alpen schloßen sich an die Car- thager an, nicht daß sie die Carthager lieber zn Herren wollten, als die Römer, sondern weil sie jede Herrschaft haßten und das noch Unversuchte liebten. Alle Völkerschaften waren den Carthagern gegen die Römer verbündet. Alle aber wog, so zu sagen, Hannibal auf; mit dem schärfsten Blicke wußte er Alles, was er wünschte, .... durchzuführen. Das Eine erfordert Stätigkeit, das Andere schnellen Entschluß und augenblickliche Ausführung .... und er war seines Erfolgs so sicher, daß er ihn sogar verbürge» konnte. Die gegenwärtigen Umstände nützte er mit Sicherheit und die Zukunft ....**) über das Gewöhnliche der tüchtigste Rathgeber, und der bestimmteste Muthmaßer unerwarteter Ereignisse; weßwegen er, wen» sie eintraten, sie aufs Schnellste und Geschickteste benutzte und die Zukunft *) Reim. Nro. 46. Bergt, meine ll-bers. Nro. 146. Livius XXIl, Z5. Demetrius war aus Pharus, einer Lllprien gegenüberliegenden Insel gebürtig. Ich lese statt -rö /acr'XXov — rä zrrXXov; weil liier «in Gegensatz z» dem vorangehenden rä 7io:f>öv erwartet wird; auch im Nachfolgenden liegt derselbe Gegensatz: Das Ganze ist eine Nachbildung des Thucpdides über Themistoeles. »e 126 Casfius Dio's Römische Geschichte. wieder im Voraus in seinen Gedanken durchschaute. Daher wußte er auch unter allen am besten Reden und Handlungen den Umständen anzupassen; indem er den Besitz und das zu Hoffende gleich sehr in Anschlag brachte Dieß konnte er aber, weil er außer seinen vortrefflichen Naluranlagen , nach Laudessitts in Punischer, und selbst in Griechischer Wissenschaft nicht unbewandert war, auch sich auf die Deutung der Eingeweide verstand *). Diesen Geistesvorzügen entsprach auch sei», theils von Natur, theils durch lebensweise erstarkten Körper; so daß ihm leicht ward, Alles was er unternahm, durchzuführen. Denn er besaß Gewandtheit und Kraft in höchstem Grad. Er konnte deßhalb ohne Beschwerde laufen, stehen und im gestrecktesten Galloppe reiten. Nie fühlte er sich durch Speise überladen, nie durch Entbehrung erschöpft. Beides, das zu Viele und das zu Wenige schien bei ihm das rechte Maß. Mühsale gaben ihm Spannkraft, Nachtwachen Stärkung. Bei solchem Geiste, solchem Körper war sein Benehmen in Geschäften folgendes: Uebcrzengt, daß die Meisten ihm nur des Vortheils wegen treu seyen, stellte er sich mit ihnen anf gleichen Fuß und hegte gegen sie den gleichen Verdacht, so daß er Andere oft mit Erfolg hinterging und äußerst selten durch Ueberlistung zu Schaden kam. Da er Jeden, der ihn übcrvortheilen konnte, er mochte Fremder oder Landsmann seyn, immer nur für seinen Feind hielt, wartete er es nicht ab , bis er seine Gesinnung bethätigte, sondern behandelte sie, in der Voraussetzung, daß sie ihm ') Mass S: 188. Fragmente. 127 schaden wollten, mit größter Härte, indem er es vortheil- hafter fand, Unrecht zu thun, als zu leiden, und wollte, daß Andere in seiner, nicht er in Anderer Gewalt sich befände. Ueberbanpt sah er mehr auf das Wesentliche an den Dingen, als auf Berühmtheit, wenn sich nicht Beides vereinigen ließ. Wen er nöthig hatte, den ehrte er sogar im Uebermaß. Denn Sklaven der Ehrbegierde waren ihm die Meisten, und die Erfahrung lehrte ihn, daß sie sich daro^, selbst gegen ihren Vortheil, freiwillig in Gefahren stürzten, weßhalb er sich oft Gewinn und Genuß versagte, nm Jenen beides in reichstem Maße zuzuweisen, und ste dadurch zu freiwilligen Theilnebmern seiner Mühsale zu machen. Er theilte aber nicht blos die gleiche Kost, sondern auch die Gefahren mit ihnen, indem er Allem, was er von ihnen forderte, sich zuerst unterzog; denn so, glaubte er, würden ihm Jene, nicht durch bloße Worte befeuert, freiwillig und ohne Widerrede folgen. Gegen die Uebrigen bediente er sich immer eines herrischen Tones, so daß ihm die Einen, weil er sich in der Lebensart ihnen gleichsetzte, ergeben waren, Andere ihn seines Hochmuths wegen fürchteten. Daher vermochte er den Uebermüthigen zu beugen, den Demüthigen zu erheben, dem Einen Furcht, dem Andern Vertrauen, Dem Hoffnung, Jenem Verzweiflung über die wichtigsten Dinge in kürzester Weile, wie er nur wollte, einzuflößen. Daß Dieß, nicht ohne Grund, von ihm behauptet wird, sondern wahr ist, beweisen seine Handlungen. Den größten Theil Spaniens eroberte er in kurzer Zeit und trug von dorr den Krieg durch das Land der Gallier, nicht nur unbe- 128 Cassius Dio's Römische Geschichte. freundetet, sondern selbst unbekannter Völker, nach Italien. Unter allen Nichteuropäern ging er, unseres Wissens, zuerst mit einem Heer über die Alpen, zog auf Rom los und riß fast alle Bundesgenossen theils durch Gewalt, theils durch Ueberreduug von diesem los. Und Dieß that er allein für sich und ohne Mitwirkung der Carthagrr; denn er ward weder anfangs von den heimischen Obrigkeiten ausgeschickt, noch auch später von ihnen bedeuteud unterstützt. Obgleich fle von ihm nicht geringen Ruhm und Vortheil ernteten, wollten sie doch mehr sich den Schein geben, ihn nicht zu verlassen, als ihn nachdrücklich unterstützen *). Reim. Nro. 47. (Fortsetzung folgt.) Griechische Prosaiker i» neuen Übersetzungen. Herausgegeben von ' G. L. F. Tafel, Professor zu Tübingen, C. N.Osiander und G. Schwab, Professoren zu Stuttgart. Hundert und drittes Vandchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'scheu Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mör schlier und Jasper in Wien. » 6 5 i» Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von v. Leonhard Tafel, Qberreallehrer an dem Gymnasium zu Ulm. Zweites Bündchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Metz ler'scheu Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mörschner und Fasper in Wien. » S 2 >. Cassius Dio's Römische Geschichte. Bruchstücke aus den erste» vier und dreißig Büchern nach der Zeitfolge geordnet. (Fortsetzung.) >5i. „Der Friede erwirbt und erhält den Besitz, der Krieg dagegen verzehrt und verschwendet ihn. —" „Der Mensch fühlt einen natürlichen Trieb über Untergebene zu herrschen und die Gunst des Glücks gegen Solche, die freiwillig nachgeben, geltend zu machen. .... Uns aber, glaubt ihr, die ihr's wisset und erfahren habt, genüge gegen euch znr Sicherheit Nachgiebigkeit und Milde? Was ihr uns heimlich oder mit Gewalt entführt habt, sollen wir für Nichts erachten, uns nickt zur Wehr setzen, nicht vergelten, uns nicht rächen? Und zwar.denken, daß ihr diese Dinge mit allem Fug gegen einander thut, gegen die Carthagcr aber müßt ihr Mcnschlich und ehrenhaft handeln. — Denn gegen Bürger muß mau billig und bürgerlich verfahren; — wenn Einer gegen Erwarten gerettet wird, 134 Cassius Dio's Römische Geschichte. so ist Dieß unsere Sache, bei den Feinden aber handelt es sich um Sicherheit; denn unsere Rettung hängt nicht davon ab, daß wir sie zu unserem Nachtheil verschonen, sondern daß wir sie besiegen und schwächen *)." i5r. „Der Krieg erhält oft das Eigenthum und gewinnt noch das Fremde; der Friede aber läßt nicht nur das durch jenen Erworbene verloren gehen, er geht selbst mit verloren." „Es bringt Schande, vor der Ueberlegung sogleich zur That zu schreiten; denn habt ihr guten Erfolg, so hattet ihr mehr Glück als Verstand, habt ihr aber schlechten, so schilt man euch unbesonnen, weil ihr Nichts ausgerichtet. Wer weiß nicht, daß schimpfen und klagen über Solche, die uns bekriegt haben, leicht und Jedermanns Sache ist; den Vortheil der Stadt selbst aber nicht nach dem Unwillen, den man fühlt über Das, was Einige gethan, sondern nach dem Nutzen selbst, den sie davon hat, zu ermessen, ist Pflicht des Rathgebers. Treibe und berede uns, Lentulus, nicht zum Kriege, bevor du uns dessen Nutzen dargethan, und bedenke vor allem, daß es etwas Anderes ist, hier von Kriegsangrle- genheiten zn schwatzen, und selbst auf dem Schlachtfeld! mit zu kämpfen **)."- „Viele bringen Unglücksfällc zu Recht; oft kommen solche durch gute Benützung derselben am Ende besser an, als Dic- *) Dieses wegen Verstümmelung oft des Sinns ermangelnde Bruchstück ist »ach Majo ein Theil der Red« des Lucius Cornelius Lentulus, worin er räth, den Carthagern sogleich den Krieg zu erklären» **) Mai» S. 189. 135 Fragmente. jenigen, die sich eines beständigen und vollkommenen Glücks erfreuten und eben darum übermüthig wurden. Denn das Unglück scheint oft sehr heilsam, weil es die Menschen nicht muthwillig und übermüthig werden läßt. Am besten aber ist es immerhin, wenn man von Natur einen Trieb zu dem Bessern hat und die Befriedigung der Begierde nicht nach der Macht, sondern nach der Vernunft bemißt. Wenn aber Einer keine Neigung für das Bessere hak, so frommt es ihm, selbst wider seinen Willen zur Besinnung gebracht zu werden; so daß man sich's zum Glücke rechnen darf, wenn man nicht immer glücklich ist *)." „Man muß auf der Hut seyn, um nicht das Gleiche zum zweitenmal zu erfahren; — oft der einzige Nutzen, den Einer aus dem Unglück zieht; denn nicht selten trügen Glücksfälle Die, welche unbesonnen genug sind, sich der Hoffnung hinzugeben , daß sie zum zweitenmal obsiegen werden. Unfälle aber nöthigen Jedweden, aus der Erfahrung belehrt, einen sichern Blick in die Zukunft zu thun *'). — Nicht wenig gewinnt uns die Gnade der Götter und den Ruhm vor den Menschen , wenn wir im Rufe stehen, daß wir nicht freiwillig Krieg anfangen, sondern genöthigt werden, uns der Angreifenden zu erwehren***)." Nachdem man solcherlei Reden von beiden Seiten gehalten, ward gut befunden, sich zum Kriege zwar zu rüsten, ihn aber nicht zu beschließen, sondern Gesandte nach Ear- *) Mass S. 542. ") Majo S. 189. 542. **') Majo S. 18S. 136 CassiuS Dio's Römische Geschichte. thago zu schicken, um wider Hannibal Klage zu führen; wenn sie das von ihm Geschehene mißbilligten, ihn zur Rechenschaft zu fordern; schöben sie aber die Schuld auf Jenen, seine Auslieferung zu verlangen und, wenn ste ihn auslieferten, sruhig zu bleiben,j wo nicht, ihnen den Krieg anzukündigen. Als die Carthager den Gesandten keine bestimmte Antwort gaben, sondern wenig Kenntniß von ihnen nahmen, schlug Marcns *) Fabins die Hände unter das Gewand und hob ste auf mit den Worten: „Ich bringe euch hier den Krieg und den Frieden, Carthager; wählet Angesichts, welchen ihr haben wollt." Als aber Jene darauf antworteten, daß sie keinen von beiden wählten, sondern nähmen, was sle ihnen übrig ließen, kündigte er ihnen den Krieg an **). Die Römer forderten die Arbornesen "**) zur Bundesgenossenschaft auf; Die aber erwiederten, daß ihnen von des Carthazern Nichts zn Leide, noch von den Römern Etwas zu Liebe geschehen sey, um gegen Jene zu kriegen oder Ihnen beizustehen; ja sle waren auf sle höchlich aufgebracht, indem sie ihnen vorrückten, daß ste ihren Stammgenosscn mancherlei Unbilden angethan hätten f). -53. Diese Erwartung hegten, wie Dio sagt, Römer und Carthager und hatten ihren Haß für den Beginn des Kriegs *) Livius XXXI, 18. gibt: Quintus Fabins. **) Majo S. 189. 190. *") Narboxenser. 1) Majo S. 190. 191. Fragmente. 1.37 ansts Höchste gesteigert. — Hoffnung treibt alle Menschen zur Begierde, und läßt sie mit mehr Muth und Sicherheit auf den Sieg vertrauen; die Niedergeschlagenheit aber treibt zum Kleinmuth und zur Verzweiflung, und benimmt die Stärkender Tapferkeit.— Wie nun immer Unsicherheit und Ungewißheit Viele in Unruhe zu versetzen Pflegte, so flößten sie anch den Hispaniern nicht geringerFurcht ein. — Denn die Menge, die nicht aus eigenen Gründen, sondern der Bundesverwandtschaft wegen zu Felde zieht, hat meist nur so lange Muth, als sie ohne Gefahr auf Gegendienste hoffen darf; wenn sich aber Kämpfe nahen, da schwinden ihre Hoffnungen auf Vortheil und sie weiß Nichts mehr von Versprechungen. Sie beredet sich, überall habe sie Alles schon auf's Beste ausgeführt, wenn sie aber irgendwo minder glücklich war, Iso gilt ihr dieß Nichts gegen die Hoffnungen, die sie gehegt »). >55. AlsAfür das zahllose Heer keine Vorräthe zureichen wollten,Lvnd ihm Einer deßhalb rieth, die Soldaten mit dem Fleische der Feinde abzuspeisen, fand er den Vorschlag nicht abscheulich, sondern befürchtete blos, sie würden, wcnn's ihnen^an Feinden fehlte, einander selbst aufzehren *) **). >55. I. d. St. 556. Vor der Schlacht rief Hannibal seine Soldaten zusammen, führte die auf dem Inge Gefangenen vor, und fragte Diese, ob sie lieber in Fesseln und schimpflicher Knechtschaft *) Majo S. 191. *') Majo S. 191. 192. 138 Cassius Dio's Römische Geschichte. leben, oder im Zwcikampf einander gegenübcrtreten und als Sieger ohncLösegeld entlassen werden wollten? Als sie das Letztere wählten, ließ erste auf einander los und, als sie mit einander kämpften, sprach er: „Ist es nickt Schande, Soldaten, daß eure Gefangenen so tapfern Sinnes sind, daß sse lieber sterben, als in Knechtschaft leben wollen, ihr aber dafür, daß ihr nicht Andern dienet, vielmehr über sie herrschet, irgend ein Mühsal, eine Gefahr zu bestehen euch scheuet *)?" 156 . „Wer einmal besiegt worden ist, hat immer eine Scheu vor dem Sieger und wagt nicht mehr seinen Sinn wider ihn zu erheben. ..... Furchtsames und unzuverläßiges Volk, alle diese Gallier; wie es schnell sich bei Hoffnungen ermu- thigt, so wird es noch schneller in Furcht und Schrecken gesetzt .... -**)." „Was wir vom Feinde besiegt erlitten, das wollen wir ihm als Sieger vergelten- Denn bedenket wohl, daß wir, als Sieger, all das Vorerwähnte erhalten, als Besiegte aber, nirgend sichere Zuflucht finden; denn dem Sieger ist, wenn man ihn auch haßt, Alles alsbald befreundet; der Besiegte dagegen wird von Allen, selbst seinen Freunden verlassen ***)." *) Majo S. 192. Vergl. Livius XXI, 42. Es folgen zwei Zeilen, welche alles Sinns ermangeln. **) Majo S. 1g2. Dieses Frag,», ist gleichfalls sehr verstümmelt. ***) Da das verstümmelte Fragment Majo S. 192. offenbare «in Bestandtheil des großer» L4Z. ist, so ist dasselbe auch Fragmente. 139 i5?. I. d. St. 537 . Von vielen theils wahren, theils MschlichI vorgegebenen Schreckzeichen wird berichtet. Wenn die Leute nämlich in heftige Angst gerathen, und sich ihnen eine ungewöhnliche Erscheinung zeigt, so bilden sie diese oft in etwas ganz Anderes um, und sobald einmal etwas davon geglaubt wird, werden sogleich auch schon ..... Also die Opfer und das Andere .... .zur Sühnung und zu .... . gewohnt sind zu thun. Anderes ..... Solchem gegen die bessere Ueberzeugung ihrer Hoffnung wegen Glauben schenkten; und damals, wenn sie auch mehr wegen der Größe der erwarteten Gefahr glaubten, daß auch das Härteste davon ..... werden besiegt werden * *). ,58. Sey es, um dem Fabius, als einem Freunde der Car- thager, gefällig zu seyn, oder um ihn verdächtig zu machen, ließ er Nichts von seinen Gütern beschädigen. "Als daher bei einer Auswechslung der Gefangenen zwischen den Römern und den Canhagern ausbedungcn ward, daß das Mehr auf der einen oder andern Seite mit Geld gelöst werden sollte, und die Römer sie aus dem öffentlichen Schatze nicht loskaufen wollten, so verkaufte Fabius seine Grundstücke und zahlte das Lösegeld für sie **). als Bruchstück der Red« des Hannibal, nicht des Fabius zu geben, dem es Majo zugedacht hatte. Auch entspricht es ganz dem Schluss« der Rede Hannibals bei Livius XXI, 44. *) Majo S. 192. 193. Reimar. Nrv, 48. 140 Cassius Dio's Römische Geschichte. „Denn ich werde angeklagt, nicht daß ich übereilt in den Kampf gehe, oder gefahrvolle Unternehmungen mache, um nach dem Verluste vieler Soldaten und der Erlegung gleich vieler Feinde als Imperator sOberfeldherrj begrüßt zu werden und einen Triumph zu feiern, sondern weil ich zögere und zaudere, und auf eure Erhaltung stets eifrigst bedacht bin *)." „Ist es denn nicht widersinnig, das Auswärtige und Entfernte in gutem Stande zu wünschen, ehe man die Stadt selbst in Ordnung bringt? Ist es nicht ungeräumt, über die Feinde siegen zu wollen, bevor man die eigenen Angelegenheiten beigelegt?" „Wohl weiß ich, daß meine Rede euch hart erscheint; bedenket aber, daß auch die Aerzte Viele nur dadurch allein heilen können, daß sie sie trennen und schneiden; und dann, daß es mir nicht Freude und Vergnügen macht, also zu spreche», ja daß ich eben darob euch schelte, daß ihr mich zu solchen Reden nöthiget, wenn ihr sie aber nicht gerne Hort, so thut nicht Dinge, ob denen man euch nicht loben kann; wenn meine Worte Einige von euch schmerzen, wie sollten nicht vielmehr mich und die andern Alle eure Handlungen schmerzen '*)?" „Denn die Sprache der Wahrheit enthält etwas Bitteres, wenn Einer mit kühnem Freimuth großer Güter Hoffnung hinwegnimmt; die Lügenworte des Schmeichlers dagegen haben den Beifall der Zuhörer ***)." *) Majo S. 842. 543. aus einer Rede des Fabius in Rom. **) Majo S. 543. 544. ***) Majo S. 544. Dieß und das vorhergehende Fragment sind Fragmente. ä.41 Die Römer setzten ihn deßhalb zwar nicht ab, gaben aber dem Reiterobristen dieselbe Gewalt, so daß Beide den gleichen Oberbefehl haben sollten. Fabius trug jedoch darob weder Haß gegen die Mitbürger, noch gegen RnfuS. Er verzieh ihnen menschliche Schwachheit und war zufrieden, auf welche Weise sie auch siegen würden. Denn die Rettung und der Sieg des Vaterlands, nicht der eigene Ruhm war seiner Wünsche Ziel; das Verdienst, glaubte er, liege nicht in Volksbeschlüssen, sondern in der Seele eines Jeden, und Siez oder Niederlage hange nicht von Verordnungen, sondern von eines Jeden Geschick oder Uuerfahrenheit ab. Rufus dagegen, schon früher nicht recht klug, ward jetzt noch aufgeblasener, und konnte, da er, als Lohn seines Ungehorsams, gleiche Gewalt mit dem Dictator erlangt, sich nicht mehr fassen, sondern verlangte, einen Tag um den andern oder auch mehrere hinter einander den alleinigen Oberbefehl. Fabius aber, welcher fürchtete, er möchte, des ganzen Heeres mächtig, einen unbesonnenen Schritt thun, gestand ihm keines von Beideü zu, sondern theilte das Heer, so daß sie gleich den Consuln, Jeder seine eigenen Truppen, hatten. Sogleich trennten sie die Lager, um durch die That bemerklich zu machen, daß er für sich befehle und nicht mehr unter dem Dictator stehe * *). Die Dictatoren, zufrieden, wenn ..... veränderten, auf die Nachricht, daß Hannibal sich von seinem Zuge nach Rom abgewendet habe und nach Campanien marschire, gleich- wahrscheinlich Theile der von Fabius in Rom gehaltenen Rede. *) Reimar. Nro. 48. 142 Cassius Dio's Römische Geschichte. falls in der Stille, nicht gar gerne, doch auch nicht gezwungen der Sicherheit wegen ihren Standort. Fabius war mehr auf die Sicherheit, als auf gefährliche Wagnisse bedacht und getraute sich nicht, mit Meistern in der Kriegskunst handgemein zu werden, da ihm vor Allem daran lag, seine Soldaten, zumal bei der geschwächten Bevölkerung des Vaterlands, zu schonen; indem er nicht das Nichtschlagen der Feinde, sondern den Verlust der eigenen Leute hoch anschlug. Jene, meinte er, würden, auch geschlagen, bei ihrer Ueberzahl, wieder den Kampf bestehen. Er aber hielt auch den geringsten Verlust nicht wegen der Zahl der Gefallenen, sondern wegen der Größe der frühern Verluste für höchst bedenklich; wenn AllesIin unverletztem Zustande sey, meinte er, verwende man oft die größten Unfälle mit Leichtigkeit, »ach Verlusten aber werde auch der kleinste Nachtheil verderblich. Als ihm daher sein Sohn zu einer gefährliche» Unternehmung rieth und sagte: es könnten über hundert Mann nicht darauf gehen, blieb er unbewegt und fragte ihn, ob er selbst unter diesen hundert seyn wollte *)? Als des Fabius Sohn zu dem Vater sprach: „Schlagen wir uns mit dem Hannibal, wir verlieren keine hundert Mann;" erwiederte ihm Dieser: „und wolltest Du unter den hundert seyn **)?" Die Earthager schickten dem Hannibal von freien Stücken nicht nur keine Unterstützung, sondern fanden es sogar lächerlich, daß er trotz den glücklichen Erfolgen, von denen ») Majo S. 195. *») Majo S. 544. Fragmente. 143 er schreibe, noch Geld und Soldaten verlange, und meinten , seine Forderungen ständen mit seinen Siegen im Widerspruch; denn die Sieger müßten mit dem gegenwärtigen Heere ausreichen und Geld nach Hause schicken, nicht beites aus der Heimath haben wollen. Die Menge ist gewohnt, Anfänger zu begünstigen, besonders wenn ste die bereits im Ruhme Stehenden herabzusetzen suchen. Denn sle ist geneigt, dem kaum sich Erhebenden Leizustehen, Las hoch Erhabene niederzudrücken. Denn das hohe Verdienst erreicht Einer nicht so leicht, unvermuthete Erhöhung aber gibt auch Andern Hoffnung, zu gleichem Glücke zu gelangen *). Rufus, zu gleicher Gewalt mit dem Dictator erhoben, und von den Carkhagern geschlagen, wurde anderen Sinnes; denn das Unglück bringt Einen, der nicht völliger Thor ist, zur Besinnung. Er legte freiwillig den Oberbefehl nieder und ward Larob sehr gerühmt. Daß er nicht anfangs gleich vernünftig war, brachte ihm nicht Schande, Ruhm aber, daß er nicht zögerte, sein Unrecht einzugestehen. Wäre er von Anbeginn an seiner Pflicht nach gekommen, so hätten sie es für ein Werk des Glücks gehalten; daß er aber durch die Erfahrung eines Bessern belehrt, sich nicht schämte, seinen Sinn zu ändern, lobten sie höchlich: hierin zeige sich, wie viel ein Mann von dem andern, wahre Tugend von Dünkel sich unterscheide. Was Mißgunst und Verleumdung bei den Bürgern dem Fabius entrissen, das erhielt er wieder von freien Stücken und selbst auf die Bitte des Amtsgenossen. *) Majo S. 194. L44 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. AIs er seinen Oberbefehl niederlegen wollte, berief er die Consnln und übergab ihn denselben, indem er ihnen Alles darlegte, was sie ohne Gefährdung vornehmen dürften. „Ihm stehe, sagte er, das Wohl des Staates höher, als der Ruhm des alleinigen Oberbefehls; von ihnen hoffe er, daß sie, ihre» Vorgang wahrnehmend nicht durch Eigensinn zu Falle kommen, sonder» auf gleichem Wege mit ihnen zu Glück und Ruhm gelangen würden." Die Consuln, dem Rathe des Fa- bius gehorchend, unternahmen nichts Gewagtes, und blieben, für besser erachtend, keine Kriegsthat zu verrichten als sich Verlusten auszusetzen, die ganze Zeit ihres Consulats in ihren Standorten. Ueber Wahrsagcrei und Sterndeutung sagt Dio Folgendes: Ich erlaube mir weder über diese, noch über andere Vorhersagungen ein Urtheil. Denn was braucht es eines Vorzeichens, wenn Etwas auf jeden Fall geschieht? Keine menschliche Kunst, keine göttliche kann es abwehren. Jeder mag darüber denken, wie er will *). -5g. I. d. St. 558. Consuln waren Paulus und Terentius, Männer, durch Geschlecht und Charakter gleich verschieden; der Eine, Patricier und hochgebildet, zog das Sichere vorschnellen Entschlüssen vor, und ließ sich, zumal durch die Beschuldigung, die ihm in seinem frühern Consulate gemacht worden, niedergebeugt, auf nichts Gewagtes ein und wollte lieber nicht Lurch kühne That siegen, als sich einem zweiten Unfälle aussetzen. Terentius, unter dem Volke erzogen, und in *) Maja S. 194. 195. 196» Fragmente. 14S gemeiner Dermessenheit geübt, war auch sonst wohl übermüthig , jetzt aber versprach er, Allem den Ausschlag im Kriege zu geben, schmähte auf die Patricier und glaubte, wegen der Milde seines Amtsgenossen, allein den Oberbefehl zu führen. sDaher kamen Beide zn guter Zeit im Lager an; dem Han- nibal fehlte es an Lebensrnitteln, in Hispanien stand es schlimm, und die Bundesgenossen fielen von ihm ab; so daß sie ihn, hätten sie nur noch wenige Zeit zugewartet, ohne Mühe besiegt haben würden * **) ); so abers besiegte sie die Unbesonnenheit des Terentius und die Nachgiebigkeit des Paulus , der zwar immer das Rechte wollte, aber meist seinen Anitsgenoffen gewähren ließ; denn Milde pflegt gegen Anmaßung immer verkürzt zu werden Im Kampfe hatten selbst die Muthigsten wegen des ungewissen Ausgangs weniger Hoffnung als Furcht; je mehr sie auch zu siegen glaubten, desto mehr fürchteten sie, es mochte nicht gelingen. Den Unwissenden erscheint in ihrer Bethö- rnng Nichts furchtbar, der überlegte Muth dagegen. . . . Um den Bürgern Carthagv's die Niederlage der Römer anschaulich zu machen, ließ Hannibal drei Attische Scheffel voll goldener Ringe den Rittern und Senatoren, welche sie nach herkömmlicher Sitte zu tragen pflegten, bei der Plünderung der Leichen der Gefallenen abziehen und in den Hafen senden ***). *) Diesen Satz entlehnt Majo aus Ionaras und vindicirt ihn mit Recht dem Dio. da Zonaras das Vor- und Nachstehende auch aus diesem entlehnt. **) Hier folgt in dem vaticanischen Palimpsest eine Lücke, welche die Auszüge von 18S Jahren in sich schließt. ***) Majo S. 544. Dio Casftüs. 2 s Bdch». 2 L46 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. 160. Als Scipio *) erfuhr, daß einige Römer damit umgingen, Rom und Italien, weil es nun bald den Carthagern gehören müßte, zu verlassen, stürzte er plötzlich mit gezücktem Erdwerte in das Haus, worin sie sich beriethen, schwor, mit Wort und That seine Pflicht zu thun, und zwang Jene zu demselben Schwur unter Androhung augenblicklichen Todes, wenn sie sich dessen weigern würden. — Sie schrieben jetzt einstimmig an den Consul, daß fle sich gerettet hätten. Dieser aber schrieb nicht sogleich nach Rom, noch sandte er einen Boten ab, sondern begab sich nach Canusium, verfügte daselbst das Nöthige, legte in die benachbarten Städte Besatzungen, so viel er konnte, und trieb die Reiterei, welch« einen Angriff auf dir Stadt machte, zurück. Ueb«rhaupt war er weder entmuthigt noch bestürmt, sondern rieth und that, als ob ihnen kein Unglück begegn«! wär«, mit reifer Ueberlegung, Das, was er im Augenblicke sür's Best« hielt "). - 6 >. Die Nuceriner hatten sich unter der Bedingung an Han- nibal ergeben, daß Jeder mit einem Kleide aus der Stadt ziehen dürfte. Als er sie aber in seiner Gewalt hatte, ließ er die Senatoren in Badehäuser verschließen und ersticken, den Andern erlaubte er zwar zu gehen, wohin sie wollten, allein auch von ihnen tödtete er Viele auf dem Wege. Dieß kam ihm jedoch nicht zu Starten; denn die Andern, aus »> Publius Cornelius, der ältere. »») Reimar. Nro. 43. Fragmente. 147 Furcht vor ähnlichem Schicksal, ergaben sich nicht mehr an ihn, sondern leisteten, so lange fle konnten, Widerstand °). 16-. Marcellus, ein Mann von großer Tapferkeit, Mäßigung und Gerechtigkeit» war gegen seine Untergebenen nicht immer streng und hart, noch sah er sallzugenauf darauf, auf welche Art sie ihre Pflicht thaten. Wenn Einer sich Etwas zu Schuld kommen ließ, so verzieh er es der menschlichen Schwachheit und zürnte ihnen nicht, daß sie es ihm nicht gleich thaten "). 16T. Da Viele in Nola die bei Cannä Gefangenen und von Hannibal Freigelassenen, als Jenes Partei zugethan, fürchteten und umbringen wollten, widersetzte er sich und gewann sie dadurch, daß er den gegen sie allgemein gehegten Verdacht nicht zu theilen vorgab, dermaßen *) **) ***), daß sie sich z« ihm hielten und ihrem Vaterlande, wie den Römern äußerst nützlich wurden t). iki. Eben dieser Marcellus hörte von einem Lucanischen Ritter, daß er in ein Mädchen verliebt sey, und erlanbte ihm, seiner Tapferkeit wegen, dieselbe im Lager bei sich zu haben, *) Rcimar. Nro. 88. **) Reimar. Nro. 51. *") Ich lese auf den Vorschlag deS BaießuS mit Sturz statt ov. D Reimar. Nro. 52. * 2 148 Cassius Dio's Römische Geschichte. obgleich er verboten hatte, daß kein Weib die Verschanzuu- gen betreten sollte * * ). i65. Er sHannibals verfuhr gegen sie sdie Acerraners auf gleiche Weise wie gegen die Nuceriner, nur daß er ihre Senatoren in Brunnen, nicht in Bäder warf "). -6S. Fabius wechselte die in den frühern Schlachten Gefangenen theils Mann gegen Mann aus, theils verglich er sich mit Hannibal, sie mit Geld einzulösen. Als aber der Senat die Kosten nicht übernehmen wollte, weil er überhaupt deren Auslösung nicht billigte, ließ er, wie schon erwähnt ***), seine Güter ausbieten und kaufte sie mit dem Erlöse frei t). >67. Die Römer ließen dem Hannibal durch Abgesandte die Auswechselung der Gefangenen anbieten. Sie kam jedoch nicht zu Staude, obgleich auch Jener zu diesem Zwecke den Carthalo abgeschickt hatte; denn da sie ihn, als Feind, nicht in die Mauern lassen wollten, verschmähte er eine Unterhandlung mit ihnen und kehrte sogleich voller Wuth wieder um tt). *) Reimar. Nro. 53. »*) Reimar. Nro. 54. Nach Bonaras und Appian sind damit die Acerraner gemeint. Sturz fügt hier unnöthiger Weise nach «in, da rokg sV«xe(>lnoeg der Gleichheitsdativ zn rcr avr« ist. ***) Vergl. Nro. 159. dieser Übersetzung. Reimar. Nro. 48. z-) Reimar. Nro. 55. 4t) Reimar. Nro, 15L. Fragmente. t/,s -S3. Ptolemäus, König von Aegypten, wäre beinahe durch einen Aufstand aus dem Lande vertrieben worden; als er aber wieder zu Kräften kam, rächte er sich durch abscheuliche Strafen M dem Volk, indem er die Körper der Besiegten sieden und braten ließ» Bald darauf aber büßte er für seine Grausamkeit, indem er durch eine schreckliche Krankheit ums Leben kam *). i6g. Unter Ptolemäus Epiphanes theilte Jesus, Sirachs Sohn, den Juden seine tugeudreiche Weisheit mit **). 170. Scipio, der Netter seines verwundeten Vaters, jetzt Feldherr, verband mit trefflichen Naturanlagen die ausgezeichnetste Bildung. Er zeigte im Rathe und in Reden, wie es erforderlich wa», großen Verstand, vor Allem aber wußte er ihn im Handeln zu bethätigen. Daher war es nicht leere Prahlerei, sondern nachhaltige Geistesstärke, wenn er sich als Mann großer Plane und Thaten gab. *) Maja S. 544. 545. Wahrscheinlich ist Ptolemäus Philo- pator gemeint. S. Majo. Majo (S. 545.) schließt dieses Fragment in Klammern ein. weil er es von Planudes, aus dem Chronikon Pa- schale oder Ensebius eingeschwärzt glaubt. In letzterem kommt sogar auch das Beiwort vor. Bemerkenswerth ist. daß die Verfassung des Werks hier in die Regiernngszcit des Ptolemäus Spiphanes, sonst aber und von Susebius selbst in die des Ptolemäus Suergetes versetzt wird. 150 Cassius Dlo's Römische Geschichte. Aus diesen Gründen, und wegen seiner gewissenhaften Verehrung der Götter ward er erwählt. Denn er nahm keine öffentliche, keine Familienangelegenheit vor, ohne vorher auf das Capital zu gehen und einige Zeit daselbst zu verweile». Deßhalb ging die Sage von ihm, er sey ein Sohn Jupiters, der seiner Mutter in Gestalt eines Drachen beigewohnt habe; auch Dieß erhöhte Vieler Hoffnungen auf ihn. Obgleich aus nicht ganz gesetzlichem Wege zum Oberbefehl gelangt, erwarb er sich doch sogleich nach seiner Wahl die Liebe des Heers, übte die durch Unthätigkeit erschlafften Soldaten, welche ohne Anführer gewesen, und hob den Muth der durch die frühern Unglücksfälle Niedergedrückten. Auch behandelte er den Marcius *), weil er sich Ruhm erworben, nicht wie es Viele gethan hätten, unfreundlich, sondern zeichnete ihn durch Lob und thätige Beweise seiner Achtung aus. Denn er war nicht der Mann, der sich durch Verleumdung und Herabsetzung Anderer, sondern durch eigenes Verdienst erheben wollte; und dadurch gewann er auch die Ergebenheit der Soldaten in so hohem Grade **). Scipio bewirkte ebenso durch sein rechtliches Benehmen, als durch seine Waffen, daß beinahe das gesammte Hispanieu zu ihm übertrat "*). 171. I. d. St. sNach der Eroberung von Neucarthago wäre beinahe ein höchst bedenklicher Zwiespalt unter den Soldaten ausgebro- *) Ueber ihn vergl. Liv. XXV, 57 ff. **1 R-iinar. Rro. 56. 57. Maio S. 545. Fragmente. L51. chen. Scipio hatte Dem, der zuerst die Mauer erstiege, einen Kranz verheißen, und zwei Soldaten, ein Römer und ein Bundesgenosse, machten sich denselben streitig. Ueber ihrem Streite geriet!) auch die übrige Masse in Aufregung und in solchen Tumult, Laß ss übel abgelaufen wäre, hätte nicht Scipio beide bekränzt und *)f einen großen Theil der Beute unter die Soldaten vertheilt, einen großen Theil aber für den öffentlichen Schatz bestimmt. Die Gefangenen vertheilte er auf die Ffotte und gab die Geißel ohne Lösegeld den Ihrigen zurück. Dieß hätte die Wirkung, daß ihm viele Völker und Fürsten und unter Ließt." die Jagertaner sJler- tzetanerß Jndibolis und Mandonius zu ihm übertraten. Die Celtiberer, das zahlreichste und mächtigste der benachbarten Völker, gewann er für sich auf fügende Weife: Unter den Gefangenen bekam er ein Mädchen von ausgezeichneter Schönheit in seine Gewalt und gericth in Verdacht, daß »r sie zu seiner Geliebten machen würde; sobald er aber erfuhr, daß fle Allucius, einem Fürsten der Celtiberen verlobt sey, entbot er ihn zu sich und übergab ihm das Mädchen sammt dem Lösegeld, das die Verwandten ihm gebracht. Diese That gewann ihm die Ergebenheit sowohl Jener als auch der klebrigen **). Der König der Spanier, von Scipio gefangen, trat auf die Seite der Römer über, indem er sich und sein Gebiet denselben übergab, auch Geißel zu stellen sich erbot; Scipio *) Der Ansang des Bruchstücks ist aus Zongras, der die Stelle offenbar von Dio abgeschrieben, ergänzt, Reimar. Nro. 58. LS2 Casstus Dio's Römische Geschichte. nahm seine Bundesgenossenschaft an, erklärt» aber, daß er keiner Geißel bedürfe; das Unterpfand derselben besitze er in seinen Waffen *). >7». I. d. St. 5/>L. Scipio, strenge im Feld, war nachgiebig im geselligen Umgänge; furchtbar, wo er Widerstand fand, aber gütig gegen Diejenigen, die sich ihm fügte». Außerdem vertraute man ihm wegen des Ruhms seines Vaters und seines Oheims, weil er bei den Thaten, die er unternahm, angestammtem Verdienste, nicht zufälligem Glücke seinen Ruhm zu verdanken schien. Wegen des schnellen Siegs, und weil Hasdrubal seinen Rückzug in das Binnenland genommen, vor allem aber, weil er — sey es nun, daß er es von einem Gott erfahren, oder der Zufall es so wollte — voraussagte (Was auch in Erfüllung ging), daß er in dem Lager ** ***) ) der Feinde übernachten werde, verehrten ihn Alle als einen höher begabten Mann; die Spanier aber nannten ihn sogar den großen König *"). 17h. Maslnissa, auch sonst einer der vorzüglichsten Männer, führte den Krieg mit Kopf und Hand auf4 Rühmlichste. An Treue übertraf er nicht nur seine Stammgenvffen (denn *) Majo S. 545. **) Lch lese mit Reimarus statt eu rH ir- rv rM rw v ir. nämlich rparoTrtöw, da die andere Leseart keinen genügenden Sinn gibt. Die Stelle scheint ttberhtznpt corrumpirt. ***) Reimar. Nro. 59. Fragmente. ISr diese sind meist treulos), sondern auch Solche, die sich darauf viel zu Gute thaten. — Maflniffa liebte Sophonis fSo- phonisbes, die von ausgezeichneter Schönheit war, aufs Leidenschaftlichste. Mit eiuem wohlgebildeten Körperbau und der Blüthe des Alters verband fle große Kenntniß in Wissenschaften und Mustk. Sie war fein, einschmeichelnd und überhaupt so liebenswürdig, daß fle Jeden, der sie sah, oder hörte, auch den Unempfindlichsten, für sich einnahm *). 174. I. d. St» Lzg. Licinius Crassns, ein durch Billigkeit, Schönheit und Reichthum cweßhalb man ihn auch den Reichen nannte) ausgezeichneter Mann **) blieb, weil er hoher Priester war, ohne zu losen, in Italien zurück. -76. Als der pythische Gott den Römern befahl, die Göttin durch den besten ihrer Bürger aus Pessinüs ***) in die Stadt abholen zu lassen, ertheilten sie dem Publius Scipio, Sohn des in Spanien gefallenen Cneus diesen ehrenden Vorzug, da er besonders im Rufe der Frömmigkeit und der Gerechtigkeitsliebe stand. Dieser brachte fle unter Begleitung der vornehmsten Frauen in die Stadt und aus den palatini- schen Berg 1 ). 17«. 2 . d. St. 5 So. Als die Römer die Vorgänge in der Stadt Locri hörten, die sie der schlechten Mannszucht des Scipio zuschrieben, *) Reimar. Nro. 6V. 61. **) Reimar. Nro. 62. ***) Eine Stadt Galatiens, einer Landschaft in Asien, i) Reimar. Nro. 6Z. 154 Cassius Dio's Römische Geschichte. waren fle sehr aufgebracht und beschloßen sogleich in ihrem Zorn, ihn des Oberbefehls zu entsetzen und vor Gericht zu fordern. Ihr Unwille ward noch dadurch erhöht, daß er auf Griechische Weise lebte, den Mantel zurückwarf und die Uebungsplätze besuchte; daß man ferner von ihm sagte, er lasse die Soldaten das Eigenthum der Bundesgenossen plündern, und daß er den Verdacht erregte, er schiebe die Fahrt gegen Carthago absichtlich auf, um den Oberbefehl desto länger zu behalten. Daß sie ihn aber zurückberufen wollten, geschah vornämlich auf Betreiben Derer, die ihn von Anfang an beneideten. Es unterblieb jedoch, weil das Volk ihm außerordentlich zugethan war und große Hoffnungen auf ihn setzte * **) ). >77- 2- b. St. 55l. Scipio entließ ein CarthagischcS Schiff, das er genommen, unverletzt, weil die Leute vorgaben in Gesandschafts- angelegenheiten an ihn abgeordnet zu seyn. Er wußte zwar wohl, daß die Gefangenen Dieß nur zu ihrer Rettung erdichteten , wollte aber lieber das Schiff nicht behalten, als, obgleich es in feiner Macht stand, Etwas thun, was seinen Leumund gefährdet hätte. Als Syphar auch damals noch fle zu versöhnen suchte und vorschlug, daß Scipio Africa, Hannibal aber Italien verlassen sollte, ging er, nicht weil er ihm traute, sondern um ihn zu berücken, darauf ein *'). >78. Die Römer brachten vor Scipio nebst anderer Beute auch den Syphar. Als er ihn gefesselt sah, ertrug er es nicht, *) Reimar. Rro. 64. **) Reimar. Nro. 65. Fragmente. LLL sondern sprang, der frühern Gastfreundschaft und der Wechsels menschlicher Dinge eingedenk, wie er den mächtigen König , um dessen Gunst »r sich früher beworben, in dieser bedauernswerten Lage vor sich erblickte, vom Sessel auf, löste ihm die Bande, bewillkommte ihn freundlich und behandelte ihn mit vieler Aufmerksamkeit *). » 79 « Die Carthager schickten Gesandte an den Scipio und verstanden sich unbedingt zu allen Forderungen, die er machen würde, ohne jedoch dieselben einhalten zu wollen, entrichteten ihm auch sogleich das Geld und gaben alle Gefangenen zurück; wegen der übrigen Punkte fertigten sie noch Gesandte nach Rom ab. Die Römer aber nahmen sie damals nicht an, weil bei ihnen, wie sie sagten, nicht Sitt» sey, so lange noch feindliche Heere in Italien stünde», über den Frieden zu unterhandeln. Als darauf Hannibal und Mago Italien geräumt hatten, ließen sie dieselben vor. Lange stritt man sich, und die Meinungen waren getheilt. Zuletzt aber beschloßen sie, den Frieden unter den von Scipio vorgeschlagenen Bedingungen zu bewilligen **). 180. Die Carthager griffen den Scipio zu Land und zu Wasser an. Als Scipio, darüber aufgebracht, Beschwerde führte , gaben sie den Gesandten nicht nur eine trotzige Antwort, sondern stellten ihnen auch bei ihrer Rückfahrt nach dem Leben; und hätte nicht zum Glücke ein günstiger Wind sich *) Reimar. Nro. 85. ") Neiniar. Nro, tSZ. 156 Casstus Dio's Römische Geschichte. erhoben, so wären sie gefangen oder getödtet worden. Deßwegen gestand ihnen Scipio, obgleich indessen die Gesandten mit dem Frieden kamen, denselben nicht mehr zu *). -8i. I. d. St. L55. Die Carthager schickten Gesandte an Scipio. Die Frie- densbedingungen waren folgende: Sie sollten Griffet geben, die Gefangenen und die Ueberläufer der Römer wie der Bundesgenossen, die sie hätten, ausliefern, alle Elephanten und die Dreiruder, bis auf zehn, herausgeben, und in Zukunft weder Elephanten noch Schiffe halten, dem Maslnissa Alles, was sie von ihm besaßen, abtreten und ihm zurückerstatten, das Land und die Städte, die seiner Herrschaft zu- gehörten, räumen, weder eigene Truppen ausheben, noch Fremde in Sold nehmen, noch gegen irgend Jemand ohne Einwilligung der Römer Krieg anfangen **). 182. Unter den vielen Andern, welche für die Zerstörung Carthagv's stimmten, war auch der Consul sCneus) Cornelius sLeutuluss. Denn so lange dieses uoch stünde, würden sie, behauptete er, niemals sicher seyn *'*). -85. Sehr Viele nahmen Dienst. Wie denn immer die Menschen Vieles freiwillig thun, wozu sie sich nicht hätten zwingen lassen. Denn gegen Das, was ihnen befohlen wird, sträu- *) Reimar. Nro. 154. **) Reimar, Nro. 155. Reimar. Nro. 156. Fragmente. 157 den sie sich als gegen Zwang, das Selbstgewählte aber lieben sie, als Herren ihres Willens *). - 84 . I. d. St. 55/. Der besiegte Philipp schickte Gesandte an Flamininus; und Dieser schloß, so sehr er auch «ach der Eroberung Mace- doniens lüstern war und sein Glück zu verfolgen wünschte, dennoch Frieden. Ein Beweggrund war die Besorgniß, die Hellenen möchten, nach dessen Sturz, zu ihrem alten Sinne zurückkehre« und ihnen nicht mehr zugethan bleiben, und die Aetoler, die sich schon seht viel darauf zu Gute thaten, daß sie das Meiste zu dem Siege beigetragen hätten, ihnen noch aussätziger werden, Antiochus endlich, wie verlautete, nach Europa kommen um dem Philipp beizu- stehen **). ,85. Junge Leute, welche in der Stadt angekommene Gesandte der Carthager beschimpften, wurden nach Carkhago geschickt und ausgeliefert, — aber ohne ein Leid zu erfahren - von Diesen wieder entlassen ***). -86. I. d. St. 5KZ. Antiochus und seine Heerführer i) wurden szu Chalcisj sittlich verdorben; denn durch die sonstige Unthätigkeit und die Liebe zu einer jungen Schönen verfiel er in Weichlich- *> Reimar. Nro. 67. **) Reimar. Nro. 157. ***) Reimar. Nro. 158. t) Bonaras gibt die Stelle vollständiger, indem er noch: und die Soldaten hinzusetzt. 158 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. keit und schwächte auch den kriegerischen Sinn der klebrigen *). -87. I. d. St. 56 t. Seleucus, des Antiochus Sohn, hatte den Sohn des Africanus auf seiner Ueberfahrt aus Griechenland aufgefangen , hielt ihn aber in großen Ehren. Zwar wollte er ihn auf die vielen Bitten des Vaters nicht gegen Lösegeld von sich entlassen, that ihm aber Nichts zu Leide, sondern behandelte ihn im Gegentheil aufs Beste. Endlich gab er ihn, obgleich er den Frieden nicht erhielt, ohne Lösegeld frei **). 18S. I. d. St. 567. Die Scipionen ***) hatten viele Neider, weil zwei Brü- der, durch Geburt und Verdienste gleich sehr ausgezeichnet, außer den angeführten Thaten, die sie verrichtet, auch solche Beinamen erhalten hatten. Daß sie jedoch frei von aller Schuld waren, geht nicht nur aus dem Gesagten hervor, sondern es erwies sich auch bei der Einziehung des Vermögens des Asiaticus, und durch die freiwillige Entfernung des Africanus nach Liternum, wo er bis an sein Ende unangefochten blieb. Denn zuerst hatte er sich vor Gericht gestellt, indem er durch sein entschiedenes Verdienst obzusiegen hoffte k). *) Reimar. Nro. 68. **) Rcimar. Nro. 69. »») Statt rcn) 2'xl7ii«r>o§ lese ich auf Reimarus Vorschlag rwV ZXlTItWNMV. -f) Reimar. Nro. 70. Fragmente. 159 1S9. 2 . d. St. 567. Nachdem die Römer die üppige Lebensart der Waten gekostet und bei reicher Beute, und der Freiheit der Sieger sich in den Besitz der Besiegten eingewohnt hatten, nahmen sie auch bald ihre schwelgerischen Sitten an und traten in Kurzem die väterliche Sitte mit Füßen. So drang das Uebel von dorther auch in die Hauptstadt ein *). igo. Gracchus **), Plebeischer Geburt, war auch ein gewandter Volksredner, ging jedoch uicht so weit als Cato. Obgleich er einen alten Groll auf die Scipionen hatte, ließ er es doch nicht zu, sondern vertheidigte den abwesenden angeklagten Africanus und setzte durch, daß ihm kein Schimpf angethan ward; auch verhinderte er, daß man den Affati- cuS ins Gefängniß setzte; deßhalb entsagten die Scipionen ihrer Feindschaft und traten mit ihm sogar in Verwandtschaft; denn Africanus gab ihm seine eigene Tochter zur Gemahlin "**). ig,. I. d. St. 58 k. Perseus hoffte die Römer ganz aus Griechenland zu vertreiben, durch seine übertriebene und unzeikige Sparsamkeit aber und die daraus erfolgte Läßigkeit der Bundesgenosse» schwächte er seine Macht. Als nämlich die Römer im Nachtheil waren, und er in Vortheil kam, behandelte er die Bundesgenossen verächtlich, als bedürfte er ihrer nicht wei- *1 Reimar. Nro. 7t. Tiberius Gracchus, der Vater der berühmten Volkstribunen. ***) Reimar. Nro. 72. 160 Casstus Dio's Römische Geschichte. ter, und als ob sie ihre Hülfe ihm umstonst leisten würden, oder er auch ohne sie siegen könnte. Weder dem Eumenes noch dem Gentius zahlte er die versprochenen Gelder, indem er glaubte, sie hätten schon ihre besondere Ursache zur Feindschaft gegen die Römer. Da aber^Diese und die Thracier (denn auch sie erhielten nicht den vollen Sold) keine Lust mehr bezeigten, gerieth er wiederum in solche Verzweiflung, daß er sogar nm Frieden bat *). igr. Perseus bat die Römer um Frieden, und hätte ihn erhalten , wenn nicht die Rhodier, aus Furcht, die Römer möchten ihren Gegner verlieren, ihre Gesandten mitgeschickt hatten. Denn sie führten keine bescheidene Sprache, wie es Bittenden geziemte, sondern äußerten sich, als ob sie nicht sowohl für den Perseus um Frieden bäten, als ihn vielmehr gaben, mit vielem Uebermuth und drohten endlich, sie würden Den, der den Frieden hindere, mit Hülfe des Ander» bekriegen. Schon früher den Römern verdächtig, wurden sie denselben hierdurch noch mehr verhaßt und waren Schuld, daß Perseus den Frieden nicht erhielt **). igö. Als sich Perseus auf Samothrace in dem Tempel befand, und man von ihm die Auslieferung eines gewissen aus Creta > gebürtigen Eoanders verlangte, der ihm sehr viele ! Treue bewiesen und, unter manchen andern Diensten gegen i die Römer, auch den meuchlerischen Angriff auf Eumenes ! *) Reimar. Nro. 75. **) Reimar. Nro. 160. Fragmente. 161 bei Delphi eingeleitet hatte, gab er ihn nicht heraus aus Furcht, er möchte seine Geheimnisse verrathen, brachte ihn aber heimlich um und sprengte aus, er habe sich selbst einen Tod angethan. Ans Furcht vor seiner Treulosigkeit und Mordlust begannen jetzt alle seine Begleiter ihn zu verlassen *). 'gi. Perseus, der letzte König Macedoniens, ergab sich, im Kriege gegen die Römer von den Gelingen verlassen, in der Verzweiflung, selbst au Aemilius Paulus. Als er vor Diesem auf die Knie fallen wollte, hob er ihn auf mit den Worten: „Mann, willst du mir meinen Sieg vernichten? und ließ ihn neben sich auf einem königlichen Stuhle niedersitzen **)." -g5. Perseus ließ sich freiwillig gefangen nehmen, und als man ihn nach Amphipolis brachte, kränkte ihn Paulus weder mit Worten noch mit der That, sonder» stand vor dem Nahenden auf, bcwillkommte ihn, zog ihn zu Tisch, legte ihm keine Fesseln an und behandelte ihn mit vieler Achtung *'*). Perseus hatte ein prächtiges Schiff von ungewöhnlicher Größe mit sechzehn Reihen Ruderbänken erbauen lassen t). *1 Reimar. Nro. 74. **) Majo S. 546. "*) Sleimar. Nro. 75. b) Majo S. 546. Dio kassius, 2s Vdch». 3 16 S Cassius Dio's Römische Geschichte. igS. Paulus war nicht uur groß als Feldherr, sondern auch durchaus unbestechlich. Zum Beweise dient, daß er, obgleich zum zweitenmale Eonsul und im Besitz unsäglicher Beute, fortwährend iu solcher Armuth lebte, daß nach seinem Tode seine Gattin mit Muhe ihre Mitgift zurückerhielt. So war er und so seine Thaten. Einen einzigen F ecken auf sein Leben wirft, wie man meint, daß er seinen Soldare» die Plünderung erlaubte. Sonst war er nicht ohne liebenswürdige Eigenschaften, im Glücke mäßig und ebenso besonnen als glücklich in Führung des Krieges; was schon da aus ersichtlich ist, daß er sich gegen Perseus nicht hochfahrend und übermüthig benahm^ noch aber auch den Krieg gegen ihn übel und unbesonnen- führte *). >97. 2 - d. St. 687. Die Rhvdier, welche sich früher rühmten, als hätten sie den Pkilipp und den Antiochus besiegt, und sich besser als die Romer dünkten, gebiethen jetzt in solche Furcht, daß sie den an den Konig Antiochus von Syrien abgesandten Popilins zu sich einluden und in seiner Gegenwart alle gegen die Römer feindlich Gesinnten durch einen Vvlksbe- schluß verurrheilken und Alle, deren sie habhaft werden konnten, zur Bestrafung auslieferten. Dieselben sRhodierf traten bei spätern Gesandsckaften, so oft sie einer Sacke bedurften, nickt mehr wie früher auf, und brachte» nur Dasjenige vor, was sie zur Besänftigunst »r Reimar. Nro. 76 . Fragmente. los der Römer und zur Abwendung ihrer Rache aus frühern Dienstleistungen anführen konnten. Hatten ste früher den Namen Bundesgenossen nicht annehmen wollen, um, durch keine geschworen« Freundschaft gebunden, von ihnen abfallen zu können, und sich ihnen dadurch furchtbar und ihren jedesmaligen Gegnern um so wicht ger zu machen, so bewarben sie sich jeyt angelegentlichst um jenen Namen, um sich sowohl die Gunst der Römer m sichern, als auch bei Andern dadurch in Achtung zu setzen * **) ). ig8. I. d. St. 58g. Prusias kam selbst nach Rom und in die Curie, küßte die Schwelle derselben, nannte die Senatoren Götter und fiel in Anbetung vor ihnen nieder; weßwegen er hauptsächlich Erbarmen fand, obgleich er den Attalus gegen den Willen der Römer bekriegt hatte. Man sagte auch, daß er zu Hause, so oft sRömisches Gesandte kamen, denselben die gleiche Ehrfurcht bezeigte. Er nannte sich einen Freigelassenen des Römischen Volks und erschien oft mit einem Hute "). > 99 - Scipio wurde als ein Jüngling von vier und zwanzig Jahren Oberfeldherr *) Reimar. Nro. 161. **) Wie die Freigelassenen zu thun pflegten. Reimar. Nro. 16r. *") Mass S. 546. Dasselbe sagt Livius von dem ältern Asri- eanus XXVI, 18. Entweder ist hier die Zcitfolge von dem Ercerxentcn nicht beibehalten, oder trägt hier Dio, Was vom Aeltern gilt, aus den Lungern über. 3 " 164 Cassius Dio's Römische Geschichte. 200. „Denn welche Alterstufe ist dem aus den Knabenjahren Getretenen zu pflichtmäßigen Gesinnungen bestimmt? welche Zahl der Jahre zu pflichtmäßigen Handlungen gesetzt? Gind es nicht Diejenigen, welche natürliches Geschick und gutes Glück haben, die gleich von Anfang an das Rechte denken und thun? Wer in diesem Alter beschränkten Geistes ist, wird auch später, wenn er viele Jahre durchlaufen hat, nicht verständiger werden. Besser mag Einer mit vorgerücktem Alter werden; aber der Unverständige dürfte nicht leicht verständig, der Thor nicht leicht weise werden." „Nehmt daher den jungen Männern nicht den Muth, als hättet ihr zum Voraus an ihrer Tüchtigkeit, das Rechte zu thun, verzweifelt; im Gegentheile müßt ihr sie aufmuntern; sie zu unverdrossener Pflichterfüllung anhalten, als würden sie, noch ehe sie zu Greisen ergraut, Ehren und Aemter erlangen; denn dadurch macht ihr auch die Aeltern besser, erstlich zeigt ihr ihnen viele Nebenbuhler, zum zweiten beweiset ihr, daß ihr wie alles Andere so auch den Oberbefehl vornämlich nicht nach der Zahl der Jahre, sondern mach der inwohnenden Tüchtigkeit allen euern Mitbürgern ertheilt *) Majo S. 546. 547. Diese Bruchstücke einer Rede gehören wahrscheinlich gleichfalls in die Zeit, da der ältere Scipio den Oberbefehl erhielt, vielleicht legte sie aber Div dem füngern Asricanus in den Mund, wofür wenigstens die Reihe spricht, in der sie in dem Florilegium aufgeführt werden. Fragmente. 165 Scipio Africamis sder Jüngere) wußte immer unter Mehreren! das Geeignetste anszufinden und in unvorgcsehnen Fällen, Was am meisten Noth that, zu treffen und in zeitige Vollziehung zu setzen. Was zu thun war» bedachte er mit sicherem Takt, bei der Ausführung aber ging er mit sorglicher Behutsamkeit zu Werke. Daher kam es, daß er mit ruhiger Ueberlcgnng alle Vortheile genau erwog und, aus unerwartete Fälle gefaßt, auch in ihnen mit Sicherheit handelte. Trat also der Fall ein, daß lauge Ueberlegung unmöglich ward, (wie Dieß in den unerwarteten Kriegswechseln und bei dem Unbestande des Glückes täglich zu geschehen pstegt,) so that er auch hier keinen Fehlgriff. Denn anS Gewohnheit, und weil er nie unbesonnen zufuhr, konnte ihm Nichts so unerwartet kommen, daß er die Geistesgegenwart verlor; vielmehr benahm er sich auch f bei unvorgesehenen Fällen, weil er niemals sich ranz sicher glaubte, so, als hätte er schon längst darauf gerechnet. Er war muthig, wo er Erfolg hoffte, in höchstem Grade; kühn, wo er des Sieges gewiß war; denn an Leidcs- stärke nahm er es mit jedem Soldaten auf und verdient auch darob nicht wenig Bewunderung, daß er die besten Plane als Feldherr ersann und, wenn es zur That kam, sie mit einem Eifer ausführte, als ob er von Andern dazu befehligt würde. Allein nicht nur hierin stellte er seinen Mann, er hatte sich sowohl bei Mitbürgern und Freunden, als auch bei Fremden und selbst den erbittertsten Feinden festes Zutrauen erworben. Und dieß war auch der Grund, daß viele Einzelne und viele Städte sich für ihn erklärten. Denn 166 bassius Dio's Römische Geschichte. da er Nichts unbesonnen, aus Leidenschaft oder Furcht that oder sprach, sondern mit festem Urtheil auf jeden Zufall gefaßt war und dem Undestande menschlicher Dinge nicht zu viel vertraute, unternahm er nichts Verzweifeltes, sondern überdachte Alles nach dem gewöhnlichen Gange der Dinge, erwog Alles, was geschehen sollte, bevor er desselben noch benothigt war, und schritt dann mit Sicherheit zur Ausführung. So war er einer der Wenigen, wo nicht der einzige Sterbliche, der bei solchen Eigenschaften durch seine Mäßiaung und Ansprnchlosigkeit weder die Mißgunst seiner Etandesgenoffen, noch überhaupt Jemandes auf sich zog. Denn een Niedrigern sich gleichstellend, über die Ranggenoffen sich nicht erhebend, den Hoher» weichend, war er selbst über den Neid, der die trefflichsten Männer oft zu Falle bringt, erhaben *). roi. I. d. St. 6o5. Der Lusitanier Vniathns, von sehr niedriger Abkunft, wie Einige glauben, aber durch seine Thaten weltberühmt: erst Hirte. dann Räuber, zuletzt Feldherr — war durch Natur und Uebung gleich schnell, in der Verfolgung wie in der Flucht, und stand auch tapfer dem Kampfe. Speise und Trank, wo und wie er sie traf, galten ihm gleich. Den größten Theil seines Leben« brachte er unter freiem Himmel zu und begnügte sich mit dem Bette der Natur. Daher ertrug er auch jeden Grad Hitze, jede Kälte, litt nie vom Hunger, noch von sonstigen Belchwrrlichkeiten, indem er alle Bedürf- *) Reimar. Nro. 77. Fragmente. 167 riiffc, mit Dem, was er ;edesmal fand, als mit dem Besten, aufs Behaglichste befriedigte. Bei einem solche,, Körper, wie ihn Natur und Uebung gebildet, zeichnete er sich mebr noch durch Geistcsvorznge aus. Schnell war er im Denken und Handeln. Er wußte gleich, Was zu thun war, und traf der, rechten Zeitpunkt für die Ausführung. Meister in der Verstellung, stellte er sich, als ob er das Bekannteste nicht wüßte, und das Geheimste >bm nicht veiborgen wäre. Zugleich Feldherr und sein eigener Diener in allen Stücken, sah man ihn dadurch weder erniedrigt, noch verhaßt. Seine niedrige Al'kunft und seine Würde als Führer machten in ihm eine solche Mischung, daß er unter und über Keinem zu stehen sch,en. Überhaupt führte er den Krieg nicht aus Habsucht, Herrschsucht oder Haß, sondern einzig der Thaten wegen. Daher galt er für den leidenschaftlichsten und geschicktesten Kriegsmann *). av5. I. d. St. kost» Urheber der Uneinigkeiten waren die Achäer , welche den Lacedämonieru (mit denen sie nie recht einig waren) besonders auf Antrieb ihres Strategen ") Diäus all ihr Unglück Schuld gaben. Obgleich die Römer -fceis Vermittler schickten, gaben sie doch nicht nach; und als Jene Gesandte abfertigten, um wo möglich die Griechischen Staaten zu trennen und dadurch zu schwächen, unter dem Verwände, daß die früher unter Philipp gestandenen Städte, darunter auch Reiniar. Nro. 78. Stratege hieß der auf ei» Jahr gewählte Vorsteher des Achäischen Bundes. 168 Cassius Dio's Römische Geschichte. Las damals blühende Corinth, welches in der Versammlung den größten Einfluß harre, keinen Theil daran nehmen dürften , so fehlte nicht viel, daß sie dieselben getödtet oder fortgejagt hätten, wenn Jene nicht noch bei Zeiten aus der Burg von Corinth, wo sie wohnten, entwischt wären. Sie schickten jedoch Gesandte nach Rom, um sich wegen des Vorgefallenen zu entschuldigen. Nicht auf Jene sagten sie, sondern auf die bei ihnen befindlichen Lacedämonier hätten sie es abgesehen gehabt. Die Römer ließen ihre Entschuldigung auf sich beruhe«, (denn sie hatten noch mit den Carthagern Krieg und konnte« sich auch noch nicht auf Ma- cedonien verlassen,) schickten aber doch Gesandte ab, die ihnen Verzeihung versprechen sollten, wenn sie sich ruhig verhalten würden. Sie ließen Dieselben jedoch nicht vor die Bundesversammlung, sondern verwiesen sie auf die nächste Sitzung, welche erst nach sechs Monates: gehalten werden sollte -oi. jAppinsf Claudius, der Amtsgenosse des Metellus, stolz auf seine Ahnen und neidisch aufMetell, erhielt durchs Loos Italien zur Provinz und fand hier keinen Feind. Er wünschte aber auf jeden Fall einen Verwand zum Triumphe zu erhalten und machte die Salaffer, ein Gallisches Volk, ohne daß sie sich früher etwas zu Schulden kommen lassen, zu Feinden der Römer. Er war nämlich abgesandt, zwischen ihnen nnd ihren Grenznachbarn, mit denen sie wegen des zu ihren Goldbergwerken nöthigen Wassers im Streite waren, zu *) Reimar. Nro. 165. Fragmente. 169 vermitteln und verheerte ihr ganzes Land. Die Römer schickten ihm zwei von den zehn Priestern *) zu. Obgleich Claudius sehr wohl wußte, daß er nicht gesiegt hatte, war er doch so unverschämt, ohne im Senat oder vor dem Volke des Triumphs Erwähnung gethan zu haben, als ob er ihm auch ohne vorher gegangenen Beschluß und ohne Weiteres gebührte, die Kosten dazu zu verlangen **). ,o5. 2. d. St. 61 ,. Popilius sehte den ViriaLhus dergestalt in Schrecken, daß er sogleich, ehe er es zur Schlackt kommen ließ, auf Frieden antrug; und als man nun die Rädelsführer der von den Römern Abtrünnigen verlangte, ließ er die Einen töd- ten, (unter Diesen anch seinen Schwiegersohn, obgleich er einen besondern HeereStheil befehligte,) die Andern ausliefern; welchen Allen der Consul die Hände abhauen ließ. Mau wäre völlig ins Reine gekommen, wenn man ihm nicht auch die Waffen abverlangt hätte. Denn dazu wollte sich weder Diriathus noch die übrige Menge verstehen ***). rok. I. d. St. 61 >. Mummius und Africanus s) waren in ihrem Charakter *) Als die Römer von den Salassern ein« Niederlage erlitten, erklärte» die Decemvirn, welche die Aussicht über die Sibyllinischen Bücher hatten, daß nach einem Aus- spruche der Sibylla die Römer jedesmals vor dem Anfange eines Kriegs mit den Balliern im Lande derselben opfern müßten. Daran sollten die zwei Abgeordneten den Claudius erinnern. **> Reimar. Rro. 79, 80. "*) Reimar. Nro. igz. ck) Die Censoren Lucius Mummius und Scipio Afrieanus. 1.70 CassiuS Dio's Römische Geschichte. durchaus verschieden. Denn der Letztere verwaltete, ohne Ansehen der Person, sein Amt mit der strengsten Gewissenhaftigkeit und forderte Diele aus dem Senate, dem Ritter- stande und auch Einzelne aus dem Volke vor seinen Richterstuhl. Mummius dagegen, als Volksfceund mit mehr Schonung verfahrend, belegte nicht nur Niemand mit entehrender Strafe, sondern hob auch, so weit er konnte, die Verfügungen seines Amtsgenoffen wieder auf. Er war von Natur so nachsichtig, daß er dem Lncnll zur Einweihung des Tempels der Glücksgöttin, den er von der Brüte des Spanischen Kriegs erbaut, seine Bildsäulen lieh, und da sie ibm Dieser, weil fle durch die Weihung Eigenthum der Gottheit geworden seyen, nicht zurückgeben wollte, ihm nicht nur nicht zürnte, sondern seine Beute unter Jenes Namen als Weihgeschenk stehen ließ * **) ). >07. I. d. St. Lii. Powpejus ") war in vielen Unternehmungen unglücklich und zog sich großen Schimpf zu. Er wollte einen Fluß, der durch das Land der Numantmer floß, aus seinem alten Bette ab und auf ihre Felder leiten und führte es zwar mit vielen Anstrengungen durch, verlor aber viele Leute, und brachte mit dieser Ableitung den Römern keinen Vortheil und Jenen keinen Schaden *"). *) Reimar. Nro. 81. **) Quintus Pompesns Rufns, der erste Coustil feiner Familie. *") Reimar. N«. 582. Fragmente. 171 rog. I. d. St. 6l/,. Cäpiv *) that gegen die Feinde Nichts, das der Rede verlohnte, die Seinen aber behandelte er aufs Härteste, so daß er von ihnen beinahe umgebracht worden wäre. Denn da er auch gegen die Andern, namentlich aber gegen die Ritter mit ungebührlicher Strenge verfuhr, thaten ihm Viele besonders bei Nacht mancherlei Schabernack und sprengten lose Reden gegen ihn aus, und je mehr er sich ärgerte, desto mehr neckten fle ihn, um ihn aufzureizen. Wie nun die Sache an den Tag kam, und doch Keiner sie gethan haben wollte, warf er den Verdacht auf die Ritter, weil er aber auf Niemand die Schuld bringen konnte, wollte er sie Alle seinen Zorn entgelten lassen, und befahl ihnen, sechshundert an der Zahl, nur von Reitknechten begleitet, über den Fluß, an dem sie ihr Lager hatten, zu seyen und von dem Berge, auf welchem Viriathus stand, Holz z» holen. Da die Gefahr für Alle augenscheinlich war, so baten ihn die Tribunen und die Legaten, sie nicht zu Grunde zu richten. Die Ritter warteten eine Weile, ob er auf Jene hören würde, als er aber darauf bestand, hielten sie für unwürdig ihn selbst zu bitten, so sehr er Dieß auch wünschen mochte, wollten lieber sterben, als ihm gute Worte gebe» und zogen aus, den Befehl zu vollziehen. Mit ihnen zog die Reiterei der Bundesgenossen nebst andern Freiwilligen. Sie gingen über den Fluß, fällten das Holz und häuften es rings um das Feldhcrrnzelt, um ihn zu verbrennen; und er *) ÄuintliZ ServitiuF Cäxio, vergl. Livius Epitom. IckV. 172 Cassins Dio's Römische Geschichte. wäre auch verbrannt worden, wenn er sich nicht durch die Flucht gerettet hätte *). -og. Als Gesandte der Numantiner kamen, empfingen sie die Römer außerhalb der Mauer, um nicht den Schein zu geben, als ob sie den Frieden bestätigten, schictten ihnen jedoch Gastgeschenke, um ihnen nicht die Hoffnung auf einen Frieden zu benehm-n. Die Freunde des Mancinus stellten die Nothwendigkeit des Vertrags vor, wie viele Römer dadurch gerettet wären, und wie sie alle ihre frühern Besitzungen in Spanien noch besäßen, und meinten, nicht ihre eigene gegenwärtige Gefahrlosigkeit, sondern die damalige Gefahr der Soldaten, nicht Was geschehen sollte, sondern Was möglicher Weise geschehen könnte, mußte man bedenken. Die Numantiner ihrerseits sprachen viel von ihrer frühern Ergebenheit gegen Jene, von dem an ihnen verübten Unrecht, das sie znm Kriege gezwungen, und von der Treulosigkeit des Pompejus und wollten dafür Vergeltung, daß sie dem Mancinus und seinen Leuten das Leben geschenkt hätten. Die Römer aber erklärten den Vertrag für ungültig, und beschloßen die Auslieferung des Mancinus an die Numantiner **). » 10 . Als Scipio gegen die Spanier kämpfte, fürchteten sich die Barbaren vor ihm, und brachten ihren König Boiiao- thus sViriathusj um. Einige derselben kamen zu Scipio *> Reimar. Nro. 8Z. **) Reimar. Nro. 164. Fragmente. 17Z und verlangten von ihm für ihre That belohnt zu werben; dieser aber antwortete, daß es bei den Römern nirgends Sitte sey, meuchlerische Angriffe der Untergebenen auf das Leben ihrer Anführer gut zu heißen *). sDie Barbaren brachten ihren Herrscher Borianthus um, kamen und verlangten von Scipio für ihre That belohnt zu werden. Scipio aber antwortet«, daß es bei den Römern nirgends Sitte sey, meuchlerische Angriffe der Untergebenen auf das Leben ihrer Anführer gut zu heißen *)). »ii. I. d. St. 618. sDer Censor Appiusf Claudius hätte aus Strenge viele Ungebühr begangen, wenn ihn nicht sein Amksgenoffe Qnin- tus sFulvius) daran verhindert hätte. Denn Dieser als ro» sanftem und ganz entgegengesetztem Charakter, widersetzte sich ihm nicht mit Leidenschaft, sondern gab ihm hin und wieder nach, und wußte ihn durch freundliche Behandlung so zu leiten, daß er nur selten mit Heftigkeit einschritt "). » 12 . sPubliuss Furius nahm den sQuintuss Pompejus und den sQ-uintus) Metellus, obgleich sie gegen ihn und unter sich feindlich gesinnt waren, als Legaten mit sich, um von den Thaten, die er verrichten wollte, einen sichern Beweis sich zu verschaffen, und sie wider ihren Willen zu Zeugen seiner Tapferkeit zu machen Majo S. 547. 548. Das letztere, vollständigere Fragment ist aus Suidas, der es ohne den Namen des Schriftstellers unter den Wörtern und gibt. ") Reimar. Nro. 84. *") Reimar. Nro. 85. 174 Cassius Dio'S Römische Geschichte. »»!. Tiberius Gracchus brachte den Römischen Staat in große Verwirrung; obgleich er durch seinen Großvater Africanus aus einem der ersten Häuser stammte und einen desselben würdigen Cbarakter besaß, auch sich durch ^wissenschaftliche Bildung und Hochsiuu auszeichnete. In je höherem Grade sich dieses Alles bei ihm fand, um so mehr ward er zum Ehrgeiz hingerissen. Nachdem er einmal vvm Pfade des Guten gewichen, geriet!) er, ohne es selbst zu wollen, immer mehr auf Abwege. — Denn als ihm *) der Triumph ") über Numantia verweigert worden war, und er selbst, der auf eine ehrenvolle Anerkennung seiner dabei geleisteten Dmste gehofft hatte, sich nicht nur getäuscht sah, sondern sogar Gefahr lief, ausgeliefert "zu werden, überzeugte er sich, Laß bei Beunhei- luttg der Thaten nicht auf den wahren Werth der Leistu«.- gen an sich, sondern auf zufällige Umstände Rücksicht genommen werde, und verließ diese Bahn des Ruhms als unsicher; da er aber gleichwohl auf irgend eine Weise sich emporzuschwingen strebte, und dieß eher durch die Menge, als durch den Senat zu erreichen glaubte, schieß er sich dem Volke an *"). ») Wahrscheinlich: dem Mancinus. »«) Der Ansän, dieses Bruchstüiks scheint corrumpirt. Wie konnte Mancinus nach so schimpflichem Vertrage die Ehren eines Triumphs verlangen? Statt LNtVtx.a muß jeden Falls ein anderes Wort gestanden haben, das etwa Frieden, Vertrag oder AehnlicheS bedeutete. "*) Reiniar. Nro. 86. 175 Fragmente. Marcus Octavins ward aus verwandtschaftlicher Eifersucht freiwillig ein Gegner des Gracchus. Nun galt »irgend mehr Mäßigung. Mehr darauf bedacht, einander obzusiegen, als dem Gemeinwesen zu nützen» erlaubten sie sich, wie in einer Alleinherrschaft und nicke in einer Democratte, viele Gewalt«hätiakeiren und erlitten, als wären sie im Kriege und nickt im Frieden, mancherlei Unbilden. Denn bald zogen sie einzeln, bald mit zahlreichem Anhang unter kränkenden Schmähungen und wirklichen Kämpfen nickt blos in der übrigen Stadt, sondern selbst in der Curie und in der Volksversammlung gegen einander los. Zum Verwände nahmen sie das Gesetz, in der Thal aber griffen sie nach allem Andern, um in Nichts einander einen Schritt breit zu weichen. So ging auch sonst Nichts seinen gewöhnlichen, ordentlichen Gang; die Obrigkesten setzten aus, die Gerichte standen still, Haneel uns Wandel stockte. Allenthalben herrschte Verwirrung und Unordnung; Rom hieß jenen noch eme Stadt, war aber ein fo mlrck's Feldlager *). 2 >5. Gracchus gab Gesetze zu Gunsten Derer, die vom Volke Kriegsdienste thaten, trug das R-ckteramr vom Senat auf die Ritter über und knetete und warf aller Bestehende durch einander, um sich daraus einige S'ckerhcit zu verschaffen. Als ihm aber auch dabei Nichts gelang, seine Amtszeit zu Ende ging, und er sich nnt Nüderlegung desselben seinen Feinden preisgegeben sah, bemühte er sich, auch fürs folgende *) Reimar. Nro. 87. 176 CaPus Dio'S Römische Geschichte. Jahr mit seinem Bruder sich zum Volkstribun, seinen Schwiegervater sAppius Claudius) aber zum Cvnsul wählen zu lassen und ließ es für diesen Zweck nicht an Worten und Versprechungen fehlen. Oft legte er sogar Trauerkleider an und führte seine Mutter und seine Kinder vor das Volk, um mit ihm zu flehen * **) ). r>6. I. d. St. 626. fPublmsf Scipio Africanus ") hatte mehr Ehrgeiz, als ziemlich war, oder mit seinen sonstigen Vorzüge» übereinstimmte; und doch freute sich Niemand selbst von der Gegenpartei Ger seinen Tod***); auch sie wünschten ihn, obgleich sie ihn für ihren größten Widersacher hielten, zurück. Denn sie sahen, daß er dem Gemeinwesen gut anstand, und befürchteten auch für sich nichts Schlimmes von ihm. Mit seinem Falle sank wieder die Macht der Vornehmen; so daß die Land« vertheiln ungestraft ganz Italien, so zu sagen, plündern durften. Dieß scheinen auch die Menge von Steinen, die vom Himmel auf einige Tempel fielen und mehrere Menschen tödteten, und di« Thränen Apollo's vorbedentet zu haben. Denn er weinte — weinte drei Tage lang, so daß die Römer auf den Rath der Wahrsager seine Bildsäule zn zerschlagen und ins Meer zu werfen beschloßen st). *) Reimar. Nro. 88. **) Der Jüngere, Zerstörer Carthagv's. Er war, nachdem er sich den agrarischen Vorschlägen widersetzt hatte, todt in seinem Bette gefunden worden. Man hatte die Partei der Gracchen wegen dieser Unthat im Verdacht, st) Reimar. Nro. 8g. Fragmente. 177 ->7. sCajus) Gracchus hatte dieselben Grundsätze wie sein Bruder, nur daß Dieser von der Tugend in Ehrgeiz und von diesem auf die Abwege des Lasters geriet»; er dagegen, von Natur ein unruhiger Kopf, handelte aus freier Entschließung schlecht. Als Redner übertraf er ihn weit, zeigte aber deßwegen auch in seinen Anschlägen mehr Bosheit, in seinen Unternehmungen mehr Kühnheit und größere Anmaßung in Allem, was er that. Er war der Erste, der während seiner Reden an das Volk auf- und niederging, der Erste der den Arm entblvste, so daß seit ihm Keines von beiden mehr für unanständig galt. Da er mit großer Gedrängtheit der Beweise und mit vielem Nachdruck der Worte sprach, und oft so dahingeriffcn wurde, daß er auf ganz Anderes abschweifte, als er sagen wollte, nahm er einen Flötenspieler mit sich, nach dessen Takt er sich stimmte und mäßigte; und wenn er auch dann sich noch vergaß, hielt er inne. 218. I. d. St. 65 , — 6ää. Als ein Mann von solchem Charakter griff er die Staats- Verfassung an; und weil er sich stellte, als ob er etwas Unerlaubtes weder spreche noch thue, stand er bald bei Volk und Rittern in höchstem Ansehen und hätte bei längerem Leben den ganzen Adel und Senat szu Grunde gerichtet*)). Durch übermäßige Herrschsucht aber selbst seinen Anhängern verhaßt, ging er durch seine eigenen Künste unter **). *) Das hier fehlende Wort muß diesen oder einen ähnliche» Sinn gehabt haben. **) Reimar. Nro. 90. Dio Cassius. SS Vdch». 4 j.78 CasllUö Dio's Römische Geschichte. ,ig. I. d. St. 6 Z 5 . Das sechshundert und fünf und dreißigste Jahr der Erbauung Roms fiel in die hundert und vier fund sechzigste Olympiade *). 220. I. d. St. 640. Die Priesterinuen sder Vestaz hatten zwar die Strafe und die Schande selbst zu büßen, machten aber auch viele Andere unglücklich. Die ganze Stadt kam durch sie in Unruhe. Den» bedachte man, daß das sonst durch Gesetze Unverletzliche, durch Religion Geheiligte, durch Furcht vor Strafe Reincrhaltens befleckt ward, so hielt man Nichts wehr für zu schändlich und ruchlos, daß es nicht verübt werden könnte. Es wurden daher nicht blos die Ueberwiese- nen, sondern aus Abscheu vor dem Verbrechen, auch alle andern Angeklagten zur Strafe gezogen; nnd man schien nicht sowohl über das Verbrechen der Weiber bekümmert, sondern das Ganze für ein Verhängniß göttlichen Zorns anznjshen. Drei Derselben hatten sich zu gleicher Zeit mit Männer» eingelassen. Eine von ihnen, Marcia, hatte nur mit einem Ritter zu thun gehabt und wäre vielleicht unentdeckt geblieben , wenn nicht die strenge Untersuchung gegen die Andern auch sie hineingezogen hätte. Aemilia und Licinia aber hatten eine Menge Buhlen und gaben sich, Eine um die Andere, denselben hin. Anfangs hatten sie nur mit Wenigen einzelnr und ivgeheim Umgang und stellten sich, als wäre Jeder der allein Begünstigte, später aber ließen sie Jeden, der Verdacht *> Mass S. 548. Fragmente. 17S schöpfen und sie verrathen konnte, um ihn zum Stillschweigen zu nöthigen, an ihrem Umgänge Theil nehmen. Ihre ältern Liebhaber, obgleich sie es bemerkten, ließen sichs gefallen,-um sich nicht durch ihren Unwillen zu verrathen. So gaben sie sich bald mit Einem, bald mit Vielen bald einzeln bald gemeinschaftlich ab, Licinia aber vornämlich mit dem Bruder der Aemilia und Aemilia mit dem der Licinia. Lange Zeit blieb die Sachs verborgen. Obgleich viele Männer und Weiber, Freie und Sclaven darum wußten, blieb es doch sehr lange verschwiegen, bis ein gewisser Martins, der bei dem ganzen Frevel den vornehmsten Unterhändler und Beihelfer gemacht, die Sache verrieth, weil er seine Freiheit und andere Vortheile, auf die er gehofft, nicht erhielt. Wirklich besaß er auch nicht nur znm Kuppeln, sondern auch zur Verleumdung und zum Verhetzen besonderes Geschick »). rri. I. d. St. 6-ir. Schon Dieß allein hätte dem Marcus Drusus Ruhm gebracht. Catv's frühere Niederlage, und weil er die Soldaten mit großer Milde behandelte, bewirkte aber, daß sein Sieg, wie es schien, zu hoch angeschlagen ward nnd er mehr Ehre erntete, als seine Thaten verdienten * **) '). r»r. I. d. St. 6^6. Metellus forderte von Iugurtha, der ihm Frieden an- *) Reimar. Nro. 91. 92. Diese Geschichte erwähnen auch Plutarch tonnest. Kon», Cap. 85. Orosius V. 15., Julius Obsequens Cap. 97. Livius Exitom. 65. und Asconius zu Cicero's Rede xrc> Ailoue. Cap. 12. **) Reimar. Nro. 95. 4 * 180 Cassius Dio's Römische Geschichte. bot, Vieles, aber Jedes einzeln und immer so, als ob er sonst Nichts weiter fordern wollte. So erhielt er von ihm nach und nach Griffet, Waffen, die Elephanten, die Gefangenen und die Ueberlänfer. Letztere ließ er alle tödten. Doch kam es nicht znm Frieden, weil Jugurtha, aus Furcht, gefangen genommen zu werden, sich weigerte zu ihm zu kommen, und weil auch Manns und Cnens den Frieden hintertrieben *). 225 . Marius, überhaupt ein unruhiger, anfrührischer Kopf, ein Freund des gemeinsten Pöbels, aus welchem er selbst stammte, befeindete Alles, was Adel hieß. Wo immer er durch Reden, Versprechungen, Lügen und Meineid seinen Vortheil zu finden hoffte, bedachte er sich nicht lauge. Verleumdung der Besten und Belobung der Schlechtesten war für ihn Spiel. Kein Wunder, daß er bei solchem Charakter lange Zeit sein Wesen trieb; denn durch listige Kniffe und sein Glück, das ihm überall treu blieb, wußte er flch sogar den Ruhm wahren Verdienstes zu erwerben. Den Metellus zu verleumden ward ihm leichter, weil derselbe Patricier und als Held bekannt war, er selbst aber aus niedriger Dunkelheit erst vor das Volk zu treten begann. Denn die Menge war geneigt, den Einen aus Neid zu demüthigen, den Andern wegen der Versprechungen, die er machte, emporzuheben; besonders aber trug dazu bei, daß das Gerücht ging, Metellus habe zu Marius, als er ihn zu der Wahlversammlung beurlaubte, gesagt: „Du darfst froh *) Reimar. Nro. 167. Fragmente. 181 seyn, wenn -u mit meinem Sohne, der damals noch ein sehr junger Mensch war, Cvnsul wirst." Gauda grollte dem Mctellus, weil er von ihm auf seine Bitte weder die Ueberlänfer, noch die Leibwache Römischer Soldaten erhielt, oder auch deßhalb, daß er ihn nicht nahe bei ihm sitzen ließ, eine Ehre, die sonst die Consuln Königen und Fürsten immer zu erweise» pflegten *). sri. I. d. St. 6i?. Als Cirta auf Bedingungen übergegangen, schickte Boc- chns Gesandte an Manns. Anfangs verlangte er Jugurtha's Reich als Lohn seines Uebertritts; später, als er dieß nicht erhielt, bat er einfach um Frieden. Manns schickte die Gesandten nach Rom; Jngurtha hingegen begab sich in die verlassensten Gegenden seines Landes **). -r 5 . I. d. St. 648. Manns nahm zwar die Gesandten des Bocchus an, erklärte aber, daß er sich nicht früher auf Unterhandlungen einlasse, bis er ihm den Jngurtha ausgeliefert hätte. Und Dieß geschah auch "*). 226. I. d. St. 6^8. Tolosa, welches früher mit den Römern verbündet, durch seine Hoffnungen auf den Erfolg des Einfalls der Cimbern aber zum Abfall verleitet ward uud die Besatzung in Fesseln legte, überfielen sie sdie Römerj unversehens bei Nacht, von ihren Freunden in die Stadt gelassen, plünderten die Neimar. Nro. 91. 95. 96. **) Neimar. Nro. 168. *") Neimar. Nro. 16g. 182 Cassius Dio's Römische Geschichte. Tempel und raubten überdieß viele andere Schätze. Denn die Skadt war von jeher reich nnd besaß die Weihgeschenke, welche die Gallier auf ihrem Zuge unrer Brennns aus Delphi geraubt hatten. Jedoch hatten die Römer in der Stadt dabei keinen der Rede werthen Vortheil, da die Soldaten sich das Meiste davon zueigneten. Auch wurden Viele deßwegen zur Verantwortung gezogen '). 227. I. d. St. 64g. Servilius * **) brachte durch seinen Neid gegen den Mit- feldherru, dem er zwar an Gewalt gleich, als einem Consul aber am Range nachstand, großes Unglück über daö Heer. Nach des Scaurus Tode hatte Mallius dem Servilius entboten, zu ihm zu stoßen. Dieser aber erwiederte, Jeder müßte seine eigene Provinz schützen; als er jedoch später befürchtete, er möchte ohne ihn siegen und allein den Ruhm davon haben, kam ec zwar, lagerte sich aber weder an demselben Orte, noch pflog er Berathung mit ihm, sondern schlug, um noch vorher mit den Cimbern handgemein zu werden und allen Ruhm des Kriegs allein davonzutragen, sein Lager in der Mitte zwischen Mallius und den Feinde» auf. Anfangs waren sie auch, so lange sie die Uneinigkeit derselben nicht wußten, den Feinden so furchtbar, daß dieselben Lust zum Frieden bezeigten. Als sie aber an den Consul Mallius ihre Gesandten schickte», ward Servilius aufgebracht, daß sie sich nicht an ihn wenden wollten und gab ihnen nicht nur keine versöhnliche Antwort, sondern hätte die Gesandten beinahe ums Leben gebracht. Reimar. Nro. 97. **) Quintus Servilius Cäpio. Fragmente. 18 L Die Soldaten zwangen endlich den Ssrvilius, sich zu MaUius zu begeben und mit ihm über Das, wa» zu thun sey, zu berathschlagen. Sie vereinigten sich aber so wenig, daß sie durch diese Znsammenkunft nur noch feindseliger gegen einander wurden. Es kam zu Zank und Schmähungen und fle trennten sich auf schimpfliche Weise *). erst. Cnens Domitius hatte den Scaurus vor Gericht geladen, als aber ein Sclave desselben zu ihm kam und versprach, viele schwere Vergehen wider seinen Herrn vorzubringen, nahm er von seiner Angabe nicht nur keine Kenntniß, sonder» übergab ihn gebunden an Scaurus **)> -2g. Pnblius Licinius Nerva, Prätvr auf der Insel sSici- liens, ließ, auf die Nachricht, daß man die Sclaven mißhandle, oder aus Gewinnsucht (denn er war gar nicht unbestechlich), bekannt machen, daß Alle, die über ihre Herren zu klagen hätten, zu ihm kommen und Hülfe finden sollten. Es rotteten sich nun Viele zusammen und klagten theils über Mißhandlung, theils führten sie Anderes gegen ihre Herren an, indem sie glaubten, der günstige Zeitpunkt sey gekommen, wo sie ohne Gefahr Alles, was sie wünschten, durchsetzen könnten. Aber auch die Herren traten zusammen, widersetzten sich ihnen und gaben in keinem Stücke nach *"). Weil nun Licinins wegen der Zusammenrottung beider Theile ') Reimar. Nro. 98. 99. ") Reimar. Nro. INy. ***) Ich lese statt r). Die Mcssenier fMamertiuerff glaubten Nichts befürchten zu dürfen, wenn sie ihre beste und kostbarste Habe dahin fin die Stadtjj flüchten. Auf die Nachricht davon aber überfiel sie Arhenio, welcher, ein Cilicier, unter den Räubern das größte Ansehen besaß, bei einem öffentlichen Feste, das sie in der Vorstadt feierten, jagte sie aus einander und tödtete Viele; auch hätte er sich beinahe der Stadt selbst bemächtigt. Er verschanzte sich in dem festen Macella und that von dort aus dem Lande großen Schaden "). ,5,. I. d. St. 65,. Die Barbaren waren besiegt, Viele in der Schlacht gefallen und nur Wenige hatten sich gerettet. Um seine Soldaten aufzumuntern und zugleich zu belohnen, verkaufte Manns die ganze Beute um ein Geringes an dieselben, damit er nicht den Schein hätte, als ob er sie ihnen ganz umsonst geschenkt. Dadurch bewirkte Marius, der bisher blos bei dem Pöbel, aus dem er ja stammte und von dem er zu Ehren erhoben ward, in Gnust stand, daß auch die Patri- *) Rcimar. Nro. 101. *') Reimar. Nro. 101. Fragmente. 185 cier, von denen er gehaßt worden, ihn gleich den Andern mit Lobeserhebungen überhäuften. Er erhielt das Consulat mit dem Willen und der Zustimmung Aller, auch für das folgende Jahr, um den Krieg vollends zu beendigen *). Sobald die Cimbrer einmal innehielten, verloren sie von ihrem Muthe und wurden an Leib und Geist geschwächt und abgestumpft. Schuld daran war, weil sie statt unter freiem Himmel, wie früher, jetzt unter Dächern wohnten, statt der frühern kalten, jetzt warme Bäder gebrauchten, an Leckereien und Süßigkeiten wie man sie hier zu Lande g-uoß , sich ergötzten, sie, die früher rohes Fleisch äffen, und sich gegen ihre Gewohnheit im Wein bis zur Völlerci übernahmen. Dieß raubte ihnen den ungestimmen Mnth und verweichlichte ihren Körper, so daß sie keine Beschwerden und Anstrengungen, keine Hitze, keine Kälte, keine Nachtwachen mehr ertragen konnten *'). 2ä-. I. d. St. 655. sQuintus Metellusj des jQuintnsj Mstellns Sohn flehte für sich und öffentlich Alle um die Rückberufuug seines Vaters mit solcher Innigkeit an, daß er Pius, d. h. der gute Sohn, genannt wurde. ** ***) "). -55, Furius grollte dem Metellus, weit er ihm als Censor das Ritterpferd genommen hatte 1), *) Reimer, Nro. 10L. ") Reimar. Nro. 103. ***) Reimar. Nro. 108. 1) Ich verbinde mit Loren» nach dein Rathe des Valesius die- 186 Casstus Dio'S Römische Geschichte. DenPublius Furius, welcher wegen Dessen, was er als Volkstribun gethan, angeklagt war, tödteten die Römer in voller Volksversammlung. Zwar hatte er den Tod allerdings verdient (denn er war ein aufrührischer Mensch, machte früher Partei mit Satnrninus und Glancias, sprang von diesen ab, ging zu ihren Gegner» über und bekämpfte sie mit Diesen) , doch hätte es nicht auf diesem Wege geschehen sollen. Ihm schien jedoch sein Recht widerfahren zu seyn '). rZz. Zwar gab es auch noch andere Parteihäupter, am meisten Macht aber hatten auf der einen Seite Marcus sDru- sus), auf der andern Quintus sCäpio), beide herrschsüchtig und von unersättlichem Ehrgeiz und eben dadurch sehr zu Streitigkeiten geneigt. Darin waren fle einander gleich. Drusus aber war sdem Quintus) an vornehmer Geburt, an Reichthum und verschwenderischer Freigebigkeit gegen Alle, die seines Geldes bedurften, überlegen, Dieser dagegen durch seine zuversichtliche Frechheit und Kühnheit, durch seine zuvorkommenden Nachstellungen und die Bosheit, womit er sie vorzubereiten pflegte, gegen Jenen im Vortheil; daher war es natürlich, daß sie, durch gleiche, wie durch verschiedene Eigenschaften sich das Gleichgewicht haltend, einen langen Zwiespalt erhielten, der selbst nach ihrem Tode noch fortdauerte —). se» Anfang des hundert und neunte» Bruchstücks bet Reimer. mit dem hundert und fünften. *) Reimer. Nro. 10S. **) Reimar. Nro. 109. Fragmente. 187 ,55. Drnsus und Ccipio, anfangs die besten Freunde und gegenseitige Schwager, geriethen in Feindschaft n»d trugen diese selbst auf die Staatsverwaltung über *). ,56. I. d. St. 66,. Den Rntilius, einen höchst vortrefflichen Mann verur- kheilten sie aufs Ungerechteste. Er ward nämlich auf Veranlassung der Ritter, der Bestechung durch Quintus Mucius angeklagt und mit einer Geldstrafe belegt. Dieß thaten sie, weil sie ihm übel nahmen, das; er ibren Bedrückungen bei der Erhebung der Zölle zu steuern suchte. Rntilius vertheidigte sich mit edler Freimüthigkeit und verschwieg Nichts, was ein rechtschaffener Mann, der verleumdet wird und mehr das Schicksal des Staats, als sein eigenes beklagt, nur immer vorbringen konnte. Er ward aber vernrtheilt und trat sogleich sein Vermögen ab. Daraus ging nun am deutlichsten hervor, daß seine Anklage ungc- grüudet wart denn es fand sich, daß er weit weniger besaß, als er nach seinen Anklägern in Asien an sich gebracht haben sollte, und daß Alles auf gerechte und gesetzliche Weise erworbenes Besitzthum war. Solches Unrecht erlitt er; auch Marius hatte einige Schuld bei seiner Verurthcilung; denn «in so verdienstvoller und angesehener Mann mußte ihm jedenfalls beschwerlich seyn. Weßhalb Jener auch, da es-auf diese Art in der Stadt herging und er mit einem solchen Menschen nicht zusammenleben wollte, freiwillig Rom verließ und *) Reimar. Nro. 110. 188 Casstus Dio's Römische Geschichte. in demselben Asten eine Zeitlang zu Mitylene lebte. Als dieses aber in dem Mlhridatischen Kriege sehr mitgenommen ward, begab er sich nach Smyrna, wo er seine Tage beschloß und nicht wieder nach Nom zurückkehren wollte * **) ). Auch wurde ihm weder sein Ruhm, noch sein Vermögen dadurch geschmälert; denn Vieles gab ihm Mucius, noch mehr die Städte und Könige, mit denen er früher zu thun gehabt hatte, so daß er weit mehr als sein früheres Vermögen besaß *'). "7. I. d. St. 665 . Als sich in Nom der Bürgerkrieg entspann, soll auch außer andern vielen Schreckzeichen, die Livius und Diodor berichteten, bei unbewölktem, heiterem Himmel ein scharfer, kläglicher Trompetenton erklungen sey». Alle, die ihn gehört, sollen sich vor Furcht entsetzt haben, die Tuscischen Wahrsager aber eine Veränderung des Menschengeschlechts und eine Umschaffung der Welt aus dem Wunder gedeutet haben; denn es gebe acht Geschlechter der Menschen, die sich durch ihre Sitten von einander unterscheiden, jedem sey von der Gottheit ein gewisser Zeitraum zugemessen, der mit dem Umlaufe des großen Jahrs zu Ende gehe; wenn der frühere Zeitraum endige und ein anderer anfange, gebe sich an der Erde oder vorn Himmel ein Wunderzeichen kund; oder es werde den solcher Dinge Kundigen gleich sauf andre Weisest fühlbar, daß jeyt die Menschen an Sitten und Lebensart *) Ll'gteich ihm «ach Sylla's Sieg über Marius die Rückkehr offen stand. **) Reimar. Nro. 106. 107. Fragmente. 18 S anders geworden und weniger nach den Göttern, als die früheren fragen *). -58. 2 - d. St. 664. Lupus ") hatte die Patricier unter seinem Heer im Verdacht, daß sie seine Rathschläge den Feinden verriethen und schrieb ihretwegen an den Senat, ohne etwas sGewisscs erfahren zu haben *")s; dadurch reizte er sie ohnedieß von Parteisucht Entflammten noch mehr gegen einander auf; und es wäre zu noch größeren Unruhen gekommen, hätte man nicht einige Marsen ertappt, die, unter die Futter einbringenden Römer gemengt, als wären sie Bundesgenossen, ins Lager kamen, Alles, was man that und sagte, erforschten und den Ihrigen hinterbrachten. So legte sich der Unwille gegen die Patricier l). -Zg. Marius rieth dem Lnpns, der ihm, obgleich er mit ihm verwandt war, nicht recht traute li), aus Neid und weil er hoffte, zum flebentenmal Cvnsnl zu werden, da er allein der Sache eine glückliche Wendung geben könnte, den Krieg in die Länge zu ziehen. Denn sie, meinte er, wurden hinreichend Lebeutmittel haben, Jene dagegen, in deren Lande der Krieg geführt werde, es nicht mehr lange aushalten I ff), P Maja S. 548. 54g. »») Publius NuNtius Lupus fiel, von den Marsen in einen Hinterhalt gelockt, mit achttausend Römern. *") Ich ergänze die Lücke «.mit crx(>t^«crcrr. k) Reimar. Nro. 141. kk) Ich lese statt VTioTrXLvocrs mit Loren; viroTr^kuctcrvr«. hfch) Reimar. Nro. lir. 190 Cassius Dio's Römische Geschichte. r,o. Die Picenter bemächtigten sich Derjenigen, die an ihrem Abfalle nicht Theil nehmen wollten, mißhandelten sie vor den Augen ihrer Freunde, und rissen den Weibern die Haare mit der Haut von den Köpfen * **) ). Mithridatcs rührte sich, so lange die Gesandten der Römer anwesend waren, nicht, sondern hielt sich ruhig, indem er Beschwerden vorbrachte und die großen Summen namhaft machte, die er damals an den Staat und an Einzelne verabfolgt habe. Nicomedes dagegen, stolz auf das Bündnis; mit den Römern und geldbedürftig, fiel in sein Land ein *'). asr. Mithridates schickte Gesandte nach Rom "*) und verlangte , sie sollte», wenn sie den Nicomedes für einen Freund hielten, ihn mit Güte oder Gewalt zu einem gebührenden Betragen gegen ihn vermögen, oder wenigstens ihm erlauben, daß er selbst sich seines Feindes erwehre. Die Römer gewährten ihm nicht nur nicht sein Gesuch, sondern drohten ihm vielmehr noch, wenn er nicht dem AriobarzaneS Cappa- docien zurückgäbe und mit Nicomedes Frieden hielte. Seinen Gesandten befahlen sie noch an demselben Tage die Stadt zu verlasse» und bedeuteten ihm, daß er keine Andern mehr senden dürste, wofern er sich ihnen nicht fügen würde h). *) Neimar, Nro. 115. **) Reimar. Nro. 170. *") Oder nach Avpian an die in Asien befindlichen Befehlshaber der Römer, s) Reimar, Nro. 171. Fragmente. LSI. -45. 3- d. St. 665. (Lucius Porcinss Cato *) hatte ein Heer, das größten- theils aus Städtern und alterschwacheu Leuten bestand und war überhaupt kein sehr kräftiger Mann. Einmal wagte er es, seine Leute darob zu schelten, daß sie seine Befehle zu läßig (befolgten), wäre aber beinahe mit Erdwnrfen überdeckt worden und ums Leben gekommen, wenn sie Steine gehabt hätten. Weil aber das Feld, auf dem sie sich versammelt hatten, gepflügt und zufällig feucht war, litt er von den Erdklöffen keinen Schaden. Der Stifter des Aufruhrs, ein gewisser Cajus Titius, der sonst nie vom Markte kam und« sich von Nechtshändcl» nährte, und ein unverschämtes Lästermaul war, wurde festgenommen und in die Stadt an die Volkstribunen geschickt, aber nicht zur Strafe gezogen "). -44. I. d. St. 666. Auf Befehl des Mithridatcs tödteten alle Astaten *") die Römer; nur die Einwohner von Tralles brachten keinen selbjt ums Leben, sondern dingten dazu einen Paphlagonier Theophilus, als ob sie dadurch weniger der Rache derselben verfielen, oder es einen Unterschied machte, von Wessen Händen sie gemordet worden k). *) Er war Consul im I. 665. s. Reimar. Reimar. Rro. 114. Florus nimmt die Insel Rhodus, Taeitus Coos aus, dessen Bewohner die Römischen Bürger in den Tempel des AeSkulap geführt hatten. Reimar. Nro. 115. 192 CassiuS Dio's Römische Geschichte. - 45 . Die Thracier, von Mithridates beredet, durchzogen und verheerten Epirus und das ganze Land bis Dodona, wo sie den Tempel Jupiters plünderten '). -46. I. d. St. 66/. Cinna hatte nicht sobald sein Amt angetreten, als er sich vor Allem angelegen seyn ließ, den Sylla aus Italien zu entfernen, wozu er den Mithridates zum Verwände nahm, während er in der That ihn loS zu werden wünschte, damit er nicht, in der Nähe, seine Schritte beobachten und behindern möchte; obgleich er durch Syllas Bemühungen Con- sul geworden und in Allem ihm zu willfahren versprochen hatte. Da nämlich Sylla die Nothwendigkeit des Krieges einsah und nach dem Ruhme desselben lüstern war, richtete er vor seiner Abreise Alles so zu; wie er es für sich am vor- theilhaftesten fand, und ließ sich den Cinna und einen gewissen Cneus Octavins zu Nachfolgern wählen, in der Hoffnung, auf diese Art auch abwesend seinen Einfluß zu behaupten. Von Letzterem wußte er, daß er seines sanften Charakters wegen gelobt ward, und glaubte, daß er ihm keinerlei Spuck machen werde. Erstem kannte er zwar als einen schlechten Mann, wollte ihn aber nicht zum Feinde machen, da er schon einigen Einfluß hatte und versicherte und schwur, ihn in Allem zu unterstützen. So tief sonst Sylla die Absichten der Menschen ergründete und in daö Wesen der Der- *> Reimar. Nro. 116. Fragmente. 193 hältniffe eindrang, so betrog er sich doch in diesem Manne gänzlich und hinterließ der Stadt einen großen Krieg. Octavius besaß in Staatssachen wenig Rührigkeit *). -47. Die Römer beriefen, da ein Bürgerkrieg drohte, den Mctellus zum Beistaude der Stadt "). Die Römer beriefen, al? ein Krieg im Innern ausge- brochen, den Mctellus und befahlen ihm, sich mit den Samni- ten, so wie er könnte, abzufinden. Den» Diese beunruhigten damals allein noch Campamen und das angrenzende Gebiet. Er konnte sich aber nicht mit ihnen vertragen; denn sie verlangten nicht nur für sich, sondern auch für die Ucberläufer das Bürgerrecht und wollten Nichts von der Beute, die sie gemacht, herausgeben, begehrten vielmehr ihre Gefangenen und Ueberlänfer zurück; daher selbst der Senat unter solchen Bedingungen einen Frieden mit ihnen nicht gut hieß *"). -zs. Nachdem Cinua das Gesetz über die Rückkehr der Verbannten erneuert hatte, stürmten Manns und die mit ihm Vertriebenen nebst dem übrigen Heere durch alle Thore in die Stadt, schloßen dieselben, damit Niemand entrinne, und mordeten Jeden, der ihnen in den Weg kam, indem sie Alle ohne Unterschied und durchgängig als Feinde behandelten, besonders aber die Reichen aus Gier nach ihren Schätzen tödteten und ihre Weiber und Kinder, wie bei Eroberung ») Reimar. 117. 118. **) Reimar. Nro. 172. vergl. das nachfolgende Fragment. ***> Reimar. Nro. 166. Dio Cassius. 2s Bdchn, L 194 CasstuS Dio's Römische Geschichte. einer feindlichen Stadt mißhandelten. Die Köpfe der angesehensten Männer stellten sie auf der R dnerbuhne auf; und ihr Anblick war so schrecklich, als ihre Ermordung selbst. Denn außer andern traurigen Berrachkungen drängte sich den Zuschauern der Gedanke anl, daß dieselbe Starte, die ihre Boreltern mit Schiffsichnabeln geziert, jeyt durch die Köpfe ihrer ermordeten Mitbürger geschändet werde. Mit einem Worte, so unersättlich war die Habgier und die Mordlust des Marius, daß er nach Ermordung seiner meisten Feinde, als ihm i» der Verwirrung Niemand mehr einfiel, den er zu todten wünschte, seinen Soldaten die Weisung gab, Alle, denen er bei ihrem Herantritte nicht die Hand reiche, niederzumachen. So weit war es mit den Römern gekommen, daß sie nicht nur »»gehört und aus Feindschaft, sondern schon dadurch, daß Marius die Hand nicht ausreckte, dem Tode verfielen. Denn bei solchem Gewühl und Lärm konnte Marius, wie sich denken läßt, wenn er auch wollte, nicht immer mit Ueberlegung seine Hand gebrauchen; so kamen denn Viele um, an deren Tod ihm nicht gelegen seyn konnte. Die Zahl der Getödteten läßt sich nicht angeben; denn fünf volle Tage und eben so viel Nächte dauerte das Blutbad *). ,ig. I. d. St. 668. Als die Römer am ersten Tage des Jahrs das Nenjahrs- opfer feierten, und die Obrigkeiten nach hergebrachter Sitte ihre Aemter antraten, tödtete der Sohn des Marius mit eigener Hand einen Volkstribun und schickte seinen Kopf an *) Reimar. Nro. 119. Fragmente. die Consuln, einen Andern stürzte er vom Capital (Was noch Keinem derselben widerfahren) und erklärte zwei Prätoren in die Acht '). 200. Als Sylla den Piräeus belagerte und Mangel an Holz hatte, da die meisten se nrr Maschinen durch ihr eigenes Gewicht zusammenbrachen und durch beständiges Feuerwerfen der Feinde niedergebrannt wurden, vergriff er sich an den heiligen Hainen. So lichtete er die Akademie, den baum- reichsten Play unter den Vorstädten, und das Lyceum *'). 261. Weil er viel Geld brauchte, plünderte er die Tempel Griechenlands, indem er theils von Epidaurus, theils von Olympia die schönsten und kostbarsten Weihgeschenke holen ließ. Den Amphiktyvnen schrieb er damals nach Delphi, es wäre besser, wenn sie ihm die Schätze des Gottes verabfolgen ließen; denn er würde sie entweder sicherer verwahren, oder wen» er sie angreifen müßte, später in gleicher Summe zurückerstatte» **'). 282» Als die Amphiktyonen das noch übrige silberne Fass, welches die Lastthiere seiner Schwere und Größe wegen nicht fortbringen konnten, zerschlagen mußten, gedachten sie des Titus Flamininus, des Manius Acilius und des Aemilius Paulus, von denen der Eine, nach Vertreibung des Autio- 5 * ») Reimar. Nro. 12U. »*) Reimar. Nro. 121. Reimar. Nro. 122. 496 Cassius Dio'S Römische Geschichte. chus aus Griechenland, die Andern nach Beilegung der Makedonischen Könige sich nicht nur nicht an den Hellenischen Heiligthümsrn vergriffen, sondern sie noch durch Geschenke nnd Ehrenbezeigungen verherrlichten. Allein dieß waren Männer, welche über mäßige Leute, die ihren Feldherrn schweigend zu gehorchen gelernt, geschlichen Oberbefehl führten, Männer von königlicher Seele und einfacher Lebensweise, die mäßigen nnd festgesetzten Aufwand machten und Schmeichelei gegen die Soldaten für noch schimpflicher als Furcht vor dem Feinde hielten. Die jetzigen Feldherrn «gegen, welche durch Gewalt, nicht durch Verdienst die Obmacht erhalten hatten und ihre Waffen mehr gegen einander, als gegen die Feinde gebrauchten, waren gezwungen, um die Gunst der bewaffneten Menge zu buhlen, und während der Feldzüge mit ihrem Anfwande für die Ergötzlichkeitcn der Soldaten deren Anstrengungen zu erkauft», indem sie so unvermerkt das ganze Vaterland feilboten und sich selbst, um über die Bessern zu herrschen, zu Sclaven der Schlechtesten machten. Dieß vertrieb den Manns, führte sden Sylla zurück, machte den Cinna zum Mörder des Octavins, den Fimbria zum Mörder des Flaccns. Damit machte vor Allen Sylla den Anfang, indem er die Untergebenen der Andern bestach nnd verlockte und für den Unterhalt der Seinigen verschwenderischen Aufwand machte; so daß er, die Andern zum Verrathe, die Seinigen zur Schwelgerei verführend, immer nnd besonders jetzt, bei der Belagerung des Piräens, viel Geld bedurfte *). *) Reimar. Nrv. 125. L97 Fragmente. -55. Aristion, der B-fchlsba'wr von Athen, war aus Ausschweifung und Grausamkeit zusammengesetzt, der Auswurf ^der schlimmsten Laster und Leidenschaften des Mithridaus, und war in diesen letzten Zeiten über die Stadt, die tausend Kriegen, Tyranneien und Unruhen glücklich entronnen war, wie eine tödtlickw Seuche gekommen. Während der Scheffel ') Walzen in der Skadi tausend Drachmen *') galt, während die Einwohner das um die Burg wachsende "*) Parthema h), Sohlen und gesottene Ocklschlänche aßen, schwelgte er bei Hellem Taae in Trinkgelagen und Schmauce- reien, verhöhnte und verspottete die Feinde hh), ließ die heilige Lampe der Götter aus Mangel an Oehl erlöschen und schickte der Obrrpriesterin, die ihn nni den z voltten Tkeil eines Scheffels Walzen bat, dieses Man in Pfeffer. Die Senatoren und die Priester, welche ihn flehten > stch der Sradt zu erbarmen und sich mit Sylla zu vergleichen, jagte er durch Pfeüschüffr auseinander hhh). *) Etwas mehr als ein Berliner, und etwas weniger als ein Dresdener Scheffel. -*) Ueber 4«tt Gulden. »»») Eine Art Mauerkraut. ck) Ich gebe diese Stelle, welche Dio wörtlich dem Plutarch entnommen, nach der richtigern Leseart und Jnterpunc- tion des Leytern. hh) Ich lese mit Sturz statt (führte Waffeu- tanze auf) welches Wort jeden Falls besser in den Zusammenhang paßt. ffl-h) Reimar. Nrv. 124. L98 Cassius Dic'S Römische Geschichte. 25/,. Sylla belagerte die Athrner, welche die Partei des M- thridates erariffen halten und es fehlte wenig, so hätte er die ganze Stadt wegen der ibm während der Belagerung «angethanen Beschimpfungen gänzlich zu Grunde gerichtet, wenn nicht einige verbannte Athener und die Römer in seinem Heere iku vermocht härten, dem Morden Einhalt zu thun. Nach einigem Lobe auf die allen Athener erklärte er: „er schenke sie Jenen, den Vielen die Wenigen, den Todten die Lebendigen *)." 255. Hortenstus war ein geschickter Feldherr, der große Erfahrung im Kriegewesen harre ">. 256. Die Römer hatten in der Schlacht gegen Mithridates bereits die Flucht ergriffen; da »prang Svlla vorn Pferd, ergilff eine Fahne und stürzte durch die Fliehenden hin auf Die Feinde, indem er auerief: „Im gehe, einen rühmlichen Tod aeacn ein schimxfbedccktes Leben einzutauschen , ihr aber, Waffenbruder, gedenket meiner und, wenn man cnch fragt, wo ihr den SvUa verlafsn habt, saget: in Orchomenus!" Äuf diese Worte wandten sie sich voller Schani und Ehrfurcht vor ihrem Feldherrn und besiegte» die Feinde "*). » 5 ?. Der Legat des Flaecus, sCajuS Flaviusf Fimbria, erregte, als Jener nach Byzantium kam, einen Aufstand gegen »> Majv S. 549. Reimar. Nro. 125. *'*> Maja S. 519. Fragmente. 199 ihn. Denn er war ein tollkühner, unbesonnener Mensch, der nach jederlei Ruhm hasste und Irren, der besser war a!s er, verachtete. So suchte er, seit seiner Abfahrt von Nom, durch Geldspenden und andere Begünstigungen die Soldaten für sich zu gewinnen und gegen Flaccus zu erbittern. Dieß wurde ihm »m so leichter, weil Jener unersättlich habgierig war und sich nicht damit begnügte, sich die Nebcnvortheile zuzueignen, sondern auch aus dem Unterhalte der Soldaten und der Beute, die er jedesmal als ihm allein zugehörig betrachtete, Vortheil zog. Als Flaccus mit Fimbria vor Bvzanz ankam und die Soldaten sich außerhalb der Mauer lagern hieß, er selbst aber in die Stadr sich begab, nakm Fimbria davon Anlaß ihn der Bestechung in beschuldigen und schalt ihn, daß er in der Start guter Dinge sep, wahrend sie sich bei strenger Witterung unter Zelten behel-cn mußten. Nun drargcn die Soldaten voll Wulb in die Stadr, todteren Einige, die ihnen in den Weg kamen und zerstreuten sich in die Häuser. Ale Fimbria mit dem Quäsior in einen Streit gerathen, drohte ihm Flaccus, er wolle ihn nach Rom zurückschicken, und nahm ihm, alL er darvb sich Schimpfreden erlaubte, seine Stelle. Fimbria, welchem die Abreise sehr ungelegen war, ging bei den Soldaten in Byzanz umher, als wollte er Abschied nehmen, bat sie, ihm Briefe mitzugeben, und beklagte sich über das ihm widerfahrene Unrecht, erinnerte sie an die Dienste, welche er ihnen getkan, und ermähnte sie auf ihrer Hut zu seyn, indem er Winke fallen ließ, als ob Flaccus es auch mit ihnen nicht zum Besten meinte. Als er sah, daß seine Reben Eindruck machten, 200 CasstuS Dio's Römische Geschichte. daß die'Soldateu ihm geneigt und gegen Jenen mißtrauisch waren," trat er an einen erhöhten Platz, reizte fle auf und beschuldigte unter Anderem den Flaccus, daß er fle für Geld verrathen wolle; so daß die Soldaten den ihnen vorgesetzten ThermuS davonjagten. Fimbria brachte Viele aus keinem gültigen Grunde, noch weil eS ilssRom's Vortheil lag, sondern aus reiner Leidenschaft und Mordlnst um. So hatte er einmal viele Pfähle einschlagen lassen, an die er sie binden und zu Tode geißeln ließ; als die Zahl der Pfähle weit größer als die der zum Tode Bestimmten war, befahl er aus den Umstehenden Einige zu ergreifen und an die überzähligen zu binden, damit sie nicht umsonst eingeschlagen wären. Nach der Einnahme Jlinms machte er Alles, dessen er habhaft wurde, ohne Schonung nieder und fegte fast die ganze Stadt in Asche. Er eroberte fle aber nicht mit Sturm, sondern durch Arglist. Er lobte fle wegen der Gesandschaft, die fle an Sylla geschickt, und äußerte, daß es einerlei sey, mit welchem von Beiden fle sich vertrügen, da ja fle Beide Römer wären. So zog er ein, als käme er zu Freunden und beging die vorerwähnten Gräuel *). -58'. I. d. St. 66g. Archelaus redete dem Sylla zu, mit Milhridates Frieden zu schließen. Da Dieser darauf einging, kam folgender Vertrag zu Stande: Mithridates solle Asien und Paphlago- nien räumen, Bitkynien an Nicomedcs, Capvadocien an Ariobarzanes abtreten, den Römern aber zweitausend Ta- *) Reimar. Nro. 127. 128. 129. 150. 151. Fragmente. 201 lenke *) zahlen und siebzig erzbeschlagene völlig ausgerüstete Schiffe geben, Sylla dagegen ihn in seinem übrigen Reiche bestätigen und zum Bundesgenossen der Römer erklären. Nach dieser Uebereiukunft zog Sylla durch Thessalien und Macedonien an den Hellcspont und hatte den Archelaus, den er sehr in Ehren hielt, in seinem Gefolge. Als Derselbe bei Lariffa gefährlich krank wurde, setzte er mit dem Marsche aus und war für ihn besorgt, als ob er einer seiner Unterfeldherrn oder Kriegsobristen wäre. Dieß erregte den Argwohn, daß es in der Schlacht bei Chäronea nicht mit rechten Dingen zugegangen sey; zumal da er alle Freunde des Mithridates, die seine Gefangenen waren, zurückgab und nur den Aristion, einen Feind des Archelaus umbringen ließ, hauptsächlich aber, daß er dem Catzpadocicr zehntausend Morgen Landes auf Enböa gab uud ihn in die Zahl der Freunde und Bundesgenossen der Römer aufnahm *'). -5g. Als von Mithridates Gesandte ankamen und sich zum klebrigen bereit erklärten, Paphlagonien aber nicht abtreten wollten und läugneten, daß über Schiffe überhast Etwas bedungen sey, ward Sylla unwillig und erwiederte: „Was sagt ihr? Mithridates will Paphlagonien behalten und mir die Schiffe abläugne»? Er, den ich voll DankS zu meinen Füßen erwartete, daß ich ihm die rechte Hand noch ließ, womit er so viele Römer ermordete? Er soll mir eine andere *> Nicht ganz fünf Millionen Gulden, nach Wurm. ") Reimar. Nro. 175. 202 Cassius Dio's Römische Geschichte. Sprache führen, wenn ich nach Asien hinüber komme! Jetzt aber mag er in Pergamus sitzen und den Krieg, den er noch nicht gesehen hat, smit Worten) abmachen *)!" Aus Furcht schwiegen die Gesandten; Archelaus aber flehte den Sylla, weinte, drückte ihm die Hand und. besänftigte seinen Zorn, indem er ihn vermochte, ihn selbst an Mithridates abzusenden : er wolle den Frieden unter seinen Bedingungen vermitteln, oder wenn er ihn nicht dazu bringe **) sich selbst entleiben ***). r6c>. Sylla hielt zu Dardanus in Troas eine Zusammenkunft mit Mithridates , welcher zweihundert Ruderschiffe, zwanzig- tausend Mann schwerbewaffnetes Fußvolk und sechstausend Reiter hatte, während den Sylla nur vier Cob-orten und zweihundert Reiter begleiteten. Als ihm Mithridates entgegen kam und die Hand reichte, fragte er ihn vorerst, ob er auf die mit Archelans eingegangenen Bedingungen den Krieg beilegen wolle 1). *) Lorenz versteht die Worte anders und übersetzt: „dort in Pcrgammn sitzend, mag er sich auf einen Krieg gefaßt machen, wie er noch nie einen gesehen hat Statt der Conjectnr Leunclav's aürög «vron ziehe ich die frühere Lesart avrög ecei-ron vor, wie sie sich auch im Plutarch findet; und beziehe das beigesetzte kirr rvrorg mit Plutarch auf den nächstfolgenden Satz, der hier nicht mehr gegeben ist. Reimar. Nro. 174. k) Reimar. Nro. 175. Fragmente. 203 rki. Nachdem Svlla und Mithridates den Frieden abgeschlossen, söhnte ') er ihn auch mit den Königen AriobarzaneS und Nicomedes aus. Mithridates lieferte siebzig Schiffe und sehr viele ** ***) ) Bogenschützen aus und schickte sich an, mit den Uebrigen nach dem Pvntus abzusegeln. Als aber Sylla seine Soldaten über diesen Frieden sehr unzufrieden sah (denn es empörte sie, daß der feindlichste König, der hundert und fünfzig tausend Nimer in Asien an einem Tage hingcmordet, aus Asien, Las er vier Jahre lang geplündert und gebrandschatzt hatte, mit Schätzen und Beute beladen fortschiffe» sollte), so entschuldigte er sich damit, das; er dem Fimbria und Mithridates, wenn sie sich verbänden, allein nicht gewachsen wäre *"). akr. Weil Cinna und Carbo gegen die ausgezeichnetsten Männer sich Ungesetzlichkeiten und Gewaltthaten erlaubten, flüchteten Viele, um ihrer Tyrannei zu entgehen, wie in einen Port, in das Lager des Sylla und bald hatte sich eine Art Senat um ihn gebildet -s). rkä. Metellus, von Cinna besiegt, kam zu Sylla und ward ihm sehr nützlich; denn der Ruf seiner Gerechtigkeit und kindlichen Liebe bewog Diele, die sonst eben keine Freunde *) Ich lese statt nach Plutarch und nehme eine Lücke a». ") Plutarch gibt die Zahl auf fünfhundert an. ***) Rcimar. Nrv. 176. st) Rcimar. Nro. 126. 204 Cassuis Dio's Römische Geschichte. Sylla's waren, zn ihm überzutreten, in der Voraussetzung, daß ein Mann, wie er, sich nicht ohne Grund au ihn anschließe und nie eine anders, als die bessere und für das Vaterland wirklich nützlichere Partei ergreife *). Zn ras Capital schlug der Blitz, und es gingen nebst andern die sibyllinischen Bücher zu Grunde '*). -6z. Z. d. St. 67,. sCnensj Pompejus, ein Sohn Strabe's, den Plutarch mit dem Lacedämonier Agesllaus verglich, aufgebracht über Diejenigen, die in der Stadt geboten, flüchtete, noch nicht einmal zum Manns gereift, in das Picenische, sammelte auf eigene Hand dort, wo sein Vater Stattbalter gewesen, einige Mannschaft und stellte eine Privatmacht auf, mit der er für sich allein etwas Erkleckliches auszurichten hoffte; er schloß sich sodann an Sylla an, und er, der so klein angefangen , blieb an Größe nicht hinter Jenem zurück und verdiente mit der That den Namen des Großen, den man ihm beigelegt **'). -6Z. I. d. St. 67-. Sylla übergab das Heer einem Manne -r), der in nicht besonderem Lobe'stand, obgleich er Viele um sich hatte, die Von Anfang an zu ihm gehalten und weit mehr Erfahrung und Uebung besaßen und welche er auch bis dahin zu allem Nöthigen verwendet und treu befunden halte. Ehe er gesiegt, bedurfte er ihrer und sprach ihre Dienste an; als er aber *) Rcimar. Nro. 152. ") Majo S. 541. *") Reimar. Nro. 15Z. fl) LueretiuS Oselta. 205 Fragmente. größere Hoffnung hatte, Alles in seine Hände zu bekommen, nahm er keine Rücksicht mehr auf sie. Den schlechtesten Leuten aber und Solchen, die sich weder durch Geburt, noch durch Verdienste auszeichnete», vertraute er. Denn in Diesen sah er für alle, selbst die ungebührlichsten, Dinge bereite Vollstrecker, die ihm auch für den geringsten Lohn den größten Dank wüßten und weder jemals übermüthig würden, noch sich die Ehre der Thaten oder Rathschläge anzumaßen suchten ; der Mann von Verdienst dagegen würde zu seinen Un- gsbühren die Hand nicht bieten, ihm sie vielmehr vorrücken, den Ehrenpreis rühmlicher Thaten verdientermaßen für sich ansprechen, ihm, als erhalte er blos, Was ihm gebühre, keinen Dank wissen und, Was er thue und rathe, auf eigene Rechnung schreiben *). 26k. Sylla hatte jetzt die Samimen besiegt und war bis auf Liesen Tag hochgefeiert; er hatte Lurch Feldherrnihatcn und weise Rathschläge^ sich den größten Namen erworben und zeichnete sich durch Menschlichkeit und Ehrfurcht vor den Göttern, wie man glaubte, so sehr aus-, daß Alle der Meinung waren, das Glück stehe ihm seiner Tugend wegen bei. Von dieser Zeit an aber war er so sehr umgewandelt, daß man seine frühern und seine spätern Handlungen nicht für die eines und desselben Mannes halten sollte. So wenig ertrug er sein Glück. Denn Jenes, was er, so lange er unmächtig war, an Andern tadelte, und viel Mchreres und Schrecklicheres verübte er jetzt selbst. Längst schon hatte *) Reimar. Nro. 154. 206 Cassius Dio's Römische Geschichte. er eS gewollt, gab sich aber erst als Solchen kund, da er die Macht besaß. Und hierin glaubten Einige die vornämlichste Ursache seines Unglück» zu finden. Sobald Sylla die Samniten bezwungen und den Krieg beendigt zu haben glaubte (denn Was noch übrig war, schlug er nicht an), ward er ein anderer Mensch. Zwar blieb er außerhalb der Sradt, gewiffermaflen in Schlachtordnung, überbot aber sän Giausamkeitf Clnna und Manns und Alle, die nach ihm kamen. Denn Was er keinem.fremde» Volke, das wider ihn kriegte, gethan, that er seinem Vaterlande, als ob er es im Kriege überwältigt hätte. Noch denselben Tag schickte er die Kopte des lLucinss Damaüxpus ") und seiner Anhänger nach Präneste und ließ sie auf Pfähle stecken, auch richtete er viele Derer hin, die sich ihm freiwillig ergeben hatten, als hätte er sie gefangen genommen. Am folgenden Tage berief er«die Senatoren in den Tempel der Bellona, als ob er sich ie»tfertigrn wollte, und sammelte die Gefangenen '-*) in die öffentliche Villa, als wollte er sie in sein Heer einschreiben. Diese ließ er allesammt durch Andere todten, und viele Menschen aus der Stadt, die sich unter sie gemengt, kamen mit ihnen um; an Jene hielt er eine Rede in den bittersten Ausdrücken *"). -67. I. d. St. 672. Dessen ungeachtet ließ Sylla die Gefangenen niedermetzeln. Weil sie in der Nähe des Tempels umgebracht wur- ») Eines Marianers. Bergt. Appians Bürgerkr. B. I. **) In den vills Public» pflegten die Consuln die Aushebung zu halten. S. Neimar. Reiniar. Nro, 1ZL. Fragmente. 207 den, drang großer Lärm und lautes Gebeut, Wehklagen und Gewillte! bis in den Senat, so daß die Senatoren von beiden Seiten beängstet wurden; denn bei so verruchten Reden und Handlungen mnßren aleiwes Schicksal auch sie erwarten, und deßhalb wünschten Viele statt dieser doppelten Beängstigung lieber unter Denen zu seyn, die draussen geschlachtet wurden , um nur einmal von ihrer Furcht befreit zu werten. Allein ihr Tod war nur aufgeschoben, die Andern aber wurden hingemordet und in den Fluß geworfen. Harte man des Mikhridates That, der an einem Tage alle Romer in Asten umbringen ließ, kür aränlich gehalten, so war sie jetzt klein gegen die Menge und die Todesart der von Sylla Gemordeten. Aber selbst hier blieb das Uebel nirdt stehen, wie durch ein Feuerzeichen verbreitete sich das Blutbad von bier durch die Stadt, über das Land und über alle Städte Italiens. Denn Viele haßte Sylla selbst, Viele seine Freunde theils wirklich, theils vorgeblich, damit sie die gleiche Gesinnung bethätigten, um nicht durch eine Verschiedenheit in den Verdacht der Mißbilligung seiner Handlungsweise und dadurch selbst in Gelahr zu kommen. S-e brachten auch Alle um, die sie durch Reichthum oder sonst Etwas gegen sich in, Vortheile sahen, die Einen aus Neid, die Andern ihre« Geldes wegen. In diesem Falle waren auch sehr Viele der Parteilosen ldie keinem Theile geholfen ")s, sondern darum dem Tode verfielen, daß sie sich durch Verdienst, Geburt, oder Reichthum vor Andern auszeichneten. Nirgends fand Einer *) Da dieß wahrscheinlich eine weise Bemerkung eines Glossar tors ist, schloß ich es mit Sturz in Klammern ein. 208 CassiuS Dio's Römische Geschichte. Sicherheit gegen sie, welche die Macht in Händen hatten, wenn sie ihm schaden wollten "). - 68 . Solches Unglück kam über Rom. Wer könnte all die Mißhandlungen gegen die Lebendigen erzählen! Viele wurden an Weibern, viele an Knaben aus den edelsten Häusern, alS wären sie Kriegsgefangene, verübt. So schrecklich alles Dieß war, so schien es doch, wegen der Aehnlichkeit früherer Gewaltthaten, Denen, die Nichts dabei litten, erträglich. Sylla ging aber weiter und begnügte sich nicht mit Dem, was auch Andere vor ihm gethan; es kam ihn die Laune an, auch an Mannigfaltigkeit der Mordarten Alls zu übertreffen, als ob eine Ehre darin läge, auch in der Grausamkeit Niemanden nachzustehen. Um auch hierin neu zu seyn, stellte er eine weiße Tafel auf, auf welche er die Namen sder Ge- ächteteni schrieb. Nichts desto weniger ging Alles wie bisher fort und Diejenigen, welche nicht auf der weißen Tafel standen, waren darum noch nicht sicher. Denn Viele, die theils noch lebten, theils schon todt waren, wurden mit auf die Liste gesetzt, um ihre Mörder der Strafe zu entziehen, so daß sich die Sache von dem Früheren in Nichts unterschied und durch ihr- Härte und Ungewöhnlichkeit Jedermann empörte. Denn die Aschtungstafcln wurden wie Senatoren - oder Soldatenlisten aufgestellt, und Alles, was gerade in der Nähe war, lief neugierig hin, als ob sie eine erfreuliche Bekanntmachung enthielten; da fanden Viele ihre Verwandten, Einige *) Reimar. Nro. 156. Fragmente. 209 sich selbst auf der Liste der Schlachtopfer, und wurden durch die plötzliche Gefahr mit Angst und Schrecken erfüllt. Viele wurden schon daran erkannt und umgebracht. Außer Sulla's Anhange war Niemand sicher. Trat Einer an die Tafel, so ward er der Nengierde, trat er nicht hin, der Unzufriedenheit beschuldigt. Las oder fragte Einer, Wer darauf stünde, so ward er verdächtig, als sey er wegen Seiner oder seiner Freunde besorgt; las oder erkundigte er sich nicht, so kam er in Verdacht, daß er darob unwillig sey und wurde deßhalb gehaßt. Weinen oder Lachen ward auf der Stelle mit dem Tode bestraft. Viele wurden, nicht weil sie Etwas sprachen oder thaten, was verboten war, sondern wegen finstern oder lächelnden Gesichtes umgebracht: so genau wurden die Mienen belauert; Keiner durfte seiner Freunde wegen wehklagen, noch über das Schicksal des Feinde frohlocken; auch Diese wurden, als ob sie Jemand verhöhnten, niedergestoßen; selbst die Zunamen wurden Manchen verderblich. Denn da Einige die Geächteten nicht kannten, legten sie deren Namen Allen bei, welchen sie wollten, und Diele mußten auf diese Art statt Anderer sterben. So entstand denn oft großer Lärm, wenn die Einen Diejenigen, welche sie begegneten, beliebig nannte», die Andern dagegen diesen Namen nicht auf sich kommen lassen wollten. Die Einen wurden umgebracht, ohne zu wissen, daß sie sterben sollten, Andere wußten es und liefen überall, wo sie waren, dem Tode in die Arme; kein Ort war so heilig, daß er eine sichere Freistätte bot. Diejenigen, welche plötzlich, bevor sie das drohende Unglück erfuhren, oder zugleich mit der Kunde, den Tod fanden, waren noch die Glücklichern, Dio Cassius. 2S Bdch». 6 210 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. denn sie wurden doch der beängstigenden Furcht überhoben. Diejenigen dagegen, welche die Gefahr voran« wußten und sich versteckten, waren am schlimmsten daran; denn sie wagten nicht, sich zu entfernen, um nicht entdeckt, noch zu bleiben, um nicht verrathen zu werden. Sehr Viele kamen, von Denen, bei welchen sie sich befanden, und selbst von den liebsten Freunden verrathen, um. Und in dieser beständigen Erwartung des Todes lebten nicht nur Diejnigen, welche auf der Aechtungsliste standen, sondern auch alle klebrigen *). Die Kopfe der allenthalben Getödtetcn wurden auf den Markt nach Rom gebracht, und auf der Nednerbühne zur Schau gestellt; so daß dasselbe, wie bei den Aechtungstafeln, auch bei dem Anblicke der Köpfe geschah "). -6g. Sylla ließ sich den Glücklichen nennen. Als einmal ein Schauspiel gegeben ward, soll Walen», die Schwester deS Redners Hortensius, welche hinter Sylla ging, die Hand ausgereckt und ein Stückchen von seinem Kleide abgerissen haben. Als er sich umwendete, sprach sie: „Ich wollte nur einen kleinen Antheil deines Glückes haben, Imperator!" Diese Rede soll ihm so sehr gefallen haben, daß er sich bald darauf, da Metella bereits gestorben war, mit ihr vermählte "*). Reimar. Nro. 137. (An dieses Fragment schloß ich das 138- an.; ") Reimar. Nro. 139. **») Majo S. 550. L61. Letzteres Fragment mit den Worten: der Consul Sylla ließ seine Thaten aufzählen und nannte und schrieb sich: der Glückliche. Als einmal Laben» (wohl Fragmente. 21L -70. Als Sylla und Marius sich bekriegten und den Staat tyrannisirten, verfolgte Sylla nach des Marius Tod seine Gegner mit aller Macht, so daß mit des Marius Tod nicht das Ende, sondern ein bloßer Wechsel der Tyrannei eintrat; denn er verfuhr mit großer Grausamkeit, so daß er zuleyt Mehrere ihres Reichthums oder ihrer Güter wegen zu Gunsten seiner Freunde zur Strafe zog. So soll ein angesehener, gutmüthiger und ruhiger Mann , Quintus sAurelinss der es mit keiner Partei gehalten, als er unerwartet seinen Namen auf der Aechtnngsliste erblickt, ausgerufen haben. „O, ich Unglücklicher, mich verderbt mein Albauergut * * **) )." -71. 2 - d. St, 676. Als Sylla denPompejus sich über die Wahl des Lepidus zum Consul freuen sah, sagte er: „Gott segne deinen Eifer, junger Mann, daß du dem Lepidus vor Catulus, dem besten aller Bürger, den Vorzug gabst. Nun sieh' dich vor, daß du den Gegner, dem du aufgeholfen, niederkämpfest!" Dieß sprach Sylla wie in prophetischem Geiste; denn bald darauf ward Lepidus, als er sich in seinem Amte übermüthig benahm, des Pompejus Feind "). . -7-, 2 - d. St. 63 i. Als die Creter an die Römer Gesandte schickten und hoffreu, daß sie ihnen nicht nur die alten Verträge er- nnr eine Versetzung der Buchstaben statt Valeria) hinter Sylla u. s. w. *) Mach S. 550. vergl. Plut. Sylla Cap. 5L. **) Mach 5L0. 551. vergl. Plut. Sylla 54. 6 » 212 Cassius Dio's Römische Geschichte. neuern, sondern auch für die Erhaltung des Quastors und seiner Soldaten Dank wissen würden, gaben ihnen Diese, mehr aufgebracht über deren Gefangennehmung, als über ihre Schonung, nickt nur keine freundliche Antwort, sondern verlangten außer allen Gefangenen und Uebcrläufern noch Griffet von denselben. Ueberdieß forderten sie eine große Summe Geldes , so wie die Auslieferung ihrer größern Schiffe und ihrer angesehensten Männer, ja sie erwarteten nickt einmal die Antwort von der Insel, sondern schickten sogleich den einen Consnl ab, das Verlangte in Empfang zu nehmen und sie, wenn sie sich, wie es auch der Fall war, dessen weigerten, mit Krieg zu überziehen. Denn sie, die von Anfang an, ehe etwas der Art von ihnen verlangt wurde und «he sie gesiegt, sich zu keinem Vergleich entschließen wollten, wie hätten sie nach dem Siege die Auferlegung so Vieler und schwerer Bedingungen sich gefallen lassen sollen? Da Dieß die Römer wohl wußten und überdieß den Verdacht hegten, die Gesandten möchten es versuchen, Einige zu besteche», um den Feldzug zu verhindern, so machten sie einen Senatsbeschluß , daß Niemand ihnen Etwas borgen solle *). . 7 ;. I. d. St. K85. Als die Consuln losten, fiel dem Hortensius der Krieg gegen die Creter zu. Weil dieser aber lieber in der Stadt bleiben und den Gerichten beiwohnen wollte, wo er nach dem Cicero unter allen seinen Zeitgenossen am meisten vermochte, trat er seinem Amtsgenossen freiwillig den Oberbefehl ab und ») Reimar. Nro. 177. Fragmente. 213 blieb daheim. Metellus fuhr gegen Creta aus und bezwäng später die ganze Insel *), ob gleich er von Pompcsus dem Großen, der damals schon über das ganze Meer und drei Tagreiseu landeinwärts gebot, vielfach gebindert morden war, weil auch die Inseln, wie er behauptete, in seinen Bereich gehörten. Metellus aber ließ sich nicht stören, beendigte den Cretischen Krieg, hielt einen Triumph und bekam den Beinamen Crcticiis. Lucius Lucullus aber, nachdem er die Könige Asiens, den Mithridates und den Armenier Tigranes besiegt und in die Flucht geworfen harre, belagerte um diese Zeit Tigrauo- certa. Die Barbaren thaten ihm nicht allein Lurch Geschoße, sondern auch durch Naphra, Las sie gegen seine Maschinen schleuderten, großen Schaden. Dieß ist eine harzige Materie und so brennbar, daß sie Alles, womit sie in Berührung kommt, in Feuer setzt und durch keine Flüssigkeit leicht gelöscht werden kann. Dieß gab dem Tigranes wieder Muth; er kam mit einer so großen Heeresmacht angezogen, Laß er die vor der Stadt liegenden Römer verlachte. ,,Denn," soll er gesagt haben, „zum Kampfe sind's ihrer zu Wenige, zu einer Gesandtschaft zu Viel." Doch dauerte seine Freude nicht lange, er erfuhr vielmehr sogleich, wie sehr Tapferkeit ') Hier fügt Loren; der chronologischen Ordnung z» Folge die zwei ersten Capitel des sechsten Buches ein; wofür auch die Ordnung des Lixhilinus spricht. Da aber beides Fragmente sind, und die Sache nicht hinlänglich ermittelt werden kann, verrücke ich Nichts und begnüge mich, die Leser auf den historischen Zusammenhang aufmerksam zu machen. 214 Cassius Dio's Römische Geschichte. und Kunst der rohen Messe überlegen sind. Er floh, und die Soldaten fanden seine Tiare und sein Diadem und brachten es dem Lucullus. Denn aus Furcht, daran erkannt und von ihnen gefangen zu werden, hatte er sie abgenommen und weggeworfen *). *) Reimar. Nro. 178. Inhalt des fünf und dreißigsten Buches*) Mithridates und Tigranes rüsten sich wieder zum Kriege. Cap. 1. Lucullus verfolgt seinen Sieg nicht; erhalt einen Nachfolger, nimmt Tigranocerta ein. Cap. 2. Arsaces. derPar- tber König, bleibt Parteilos. Cax. Z. Lucullus verliert eine Schlacht, belagert und erobert Nisibis. Cax. 4 — 8. Darüber geht Armenien verloren. Fabius wird besiegt. Cap. 8. 9. I» Cabira eingeschlossen , wird Dieser von Triarius entsetzt. Cap. 10. Alterthümer in Comana. Cap. 11. Aufruhr in Lucull's Lager. Cax. 14— 17. Mithridates erobert wieder beinahe sein ganzes Reich. Cap. 17. Der Zeitraum begreift drei Jahre, während welcher Folgende Consuln waren: Vor Chr. Nach Srb. Roms. 69 685 Quintus Hortensius und Quintus Cäcilius Metellus Creticus. *) Viele sind der Meinung, daß dieses Bruchstück zu dem sechs und dreißigsten Buche gehöre, weil jenes Buch sonst kaum mehr als den Zeitaum eines Jahrs enthielte, und mit der letzten Zeit des Consulats von Acilius und Piso anfinge und somit zu kurz wäre, da nicht viel dazwischen fehlen könne. 216 Cassius Dio's Römische Geschichte. Vor Chr. Nach Erb. Roms. 68 686 Lucius Cäcilius Metellus und Quinta» Mar- cius Rer. 67 687 Manius Acilius Glabrio und Cajus Calpur- nius Glabrio *). Fünf und dreißigstes Buch. i.-Und weil er") Glück und Unglück in hohem Grade erfahren, übergab er ihm den Oberbefehl. Oft besiegt und oft Sieger müßte er, glaubte man, zur Führung des Krieges nur noch tüchtiger seyn. Beide rüsteten sich, als fingen sie jetzt erst den Krieg an, schickten Gesandte sowohl an die andern benachbarten Könige, als auch an den Parther Arsaces, obgleich er fTigranesf wegen eines streitigen Gebiets mit ihm zerfallen war, traten ihm dieses ab und suchten ihn gegen die Römer zu stimmen, indem sie ihm *) Die Inhaltsanzeigen und Consulnregister sind wahrscheinlich späteren Ursprung», da letzter« zu Dio'S Berte» in Aller Händen waren und «berdieß oft andere Angaben enthalten, als im Terte selbst stehen. ") Der große Mithridates,', König von Pontus, welcher, nach glänzenden Siegen «irre ungeheure Niederlage durch Lucull erlitt, in welcher er nach Livius Lpilom, 97. über sechzig- tauscnd Mann verlor. Er floh mit roov Reitern zu seinem Eidam Tigranes, König von Armenien, bei welchem er (nach Appian's Mithridat. Krieg und Plntarch im Lu- cullus) kaum eine Aufnahme fand. 217 Fünf und dreißigstes Buch. vorstellten, daß dieselben, wären sie erst überwunden, auch wider ihn zu Felde ziehen würden. Denn der Sieger, unersättlich an Glück, pflege seiner Habsucht keine Schranken zu setzen, und sie, die so Diele schon unterjocht, würden auch ihn nicht verschonen. Solche Schritte thaten die Beiden. Lucullus verfolgte den Tigranes nicht, sondern ließ ihn nach Gemächlichkeit von dannen ziehen; weßhalb man ihn allgemein und selbst in Rom beschuldigte, daß er den Krieg nicht beendigen wollte, um den Oberbefehl desto länger zu führe». Deßwegen ward die Verwaltung Asiens wieder den Prätorcn übertragen und ihm, als '*) er das gleiche sich abermals schien zu Schulden kommen zu lassen, der Consul des Jahrs als Nachfolger geschickt. Indessen hatte er jedoch Tigranocerta ") genommen, wo die Fremden, welche mit in der Stadt wohnten, gegen die Armenier im Aufstande waren. Dieß waren meist Cilicier, welche dorthin in früherer Zeit gezogen worden und sie ließen die Römer bei Nacht in die Stadt ein. Nun ward, außer dem Eigenthum dieser, Alles geplündert; doch schützte Lucullus die in großer Menge in seine Hände gefallene» Weiber der Großen vor aller Mißhandlung und gewann Ladrch auch deren Männer; zugleich nahm er die Unterwerfung des Antiochus , Königs von Commagene (ej- *) Ich lese mit Stur; ovx eXarrw als entsprechend dem TioXXä und das folgende xcrl als Verstärkung. *') Certa — Kiriath, also so viel als Tigranopolis Tigra- nesstadt. *") Sohn des Antiochus busebes. Der blutigen Händel unter den letzten Seleuciden müde, hatten die Großen Spricns 218 CasstuS Dio'S Römische Geschichte. ner Landschaft in Syrien an dem Euphrat und dem Taurus, des Arabischen Fürsten Alchaudouius und Anderer, welche Gesandte geschickt hatten, an. 5. Als er von Diesen die Sendung des Tigranes und des Mithridates an Arsacss erfuhr, sandte auch er einige Männer von den Bundesgenossen, mit Drohungen, wenn er Jenen hälfe, nnd mit Versprechungen, wenn er seine Partei ergriffe. Da schickte nun auch Arsaces, weil er dem Tigranes noch grollte und von den Römern nichts Schlimmes argwohnte, Gesandte an ihn und schloß Freundschaft und Bnn- desgenossenschaft; als aber später Secilius *) bei ihm ankam, sah er in ihm einen Kundschafter seines Landes und seiner Macht; denn nur dafür nnd nicht des schon geschlossenen Bündnisses wegen könne ein so ausgezeichneter Kriegsmann an ihn abgesendet worden seyn. Daher unterließ er auch Hülssvolk zu schicken, that jedoch keine feindlichen Schritte, sondern hielt sich zwischen Beiden und wollte, wie sich denken läßt, keinen mächtig werde» lassen; wenn Beide sich mit gleichen Kräften bekämpften, glaubte er am sichersten zu fahren. Dieß nnd die Eroberung mehrerer Theile Armeniens war es, was Lucullus in diesem Jahre vollbrachte. ihr Land unterworfen. Nach Tigranes Besiegung durch LucuUus bemächtigte sich der in Lommageue lebende Sohn des Antiochus wieder des väterlichen Throns und ward von Lucullus bestätigt. PomPejns, welcher Syrien später zu einer Römischen Provinz machte, entschädigte diesen Antiochus mit der Herrschaft von Commagene. Applaus Syrische Geschichte Cap. 49. *) Nach Plutarch hieß er Sertilius und war Legat des Lucullus. 219 Fünf und dreißigstes Buch. i. Unter dem Consnlate des Quintus Marcius, welcher, obgleich nicht allein gewählt, allein Consule blieb, da sein erster Amtsgenoffe zu Anfang des Jahrs, sein zweiter noch vor Antritt seiner Stelle gestorben und eine dritte Wahl nicht mehr vorgenommen ward, zog Lucukus, weil die Kälte des Frühjahrs jede» Einfall in Feindesland verwehrte, erst mitte» im Sommer ins Feld und verheerte einige Gegenden, um die Barbaren zu deren Vertheidigung in eine Schlacht vorzulockeu. Da sie sich nicht rührten, rückte er ihnen zu Leibe. 5. Die Römische Reiterei litt hierbei sehr von der feindlichen und das Fußvolk kam nicht ins Handgemenge; denn sobald Lucnllus mit den Legionen den Reitern zu Hülfe kam, nahmen die Feinde die Flucht, ohne Nachtheil für sich selbst; vielmehr schoßen sie rückwärts auf ihre Verfolger, tödteten Diele auf der Stelle und verwundeten eine sehr große Anzahl. Diese Wunden waren gefährlich und schwer zu heilen; denn die Pfeile hatten zwei Spitzen und waren so eingerichtet, daß diese, sie mochten im Leibe bleiben, oder herausgezogen werden, den schnellsten Tod znr Folge hatten. Denn Las eine skleineres Eisen blieb, weil man es an nichts fassen konnte, im Leibe zurück. 6. Da nun Viele verwundet wurden und theils starben, theils dienstunfähig blieben und ein Mangel an Lebeusmit- teln eintrat, zog Lucullus ab und gegen Nistbis ">. Diese ') Wahrscheinlich war eine Spitze durch ein schwaches Eisen so vor die Hintere befestigt, daß jene abbrach, wenn man diese herausziehen wollte. Nisibis heißt bei den Griechen sblkv/öollXtf. Vergl. Plut. Lucull. Eap. 52. 220 Casstus Dio's Römische Geschichte. Stadt liegt in Mesopotamien (denn so wird der ganze Landstrich zwischen dem Tigris und dem Euphrat genannt). Jetzt ist sie unser und genießt die Rechte einer Colonie, damals aber hatte fle Tigranes den Parthsrn abgenommen und ließ daselbst seine Schätze und noch viele andere Dorräthe von seinem Bruder *) bewachen. Vor dieser erschien Lucullus, konnte aber, obgleich er die Belagerung aufs eifrigste betrieb, den ganzen Sommer Nichts gegen sie ausrichten. Denn die doppelte Backsteinmauer, welche sehr breit und durch einen tiefen Graben getrennt war, konnte weder durch Sturmböcke erschüttert, noch dnrchgraben werden; »Deßhalb auch Tigranes ihr nicht zu Hülfe kam. 7. Als der Winter herankam und die Feinde, unbe- zwinglich, wie sie meinten, und in Erwartung eines baldigen Abzugs der Römer, nachläßiger wurden, benutzte er eine Nacht, welche so finster war und unter beständigen Regengüssen und Donnerschlägen dermaßen stürmte, daß die Belagerten, weil sie keinen Schritt vor sich hinsahen und Nicht- hören konnten, die äußere Maner und den mittlern Graben bis auf Wenige verließen. Er rückte nun von allen Seiten vor die Mauer, stieg ohne Mühe über die Dämme, hieb die wenigen dort zurückgelassenen Wächter zusammen und ließ einen Theil des Grabens, weil die Feinde die Brücken vorher abgebrochen hatten, verschütten, ohne durch die Pfeile und selbst das Feuer, bei dem vielen Regen, Schaden zu nehmen. Nachdem er über den Graben gesetzt, hatte er die Stadt, da die innere Mauer nicht sehr stark war und man *) Nach Plutarch hieß er Gnra. 221 Fünf und dreißigstes Buch. sich auf die Aussemverke verließ, bald in seiner Gewalt; die mit dem Bruder des Tigranes auf die Burg Geflüchteten zwang er, sich auf Bedingungen zu ergeben; er machte viele Beute und überwinterte daselbst. 8. Während er auf diese Weise Nisibis in seine Gewalt bekam, verlor er viele Plätze in Armenien und um den Pontus. Denn Tigranes hatte jene, weil er sie für unbe- zwinglich hielt, nicht entsetzt, sondern war in die vvrbe- nannten Gebiete gezogen, um sie, während die Römer vor Nisibis volle Arbeit hatten, vorweg zu nehmen. Den Mithridates schickte er in sein eigenes Reich, er selbst aber zog in das ihm gehörige Armenien; wo er den Lucius Fan- nius, der sich ihm entgegenstellte, einschloß und belagerte, bis Lucullns es erfuhr und ihm zu Hülfe eilte. g. Während dieser Vorgänge machte Mithridates einen unerwarteten Einfall in den andern Theil Armeniens H und in die übrigen Landschaften, hieb viele Römer, welche im Lande umherschweiften, zusammen, und rieb einen andern Theil in einem Treffen auf. So hatte er auch die meisten Plätze in kurzer Zeit wieder in Besitz. Denn die Eingebor- «en, welche ihm als ihrem Stammgenoffen und Erbfürsten wohlwollten, die Römer aber als Fremde, und weil sie von ihren Statthaltern gedrückt wurden, haßten, schlugen sich zu ihm und besiegten den in jenen Gegenden stehenden Römischen Befehlshaber Marcus Fabius; wozu die früher bei Mithridates in Sold gestandenen, jetzt aber unter Fabius dienenden Thracier, und die bei dem Römischen Heere befind- *) Klemarmenien. 222 CassiuS Dio's Römisch« Geschichte. lichtn Sclaven nicht wenig beitrugen. Denn von Fabius auf Kundschaft ausgeschickt, hinterbrachten ihm die Thracier nicht nur nichts ZnverläßigeS, sondern fielen, als er unvorsichtiger vorrückte und Mithridates ihn unversehens angriff, mit diesem über die Römer her »nd auch die Sclaven, denen derselbe ihre Freiheit versprach, griffen mit an. Sie hätten ihn völlig aufgerieben, wenn nicht Mithridates, welcher, obgleich schon über siebzig Jahre alt, sich mitten unter die Feinde stürzte und mitfocht, von einem Steine getroffen, bei den Barbaren Besorgnisse für sein Leben erregt hätte. Denn da sie mit dem Gefechte inne hielten, konnte Fabins mit seinen Leuten durch die Flucht sich retten. 10. Hierauf warf er sich nach Cabira *), ward daselbst belagert, aber von Triarins entsetzt. Dieser kam nämlich auf seinem Zuge zu Lucnllus dieses Wegs, sammelte, wie er Kunde von dem Vorgefallenen erhielt, soviel Truppen, als er konnte und setzte Mithridates, welcher ein mächtiges Römisches Heer im Anzüge glaubte, dergestalt in Furcht, daß er, »och ehe er ihn zu Gesicht bekam, mit dem Lager aufbrach. Hierdurch ermnthigt, verfolgte er den Flüchtigen bis Comana und brachte ihm dort eine Niederlage bet. Mithridates war nämlich auf der den anruckende!: Römern gegenüberliegenden Seite des Flusses *») gelagert, zog aber in der Absicht, die von dem Marsche Ermüdeten anzugreifen, persönlich hinüber und befahl einem andern Hscrthrile wäh- *) Hauptstadt in Pontus, von Lucnllus eingenommen und den Fabius zur Bewachung übergeben. '*) Des Iris, nicht des Euphrat, welcher viel weiter entfernt ist. 223 Fünf und dreißigstes Buch. rend des Kampfes über eine andere Brücke zu gehen und im entscheidenden Augenblicke einen Angriff zu machen. Lange focht er mit unentschiedenem Erfolg, aber die Brücke, über welche zu Viele auf einmal sich eindrängten, entzog ihm den Beistand der abgesandten Hülfe und vereitelte seinen Plan. Da es schon Winter war, zogen sich beide Theile in ihre festen Plätze zurück und verhielten sich ruhig. ii. Comana liegt in dem jetzigen Cappadocien und rühmte, sich das Bild der taurischeu Artemis und das Geschlecht Agamemnons bis auf den heutigen Tag in seiner Mitte zu besitzen. Wie diele Dinge dort hingekommen wären und sich erhalten hätten, wüßte ich, Sei den verschiedenen Sagen, nicht mit Bestimmtheit zu berichten; Was ich aber weiß, will ich angeben. Diese zwei Städte gleiches Namens in Cappadocien liegen nicht sehr fern von einander und haben dieselben Alterthümer; beide fabeln das Gleiche und zeigen dieselben Dinge vor, vor allem aber besitzen sie beide das ächte Opferschwert der Jphigenia. Hiervon nun sovieli I-. Im folgenden Jahre füll?) unter den Consuln Ma- nius Acilius und Casus Piso stand Mithridates in einem Lager bei Gaziura dem Triarins gegenüber und suchte ihn auf alle Weise zn einer Schlacht zu reizen. Unter andern tummelte er sich selbst vor den Augen der Römer herum und ließ sein Heer Feldübnngen machen, um ihm noch vor Ankunft des Lncullus eine Schlacht liefern, ihn (wie er hoffte) zu besiegen und den Rest seines Reiches wieder zu Das eine am Iris liegende, ward früher zu Pontus, das aridere am Flusse Sarus zu Cappadocien gerechnet. 224 Cassius Dio's Römische Geschichte. erobern. Als Jener sich nicht rührte, schickte er einen Heerestheil nach der Feste Dadasa, wo die Römer ihr Gepäck hatte», um ihn, wenn er dorthin zu Hülfe eilte, zu einer Schlacht zu nöthigen. Es gelang. Bisher hatte sich Tria- rius aus Furcht vor des Mithridates Uebermacht und in Erwartung des Lucullus, den er um Hülfe gebeten, stille gehalten; als er aber die Belagerung von Dadasa hörte und die Soldaten darüber unruhig wurden und drohten, wenn Niemand sie führe, von selbst dahin zu Hülfe zu eilen, brach er wider seinen Willen auf. Die Feinde aber fielen, sobald er vorrückte, über sie her, umringten sie und machten sie nieder, und selbst Diejenigen, welche sich in das freie Feld geflüchtet, weil sie nicht wußten, daß der Fluß dorthin abgeleitet war, überholten sie und hieben sie zusammen*). iZ. Alle bis aus den letzte» Mann würden vernichtet worden seyn, wenn nicht Einer der Römer, sich stellend, als gehörte er zu den Hülfsvölkern (denn auch Mithridates hatte, wie ich schon erwähnt "), Viele unter seinem Heer, die auf gleiche Weise gerüstet waren) und hätte ihm Etwas zu sagen, auf ihn zugekommen wäre und ihn verwundet hätte. Er wurde zwar sogleich ergriffen und niedergemacht; die Feinde aber geriethen darüber in Bestürzung und viele Römer entkamen. Mithridates heilte seine Wunde, da er aber befürchtete, es möchten noch mehrere Feinde unter seinem Heere seyn, musterte er unter irgend einem Dorwande *) Nach Plutarch im Lucull blieben in dieser Schlacht siebentausend Römer, unter diesen hundert und fünfzig Centurionen und vier und zwanzig Tribune». Au einer verlernen Stelle. 225 Fünf und dreißigstes Buch. seine Soldaten und gab ihnen plötzlich Befehl, nach ihren Gezeltenzu eilen; so entdeckte er die einzeln zurückbleibenden Römer und ließ fle niedermachen. Inzwischen kam Lucullus an, und man glaubte allgemein, er würde leicht mit ihm fertig werden und alles Verlorene in Kurzem wieder erobert haben. Allein auch er richtete Nichts aus. Mithridates hatte auf der Höhe von Talaura eine feste Stellung genommen und ließ sich in kein Treffen ei». Der andere Mithridates, Tochtermann des Ti- granes, fiel, aus Medien kommend, unversehens über die umschwärmenden Römer her und hieb viele zusammen. Ti- granes selbst sollte im Anzüge seyn und nun begann es im Heere unruhig zu werden. Die Valerianischcn *) Soldaten nämlich, welche nach abgelaufener Dienstzeit noch beim Heere geblieben, hatten sich in Folge des Siegs, der Ruhe und des Ueberfluffcs, und durch Lueullns öftere Abwesenheit steh selbst Äberlaffcn, schon in Nisibis gerührt und wurden von einem -unruhigen Menschen, Publius Elodius (nach Andern hieß er Claudius) obwohl dessen Schwester Luculls Gemahlin war, noch mehr aufgestiftet. Eine weitere Ursache der Unruhen gab die Nachricht von der baldigen Ankunft des ConsulS Acilius, der aus vorbenannten **) Gründen dem Lucullus als Nachfolger gesendet worden. So achteten fle sein, als ob er schon außer Dienst wäre, noch weniger. *) Sie wurden von Valerius Flaccus nach Asien geführt und nach Ermordung desselben eine Zeitlang von dessen Legate» Fimbria befehligt, bis sie auch diesen verließe» und zu Sylla übergingen. Sie hießen auch Fimbrianer. Cap. 2. Dio Cassius, 2s Bdchn. 7 226 Cassius Dio's Römische Geschichte. , 5 . Lucullus nun war deßhalb, und weil er die von Marcius, der vor Acilius Evnsul gewesen und jetzt in seine Provinz Cilicien heranzog, erbetene Hülfe nicht erhalten, in großer Verlegenheit, indem er es eben so bedenklich fand vorzurücken, als in seiner jetzigen Stellung zn bleiben; er entschied sich endlich für Ersteres, in der Hoffnung, den Ti- granes vielleicht von dem Marsche ermüdet zn überfallen, in die Flucht zu schlagen und so die aufrührischen Soldaten in etwas zu beruhigen. Allein Beides gelang ihm nicht. Das Heer folgte ihm bis auf die Grenze von Cappadocien, dort aber kehrten Alle einmürhig, ohne ein Wort zu sagen, um; die Valerianer aber, welche hörten, daß sie von dem Senat in Rom ihres Dienstes entlassen wären, verließen ihn alle- sammt. 16. Wandern darf man sich nicht, wie Lucullus, obgleich der geschickteste Feldherr und der erste Römer, der mit einem Heere über den Tanrus gegangen und zwei mächtige Könige besiegt (und sie auch wohl gefangen genommen hätte, wenn er den Krieg schnell beendigen wollte), seiner eigne» Soldaten nicht Meister wurde, und wie dies- sich immer wider ihn auflehnten und ihn endlich verließen. Denn er forderte zu Viel von ihnen, war schwer zugänglich, streng im Dienste, unerbittlich im Strafen, wußte sie nicht durch Worte zu gewinnen , nicht durch Milde zu fesseln, nicht durch Auszeichnung oder Belohnung sich ergeben zu machen; was überall bei dem großen Haufen und besonders im Kriege unerläßlich ist. So lange sie nun Glück in der Schlacht und Beute als Lohn der Gefahren hatten, gehorchten sie ihm; als sie aber gegen den Feind im Nachtheil und ihre Hoffnungen in Furcht 227 Fünf und dreißigstes Buch. verwandelt waren, hatte er auch ihre Achtung verloren. Daß es daran lag, ersah man bald, da dieselben Soldaten unter Pompejns (denn dieser sammelte die Valerianer wieder unter seine Fahnen) die lenksamsten Leute waren. Solchen Einfluß hat eine Persönlichkeit vor der andern. 17. Unter diesen Umständen eroberte Mithridates fast sein ganzes Reich wieder und richtete große Verheerungen in Cappadocien an, da weder Lucnllus unter dem Verwände, daß ja Acilius in der Nähe sey, noch auch Dieser zu tzinem Schutze eilte. Anfangs, als es noch galt, dem Lucnllus die Ehre des Sieges zu rauben, hatt- er alle Eile, nun er aber hörte, Was vorgefallen, kam er gar nicht zu dem Heere, sondern verweilte in Bithynien. Marcius aber kam dem Lucnllus nicht zu Hülfe, weil er vorgab, die Soldaten wollten ihm nicht folgen. Bei seiner Ankunft in Cilicien unterwarf sich ihm ein gewisser Menemachus, der von Tigranes abgefallen war. Den Clodius, welcher sich wegen der Vorfälle in Nisibis fürchtete und von Lucullus zu ihm übergetreten war, sehte er über die Flotte, denn auch er hatte eine Schwester desselben zur Gattin. Später ward Derselbe von den Seeräubern gefangen, aus Furcht vor Pompejns aber wieder freigelassen und kam nach Antiochien in Syrien, als wollte er den Einwohnern gegen die Araber, mit denen sie damals in Feindseligkeiten standen, beistehen; da er aber auch dort Unruhen anfing, wäre er fast um das Leben gekommen. * 7 Inhalt des sechs und dreißigsten Buches, Metellus erobert Creta. Cap. 1 — 2. Frechheit der Seeräuber box. 3 — 6. Pompeji,s erhält auf den Vorschlag des Bvlkstribuns Gabinius de» unumschränkten Oberbefehl gegen sie. Cap. 7 — 2g. Er bezwingt sie in kurzer Zeit. Cap. 2l. Gesetze wider Bestechung, Willkühr der Prätoren wegen abgesonderter Sitze der Ritter bei den Schauspielen; über die Sti»»»- fähigkeit der Freigelassene». Cap. 21 — 25. Pompejus wirb von Manilius zum Oberfeldherrn gegen Mithridat^s vorgeschlagen. Cap. 26. 27. Er rüstet sich zum Kriege Cap. 28-, besiegt den Mithridates in einem nächtlichen Treffen. Cap. 29 — ZZ. Tigranes, der Vater, ergibt sich und behält sein Reich; der junge Tigranes wird in Fesseln gelegt. Cap. ZS. 36. Die Albaner überfallen den Pompejus, werden aber zurückgeschlagen. Cap. 37. Der Zeitraum begreift außer dem Reste von Acilius und Piso's Consulat Ein Jahr, in welchem folgende Consuln waren. Vor Chr. Nach Erb. Roms. 66 688 Lucius Volcatius Tullus und Marcns Aemi- lius Lepidus. 229 Sechs und dreißigstes Buch. —-*) sQuintus Cäcilius Metellus^ übte jede Grausamkeit. Von Herrschsucht getrieben, griff er die Eceter, obgleich sie sich auf den bestehenden Vertrag beriefen, an nnd suchte sie noch vor Ankunft des Pompejus zu Paaren zu treiben. Octavius, welcher kein Heer hatte (weil er nicht Krieg führen, sondern die Städte übernehmen sollte), that nicht Einsprache und Cornelius Sisenna, der in Griechenland stand, kam zwar, auf die Kunde davon, nach Creta und redete ihm ein, die Völker zu schonen, da Dieß aber nicht half, nahm auch er keine weiteren Maßregeln wider ihn. Er richtete somit viele Verheerungen an, nahm die Stadt Elenthcra durch Verrath und brandschatzte sie. Den« die Derrärher hatten einen sehr starken, fast unbezwinglichen Thurm aus Ziegelsteinen bei Nacht so lange mit Essig "*) begossen, daß man ihn zerreibe» konnte. Hierauf nahm er Lappa, obgleich sich Octavius darin befand, mit Sturm, that Diesem zwar persönlich Nichts zu Leide, ließ aber die Cili- cier, welche er bei sich hatte, niedermachen. *> Wollte man der Zeitfolge und der Ordnung folgen, wie Xixhilin diese Begebenheiten erzählt, so war« dieses Fragment dem in Buch 55 Erzählten voranzusetzen. ") Man vergleiche Livius XXI, 57. über ein ähnliches Unternehmen Hannibals in den Alpen. 2Z0. CasstuS Dio's Römische Geschichte. ». Jetzt glaubte Octavius nicht länger unthätig bleiben zu dürfen, brauchte anfangs das Heer des Süenna (der an einer Krankheit gestorben war) und kam, wo ec konnte,, den Bedrängten zu Hülfe. Als Diese abschifftcn, begab er sich zu Aristion nach Hierapydna und führte in Gemeinschaft mit Diesem den Krieg. Aristion nämlich hatte Cydonia verlassen, einen gewissen Lucius Bassus, der wider ihn heran- segelte, besiegt und Hierapydna eingenommen. Eine Zeit lang hielten sie sich; als jedoch Metellus gegen sie anrückte, verließen sie die Stadt und gingen zu Schiffe, geriethen aber in einen Sturm und wurden mit Verlust vieler Leute aus Land geworfen. Jetzt unterwarf sich Metellus die ganze Insel und die Creter, welche bisher immer frei gewesen und keinen fremden Herrscher anerkannt, wurden zu Sclaven gemacht. Metellus erhielt zwar den Beinamen *) von ihnen, aber Panarcs und Lasthenes (denn auch diesen bekam er gefangen) konnte er nicht im Triumphe mit aufführen; da sie Pompejus dadurch, daß er einen Volkstribun auf seine Seite gebracht ** ***) ), ihm entreißen ließ, weil sie sich vermöge einer Uebereiiikunfr ihm und nicht Jenem übergeben hätten "**). 5. Nun komme ich auch auf Diesen zu sprechen. Don jeher haben Seeräuber die Seefahrenden, so wie Straßen- räuber die Bewohner des Festlandes angefochten. Immer war Dieß so und wird bleiben, so lange die Natur der Men- *) Creticus. Durch denselben Gabinius, der den Pompejus zum Ober- feldherrn gegen die Seeräuber vorgeschlagen hatte. ***) Dies« beiden Capitel sind wahrscheinlich versetzt und dem 294ste» Bruchstücke einzufügen. 231 Sechs und dreißigstes Buch. scheu dieselbe bleibt. Wenn dagegen früher die Räubereien zu Land und zu Wasser siel, auf einzelne Gegenden, Jahreszeiten und eine geringere Anzahl von Theilnehmcrn beschränkten, so hatten jetzt bei den vielen, unaufhörlichen Kriegen, wo so viele Städte zerstört wurden und die Entronnenen überall nur Tod, nirgend Sicherheit fanden, sehr Viele diese Lebensart ergriffen. Zu Lande, im Angesicht« der Städte, wo jeder Schaden näher empfunden, der Thäter leichter aufgegriffen ward, sonnte den Räubereien wirksamer gesteuert werden, znr See aber nahmen sie gewaltig überhand. Während nämlich die Römer mit ihren Feinden zn thun hatten, gewannen Jene bedeutend an Macht, verbreiteten sich auf allen Meeren und verbanden sich mit Allen, die das gleiche Handwerk trieben; so daß Einige sogar Vielen *) als Bundesgenossen dienten. z. Was sie in Gemeinschaft Anderer thaten, ist schon erzählt; als aber die Kriege aufgehört, ruhten sie nicht, sondern thaten auch allein für sich den Römern und ihren Bundesgenossen großen Schaden; denn nun schifften sie nicht mehr in geringer Zahl, sondern in großen Flotten daher und hatten ihre eigenen Admirale, so daß sie sich einen großen Namen erwarben. Zuerst plünderten sie blos auf offener See, so daß man nicht einmal im Winter mit Sicherheit ausschiffen konnte; denn Kühnheit, Gewohnheit und Glück machten sie beherzt genug, ohne Nachtheil auch dann die See zu halten; nachher aber griffen sie selbst die in den *) Unter Andern dem Mithridates. Plntarch im Pompes«» Cap. 24. 252 CassinS Dio's Römische Geschichte. Häfen Befindlichen an. Wenn Einer gegen sie ausfuhr, so ward er meist besiegt und war verloren; siegte er aber je, so konnte er, weil sie schneller segelten, doch Keinen habhaft werden. So kehrten sle, als hätten sle gesiegt, bald wieder um, verheerten und verbrannten Landhäuser, Dörfer und selbst ganze Stätte'), oder hielten sie im Besitz und bedienten sich ihrer als Winterstationen und Rückhaltspunkte. 5. Als Dieß nach Wunsche ging, wagten sie sich auch in das Binnenland und griffen selbst Solche an, welche nicht die See befuhrev. Dieß thaten sie nicht blos in den auswärtigen Bundesgebiete», sondern selbst in Italien. In der Meinung nämlich, hier größere Beute zu machen und alle Andern um so mehr einzuschrecken, wenn sie selbst dieses Land nicht verschonten, erschienen sie sowohl vor andern Städten Italiens als auch vor Ostia, verbrannten die Schiffe und plünderten Alles; endlich da sie nirgends Widerstand fanden, verweilten sie sogar länger auf dem Lande und stellten die Menschen, welche sie nicht ködteten, und die gemachte Beute, ganz »»gescheut, als wären sie zu Hause, zum Kaufe aus. Die Einen trieben ihr Unwesen hier, die Andern dort, (denn überall auf der See konnten die Nämlichen nicht zu gleicher Zeit seyn;) sie hatten sich aber so verbrüdert, daß sie selbst den Unbekannten, als kenneten sie sich schon längst, Geld und Hülfe schickten. Auch dadurch wurden sie sehr mächtig, daß sie Solche, welche gegen Einige der Ihrigen *) Sie sollen nach Plntarch gegen vierhundert Städte erobert haben. Sechs mid dreißigstes Buch. 233 gefällig waren, alle in Ehren hielten und auf die Beleidiger allgemeine Jagd machten. 6. So hoch war der Unfug der Seeräuber gestiegen, daß ein Krieg, den sie führten, höchst beschwerlich, unausgesetzt, durch keine Vorsicht, keinen Vertrag *) abzuwenden war. Die Römer hörten nun wohl dergleichen und sahen Einiges mit eigenen Augen an, da alle sonstige Einfuhr ausblieb und die Getreidezufuhr völlig gesperrt war, ohne daß die nöthige Vorkehr getroffen wurde. Zwar schickten fle, durch die jeweiligen Klagen aufgeregt, Befehlshaber mit Schiffe» ab, richteten aber nicht nur Nichts aus, sondern verschlimmerten noch die Lage der Bundesgenossen, bis endlich die Noth aufs Höchste stieg. Jetzt beriethen sie sich mehrere Tage, Was zu thun sey. Don unaufhörlichen Gefahren bedrängt und zu einem Kriege genöthigt, der, weil fle weder Alle zumal, noch, bei dem gegenseitigen Beistande, einzeln bekämpft und aller Orten zugleich nicht abgewehrt werden konnten, äußerst schwierig und verwickelt erschien, wußten sie weder Mittel noch Rath, sich zu helfen. Da schlug der Volkstribun Aulus Gabinius, entweder von Pvmpejus selbst aufgestiftet, oder in der Absicht sich ihm gefällig zu machen (denn bei seiner schlechten Gemüthsart war er keinen Falls auf das Gemeinwohl bedacht), vor, aus den Consularen einen unumschränkten Oberfeldherrn gegen sie auf drei Jahre zu wählen, und ihm eine starke Seemacht nebst viele» Unterbe- frhlshabern zur Verfügung zu stellen. Er nannte ihn zwar *) Statt «Tirron lese ich a^nkroon. Reim. schlagt änkt- ron, pertioaciUwuw, vor. 234 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. nicht ausdrücklich, doch stand zu erwarten, daß die Wahl des Volkes, sobald es so Etwas hörte, auf ihn fallen würde. 7. Und so geschah eS auch; man nahm seinen Vorschlag an und entschied sogleich, den Senat ausgenommen, insgemein für den Pompejus. Der Senat aber wollte lieber Alles von den Seeräubern erdulden, als jenem Manne eine so große Macht in die Hände legen, und es fehlte nickt viel, so hätten ste den GabiniuS mitten in der Emie umgebracht. Er entsprang, und als das Volk die Stimmung der Vater erfuhr, lief es zusammen und stürmte nach der Sitzung und würde sie, wären ste noch versammelt gewesen, in Stücke gerissen haben. Die Andern hatten sich zerstreut und verborgen; der Eonsul Casus Piso aber (denn unter ihm und Acilius fiel Dieses vor) ward ergriffen und sollte für Alle sterben, ward aber von Gabinius losgebeteu. Nach diese» Auftritten hielten sich die Großen ruhig und waren froh, mit dem Leben davon zu kommen, beredeten aber die nenn *) Volkstribune, sich dem Gabinius zn widersetzen. Einige jedoch wiedersprachen aus Furcht vor der Menge gar nicht, ein gewisser Lucius Trebcllius und Lucius Roscius wagten es zwar, vermochte» aber auch nicht so zu sprechen und zu handeln, wie ste zugesagt hatten. Als nämlich der zur Entscheidung festgesetzte Tag kam, gab sich Pompejus, der zwar Nichts sehnlicher als diesen Oberbefehl wünschte und bei seinem Ehrgeiz und der Volksgnnst darin nicht mehr eine Auszeichnung, in dem Mißlingen dagegen eine Beschimpfung für sich sah, aber den Widerstand der Mächtigen gewahrte, das *) Gabinius war der zehnte. 235 Sechs und dreißigstes Buch. Ansehen, als müßte ihm derselbe aufgedrungen werden. Auch sonst schien er, wonach er am meisten trachtete, das am wenigsten zu erstreben und that es jetzt um so mehr, da ihn bei eigener Bewerbung Neid, würde er aber wider Willen, als der tüchtigste Feldherr, dennoch erwählt werden, Ruhm erwartete. 8. Er erhob fleh in der Versammlung und sprach folgendermaßen: „Es freut mich immer von euch geehrt zu werden, ihr Quiriten. Wohl darf man stolz auf die Auszeichnung seiner Mitbürger seyn, und ich, so oft von euch geehrt, finde kein Maß der Dankbarkeit für die Zeichen von Wohlwollen, die ihr mir von neuem gebt. Allein weder euch will solch unbegrenzte Güte, noch mir die beständige Feldherrnschaft geziemen. Der Beschwerden genug habe ich von Kindheit auf getragen, sprecht auch die Leistungen Anderer an. Ruft euch zurück, welche Mühsale ich als noch unbärtiger Knabe") in dem Kriege wider Cinna und kaum zum Jünglinge gereift, in Sicilien und in Africa * **) ***) erduldete, welchen Gefahren ich, bevor ich noch unter den Vatern saß, in Spanien l), entgegen ging. Für alles Dieß seyd ihr nicht undankbar gewesen — wie sollt' ich es läugnen! Zu den vielen und hohen Ehren, deren ihr mich gewürdiget, habt ihr mir den Oberbefehl wider Scrtorius, den kein Anderer übernehmen ') Bergt. Nro. 265. der Bruchstücke. **) Sr stand in seinem drei und zwanzigsten Jahre, und wurde erst mit dem fünf und zwanzigsten juvcuis. ***) In Sicilien gegen Perpenna und Carbo, in Africa gegen DomitiuS. k) Gegen Sertvrius. 236 Casfius Dio's Römische Geschichte. wollte oder konnte, anvertraut und als höchsten Siegespreis einen aussergewöhnlichen *) Triumphzug bewilligt. Jetzt haben die vielen Feldherrnsorgen, die mich gedrückt, die mancherlei Gefahren, denen.ich getrotzt habe, meine Gesundheit geschwächt und meinen Geist erschöpft. Denn denket nicht, Laß ich noch Jüngling sey, daß ich so und so viel Jahre zähle **). Zählet die Schlachten, welche ich gekämpft, die Gefahren, welche ich bestanden und überzeugt euch, daß ich über die Zahl meiner Jahre gelebt, daß ich zu Anstrengungen des Körpers wie des Geistes nicht mehr Kraft genug besitze." g. „Wollte aber Einer auch alles Dieß nicht achten, so bedenkt, welchen Neid, welche» Haß man erregt Was ihr, zwar nicht beachtet und nicht beachten dürft, Was aber mir sehr nahe geht: und ich gestehe, daß kein Uebel im Gefolge des Kriegs mich so sehr außer Fassung bringt, so sehr bekümmert, als Neid und Haß. Welcher Vernünftige lebte wohl gerne unter Menschen, die ihn beneiden? Wer drängte sich zu einem öffentlichen Amte, wo er im Falle des Mißlin- gens Verantwortung, wenn er glücklich ist, nichts als Neid zu erwarten hat? Erlaubt mir daher, aus diesen uud andern Gründen, in Ruhe mir und den Meinigen zu leben, damit ich endlich auch für meine häuslichen Bedürfnisse sorge und nicht diesen Uebeln zum Opfer werde. Wählt gegen die Seeräuber einen andern Führer. Viele der Aelteru und *) Pompejus war der Erste, der als Ritter, ohne Consul oder Prätor gewesen z» seyn, triumphirte. ") Pompcsus war noch nicht vierzig Jahre alt. Wir übersetzen »ach dem muthmaßlichen Sinn der verdorbenen Stelle. 237 Sechs und dreißigstes Buch. Jüngern wollen und können den Oberbefehl zur See übernehmen und ihr habt unter den Vielen eine leichte Wahl. Ich bin wohl nicht der Einzige, der euch liebt, der Erfahrung im Kriege hat , nein auch Der — und Der — die ich nicht nenne, um nicht den Schein der Parteilichkeit zu haben." io. So weit Pompejus. Jetzt nahm Gabinius das Wort: ,,Ein rühmlicher Zug an Pompejus ist es, ihr Quinten, daß er die Ehrenstellen weder sucht, noch bei den an- gebotnen sich übereilt. Ein rechtlicher Mann darf überhaupt nicht nach Würden jagen, noch sich in wichtige Geschäfte drängen; in diesem Falle aber wird es besondere Pflicht, Alles mit Umsicht zu beginnen, um des Erfolges versichert zu seyn. Zu rasches Versprechen übereilt die That und wird Vielen verderblich; reifliche Ucbcrlcgung zu Anfang aber bleibt im Handeln sich gleich und nützet Allen. Ihr aber dürft nicht bedenken, Was ihm behagt, sondern Was dem Staate frommt. Nicht den Zudringlichen, sondern den Tüchtigen übertragt die Geschäfte. Jene findet ihr in großer Zahl, von Diesen außer Pompejus Niemand mehr. Erinnert euch, welche Unfälle wir in dem Kriege wider Ser- torius aus Mangel an einem tüchtigen Feldherrn erlitten, bis wir aus Jüngern und Bettern ihn als den rechten Mann herausgefunden! Und doch haben wir ihn vor dem gesetzlichen Alter, bevor er noch im Senate faß, statt der beiden Consuln ausgesendet. Ich wollte und wünschte, wenn Wünschen Etwas hälfe, daß wir recht viele brauchbare Männer hätten. Wenn aber der fromme Wunsch nicht reicht, wen» der Tüchtige nicht vom Himmel fällt, wenn es der Naturanlage, der Erfahrung, der Uebung und zu allem Dem des 238 Cassüls Dio's Römische Geschichte. Glückes bedarf (und wie selten trifft man sie vereinigt); so müßt ihr, wenn Einer sich findet, diesen einmüthig begünstigen und, wenn er nicht will, sogar nöthigen. Ein Zwang, gleich ruhmvoll für Den, der ihn ausübt und der ihn leidet; für Jenen, weil er sein eigenes Glück fördert, und für Diesen, weil er seine Mitbürger beglückt, für die der wohlgesinnte Patriot Leib und Leben aufs Bereitwilligste opfern wird." ir. ,,Oder glaubt ihr, daß dieser Pompejus nur als Jüngling Soldat und Feldherr seyn, unser Reich erweitern, unsre Bundesgenossen schützen und feindliche Länder erobern konnte, jetzt aber bei voller Manneskraft und in solchem Alter, wo Jeder sich selbst übertrifft, wo er aus so vielen Kriegen die reichsten Erfahrungen gewonnen, euch nicht die wichtigsten Dienste leisten werde? Ihn, den ihr als unbärtigen Jüngling zum Feldherrn gewählt, solltet als Mann ihr verwerfen? Ihm, -dem ihr als Ritter jene Kriege übertragen, wollt ihr, als Senator, diesen Feldzug nicht anvertrauen? Ihm, den ihr vor genauerer Prüfung in dem Dränge der GefahrMr den einzigen Retter gehalten, wollet ihr, da erst tüchtig sich bewährt, in der jetzigen nicht minder wichtigen Sache nicht vertrauen? Ihn, den ihr, noch nicht zum Feldherrn gereift, gegen den Sertorins gewählt, wollt ihr, als gewesenen Consul nicht gegen Seeräuber schicken? Aber es bleibt euch keine Wahl; und du, Pvmpejns, höre mich und die Stimme des Vaterlands! Für das Vaterland bist du geboren, für das Vaterland erzogen; seinem Dienste mußt du dich weihen, für sein Wohl jeder Beschwerde, jeder Sechs und dreißigstes Buch. 239 Gefahr dich unterziehen, ja wenn du auch sterben müßtest, ohne Zögern selbst dem Tode entgegen gehen." i,. „Lächerlich ists, dich, der du in so vielen und so gefahrvollen Kriegen deinen Muth und deine Vaterlandsliebe bewährt, hierzu erst aufzufordern. Aber noch einmal, folge meinem, folge dem Rufe deiner Mitbürger! Nicht schrecke dich die Mißgunst Einzeliicr, sie mache dich nur noch eifriger; verachte gegen die Liebe des Volks und, gegen den Nutzen, den du uns allen schaffst, diese Neider. Und wenn du ja dich rächen willst, so beginne deine Rache damit, daß du wider ihr Hoffen und Erwarten als Feldherr dir neue Lor- bern erwirbst und deine frühern Großthaten damit krönest, daß du uns aus so vielen und so großen Gefahren befreist." ' >3. Gegen diese Rede des Gabinius wollte Trebellius auftreten, als er aber nicht zum Worte kam, widersetzte er sich der Abstimmung. Hierüber aufgebracht, verschob Gabinius die Stimmgebung über Pompejus u»d ließ über Trcbel- lius selbst abstimmen. Schon hatten siebzehn Tribus gestimmt, daß Trebellius ungesetzlich handle und nicht mehr Tribun seyn könne, und die achtzehnte *) war im Begriffe dasselbe zu thun, ohne daß Trebellius sich zufrieden gab. Da erhob Roscius, jede Einrede vergeblich erachtend, die Hand**) und schlug vor, zwei Männer zu wählen, um wenigstens so des Pompejus Macht zu beschränken. Ueber *) Da die Anzahl der Tribus fünf und dreißig war, so entschied schon die achtzehnte. **) Plutarch (im Leben des Pompejus) drückt sich noch deutlicher aus: Roscius hob zwei Finger in die Höhe und rieth damit u. s, w. 240 Cassius Dio's Römische Geschichte. dieser Handbewegung schrie das Volk so laut und drohend auf, daß ein Rabe, der über ihnen hinflog, wie vom Donner gerührt, auf sie herabstürzte. Jetzt rührte Roscins Zunge und Hand nicht mehr. Catulus hatte bisher geschwiegen; jetzt aber forderte ihn Gabinius, der nicht zweifelte, daß er als erster Senator die Andern günstig stimmen und durch das Beispiel der Volkstribunen belehrt, seinen Beitritt, wie er hoffte, nicht versagen würde, auf, seine Meinung zu sagen. Als ein Mann, der durch Wort und That das Gemeinwohl zu fordern strebte, geehrt und hochgeachtet, erhielt er das Wort und sprach folgendermaßen: „Daß ich jederzeit die Sache des Volks verfochten, ihr Quirlten, kann Keinem von euch unbekannt seyn. Und seyd ihr davon überzeugt, so ist es mir Pflicht, mit offenem Freimuth euch zu sagen, Was ich für den Staat ersprießlich erachte, und eure Pflicht ist, mich ruhig zu hören und dann euern Entschluß zu fassen. Schenkt ihr mir nicht Stille, so würdet ihr das Nützliche, welches ihr vielleicht hören dürftet, nicht erfassen; beherzigt ihr meine Worte, so möget ihr immerhin von mir vernehmen, Was euch fördern kann. Vor Allem nun behaupte ich, daß man keinem Mitbürger die Feldherrngewalt so oft hinter einander übertragen dürfe. Es ist nach unsern Gesetzen untersagt und hat sich durch die Erfahrung als höchst gefährlich erwiesen. Was machte den Manns zu Dem, was er ward, als daß er in kürzester Zeit so viel Kriege zu führen bekam und in wenigen Jahren sechsmal Consul geworden? Was den Sylla zum Sylla, als daß er so viele Jahre hinter einander den Oberbefehl der Heere behielt, hierauf zum Dictator und dann zum Consul erwählt ward? Es liegt 241 Sechs und dreißigstes Buch. einmal nicht in der Natur des Menschen, daß der jüngere oder ältere Mann, an langes Herrschen gewohnt, sich der Landessttte wieder zu fügen den Willen habe." ,5. „Nicht sage ich dieß, den Pompejus zu beschuldigen, sondern weil es euch niemals zuträglich gewesen und nach unsern Gesetzen nicht gestattet ist. Die Feldherrnschaft bringt Denen, die wir würdig finden, entweder Ehre, so müssen alle Tüchtigen darauf Anspruch haben (dieß ist Frei- bürgerthum): oder Beschwerde, so müssen auch darein Alle gleich sich theilen (Dieß fordert die Gleichheit). So erleichtert euch die Uebung Vieler durch die That die Wahl der Tüchtigen zu jeglichem Geschäfts; während im andern Falle nur Wenige die zu solchen Frldämtern erforderlichen Kenntnisse erwerben. So geschah es, daß ihr in dem Kriege wider Scrtorius um Feldherrn so verlegen wäret, weil ihr vor dieser Zeit immer nur derselben Männer euch bedientet. Ist also auch Pompejus in jeder andern Hinsicht würdig, gegen die Seeräuber gewählt zu werden, so dürft, weil eine solche Wahl nicht nur ungesetzlich ist, sondern auch durch die Erfahrung als verderblich sich erwiesen, weder ihr noch er sie gestatten." -6. „Dieß fürs Erste und Hauptsächlichste: weiter aber bemerke ich, daß, wenn gemäß den Gesetzen die Consuln *), die Prätoren, die Proconsnln und die Proprätoren die Provinzen und Kriegsämter erhalten, es weder recht noch rath- sam für euch ist, Liese zu übergehn und eine neue Art von Amt einzuführen. Wozu wählt ihr denn die jährlichen Be- *) Nach Reimarus Verbesserung. Div Lassius. S§ Ddchu. 8 242 CassiuS Dio's Römische Geschichte. amten, wenn ihr sie nicht in solchen Fällen gebrauchen wollt? Daß sie in purvurverbrämten Oberkleidern umherwandeln? Daß sie nur dem Namen nach Beamte, der Rechte ihrer Aemter aber verlustig seyen? Müßt ihr nicht diese und alle andern Diener des Staates verletzen, wenn ihr die hergebrachten Aemter aufhebt, den gesetzlich gewählten Männern Nichts vertraut und eine neue und bisher noch nie bestandene Amtsgewalt einem Manne übertragt, der in keinem öffentlichen Amte steht." 17. „Sollte >e außer den jährlichen Obrigkeiten eine weitere zu wählen nöthig seyn, so haben wir dafür eine altherkömmliche Norm, — den Dictator. Aber auch diesen haben eure Däter nicht für alle Geschäfte und nicht länger als auf sechs Monate gewählt. Bedarf es eines solchen, so könnet ihr, ohne die Gesetze zu verletzen, ohne euch eines Leichtsinns in Berathung des Gemeinwohls schuldig zu machen, den Pvmpejus oder irgend einen Andern zum Dictator wählen, nur dehne er seine Gewalt nicht über die gesetzte Zeit, nicht über die Grenzen von Italien aus! Denn eS kann euch nicht unbekannt seyn, daß auch darauf eure Väter streng« hielten, und daß man nur ein einziges Beispiel hat, wo ein Dictator für Sicilien **) gewählt wurde, ohne daselbst Krieg führen z» dürfen. Allein "*) Italien bedarf keines solchen Gewaltsmanns, und euch wäre, ich sage nicht das Amt, der bloße Name Dictator schon unerträglich. Dieß ») Statt övrwn lese ich ^ncrrMV. ") Aulus Atillus Ealatinus 5V4 n. Srb. .Ronis. *") Statt r) ostre lese ich aH' orirr- 24S Sechs und dreißigstes Buch. beweist eure Entrüstung gegen Sylla. Wie ließe sich also entschuldigen, jetzt eine solche Gewalt, auf drei Jahre, für alle Staarsgeschäfre in - und außerhalb Italien aufzustellen? Wie viele. Gefahren daraus für die Staaten entspringen, wie Viele schon durch gesetzwidrige Herrschsucht unser Staatsleben verwirrt und tausenderlei Uebel über uns gebracht haben , ist Keinem von euch unbekannt." >3. „Was braucht es wettern Beweises? Wer sieht nicht ein, daß es überall nicht gut gethan noch heilsam ist, Einem das Ganze anzuvertrauen, ihn zum Herrn all unsrer Güter zu machen? Und wäre er der beste, so müßten ihn zu große Auszeichnungen, übermäßige Gewalt übermüthig machen und verderben! Auch gebe ich euch zu bedenken, Laß Ein Mann unmöglich das ganze Meer beherrschen, die Leitung des ganzen Kriegs mit Erfolg übernehmen kann. Denn wollt ihr die Sache am rechten Ort angreifen, so müßt ihr sie allenthalben zumal bekriegen, damit sie sich nicht zusam- mcnrhun, nicht ihre Schlupfwinkel bei den nicht Bekriegten suchen und euch entschlüpfen. Hierfür aber reicht Ein Mann auf keine Weise au». Denn wie kann er an demselben Tage in Italien, Cilicie», Aegyplen, Syrien, Griechenland und Hispanien, auf dem Ionischen Meere und auf den Inseln Krieg führen? Soll etwas Erkleckliches geschehn, so müßt ihr eine starke Mannschaft und viele Befehlshaber aufstellen." >g. „Wendet man aber ein, daß, wenn ihr auch einem Einzigen den ganzen Krieg übertrüge!, dieser doch auf jeden Fall seine Admirale und Befehlshaber unter sich hätte; so antworte ich mit mehr Recht und mehr Bcdachtnahme auf unsern Vortheil: warum können nicht dieselben Männer, 8 * 244 CassiuS Dio's Römische Geschichte. welche als Befehlshaber unter ihm stehen sollen, von euch selbst gewählt und mit unbeschränkt Gewalt bekleidet werden? Denn so ließen sie sich den Krieg mehr angelegen seyn, weil Jedem sein eigner Theil zugewiesen wäre, und er einen Fehlgriff, den er machte, keinem Andern zuschieben könnte; sie würden einander vielmehr nacheifern, weil Jeder, auf sich selbst gestellt, auch den Ruhm seiner Thaten für sich zu ernten hoffen dürfte. Wer dagegen würde unter den Befehlen eines Andern ohne Widerrede den gleichen Eifer bethätigen, wenn er nicht für sich, sondern für einen Andern siegen soll? daß aber einen solchen Krieg Ein Mann nicht allein zu führen vermag, gesteht selbst Gabinius, wenn er dem gewählten Oberadmiral eine Menge Gehülfen hergeben will. Noch bleibt uns zu betrachten übrig» ob sie als Oberoder als Unterbefehlshaber und Legaten, ob vom ganzen Volke mit unbeschränkter Gewalt, oder von ihm allein als seine Handlanger- ausgeschickt werden sollen. Daß mein Vorschlag sowohl an sich als iu Bezug auf die Seeräuber gesetzmäßiger ist, wird mir Keiner von euch bestreiken. Bedenkt aber noch siberdicß, welchen Schritt ihr thut, wenn ihr wegen des Seeräuberkriegs alle Obrigkeiten auflösen und keine Gewalt Weder in Italien noch in drn Provinzen fortbestehen lassen wollt *)." *) Hier fehlt der letzte Theil der Rede des CatnlnS und ihre Ausnahme beim Volt. Als er sah, daß er nichts ausrichtete, gab er sich zufrieden. Tiphilinus führt aus Dio an: Als Catulus, einer der ersten Männer Roms, in einer Rede das Volk fragte: „Wenn ihm aber in diesem Kriege etwas Menschliches begegnet, welchen Andern wollt 245 Sechs und dreißigstes Buch. ro.-und in Italien als Proconsul auf drei Jahre, auch gab man ihm fünfzehn Unterbefehlshaber und soviel Schiffe, Gelder und Truppen, als er wollte. Dieß und Was sonst noch zum Kriege erforderlich war, bestätigte, obwohl ungern, der Senat, besonders da Piso in dem Narbo- nesischcn Gallien, seiner Provinz, den Unterbefehlshabern des Pompejns nicht gestattete, Werbungen anzustellen, und das Volk darüber aufgebracht war und ihn seiner Stelle entsetzt haben würde, wenn nicht Pompejns selbst für ihn Fürsprache eingelegt hatte. Nachdem er nun Alles gemäß den Umständen nach Gutdünken vorgekehrt, überschiffte er zu gleicher Zeit das ganze Meer, so weit es die Seeräuber beunruhigten, theils selbst, theils durch seine Unterbefehlshaber und stellte noch in demselben Jahre fast überall die Ordnung her. Denn er hatte so viel Schiffe und Truppen zu seiner Verfügung, daß ihm zu Wasser und zu Lande Niemand widerstehen konnte; er bewies aber dabei gegen Diejenigen, welche sich ihm ergaben, so viel Menschlichkeit, daß er auch hierdurch sehr Viele unterwarf. Denn da die Leute, durch seine Macht überwältigt, diese Beispiele seiner Milde sahen, wurden sie sehr geneigt, sich ihm in die Arme zn werfen. Er sorgte nicht nur überhaupt für sie, sondern wieS ihnen auch, damit sie nicht wieder aus Dürftigkeit auf schlimme Wege geriethen, unbewohnte Gegenden an oder ihr statt seiner an diesen gefahrvollen Posten wählen?" so rief das ganze Volk wie aus ein verabredetes Zeichen: dich! Und so bekam Pomxejus den Oberbefehl auf dem Meere, den Inseln und dem Lande, auf vierhundert Stadien (fast neun deutsche Meilen) von dem Meer. 246 CasstuS Dio's Römische Geschichte. verpflanzte fle in Städte, die nicht genug Einwohner hatten. Auf diese Art wurde unter andern vielen das früher Soli genannte und von Tigranes zerstörte PompejopoliS ') an der Küste von Cilicien bevölkert. ,i. Dieß geschah unter den Consuln Acilius und Piso. Auch wurde gegen die des Aerutcrkaufs Ucberiviesenen von den Consuln selbst das Gesetz ") gemacht, daß sie weder ein Amt beklerden noch im Senate sitzen dürsten und überdies; einer Geldstrafe verfallen seyn sollten. Nachdem nämlich die Vvlks- tribunen in ihre frühern Rechte zurückgetreten und viele der von den Censoren aus dem Senat Entfernten ihre Stellen wieder zn erhalten suchten *"), entstanden bei allen Aemrer- besttzungen viele Parteien und Roltirnngen. Dieß thaten aber die Consuln nicht aus gerechtem Eifer gegen den Unfug (denn sie selbst waren auf ähnlichem Wege gewählt und Piso selbst darvb belangt worden, hatte aber durch den Einen und den Andern die Zurücknahme der Anklage bewirkt), sondern weil sie vom Senate dazu genöthigt worden. Der Volks- tribun Casus Cornelius wollte nämlich, mit Zustimmung des Volks gegen die Schuldigen zu strenge Strafe» in Vorsctzlag bringen. Der Senat jedoch, in der Voraussicht, daß die Androhung überstrenger Strafen zwar für den Augenblick *) Ich nehme hier eine Versetzung und lese xcri rwn öca^k/sitrstsikvcar' i-uo rmn rc/uyrWr-, Sturz liest: noUoi virö r<5v rc/r^rwu örll/x^azizrrt'ol. ") Die lex Lulpurnia cks aurkülu *") Seit dem Jahre der Erbauung Noms 684, 70 vor Christus, wo den Tribunen ihre von Sylla beschränkte Gewalt zurückgegeben wurde. 247 Sechs und dreißigstes Buch. schreckt, die Schuldigen aber, wenn sie, gesetzlich überwiesen, Unrettbar verloren sind, nicht leicht Ankläger und Vernr- theiler finden, eine mäßige Strafe dagegen Viele zur Anklage bewegt und die Vernrtheilung nicht erschwert, befahl den Dorscklag des Tribuns in ermäßigter Gestalt dem Volke vorzulegen. Weil aber schon die Wahlen angesagt waren und vor denselben kein Gesetz mehr gegeben werden durfte, die Bewerber um Staaksämter aber in der Zwischenzeit großes Anheil st,fielen und sogar blutige Händel vorfielen, beschloß man, das Gesetz noch vorher durchzusetzen und den Consuln eine Bedeckung zu geben. Darüber ausgebracht, brachte Cornelius in Antrag, daß der Senat nicht das Recht haben sollte, Einem, der nicht gesetzlich darum anhielte, ein Amt zu geben, oder sonst ei» dem Volke zuständiges Recht auszuüben; wofür uralte Gesetze sprachen, an die man sich aber nicht hielt. Als es. darvb zu heftigem Streite kam, weil sich außer vielen andern Senatoren auch Piso widersetzte, zerbrach ihm die Menge die Farcen und drohte ihn in Stücke zu zerreiße». Da Cornelius sah, daß die Sache zu weit führte, entließ er, bevor es noch zum Schlüsse kam, die Versammlung, fügte aber nachher seinem Gesetzvvrschlage bei, daß der Senat durchaus den Antrag stellen, das Volk ihn zum Beschluß erheben müßte. rä. So setzte er dieses und noch folgendes andere Gesetz durch. Bisher hatten die Prätoren die Rechrsgrundsätze, nach denen sie richten wollten, öffentlich bekannt gemacht. Da sie aber nickt alle über die Verträge bestehenden Rechtsnormen beobachteten, Dieß nicht blos das eine oder das an- 248 Cassius Dio'S Römische Geschichte. deremal unterließen und sich nicht einmal an die von ihnen selbst festgestellten Grundsätze hielten, sie oft sogar veränderten und dabei je nach Gunst oder Feindschaft, wie es zu gehen pflegt, verfuhren, so trug er darauf an, daß sie die Grundsätze, nach denen sie Recht spreche» wollten, voraus bestimmen und nicht davon abweichen sollten. Ucberhaupt waren die Römer damals so ernstlich darauf bedacht, Bestechungen zu verhüten, daß sie nicht blos die Ueberführteu bestraften, sondern auch den Anklägern Belohnungen aussetzten. Als daher Marcus Cotta seine» Quästor PubliuS Oppius wegen Geschenkannahme und Verdacht» heimlicher Nachstellung entlassen, selbst aber in Bithynien sich Erpressungen erlaubt hatte, beehrten sie dessen Ankläger Casus Carbo, obgleich er zuvor blos Volkstribun gewesen, mit den Consu- larischen Auszeichnungen *). Als Dieser aber später in seiner Provinz Bithynien eben so schlimm wie Cotta verfahren, ward er von dessen Sohne darob belangt und schuldig befunden. Oft geschieht es, daß man Andere tadelt und den Tadel nicht selbst beherzigt und gar zu gerne selbst thut, was man bei Andern strafbar findet; so daß man nicht darauf rechnen darf, baß Einer Das haßt, was er Andern zum Verbrechen macht. -4. Lucius LucüUus nahm nach Beendigung seines Richteramts in der Stadt, die ihm durchs Loos zugefallene Provinz Bithynien, aus Abneigung gegen die Statrhaltcrei, nicht an, weil die Meisten in deu Provinzen eben nutzt zum *) Nicht das Consulat. Dieß ist das erste Beispiel, daß Einer, der noch nicht Consul gewesen, consularische Auszeichnung erhielt. 249 Sechs und dreißigstes Buch. besten wirthschaften. Seme sanfte Gemüthsart hatte er.zur Genüge beurkundet; denn als Acilins seinen Richterstuhl zerschlagen ließ, weil er ihn beim Donibergehen gesehn harte nicht aufgestanden war, wurde er so wenig aufgebracht, daß er, und ihm zu gefallen seine Amtsgenossen, sofort stechend ihr Urtheil sprachen. -5. Auch Roscius und Casus Manilius brachten als Volkstribunen neue Gesetze in Antrag. Jener wollte die Sitze der Ritter in den Schauspielen von dni übrigen abgesondert wissen und kam dadurch sehr zu Ehren; Manilius hätte für seinen Antrag beinahe mit dem Leben gebüßt. Er hatte nämlich am leyten Jahrestage, noch gegen Abend, von Einigen aus der Menge unterstützt, den Freigelassenen gleiches Stimmrecht mit ihren frühern Herren zugesagt. Als Dieß der Senat Tags darauf, am ersten Tage des Monats erfuhr, und Lucius TulliuS und Aemilius Lepidus das Consulat angetreten hatten, verwarf der Senat den Vorschlag desselben. Durch den Unwillen des Volks in Furcht gesetzt, nannte er als Urheber seines Vorschlags anfangs den Craffus und Andere; wie ihm aber Niemand glaubte, fing er an, dem Pompejus zu schmeicheln; obgleich migerne, besonders da er merkte, daß Gabinius bei demselben hoch angeschrieben war. Denn nun trug er darauf an, daß Diesem sdem Pompejuss der Krieg wider Tigranes und Mithndates und Bithynien und Cilicien als Provinz zuerkannt wurden. ,K. Unwille und Widerspruch der Großen regten sich zwar auch jetzt, besonders weil Marcius und Acilius, bevor ihr Jahr zu Ende ging, von ihrer Verwaltung abtreten mußten. Das Volk aber genehmigte, obgleich es, als wäre 250 Cassius Dio's Römische Geschichte. der Krieg schon beendigt, Männer abgeschickt hatte, um die nach Lucullus Briefen eroberten Länder auf Römischen Fuß einzurichten, den hauptsächlich von Cäsar und Marcus Cicero unterstützten Antrag. Diese sprachen aber dafür, nicht weil sie denselben dem Staate für zuträglich hielten, oder dem Pompejus einen Gefallen erweisen wollten, sondern weil er ohne sie durchgegangen wäre. Cäsar hatte noch die Nebenabsicht, das Volk für sich zu gewinnen, weil er dasselbe dem Senate bei weitem überlegen sah und gleiche Vergünstigungen für sich vorbereitete. Auch wollte er dadurch mehr Mißgunst und Feindschaft gegen den Pompejus anfachen, damit die Römer nm so eher seiner überdrüssig würden. Cicero aber gab sich das Ansehen, als hätte er die Wagschale des Staats in seinen Händen und wollte bei dem Volk und den Großen dafür gelten, daß, wohin er das Gewicht lege, die Schale sinken müße. Er war Beider Freund und trat bald auf diese bald auf jene Seite, um sich bei beiden Theilen in Achtung zu erhalten. Hatte er sich früher für die Vornehmen arklärt') und war daher lieber Aedil als Volketribun geworden, so trat er jetzt zu dem Abschäume des Pöbels über. , 7 . Als spater die Großen den Mauilius in Anklagestand versetzten und dieser Zeit zu gewinnen suchte, war er ihm nicht nur überhaupt entgegen, sondern gab auch als Präivr und erster Richter nur nach vielen Bitten zu, die Sache auf dcu folgenden Tag zu verschieben, indem er das nahe Ende des Jahres vorwendete. Als jedoch das Volk Statt wpoetcrl^kletAcrt lese ich nach Reimarus Vorschlag mit Sturz N(>o«t(>et<7A«l. 25L Sechs und dreißigstes Buch. darob murrte, erschien Cicero auf die Nöthigung der Volkstribunen , in der Volksversammlung, redete wider den Senat und versprach den Manilius mit zu vertheidigen. Dies; zog ihm üble Nachreden zu, er ward ein Ueberlqufer gescholten. Doch hemmte den Gerichtsgang ein plötzlicher Aufstand. Publins Pätus nämlich und Cornelius Sylla, des allgewaltigen Sylla Brudersohn, zu Consulu erwählt, wurden der Bestechung angeklagt und hatten verabredet, ihre Ankläger Lucius Cotta und Lucius Torquatus, zumal da sie an ihrer Statt für das künftige Jahr zu Consulu bestimmt waren, umzubringen, und hierzu nebst Andern den Cneus Piso und den Lucius Catilina, einen höchst verwegnen Mann, der selbst sich um das Consulat beworben hatte und ihnen deßhalb um so mehr grollte, aufgestellt. Ihr Anschlag aber mißlang, weil die Sache verrathen ward und Cotta und Torquatus vvm Senat eine Wache erhalten hatte»;* **) ) — sie würden sogar öffentlich gerichtet worden seyn, wenn nicht ei» Volkstribun eingeschritten wäre. Als sich aber Piso auch so nicht zufrieden gab, besorgte der Senat einen Aufstand und schickte ihn als Befehlshaber *') nach Spanien, wo er jedoch von den Einwohnern, wegen irgend einer Un- bilde, erschlagen ward. -8. Powpejus schickte sich anfangs an, nach Creta und zu Metellus zu Schiffe zu gehen; als er aber den neuen Dolksbeschluß erfuhr, stellte er sich, wie früher, ungehalten *) Hier scheint eine Lücke zu seyn. **) kisc> in cileriorem üiszisnini» «^naesloi ^rc> ^raelore inis- sus e»t. 8»IIus>. Cap. 30. 252 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. nnd klagte über seine Gegner, als schöben sie ihm immer nur gefahrvolle Unternehmnngen zu, um ihn irgendwo zu Falle zu bringen, in der That aber kam ihm Nichts erwünschter; er kehrte sich nicht mehr an Creta nnd andere Zuselpnnkte, die noch nicht zur Ordnung gebracht waren, sondern rüstete sich znm Kriege wider die Barbaren nnd schickte, um den Mithridates auszuholen, den Mctrophancs mit freundschaftlichen Anträgen an ihn ab. Dieser aber nahm die Botschaft sehr kalt auf, weil der Partherkönig Arsaces indessen gestorben war und er dessen Nachfolger Phraates für sich zu gewinnen hoffte. Als aber Pompejns unter denselben Bedingungen gar bald mit Phraates ein Frenudschaftsbündniß geschlossen und Diesen vermocht hatte, in das dem Tigranes unterworfene Armenien einzufallen, geriet!) er in Furcht und schickte sogleich eine Gesandtschaft ab, über Frieden zu unterhandeln. Pompejus verlangte, er sollte die Waffen niederlegen und die Ueberläufer herausgeben, Dieser hatte aber keine lange Bedenkzeit. Denn da diese Forderungen im Lager bekannt wurden und die Ueberläufer, deren eine große Anzahl war, ihre Auslieferung — seine eigenen Leute aber, ohne jene kämpfen zu müßen fürchteten, kam es zum Aufstand, und sie hätten sich an Mithridates selbst vergriffen, wenn Dieser nicht mit der Versicherung, er habe nicht nm Frieden, sondern um die Macht der Römer auszukundschaften, die Gesandtschaft abgeschickt, sie mit Mühe besänftigt hätte. -g. Sobald Pompejus sah, daß es zum Kampfe kam, traf er die nöthige Vorkehr und rief die Valerianer unter seine Fahnen zurück. In Galatien kam ihm Lucullus mit 253 Sechs und dreißigstes Buch. der Erklärung entgegen, der Krieg sey geendigt, es brauche keines Feldzugs mehr 5 auch seyen die Bevollmächtigten, welche der Senat zur Ordnung der Verhältnisse in den eroberten Ländern geschickt, angekommen'. Als er Diesen aber nicht zur Rückkehr bewog, brach er in Schmähungen aus und schalt ihn einen Zudringling, der nach Krieg und Herrschaft geize. Pompejus aber horte nicht auf ihn, verbot Allen, Befehle von ihm anzunehmen und eilte dem Mithri- dates entgegen, um sich sobald als möglich mit ihm zu schlagen. 5o. Dieser aber zog sich, weil er sich zu schwach sah, zurück, verheerte alles Land, durch das er kam, führte den Pompejus in der Irre herum und bewirkte, daß er au Lebensmitteln Mangel litt. Als nun Pompejus aus dieser Ursache in Armenien einfiel und dasselbe ganz unbesetzt zu treffen hoffte, so kam er, dessen Eroberung befürchtend, auch dahin, besetzte dem Feinde gegenüber eine feste Anhöhe und hielt sich mit dem Heere selbst ruhig, indem er die Römer durch Mangel an Lebensmitteln aufzureiben hoffte (er selbst bezog sie in dem eigenen Lande überall her im Ueberfluß), schickte aber immer einige Reiterei in die offene Ebene herab, um die dort Umstrcifendcn anzugreifen, so daß Viele deßhalb zu ihm übergingen. Pompejus wagte nicht ihn hier anzugreifen, verlegte sein Lager auf einen andern Punkt, wo er ringsumher Wald, und daher weniger von der Reiterei und den Bogenschützen der Feinde zu befürchten hatte, legte an einem paffenden Orte einen Hinterhalt, streifte mit wenigen Reitern um das Lager der Feinde, brachte sie in Allarm und verlockte sie an die gewünschte Stelle, wo er 254 CassiuS Dio's Römische Geschichte. Viele niederhieb. Hierdurch ermuthigt schickte er nach allen Seiten auf Fütterung aus. L>. Als er seine Bedürfnisse ungestört bezog, und die Landschaft Ana'kcis in Armenien, die einer Göttin gleiches Namens geheiligt war, mit einem Heerestheile besetzte und daher Viele zu ihm übertraten, auch des Marcius Soldaten bei ihm eingetroffen waren, gerieth Mirhridates in Furcht und traute sich nicht länger zu bleiben, sondern brach plötzlich Nachts in aller Stille auf und marschirtc die Nacht durch auf das dem Tigranes zugehörige Armenien zu. Pompejus folgte, in der Absicht, ihm eine Schlacht zu liefern, wagte jedoch weder bei Tage, wo der Feind sein Lager nicht verließ, noch bei Nacht, wegen Unkenntniß der Gegend, ihn, bevor sie die Grenze erreichten, anzugreifen. Hier merkte er jetzt, daß sie ihm zu entkommen suchten und sah sich deßhalb zu einem nächtlichen Treffen genöthigt, Mit diesem Entschluff- brach er um Mittag, da die Feinde rasteten und sich dessen nicht versahen, nach einer Stelle auf, durch die sie zu kommen hatten. An einem Hohlwege zwischen Hügeln angelangt, führte er das Heer nach den Höhen und erwartete daselbst den Feind. Als Jene, bisher unangefochten und in der Hoffnung, daß ihnen die Römer nicht weiter folgen würden, sorglos und unbehutsam in den Hohlweg vorrückten, überfiel er sie in der Finsterniß. Denn sie hatten nirgends Licht und auch am Himmel leuchtete kein Gestirn. L-. Der Verlauf der Schlacht war folgender: Zuerst bliesen die Trompeter auf ein verabredetes Zeichen mit Vi- nemmal zur Schlacht, dann erhoben die Soldaten mit dem Trosse das Feldgeschrei. Die Einen schlugen mit den Lanzen 255 Sechs und dreißigstes Buch. an die Schilde, Andere mit Steinen an ehernes Geschirr, die hohlen Berge faßten den Klang und gaben ihn mir grauenvollem Wiederhatte zurück, so daß die Barbaren plötzlich in so finstrer Nacht und so öder Umgebung davon aufgeschreckt, in furchtbare Bestürzung geriethen und sich in die rächende Hand eines Gottes gefallen glaubten, indeß sie die Römer von allen Seite» mit einem Hagel von Steinen, Pfeilen und Wurfspießen empfingen und in der dichtgedrängten Masse nie des Ziels verfehlend, die Feinde in äußerste Verzweiflung brachten. Zum Marsche, nicht zur Schlacht gerüstet, Männer und Weiber, auf Pferden, Kameelen aller Arr, auf Wagen, in bedeckten Karren und Kutschen in ein buntes Gewirr zusammen gedrängt, die Eine» verwundet, die Andern der Wunden gewärtig — was Wunder, wenn sie vor Schrecken betäubt auf einauder rennend sich selbst zu Grunde richteten? Solches erlitte» sie, aus der Ferne bekämpft; als aber die Römer ihre Kraft ans der Weite erschöpft, stürzten sie herab und die Aeußerstsn wurden rings um nie» dergchauen und ein Hieb brachte den meist Wehrlosen den Tod; allein auch in der Mitte, wohin der Schrecke» rings umher Alles zusammentrieb, herrschte Noth und Derselben; man drückte und trat sich zu Tode, wußte sich weder zu ret» te», noch des Feinds zu erwehren. Sie konnten, meist Reiter und Bogenschützen, im Finstern weder vor sich ausschauen, noch in den engen Raum gedrängt, ihrer Waffen sich bedienen. Als aber der Mond aufging, freuten sie sich und hofften, in seinem Lichte sich der Feinde leichter erwehren zu können. Auch würde ihnen Dieß geholfen haben, wenn nicht die Römer, welche denselben im Rücken hatten, bald da, 256 Cassius Dio's Römische Geschichte. bald dort angreifend, Augen »nd Hände irrgeführt hätten. Denn da sie, >n Masse andringend, einen sehr tiefen Schatten warfen, schlugen die Barbaren, die Feinde sich ganz nahe glaubend, in die Luft und wurden , wenn sie im Schatten fortrückten, ehe sie sich's versahen, verwundet: so kamen ihrer Viele um und nicht Wenigere wurden gefangen. Doch entkam eine große Anzahl und unter ihnen Mithridatcs. aä. Nun eilte er anfangs dem Tigranes zu; als aber seine Botschaft keine freundschaftliche Aufnahme fand, weil er ihn im Verdacht hatte, er, der Großvater habe seinen Sohn Tigranes zu der Empörung wider ihn verleitet, und ihn deßhalb nicht nur nicht aufnahm, sondern auch seine Gesandten festsetzen und in Ketten werfen ließ, wandte er sich, dieser Hoffnung beraubt, nach Colchis und gelangte von dort, theils mit gutem Willen der Eingebornen, theils mit dem Schwerte sich Bahn machend, an den See Mävtis und den Bosporus, unterwarf sich das Land und setzte seinen Sohn Machares, der auf Seiten der Römer war und daselbst herrschte, so in Furcht, daß er ihm nicht unter die Augen zu kommen wagte. Er ließ ihn durch seine Umgebung, der er Straflosigkeit und Schätze versprach, umbringen *). Während dieser Vorgänge ließ ihn Pompejus verfolgen und als Derselbe über den sFlnßi Phasis entflohen war, baute er an der Stelle, wo er gesiegt, eine Stadt, die er mit seinen verwundeten und altersschwachen Soldaten bevölkerte; auch schloßen sich viele Eingeborne aus der Nachbarschaft an sie Nach Axxiaii brachte er sich selbst ums Leben. Sechs und dreißigstes Buch. 257 an, fle heißen noch jezt Nicopolitaner und sind der Provinz Cappadocien zugetheilt *). Dieß that Pompejus. öa. Tigranes, der Sohn des Tigranes, war inzwischen mit einigen Großen, denen der Greis nicht nach ihrem Sinne regierte, zu Phraates entflohen und vermochte Diesen, der über die in Folge seines Bündnisses mit Pompejus zu ergreifenden Maßregeln sich noch bedachte, in Armenien einzufallen. Sie unterwarfen sich Alles, was ihnen in den Weg kam, rückten vor die Stadt Artarata und belagerten sie, weil der alte Tigranes aus Furcht vor ihnen in die Gebirge entflohen war. Da aber die Belagerung längere Zeit zu erfordern schien, und Phraates, einen Theil des HeereS dem Sohne Tigrans überlassend, in sein Reich zurückkehrte, zog der Vater wider ihn heran und besiegte ihn. Dieser wollte nn» anfangs zu seinem Großvater Mithridates flüchten, da er aber horte, daß Jener, selbst geschlagen, mehr der Hülfe bedürfe, als Andern beistehen könne, begab er sich zu den Römern, und diente dem Pompejus als Führer auf seinem Zuge nach Armenien und wider seinen Vater Tigranes. Z5. Auf diese Nachricht gerieth Tigranes in Furcht, sandte ihm sogleich einen Herold entgegen und lieferte ihm die Gesandten des Mithridates aus. Als er aber auf die Anschuldigungen seines Sohns keine billigen Bedingungen erhielt, sondern Pompejus dessen ungeachtet über den Arares ging und sich Artarata näherte, so übergab er ihm die Stadt, kam freiwillig in dessen Lager, in einem Aufzuge, ») Obgleich Nicopolis in Armenien lag, so gehörte diese Stadt doch zu der Provinz Cappadocien. Dio Casstus. Ls Bdchn. 9 rs8 Cassius Dio's Römische Geschichte. der zwischen der frühern Hoheit und der jetzigen Erniedrigung möglichst die Mitte hielt, um Demselben nicht minder Achtung als Mitleid einzuflößen. Den weißgestrciften Leibrock und den ganz purpurnen Kandys Mantels hatte er abgelegt, trug aber noch die Tiare mit dem Diadem auf dem Haupte. Pompejus hatte ihm zwar, da er nach Landessttte ins Lager hereinreiten wollte, durch einen abgeschickten Lictor bedeutet vom Pferde zu steigen; als er ihn aber zu Fnße herankommen, das Diadem abwerfen und auf den Knieen zu seinen Füßen liegen sah, sprang er auf, hob ihn von der Erde, wand ihm das Diadem um, ließ ihn auf einen Sessel nebe» sich sitzen und tröstete ihn unter andern mit der Versicherung, daß er nicht sowohl die Herrschaft über Armenien verloren, als vielmehr die Freundschaft der Römer gewonnen habe. Mit diesen Worten sprach er ihm Muth ein und lud ihn zur Tafel. Z6. Sein Sohn, der dem Pompejus zur Seite saß, stand vor dem Vater weder auf noch bewillkommte er ihn, auch erschien er, obgleich gebeten, nicht bei der Tafel, was ihm Pompejus sehr übel nahm. Am folgenden Tage hörte er sie Beide und gab dem Vater sei» ganzes Erbleich zurück, nahm ihm aber sein erworbenes sehr bedeutendes Ländergebiet lnnter- andern Theile von Cappadocien und Syrien, PHLnicien, das Grenzland Armeniens Svphanene) *) ab und legte ihm noch eine Geldschatznng auf; dem Sohne aber theilte er das einzige Sophanene, wo sich die Schätze des Königs befanden, zu, über diese kam der junge sTigra- *) Del Andern Sophone genannt. 2Ü9 Sechs und dreißigstes Buch. nes^ in Streit, und da er nicht durchreichte, weil Pompejus sonst nicht zu dem Schatzungsgelde gekommen wäre, ward er ungehalten und wollte entweichen. Pompejus, welcher es noch zuvor erfuhr, nahm ihn in Haft, ohne ihn jedoch zu fesseln. Dann schickte er den Wächtern der Schätze die Weisung, alles Geld an den König abzuliefern. Als sie aber nicht gehorchten und sich damit entschuldigten, daß der junge Tigranes, dem dieses Land jetzt angehöre, es ihnen befehlen müße, so schickte er Diesen selbst nach den Schlössern, wo die Schätze aufbewahrt wurden. Als er sie verschlossen fand, rückte er heran vor dieselben »nd befahl, obgleich wider Willen, sie zn öffnen. Als sie sich immer noch weigerten, weil er nicht freiwillig, sondern gezwungen den Befehl ertheile, verlor Pompejus die Geduld und ließ den Tigranes in Fesseln legen; so kam der alte Tigranes in den Besitz der Schätze, er selbst aber überwinterte in drei Heerestheilen in dem Lande Analtis und an den Ufern des Flusses Cyrnus *) **), und erhielt von Tigranes sowohl viele andere Unterstützung, als auch noch weit mehr Geld als er ausbe- Lungen hatte: was auch hauptsächlich dazu beitrug, daß er ihn später unter die Freunde und Bundesgenossen des Römischen Volks aufnahm; den Sohn aber führte er unter Bedeckung nach Rom. Z/. Dessen ungeachtet waren seine Winterquartiere nicht ruhig. Oröses nämlich, König der Albaner jenseit des Cyr- *) Statt lese ich mit Sturz oiie/ichrv. So heißt auch bei Plutarch der Fluß. Andere nennen ihn Cprus. S 260 Cassius Dio's Römische Geschichte rc. nus, zog, zum Theil wohl, um seinem Freunde, dem jünger» Tigranes, einen Dienst zu leisten, theils und hauptsächlich aus Besorgniß, die Römer möchten auch in Albanien einfallen, und in der Hoffnung, durch eine Ueberrumpelung der i» niedrer» Lagern vertheilten Feinde einen Hanptschlag auszuführen, zur Zeit der Satnrnalien *) gegen sie zu Felde. Er selbst rückte gegen Metellns Ccler, bei dem sich Tigrancs befand; einen zweiten Heertheil schickte er gegen Pompejus selbst, einen dritten gegen Lucius Flaccns, den Befehlshaber des dritte» Winterlagers, damit alle drei Angegriffenen sich nicht zu Hülse kommen könnten. Er richtete aber auf keiner Seite Etwas aus. Ihn selbst wies Celer muthig ab; Flac- cus aber, welcher seinen Wall, seines großen Umfangs wegen, nicht haltbar fand, ließ einen zweiten engeren graben, machte die Feinde glauben. er thue es aus Furcht und verlockte sie in den äußern Wall. Hier machte er unerwartet einen Ausfall auf sie, und tödtete Viele derselben theils im Handgemenge, theils auf der Flucht. Indessen hatte Pompejus den Angriff der Feinde auf die andern Punkte vorher erkundet, ging den wider ihn Anrückenden unerwartet entgegen, schlug sie und eilte, wie er war, auf Oröses zn. Diesen hol-te er zwar nicht ein, weil er, von Celer zurückgeschlagen und von den mißlungenen Angriffen der Anderen benachrichtigt, zurückgeflüchtet war, erreichte aber viele Albaner beim Uebersetzen über den Cyrnus und machte sie nieder. Hierauf schenkte er ihnen auf ihre Bitte den Frieden. Zwar hatte er auch große Lust, sogleich in ihr Land einzufallen, wegen des Winters aber schob er den Krieg nicht ungern auf. So viel von seinen bisherigen Unternehmungen. *) In der Mitte des Decembers. Griechische Prosaiker l » neuen Übersetzungen. Herausgegeben von G. L. F. Tafel, Professor z» Tübingen, C. N. Osiander «nd G. Schwab, Professoren z» Stuttgart. Hundert und achtes Bündchen. S uttgart, Verlag der I. B. Metzler'scheu Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mörschner und Jasper in Wien. i 8 L i. Cassiu s D i »' s Römische Geschichte, übersetzt von 0. Leonhard Tafel, Oberreallehrer an dein Gymnasium z» Ulm. Drittes B ä u d ch e ». Stuttgart, Verlag der 2- B. Metzler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Morschner und Jasper in Wien. i 8 Z i. ^ .-. Cassius Dio's Römische Geschichte Inhalt des sieben und dreißigsten Buches. Pompejus bekriegt die Iberer in Asien. Cap. 1 — 7. Cäsar als Aedil. Cap. 8. Wundcrzeichen. Censur. Alle nichtitali- schen Fremden werden aus der Stadt gewiesen. Cap. 9. Bestrafung des Mörders von Ofella und Anderer. Catilina. Cap. 10. Tod des Mithridates. Cap. 10-14. Die Juden. Cap. 15-19. Pompejus kehrt nach Ordnung der Angelegenheiten Asiens nach Rom zurück. Cap. 20 — 25. Cicero und Catilina. Was sie thaten. Cap. 24 —42. Angriffe auf Cicero und den Senat. Cap. 45. Cäsar als Prätor. Cap. 44 — 48. Allobrogischer Krieg. Cap. 47—49. Pompejus in Rom. Cap. 50. 51. Cäsar, Proprätor von Lusitanien. eilt nach rühmlicher Verwaltung seiner Provinz nach Rom und bewirbt sich um das Consulat. Er verbindet sich mit Pompejus und Crassus. Cap. 58. Der Zeitraum begreift sechs Jahre, während welcher Folgende Consuln waren: Bor Chr. Jahr d. Erb. Roms. 65 689 Lucius Aurelius Cotta und Lucius ManliuS Torquatus. 64 65 62 690 Lucius Cäsar und Cajus Martins Figulus. 691 Marcus Tullius Cicero und Cajus Antonius. 692 Decius Junius Silanus und Lucius Licis nius Murena. 695 Marcus Pupius Piso und Marcus Aale- rius Meffala Niger. 694 Lucius Afranius und Ouintus Cäcilius Me- tellus Celer. S66 Casstus Dio's Römische Geschichte. Sieben und dreißigstes Buch. Im folgenden Jahre unter dem Eonsulate des Lucius Cotta und des Lucius Torquatus bekriegte Pompejus die Albaner und die Iberer, Diese zuerst, gegen seine Absicht, von ihnen selbst genöthigt. Artoccö nämlich, der König jener Völkerschaft, welche dieß - und jenseits des sAlnfsesj Cyrnus wohnt und hier an die Albaner, dort an die Armenier grenzt, schickte, aus Besorgniß, er möchte auch ihn angreifen, Gesandte unter dem Scheine der Freundschaft an ihn, in der That aber, um ihn sicher zu machen und daher unvorbereitet zu überfallen. Pompejus aber, davon benachrichtigt, fiel, bevor er sich gehörig rüsten und den unzugänglichen Paß besetzen konnte, in sein Land ein und erschien eher vor seiner Stadt, Acropolis genannt, als Artoces von seinem Anzüge Kunde bekam. Sie lag dicht in den Engpässen zwischen zwei vorspringenden Armen des Cancasus *), wv sie zur Bewachung des Eingangs befestigt worden war. Artoces fand in der Bestürzung nicht mehr Zeit znr Gegenwehr , flüchtete über den Fluß und brannte die Brücke hinter sich ab. Die Besatzung der Stadt, welche in deren Ber- *) Das hier fehlende Satzglied versetze ich mit Reimarus durch ein zweites FnAxn und lese enArn rr x«i xv-Arn, so entspricht die Stelle auch der Beschreibung des Strabo. Reiske will lesen ö'nAxn zcxn r. x. . L'nArn ön rü Lv(>nL. Sieben und dreißigstes Buch. 267 theidigung und bei einem Ausfülle viel gelitten, ergab sich. Pompejus, im Besitze des Paffes, stellte auf ihm eine Besatzung auf und unterwarf sich von da aus das ganze Land dießseits des Flusses. r.-> Als er sich anschickte, über den Fluß Cyrnus zu setzen, schickte lArtoces Gesandte an ihn und bat um Frieden, indem er sich zur Wiederherstellung der Drücke und zu freiwilliger Lieferung von Lebensrnitteln erbot. Er leistete auch Beides, als wäre es ihm wirklich um einen Frieden zn thun. Als er-chen Pompejus aber über dem Flusse sah, geriet!) er in Fürcht, zog sich eiligst au den Petorns, einen andern Fluß seines Landes, zurück und floh vor ihm, denr er den Uebergaug verwehren konnte, nachdem er ihm diese» selbst erleichtert hakte. Sobald dieß Pompejus erfuhr, setzte er ihm nach, erreichte und besiegte ihn. Er war ihm nämlich, bevor seine Bogenschützen ihre Kunst entwickeln konnten, im Schnellschritte zn Leibe gegangen'und schlug ihn nun im Augenblicke aus dem Feld. Artoces eilte über den sFlußj Petorns, brannte auch hier die Brücke ab und suchte das Weite. Don seinen Leuten kamen die Eiusn im Handgemenge, die Andern beim Durchwaten des FlusseS um. Viele zerstreuten sich in die Wälder und schoßen mehrere Tage von den sehr hohen Bäumen herab; da mau diese aber fällte, fandenf auch sie ihren Tod. Jetzt sandte Artoces nochmals einen Herold au Pompejus mit Geschenken ab; welche dieser zwar annahm, um ihn durch Hoffnung auf Frieden vom Weiterflichen abzuhalten, er erklärte aber, daß er ihm-nicht eher Frieden bewillige, als bis er ihm seine Söhne als Geisel geschickt haben würde. Jener bedachte sich eine Zeit lang, 268 Casjuls Dio's Römische Geschichte. bis die Römer über den im Sommer an einer Stelle eine Furth gewährenden PetoruS sehten »nd Nichts mehr im Wege fanden. Nun schickte er seine Söhne und der Friede kam zu Stande. Z. Pompejus, welcher hörte, daß er von hier nicht weit an den Phasis habe und hoffte, auf ihm »ach Kolchis hinabgefahren, gegen Mithridates an den Bosporus vorrücken zn können, trat seinen Marsch an und erhielt bei den Solchem und ihren Grenznachbarn theils durch Bitten, theils durch Drohungen freien Durchzug. Weil man ihm hier aber sagte, daß ein Landzug durch die Gebiete vieler »»gekannten und kriegerischen Völker führe, eine Fahrt zur See aber, der Wildheit der Anwohner wegen und weil die Küsten keine Häfen hätten, noch beschwerlicher werde, ließ er den Mithridates durch die Flotte beobachte», daß er nirgendhin aussegeln konnte, und ihm die Zufuhr der Lebensrnittel abschneiden. Er selbst aber wandte sich gegen die Albaner, nicht auf dem kürzesten Wege, damit er die durch Bewilligung eines Friedens sicher gemachten nm so unverhoffter überfiele, sondern von Armenien aus, wohin er zurückkehrte. Ueber den Cyrnus ging er an einer Stelle, wo dieser durch die Sommerhitze gangbar geworden, ohne Brücke; die Reiterei mußte stromabwärts, nächst dieser das Lastvieh und unter diesem das Fußvolk durchwaten, damit die Pferde die Gewalt des Wassers brächen und das Vieh, wenn auch vom Strome ergriffen, auf das znr Seite gehende Fußvolk flöße und nicht weiter fortgerissen werde» könnte. Von da zog er »ach dem sFlusseZ Cambyses und blieb zwar von Fein- 269 Sieben und dreißigstes Buch. den unangefochten, desto mehr oder litt er mit dem ganzen Heere, obgleich er meist nur zur Nachtzeit marschirte, rvn Hitze und Durst. Denn seine Wegweiser, aus der Zahl der Gefangenen, hatten ihn nicht reu besten Weg geführt. Auch der Fluß leistete ihnen nicht den Dienst, den er sollte; denn sein eiskaltes Wasser, im Uebermaße getrunken, ward Diesen höchst verderblich. Da sie auch hier keinen Widerstand fanden, zogen sie weiter nach dem sFlußs Mas und führten blos Wasser mit sich, ihre andern Bedürfnisse erhielten sie gutwillig von den Vinsebornen, weßhalb Diesen auch Nichts zu Leide geschah. 4- Schon waren sie über den Fluß, als Kunde von dem Anzüge des Oröses kam. Pompejus wollte ihn, bevor er die Stärke des Römcrheers erführe, zur Schlacht vermögen; weil er sonst vielleicht wieder abgezogen wäre. Die Reiter stellte er mit den nöthigen Verhaltungsbefehle» voran und ließ die Andern, anf das Knie gebeugt und hinter die Schilde versteckt, ruhig halten, so daß Oröses ihre Gegenwart nicht bemerkte, bis die Schlacht angefangen jhätte. Im Wahne, mit den Reitern allein leichte Arbeit zugaben, griff Dieser sie, die ihm geflissentlich nicht lange Stand hielten , an und verfolgte sie mit aller Macht. Da erhoben sich Plötzlich die Legionen, trennten sich, um den Ihrigen Raum zur sichern Durchflucht zu geben, einpflügen die mit blinder Hitze verfolgenden Feinde, umringten Viele und machte» sie nieder, die Reiter aber, znr Rechten und Linken umschwenkend, fielen Denen, die nicht umzingelt waren, in den Rücken. So erlegten sie auf beiden Seiten eine große Anzahl und 270 Cassius Dio's Römische Geschichte. die Andern *), welche sich in die Wälder gerettet, verbrannten , n sie unter dem Rufe: Jo *') Saturn alia! Saturna- ' v lia! weil sie an diesem Feste sie angegriffen hatten. 8 5. Nach diesen Erfolgen durchzog Pompojns das Land ci und gab den Albanern Frieden, schloß auch mit Stämmen, n die am Cancasus bis aus Caspische Meer (wohin sich das am Poutus anhebende Gebirg erstreckt) wohnen und an ihn U Gesandtschaften schickten, Verträge. Auch Phraakes wollte das sn Dündniß mit ihm erneuern lassen; denn da er ihn mit solchem d< Nachdruck auftreten und seine Untcrbefehlshabcr die andern ! in angrenzenden Theile Armeniens und des Poutus erobern, den I Gabinins aber über den Enphrat bis an den Tigris »ordnn- be gen sah, entsank ihm der Muth -und er wünschte jetzt angele- xc geutlichstzdcu frühern Frenndschaftsvertrag zu befestigen, er- sei reichte jedoch seine Absicht nicht. Pompejns schlug nach den fa bisherigen und den zu hoffenden Erfolgen ein gutes Vernch- R inen mit ihm nicht mehr an und sprach mit seinen Gesandten Ti nicht nur überhaupt in einem hohen Tone, sondern forderte tel anch die Landschaft Corduenc *"), über die er mit dem Ti- iss graues im Streite war, heraus. Als Jene erklärten, hier- de über keine Aufträge zu haben, schrieb er Einiges an Phraa- bil tes, wartete aber keine Antwort ab, sondern schickte den sac Afranins sogleich dahin ab, nahm dieselbe ohne Schwertstreich ! er in Besitz und gab sie dem Tigranes. Afranins zog sodann, den ter Verträgen mit dem Parthcr zuwider, durch Mesopotamien Cä *) 2ch lesemitReiske und Sturz LrLt>sg statt exarrstsg- ! ' Statt w lese ich mit Sturz iaj. Sonst Gordyene geschrieben. Sieben und dreißigstes Buch. 271 . nach Syrien, kam aber dem rechten Wege ab und litt viel von, Winter und Mangel an Lebensmitteln. Sie waren umgekommen , wenn nichr die Carräcr, Abkömmlinge der Ma- cedonier, die in jenen Gegenden wohnen, ihn aufgenommen und weiter geleitet hätten. 6. So verfuhr er gegen Phraates bei seiner jetzigen Uebermachk und gab den deutlichsten Beweis, daß der Herrsch- süchtige kein Recht als das der Waffen anerkennt und daß der Sieger nach Gutdünken Gesetze gibt; auch höhnte er ihn in seinem Titel, dessen er gegen alle Andern und selbst die Römer sich rühmte, und den auch diese ihm jederzeit gegeben hatten. Er nannte sich König der Könige, Pom- pejns aber nannte ihn mit Wegtaffuug der letzten Worte in seinem Schreiben schlechtweg: König; obgleich er dem gefangenen Tigranes, und zwar gegen die sonstige Sitte der Römer, als er ihn zu Rom im Triumphe aufführte, diesen Titel nicht vorenthielt.; So sehr ihn auch PhraateS fürchtete und zum Freunde zu haben wünschte, so kränkte Dieß ihn doch, als hätte er ihn damit seines Throns beraubt, dergestalt, daß er ihm;durch Gesandte alle angethanen Unbilden vorrücken und den Uebergang über den Cuphrat untersagen ließ. Als Pompejus keine günstige Antwort gab, zog er sogleich mit dem jungen Tigranes *), dem er seine Tochter gegeben, im Frühlinge des Jahrs, in welchem Lucius Cäsar und Casus Fignius Consuln waren, s6gr> n. R. E.s sg. ! *) Diesen aber hatte Pompeius, wie Dio oben erzählt, in Fesseln gelegt, »in ihn im Triumph aufzuführen. Es ist daher entweder ein Fehler im Geschichtschreibers, kert, oder ein Verstoß des 272 Cassius Dio's Römische Geschichte. wider Tigranes zu Felde, verlor die erste Schlacht und gewann die folgende. Als Tigranes den Pompejns in Syrien zu Hülfe rief, schickte Phraates nochmals Gesandte an ihn, machte ihm Vorwürfe und ließ sich auch nicht undeutlich über die Römer aus; so daß sich Pompejns zugleich schämte und fürchtete. 7. So kam er denn weder dem Tigranes zu Hülfe, noch that erUberhaupt feindselige Schritte wider Phraates, unter dem Verwand, es sey ihm dieser Krieg nicht aufgetragen, auch stehe Mithridates noch unter den Waffen. Er begnüge sich, sagte er, mit dem bisher Vollbrachten und wolle nicht, 1 zu vieles erstrebend, wie Lucnll, auch das bereits Gewonnene verscherzen. Seine Philosophie war diese: die Begierde .nach Mehrerm sey jederzeit eine gefährliche Sache, nach fremdem Gute streben sey ungerecht; — nur Schade, daß er dieses Glaubens erst ward, da Jenes ihm nicht mehr frei stand. Aus Furcht vor des Parthers Macht und dem Unbestande des Glücks, wollte er nicht ins Feld, obgleich ihn Viele aufforderten, und sehte sich über die Vorwürfe des Feindes, als zu unbedeutend, hinweg; indem er sie nicht widerlegte und sagte, er hätte blos eine Grcnzstreitigkeit mit Tigranes, die er durch drei Bevollmächtigte beilegen wollte. Er schickte sie; Jene nahmen sie zum Schein als Schiedsrichter auf und verglichen sich über ihre gegenseitigen > Ansprüche: indem Tigranes einerseits grollte, daß er die erbetene Hülfe nicht erhielt, Phraates dagegen den Armenier nicht sinken lassen wollte, weil er ihn im Nothfall als Bundesgenossen wider die Römer brauchen konnte. Denn wohl wußten Beide, daß, Wer von ihnen den Andern unter- 27S Sieben und dreißigstes Buch. drücke und dadurch an Macht gewinne, es auch mit den Römern verderbe und selbst desto leichter bezwungen werden könne. Dieß die Gründe ihrer Verständigung. Pompe- jus überwinterte auch dießmal in Aspis, eroberte die andern noch Widerstand leistenden Punkte und bekam auch die Beste Symphorium durch Verrath der Stratonice in seine Gewalt. Diese, Gattin des Mithridates und erbittert über ihre Ver- stoßung, hatte die Besatzung zum Scheine nach Proviant ausgeschickt und den Römern die Thore geöffnet, obgleich ihr Sohn s* — — *). 8. — Allein nicht) blos deßhalb erhielt er sCäsar) als Aedil Beifall, sondern auch weil er die Römischen und Me- galestschen '*) Spiele aufs prunkvollste gab, überdieß bei *) Der Schlug des Satzes ist aus Appian etwa so zu ergänzen: Obgleich ihr Sohn Liphares in der Gewalt des Mithridates war; dieser lieg ihn später aus Rache vor den Augen der Mutter umbringe». Einen Theil der Lücke gibt .-Liphilin aus Dion: aus Armenien zurückgekehrt, machte er in den Angelegenheiten der ihn angehenden Könige und Fürsten den Schiedsrichter, bestätigte Diese in ihrer Herrschaft, vergrößerte die Gebiete Jener, beschnitt und verringerte die Uebermacht Anderer, ordnete die Verhältnisse Cölespriens und Phöniciens. die ihre Könige verloren und von den Arabern und Tigranes beunruhigt wurden. Antiochus erdreistete sich zwar sie zurückzufordern, erhielt sie aber nicht. Vielmehr wurden sie in Eine Provinz vereinigt, erhielten Gesetze und wurden nach der Weise der Römer regiert. **) Die Römischen oder großen Spiele, von Targuinius Pris- cus eingerichtet, wurden vvm vierten September an drei Tage lang zu Ehren des Jupiter, der Juno und der Mi« Die Cassins. 5s Bbch«. 2 274 Cassius Dio's Römische Geschichte. dem Leichenbegängnisse seines Vaters das glänzendste Fechter- spiel anstellte. Die Kosten bestritt er zum Theil mit seinem AMsgenoffeu Marcus Bibnlus, zum Theil aber aus eigenen Mitteln. Diesem aber stand er so sehr im Lichte, daß er allen Ruhm davon allein erntete und Alles allein bestritten zu haben schien. Bibnlus sagte daher im Scherz, er habe das gleiche Schicksal mit Pollur; dieser habe mit seinem Bruder Castor einen gemeinschaftlichen Tempel, der aber von jenem allein benannt werde. g. Darüber freuten sich die Römer, wurden aber durch Vorzeichen in große Bestürzung gesetzt. Auf dem Capitel nämlich schmolzen viele Standbilder, unter andern das des Jupiter auf einer Säule, vom Blitze getroffen, auch fiel ein Bild der Wölfin mit Remus und Romulus herab. Die Buchstaben an den Säulen, in welche die Gesetze eingegraben, waren i» einander geflossen und unleserlich geworden. Die übrigen Zeichen nun wurden nach dem Rathe der Priester gesühnt; dem Jupiter beschloße» sie eine größere Bildsäule, nach Morgen und dem Forum schauend, zu errichten, damit die Verschwörungen, welche sie in Unruhe setzten, aus Tageslicht kämen. Dieß geschah in diesem Jahre. Die Censoren *) waren über den Völkern jenseit des Eridanus sPa- Lus) unter sich in Zwist gerathen, (der Eine wollte ihnen das Bükgerrecht geben, der Andere nicht,) thaten auch sonst Nichts und legten sogar ihr Amt nieder. Aus demselben nerva, die Megalesischen seit dem Jahr d. St. 549 zu Ehren der kybele gefeiert. Marcus Craffus und Ouintus kutatius Catulus. Sieben und dreißigstes Buch. 275 Grunde thaten ihre Nachfolger *) im nächsten Jahre eben so wenig, weil sie in der Sichtung des Senats durch die Volks- tribunen, welche aus der Liste der Senatoren gestrichen zu werden befürchteten, behindert wurden. Auch wurden durch einen Gesetzvorschlag des Volkstribnns Cajns Papins außer den Bewohnern des jetzigen Italiens alle in Rom sich aufhaltenden Fremden aus der Stadt gewiesen, da sie sich zu sehr andrängten, und es nicht ziemen wollte, mit ihnen zusammen zu leben. 10. Im folgenden Jahre, unter den Consuln Fignlns und Lucius Cäsar skgo n. N. EI ergaben sich wenige, «Herwegen des seltsamen Ganges menschlicher Dinge merkwürdige Ereignisse. Sowohl Derjenige, welcher den Lucretins ant Sylla's Befehl umgebracht, als auch ein Anderer, welcher Wiele von Diesem Geächtete getödtet hatte, wurden meist auf Julius Cäsars Betrieb dieser Mordthaten wegen angeklagt n»d bestraft. So geschieht es oft, daß der Wechsel der Dinge die jüngst noch Allgewaltigen auf einmal aller Macht beraubt. Wenn dieß aber Vielen unerwartet kam, so war es nicht minder die Freisprechung Catilina's, welcher keine geringere Anzahl solcher sGeächtetenj umgebracht und desselben Verbrechens angeklagt worden war. Dieß machte ihn immer noch frecher nnd beschleunigte seinen Untergang. Denn unter den Consuln Marcus Cicero und Cajns Antvnins, als Mithridates den Römern nicht mehr schaden konnte, vielmehr sich selbst entleibt hatte, unternahm er eine Staats- *) Lucius Aurelius Cotta und Publius Servilius Isauricus, nach Andern Quintus Metellus Plus. * 2 276 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. Umwälzung, sammelte sich einen Anhang und bedrohte Rom mit einem gefährlichen Kriege. Beides trug sich auf folgende Weise zu. i i. Mithridates, von seinen Mißgeschicken ungebeugt, beschloß, mehr dem Willen, als der Kraft vertrauend, wahrend Pompejus in Syrien beschäftigt wäre, durch Scythieu au den Jster vorzudringen und von da in Italien einzufallen. Won Natur ein unternehmender Geist, durch die Erfahrung vieler Unfälle und Glückssälle unterstützt, glaubte er Alles wagen, Alles hoffen zu dürfen. Mißlänge es, so wollte er lieber mit ungebeugtem Sinne Leben und Reich zumal verlieren, als des letzten, beraubt, in Niedrigkeit und rühmlos fortleben. Noch einmal sammelte er seine ganze Kraft. Je hinfälliger sein Körper ward, desto kräftiger strebte fein Geist empor, so daß er die Schwäche des Einen durch die Schwungkraft des Andern unterstützte. Wie aber seine Leute die Macht der Römer von Tag zu Tag steigen, die des Mi- thridates sinken sahen (außer anderen, Ungemach hatte das furchtbarste Erdbeben, das man je erlebt, viele Städte des Reiches verschüttet), traten sie von ihm zurück; das Heer wurde unzufrieden; Einige hatten sogar mehrere seiner Kinder entführt und dem Pompejus ausgeliefert. ir. Wen er nun über solchem Verrathe betraf, den bestrafte er, Andere ließ er auf bloßen Verdacht hin aus Leidenschaft ergreifen. Niemanden traute er mehr, und ließ selbst einige der ihm noch übrigen Kinder aus Argwohn umbringen. Daher stellte ihm einer seiner Söhne Pharna- ces theils aus Furcht, theils in der Hoffnung von den Römern das väterliche Reich (er war schon zum Manne ge- 277 Sieben und dreißigstes Buch. reift) zu erhalten, nach dem Leben. Er ward entdeckt (weil Kiele öffentlich und in geheim jeden seiner Schritte belauerten) und würde, wenn die Leibwächter nur die geringste Zuneigung zu dem Greise gehabt hatten, unfehlbar die verdiente Strafe gefunden haben. MithridateS aber, sonst so weife in allen Regierungssachen, wollte immer nicht einsehen, Laß weder Waffen- noch Menge der Unterthanen Einem ohne ihre Liebe etwas nützt» und daß sie, je mehr derselben sind, bei unzuverlässiger Treue nur noch gefährlicher werden. Pharnaces zog also mit seinen frühern Anhängern, und den zu seiner Gefangcnnehmnng ausgeschickten Truppen, welche er ohne viel Mühe für sich gewonnen, wider seinen Vater heran. Auf diese Nachricht schickte der Greis, mit dem Versprechen sogleich selbst nachzukommen, einigen Soldaten gegen seinen Sohn voraus. Auch sie hatte Dieser, weil sie den Mithridates ohne dieß nicht liebten, auf seine Seite gebracht, nahm die Stadt ohne Widerstand ein und ließ seinen Vater, der sich in den Palast geflüchtet, umbringen. -L. Zwar wollte dieser sich selbst entleiben und hatte, nachdem er seinen Weibern und noch übrigen Söhnen zuvor durch Gift vergeben, den Becher vollends ausgetrunken; er konnte aber weder hierdurch» noch durchs Schwert den Selbstmord vollbringen. Denn das Gift, obgleich tödtlich, griff ihn nicht an, da er sich durch täglichen Gebrauch von Gegengiften dagegen abgehärtet hatte; und der Stich mit dem Schwerte war bei der durch Alter, die ängstliche Dringlichkeit der Umstände und die, wenn auch noch so schwache Wirkung des Gifts entkräftete Hand nicht tief genug eingedrungen. Während er so sich nicht durch eigene Kraft den Tod 278 Casstus Dio's Römische Geschichte. geben konnte und doch länger, als gut war, zu leben schien, fielen Diejenigen, die er wider den Sohn ausgesendet, über ihn her und beschleunigten mit ihren Schwertern und Lanzen seinen Tod. So hatte denn Mithridates, nach so wechsel- vollen, merkwürdigen Schicksalen, auch ein außergewöhnliches Lebensende. Er suchte, wider Willen, seinen Tod, wollte sich selbst rödten und rcrmcchte es nicht. Durch Gift und Schwert Selbstmörder, ward er von den Feinden vollends abgeschlachtet. is. Pharnaces schickte den einbalsamirten Leichnam, als Beweis seiner Heldenthat an PonipejuS und ergab ihm sich und sein ganzes Reich. Pvmpejus entehrte auf keine Weise den todten Mithridates, sondern gab vielmehr Befehl, ihn in der Gruft seiner Vater *) beizusetzen. Die Feindschaft war mit dem Leben erloschen, dem Leichname konnte er nicht grollen, gab aber zum Lohne des Vatermords dem Pharnaces das Reich des sCimmerischens Bosporus und nahm ihn unter die Freunde und Bundesgenossen des Römischen Volkes auf. Mit des Mithridates Tode war sein ganzes Reich, wenige Plätze ausgenommen, unterworfen. Jedoch hatten Einige noch feste Plätze außerhalb des Bosporus inne, die sie nicht übergeben wollten, nicht sowohl in der Absicht, sich ihm zu widersetze», als vielmehr aus Furcht, es möchten Andere die von ihnen bewachten Schätze plündern und die Schuld davon auf sie schieben; sie warteten demnach, um Alles dem Pompejus selbst- auszuliefern. *) In -sinope, nach Ptutarch im PonipejuS Cap. 4L> Sieben und dreißigstes Buch. 279 >5. Als hier Alles i» Ordnung war, Phraatcs sich ruhig verhielt, Syrien und Phönicien auf Römischen Fuß eingerichtet waren, wandte er sich gegen Aretas. Dieser herrschte über die jetzt den Römern unterworfenen Araber bis an's rothe Meer. Er hatte Syrien sehr beunruhigt und setzte, obgleich von den Syrien zu Hülfe gekommenen Römern besiegt, dennoch die Feindseligkeiten fort. Gegen ihn und seine Ercnznachbarn also zog Pompejns aus, überwand sie mit leichter Mühe und nahm sie gefangen. Von da rückte er gegen das Syrische Palästina zu Felde, weil dessen Bewohner Phönicien mit Krieg überzogen hätten. Es herrschten über dieses Volk die Bruder Hyrcanns und Aristobulns, die sich über den Priesterdienst (so nannten sie ihre Herrschaft) ihres Gottes (sey nun dieser Wer er wolle) stritten und die Städte in Parteien getrennt hatten. Den Hyrcanns, der keine bedeutende Streitmacht befehligte, bezwäng er ohne Schwertstreich, Aristobulns aber warf sich in eine Burg und mußte sich vermöge einer Uebereinkunft ergebe». Da er aber weder die Schapuugsgelder, noch die Burg überliefern wollte, ließ er ihn gefangen nehmen und unterwarf sodann das übrige Land ohne weitere Schwierigkeit. Die Belagerung von Jerusalem aber machte ihm viel zu schaffen. -6. Die Stadt selbst, in die ihn der Anhang des Hyr- canus einließ, nahm er bald; den Tempel selbst jedoch, den die Gegenpartei inne hatte, eroberte er nicht ohne Schwierigkeit. Derselbe lag auf einer Anhöhe und war mit einer Mauer befestigt. Wäre die Gegenwehr an allen Tagen die gleiche gewesen, so hätte er ihn nicht erobert; da sie sich 280 Casstus Dio's Römische Geschichte. aber an den sogenannten Satnrnustagen * **) ) nicht zur Wehr setzte» und unthätig blieben, so gaben sie den Römern Zeit, die Mauern zu bestürmen. Denn da Diese ihre Gewohnheit erfuhren, strengten sie sich die andre Zeit eben nicht sehr an, beim Eintritte dieses Tages aber stürmten sie den Tempel aus allen Kräften. So wurden sie denn auch am Saturnus- tage, ohne sich zu vertheidigen, bezwungen und alle Schätze geplündert *'). Hyrcanus ward zum Könige gemacht und Aristobulus gefangen abgeführt. Dieß geschah in Palästina; denn so hieß der ganze Landstrich, so weit er von Phönicien bis Aegypten am Mittelmeer hin sich erstreckt, seit uralten Zeiten. Sie haben noch einen andern später angenommenen Namen, das Land heißt nämlich Judäa, das Volk Juden. 17. Woher sie diese Benennung haben, weiß ich nicht; sie erstreckt sich aber auch auf Ausländer, die nach denselben Satzungen leben. Auch unter den Römern gibt es von die- ^ ser Gattung Leute, welche, obgleich oft unterdrückt, dennoch ! dergestalt sich angesammelt hat, daß sie die freie Ausübung ^ ihrer Satzungen durchgesetzt hat. Sie unterscheiden sich von ! andern Menschen sowohl in ihrer ganzen Lebensordnung als ! auch darin, daß sie keinen der andern Götter verehren und ! ausschließlich auf Einen all ihre Anbetung beschränken. Auch ^ *) An dem Sabbath der Jude». **) Nach Cicero (Oral. pro kllacco Cax, 28.) und JosephuS HV, 4. rührte Pompejus nichts von den Temxelschähen, noch von dem heiligen Berathe und den dort befindlichen zweitausend Talente» an. betrat aber das Allerheiligste und sah, was Keinem, außer dem Hohenpriester zu sehen erlaubt war. Sieben und dreißigstes Buch. 28 t. hatten sie in Jerusalem selbst kein einziges Götterbild, ihren Gott halten sie für unaussprechlich und unsichtbar und übertreffen in eifrigem Gottesdienst alle übrigen Menschen. Ihm bauten sie einen sehr großen, prachtvollen Tempel; nur ist er offen und ohne Dach *). Der Saturnustag ist ihnen heilig, an ihm haben sie, außer andern seltsamen Gebräuchen auch den, daß sie kein Geschäft treiben dürfen. Das Nähere über ihren Gott, den Ursprung seiner Verehrung, ihre Furcht vor demselben ist von Vielen geschrieben und gehört nicht in diese Geschichte. >8. Die Eintheilung der Tage nach den sieben sogenannten Wandelsternen ist bei den Aegyptern aufgekommen und jetzt bei allen Völkern, jedoch, glaub' ich, nicht seit langer Zeit angenommen. Die alten Hellenen wenigstens wußten, so viel mir bekannt ist, Nichts davon. Da dieselbe aber jetzt bei allen Völkern und selbst bei den Römern üblich und gewissermaßen heimisch geworden ist, so will ich mit Wenigem darzuthun suchen, wie und aus welche Weise man diese Einrichtung getroffen hat. Mir sind zwei Berechnungen bekannt, die zwar leicht verständlich sind, aber auf eine gewisse Theorie sich stützen. Wenn man die sogenannte Harmonie, Diatessaron ") (welche als Haupttheil der Musik angenommen wird) auf die Sterne, auf denen die ganze Ordnung der Himmelsbewegung beruht und zwar so, wie jeder seine Bahn beschreibt, überträgt und nun von dem *) Dieß war blos bei den Norhöfen der Fall. Das Heilig- thnm, welche- nur die Leviten betraten, hatte ein Dach und das Allerheiligste eine vergoldete Decke. Flor. UI, 5. Die reine Quarte. 282 Casfius Dio's Römische Geschichte. äußersten Kreise, dem des Saturnus beginnt, mit Ueberge- hung der zwei sorgenden den Gott des vierten nimmt, von diesem dann wieder zwei Kreise überspringt, auf den siebenten fortrechnet, auf die gleiche Weise auch die Uebri- gen durchgeht, und die Tage nach den Göttern dieser Kreise der Reihe nach benennt, so findet man, daß diese alle zu der Himmelsordnung in musikalischem Verhältnisse stehen. >9. Dieß die eine Berechnungsweise. Die zweite ist folgende: Man zählt die Stunden des Tags und der Nacht von Eins an, gibt die erste dem Saturn, die zweite dem Jupiter, die dritte dem Mars, hie vierte der Sonne, die fünfte der Venus, die sechste dem Merkur und die siebente dem Monde je nach der Ordnung der Kreise, wie sie die Aegypter rechnen, fährt so auf gleiche Weise fort, bis man alle vier und zwanzig Stunden durchrechnet hat und wird finden, daß die erste Stunde des folgenden Tags auf die Sonne kommt. Verfährt man mit den nächsten vier und zwanzig Stunden, wie zuvor, so trifft die erste Stunde des dritten Tags auf den Mond, und bei weiterer Durchrechnung wird jeder Tag den ihm zukommenden Gott erhalten. So gibt es die Ueberlieferung. »0. Nachdem Pompejns auch diese Unternehmung beendigt hatte, ging er noch einmal in den Pontns, übernahm die festen Plätze und kehrte über Kleinasien und Griechenland nach Italien zurück. Viele Schlachten hatte er gewonnen, viele Fürsten und Könige mit Waffengewalt, oder durch Vertrag untcrworfen, acht Städte und Landschaften bevölkert, bedeutende neue Geldquellen den Römern geöffnet, die 283 Sieben und dreißigstes Buch. meisten den Römern unterworfenen Staaten *) auf dem Festlande Asiens nach eigenen Gesehen und Verfassungen aufs Beste geordnet, so daß noch jetzt seine Einrichtungen bestehen. All diese wichtigen Leistungen aber, die vor ihm noch kein Römer vollbracht, könnte man doch vielleicht zum Theil auf Rechnung des Glücks und der Mitkämpfer setzen: Was aber alleiniges Werk des Pompcjns war nnd allgemeine Bewunderung verdient, ist, daß er, an der Spitze so großer Heere zu Land und zur See, bei den bedeutenden Geldmitteln , die er aus den Gefangenen gewonnen, nachdem er sich viele Fürsten nnd Könige zu Freunden gemacht und alle Völker, bei denen er befehligt, durch Wohlthaten sich verbunden, während er ganz Italien bewältigen und Roms ganze Macht an sich reißen konnte, da die Meisten ihn freiwillig als Oberherrn anerkannt, die Andern, welche etwa widerstanden, bald aus Unmacht sich ihm gefügt hätten, — dieses verschmähte und, sobald er nach Brundusium kam, sogleich, unaufgefordert und ohne daß der Senat oder das Volk es beschlossen, all seine Heere entließ und sich ihrer nicht einmal zur Verherrlichung seines Trinmphzugs bedienen wollte. Denn wohl wissend, wie sehr man das Betragen des Marius und des Sylla verabscheue, wollte er die Römer, auch nicht auf wenige Tage, der Besorguiß ähnlicher Schreckenssceuen aussetzen. *) Statt ävroig schlägt Reimarus vor. stiro rr>(>cruvolg zu lesen: „Die meisten Gewaltherrschern unterworfenen Staaten." 284 Cassius Dio's Römische Geschichte. Auch »ahm er keinen der vielen Beinamen an, zu denen er berechtigt war *); zu dem größern Triumph aber, welcher ihm, obgleich er bisher ohne Beiseyn der Sicgsge- noffen nicht gestattet war, zuerkannt worden, verstand er sich. Er hielt ihn über all seine Siege zumal. Den andern, schon verzierten Siegeszeichen über jede auch die geringste seiner Thaten, folgte c.i n großes, reichgeschmücktes mit der Aufschrift: Ueber die Welt. Jedoch legte er sich keinen Beinamen zu und begnügte mit dem des Großen **), den er schon vor seinen jetzigen Kriegsthaten erhalten hatte. Er strebte nach keiner übermäßigen Auszeichnung, und wenn ihm eine in seiner Abwesenheit zuerkannt worden, machte er nie mehr als einmal Gebrauch davon. So sollte ihm z. B. bei allen Festlichkeiten den Lorberkranz und Feldherrnmantel, bei Ritterkämpfen aber das Triumphkleid zu trage» gestattet seyn. Diese Ehren wurdem ihm, so sehr auch Marcus Cato dagegen war, hauptsächlich auf Betreiben Cäsars zuerkannt. Was Dieser für ein Mann war, wie er der Menge schmeichelte, den Pvmpejus zwar untergrub; beim Volke aber, um seine Gunst zn gewinnen und den eigenen Einfluß zu vermehren, empfahl, ist schon früher "*) gesagt. Cato, aus dem Geschlechte der Porcier, nahm sich in Allem *) So hätte sich Poinpejus Armeniens, Albaniens u. s. w. nennen könne», und Cicero nennt ihn in seinen Briefen an den Atticns II, 9. Hierosolpmarius. ") Diesen erhielt er von dem Heer im Kriege gegen Oomi- tius. PlutarchS Poinpejus. Cap. 15. XXXVi, 26. Ns>oo5noekero könnte auch statt „empfahl" heißen: „Alles that." Sieben und dreißigstes Buch. 285 seinen berühmten Ahn *) zum Vorbild, übertraf ihn aber durch seinen Eifer für Griechische Bildung. Immer nur auf das Wohl des Volkes bedacht, bewunderte er Niemand, liebte das Volk über Alles, sah und haßte in jedem hervorstechenden Talent einen Feind der Freiheit und war Allem, was das Volk berührte, aus Mitleid für dessen Schwäche eifrig zugethan. Ein Volksfreuud, wie Keiner, verfocht er das Recht selbst mit eigener Gefahr aufs Freimüthigste. Alles Dieß that er nicht um Macht, Ruhm oder Ehre zu erlangen, sondern einzig um die Freiheit im Staate vor der Willkühr Einzelner zu wahren. Mit diesen Grundsätzen trat er damals zum erstenmale auf und bekämpfte die Volks- beschlüffe, nicht aus Feindschaft gegen Pompejus, sondern weil sie gegen die Satzungen der Väter waren. -Z. Dieß wurde dem Pompejus abwesend zugesprochen; als er kam, erhielt er Nichts mehr; doch hätte man ihm ncktz mehr gegeben, wenn er es begehrt haben würde; wenigstens wurde Andern minder mächtige», als er, oft viele und übertriebene Ehre zuerkannt; daß man es aber nicht mit gutem Willen that, ist unverkennbar. Pompejus also, überzeugt, daß Alles, was das Volk den Großen selbst mit dem besten Willen gibt, die Vermuthung errege, es sey durch den Einfluß der Mächtigen abgedrungsn und dem Empfänger, als eine Gabe nicht freien Willens, sondern des Zwangs, nicht des Wohlwollens, sondern der Schmeichelei, wenig Ehre bringe, verbot den Seinen gleich Anfangs, eine Ehrenbezeugung für ihn vorzuschlagen. Dieß , meinte er, sey im- ) Seinen Urgroßvater. 286 Cassius Dio's Römische Geschichte. wer noch besser, als das Zuerkannte nicht anzunehmen. Das Eine erzeuge Haß wegen der Uebermacht, die es durchgesetzt und wenn man es ausschlage, da es doch als Geschenk von Männern sey, die sich wo nicht für mehr, wenigstens für gleich berechtigt halten, so werde Dieß als Geringschätzung und Uebermuth ausgelegt, während man im andern Falle den Namen eines anspruchlose» Bürgers nicht zum Scheine, sondern durch die That erwerbe. Er hatte fast all seine Ehren- stellen und Oberbefehle gegen die Vorschrift der bestehenden Gesetze erhalten und verzichtete gerne anf solche, die weder ihm noch Andern etwas halfen, sondern ihm den Haß und den Neid selbst der Geber zuzogen. Dieß geschah jedoch erst in der spätern Zeit. -4. Den Rest des Jahrs hatten die Römer überall Frieden, so daß man nach langer Zeit die Vogelschau des Heils *) wieder vornehmen konnte. Dieß ist eine Art Anfrage bei dem Gott, ob er gestatte um Heil für das Volk zu flehen. Denn selbst die Bitte, bevor sie erlaubt wäre, hielt man für Sünde. Für diese Feierlichkeit war jährlich ei» Tag angesetzt, an welchem kein Heer zu Felde ging, noch sich zur Schlacht stellte, oder flc schlug. Daher unterblieb sie in den unaufhörlichen Bürgerkriegen. Ohnedieß war es den Römern schwer, einen von all diesen Hindernissen freien Tag auszuscheiden, auch wäre es höchst widersinnig gewesen, zu einer Zeit, wo sie bei den innerlichen Unruhen einander freiwillig unsäglichen Schaden zufügten und besiegt, oder *) -l.vAuri>iiii8»Iuus. Statt rHg V)netag hätte Dio richtiger rüg crwrizoicrs gesetzt. Sieben und dreißigstes Buch. 287 Sieger, zu Schaden kamen, die Götter noch um Glück zu stehen. ,5. Jetzt glaubte man allerdings jene Vogelschau halten zu dürfen; jedoch fiel sie nicht rein aus. Die Vogel flogen von unrechter Seite *), man mußte sie wiederholen. Auch andere ungünstige Vorzeichen ergaben sich. Es blitzte mehrmals bei heiterem Himmel, heftige Erdstöße folgten sich, Menschengestalten wandelten an vielen Orten in der Luft und feurige Strahlen schoßen von Westen auf, so daß Jeder, selbst der Laie, mit bangen Erwartungen auf die Zukunft blickte. Die Volkstribunen verbündeten sich mit dem ihnen völlig glcichgesinnten Consul Antonius; der Eine wollte die Sohne der von Syll» Verbannten zu den Staatsämtern erheben , der Andere dem mit ihm (der Bestechung) überwiese- nen Pnblius Patns und Cornelius Sylla wieder den Zutritt in den Senat und zu den obrigkeitlichen Aemtern eröffnen. Der Eine schlug Nachlaß der Schulden, der Andere 'Ver- theilung der Grundstücke in Italien und den Provinzen vor. Cicero und andere ihm gleichgesinnte Männer entdeckten und vereitelten noch zeitig genug diese ihre Anschläge, bevor sie Etwas durchführen konnten. -6. Titus Labienus aber, welcher den Casus Rabirius der Ermordung des Saturninus angeklagt, erregte vielfache Unruhen. Saturninus war nämlich schon seit sechs und dreißig Jahren **) todt und die Consuln hatten fdamalsf vom Senate den Auftrag erhalten, wider ihn mit gewaffneter Hand *) Das ist: von der linken nach der rechten Seite. **) 2m Jahre nach der Erbauung Roms 651. 288 Cassins Dio'S Römische Geschichte. einzuschreiten. Der Senat sollte nun durch jenen Spruch alles Rechtes dev'Beschließung verlustig werden; wodurch der ganze Staat in Verwirrung gerieth. Rabirins gestand die Ermordung nicht, sondern läugnete. Die Volkstribunen wollten dem Senat alle Macht und alles Ansehen entziehen und sich volle Willkühr sichern. Denn dadurch, daß sie Beschlüsse undZ,Maßregeln des Senats von so vielen Jahren her in Untersuchung nahmen, wurden Andere aufgefordert, dasselbe wie Jener ungestraft oder gegen mäßige Büßung zu verüben. Der Senat hielt es schon für höchst ungerecht, daß ein Mann aus seiner Mitte, der Nichts verbrochen, in hohem Alter verurtheilt werden sollte; noch weit mehr aber empörte ihn, daß der erste Stand im Staate also entehrt, und die Leitung der Staatsangelegenheiten den schlechtesten Menschen in die Hände gegeben werden sollte. -7. Stürmische Umtriebe und Kämpfe der Parteien erfolgten, erstlich für oder gegen die Zuweisung der Sache vor die Richter. Als erstere Meinung, von Cäsar und andern unterstützt, durchdrang, handelte flchs um die Klage selbst. Seine Richter, und unter Liesen er * **) ) und Lucius Cäsar erklärten denselben (und die Klage betraf nichts Geringeres, als Hochverrath) ") für schuldig, obgleich sie nicht von dem Volke nach den'Gesetzen, sondern gesetzwidriger Weise von dem Prätor selbst^ gewählt worden waren. Nabirius appel- lirte an das Volk, würde aber auch bei diesem verurtheilt *) Casus Julius Cäsar. **) kerllueliio wird besonders von der Ermordung einer obrigkeitliche» Person gebraucht. Satnrnin war als Tribun in den Insignien seiner Würde erschlagen worden. 289 Sieben und dreißigstes Buch. worden seyn, wenn nicht Metellus Celcr, damals Augur und Prätor, es verhindert hätte. Denn da sie nicht hören und das Gesetzwidrige des Urtheilspruchs nicht anerkennen wollten , lief er nach dem Janiculum und nahm die Kriegsfahne ab, so daß sie Nichts mehr entscheiden konnten. 2'st Mit dieser Fahne hat es folgende Dewandtniß. Weil vor alten Zeiten noch viele feindliche Völker um die Stadt her wohnten, fürchtete man, sie möchten, während Las Volk in Centurien versammelt wäre, das Janiculum besetzen und di-Stadt^angreifen,und verordnete, daß nicht Alle zugleich abstimmen, sondern immer einige abwechslungsweise diesen Platz beseht halten sollten. So lange nun die Versammlung dauerte, wachte mau dort; wenn sie aber ausein- ünder zu gehen im Begriffe war, nahm man die Fahne ab und die Wächter zerstreuten sich. Sobald dieser Posten nicht mehr bewacht war, durste Nichts weiter vorgenommen werden. Dieß geschah jedoch nur bei Centuriatversammlungen, weil sie außerhalb der Mauern P gehalten wurden und alle Waffenfähigen Römer zugegen seyn mußten. Auch noch jetzt hält man Dieß dem alten Gebrauch zu Ehren. Es löste sich also damals auf die Herabnahme der Fahne die Versammlung aus, und Rabirius war gerettet. Zwar hätte Labienus ! die Sache noch einmal vor Gericht bringen können, er that es aber nicht. 2g. Catilina **) verlor auf folgende Art und aus folgenden Gründen das Leben. Der Senat beschloß, als er ») Auf dem Marsfelde. **) Vergl. Cap. 10. s Dio Cassius. LS Bdchn. 3 290 Cassius Dio'S Römische Geschichte. sich wieder *) um das Ccnsulat bewarb und alle Mittel aufbot, seinen Zweck zu erreichen, hauptsächlich auf Ciceros Betrieb, die auf Amtserschleichung gesetzte Strafe noch durch zehnjährige Verbannung zu schärfen. Diesen Beschluß glaubte Jener (wie es auch war) wioer sich gefaßt, und wollte nun mit einer Rotte Anhänger den Cicero und Andere auf dem Wahlplatze selbst umbringen und sich sogleich zum Consul wählen lassen. Es gelang ihm aber nicht. Cicero erfuhr den Mordanschlag, eröffnete denselben dem Senat und hielt eine heftige Rede wider ihn. Weil er aber den Senat nicht zu den gewünschten Maßregeln vermochte (denn die Sache schien unwahrscheinlich und man argwohnte, daß er sie anF Feindschaft anschuldige) gerieth er in Furcht, weil er den Catilina noch mehr erbittert hatte, und wagte sich nicht, wie sonst, unbewehrt i» die Versammlung, sondern brachte noch Vertraute zu seiner Vertheidigung mit und trug theils der eigenen Sicherheit wegen, theils um Jenen verhaßt zu machen, einen Panzer unter dem Kleide und ließ denselben hin und wieder geflissentlich sehen. Hierdurch und weil auch anderwärts die Sage ging, daß man ihm nach dem Leben trachte, wurde das Volk dermaßen aufgebracht, daß die Der- schworneu Catiliuas fürchteten und sich ruhig verhielten. Zo. So wurden Andere zu Consulu gewählt und seine Plane waren nicht mehr blos gegen Cicero und dessen Anhang , sondern gegen den ganzen Staat gerichtet. Bald hatte ») ßum drittenmal. Das erstemal vor drei Jahren (XXXVI, 27.) wurde er, der Gelderpreffung angeklagt, Übergängen, das zweitem«! Cicero ihm vorgezogen. Sall. Cat. 18. 24. 291 . Sieben und dreißigstes Buch. er in Rom selbst die verworfensten Menschen, denen jede Neuerung erwünscht kam, und bei den Bundesgenossen durch Verheißung von Schuldenerlaß und Gütervertheilung eine große Menge für sich gewonnen. Die ersten und mächtigsten derselben (unter andern selbst den Consul Antonius) verband er durch die fürchterlichsten Eide. Er schlachtete einen Knaben, ließ sie über dessen Eingeweide schwören und verspeiste*) dieselben mit den Uebrigen. Den hauptsächlichsten Vorschub thaten ihm, in Rom, der Consul sAntoniusj und Publius Lentulus, der, nach dem Consulat aus dem Senate gestoßen, jetzt, um wieder in denselben zu kommen, eine Prätur verwaltete, in Fäsulä aber, dem Sammelplätze seiner Anhänger, Cajus Manlius', ein im Kriege sehr erfahrener Mann (denn er hatte unter Sylla als Centurio gedient), aber der ausschweifendste Verschwender. Nachdem er Alles, was er damals zusammengerafft (und Dieß war nicht wenig) durchge- bracht hatte, suchte er neue dergleichen Bereicherungsquellen **). Li. Während dieser Umtriebe wurden dem Cicero zuerst die Vorgänge in der Stadt durch Briefe, deren Verfasser er zwar nicht nannte, die^iber an Crassus und andere Große abgegeben worden, verrathen. Auf diese hin ward vom Senate erkannt, daß der Staat sich in Gefahr befinde und auf die *) Sallust erzählt als Gerücht, daß sie mit Menschenblut vermischten Wein aus einer Schale getrunken hätten, um ihren Bund zu bekräftigen. (Catil. Cap. 22.) **) Der Tert muß heißen erkenn (nämlich , Ar öziotmt-. L * 292 Cassius Dio's Römische Geschichte. Schuldigen gefahndet werden solle. Nächst dem kam Nachricht aus Etrurien, und nun ward den Consuln, wie es sonst gewöhnlich war, befohlen, auf die.Sicherheit der Stadt und des Staates Bedacht zu nehmen *). Diesem Beschlusse ward nämlich noch beigefügt: die Consuln hätten darauf zu sehen, daß der Staat nicht zu Schaden komme. Hierauf wurden an vielen Orten Wachposten ausgestellt, und Die in der Stakt wagten nicht, sich zu rühren, so daß man sogar den Cicero der Verleumdung beschuldigte. Die Nachrichten aus Etru- rien aber machten, daß die Sache mehr Glauben fand und Catilina des Aufruhrversuches angeklagt wurde. Z-. Anfangs ließ sich Dieser, als ob er das beste Gewissen hätte, bereitwillig auf die Sache ein, schickte sich zur Vertheidigung an und erbot sich, um nicht entfliehen zu können, sich dem Cicero in Gewahrsam zu gebe». Da Dieser aber seine Bewachung nicht annahm, wohnte er aus freien Stücken bei dem Prätor Metellus **), um nicht den geringsten Verdacht zu geben, als hätte er Neuerungsplane, bis seine Mitverschworenen auf dem Platze mehr Stärke gewonnen hätten. Weil sein Anschlag aber nicht voranging, Antonius aus Furchtsamkeit hinterstellig wurde^und Lentulus gar Nichts unternehmen wollte, beschied er sie Nachts in ein Haus, kam, unbemerkt von Metellus zu ihnen, schalt sie ob ihrer Schwäche und Unentschloffenheit, stellte ihnen ihr trauriges Schicksal im Falle der Entdeckung, ihr. Glück,im Falle des *) Vergl. Sall. Cap. 29. Oarent ojerum Lonsules, uc <^uiä respuhlica ckotrimeuti os^eret. **) Nach Cicero wurde er von Diesem nicht aufgenommen und begab sich zu seinem Freunde Marcellus. 293 Sieben und dreißigstes Buch. . Gelingens vor und ermuthigte und bestärkte sie dergestalt, daß zwei ') sich erboten, mit Anbruch des Tages zu Cicero zu geben und ihn im eignen Hanse zu ermorden. 55. Auch Dieß wurde vorher verrathen) denn Cicero, der die Einen vor Gericht vertheidigt, Andere eingeschreckt hatte, reichte weit und hatte Viele, die ihm so Etwas zutrugen. Jetzt beschloß der Senat, den Catilina aus der Stadt zu schaffen. Dieser war froh, unter solchem Verwände davon zukommen, begab sich nach Fäsulä, begann offenen Krieg, rrat, nachdem, er den Titel und die Ehrenzeichen eines Con- snls angenommen, an die Spitze der von Manlins geworbenen Truppen und sammelte noch mehrere, erst Freigeborne, dann auch Sclaven unter seine Fahnen. Jetzt erklärten ihn die Römer für einen Hochverräther, schickten den Antonins, von dessen Theilnahme an der Verschwörung sie Nichts wußten, wider ihn zu Felde und legten selbst die Toga ab. Deßhalb blieb auch Cicero zurück, obgleich ihm Macedonien im Loose als Provinz zugefallen war; weder in dieses ging er (er hatte es, um seinen Rechtsangelegenkeiten abzuwarten, an seinen Amtsgenvffen abgetreten) noch auch in das nahe Gallien, Las er der jetzigen Umstände wegen für jenes angenommen, sondern blieb zur Beschüyung der Stadt zurück und schickte den Metellus dahin ab, damit Catilina sich hier nicht festsetzen möchte. 5z. Und daß er blieb, war für die Römer das größte Glück. Denn als Lcntulus mit andern Mitverschwornen und *) Cicero nennt sie Ritter, und in-der Nebe für den Sylla einen derselben Casus Cornelius. Zu diesem fugt Saüust Eap. 28. den Venator Lucius Barauntejns. 294 Cassius Dio's Römische Geschichte. den Allobrogern * **) ), welche, als Gesandte gegenwärtig, sich von ihm hatten verleiten lassen, im Begriffe stand, die Stadt an mehrern Orten anzuzünden und zu morden — ") griff Cicero die dahin Abgefertigten auf, führte sie mit ihren Briefschaften in die Curie, versprach ihnen volle Straflosigkeit und legte so die Verschwörung völlig zu Tage. Jetzt erhielt Leutulus vom Senate den Befehl, die Prätnr niederzulegen, ward mit den andern Verhafteten in Gewahrsam gesetzt, die Andern aber aufgesucht. Dieß Alles hatte selbst den Beifall des Volkes, besonders da um die Zeit der Versammlung , in welcher Cicero über diese Angelegenheit eins Rede hielt, Jupiters Standbild auf den Rath der Augnrn mit nach Morgen und dem Forum gerichteten Gesichte auf dem Capitolium aufgestellt wurde. Denn da dieselben aus dem Umstürze deö Götterbilds die Entdeckung einer Verschwörung geweissagt hatten und die Wiedcraufrichtung gerade in die Zeit fiel, wo Jene auf der That betroffen worden, so pries das Volk die Fügung des Gottes und wurde über die Schuldigen noch mehr aufgebracht. *) Diese, unschlüssig. Was sie thun sollten, befragten den Patron ihres Staates Q. Fabius Sanga um seinen Rath. Cicero, durch Diesen von dem Anschlage benachrichtigt, hieß die Gesandten Eifer dafür heucheln, um die Namen und die Plane der Verschworenen zu erfahren. Sie thaten es und wurden zuletzt in Begleitung eines gewissen Volturnins mit Briefen von Leutulus und den andern Häuptern der Verschwörung an Catilina abgeschickt. Cicero ließ eine Brücke, über die sie gehen mußte», besetzen. Sallusi, Cat. Cax. 40. **) Lücke im Griechischen Text. 295 Sieben und dreißigstes Buch. 55. Es verbreitete sich das Gerücht, daß auch Craffus unter der Zahl der Verschwornen sey * **) ) und einer der Ver- hafteten hatte ihn wirklich angegeben, aber nur Wenige glaubten es. Die Einen gaben überhaupt keinem solchen Verdachte Raum, Andere meinten, die Verschwornen hätten es erdichtet, um durch einen so mächtigen Mann mehr Vorschub für ihre Sache zu gewinnen. Wenn es Einige aber auch glaubhaft fanden, so hielten sie nicht für rathsam, einen der ersten Männer des Staats mit ins Verderben zu ziehen und die Stadt in noch größere Verwirrung zu stürzen. So wurde die Sache gar nicht aufgenommen. Als aber Viele, sowohl Sclaven als Freie, die Einen aus Furcht, die Andern aus Bedauern mit Lentulus und seinen Mitgefangenen, sich zusammenrhaten, um ihn dem Verhaft und dem Tode zu entreißen, erfuhr es Cicero noch zeitig genug, um das Capital und das Forum noch in der Nacht mit Wachen zu besetzen. Durch ein göttliches Vorzeichen mit Anbruch des Tages in seiner guten Hoffnung noch mehr bestärkt, weil nämlich bei einem von den Vestalinnen '*) in seinem Hause vorgenommenen Opfer die Flamme ungewöhnlich hoch aufschlug, befahl er dem Volke vor den Prätoren den Fahneneid zu schwören und sich, im Falle Krieger nothwendig würde«, bereit zu halten. Mittlerweile versammelte er den Senat *) Bergl. SaUust, Cap. 48. Uebrigens versichert Dieser, daß Craffus erklärt habe. dieser Schimpf sey ihm von Cicero angethan worden. **) Nach Plutarch im Leben des Cicero Cap. 19. 20. wurde» jährlich im Hause eines Consuls oder PratorS von dessen Gattin oder Mutter im Beiseyn der Vestalinnen der gu- 2S6 CassinS Dio's Römische Geschichte. und wußte Liesen so sehr in' Furcht und Schrecken zu setzen, daß er die Gefangenen zum Tode verurtheilte. 56. Lange waren sie unentschieden uud hätten beinahe Leu Tod nicht wider sie erkannt. Nachdem Alle vor ihm ane den Tod gestimmt, gab Cäsar seine Meinung dahin, man solle die Gefangenen in verschiedene Städte vertheilen, ihr Vermögen einziehen uud gesetzlich verbieten, ihre Begnadigung jemals in Antrag zu bringen; wenn Einer sich wo flüchtig mache, so solle man die Stadt, aus der er entronnen, für eine Feindin des Staates erklären; dahin entschieden sich Alle bis auf Cato, so Laß auch der Frühern Einige ihre Meinung zurücknahmen. Als aber Dieser sie des Todes schuldig erklärte und die Folgenden mit ihm stimmten, so wurden die Schuldigen durch die Mehrheit der Stimmen am Leben bestraft, auch deßhalb ein Opfer und ein Dankfcst verordnet (was bisher aus solchem Anlasse nie geschehen war); auch die andern als Theilnehmer Angegebnen wurden.aufgesucht und selbst Solche, die man der Absicht eines Beitritts beargwohnte, vorgefordert. Alles dieß vollzogen die Consuln. Den Aulus Fulvius, ein Mitglied des Senats, todtste der eigene Vater'); doch that er Dreß (wie Einige glauben) nicht ohne.Vorgang. Denn auch viele andere, nicht blos Consuln, sondern selbst Privatleute haben ihre Kinder mit dem Tode bestraft. 37 . Nächst diesen Verfügungen wurde die Wahl der Priester auf den Antrag des Labienus und auf Betrieb Säten Göttin (bonse veae) zum Wohle des Volks geheime Opfer gebracht. *) Vergl. Sallust Cap. 39. 2S7 Sieben und dreißigstes Buch. sars gegen Sylla's Gesetz dem Volke zurückgegeben und so das Domitiische ») Gesetz wieder in Gültigkeit gesetzt. Cäsar wünschte nämlich an die Stelle des verstorbenen Metel- lus Pins Oberpriester zn werden, obgleich er noch sehr jung und noch nicht Prätor gewesen war. Dieß hoffte er bei dem Volke sowohl aus andern Gründen als auch deßhalb, weil erden Labicnus gegen den Rabirius unterstützt und nicht a«f den Tod des Lentulus gestimmt hatte, durchzusetzen und ward Oberpriester, obgleich sich außer andern Vielen auch Catulns um dieses Amt beworben hatte. Es kam nämlich Cäsarn nicht darauf an, Jedem, selbst dem gemeinsten Manne zu schmeicheln und schön zu thun, und weder in Worten noch Handlungen sich zu bedenken, wenn er nur seine Zwecke erreichte. Eine zeitige Erniedrigung schlug er gegen künftige Macht nicht an und entblödete sich nicht bei Denen, über die er mit der Zeit zu herrschen hoffte, eine Weile den Unterthänigen zu spielen. Z8. Dieses Benehmen gewann Cäsarn die Menge. Auf den Cicero waren sie wegen der Hinrichtung der Bürger erbost und suchten ihn überall und endlich auch dadurch zu kräüken, daß sie ihn, besonders auf Anstiften des Tribuns Metellus Nepos, am letzten Tage seines Consulats, als er sich rechtfertigen und die Veidienste seiner Amtsführung aufzählen wollte (denn gar zu gern ließ er sich nicht blos von P In älter» Zeiten wurde der Pontifcr Marimus durch die übrigen Pontifices gewählt; durch das Gesetz des Cneus Domitius Ah-nobarbus 650 Jahr nach Srb. d. St. ward die Wahl desselben dem in Tribus versammelten Volk übergeben. 298 CassiuS Dio's Römische Geschichte. Andern loben, sondern rühmte sich auch selbst) unterbrachen und außer dem Eide ") nicht zur Rede kommen ließen. Nur ^ nahm er, um Recht zu behalten , in seinen Schwur die Worte auf, Laß er den Staat gerettet habe; Was jedoch die Erbitte- rung wider ihn nur noch erhöhte. , 5g. Catilina fand sogleich mit Anfang des Jahrs, da Jnnius Silanus und Lucius Licinius Consuln waren s6g, n. R. Erb.), seinen Tod. Denn so lange wartete er auf den Erfolg des Lentulus, obgleich er ein beträchtliches Heer beisammen hatte, in der Hoffnung, wenn mir erst Cicero und sein Anhang umgebracht wären, leichtes Spiel zu haben. Als er aber den Tod des Lentulus erfuhr und deßhalb Diele von ihm zurücktraten, Antonios und Metellus Celer aber, durch die Einschließung von Fäsülä seine Bewegungen hemmten, sah er sich zu einer Schlacht genöthigt und rückte, da sie in getrennten Lagern standen, zuerst gegen Antonios, obgleich dieser in größerm Rufe als Metellns stand und ein stärkeres Heer befehligte. Er hoffte aber, Antonius werd» als Mitverschworner, geflissentlich die Schlacht verlieren. Weil Dieser solches befürchtete und ihn, den Geschwächten, j nicht mehr begünstigte (denn die meisten Menschen pflegen nach den Kräften der Andern und dem eigenen Vortheil ihre Freundschaft oder Feindschaft zu bemessen), auch besorgte, er möchte ihm, wenn er ihn und seine Leute ernstlichen Widerstand leisten sehe, Manches vorrücken und Geheimnisse zu *) Jeder Konsul mußte bei Niederlegung seines Amtes schwören. bei Allem, was er während desselben gethan, das Wohl des Staats im Auge gehabt zu haben. Vergl. Plur ^ tarchs Cicero. Kap. 25. Sieben und dreißigstes Buch. 299 Tage bringen, so stellte er sich krank und überließ die Schlacht dem Marcus Petrejus. äo. Dieser lieferte das Treffen und erschlug den Cali- lina mit dreitausend der Seinen nach dem tapfersten Kampfe nicht ohne eigenen Verlust. Denn Keiner floh und Alle fielen auf der Stelle, wo sie gefochten; so daß selbst die Sieger das Vaterland beklagten, daß sie so viele und tapfere Männer, wenn auch nicht schuldlos, doch immer Bürger und Bundesgenossen verderben mußten. Antonius schickten seinen Kopf in die Stadt, damit sie, seines Todes gewiß, der Furcht sich einschlügen, und ward, obgleich die Zahl der Erschlagenen unter der gesetzlichen war, als Imperator *) begrüßt. Man verordnete Dankopfer und legte., als hätte man jede > Gefahr überstanden, die Toga sanstatt des Kriegsmantels) wieder an. L>. Die Bundesgenossen aber, die sich an Catilina angeschlossen hatten und noch unbekämpft waren, ruhten noch nicht, sondern setzten, aus Furcht vor der Strafe, die Feindseligkeiten fort. Da sie aber doch nicht beisammen waren, so überfielen die wider sie geschickten Heerführer die Einzelnen und bestrafter sie, Andere, bisher verheimlicht, wurden auf die Angabe des Ritters Lucius Vettius, eines Mitverschwvr- nen, der sie, gegen eigene Straflosigkeit, verrieth, überführt und zur Strafe gezogen. Als er aber Einige angegeben, *) Eigentlich mußten mehr als sechs tausend Feinde auf der Wahlstätte liegen, wenn der siegreiche Feldherr als Imperator begrüßt ward. Doch hielt man sich nicht immer an diese Obseroanz, wie auch Cicero (Philipp XVI, 5.) bezeugt. 300 Cassius Dio's Römische Geschichte. deren Namen er auf ein Täfelchen geschrieben, und nachher noch viele Andere beisetzen zu wollen erklärte; so schöpften die j Senatoren Verdacht, daß er nicht redlich verfahre und gaben ihm die Tafel nicht zurück, damit er keine mehr ausstreiche, sondern hießen ihn die etwa Uebergangenen mündlich angeben. So gab er aus Scham und Furcht nur noch Wenige an. Als aber in der Stadt und bei den Bundesgenossen , weil man die Namen der Genannten nicht wußte, Unruhe entstand, und die Einen über sich selbst in banger Ungewißheit schwebten, andere Unschuldige beargwohnten, so beschloß der Senat, ihre Namen öffentlich bekannt zu machen. So wurden die Unschuldigen beruhigt und die Beschuldigten vor Gericht gefordert, und die Einen gegenwärtig, die Andern abwesend verurtheilt. Dieß that und erlitt Catilina; er war durch den Ruhm Cicero's und die wider ihn gehaltenen Reden berühmter geworden, als seine Thaten verdienten *). Wenig aber fehlte, so wäre Cicero schon damals wegen Hinrichtung des Lentulus und seiner Mitgefangenen angeklagt worden. Doch war es mit dieser Klage nur dem Worte nach auf ihn, im ! Grunde aber auf den ganzen Senat abgehoben. „Der Se- I nat habe nicht das Recht, ohne Beistimmung des Volks einen Bürger zum Tode zu verurtheilen," schrie das Volk *) Dieses Urtheil Dio's erscheint als »»gerecht, wenn man bedenkt, daß sich bei allgemeinen Sittenverderbniß, Verarmung ausschweifender Verschwender, und zügelloser Soldaten der ganze vornehme und niedrige Pöbel gegen die in ihren Grundvesten erschütterte Republik verschworen hatte. 301 Sieben und dreißigstes Buch. und vor allen Metcllus Nepos; damals aber ohne Erfolg. Der Senat sehte Alle, die damit zu thun gehabt, außer Verantwortung und fügte noch die Drohung bei, daß Wer noch einen Derselben zu belangen sich unterfinge, als Feind und Derräther des Staates angesehen werde; so wurde Nepos abgeschreckt und rührte sich nicht weiter. Lä. Hier drang der Senat durch und nicht minder darin, daß er den Vorschlag des Nepos abwies, den Pvmpe- jus, der noch in Asien war, zurückzuberufen, unter dem Verwände, den zerrütteten Zustand des Staates zu ordnen, im Grund aber, weil er durch ihn, einen Volksmann, seine gefährlichen Anschläge durchzusehen hoffte. Gegen den Antrag sprachen gleich anfangs die Volkstribunen Cato und O.uin> tus Minncius und ließen den Schreiber nicht weiter lesen, als aber Nepos den Aufsatz selbst vorlesen wollte, rißen sie ihm denselben aus der Hand und hielten ihm, als er seinen Antrag mündlich stellen wollte, den Mund zu. Als aber die Einen auf diese, die Andern auf jene Seite traten und mit Knitteln, Steinen und selbst Schwertern wider einander kämpften, versammelte sich noch desselben Tags der Senat, legte Trauer an und befahl den Consnln, die Stadt zu beschützen und darauf zu sehen, daß der Staat nicht zu Schaden komme. Nepos, auch hier, zurückgeschreckt, ließ sich von der Stunde an nicht mehr öffentlich sehen, brachte aber hernach eine Klage wider den Senat beim Volke an und reiste, obgleich er nach dem Gesetze keine einzige Nacht außer der Stadt zubringen durfte, eiligst zu Pvmpejus ab. 4/,. Nach diesem Vorgänge wagte auch Cäsar, damals Prätor, weiter keine Neuerung. Er ging nämlich damit um, 302 Cassius Dio's Römische Geschichte. daß bei dem Bau des Jupitertempels auf dem Capitel * **) ) der Name des Catulus, Leu er des Unterschleifs beschuldigte und über die Verwendung der Gelder zur^Rechenschaft forderte, von Demselben abgenommen werden, dem Pompejus aber die Beendigung des Baus übertragen werden solle; denn es war noch Einiges, wie es bei solchen Gebäuden geschieht, nicht völlig ausgeführt, oder gab Dieß wenigstens Cäsar vor, um dem Pompejus die Ehre der Vollendung zuzuwenden und dessen Namen statt des Catulus dort anzuschreiben. Jedoch ging seine Freundschaft für Pompejus nicht so weit, daß er sich einem Senatsbcschluß, wie der gegen den Nepos war, hätte aussetzen wollen. Denn er that Dieß nicht sowohl seinetwegen, sondern wollte sich vielmehr dadurch selbst in Gunst bei dem Volke sehen. Die Furcht vor Pompejus war aber so groß und so allgemein (denn man wußte damals noch nicht gewiß, ob er die Heere entlassen würde), daß man, als er seinen Unterbefehlshaber Marcus Piso als Bewerber um das Consulat vorausschickte, die Wahl bis zu seiner Ankunft verschob und den gegenwärtigen sPiso) einstimmig zum Con- sul bestimmte, weil ihn Pompejus an Freunde und sogar an Feinde empfohlen hatte. z5. Indessen hatte Publius Clodius die Gemahlin Cäsars in dessen eigenem Hanse während eines Gottesdienstes, den die Vestalinnen nach hergebrachter Sitte von aller männlichen Gegenwart abgeschlossen *') in den Häusern der Con- *) Bergt. Tacitus Uisr. Inb. Isl, 72. **) Ich übersetze statt rä auf Reimarus'Vorschlag mit Sturz ä/NKerrcr. 305 Sieben und dreißigstes Buch. suln und der Prätoren beginnen, geschändet. Cäsar klagte ihn selbst nicht an (denn er wußte wohl, daß er wegen sei- i nes großen Anhangs nicht würde schuldig befunden werden), entfernte aber seine Gemahlin, indem er erklärte, obgleich > er dem Gerüchte nicht glaube, könne er doch nicht mehr mit ihr zusammenleben, weil sie einmal im Verdachte des Ehebruchs stände. Eine keusche Frau dürfe nicht nur wirklich sich nicht vergeh«, sondern nicht einmal Grund zu schlimmem Verdachte geben. Zur selben Zeit ward auch die steinerne Brücke nach der kleinen Tiberinsel gebaut und die Fabricische genannt. 46 . Im folgenden Jahre unter den Consnln Piso und Marcos Messala sSg! n. R. Eib.s ward Clodius von den ^ Großen, die ihn ohnedieß haßten und sein Verbrechen verabscheuten, zumal da die Oberpriester die Wiedervornahme der entheiligten Opfer erkannten, angeklagt und troh dem Stillschweigen Cäsars, des Ehebruchs, der Verrätherei in Nisibis *) und eines strafbaren Umgangs mit seiner Schwester beschuldigt. Er wurde aber freigesprochen, obgleich die § Richter, um sich vor ihm zu sichern, eine Bedeckung vom Senate erbeten nüd erhalten hatten. Weßhalb Catulus im Spotte bemerkte, sie hätten die Bedeckung nicht verlangt, um ohne Gefahr den Clodins zu vcrurtheilen, sondern um die von ihm erhaltenen Bestechungsgelder zn hüten. Dieser Mann, welcher jederzeit aufs Schönste beurkundet hatte, daß ihm das Gemeinwohl über Alles ging, starb nicht lange *) Siehe oben XXXV, 13. 304 Cassius Dio'S Römische Geschichte. darauf *). In demselben Jahre nahmen die Censoren Alle, welche Staatsämtcr bekleidet hatten, auch über die gesetzliche Zahl '*), in den Senat auf, und das Volk, welches bisher ohne Unterbrechung den Fechterspielen zugeschaut, stand jetzt mitten im Spiele auf, um zu Mittag zu essen. Diese Sitte, welche damals aufgekommen, herrscht noch jetzt, so oft der Fürst Fechterspiele gibt. Solches geschah in der Stadt. l»7. Die Allobroger aber verheerten das Narbonensische Gallien, und Cajns Pvmptinus, Statthalter desselben, sendete seinen Unter-befehlshaber wider sie; er selbst bezog auf gelegener Stelle ein Lager und beobachtete Alles, was vorging, um ihnen, wie es der Augenblick erforderte, den nöthigen Rath und Beistand zu leisten. Manlius Lentinus rückte vor die Stadt Ventia und setzte die Feinde so in Schrecken, daß die Meisten entflohen und die klebrigen um Frieden baten. Die Landbewohner aber eilten indessen zu Hülfe, fielen plötzlich über sie her und wiesen ihn von der Stadt zurück. Das Land aber plünderte er ungestört, bis Catugnatus, der Fürst des ganzen Volkes, nebst einem Theile der Anwohner des Jsarfluffes, ihnen zu Hülfe kam. Jetzt wagte er wegen ihrer Menge von Schiffen nicht, ihnen den Uebcrgang zu verwehren, damit sie sich nicht vereinigten, wenn sie ihn in Schlachtordnung gegenüber sähen. In das waldige Ufergebiet aber legte er einen Hinterhalt, fing die einzeln Uebersetzenden auf und hieb sie zusammen. Als er aber den Flüchtigen nachsetzte, stieß er auf den Ca- *> Bergt. Cicero für den Sertius. Cap. 47. **) Diese war,.v ierh»ndert. Z05 Sieben und dreißigstes Buch. tugnatus und wäre mit seinem ganzen Heere aufgerieben worden, wenn nicht ein plötzlicher Sturm die Feinde an der Verfolgung verhindert hätte. 45. Als Cakngnatus weiter zog, fiel er wieder in das Land und eroberte die Stadt, vor welcher er die Niederlage erlitten hatte. Lucius Manns aber und Servins Galba gingen über den Rhodanus, verheerten das Land der Allo- broger und erschienen zuletzt vor der Stadt Solonium, nahmen einen feste» Punkt über derselben, besiegten die Feinde, welche widerstanden, in einer Schlacht und verbrannten einen Theil der meist aus hölzernen Häusern bestehenden Stadt, konnten st- aber nicht erobern. Denn auf die Nachricht von dem Anzüge des Catugnatus ruckte ihm Pomptinns mit dem ganzen Heers entgegen, schloß ihn ein und machte, außer Catuguatus, Alle zu Kriegsgefangenen. Jetzt wurde es ihm leicht, auch das librige'Lanö zu unterwerfen. 4g. Während dieser Zeit kam Pompejus nach Italien und ließ Leu Lucius Afranius und Mctellus Celer zu Cou- suln wählen, indem er hoffte, durch sie Alles, was er wollte , durchsetzen zu können. Vor allem wünschte er die Ver- rheilung von Ländercicn an seine Soldaten und die Bestätigung Dessen, was er als Feldherr verfügt hatte, fiel aber mit Beidem durch. Denn die Großen, denen er schon früher nicht gefiel, hintertrieben die Abstimmung; von den Consuln selbst half ihm der Eine, Afranius, ein besserer Tänzer, als Staatsmann, Nichts; Metellus aber, auf Pompejus erzürnt, -aß er sich von seiner Schwester, obgleich er Kinder von ihr *) Bergt, oben XXXVI, 29. Dio Cassius. Zs Bdch». 4 306 Cassius Dio's Römische Geschichte. hatte, geschieden, war ihm in Allem entgegen. Auch Lucius Lucullns, den er bei einer Unterredung in Galatien schnöde behandelt hatte *), sehte ihm heftig zu, verlangte, er sollte von jedem seiner Schritte einzeln Rechenschaft geben und nicht für alle zusammen Bestätigung verlangen. Es sey nicht mehr als billig, daß seine Verfügungen, die nicht Jeder ge- - nau kenne, nicht alle sogleich, wie von einem Gewaltherrn, hingenommen und bestätigt werden; und da Jener auch mehrere seiner Anordnungen umgestoßen, so verlangte er, der Senat solle beide würdigen, um den bessern Rechtskraft zu geben. Hierin wurde er von Cato, Metellns und andern Gleichgesinnten aufs Nachdrücklichste unterstützt. 5». Als der Volkstribun die Vertheilung der Zänkereien an des Pompejus Soldaten vorschlug und noch beifügte, daß an alle Bürger dergleichen gegeben werden sollten, um sie zu Ersterm und zur Bestätigung seiner Vorkehrungen williger zu machen, widersetzte sich ihm Metellns dergestalt, daß er von jenem ins Gefängniß geworfen ward. Da er aber hier den Senat versammeln wollte und Lucius Flavius (so hieß der Vvlkstribun) den Tribunstnhl gerade vor den Eingang stellen ließ und sich darauf setzte, um Allen den Eingang zu verwehren, befahl Jener die Wand des Gefängnisses zu durchbrechen, um dem Senat den Eintritt zu bahnen und schickte sich an, die Nacht daselbst zuzubringen. Pompejus ließ auf die Nachricht davon, aus Scham und Furcht vor dem Unwillen des Volks, dem Flavius bedeute», aufzustehn. Zwar gab er nachher vor, Metellus habe ihn »1 S. Plutarchs Lucullus. Cap. 56. Lst. Lütter. IV. S. 5L4. 507 Sieben und dreißigstes Buch. selbst darum bitte lassen, fand aber bei Niemand Glauben; denn zu gut kannte man den stolzen Sinn desselben, da er ja auch das Anerbieten der andern Volkstribunen, ihn zu befreien, abgelehnt hatte. Selbst die weitere Drohung des FlaviuS, er werde ihm nicht erlauben, in die ihm durchs LooS zugefallene Provinz abzugehen, wenn er ihm nicht willfahre, beugte seinen Sinn nicht, sondern er blieb ohne Widerrede in der Stadt zurück. AIS Pompejus durch des Me- tellus und der Andern Widerstand Nichts ausrichtete, gab er dem Neide Schuld und drohte die Sache vor das Volk zu bringen; aus Furcht aber vor noch größerem Schimpfe, wenn er auch hier durchfiele, gab er die ganze Sache auf. Wie er nun sah, daß er in der That *) Nichts vermöge und Tadel und Mißgunst von Denen, die er sonst nach seinem Winke gelenkt **), aber keinen Vorschub zu gewarten habe, bedauerte er, die Heere zu früh entlassen und sich in die Will- kühr seiner Gegner gegeben zu haben. 5>. Elodius aber wünschte, um sich an den Vornehmen wegen der wider ihn erhobenen Klage rächen zu können, Volkstribun zu werden und suchte anfangs einige Volkstribunen zu vermögen, auf die Befähigung auch der Patricier zu dem Tribunate anzutragen; als es ihm nicht gelang, entsagte er seinem Patricierrechte und trat in den Stand und die Rechte des Bürgerstandes über. Nun bewarb er sich sogleich um das Tribunal, wurde aber, weil Metel- lus ihm entgegen war, nicht gewählt. Dieser war zwar mit *) Ich lest statt ovrwg mit Sturz öt-rwst. **) Nach dem muthmaßlichen Sinne der etwas dunkeln Worte, 4 * 308 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihm verwandt, konnte aber seine Aufführung nichts weniger als billigen. Er nahm zum Verwände, daß sein Uebertritt nicht nach den bestehenden Gesetzen Statt gefunden habe; nach welchen dieser blos durch einen Curiakbeschlnß rechtsgültig wurde. Dieß über Clodins. Der Vorschlag, die Rom und ganz Italien beschwerlichen Zölle aufzuheben, fand bei Jedermann Beifall, nur auf den Prätor, der ihn gemacht (es war Metellus Nepos), zürnte der Senat und wollte seinen Namen von dem Gesetze wegstreichen und einen andern an dessen Stelle setzen *). Dieß geschah nun zwar nicht; man konnte aber deutlich sehen, daß der Senat auch keine Wohlthaten von schlechtgestnnten Menschen gerne annahm. Zu derselben Zeit gab Fanstns, Sylla'S Sohn, zu Ehren seines Vaters Gladiatorcnspiele, bewirthete das Volk anis Glänzendste und reichte ihm Bäder und Oehl unentgeltlich. Dieß geschah in Rom. 5e. Cäsar war nach seiner Prätnr Statthalter in Lusi- tanien **), und obgleich er nach der mit leichter Mühe vollbrachten Ausrottung ***) der Räuberbanden, die dieses Land beunruhigten, hätte in Ruhe bleiben können, so hatte er doch kein- Lust dazu. Denn ruhmbegierig, wie er; war, dem Pompejuö und Andern, die vor ihm zu großer Macht gelangt, nacheifernd, ging er mit hohen Dingen um und hoff- *) Er mußte sich durch einen Plebejer und zwar von dem in Curie» versammelten Volte adoptireu lassen; so trat er in alte Rechte eines wirklichen Sohns des Mannes ein. der ihn an Kindesstatt angenommen hatte. Eigentlich im jenseitigen Spanien, nach Sneton. -**) Ich lese 509 Sieben und dreißigstes Buch. re, wenn er jetzt etwas Bedeutendes leiste, sogleich zum Consul erwählt zu werden und dann glänzende Thaten zn verrichten. Unter andern günstigen Vorbedeutungen, hatte er auch als Quästcr in Gades geträumt, er wrhnc seiner Mutter bei und die Wahrsager hatten ihm gcweiffagt, er werde zu großer Macht gelangen. Daher er denn auch bei dem Anblick einer Bildsäule Alexanders im dortigen Hercu- lesrempel seufzte und beklagte, daß er noch keine große That verrichtet habe. Aus diesen Gründen rückte er, obgleich er, wie schon erwähnt, Frieden haben konnte, an den Berg Herminius *) und befahl den Bewohnern desselben in die Ebene herabzuziehen, unter dem Vorwande, damit sie nicht mehr von ihren festen Plätzen aus Räubereien treiben könnten, im Grunde aber, weil er voraussah, daß sie Dieß nie thun würden und er daher Anlaß zum Kriege bekäme. Und so kam es auch. Sie griffen zu den Waffen und wurden von ihm bezwungen. Weil aber Einige der benachbarten Völkerschaften, aus Furcht, er möchte auch sie angreifen, ihre Kinder und Weiber nebst ihrer kostbarsten Habe über den Durius **) flüchteten, überfiel er, während sie dieses thaten, ihre Städte und lieferte ihnen eine Schlacht. Sie trieben Heerden vor sich her, um über die zum Raube des Viehs zerstreuten Römer herzufallen; er aber zog an den Heerden ***) vorbei, griff sie selbst an und siegte. *) Heut zu Tage Armin no. **) Durius. heul zu Tage Douro. Ducro. »»»> Statt rst xparuirxöa ^ ich mit Sturz nach Reiskc'S Borschlag rkrocriioöcr. 310 Cassius Dic's Römische Geschichte. 55. Als er indessen erfuhr, daß die Bewohner des Bergs Herminius abgefallen seyen und ihm auf dem Rückwege einen Hinterhalt legen würden, nahm er einen andern Weg, rückte von Neuem wider sie, schlug sie in die Flucht und verfolgte sie bis an den Ocean. Als sie aber das Festland verließen und auf eine Insel übersetzten, so blieb er, aus Mangel an Schiffen, am Lande, baute aber Flöße und schiffte einen Theil seines Heeres hinüber, büßte jedoch dabei viele Leute ein. Denn als der Ansührer an einer Erdznnge der Insel anlegte und seine Leute an einer Stelle ausschiffte, wo er glaubte, daß sie nöthigen Falls auch durchwaten könnten, wurde er selbst wieder von der eintretenden Fluth auf die hohe See geworfen und ließ seine Leute dort ohne Anführung zurück. Die Andern fielen nach tapferem Widerstände, Publius Scävius aber, der allein noch übrig geblieben, sprang seines Schildes beraubt und mit Wunden bedeckt in das Wasser und entschwamm. Dieß der erste Versuch; später aber ließ Cäsar aus Gades Fahrzeuge kommen, setzte mit dem ganzen Heere hinüber und bezwäng die durch Mangel an Lcbensmitteln bedrängten Feinde mit leichter Mühe. Von hier schiffte er längs der Küste nach Brigantium, einer Stadt in Gallicien * **) ), setzte die Einwohnep, die noch nie eine Flotte gesehen, durch das Rauschen *') der nahenden Schiffe in Furcht und unterjochte sie. *) I» der Nähe des Hafens von Corunna. **) Ich lese mit Turnebus und Sturz rü 7i(>öc7nXs statt öoAim rü 7i(><»<77k->ol-, vergl. Thuend. IV, 10. 31L Sieben und dreißigstes Buch. 5i. Hierdurch hoffte er-sich den Weg zu dem Cousulate hinlänglich gebahnt zu haben, reiste noch vor Ankunft seines Nachfolgers zu den Wahlen ab und verlangte, noch vor seinem Triumph (denn ihn vorher zu halten war die Zeit zu kurz) sich um das Cvnsulat zu bewerben. Als ihm Dieß aber» hauptsächlich durch Catv's Widerstand, nicht gelang, ließ er jenen schwinden; denn er hoffte als Consul weit mehrere und größere Thaten zu verrichten und Triumphe zu feiern. Außer dem schon erwähnten sTraumzeichens nämlich, auf das er immer sehr viele Hoffnung gründete, war ihm ein Pferd *) mit gespaltenen Hufen an den Vorderfüßen geworfen worden, welches nur ihn mit freudigem Stolze trug» aber keinen andern Reiter auf sich duldete. Dieß hob ihn zu nicht geringen Erwartungen und machte, daß er gern auf den Triumph verzichtete. Als er aber in die Stadt kam und sich um das Cvnsulat mitbewarb, wußte er sowohl die Andern als auch besonders den Pompejus und den Crassus so für sich einzunehmen, daß er Beide, — ob sie sich gleich damals noch befeindeten, ihre Parteien hatten und einander in Allem cntcgenarbeiteten, — für sich gewann und von Allen einstimmig gewählt ward. Damit gab er allerdings einen starken Beweis seiner Klugheit, daß er die Zeit und das Maß seiner Gnnstbewerbung bei ihnen so zu treffen und zu benutzen wußte, daß er Beide, obgleich wechselseitige Feinde, sich zu Freunden machte. 55. Allein er ging noch weiter und söhnte Beide mit einander aus, nicht sowohl, daß er sie einträchtig habe» *) Statt öewvcrg lese ich mit Sturz ötaPva'g- 312 Cassius Dio's Römische Geschichte. wollte, sondern weil er sah, daß sie alle Macht in Händen hatten und wohl wußte, daß er ohne den Beistand Beider oder Eines von ihnen zu keinem Einfluß im Staate gelange, - daß er aber durch Anschließung an den Einen, den Andern zum Feinde bekomme und von diesem mehr Schaden, als Vorschub *) von Jenem z» gewarten habe. Denn eines Theils glaubte er , daß die Menschen insgemein mehr geneigt seyen, dem Feind entgegen zu arbeiten, als dem Freunde an die Hand zu gehen, nicht blos weil Zorn und Haß in ihren Wirkungen heftiger als jede Freundschaft sind, sondern auch weil der für andere Handelnde beim Gelingen nicht gleiches Vergnügen und beim Mißlingen nicht gleiche Betrübniß mir Demjenigen hat, der für die eigenen Zwecke thätig ist; andern Theils sey es leichter, Andere zu behindern und nicht aufkommen zu lassen, als ihr Emporsteigen zu fördern, besonders auch deßhalb, weil Derjenige, der Einen nicht aufkommen läßt, sich und Andern einen Gefallen thut, Wer hingegen Einen in die Hohe bringt, ihn sich und Andern zum Gegenstände der Mißgunst macht. 56. Aus diesen Gründen suchte Cäsar sich an sie anzuschmiegen und sie mit einander zu versöhnen. Denn nur durch sie hoffte er Einfluß zu erhalten und d»ch bei Keinem anzustoßen; auch machte ihm keine Sorge, daß sie durch ihre Eintracht ihm überlegen würden; denn er wußte nur zu wohl, daß er durch ihre Freundschaft den Andern und durch sie selbst über ein Kurzes auch ihnen obsiegen würde. Und Statt or-valCLztLt'L lese ich mit Sturz oitvcktpojltövs. 315 Sieben und dreißigstes Buch. so geschah es auch. Aus diesen Gründen versöhnte er sie und schloß sich an sie an. Denn Pompejus und Crassus nahmen, nachdem sie sich, Jeder aus eigenen Gründen, so bald einmal der Anfang gemacht war, verglichen hatten, auch Jenen in die Gemeinschaft ihrer Interessen auf. Pompejus nämlich durfte nicht hoffen, sich auf gleicher Höhe zu halten *), da Eras- sus schon mächtig und Cäsar imMiskommeu war, ja er mußte fürchten, von ihnen ganz gestürzt zu werden; durch eine Verbindung mit ihnen aber hoffte er seine alte wiedcrMacht zu gewinnen. Crassus dagegen glaubte, Geburt und Reichthümer müßten ihn über Alle erheben, und da er sich gegen Pompejus sehr im Nachtheile, den Cäsar aber sich sehr emporheben sah, wünschte er, Beide im Schach zu halten und Keinen übermächtig werden zu lassen, in Hoffnung, während Jene mit gleichen Kräften sich bekämpften, die Früchte von Beider Freundschaft zu ernten und mehr als Beide geehrt zu werden. Im Grunde nämlich war seine Politik weder für den Bürgerstand, noch für den Senat, sondern einzig auf Begründung seiner eigenen Macht berechnet. In dieser Absicht schmeichelte er Beiden auf gleiche Weise und hütete sich, gegen Einen von ihnen zu verstoßen, indem er sich bemühte, Jedem an seinem Theile sich in so weit gefällig zu machen, daß er als Urheber Dessen, was ihnen angenehm war, an ihren Unfällen aber schuldlos erschien. 67. So und aus diesen Gründen schloßen die drei Männer Freundschaft, lenkten, nachdem sie dieselbe durch *) Statt sti/riwr lese ich mit Sturz is/sstrerr. 314 Cassius Dio's Römische Geschichte. Eide bekräftigt, den Staat nach Willkühr und gaben und nahmen sich Wechselsweise, Was sie wünschten und für den Augenblick anordnen wollten. Durch ihre Eintracht verei- uigten sich auch ihre Anhänger, und auch sie thaten, deren Beispiele folgend, ohne Scheu Alles, was sie wollten. Daher beschränkte sich der noch vorhandene Gemeinsinn auf Ca- to und die Wenigen, welche gleichen Sinns mit ihm zu seyn sich entschließen konnten. Den» rein und ohne Selbstsucht, verwaltete damals, außer Cato, wohl Keiner die Staatsgeschäfte. Einige wollten zwar aus Scham über die Art der zeitigen Staatsverwaltung, Andere mit dem Streben, ihm nachzuahmen, sich der Staatsgeschäfte annehmen und zeigten Manches, mas ihm ähnlich war, bewährten aber, da sie es mehr aus erzwungener Anübung als eingebvrner Tugend thaten, die nöthige Ausdauer nicht. 58. Dahin also brachten diese Männer den Römischen Staat und suchten ihre Verschwörung so viel möglich zu verheimlichen. Sie thaten, Was sie für gut fanden, während sie das Gegentheil vorschützten; um ihre Absichten so lauge zu verdecken, bis sie sich gehörig vorgesehen hatte». Der Gottheit aber blieben ihre Thaten nicht verborgen, sie gab Denen, die sich auf dergleichen Dinge verstanden, Alles kund, was von Denselben zu erwarten stand. Ein solcher Sturm kam nämlich plötzlich über die Stadt und die ganze Umgegend, daß viele Bäume aus den Wurzeln gerissen wurden, viele Häuser einstürzten, die Schiffe auf der Tiber, welche nahe bei der Stadt und an den Mündungen vor Anker lagen, untersanken, und die hölzerne Brücke zu Grunde ging. Sieben und dreißigstes Buch. 515 Auch ein zu einer Festlichkeit aus Holz *) erbautes Schauspielhaus fiel ein, und viele Menschen kamen bei diesen Unfällen um das Leben. — Ein Vorbild Desjenigen, was zu Wasser und zu Land über Rom kommen sollte. *) Ich lese mlt Lipsius und Sturz statt ex — ex Er-Xcon. Inhalt des acht und dreißigsten Buches Uneinigkeit zwischen Cäsar und Bibulus. Cap. 1 — 8. Cicero wird verbannt und geht nach Macedonien. Cap. S — 17. Philiscus sucht ihn zu trösten. Cap. 18 — 80. Cäsars Krieg gegen die Helvetier und den Ariovift. Cap. 51 — 50. Der Zeiträume begreift zwei Jahre, während welcher folgende Consuln waren: Bor Chr. Nach Erb. Roms. 59 6g5 Casus Julius Cäsar und Marcus Calpur- ' nius Bibulus. 58 696 Lucius Calpurnius Pisv und Aulus Gabinius. Acht und dreißigstes Buch. Im folgenden Jahre wollte Cäsar sich das ganze Volk verbinden, um es noch mehr für sich zu gewinnen. Weil er aber auch den Schein haben wollte, daß er es mit den Vornehmen halte, um ihrem Hasse zu entgehen, erklärte er ihnen öfters, er werde me Etwas vorschlagen, was nicht auch ihnen zuträglich sey. Gegen seinen Vorschlag einer 317 Cassius Dio's Römische Geschichte rc. Vertheilung von Ländereien an das ganze Volk hatte man nicht das Geringste einzuwenden; jedoch stellte er sich, auch nichr einmal Diesen, falls er ihnen nicht genehm wäre, vorbringen zu wollen. Wegen des Gesetzes konnte ihm Niemand Vorwürfe machen; denn die Ueberzahl der Bürger, von der hauptsächlich die Unruhen ausgingen, ward dadurch auf Feldarbeiten und Landban gewiesen und das meist verödete Italien wieder bevölkert; so daß nicht nur die ausgedienten Soldaten , sondern auch alle Andern hinreichenden Unterhalt fanden, ohne daß der Staat in Unkosten kam, oder die Vornehmen dabei beeinträchtigt waren; da vielmehr Viele an Ehre und Ansehen gewannen. Alle Staatsländereien wollte er vertheilt wissen, die Campanischen ausgenommen; diese sollten ihrer besondern Güte wegen dem Staate verbleiben. Auch die übrigen sollten nicht gegen den Willen der Inhaber, oder nach der Willkühr der mit der Vertheilung Beauftragten, sondern erstens freiwillig und dann nach dem in den Stenerlisten angesetzten Preise angekauft werden. Geld hätten sie theils aus der von Pompejns gemachten Beute, theils aus den vorher bestehenden Abgaben genug zur Verfügung; und Was mit der Gefahr der Bürger erkauft worden , mäße «uch auf sie selbst verwendet werden. Zu Landesvcrtheilcni wollte er weder zu Wenige, um nicht den Schein von Machk- willkühr zu geben, noch auch Solche, die anrüchtig waren und Beschwerden veranlassen könnten, sondern, um Mehrern *) Ich lese mit Sturz statt r« musls eixob zerrcret/keus -—> rn crv/i'Lg re?^> m/iHs ziercrerh-klu kexoere — kerkere«. 318 Cassius Dio's Römische Geschichte. an dieser Ehre Antheil zu geben, zwanzig Männer, die sich hiezu besonders eigneten, sich selbst aber schloß er davon aus, um nicht, wie er vorweg erklärte, den Verdacht zu erregen, als hätte er eine selbstische Absicht dabei. Er selbst begnügte sich, wie er wenigstens sagte, damit, den Plan auf die Bahn und in Vorschlag gebracht zu haben, den Pompejus, den Craffus und Andere aber suchte er unverkennbar zu begünstigen. 2. Gegen diesen so gestellten Antrag konnte ihm Niemand Etwas anhaben, ja es wagte Keiner auch nur den Mund zum Widersprüche zu öffnen; denn er las ihn vorher im Senate vor und rief Jeden namentltch"auf, ob er Etwas daran auszusehen habe, mit dem Versprechen, ihn abzuändern oder auch ganz zurückzunehmen, wenn Einer Etwas daran auszusetzen hätte. Dennoch waren Alle, hauptsächlich die Vornehmen, welche nicht mit im Bunde waren, unwillig, am meisten aber ärgerte sie, daß er seinen Vorschlag so gefaßt hatte, daß Keiner, wie sehr er sie auch Alle in Nachtheil setzte, ihm beikommen konnte. Denn sie argwohnten die Absicht bei ihm (und so war es auch), die Menge dadurch für sich gewinnen und Namen und Einfluß bei Allen zu erlaugen. Wenn ihm also auch Keiner widersprach, so billigten sie es wenigstens nicht *). Hierbei ließen es aber auch Alle bewenden und versprachen seinen Vorschlag in Vor- berathung zu nehmen, thaten es aber nicht, sondern suchte» die Sache durch Aufschub und Zögerung hinzuhalten. *) Ich lese ti rot statt s rvl mit Oddey, der Version des Reimarus und Sturz, Acht und dreißigstes Buch. 519 5. MarcusCat aber, ein sonst billig denkender Mann, jedoch ein Feind jeder Neuerung, der weder von Natur, noch durch Bildung die nöthige Stärke der Beredsamkeit besaß, wußte zwar auch Nichts an dem Vorschlage auszusetzen, verlangte aber doch im Allgemeinen, man solle es beim Alten lassen und keine Neuerung anfangen.S Dieser Aeußerung wegen wollte Cäsar den Cato aus der Curie weg ins Gefängniß führen lassen, als Dieser aber sich aufs Bereitwilligste abführen ließ und der Andern nicht Wenige ihm folgten, auch einer derselben, Marcus Petrejus *), von Cäsar getadelt, daß er vor Entlassung des Senats sich entferne, antwortete: „Ich Mll lieber mit Cato im Gefängniß, als mit dir hier sin der Curiej seyn," schämte er sich, gab den-Cato frei **> und entließ den Seuat mit den Wvrten: „Ich gab euch sogar als Richter die Entscheidung über meinen Vorschlag, um ihn, falls er euch nicht gefiele, nicht vor das Volk zu bringen , da ihr solchen aber nicht in Vorberathung nehmen wollt, so soll das Volk selbst entscheiden!" ä. Seit diesem Auftritte theilte er im Verlaufe seiner Amtsführung Nichts mehr dem Senate mit, sondern brachte, Was er vor hatte, unmittelbar vor das Volk. Weil er aber auch so der Ersten Einige in der Volksversammlung für sich haben wollte und hoffte, sie hätten sich vielleicht eines Bessern besonnen und würden sich wohl auch vor dem Volke fürchten, machte er bei seinem Amtsgenvssen den Anfang *) Nach des Liphilinns Cvdd. und Andern: Petronius. **) Cäsar hatte nach Plutarch erwartet, kato werde an die Volkstribuncn appelliren. 320 Cassius Div's Römische Geschichte. und fragte ihn, ob er Etwas gegen seinen Vorschlag einzuwenden hätte. Als Dieser aber sich nicht darauf einließ und erklärte, er würde unter seiner Amtsführung keine Neuerung dulden, so wandte er sich zu Bitten und forderte die Menge auf, mit ihm zu bitten: „auf ihn kommt es an," sagte er, „ob ihr das Gesetz erhaltet." Bibulus aber rief mit lauter Stimme: „ihr erhaltet dieses Gesetz in diesem Jahre nicht, selbst wenn ihr es auch Alle wollt." Damit entfernte er sich. Cäsar fragte jetzt keinen der obrigkeitlichen Männer mehr, aus Furcht, sie möchten ihm gleichfalls entgegen seyn, führte aber den Pompcjus und den Crassus, obgleich sie damals kein Amt bekleideten, herbei und forderte sie auf, ihre Meinung zu sagen; nicht, weil er ihre Gesinnung nicht wußte (denn sie thaten ja Alles gemeinschaftlich), sondern um sie dadurch , daß er sie, alS Privatleute, zu Nathgebern über sein Gesetz nahm, zu ehren und die Andern abzuschrecken, wenn sie die anerkannt ersten und mächtigsten Männer des Staates gleicher Meinung mit ihm sahen; auch wollte er dem Volke dadurch gefällig seyn, daß er ihm bewies, daß sein Ansinnen weder unzweckmäßig noch ungerecht sey, vielmehr selbst den Beifall und das Lob jener Männer für sich habe. 5. Pompejus ergriff die Gelegenheit mit Freuden und sprach: „Nicht ich allein, ihr Quinten, billige den Antrag, sondern auch der ganze Senat, in so fern derselbe nicht blos meinen, sondern auch des Metellus ") Soldaten früher Zänkereien zu vertheilen beschloß * **). Damals wurde, da die ») MetelluS Ereticus. Äergl. B. XXXVI. , **) Nicht die tm vorige» Jahre vorn Tribun Lucius Map ins. 32L Acht und dreißigstes Buch. Sasse nicht gefüllt war. die Sache wie billig verschoben, jetzt aber, da sie durch mich sehr bereichert ist, sind wir verbunden, Jenen unser Versprechen zu halten und auch die Andern die Früchte der gemeinsamen Gefahren mitepnten zu lassen." Hierauf ging er den Vorschlag im Einzelnen durch und rühmte ihn durchaus zu großer Freude des Volkes. Cäsar fragte ihn sodann, ob er geneigt wäre, ihm wider die Geger seines Vorschlags beizustehen und ersuchte auch das Volk ihn, darum zu bitten. Pompejus, geschmeichelt, daß Consul und Volk seine, des Privatmanns, Hülfe erflehten, sprach lange und Viel zur eigenen Ehre und Lobpreisung und schloß mit den Worten: ,,Wenu Einer wagt, nach dem Schwerte zu greifen, so greife ich nach dem Schilde!" Diese Rede des Pompejus bekräftigte auch Craffus, so Laß Andere, denen der Vorschlag eben nicht gefiel, weil* *) ja diese beiden rechtlichen Männer und, wie sie glaubten, Cäsars Feinde wv auf Weffelings und Reimarus Vorschlag mit Sturz rw» ö(>wv. ") Statt lese ich mit Sturz *") Servilius Cäpio. k) Aus der Catilinarischen Verschwörung bekannt. Vergl« XXXVII. 326 Cassius Dio's Römische Geschichte. von ihren Gegnern dazu aufgestiftet. Darüber ward bald so, bald anders gesprochen, nie aber etwas Sicheres erhoben. Als Vsttius nämlich vor dem Volke blos die schon Benannten angab, ward er ins Gefängniß geworfen und bald darauf heimlich umgebracht. io. Verdächtig war jedoch Cicero dadurch dem Cäsar »nd dem PompejuL geworden, und bestärkte noch diesen Verdacht durch seine Vertheidigung des fCajusf Antonins ch. Dieser hatte in seiner Provinz Maccdomen und unter den Bundesgenossen *) **) gewaltig gewirthschaftet, aber auch vielfache Verluste erlitten. Nachdem er das Land der Dardancr und ihrer Nachbarn verwüstet, wagte er nicht ihnen Stand zu halten, sondern ritt, unter dem Vorwand einer anderweitigen Absicht rückwärts und entfloh. So umringten Jene das Fußvolk, trieben es aus dem Land und nahmen ihm die gemachte Bente wieder ab. Als er auf gleiche Weise gegen die Bnndesgsnoffen in Mysien verfuhr, ward er bei der Stadt der Jstrianer von den Bastarncn, einem Scythischen Wolke, die ihnen zu Hülfe kamen, aus dem Felde geschlagen und entrann. Er wurde jedoch nicht deßhalb, sondern wegen Theilnahme an der Catilinarischen Verschwörung angeklagt; wegen des erstem aber wurde er vernrrhcilt und es fügte sich, daß er Dessen, worüber er angeklagt worden, nicht überführt, für Das aber, dessen er nicht angeklagt war, bestraft wurde; er mußte sich also aus der Stadt entfernen. Cicero aber, der ihn als seinen Amtsgenvssen vertheidigte, *) Seines Kollegen im konsulat, s. oben. *') Ich lese rv Lvonoi'Aov statt rö LxctTtouöau. Acht und dreißigstes Buch. 327 erlaubte sich heftige Ausfälle auf Cäsar, als den Urheber der Anklage und schimpfte auch auf denselben. ii. Dieser grollte ihm zwar darob, wie natürlich, er« laubte sich aber, obgleich Consul, weder in Worten, noch durch die That eine Beleidigung wider ihn. Denn Diele, sagte er, hätten den Gebrauch, sich in leeren Schmähungen wider Diejenigen zu ergehen, deren Uebergewicht sie fühlten, um sie zur Hitze zu reizen und sich, wenn sie etwas Ähnliches dagegen hören, gleich oder ähnlich zu dünken. Darin wollte er sich mit Keinem messen und benahm sich sowohl ge- 'gen Andere, die ihn verunglimpften, nach diesem Grundsätze, als auch gegen Cicero. Als er sah, daß dem Cicero nicht sowohl darum zu thun war, ihn zu schelten, als etwas Ähnliches von ihm zu hören, um sich auf gleiche Stufe mit ibm zu stellen, achtete er nur wenig auf ihn und kehrte sich nicht au dessen Reden, sondern ließ sich von ihm mit Schmähwor- ten, wie mit Lobsprüchen überhäufen, ohne ihn jedoch ganz wegzuwerfen. Er hatte wirklich eine langmüthige Natur und war nicht so bald zum Zorne gereizt. Viele, wie sich in seinen Verhältnissen erwarten ließ, strafte er, aber nicht mit Leidenschaft, noch auf der Stelle; er that Nichts in der Hitze, erlauerte stets den günstigen Augenblick und hatte die Meisten bestrickt, bevor sie sich's versahen. Er hatte es nicht auf augenfällige Rache abgesehen, sondern wollte Alles so un- verkümmert als möglich zu seinem Vortheile kehren. Unvermerkt und wo man sich am wenigsten versah, rächte er sich daher, theils seines Rufes wegen, um nicht leidenschaftlich zu erscheinen, theils auch, damit Keiner, vorher gewarnt, sich vorsehe und es vorziehe, der angreifende, statt der ange« 328 Cassuis Dio's Römische Geschichte. griffene Theil zu seyn. Sein Hauptaugenmerk bei angethanen Unbilden war, deren Folgen aufzuheben. Daher verzieh er auch Vielen, die ihn schwer beleidigt hatten, oder nahm gelinde Rache, weil er glaubte, daß sie ihm nicht mehr schaden würden. Dagegen rächte er sich der eigenen Sicherheit wegen an Vielen empfindlicher, als es billig war, und meinte, daß das Geschehene sich nicht mehr ungeschehen machen lasse*), daß er aber durch die strenge Bestrafung sich jeden Falls vor ähnlichen Gefahren sicher stelle. i,. Aus diesen Rücksichten rührte er selbst sich damals nichk, stiftete aber den Clodins, der ihm dafür, daß er ihn nicht des Ehebruchs angeklagt, einen Gegendienst erweisen wollte, ingeheim wider Cicero auf. Zuerst verhalf er ihm unter dem Beistande des Pompejus zu einem gesetzlichen Uebertritt in die Rechte des Bürgerstandes und setzte dann sogleich seine Wahl zum Volkstribun durch. Dieser ClodiuS brachte nicht nur den Bibulus, als derselbe beim Ablaufe seines Amtes auf dem Forum erschien und außer seinem Eide auch noch über die Lage des Staates sprechen wollte, zum Stillschweigen, sondern begann auch sogleich seinen Angriff auf Cicero. Weil er aber sah, daß ein Mann, der durch seine Beredsamkeit von solchem Gewicht in dem Staate war, nicht so leicht zu stürzen sey, suchte er vorerst nicht blos dasMolk, sondern auch die Ritter und den Senat, bei denen Cicero sehr viel galt, auf seine Seite zu bringen, in der Hoffnung, wenn er diese für sich hätte, ihn, dessen Einfluß sich mehr auf Furcht als auf Wohlwollen gründete» *) Nach LcunclavS Ergänzung der Mauken Stelle. 329 Acht und dreißigstes Buch. leicht zu Falle zu bringen. Er verstieß nämlich gegen sehr Vieles,durch seine Reden, und die Freundschaft Derer, denen er genützt, war nicht so thätig, als der Haß Derer, denen er geschadet hatte. Außerdem, daß die meisten Menschen unangenehme Begegnungen viel eher nachtragen, als für erzeigte Wohlthaten erkenntlich sind *), und ihren Vertheidigern ihren Lohn bezahlt zu haben glauben, sich aber an Gegnern auf jede Weise zu rächen suchen, so hatte er sich die bittersten Feinde gemacht, daß er sich über die Angesehensten zu erheben trachtete, und sich gegen Alle ohne Unterschied einer Freimüthigkeit im Reden bis zum Uebermaß und oft bis zum Ueberdruffe bediente. Denn er strebte, selbst auf Kosten der Rechtlichkeit nach dem Ruhme, für den klügsten Staatsmann und den besten Redner zu gelten. Deßhalb also, und weil er sich als den größten Mann rühmte und Keinen sich an die Seite stellte, sondern an Weisheit und Lebensklugheit Alle zu übersehen glaubte und nicht wie andere Menschenkinder genaturt seyn wollte, ward er lästig und unerträglich. So wurde er den» selbst von Denen, welchen er sonst zu Gefallen war, beneidet und gehaßt. iL. Clodius glaubte, wenn er den Senat, die Ritter und das Volk für sich gewonnen hätte, bald mit ihm fertig zu werden, vertheilte deßhalb wieder unentgeldlich Getreide, denn er hatte schon, als Gabinius und Piso bereits Consuln waren, eine Dertheilung an die Armen vorgeschlagen und *) Ich nehme die »lte Lesart wieder auf, weil sie den natürlichen Gegensatz zu bildet und «stvnoorwv mit dem Nachfolgenden eine lästige Tautologie seyn würde. 830 Cassius Dio's Römische Geschichte. führte die Zünfte, in der Landessprache Collegia genannt, die von alter Zeit her üblich, seit kurzem aber aufgehoben waren, wieder ein; den Censoren aber verbot er, Jemand aus seinem Stande zu streichen und zu entehren, wenn er nicht vor beiden (Censoren) gerichtet und schuldig befunden wäre. Nachdem er sie hierdurch geködert, trug er?auf ein anderes Gesetz an, über das ich weitläufiger sprechen muß, um der Mehrzahl meiner Leser verständlich zu werden. Unter den öffentlichen Auspicien, die man am Himmel und an andern Gegenständen (wie schon erwähnt)*) anstellte, waren die an: Himmel die wichtigsten, so daß die andern mehrmals und bei jeder Handlung vorgenommen wurden, jene am Himmel aber nur einmal für den ganzen Tag Statt finden durften. Schon Dieß war ganz eigenthümlich dabei und noch>'mehr, daß sie bei allen andern Dingen Etwas vorzunehmen erlaubten, und daß dieses dann geschah, ohne daß bei jeder einzelnen Handlung eine (besondere Vogelschau nöthig war, oder aber, daß sie Etwas verhinderten und aufschoben, die Abstim- ! mnng des Volks hingegen jederzeit unterbrachen. In Beziehung auf diese waren sie immer ein Götterverbot, sie moch- l ten günstig oder ungünstig seyn. Den Grund dieses Gebrauchs weiß ich nicht, ich erzählte blos, Was man sagt. Weil ' nun Manche, um das Durchsetzen neuer, Geseyvorschläge oder die Wahlen zu obrigkeitlichen Aemtern zu hintertreiben, meldeten, daß sie an diesem Tage die Erscheinungen des Himmels beobachteten, und das Volk daher keine» Beschluß fassen könne, und Clodius befürchtete, es möchten Einige, ') In einer Stelle der Verlornen Bücher. 33t Acht und dreißigstes Buch. wenn er Cicero anklage, auf diesem Wege da» Gerichtsverfahren unterbrechen und hinausschieben, so schlug er als Gesetz vor, daß kein Staatsbeamter an solchen Tagen, wo das Volk eine Entscheidung zu fassen hätte, die Erscheinungen am Himmel beobachten dürfe. ii. Solche Vorschläge machte er damals wider Cicero, und als Jener seine Absicht merkte und den Volkstribun Lucius Ninnius O.uatratus zur Einsprache gegen Dieselben vermochte, so fürchtete Jener unruhige Auftritte und Verzögerung und suchte ihn durch Schmeicheleien zu hintergehen. Er versicherte ihm, daß er, wenn er keinen seiner Gefttzvor- schlage hindere, keine Klage wider ihn erheben wolle, sehte, als Cicero und Ninnius ruhig sich verhielten, dieselben durch und machte sich dann an Cicero selbst. So wurde denn er, der der klügste Mann im Sraate seyn wollte, von Clodins (wenn man anders Diesen und nicht yielmehr Cäsar und seine Verbündeten nennen will,) überlistet. Der Gesetzesvorschlag, welchen Clodins hierauf machte, schien nicht auf ihn, dessen Namen nicht einmal genannt war, sondern überhaupt auf Alle zu gehen, welche einen Bürger ohne Verur- theilung des Volkes umbrächten oder umgebracht hätte»; in der That aber war es damit auf ihn hauptsächlich abgesehen. Zwar ging er auf den ganzen Senat daß er den Consuln die Wahrung der Sicherheit des Staats und somit die Erlaubniß zu solchen Gewaltschritten gegeben, und hierauf Len- tulus und dessen Mitgefangene zum Tode verurtheilt hätte. Weil aber Cicero sie angeklagt, wider sie Reden gehalten hatte, den Beschluß fassen und zuletzt die Straft durch die bestimmten Diener vollziehen lassen, so lag auf ihm die Haupt- 332 Cassius Dio's Römische Geschichte. sächlichste, wo nicht alleinige Schuld. Daher auch Dieser nicht nur überall alle möglichen Schritte dagegen that, sondern auch das Senatorenkleid ablegte, im Ritterkleid umherging und bei Allen, welche Macht besaßen, Freunden und Feinden, besonders aber bei Pompejus und Cäsar (der seine Feindschaft gegen ihn nicht merken ließ) bei Tag und Nacht Besuche machte und um ihre Gunst sich bewarb. -5. Jene wollten sich nicht darum ansehen lassen, als ob sie den Clodius angestiftet hätten und dessen Anklage billigten, und ersann folgende, für sie selbst nicht unrühmlich erscheinende, Jenem aber undurchschauliche Täuschung. Cäsar rieth ihm, zu weichen, um nicht, wenn er im Lande ! bliebe, sein Leben iu Gefahr zu setzen. Um ihn aber zu überzeugen, daß er es gut mit ihmßmeine, erbot er sich ihn I als Legaten mitzunehmen, so daß er nicht verunglimpft, als ! ein Angeklagter, sondern ehrenvoll, als Befehlshaber dem Clodius aus den Händen komme. Pompejus aber brachte ihn davon ab, indem er Dieß ein Entweichen nannte und ihm zu verstehen gab, daß Cäsar ihm nicht aus lauterer Absicht also gerathen habe; sein Rath dagegen war, er sollte bleiben, > sich und den Senat freimüthig vertheidigen und dem Clodius ^ kühn die Stirne bieten. Wenn er gegenwärtig sey und ihm widerstehe, könne Jener Nichts ausrichten und werde sogar selbst in Strafe fallen, wenn er sPompejusf ihm an die Hand gehen würde '). *) 2 ch lese nach Reimarus Vermuthung statt xal 7r(i0<7krl x«i öwetkev xai—xai npoorr» xcri öwereti» Six^v. Sturz liest: mit Leuuclav önöwsot»'. 335 Acht und dreißigstes Buch. Solches sagten sie, nicht weil sie verschiedener Meinung waren, sondern um ihn desto verdachtloser anlaufen zn lassen. Er entschied sich für den Rath des Pompejus. Denn er hatte nicht nur keinen Argwohn gegen ihn, sondern hoffte vielmehr dadurch gerettet zu werden, weil er, im Besitze der allgemeinen Achtung und Hochschätzung , unter den gefährlichsten Umständen, Viele theils den Richtern, theils den Anklägern entrissen hatte; Clodius aber, wegen früherer Verwandtschaft smit Pompejus) und weil er ihn lange auf seinen Feldzügen begleitet hatte, Alles nach dessen Sinne zu thun schien. Gabinius, der ihm sdem Pompejus) sehr befreundet war, und Piso, als ein billiger Mann und Cäsars Verwandter, konnten ihm voraussichtlich nicht entstehen. 16. Auf diese Gründe seine Hoffnung auf Sieg bauend (wie er überhaupt eben so unbedacht in der Hoffnung, als in der Furcht war) und weil er besorgte, durch Entfernung ein böses Gewissen zn verrathen, dankte er Cäsarn für sein Anerbieten und folgte dem Pompejus. Auf solche Weise berückt, benahm er sich, als ob er einen glänzenden Sieg über seine Feinde schon in Händen hätte; denn zu den schon erwähnten Hoffnungen kam noch, daß die Ritter sich auf dem Capitvlium versammelten, und seinetwegen Einige aus ihrer Mitte nebst den Senatoren Quintus Hortensius und Casus Curio als Abgeordnete an die Consuln und den Senat abschickten. Auch Ninnius that sich für ihn um und ermähnte unter Anderem das Volk, wie bei einem den Staat betreffenden Unglücke die Kleidung zu wechseln. Viele auch der Senatoren thaten es und legten das Trauergewand nicht früher ab, als bis es ihnen die Consnl» durch ein eigenes Edikt 334 Cassius Dio's Römische Geschichte. zu tragen verboten. Aber seine Gegenpartei war dennoch mächtiger: Clodius gestattete dem Ninnins nicht, zu seinen Gunsten Etwas beim Volke zu thun, und Gabinius untersagte den Rittern den Zutritt in den Senat und verwies sogar einen. derselben, welcher sehr zudringlich war, aus der Stadt, dem Hortensins und dem Cnrio aber machte er Vorwürfe, daß sie ihrer Versammlung beigewohnt und die Gesandtschaft angenommen hasten. Clodius aber stellte sie vor das. Volk und ließ sie für ihre Gesandtschaft Lurch einige dazu aufgestellte Leute durchprügeln. Piso, welcher bisher gegen Cicero Wohlwollen gezeigt, und ihm als einziges Rer- tungsmittel Entweichung aus der Stadt-angerathen, als ihm ! Cicero darüber zürnte, kam, sobald es ihm seine schwächliche i Gesundheit erlaubte, in die Volksversammlung und erklärte, von Clodius befragt*), Was er von dem vorgeschlagenen Gesetze halte: ,,keine grausame**), tückische Handlung gefällt mir!" Gabinius aber, an welchen dieselbe Frage erging, lobte Cicero nicht nur nicht, sondern tadelte überdieß die Versammlung der Ritter. ! 17. Cäsar nun, welcher bereits mit dem Heere aus der I Stadt gezogen und' um Dessenwillen Clodius das Volk ausser den Mauern versammelt hatte, um ihn zum Schiedsrichter über sein Gesetz zu machen, erklärte das Verfahren gegen *) Ich lese mit Sturz statt 711-isso'zlLnog — rri-Aoztx«-ö. **) Ich lese mit Peter Victorius und Sturz: eine zeoe orir'cüztäv, orirs bxvLPmiröv kl7xel. Piso gab also sein Mißfallen über Ciccro's Maßregeln gegen die Ca- tilinarier zu verstehen. Vergl. Lic. Rede gegen Piso Cap. 6. Z55 Acht und dreißigstes Buch. Lentulus für ungesetzlich, mißbilligte aber die darüber vorgeschlagene Strafe. Seine Ansicht über die Sache wüßten Alle (er hatte nämlich nicht für ihren Tov gestimmt), jedoch sey es nicht billig, für vergangene Dinge ein solches Gesetz abzufassen. Dieß Cäsar. Craffus ließ zwar durch seinen Sohn für Cicero Schritte thun, er selbst aber war auf Seiten der Menge. Pompejus versprach ihm Hülfe, machte aber bald diese, bald jene Ausflüchte, war immer verreist und — half ihm nicht. Als nun Cicero sah, wie seine Sache stehe und für sich fürchtete, beschloß er, noch einmal die Waffen zn ergreifen, und schalt jetzt öffentlich sowohl auf Andere als auch auf den PompejuS. Auf Zureden Cato's und Hortensius ! aber, welche einen Bürgerkrieg befürchteten, entwich er mit Schimpf und Schande aus der Stadt, als (ob er schuldbewußt sich in freiwillige Verbannung begäbe. Bevor er jedoch die Stadt verließ, ging er aufs Capitolium und stellte ein kleines Minervabild unter dem Namen: Beschützerin, alS Weihgeschenk auf. Er entwich nach Sicilien, wo er früher Statthalter gewesen und große Hoffnung hatte, in den ein- ^ zelnen Städten , bei Privaten und dem zeitigen Prätor ehrenvolle Aufnahme zu finden. Nach seiner Flucht fand das Gesetz nicht nur keinen Widerstand, sondern ward selbst von Solchen, die sich für die ersten Vertheidiger Cicero's ausgegeben, nun er-einmal aus dem Wege war, aufs Eifrigste unterstützt. Sein Vermögen ward eingezogen, sein Haus, wie eines Staatsfeinds niedergerissen und die Baustelle z» einem Tempel der Freiheit geweiht. Ihm ward nun förmlich die Verbannung zuerkannt und der Aufenthalt in Sicilien untersagt; denn er ward auf dreitausend siebenhundert 336 Cassius Dio'S Römische Geschichte. und fünfzig Stadien *) von Rom verwiesen mit dem Beifüge» , wofern er sich innerhalb dieser betreten lasse, so solle er und Welche ihn aufnähmen, ungestraft getödtet. werden dürfen. >8. Er begab sich chaher nach Macedonien und lebte dort in tiefstem Kummer. Hier traf ihn ein gewisser Phi- liscns, der in Athen mit ihm umgegangen war und jetzt durch Zufall mit ihm zusammen kam. ,,Schämst du dich nicht, Cicero," (sagte.er), „daß du so klagst und dich so weibisch gebärdest? Nie hätt' ich gedacht, dich so schwach zn sehn, der du so viele und vielfache Bildung genossen und so Vielen selbst schon geholfen hast." Cicero entgegnete ihm: „Etwas Anderes ist es, Philiscus, für Andere zu sprechen, und sich selbst zurathen. Was man für Andere spricht, geht aus aufrechtem, unbefangnem Sinn hervor, ist ein Wort zu rechter Zeit. Wenn aber ein Leiden die Seele besängt, dann wird sie getrübt und verfinstert und unfähig, im Augenblicke den rechten Punkt zu treffen. Daher es sehr richtig heißt: „es ist leichter, einen Andern zu trösten, als selbst im Unglücke fest zu seyn." „Was du da sagst, ist freilich menschlich," versetzte Philiscus, „ich glaubte aber dich, als einen Mann von solcher Einsicht und Weisheit, auf alle menschlichen Begegniffe vorbereitet, damit, wenn dir ein unerwarteter Unfall zustieße, er dich nicht ungewappnct. träfe. Da du nun in dieser Lage bist — so ist es dir vielleicht nicht un- dienlich, wenn ich mich mit dir über manches dich Betreffende unterhalte; damit, wie man Ander« ihre Lasten tragen hilft *) Etwas über 468 Römische, nicht ganz 84 deutsche Meilen. 337 Acht und dreißigstes. Buch. und erleichtert, auch ich dir dein Leiden erträglicher mache und zwar um so leichter, da ich nicht das Geringste davon selbst übernehme. Du wirst hoffentlich fremden Trost nicht von dir weisen. Denn wenn du dir selbst genügtest, so bedürfte es dieser Worte nicht; nun aber bist du in demselben Falle, wie Hippocratcs, Democedcs oder ein anderer berühmter Arzt, wenn er in eine gefährliche Krankheit verfiele und der heilenden Hand eines Dritten bedürfte." ig. „Wenn deine Rede," erwiederte Cicero, „mir die Finsterniß aus der Seele zu verbannen, und ^>as frühere Licht zurückzuführen vermag, warum sollte ich nicht gerne dir zuhören wollen? Denn wie die Heilmittel, so sind auch die Reden verschieden und besitzen mancherlei Kräfte; daher wäre es nicht zu verwundern, wenn du mich, der ich im Senat, in den Volksversammlungen und den Gerichten geglänzt, mit einem Balsam von Weisheit begößest." „Wohlan denn," sprach Philiscus, „wenn du mich anhören willst, so untersuchen wir vorerst, ob deine Lage wirklich so schlimm ist, und wie ihr abgeholfen werden kann. Vor allen Dingen sehe ich dich gesund und bei voller Leibeskraft; — das erste Gut *), das die Natur dem Menschen schenken kann, — sodann hast du den nöthigen Lebensunterhalt, darfst nicht hungern, nicht dürsten, nicht frieren und leidest sonst kein leibliches Ungemach (das zweite Gut, das der Mensch von der Natur erhält), denn wenn sich Einer körperlich wohl befindet und sorgenfrei leben kann, so genießt er Alles, was zur Glückseligkeit gehört." *) Man erkennt hier sogleich den Cxiknreer. Dio Lassin«. 2s Vbchn. 6 338 Cassius Dio'S Römische Geschichte. 10. „Dieß Alles," entgegnete Cicero, „nützt ihn Nichts, wenn Kummer an seiner Seele nagt. Denn weit mehr drücken mich die Sorgen der Seele, als mich das Wohlseyn des Körpers vergnügt. So wie jetzt die leibliche Gesundheit mir Nichts gilt, da ich an der Seele erkrankt bin, noch auch der Bedürfnisse Ueberfluß, da ich so Vieles verloren habe." Philiscus erwiederte: „Und darüber grämst du dich? — Ja, wenn du des Nothwendigsten entbehrtest, so hättest du noch einen Grund, über Verluste zu klagen. Wenn du aber die Bedürfnisse des Lebens vollauf hast, was kümmerst du dich? Daß du nicht noch mehr besitzest? Alles über die Noth- durst ist überflüssig und ist es einerlei, ob es da ist, oder abgeht; da du wohl auch früher dich Desselben nicht bedientest, so denke dir nun, du habest damals nicht gehabt, Wessen du nicht bedurftest, oder du besitzest jetzt noch, Was du nicht nöthig hast. Denn Las Meiste davon hast du nicht von deinen Vatern ererbt, daß seine Erhaltung dir theuer seyn müßte, sondern durch deine Zunge und deine Reden gewonnen und verloren. Wie kannst du dich also darob härmen? — wie gewonnen, so zerronnen! Auch die Schiffsherren schlagen selbst bedeutende Verluste nicht so hoch an, weil sie sich vernünftiger Weise sagen müßen: das Meer hat's gege- ^ den, das Meer hat's genommen." -i. „Doch darüber genug! Der Mensch, glaub' ich, bedarf zu seiner Glückseligkeit nichts, als daß er hat, Was er braucht, und daß es seinem Körper an dem Nöthigen nicht gebricht. Aller Ueberfluß erzeugt nur Sorgen, Mühe und i Neid. Wenn du aber sagst, daß leibliche Güter keinen Ge» 359 Acht und dreißigstes Buch. nuß gewähren, wofern nicht auch die Seele sich wohl fühl«, so gebe ich dir vollkommen Recht, denn wenn diese leidet, so muß der Körper nothwendig auch mit ihr leiden; aber ich glaube, daß man die Seele viel leichter als den Körper in Wohlseyn erhält; denn dieser, von irdischem Bestände, unterliegt a» sich schon vielen Unfällen und bedarf vielfacher Hülfe der Gottheit, jene aber, göttlichen Wesens, wird leicht in Gleichgewicht und Ordnung erhalten. Sehen wir nun, welche Güter der Seele du besitzest *) und welche Uebel dich betroffen, die nicht hinwegzuräumen wären." „Für's erste bist du der verständigste Mann, den ich kenne; denn wie oft hast du nicht Senat und Volk zur Befolgung deiner Rathschläge überredet! wie oft nicht einzelnen Bürgern durch Leine Reden aus der Noth geholfen! Sodann halte ich dich auch für den Gerechtesten. Du bist jederzeit für Vaterland und Freunde wider ihre Nachstelle« in die Schranken getreten, und hast selbst deine gegenwärtigen Leiden aus keinem andern Grunde erduldet, als daß du für Gesetze und Staat durch Rede und That unablässig gewirkt hast. Daß du aber auch im höchsten Gradp mäßig gewesen, bethätigt deine ganze Lebensweise; denn unmöglich kann Einer, der den sinnlichen Lüsten fröhnt, immer vor dem Volke erscheinen, auf dem Markte sich umthun und die Thaten des Tags zu Zeugen seiner nächtlichen Arbeiten machen. So hielt ich dich auch für den Tapfersten, da du solche Stärke des Geistes, solche Kraft der Rede bewiesest; *) Sturz liest arrer?;, entbehrst. 6 * 840 Cassius Dio's Römisch« Geschichte. Lu aber, durch dein unerwartetes und unverdientes Schicksal ausser Fassung gebracht, von deiner Tapferkeit eingebüßt; doch wirst du dich bald wieder ermannen. Bei solchen Vorzügen, da du nacUEeist und Leib dich wohl befindest, sehe ich nicht ein, was dich also berücken sollte." Auf diese Rede entgegnete Cicero: „So scheint dir also Schande und Verbannung kein großes Uebel? dem Echoose der Seinigen, dem Kreise der Freunde entrissen, mit Hohn aus dem Vatcrlande verstoßen, in der Fremde zu leben und als ein Flüchtling, ein Spott der Feinde, eine Schmach der Freunde, umherzuirren?" „Keineswegs," erwiederte Philiscns. „Wenn wir aus zwei Theilen, aus ^ Leib und Seele bestehen und Beiden von der Natur bestimmte Güter und Uebel zugetheilt sind, so kann, wenn man in Be- ^ ziehung auf diese Etwas versieht, Dieß mit Recht für schädlich oder schimpflich gehalten werden, wenn aber Beide in gutem Stande sind, so wird Dieß nur um so vortheilhafter sey». Dieß ist jetzt bei dir der Fall. Denn alles dergleichen, ^ Verunglimpfungen und Was dergleichen mehr ist, erscheinen blos durch Satzung und Vornrtheil als schimpflich und übel, schaden aber weder dem Leibe noch der Seele. Denn wo findest du einen Körper, erkrankt oder umgekommen, wo eine Seele ungerechter oder unwissender geworden durch Schande, - Verbannung u. s. w. ? Ich wenigstens finde Nichts der Art ! und zwar deßhalb, weil keines an und für sich ein Uebel ist. - So sind auch der Vollgenuß der Bürgerrechte und der Aufenthalt im Vaterlande nicht an sich ein Gut, sie haben nur in so weit einen Werth, als Jeder von uns sie dafür crach- 34t. Acht und dreißigstes Buch. tct. Auch haben die Menschen über Schande oder Ehre ') nicht immer dieselbe Ansicht; Handlungen, die den Einen schuldhaft erscheinen, werden von Andern gelobt, Was der Eine schätzt, Das bestraft der Andere. Ja es gibt Solche, welche die Schande weder dem Namen, noch dem Wesen nach kennen und zwar nicht mit Unrecht; denn Was die natürlichen Güter des Menschen nicht berührt, Das geht ihn eigentlich auch gar nicht an. Wie ein Urtheilsprnch oder ein Dolksbeschluß, daß Der und Der krank, oder häßlich seyn solle, hdchst lächerlich wäre, so verhält es sich auch mit der Schande." -4. „Dasselbe gilt, glaube ich, auch von der Verbannung. Sie ist ein mit Schaute verbundener Aufenthalt in dem Auslande. Wenn nun die Schande an sich kein Uebel ist, so kann sie auch wohl die Verbannung nicht zu einem Uebel machen. Denn Viele sind ja die meiste Zeit theils gezwungen, theils freiwillig ausser Landes, Andere wandern ihre Lebtage umher, als würden sie überall ausgestoßen und befinden sich doch nicht schlimm dabei. Ob man Dieß nun freiwillig oder unfreiwillig thut, was liegt daran? Einer, der wider Willen seinen Körper übt, kräftigt sich eben so gut, als Der es freiwillig thut, und wer unfreiwillig in die See geht, hat denselben Vortheil wierder Andere. Zu dem sehe ich nicht, wie ein kluger Mann in den Fall kommen kaun, Etwas wider seinen Willen zu thun. Wenn darin, daß nstr Das, was wir gern thun, leicht, Was wir wider *) Ich lese mit Leunclav: ^ Ltitrtzttav-A Sturz schlägt vor rH LTureztlix zu lesen. 342 Cassius Dio'S Römische Geschichte. Wille» thun, schwer ankömmt, der Unterschied zwischen Glück und Unglück liegt, so ist Dem leicht zu helfen. Denn wenn wir Alles, was das Schicksal heischt, gerne hinnehmen und uns dadurch nicht niederdrücken lassen, so ist darin auch alles Das begriffen, was Einer sonst wohl zu dem Unfreiwilligen gerechnet hätte. Ein alter und wahrer Spruch sagt: „wir dürfen nicht verlangen, daß Das, was wir wollen, geschähe, sondern sollen wollen, Was das Schicksal will. Wir leben nicht nach eigner Wahl, hängen nicht von uns selbst ab, sondern müßen uns Dem bequemen, was Las Schicksal und der Dämon will, der Jedem von uns als Vollstrecker seines Looses zugetheilt ist. Dieß bleibt dasselbe, wir mögen wollen oder nicht." -5. „Wenn dich aber nicht sowohl diese Schande, diese Verbannung betrübt, sondern der Gedanke, daß du, keiner Schuld gegen dein Vaterland dir bewußt bist, vielmehr, als dessen Wohlthäter, entehrt und verstoßen wurdest: so bedenke, daß, wenn Dieß dir einmal vom Schicksal beschicken war, es am schönsten und besten für dich ist, daß eS ohne dein Verschulden über dich verhängt worden *). Du hast nicht als Privatmann , sondern als Consul, nicht unbefugt, sondern den Beschlüssen des Senates gehorchend, nicht aus Parteisucht, sondern zum Wvhle des Staates durch Rath und That deine Pflicht als Bürger erfüllt. Wenn Der und Jener, aus Sucht zu herrschen und zu kränken, wider dich Ränke schmiedeten, so wird Diese ob ihrem Unrecht ihr Ge- *) Ich lese statt des ursprüngliche» und der Conjectur — Lir^okcr<7-Aoil. 343 Acht und dreißigstes Buch. wissen strafen, dir aber ist's rühmliche Pflicht, in die Schickung der Gottheit dich männlich zn ergeben. Denn du würdest doch wohl nicht lieber als Genosse Catilinas, als Mit- verschworner des Lentulus, als ein Mann, der in Allem seinem Vaterland zum Verderben gerathen, seinem Rufe ungehorsam, zu Hause bleiben als ein Vsrrüther, denn *) flüchtig zu seyn als Retter desselben! Ist es, wenn du auf Ruhm denkst, nicht um Vieles wünschemverther, schuldlos in der Verbannung, als schuldbewußt unter den Deinen zu avvhnen? denn von allem Andern abgesehen, trifft Schande Diejenigen, die Einen ungerecht aus dem Vaterland gestoßen, und nicht Den, der durch Hinterlist vertrieben wardi" -6. „Wiewohl wie ich höre, hast du nicht gezwungen oder in Folge einer Verurtheilung dich entfernt, sondern freiwillig den Umgang mit diesen Menschen geflohen, unfähig sie zu bessern und nicht gemeint, mit ihnen unter zu gehen; nicht das Vaterland, nur dessen Feinde hast du geflohen. Jene vielmehr sind die Entehrten, die Verbannten, welche alles Gefühl für das Gute aus der Seele verbannt, du aber bleibst der Geehrte und Glückliche, der es verschmäht, sich zum Sklaven zu erniedrigen und Alles hat, was er braucht, mag er in Macedonien, oder irgend anderswo auf dem Erdkreise »wohnen. Der Ort gibt weder Glück noch Unglück, Jeder schafft sich immer und überall sein Vaterland und seine Glückseligkeit. So dachte Camillus und lebte zufrieden in Ardea, so Scipio und fand sein Linteruum erträglich. Nicht bedarf es einen Aristides, einen Themistocles zu nennen, *) Ich lese mit Sturz, ?)' rcttro(>F<»<7«s. 344 CasstuS Dio's Römische Geschichte. welche die Verbannung noch berühmter gemacht hat. Was einen Annius *)? einen Solo»? welcher letztere freiwillig zehn Jahre ausser dem Vaterland gelebt? Halte somit auch du, Was weder die Seele, noch den Körper berührt, nicht für unerträglich und hadere mit dem Schicksal nicht ob Dem, was dich betroffen hat. Den» eö steht nicht bei uns zu leben, wie wir wollen, wir müßen uns fügen in Das, was die Gottheit über uns verhängt; thun wir es freiwillig, so ersparen wir uns Kummer; wo nicht, so entfliehen wir doch dem Verhängnisse nicht, und haben uns — was das Uebelste von Allem ist — umsonst gequält. Dieß lehrt die Erfahrung, denn Solche, welche das traurigste Loos mit leichtem Muthe ertragen, finden kein Unglück darin; wogegen Solche, die jede Kleinigkeit niederdrückt, mit allem Unglücke der Welt zu kämpfen wähnen. Andere ferner, die sich in das Glück übel, oder in das Unglück gut zu finden wissen, machen dasselbe durch die Art ihres Benehmens, zu Dem, wozu sie selbst sich es geschaffen haben." ,7. ,,Wenn du nun die Sache so dir denkst, so darfst du dich über deine Lage nicht gräme», noch dich betrüben, daß du die Urheber deiner Verbannung im Glücke siehst. Eitel und vergänglich ist das Glück der Menschen, je höher Einer steigt, desto leichter schlägt es um, wie der Wind, zistnal bei innerlichen Stürmen. Auf den Fluthen eines bewegten und wechselvollen Staates dahin getrieben, werden sie, wie *) Da sich kein berühmter Verbannter dieses Namens findet. ^wollten Einige (Aeneas) Andere'-ckvissj!«» (Han- nibal) lesen. Acht und dreißigstes Buch. 345 die von Sturm auf der See Befallenen, baid hinauf, Lald hinab, bald dahin, bald dorthin geworfen, und gehen oft von dem geringste« Unfall betroffen, unrettbar zu Grunde. Nicht führe ich den Drusus, den Scipio, die Gracchen und Andere als Zeugen auf, gedenke nur, wie Camillns der Verbannte, glücklicher als sManliusj Capitolinus ') nachher starb; gedenke, wie Aristides später zu größer» Ehren als Themistocles gekommen. So hoffe auch du zurückberufen zu werden; denn du bist keines Unrechts wegen verbannt, und, wie ich höre, werden selbst die Urheber deiner Verbannung dich wieder aufsuchen und Alle sich nach dir sehnen. Wenn du aber auch in dieser Lage bliebest, so darfst du selbst so dich nicht bekümmern." ,8. „Wenn du mir folgst, so bist dn froh, wenn du dir ein abgelegenes Landgut an dem Meere ausgesucht, und beschäftigst dich in Ruhe und Frieden mit dem Landbau und den Wissenschaften, wie Xenophon und Thncydides sin der Verbannung^ gethan. Denn diese Art von Weisheit dauert am längsten und paßt für jeden Menschen, in jede Staatsverfaffung, und die Verbannung gewährt die fruchtbarste Muße. Willst du gleich Jenen unsterblich werden, so nimm sie dir zum Muster. Dn hast hinlänglichen Lebensbedarf und auch an Ehre gebricht es dir nicht. Wenn jetzt auch diese ein Gut ist, so bist du *) Ich lese statt LniitrwXis mit Wcsseling. Brenz und Sturz XcruerwFirs. „Glücklicher alS Manlius, der während der Verbannung des Eamillus sich durch Rettung des Capitels den grössten Ruhm erworben, später aber vom Tarxejischen Fels herabgestürzt worden." 346 Cassius Dio'S Römische Geschichte. jaConsul gewesen und Die, so es zum zweiten-, dritten« und und viertenmal gewesen, haben Nichts denn leere Zahlen verdoppelt, die weder im Leben noch im Tode Etwas nützen. Und gewiß möchtest du' nicht lieber Corvinus, oder Manns, der siebenmal Consul war, als Cicero seyn wollen. Auch wünschest du keine Statthalterschaft, da du die dir gegebene abgelehnt, die daraus kommenden Vortheile verschmäht und die kurze jedem Schufte zur Verleumdung preisgegebene Gewalt für Nichts geachtet hast. Dieß Alles erwähnte ich, nicht weil es zumfGlücke erfordert wird, sondern um zu zeigen, daß du dich in bürgerlichen Händeln wo zes Noth rhat, genugsam bewährt hast, um die verschiedenen Lebensweisen kennen zu lernen und die eine zu wählen, die andere zu verwerfen, der einen nachzugehen, die andere zu meiden. Denn kurz ist unser Leben und du darfst nicht blos für Andere leben, sondern nun auch dir einen Theil davon gönnen. Bedenke, wie viel die Ruhe vor der Verwirrung, die Behaglichkeit vor beständigen Stürmen, die Freiheit vor der Knechtschaft und die ^Sicherheit vor den Gefahren voraus hat. Dann wirst du selbst ein Leben dir wünschen, zu dem ich dir rathe. Dann wirst du glücklich und groß dein Name im Leben wie im Tode seyn." 29. „Wenn du dich aber nach der Rückkehr sehnest und nach neuem Glanz in dem Staate trachtest, so will ich dir zwar nichts Ungünstiges weissagen, befürchte aber, wie ich den Stand der Dinge ansehe und deinen Freimuth bedenke, die Macht und die Menge deiner Gegner betrachte, du dürftest zum zweitenmal zu Falle kommen. Wenn du dann wie- Acht und dreißigstes Buch. 347 der flüchtig würdest, quälte dich die Reue und träfe dich noch etwas Schlimmeres, so würde selbst ReueZ unmöglich werden. Ist es nicht grauenvoll, nicht schmählich, wenn Einem der Kopf abgehancn, auf dem Markte zur Schau gestellt und von Männern, ja selbst von Weibern verhöhnt wird? Zürne mir nicht als Einem, der nur Schlimmes weissagt, sondern beachte meine Weissagung, als wäre sie von den Göttern gekommen. Täusche dich nicht damit, daß du Mächtige zu Freunden habest; diese vermeintlichen Freunde nützen dich Nichts wider deine Gegner, wie du selbst schon erfahren hast. Die Herrschfüchtigen opfern Alles der Erreichung ihrer Zwecke auf; die besten Freunde, die nächsten Verwandten geben sie oft den erbittertsten Feinden Preis." äo. Diese Vorstellungen erleichterten den Zustand des Cicero. Seine Verbannung dauerte jedoch nicht lange; und Pompejus selbst, der dieselbe hauptsächlich herbeigeführt hatte, beförderte jetzt seine Rückkehr. Clodius nämlich, durch Geld bestochen, hatte den jüngern Tigranes, der noch in Haft bei sdem Prätors Lucius Flavins sNepvss war, entführt und in Freiheit gesetzt, den Pompejus und den Gabinius, die darüber ihr Mißfallen bezeigten, mißhandelt, ihre Begleiter geschlagen und verwundet, dem Cousul jGabiniuss die Fas- cen zerbrochen und sein Vermögen den Göttern zugesprochen. Hierüber aufgebracht, zumal daß Clodius die Macht, die er selbst den Tribunen wiedergegeben, gegen ihn mißbrauchte, beschloß er den Cicero zurückzurufen und begann sogleich dessen Rückkehr durch Ninnius zu betreiben. Dieser benützte die Abwesenheit des Clodius, um seinen Vorschlag im Senate vorzutragen, da sich ihm aber ein anderer 348 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. Dolkstribun *) widersetzte, schlug er denselben, um ihn auch vor das Volk zu bringen, öffentlich an und trat mit einem- mal in Allem als des Clodius Gegner auf. Hierüber kam es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten und blutigen Auftritten. Clodius wollte, um seine Absicht leichter durchzusetzen, bevor^es dazu kam, den Cato auf die Seite schaffen und sich an Ptolemäus, der damals im Besitz von Chpern war, und ihn früher von den Seeräubern nicht loskaufen wollte, rächen. Er erklärte deßhalb diese Insel für Eigenthum des Staats und brachte es dahin, daß Cato, ganz gegen seinen Willen, znr Anordnung des Rechtsstandes derselben abgeschickt wurde. Dieß geschah in der Stadt. Z>. Cäsar inzwischen fand in Gallien keinen Feind, sondern Alles in tiefster Ruhe. Doch blieb es nicht lange in Frieden; sobald er Anlaß zu einem Kriege fand, entspann sich alsbald ein anderer, so daß er, seinem Wunsche gemäß, überall Krieg bekam und diesen mit dem besten Erfolge führte. Die Helvetier nämlich, deren Bevölkerung so sehr zugenommen, daß ihr Land die Volksmenge nicht mehr faßte, konnten sich nicht entschließen, einen Theil derselben zur Gründung einer Colonie auszuschicken, um sich nicht durch Vereinzelung den Angriffen ihrer beleidigten Feinde bloszugeben und faßten daher den Entschluß, Alle auszuwandern, um sich in einem größern und fruchtbareren Lande niederzulassen. Sie verbrannten daher ihre Städte und Dörfer, so daß der Aufbruch Keinen reuen konnte, verbanden sich mit andern in *) CajusMelius Pätus Stalenus s. Lie. jieo 8sxt. Cax. 5t. 32. l?ro 2 ^. Lluent. Cap. 26. 3 49 Acht und dreißigsttS Buch. gleichem Falle befindlichen Völkerschaften und zogen unter ihrem Führer Orgetorir *) aus, in der Absicht über den Rhodanus zu gehen und sich au den Alpen irgendwo niederzulassen. Als aber Cäsar die Brücke ") abwerfen ließ und andere Vorkehr traf, ihnen den Uebergang zu wehren, schickten sie Gesandte und baren um freien Durchzug, mit dem Versprechen, in dem Gebiete der Römer keinen Schaden zu thun. Cäsar traute ihnen nicht und wollte sie nicht weiter vordringen lassen; weil er aber noch nicht gehörig vorbereitet war, erwiederte er, er wolle sich mit seinen Unterbefehlshabern über ihr Ansinnen berathen und an einem bestimmten Tage Antwort geben; ja er machte rhnen sogar einige Hoffnung, daß er den Durchzug vielleicht gestatten könnte. In dieser Zwischenzeit aber befestigte er die zugänglichsten Punkte mit Gräben »nd Schanzen, um ihnen den Weg zu versperren. 5-. Die Barbaren warteten eine Zeit lang, als sie aber die verabredete Antwort nicht erhielten, brachenssie auf und zogen anfangs, ihre Absicht verfolgend, durch das Land der, Allobrvger, wendeten sich aber, als sie auf die bekannten Hindernisse stießen, zu den Sequanern, zogen durch dieser und der Aeduer Gebiet, welche ihnen, gegen das Versprechen sich aller Gewaltthätigkeiten zn enthalten, freien Durchmarsch gestatteten, hielten aber ihr Wort nicht, sondern plünderten das Land. Die Sequaner und Aeduer schick- ») Orgetorir war zwar allerdings der Urheber, aber nicht der Ausführer der Unternehmung, da er noch vorher starb. Vergl. Cäsars Gallischen Krieg. I, 2 — 5. **) Welche bei Genf über die Rhone führte. Florus. III, 10. 350 CassiuS Dio's Römische Geschichte. ten nun Gesandte an Cäsar und baten ihn um Hülfe, um sie vor dem Untergänge zu schuhen. Obgleich ihre Worte ihrem bisherigen Benehmen nicht entsprachen, willfahrte Cäsar dennoch ihrer Bitte; dann aus Besorgniß,-sie sdie Helvctiers mochten sich gegen Tolosa wenden, zog er vor, sie mit Hülfe Jener abzuwehren, als sie, vereinigt mit Denselben (Was zu erwarten stand), bekriegen zu müßen. Er überfiel also die Helvetier bei ihrem Uebergang über den Araris *), hieb die letzten in der Furth selbst zusammen, die Vorausgezogenen aber setzte er durch die unerwartete und schnelle Verfolgung, so wie durch die sichere Kunde ihres Verlustes so in Schrecken, daß sie über Zuweisung eines Landstrichs mit ihm unterhandeln wollten. 33. Sie wurden jedoch nicht mit ihm einig. Denn daß man Griffet von ihnen verlangte, brachte sie auf, nicht weil man ihnen mißtraute, sondern weil sie es unter ihrer Würde hielten, Andern Geissel zu geben. Sie wollten Nichts weiter von Unterhandlungen hören, rückten vor, empfingen Cäsars Reiterei, welche dem Fußvolk zu weit vorgesprengt war und selbst ihre Nachhut hinter sich gelassen hatte, mit ihren Reitern und besiegten sie. Hierdurch ermuthigt und in der Meinung, Cäsar fliehe, weil er sowohl wegen seines Verlustes, als auch aus Mangel an Lebensmitteln sich nach einer abwegs gelegenen Stadt '*) gewendet hatte, zogen sie nicht weiter, sondern setzten ihm nach. Als Dieß Cäsar sah und ihr Ungestüm und ihre Ueberzahl fürchtete, besetzte er mit ») Arar, Saone. »*) Vibracte, im Lande derAeduer, Cäsar, G. Kr. I, 23. S51 Acht und dreißigstes Buch. dem Fußvolk eine Anhöhe und warf ihnen die Reiter entgegen, um sie so lange hinzuhalten, bis er sich an einem tauglichen Orte in Schlachtordnung aufgestellt jhätte. Als Jene sie »och einmal warfen und muthig die Anhöhe hinanstürm- ten, brach er plötzlich gegen sie los und trieb sie von oben her, mit geschlossenen Gliedern, die Zerstreuten angreifend, ohne Mühe zurück. Als Diese flohen, fielen Andere, die noch nicht gekämpft, (denn ihrer Menge und ihres Ungestüms wegen waren nicht alle zugleich angelangt,) den Verfolgenden in den Rücken und brachten sie in Unordnung, richteten aber sonst weiter Nichts; denn Cäsar überließ den Reitern die Flüchtigen, warf sich mit den Legionen auf Jene, besiegte und verfolgte sie bis zu ihrer Wagenburg, wohin beide Heet- theile sich geflüchtet hatten, und schlug fl<,nach wüthiger Gegenwehr noch einmal. Nach diesem Verluste trennten sich die Barbaren in zwei Parteien. Die Einen unterhandelten mit Cäsar, kehrten in ihre Heimarh zurück und bauten ihre Städte wieder auf, die Andern wollten ihre Waffen nicht niederlegen und zogen nach dem Rhein, als könnten sie von da in ihr Vaterland zurückkehren, wurden aber von den Bundesgenossen der Römer, durch deren Gebiet sie vordrangen, schwach an Zahl und erst noch besiegt, mit leichter Mühe aufgerieben. So beendigte Cäsar seinen ersten Krieg. L-. Nach einem solchen Anfange ruhte er nicht mehr, sondern suchte die eigenen Plane auszuführen und zugleich den Bundesgenossen einen Dienst zu erweisen. Denn die Sequaner und die Aeduer, welche seine Lust zum Kriege und seine Hoffnungen von so glücklichem Erfolge begleitet sahen, wünschten sich ihm gefällig zu zeigen und sich zugleich 352 CassiuS Dio's Römische Geschichte. an ihren Nachbarn, den Celten *) zu rächen. Diese waren vor langer Zeit über den Rhein gegangen, hatten sie nach Wegnahme eines Landstrichs zinsbar gemacht und Geiffel von ihnen genommen. Deßhalb kamen sie mit der Bitte nm Beistand ganz seinen Wünschen entgegen. Ueber jene Celten herrschte Ariovist, die Römer hatten ihn als König bestätigt und unter Cäsars Consulat unter ihre Freunde und Bundesgenossen aufgenommen. Lüstern nach Kriegsruhm und daraus erwachsender Macht nahm er darauf nicht weiter Bedacht, als daß er von ihnen selbst Anlaß zum Streite bekommen wollte, um den Schein zu vermeiden, als habe er den ersten Schritt wider ihn gethan. Deßhalb lud Cäsar ihn zu sich ein, als habe er Etwas mit ihm zu sprechen. Da Dieser nicht gehorchte, sondern erwiederte: „Wenn Cäsar mit mir sprechen will, so komme er zu mir. Wüßte ich doch nicht, daß ich weniger wäre, als er! Wer des Andern bedarf, muß zu ihm gehen!" war Jener sehr darüber ausgebracht, als hätte er damit alle Römer beschimpft, forderte sogleich die Geissel der Bundesgenossen zurück und verbot ihm, weder ihr Land weiter zu betreten, noch auch Verstärkungen aus der Heimath an sich zu ziehen. Damit wollte er ihn nicht sowohl einschrecken, als vielmehr aufreizen, um dadurch einen gültigen und scheinbaren Dorwand zum Kriege zu erhalten; Was denn auch geschah. Denn entrüstet über diese Befehle ließ ihm Ariovist viel Unangenehmes melden; worauf Cäsar alle Unterhandlung abbrach und sogleich Desontio **), *) Ueber die Benennung Celten. Bergt. XXXIX, 49. **) Vesontlo, Besontio, jetzt Besannen. Acht und dreißigstes Buch. 353 die Hauptstadt der Seguaner, bevor man es vermuthete, besetzte. L5. Als aber die Kunde kam, daß Ariovist sich gewaltig rüste, Laß viele andere Celten theils schon über den Rhein gesetzt, um ihm zu helfen, theils dicht an dem Flusse sich gesammelt hatten, um plötzlich über sie herzufallen, sank den Soldaten der Muth. Denn die Körpergröße, die Menge, der Muth und die daraus sich ergebenden Drohungen derselben hatten sie dermaßen in Furcht gesetzt, daß sie nicht mehr mit Menschen, sondern mit wilden, unbändigen Thieren zu thun zn haben glaubten. Sie ließen sich verlauten, sie hatten einen unrechtmäßigen, vom Senate nicht beschlossenen Krieg für den Ehrgeiz Cäsars zn führen, und drohten ihn zn verlassen, wenn er auf seinem Sinne bestände. Als er Dieß vernahm, sprach er nicht an die Masse des Heeres (denn er hielt es für unpassend, darüber mit der Menge zu verkehren, zumal da es dem Feinde zugetragen werden könnte; auch fürchtete er,' sie möchten, nicht überredet, sich auflehnen und Gewaltschritte thun). Dagegen berief er die Unterbefehlshaber und die untergeordneten Hauptleute und hielt an sie folgende Rede: !6. „Ganz anders, ihr Freunde, müßen wir meines Erachtens über die eigenen, als über die Staatsangelegenheiten zu Rathe gehen; denn es haben die Einzelnen für sich und die Gesammtbürger für den Staar verschiedene Zwecke. Wir für uns, haben das Billigste und Sicherste, daS Volk hat das Beste zu wählen und in Ausführung zu bringen. Zwar darf man auch für die eigene Sache nicht läßig seyn; da sonst auch ein mäßiger Glücksstand nicht bestehen würde; Dio Cassins, Zs Bdchn. 7 354 Cassius Dio's Römische Geschichte. doch glaubt sich der Einzelne, wenn er Nichts unternimmt, am gesichertsten; ein Staat aber, zumal wenn er nach Aussen herrscht, würde dadurch gar bald zu Grunde gehen. Denn dieß ist keine Satzung von Menschen, sondern ein Gesetz der Natur, welches galt, gilt und gelten wird, so lang es Menschen gibt. Ist dem so, so darf auch Keiner von euch die eigene Bequemlichkeit oder Sicherheit, mehr als aller Römer Ehre und Vortheil vor Augen haben. Denn bedenkt vor Allem, daß wir, so befähigt und in solcher Zahl aus dem Senat und den Rittern mit so vielen"Streitcrn und Geldmitteln nicht hierher gekommen sind, um zu tändeln, um die Hände in den Schvos zu legen, sondern der Unterthanen Angelegenheiten wohl zu ordnen, die Verbündeten zu schützen, die Eingriffe der Feinde zurückzuweisen und unsre Macht zu vergrößern. Wenn wir nicht so gesinnt hierher gekommen, warum sind wir überhaupt ausgezogen und nicht lieber zu Hanse bei den Unsern geblieben? Denn immer war es noch besser, in den Kriegsdienst gar nicht einzustehen, als die uns nun obliegende Pflicht zu verrathen. Wenn nun aber die Einen von den Gesetzen zur Erfüllung der Gebote des Vaterlands berufen, die Andern und meisten von uns freiwillig, der Ehren und Vortheile wegen, die der Krieg erwirbt, zugegen sind, wie vertrüge sich's mit Ehre und Pflichtgefühl, die Hoffnungen Derer, die uns ausgesendet und unsere eigenen nicht zu erfüllen? Denn Keiner ist wohl so vom Glücke gestellt, daß das Verderben des Staats nicht das seinige würde; das Glück des Ganzen aber hebt alles Unglück selbst der Einzelnen auf. 355 Acht und dreißigstes Buch. L 7 . „Ich spreche Dieß nicht zunächst gegen euch, ihr Genossen nnd Freunde, die ihr hier zugegen seyd (denn weder mißkennt ihr Dieß, um der Belehrung, noch mißachtet ihr es, um der Ermahnung zu bedürfen); sondern weil ich höre, daß Einige der Soldaten sich äußern, daß der Krieg nicht rechtmäßig sey, und die Andern zum Ungehorsam auf- stiften: auf daß ihr selbst durch meine Rede euern Eifer für das Vaterland bestärket und Jene zu ihrer Pflicht verweiset. Denn mehr nützt es, wenn sie's von euch im Einzelnen und wiederholt erfahren, als wenn ich sie einmal darüber zu belehren suche. Stellt ihnen vor, daß unsre Vorfahren nicht Lurch Daheimsitzen, durch Scheu vor dem Kriegsdienste, durch Furcht vor Kriegen, durch sorgloses Hindämmern unsere Stadt zu solcher Größe erhoben, sondern dadurch, Laß sie mit dem Geiste jede kühne That erfaßten und mit dem Körper die gefaßten Beschlüsse aufs Eifrigste ausführten, Laß sie das Ihrige, als wäre es Fremdes, daransetzten nnd nach dem Besitze der Nachbarn, als wär' es der ihrige, strebten, daß sie kein anderes Glück als die Erfüllung ihrer Pflichten und kein andres Unglück kannten, als im Glücke müßig zu gehen. Auf diesem Wege haben sie, eine Hand voll Leute in der kleinsten Stadt, die es im weiten Umkreise gab, die Latin« überwunden, die Sabiner besiegt, die Tyrrhener sEtruskers, Volskcr, Opiker, Lucaner, Samniten überwältigt, in kurzer Zeit das ganze Land diesseits der Alpen bezwungen und alle fremden Völker, die sie angriffen, aus dem Felds geschlagen." 58. „Ihnen nacheifernd haben die spätern Römer, unsre Vater, sich nicht mit dem begnügt, was sie besassen uud 7 * 356 CassiuS Dio's Römische Geschichte. ererbt hatten, sondern in der Ueberzeugung, daß träge Ruhe ihr gewisses Verderbe», ihr sicherstes Heil Mühe und Beschwerde sey, aus Furcht, ihre Macht möchte durch Stillstand sinken und altern, und aus Scham, zu dem großen Erb- theilc nicht noch mehr zu erwerben, noch weit mehrere und glänzendere Eroberungen gemacht. Was nenne ich Sardinien, Sicilien,' die Macedonier, die Jllyrier, Hellas, das um Jörnen liegende Asien, die Bithynier, die Hispanier, die Afri- caner! Viele Schätze hätten ihnen die Earthager gegeben, wenn sie jene Regionen gemieden, viele Philipp und Per- seus, wenn sie nicht wider sie zu Felde gerückt, viele Antio- chus, viele dessen Söhne und Nachkommen, wenn sie in Europa geblieben wären! Aber Jene zogen Ruhm und Herrschaft rühmloser Trägheit und sicherem Reichthum vor; desgleichen die Netteren unter uns, die noch jetzt am Leben sind; überzeugt, daß auf demselben Wege der Besitz erworben und erhalten wird, haben sie den ererbten befestigt und noch vieles dazu erworben. Was brauche ich im Einzelnen Creta, den Pontus, Cypern, Jberien, Asten, das dortige Albanien, beide Syrien, beide Armenien, Arabien, Palästina aufzuführen? Länder, die wir früher kaum dem Namen nach gekannt und die wir jetzt entweder selbst beherrschen, oder Andern geschenkt haben, so daß wir aus ihnen neue Einkünfte, neue Macht, neuen Ruhm, neue Bundesgenossen gewannen." , !g. „Mit Liesen Mustern vor Augen beschimpft nicht die Thaten der Vater, entsteht nicht dem Reiche, dessen Elan; jetzt so groß ist! Nicht sind wir im Falle Derer, die keine gleichgroße Macht besitzen. Jene mögen der Ruhe pfle- 357 Acht und dreißigstes Buch. gen und ihre Sicherheit im Schutze der Mächtigern finden; wir müßen durch Beschwerden, Krieg und Gefahren unsre jetzige Glückshöhe behaupten, nach welcher Viele lüstern emporblicken. Alles Hohe wird mit eifersüchtigem, neidischem Blicke betrachtet; ein ewiger Krieg besteht der Schwächern gegen die Uebermacht. Entweder dürften wir gleich anfangs nicht über die andern Menschen uns erheben, oder wir müssen, nun wir so hoch gestiegen, solche Herrschaft errungen haben, entweder Andern mit Nachdruck gebieten, oder zu Grunde gehen; denn Die zu solchem Ansehen und solcher Macht gelangt, treten ohne Gefahr nicht mehr zurück! Folgen wir der Göttin des Glücks und stoßen sie, die aus freier Huld unsere Vater geschirmt und ihnen treu verblieben, nicht von uns zurück! dann aber dürfen wir nicht die Waffen wegwerfen, nicht unsre Posten verlassen, nicht müßig zu Hause sitzen, nicht unthätig bei den Bundesgenossen herumschlendern, sondern müßen mit gewaffneter Hand den Frieden uns sichern, durch Mühen und Gefahren zum Kriege uns üben, um zeitigen Frieden zn gewinnen, denMilfebedürftigen Bundesgenossen bereitwillig beistehen ldenn so werden wir derselben immer mehrere haben), und Denen, die immer neue Kriege anfachen, keinen Fußbreit weichen; weil so sich Jeder hüten wird, uns zu beleidigen." zo. ,,Wenn ein Gott uns verbürgte, daß wir auch ohne solche Vorkehr keine Feinde hätten und in Ruhe unsrer Güter uns erfreuen dürften, so wäre es immer noch schimpflich, uns zur Trägheit zn rathen; indeß hätten die Trägen unter uns eine» scheinbaren Verwand für sich. Wenn aber Diejenigen, welche im Besitze sind, nothwendig von Vielen benei- 558 CassinS Dio'S Römische Geschichte. det werden, so müssen sie den Angriffen derselben zuvorkommen. Denn wer über seinem Besitze müßig bleibt, bringt auch diesen in Gefahr, wer aber mit seinem Uebersluß auch Andere bekriegt, schützt auch sein Eigenthum. Denn Keiner trachtet, um das Seinige besorgt, nach fremdem Gute; die Furcht für sein Eigenthum hält immer am sichersten ab, sich in fremde Händel zu mische». Wie kann aber einer fragen, warum wir immer neue Eroberungen machen? — Erinnert ihr euch nicht, theils gehört, theils erlebt zu haben, daß kein Volk in Italien eher aufhörte, unserm Vaterlande nachzustellen, als bis unsre Vorfahren es im eigenen Lande heimgesucht? die Epiroten nicht eher, als bis sie nach Griechenland übersetzten? nicht Philippus, der in Italien einfallen wollte: bis die Römer ihm zuvorkamen und sein eigen Land verheerten? nicht Perseus, nicht Antiochus, nicht Mi- thridates, bis Jene das Gleiche wider sie gethan? Doch wozu brauchen wir weiteres Zeugniß? So lange wir die Cartha- ger in Afrika ruhig ließen, schifften sie nach Italien herüber, durchschwärmten das Land, zerstörten die Städte und hätten um ein Kleines Rom selbst genommen; als sie aber aus dem eigenen Boden bekriegt wurden, ließen sie sich in unsrem Lande nicht mehr betreten. Dasselbe gilt auch von den Galliern und Celten, denn diese kamen, so lange Jene *) sich diesseits der Alpen hielten, oft herüber und verwüsteten viele Theile Italiens; als wir aber diese Grenzen zu überschreiten wagten, den Krieg in ihr Land trugen und ihnen sogar einen'Theil ihres Gebietes abnahmen, haben wir von ihnen *) Die Römer. 359 Acht und dreißigstes Buch. nie mehr als ein einzigesmal einen Krieg in Italien erlebt. Wenn dem nun so ist, und Einer noch haben will, daß wir nicht Krieg führen sollen, so heißt Dieß nichts weiter, als Laß wir nicht reich seyn, nicht über Andere herrschen, nicht frei, nicht Römer mehr seyn sollen. Wie ihr nun einen Solchen nicht unter euch dulden, sondern auf der Stelle niederstoßen würdet, so thut auch Denen, meine Kriegsgefährten, die solche Reden führen; nicht aus den Worten, an den Werken sollt ihr sie erkennen; daß mau also gesinnt seyn müsse, wird euch, hoffe ich, Niemand widersprechen." ä>. „Wenn Einer aber glaubt, wir dürften bei diesem Kriege, weil der Senat ihn nicht vvrberathen, das Volk nicht beschlossen habe, uns weniger beeilen, der bedenke, daß alle Kriege, die wir jemals geführt, theils nach vorgängi- ger Rüstung und Kriegserklärung begannen, theils je nach der Gunst des Augenblicks unternommen wurden. Deßhalb müssen Kriege, welche, wahrend wir zu Hause und in Ruhe sind, auf vorhergegangene von Gesandtschaften geführte Beschwerden begonnen werden, nothwendig vorher in Uebcrle- gung genommen und vom Volke beschlossen werden, dieCon- suln oder Prätoren sich an die Spitze stellen und die Heere ins Feld führen; solche aber, die entstehen, wenn wir ausgezogen und im Felde sind, können nicht vorher überlegt werden, sondern werden von der Nothwendigkeit selbst beschlossen und bestätigt; man muß zuvorkommen, bevor sie zu schwierig werden. Oder wofür hat uns das Volk hierher gesendet? Weßhalb sandte es mich sogleich nach dem Con- sulate auf fünf Jahre hinter einander (was früher noch niemals vorgekommen) und mit vier Legionen aus, wenn eS 360 CassiuS Dko'S Römische Geschichte. nicht geglaubt hätte, daß wir auf jeden Fall Krieg führen müßten? Doch wohl nicht, damit wir in Uuthätigkeit des Leibes pflegen, oder in den verbündeten Städten und dem unterworfenen Lande umherlungcrnd, diesen beschwerlicher als die Feinde fielen; — Dieß wird wohl kein Einziger behaupten wollen; — sondern um das eigene Land zu schützen und das der Feinde zu verheeren, um unsrer Kräfte und des Aufwands würdige Thaten zu verrichten. So ist daher nicht blos dieser Krieg, sondern jeder andere uns anvertraut und überlassen. Und sie thaten wohl daran, uns die Entscheidung anheim zu stellen und nicht selbst darüber Beschlüsse zu fassen. In Rom hätten sich die Verhältnisse der Bundesgenossen der großen Entfernung wegen nicht beurtheilen, und wider die kundigen und»gerüsteten Feinde nicht so gut die geeigneten Maßregeln treffen lassen. Wir aber, als Beur- thciler und Leiter des Kriegs, können de^n Gegnern auf frischer That zu Leibe gehen und werden den Krieg weder unüberlegt, noch ungerecht, noch unvorbereitet eröffnen." L-. „Wenn aber Einer von euch einwirft: ,,,,Was hat denn Ariovist so Großes verbrochen, daß er, unser Freund und Bundesgenosse, mit Einemmal zu unsrem Feinde wird?"" der bedenke, daß man Diejenigen, die uns zu schaden versuchen, nicht blos ihrer Thaten, sondern arrch ihrer Gesinnungen wegen bekämpfen muß, daß man sie, bevor man wirklich durch sie zn Schaden kommt, nicht mächtig werden lassen und nicht mit der Rache warten darf, bis sie ihre Absichten wirklich bethätigt haben. Daß er jedoch unser Feind, unser erbittertster Feind ist, bedarf es wohl eines bessern Beweises, als Das, was er gethan? Als ich ihn aufs Freund- 361 Acht und dreißigstes Buch. schaftlichste zu uns einlud, um mit ihm den jetzigen Stand der Dinge zu berathen, kam er nicht und versprach auch nicht zu kommen. War es unrecht, unbillig, unhöflich, daß ich ihn, den Freund und Bundesgenossen, zu uns beschick? Wie ungebührlich, wie übermüthig hat er mein Ansinnen zurückgewiesen? That er es nicht offenbar, weil er sich etwas Schlimmes von uns versah, oder weil er uns beschimpfen wollte? Hat er Verdacht, so ist er offenbar feindlich gegen uns gesinnt. Denn Keiner beargwohnt uns, ohne von uns beleidigt zu seyn; und der Argwohn entsteht nicht aus geradem, aufrichtigem Sinne; nur wer Andern zu schaden gedenkt, den läßt sein böses Gewissen auch von Diesen Arges erwarte». Ist aber auch Nichts der Art dahinter,'hat er uns nur höhnen und mit übermüthigen Reden beschimpfen, wollen, Was haben wir, falls es zur That kommt, von ihm zu gewarten? Wenn er schon in einer Sache, wo er keinen Vortheil zu hoffen hat, uns so geringschätzig behandelt, legt er nicht klar an den Tag, daß er nichts Gutes sinnt noch thut? Aber damit noch nicht zufrieden, befahl er mir noch, zu ihm zukommen, wenn ich Etwas von ihm haben wollte." „Glaubt nicht, daß dieser Zusatz Nichts besage; er ist ein starker Beweis für seine Gesinnung. Daß er nicht zu uns kommen wollte, könnte man noch mit Schüchternheit, Unpäßlichkeit, Furcht entschuldigen; daß er aber mich zu ihm kommen heißt, läßt keine Entschuldigung zu und beweist, Laß er es aus keiner andern Absicht gethan, als weil er uns nicht nur nicht gehorchen, sondern sogar befehlen will. Wie viel Hohn, wie viel Schmach liegt in allem Dem? der Proconsul der Römer entbietet Einen zu sich, — 362 Casstns Dio's Römische Geschichte. er kömmt nicht. Er entbietet den Proconsul der Römer zu sich — er, ein Barbar*). Daß er mir, dem Cäsar, nicht gehorchte, daß er mich, den Cäsar zu sich kommen hieß, dürst ihr nicht für gering oder unbedeutend halten. Denn nicht ich hakte ihn beschicken, sondern der Römer, der Pro- consnl, dieFascen, der Vertreter des Reichs, die Legionen! Nicht ich bin zu ibm beschicken, sondern alles das Genannte. Ich für mich habe mit ihm Nichts zu berathen; wir Alle insgesammt haben gesprochen, gehandelt, uns Allen gilt die Antwort, die Beleidigung!" z/s. „Jemehr also Einer hervorhebt, daß er als Freund und Bundesgenosse eingeschrieben sey, desto hassenswürdigcr zeigt er ihn uns. Und warum? Was keiner unsrer abgesagtesten Feinde sich erkühnte, das hat er, der Freund und Bundesgenoß gethan, als wäre er's nur zu dem Ende geworden, um uns ungestraft beleidigen zu können. Aber weder damals schloßen wir das Bündniß, um uns beschimpfen und mißhandeln zu lassen, noch sind wir es, die das Bündniß brechen. Wir haben an ihn, als Freund und Bundesgenossen, Gesandte geschickt und seht nun, wie er uns behandelt hat. Wie er nun damals, da er Angenehmes uns erwies und von uns erfahren wollte, mit Recht jenen Namen geführt, so wird er auch jetzt, da er das Gegentheil von Allem thut, mit eben so viel Recht für unsern Feind gehalten. Und wundert euch somit nicht, daß ich selbst, der ich *) Im Terte steht ain. Schon Ziylander hat es aber in «XXörsuog verwandelt. Durch die gleiche Verwechslung steht Cap. 40.: statt 363 Acht und dreißigstes Buch. früher im Senat und vor dem Volke für ihn sprach, jetzt diese Sprache führe. Denn ich bin noch derselben Meinung, ivie damals, und ändere sie nicht. Und worin besteht sie? — die Guten und Getreuen zn ehren und zu belohnen, die Schlechten und Treulosen aber mit Schmach und Strafe zn belegen. Er ist es, der sich ändert, der einen so Übeln und ungebührlichen Gebrauch von unsrer Güte macht. Daß wir ihn daher mit vollem Rechte bekriegen, wird, hoffe ich, Niemand mehr in Abrede stellen." ä5. ,,Daß er aber nicht uubckriegbar oder unbezwiug- lich ist, zeigt die Erfahrung an seinen Stammgenoffen, die wir früher oft und auch vor kurzem noch besiegten; auch könnet ihr's aus Dem entnehmen, was wir von ihm selbst erfahren haben. Denn er hat keine stehende Macht beisammen, und jetzt, da er nichts Feindliches erwartet, ist er völlig unvorbereitet. Auch von den Nachbarn wird ihm keiner, wie viel er auch verspreche, beistehen wollen. Denn Wer wurde wohl auf seine Seite treten und wider nns streiten, ohne von uns beleidigt zu seyn? Werden nicht vielmehr Alle lieber sich an uns als a» ihn anschließen und die nahe Tyrannei stürzen, um einen Theil fseineöj Landes aus unsern Händen zu empfange»? Und sollten sich auch Einige zusammenthun, so sind sie uns damit noch nicht überlegen. Denn abgesehen von unsrer Menge, unsrer Jugendkraft, unsrer Kriegserfahrung, unsern Thaten, sind wir am ganzen Körper gleich gewappnet, Jene dagegen fast durchaus nackt; wir fechten mit besonnenem Muth und in Ordnung, Jene dagegen stürmen ordnungslos in ihrem Ungestüme dahin. Nicht 364 Cassius Dio's Römische Geschichte. dürft ihr vor ihrer Hitze, der Größe ihrer Körper oder ihrem Schlachtgeheul erschrecken. Das Geschrei hat noch Niemand getödtet; mit ihren Leibern richten sie nicht mehr aus als wir, weil sie nicht mehr Hände haben, sind aber, die großen und unbedeckten, weit mehr Gefahren ausgesetzt. Ihr Ungestüm aber, maßlos und blind einstürmend, entkräftet leicht und hält nur auf kurze Zeit." 46. „Was ich sage, habt ihr selbst erfahren, eure siegreichen Kämpfe mit den gleichen Feinden ruf' ich euch zurück, damit ihr euch nicht durch meine Worte getäuscht glaubet, sondern die sicherste Siegeshoffnung auf die eignen Thaten gründet. Zudem werden der Gallier viele, die ihnen stets zum Kampfe stehen, auf unsrer Seite streiten; so daß, wenn je diese Völker etwas Furchtbares hätten, wir Dieß so gut für uns, wie Jene haben. Dieß bedenkt nun selbst und überzeugt die Andern. Sollten jedoch Einige von euch nicht gleicher Gesinnung seyn, so werde ich gleichwohl den Krieg führen und nicht von dem Posten, auf den mich das Vaterland gestellt hat, weichen. Und dazu genügt mir die zehnte Legion, die, ich bin es gewiß, wenn es gälte, nackt dnrchs Feuer ginge. Ihr Andern aber entfernt euch augenblicklich und seyd mir länger nicht zur Last, indem ihr müßig auf des Staates Kosten zehrt, die Früchte fremder Mühen erntet und die von Andern erfochtene Beute für euch haben wollt!" 47. Diese Rede Cäsars fand nicht nur keinen Widerspruch, wie sehr auch Einige entgegengesetzter Meinung n^a- ren, sondern allgemeinen Beifall, und hauptsächlich bei Denen, 36L Acht und dreißigstes Buch. die er als Urheber jener Gerüchte *) beargwohnte; die Soldaten aber vermochte er mit leichter Mühe zum Gehorsam, indem die Einen des erhaltncn Vorzugs wegen sich ermuthig- ten, die Andern aus Ehrgeiz Diesen nicht nachstehen wol!« ten. Die zehnte Legion wählte er sich aus, weil sie ihm jeder Zeit besonders ergeben war. Die zuM Felddienste bestimmten Legionen wurden nämlich nach der Ordnung der Aushebungen benannt und führen noch jetzt diese Namen. Als Cäsar sie bei gutem Willen sah, ruhte er, damit ihr Muth nicht wieder erschlaffe, nicht länger, sondern brach sogleich gegen Ariovistns auf und setzte ihn durch seine plötzliche Erscheinung so in Schrecken, daß er ihn zu Friedens- nnterbandlnngen zwang. Doch verglichen sie sich nicht; denn er wollte in Allem befehlen, Ariovistns in Nichts sich fügen. Der Krieg kam zum Ansbrnch; und sie Beide, ihre dortigen Bundesgenossen und ihre Feinde waren in gespannter Erwartung eines nahen Kampfes, der den Besiegten dem Sieger zum Sklaven machen sollte. Voraus hatten die Feinde ihre Menge und ihre Riesenkörper, die Römer ihre Erfahrung und ihre Waffnung. Der Ungestüm und die regellose, unbesonnene Hitze der Celten wog Cäsars Besonnenheit auf, so daß beide Theile, gleich stark, auch gleiche Hoffnungen hegten und von gleicher Kampflust beseelt waren. />8. Als sie so einander gegenüber standen, verboten die wahrsagenden Weiber den Feinden vor dem Neumonde eine *) Nach der Conjectur: « sjxLltev. Läßt man die Vulgata: « ^XLcrau, so könnte es heißen: „jener Gerüchte, von welchen sie ihn sprechen hörten." 266 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. Schlacht zu wagen. Deßhalb ließ Ariovist, welcher in solchen Fällen immer ihrer Weisung folgte, obgleich von den Römern ansgefordert, nicht sogleich das ganze Heer ins Handgemenge, sonder» schickte die Reiter je mit einigem Fußvolk aus und that ihnen großen Schaden. Hierdurch übermüthig griff er einen über ihrem Lager gelegenen Punkt an und besetzte ihn. Als die Römer dagegen einen andern gegenüber liegenden besetzten, rückte er, obgleich Cäsar bis in den Mittag das Heer vor dem Lager in Schlachtordnung hielt, nicht znr Schlacht heran; als er aber gegen Abend sich zurückzog, fiel er plötzlich über ihn her und hätte beinahe ihr Lager ge- genommen. Ueber solchem Erfolge vergaß er der Wahrsagerinnen und führte, da die Römer am folgenden Tage, wie sie jeden Tag gethan, in Schlachtordnung ausrückten, ihnen sein Heer entgegen. zg. Sobald Jene sie aus den Zelten hervorziehen sahen, blieben sie auch nicht müßig, rückten vor und gaben Denselben keine Zeit sich zu ordnen, sondern ließen sie, im Laufe und unter Geschrei heranstürmend, nicht zum Speerwurfe kommen, auf den sie am meisten vertrauten. So nahe ge- riethen sie auf einander, daß sie sich weder der Spieße noch der länger» Schwerter bedienen konnten. Sie drängten auf einander zu und fochten mehr mit den Leibern als mit den Waffen, indem sie den Angreifer zurückzustoßen und den Wiederkämpfer niederzuwerfen strebten. Viele, auch des Gebrauchs der kürzern Schwerter beraubt, kämpften mit Händen und Zähnen, indem sie dir Gegner an sich rissen, bissen und zerfleischten, wobei ihnen die Größe ihrer Leiber sehr zu statten kam. Doch war der Schade, den sie dadurch an- 367 Acht und dreißigstes Buch. richteten, nicht eben groß. Denn im Handgemenge waren die Römer ihnen durch Bewaffnung und Kunst gewachsen und gewannen, nach langem Kampfe spät am Abende die Oberhand. Ihre kurzen Schwerter, kleiner als die Gallischen, und mit stählernen Spitzen versehen, thaten ihnen dabei die besten Dienste. Auch waren sie den Barbaren durch größere Ausdauer in der Anstrengung überlegen, da der Angriff Derselben mehr hitzig als nachhaltig war. So wurden Jene besiegt; allein sie wandten'sich nicht zur Flucht, mehr weil sie aus Unschlüssigkeit und Entkräftnng nicht konnten, als weil sie nicht wollten. Sie drängten sich nun je zu dreihunder- ten, oder auch in größerer und kleinerer Anzahl zusammen, hielten von allen Seiten ihre Schilde vor und in dieser aufrechten Stellung waren sie ihrer geschlossenen Glieder wegen *) unangreifbar, aber auch wegen ihrer Dichtheit, nicht im Stande, sich zn rühren; sie blieben stehen, ohne Etwas zu thun oder zu leiden. 5o. Weil sie weder vorrückten, noch flohen, sondern wie in Thürmen auf derselben Stelle blieben, so warfen auch die Römer, welche gleich anfangs ihre Lanzen als unbrauchbar weggelegt und weder mit den Schwertern kämpfen, noch die Köpfe, wo sie, unbedeckt fechtend, allein verwundbar waren, erreichen konnten, die Schilde weg, drangen theils im Anlaufe, theils aus der Nähe auf sie los und hieben auf sie ein. So fielen Manche sogleich auf den ersten Hieb, Andere aber starben, ehe sie zu Boden sanken; denn wegen ihrer gedrängten Stellung wurden Viele, obgleich schon todt, *) Statt nooctsstxror muß es unstreitig llüoöirzttxroi. heißen. 368 Casfsns Dio's Römische Geschichte rc. aufrecht gehalten. Der größte Theil des Fußvolks ward theils auf diese Weise auf dem Schlachtfelds, theils bei den Wägen, wohin sie zurückgedrängt worden, mit Weib und Kindern znsammengehauen. Ariovist aber verließ mit den Reitern alsbald das Schlachtfeld und ward auf seiner Flucht nach dem Rheine zwar verfolgt, aber micht mehr eingeholt. Er entkam auf einem Fahrzeuge, seine Leute aber wurden theils beim Uebersetzen über den Rhein von den Römern niedergemacht, theils vom Flnffe ergriffen und fortgerissen. So ward auch dieser Krieg beendigt. i)e in neuen Ueber setz ungen. Herausgegeben von G. L. F. Tafel, Professor zu Tübingen, C.N.Osiander «nd G. Schwad, Professoren zu Stuttgart. Hundert und dreizehntes Bündchen. Stattgart, Verlag der^I. B. Metzl er'scheu Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mörschner und 3» s» er in Wien. / 1 8 3 s. Cassius Dio's Römische Geschichte^ übersetzt von V. Leonhard Tafel, Oberreallehrer an dem Gpmnasium zu Ulm. Viertes Bündchen. Stuttgart, Verlag der 2- B. Mctzler'scheu Buchhandlung. ! Für Oestreich in Commission von Mörschner nnd^Ia s p e r in Wien. 1 8 5 2 . l Cassius Dio's Römische Geschichte. Inhalt des neun und dreißigsten Buches. Cäsar bekriegt die''Beigen *). Cax. 1 — 5. Cicero kehrt an-ö der Verbannung zurück. Cax. 6 — 11. Ptolemäus. aus Aegyx- ten vertrieben, kommt nach Rom. Cup. 12 — 16. Cato ordnet die Verhältnisse Cyperns. Cax. 17 — 25. Pomxefus und Cras- sus als Consuln. Cax. 24 — 57- Einweihung des Pompe)ischen Theaters. Cax. 58. 5g. Decimns Brutus. Cäsars Legat, schlägt die Beneter in einem Seetreffen. Cap. 40 — 45. PubliuS Craffus. Cäsars Legat, bekriegt die Aquitaner. Cax. 44—46. Cäsar geht im Kriege mit einigen Celtenstämmen über den Rhein. — Der Rhein. Cax. 47 — 49. Cäsar setzt nach Britannien über. Beschreibung dieser Insel. Cax. 50 — 54. Gabi- «ius führt den Ptolemäus »ach Aegyxten zurück, und wird darob in Anklagestand versetzt. 55 — 65. Der Zeitraum begreift vier Jahre, während welcher Folgende Consuln waren: Vor. Chr. Nach Erb. Roms. 57 697 PubliuS Cornelius Lentulus Sxinthcr und Quintus Cäcilius Metellus N-xos 56 6S8 Cneus Cornelius Lentulus MarcellinuS und Lucius Marcius Philixpus. 55 699 Cneus Pompejus Magnus zum zweitrn- inal und Marcus Licinius Craffus . zum zweitenmal. L4 700 Lucius Domitius Aenobarbus und Apxius Claudius Pulcher. *) So mit Leunclav statt: die keltische». Die Cassius. 4s Bdchu. 374 Cassiuö Dio'6 Römische Geschichte. Neun und dreißigstes Buch. -. Nach Ablauf des Winters, in welchem Cornelius Spin- ther und Metellus Nepos das Consulat angetreten süg7 n. R. E.s, erhob sich ein dritter Krieg. Die Beigen *) nämlich, welche in vielen und vermischten Geschlechtern längs dem Meine wohnten und sich bis an den Ocean Britannien gegenüber erstreckten, waren früher mit den Rö.nern verbündet, oder hatten keine Kenntniß von ihnen genommen. Als sie aber Cäsars glückliche Erfolge sahen, fürchteten sie, er möchte sich auch gegen sie wenden, verbanden sich unter einander, und verschworen sich, die Remer ausgenommen, zu einem gemeinschaftlichen Kriege wider die Römer, dessen Leitung sie dem Adras **) übertrugen. -. Sobald Dieß Cäsar von den Remern erfuhr,Meß er sie beobachten, bezog sodann ein Lager am Flusse Aurunnus sArona *")), sammelte seine Soldaten und übte sie in den Waffen. Indessen getraute er sich nicht, mit den Feinden, obgleich sie das Gebiet der Remer verheerten, handgemein Bulg. Celten s. oben. **) Bei Cäsar säe l>e1Ic> Osllico 1l, H.) heißt er Galba. Die verbündeten Völkerschaften waren folgende: Die Belko- vacer, Suessionen, Nervier, Atrebaten, Ambianer, Mariner, Menapier, Caleten, V-locaff-n, Veromanduer, Atuaticer, Condruse», Sburonen, Cäräsen, Pämane». »»») Der Fluß Aisne in der Champagne. 375 Neun und dreißigstes Buch. zu werden, bi« sie, im Wahne, er fürchte sie, die Brücke besetzen und ihm die Zufuhr, welche er über dieselbe von den Bundesgenossen bezog, abschneiden wollten. Cäsar erfuhr Dieß noch zeitig durch Ueberläufer, und schickte bei Nacht das leichte Fußvolk mit den Reitern gegen sie. Diese fielen unerwartet über die Feinde her und tödteten Viele derselben, so daß Alle in der folgenden Nacht in ihre Hei- math aufbrachen, zumal da sie Nachricht von einem Einfalle der Aeduer erhielten. Cäsar wagte jedoch aus Unkunde der Gegend, nicht sogleich, sie zu verfolgen, holte sie aber *), wahrend er das Fußvolk nachkommen ließ, mir den Reitern ei». In der Meinung, sie hätten es blos mit den Reitern zu thun, standen sie ihm zum Kampfe, und er hielt sie bis zur Ankunft des Fußvolkes hin. Jetzt umgab er sie mit dem ganzen Heere, und hieb die Meisten nieder; der Rest ergab sich auf Bedingungen; und so unterwarf er diese Völkerschaften theils ohn« Kampf, theils durch Krieg. L. Die Nervier, welche ihr Flachland wider ihn nicht haltbar glaubten, überließen ihm dasselbe freiwillig und zogen sich in die dichtesten Waldgebirge; von wo sie unerwartet herabstürzten, und da zwar, wo Cäsar selbst sich befand, zurück und in die Flucht getrieben wurden, auf den meisten Punkten aber das Heer überwältigten und beim ersten Angriffe das Römische Lager eroberten. Als er Dieß gewahrte, *) Zu dem müßig stehenden äst« setzt Sturz »ach Laes. ckk bello Lall. II, 3. I>rims luve — Pwri, was sehr viel für sich hat. 376 Cassius^Dio's Römische Geschichte. kehrte er von der Verfolgung der Flüchtigen um und traf Jene im Lager inzder Plünderung begriffen; er umringte sie und hieb die Meisten zusammen. Die Bezwingung der übrigen Nervier machte ihm nicht mehr viel Schwierigkeit. Indessen waren ihre Nachbarn, die Adnaticer, nach Geschlecht und Muth Cimbrer *), im Anzüge, um ihnen zn helfen. Als Diese aber aufgerieben waren, kehrten sie zurück und zogen sich, alle Andern Plätze verlassend, in eine Beste zusammen. Cäsar griff sie hier an, ward aber mehrere Tage lang zurückgeschlagen, bis er endlich zur Fertigung von Maschinen schritt. So lange sie die Römer das Holz zimmern und die Maschinen zusammenfügen sahen, verlachten sie ihr Unternehmen, weil sie den Zweck desselben nicht kannten: als sie aber fertig waren, und von allen Seiten Schwerbewaffnete auf den Maschinen gegen sie vorgeschoben wurden, geriethen sie in Schrecken, weil sie noch nie etwas Aehnliches gesehen hatten , schickten Herolde an Cäsar und 'Lebensmittel an seine Soldaten, auch warfen sie einige Waffen von der Mauer herab. Als sie jedoch wieder die Maschinen von den Bewaffneten entbleit und die Römer ganz dem Siegeswahne hingegeben sahen "), besannen sie sich eines Andern, gewannen wieder Muth und machten Nachts einen Ausfall, um die Feinde *) Die Nachkommen der Cimbrer und Teutonen, welche, sechstausend an der Zahl, von Diesen auf ihrem Zuge nach Italien zur Beschützung ihrer Habe zurückgelassen, von den Nachbarn bekriegt und sie bekriegend, auf diesem Punkte sich festgesetzt hatten. Ich lese mit Sturz nach dem Vorschlag Leunclavs und Reim. Ao ovroi rk xarkiP«P))!7Lv. **) Statt Tiapr/tsnon lese ich mit Sturz Ticr^erztLNon. Z 78 bassius Dio's Römische Geschichte. cherheit war, rächte er sich an ihnen und bezwäng sie, hielt jedoch seine Winterquartiere nicht mehr hier, sondern zog in das Land der Mlobroger. Dieß geschah in Gallien. 6. Während dessen hatte Pompejns durch einen Volksbeschluß die Znrückbcrufung Cicero's bewirkt. Durch den Clvdius hatte er ihn verbannt, und ihm zum Trotze brachte er ihn jetzt zurück. So wenig bedarf es, den Sinn der Menschen zu ändern, und von Denen, von welchen man Vortheil oder Nachtheil erwartet, widerfährt Einem oft das Entgegengesetzteste. — Es unterstützten ihn auch mehrere Prätoren und Volkstnbunen, unter andern Titus Annius Milo, welche den Antrag auch dem Volke vorlegten; deßgleichen der Consul fPublius Cornelius Leutulussf Spinther, theils aus Gefälligkeit gegen Pompejns, theils auch um seine Pri- vatrache an Clodins zu befriedigen. Aus diesem Grunde hatte er ihn auch als Richter des Ehebruchs für schuldig erklärt. Diesem dagegen standen außer andern Staatsbeamten auch sein Bruder, der Prätor Appius Claudius und der Consul sQuiutus Metellusj Nepos , der letztere aus besviwe- rer Feindschaft gegen Cicero, bei. 7. Da sie die beiden Consuln an ihrer Spitze hatten imd auch die andern Bürger in der Stadt für oder wider Partei nahmen, erneuerten sich die Unruhen noch heftiger, als zuvor. Hieraus entstanden viele Unordnungen, und Clo- Lius, der voraussah, daß bei der Abstimmung die Menge für Cicero seyn würde, stürmte mit den Gladiatoren, welche sein Bruder für die Leichenkäwpfe zu Ehren ihres Verwandten Marcus in Bereitschaft hatte, in die Versammlung, verwundete und tddtete Viele. So kam der Vorschlag nicht 379 Neunund dreißigstes Buch. zur Abstimmung, und von Jenen, als Leibwächtern, umgeben , wurde er Allen furchtbar. Daher bewarb er sich nun um die Aedilität, um sich durch seine Erwählung der Anklage wegen Gewaltthat zu entziehen. Denn Milo hatte ihn zwar angeklagt, aber noch nicht vor Gericht gestellt, weil die Ouästoren, durch welche die Ausloosnng der Richter geschehen mußte, noch nicht gewählt waren; und Nepos verbot dem Prätor, vor deren Wahl Gericht zu halten. Die Aedilen mnßtenisaber vor den Quästoren gewählt werden, und hauptsächlich deßhalb trat der Verzug ein. 8. Milo veranlaßte, durch seinen Widerstand gegen eben Dieses, vielfache Unruhen '): zuletzt sammelte auch er Gladiatoren und andere Parteigenossen um sich, und lag in beständigem Kampfe mit Clodius, und durch die ganze Stadt hin entstanden Metzeleien. Nun aber begann Nepos vor seinem Amtsgenoffen, vor Pompejus und den andern Großen sich zu fürchten und trat zur Gegenpartei über. Jetzt kam die Rückkehr Cicero'» auf Spinthers Vorschlag im Senate in Vorberathunz, und ward vvm Volke, auf den Antrag beider Consnln genehmigt. Zwar widersprach ihnen Clodius, aber Milo trat ihm sso kräftig entgegen, daß er keine Gewaltschritte wagte, und seine Gegenpartei, theils von Andern, theils und hauptsächlich von Pompejus unterstützt, bei weitem die Oberhand gewann. 9. So kehrte Cicero zurück, und dankte, mit Bewilligung der Consulu, dem Senat und dem Volke in der Curie und auf dem Forum. Er söhnte sich mit Pompejus, dem *) Statt er«(,«rrero lese ich mit Sturz era'starrk. 580 Cassius Dio's Römische Geschichte. er wegen seiner Berbannnng gegrollt, wieder aus und vergalt ihm sogleich seinen Freundschaftsdienst. Da in Rom eine große Hnngersnoth herrschte, und die ganze Volksmenge i» das Theater, ein Gebäude der Art, wie man es damals zu Festrersammlnngcn gebrauchte, und von da gegen die auf dem Capitel versammelten Vater amvogte, und sie bald in Stücke zu reißen, bald sammt den Tempeln zu verbrennen drohte, vermochte sie Cicero, dem Pompejus die Beischaffung des Getreides zu übertragen und ihm zu diesem Ende die Proconsulargewalt in und außerhalb Italien auf fünf Jahre zu ertheilen. Wie also früher in dem Seeräuber- kriege/so sollte er auch jetzt über den ganzen unter den Römern stehenden Erdkreis gebieten. ro. Cäsar und Craffus, die sonst eben nicht Cicsrv's Freunde waren, blieben, da sle sahen, daß er auf jeden Fall zurückkehren würde, für ihn nicht unthätig; auch in ft-nier Abwesenheit hatte Cäsar ihm Beweise seines guten Willens gegeben, aber sie ernteten keinen Dank von ihm. Denn Cicero wußte, daß sie es nicht aus lauterer Absicht gethan, und glaubte, daß sie die Hauptschuld seiner Verbannung trügen; erkühnte sich aber öffentlich nicht wider sie, da er noch jüngst die Früchte seines zu ungezügelten Frei- muths geschmeckt,, sondern schrieb eine geheime Geschichte, die eine Rechtfertigung seiner Rathschläge seyn sollte, und worin er viele nachlheilige Ausschlüsse über sie und andere Männer Hab "). Damit sie aber nicht »och zu *) Statt lese ich mit Lennclav und Stur; 5. Dieß und dergleichen nun thaten die Menschen aus Habsucht: daß aber die Gottheit gleich zu Anfange des Jahres das Standbild des Jupiter auf dem Albanerberge mit dem Blitzstrahle traf, verzögerte die Zurückführung des Ptvlemäus noch einige Zeit; denn als man die Sibyllinischen *) Stat rreiXavro lese ich mit Sturz rra'^aro- 384 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. Bücher befragte, fanden sich folgende Worte: „Kommt Aegyptens König einer Hülfe bedürftig, so versagt ihm Freundschaft nicht, steht ihm aber nicht bei mit Heeresmacht, wofern ihr nicht Mühen und Gefahren haben wolltl" Man staunte über die Znsammenstimmnng dieser Worte mit dem vorliegenden Falle und nahm auf den Vorschlag des Volks- tribnns Casus Cato alle vorgefaßten Beschlüsse zurück. So lautete der Orakelspruch, nud ward, obgleich sonst ohne ausdrücklichen Beschluß des Senats keine Sibylliuische Weisung kund werden durfte, von Cato unter das Volk gebracht. Denn sobald der Inhalt des Sibyllenspruchs zur Kenntniß sdes Senatss gekommen, fürchtete Cato, man möchte ihn verheimlichen, und führte die Priester vor das Volk, wo er sie nöthigte, ohne vorzängige Zustimmung des Senats, die Sache vor iesem zu bezeugen. Denn jcmehr sie sich sträubten, desto heftiger *) drang das Volk in sie. -6. DaS Orakel lautete, wie schon erwähnt, und wurde in Latinischer Sprache dem Volke vorgetragen. Als die Sacke znr Abstimmung kam, wollten Einige die Zurückführnng des ProlemLus dem Spinther ohne Heer übertragen, Andere verlangten, Pompejus sollte ihn mit zwei Lictoren zurückführen. Das Letztere hatte Ptolemäus, als er den Orakelspruch erfahren, selbst nachgesucht, und der Volkstribun Aulus Plau- tius las sein Schreiben der Versammlung vor. Die Vater *) rovro rv ecr)sk. die Stelle ist nicht verstümmelt, sondern rsro, wie öfters, emphatisch gebraucht. Höchstens könnte man rur« als gleichbedeutend mit rooLra) lesen. 385 Neun und dreißigstes Buch. aber befürchtete», Pompejns möchte dadurch noch mächtiger werden und fanden es angeblich mit seinen zeitigen Getreidegeschäften unverträglich. Dieß geschah unter den Consuln Lucius Philippns und Cucns Marcellinns. Auf Liese Nachricht gab Ptolemäus alle Hoffnung znr Rückkehr auf, begab sich nach Ephesus und lebte unter dem Schuhe der Göttin sDianas. 17. J»> vorige» Jahre hatte sich eine zwar nur einen Einzelnen betreffende, aber doch für den Zweck meiner Erzählung sich eignende Geschichte zugetragen. Es war ausdrücklich im Gesetze verboten, daß zwei Männer aus derselben Verwandschaft ein nutz dasselbe Priesteramt bekleideten; der Cvnsul Spinther aber, welcher seinen Sohn Cornelius Spinther gern unter den Augur» gehabt hätte, aber den Faustus, Syllas Sohn, der aus dem Cornelischen Geschlechte war, schon vorher unter Dieselben eingeschrieben sah, ließ ihn in die Familie des Manlius Torquatus adoptiren. So ward das Gesetz zwar buchstäblich beobachtet, der That nach aber umgangen. >8. Clodius aber war unter den Consuln Philippns und Marcellinus nicht sobald zu dem Aedilenanit gelangt, wozu er sich um der gerichtlichen Untersuchung zu entgehen durch Parteiumtriebe hatte wählen lassen, so klagte er den Milo wegen Aufstellung der Gladiatoren an; indem er so desselben Verbrechens, dessen er selbst schuldig und angeklagt worden war, Diesen beschuldigte. Zwar konnte er nicht Hoffen, gegen Milo etwas auszurichten, da derselbe unter seinen Beschützern so mächtige Männer, wie Cicero und Pein- 386 CassiuS Dio's Römische Geschichte. pejus, zählte, seine Adstcht war vielmehr nur, dem Milv Händel zu machen und Jenen einen Schimpf anzuhängen. ig. Unter andern halle er mit seinen Anhänger» die Verabredung getroffen, daß sie, wenn er in den Versammlungen fragte, wer Dieß oder Jenes thäte oder spräche, Alle zusammenriefen: Pompejus! So fragte er oft plötzlich hintereinander nach allerlei körperlichen und anderweitigen Fehlern» die Jener etwa haben konnte, im Einzelnen und Besondern, als ob er gar nicht an Pompejus dächte. Wenn nnn die Einen anstimmten, die Andern wie im Chor mit einfielen: Pompejus! so entstand, wie in dergleichen Fällen zu geschehen pflegt, ein schallendes Gelächter; so daß Jener, der weder dabei ganz gleichgültig bleiben konnte, noch auch zu ähnlichem Gaukelspiele sich herablassen wollte, in Wuth gerieth und außer Fassung kam. So wurde denn der Form nach über Milo gekämpft, in der That aber Jener, ohne sich vertheidigen zu können, angegriffen. Um sein Spiel desto länger treiben zu können, ließ Clodius das Cn- riatgesetz nicht zur Abstimmung kommen. Denn bevor dieses vorgeschlagen war, konnte keine Sache von Wichtigkeit im Staate vorgenommen, noch eine Klage anhängig gemacht werden '). ,o. Bis jetzt hatte Milo ihnen zum Verwände von Schmähungen und Mordthaten gedient. Als aber einige Schreckzeichen vorgefallen — auf dem Albanerberg ein kleiner, auf einem Tische nach Morgen sals Weihgeschenks aufgestellter Tempel der Juno, sich nordwärts gedreht, - ein *) Vergl. X.lss, 4L. S87 Neun und dreißigstes Buch. Feuerzeichen von Süden nach d.m Norden geschossen *) — ein Wolf in die Stadt gekonm-n — ein Erdbeben entstanden war — einige Bürger vom Blitze erschlagen wurden — im Latinergebiete sich ein unterirdisches Getöse hatte hören lassen — und die Wahrsager, um diese Schrecklichen zu sühnen, vorgaben, eine Gottheit zürne, daß einige heilige oder dein Staate gehörige Platze von Privaten bewohnt würden : da machte sich ClvdiuS sogleich an Cicero, und brach erst mit heftigen Reden wider ihn los, daß er die der Freiheit geweihte Baustelle seines Hauses überbaut hätte; ja er zog sogar einmal wider dasselbe heran, um es wieder von Grund aus niederzureißen , ward aber von Milo daran gehindert. -i. Cicero tobte und klagte, als hätte Jener seinen Vorsatz wirklich ausgeführt, ging endlich, von Milo und einigen Volkstribunen begleitet, auf das Capital, und nahm die wegen seiner Verbannung von Clodius daselbst aufgestellten Tafeln ab. Sie wurden ihm aber, als Clodius mit seinem Bruder Cajus, dem Prätvr, dazu kam, wieder entrissen. Hierauf ersah er sich den günstige» Zeitpunkt einer Abwesenheit des Clodius, zog wieder auf das Capiiol, nahm sie herab und brachte sie in sein Haus. Jetzt hielten sie Alles wider einander für erlaubt, schimpften und verleumdeten sich aufs Aenßerste, indem sie sich zu den gemeinsten Dingen erniedrigten. Dieser sCicervj erklärte des Clodius Tribnnat für gesetzwidrig und alle Verfügungen desselben für ungültig, Jener fClodiusf aber die Verbannung Cicerv's für gerecht und seine Zurückberufung für gesetzwidrig. *) Mit Reim. (Anhang) und Sturz AeHEk- 388 CassiuS Dio's Römische Geschichte. Während sie so gegen einander im Kampfe lagen, und Clodins mit seinem Anhange in Nachtheil kam, brachte sie Marcus Cato bei seiner Rückkehr wieder ins Gleichgewicht *). Denn aus Feindschaft gegen Cicero und in der Be- sorgniß, seine Anordnungen in Cypern möchten, weil ihn Clodins als Volkstribun dahin abgeschickt hacke, zugleich ungültig werden, nahm er sich desselben eifrigst an, denn er that sich viel darauf zu Gute und setzte Alles an ihre Bestätigung. Ptolemäns nämlich, König dieser Insel, hatte auf die Nachricht von dem Volksbeschluffe Gift genommen und war gestorben, weil er es weder mit den Römern aufzunehmen wagte, noch auch seine Entthronung überleben mochte. Die Cyprier aber hatten den Cato mit offnen Armen aufgenommen, weil sie hofften, aus Sclaven nun Freunde und Bundesgenossen der Römer zu werden. Darauf konnte sich nun zwar Cato nichts einbilden; weil er aber Alles überall aufs Beste eingerichtet hatte und viele Sclaven und Schätze **) ohne den geringsten Unterschleif aus den königlichen Gütern aufs Untadelhafteste ablieferte, so rechnete er sich dieß eben so als Heldenthat, als ob er im Kriege gesiegt *) Mit Oddcv und Sturz lese ich «nretwetkn statt aniltwerkt- «üror!g. ") Nach Plutarch: siebentausend Talente Silbers. Daher rühmte sich denn auch Cato. er habe so viel Schätze aus Cppern als Pompejus aus allen seinen siegreichen Kriegen in den öffentlichen Schatz geliefert; ohne eines einzigen Reiters oder Fnfisoldaten sich bedient zu haben. Plut. Cato, Cap. 45. 389 Neun und dreißigstes Buch. hätte. Denn bei der allgemeinen Bestechung hielt er *) die Verachtung der Schätzt für seltener als einen Sieg über Feinde. -Z. Es ward nun anerkannt, daß dem Caro die Ehre einet Triumphs gebühre, und die Eonsuln trugen im Senate darauf an, ihm die Prälur zu ertheilen, obgleich er nach den Geseycn noch nicht dazu berechtigt war. Er ward jedoch nicht ernanut, weil er selbst widersprach, gewann aber sehr dadurch a» Ruhm. Clodius wollte die aus Cypcrn gebrachten Sclaven, weil er den Cato dahin gesendet hatte, die Clodi scheu nennen, setzte es aber, auf die Einsprache Cato't, nicht durch; fle wurden dst Cypri scheu genannt, obgleich sie Einige die Porcischen nennen wollten; denn auch diesem widersetzte sich Cato. Ueber besten Widerspruch aufgebracht griff Clodius seine Verfügungen an, und forderte ihn darob zur Rechenschaft; nicht weil er ihn eines Unrechts überführen konnte, sondern weil fast alle Papiere in einem Schiffbruchc verloren worden waren, und er ihm deßhalb Etwas anhaben zu können hoffte. Selbst Cäsar unterstützte damals, obgleich nicht anwesend, den Clodius, und schickte ihm, wie Einige behaupten, schriftlich Anklagepunkte gegen Cato zu. Unter andern brachte man wider ihn vor, er habe die Consnln selbst veranlaßt, die Prätur für ihn-vorzuschlagen, und sich dann gestellt, als ob er freiwillig darauf verzichte, damit es nicht schiene, er sey damit durchgefallen. Während dieser Kämpfe war Pompejus mit Verthei- lung des Getreides beschäftigt. Denn da viele Sclaven in »> Man vermuthet: „hielt man." Dann wär« dieser Satz nicht mehr Gedanke Cato's, sondern eine Bemerkung unseres Dio. Div Cassius. 4s Bdchn. 3 3S0 Cassius Dio's Römische Geschichte. der Hoffnung Antheil an dem Getreide zu erhalten, freigelassen wurden, wollte er sie wenigstens, um die Vertheilung nach gehöriger Weise und Ordnung vorzunehmen, in eine Liste eintragen lassen. Dies; siel ihm bei seiner Umsicht nnd der Menge des Getreides nicht schwer,ff,'jedoch zogen ihm diese Geschäfte viel Haß *) nnd üble Nachreden zu. Auch des Clvdius Angriffe ärgerten ihn, zumal da er sich auch von Andern, die an Ansetzn und Ansprüchen weit unter ihm standen, und von denen er, selbst als bloßer Privatmann, Verehrung forderte, mißachtet, ja verhöhnt sehen mußte. Doch setzte er sich auch zuweilen darüber hinweg. Für den Augenblick kränkte ihn zwar der üble Leumund, wenn er aber wieder seine Verdienste gegen die Schlechtigkeit seiner Feinde erwog, nahm er nicht weiter Bedacht darauf. ,5. Daß aber Cäsars Macht so sehr stieg, und das Volk seine Thaten dermaßen bewundert«, daß es, als wären die Gallier bereits unterjocht, Männer aus dem Senat an ihn sendete, und voll der größten Hoffnungen auf ihn, ihm bedeutende Geldsummen bewilligte, ging ihm sehr nahe. Er suchte die Consnln zu vermögen, die Briefe Cäsars nicht sogleich vorzulesen, sondern sie so lange zu verheimlichen, bis der Ruf seiner Thaten sich öffentlich bewahrheitet hätte, *) Die verdorbene Lesart der Handschriften sse F?) V 7 l«r«ioq'zl«rwn ru/k, verbesserten Einige in r. ö. ö. vnarkittN airwr 7i(>cl7zi«r« Da aber hier zunächst von keiner Consulatsbewerbung vie Rede ist. lesen wir: rHr öo ö,) rwv I Nenn und dreißigstes Buch. 59 L und ihm noch vor der bestimmten Zeit einen Nachfolger zn schicken. So groß war sein Ehrgeiz, daß er dem Cäsar selbst Das, wozu er ihm verholst», mißgönnte und zu entreißen strebte, und ihm grollte, weil er sich immer neue Lorbrern flocht und ihn selbst in Schatten stellte, dem Volke aber vorwarf, daß es ihn hintansetze und Cäsarn begünstige. Auch sah er mit großem Acrgsr, daß die Leute einige neuere Eroberungen so hoch prießen, als ob Nichts mehr zu thun übrig bliebe, und daß sie Alles, was vorfiel, wenn es auch unbedeutender war, als Las Frühere, aus Ueberdruß an dem Gewohnten, und aus Freude an dem Ungewohnten, sogleich begeisterte, so daß sie aus Neid das frühere Verdienst zu verkleinern und, von Hoffnungen geblendet, das neu hervorschimmernde Talent zu heben suchten. »K. Darüber also mißstimmt und außer Stande, bei den Consulu Etwas auszurichten, nahm er, da er den Cäsar schon zu groß sah, als daß er auf seine Ergebenheit weiter rechnen dürfte, die Sache nicht mehr auf die leichte Seite. Denn zwei Dinge, glaubte er, trennten Freundschaften, Furcht und Eifersucht, und diese finden blos bei gleichem Ruhm und Einflüsse Statt. So lang beide sich die Wage hielten, haben auch jene Bestand, wenn aber der Eine sich über den Andern erhebe, entstehe in dem Schwächeren Neid und dann Haß gegen den Mächtigern, in diesem aber erst Mißachtung, dann Verhöhnung des Schwächeren; so entsprängen von beiden Seiten, da den Einen das Gefühl seiner Unmacht erbittere, den Andern sein Uebergewichk übermüthig mache, aus der frühern Freundschaft Zwiespalt und 3 * Z 92 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. Kriege. Solche Betrachtungen waffneten den Ponipejus wider Cäsar; und weil er ihn allein nicht leicht zu stürzen hoffte, schloß er sich noch enger an Crassus an, um mit diesem gemeinschaftliche Sache zu machen. -7. Nachdem sie sich verständigt hatten, fanden sie es unmöglich, ohne Staatsamt Etwas auszurichten, wenn sie aber Consuln wären, und im Wetteifer mit Cäsar gleichfalls an der Staatsverwaltung Theil nähmen, so hofften sie ihm die Spitze bieten zu können und bald, Zwei gegen Einen, obzusiegen. Jetzt legten sie, die vorher, wenn einer ihrer Freunde sie zur Annahme des Cvnsulats aufforderte, erklärt hatten, daß sie nie wieder Consuln werden wollten, all diese Verstellung ab *), und traten, obgleich sie früher Andere in ihrer Bewerbung unterstützt hatten, selbst als Bewerber auf. Weil sie sich aber außer der durch die Gesetze bestimmte» Zeit darum bewarben und erwarten mußten, daß sowohl ^ Andere, als selbst die Consuln sich ihrer Wahl widersetze» würden (denn Marcellinus ") hatte immer noch Einfluß genug), setzten sie durch, baß die Wahlen in diesem Jahre -gar nicht vorgenommen wurden, und stifteten unter Andern den Casus Cato hierzu auf, um nach der Wahl eines Zwi- schenkönigs "*), auf gesetzlichem Wege das Cvnsulat suchen und annehmen zu können. *) Mit Lorenz nach Reiske'S vortrefflicher und einfacher Smcnr dation dieser Stelle, die auf diese Weise weniger lückenhaft ist, als Reimarns annahm. (S. Reim. l. S. 1504^ *») S. über ihn Valerius Mar. VI, 2, 6. Der Awischenkönig, oder Interrer ward bei dem Tode des Königs bis zur Wahl eines neuen, an die Spitzt der 39L Neun und dreißigstes Buch. -8. Dieß geschah dem Scheine nach von * *) besonders dazu aufgestellten Männern bald unter diesem, bald unter jenem Verwand, in der That aber durch sie selbst; denn sie gaben Denen, die sich widersetzten, ihren Unwillen unverhv- len zu erkennen. Der Senat war so aufgebracht, daß er bei einem von ihnen darüber erhobenen Streite, sich in Masse erhob und entfernte. Damals trennten sie sich auf diese Weise; als Dasselbe noch einmal vorfiel, beschloß man wie bei einem öffentlichen Unglücke die Kleider zu wechseln; obgleich Cato, da er mit seinem Widersprüche Nichts ausrichtete, um den Beschluß zu hindern- aus der Curie entspringen wollte. Wenn nämlich Einer der Senatoren nicht in der Versammlung blieb, konnte man nicht abstimmen lasse». Die übrigen Volkstribunen aber vertraten ihm den Weg und wehrten ihm den Ausgang. So kam der Beschluß zu Stande, und sie verordneten überdieß, daß die Senatoren den damaligen Festspielen nicht beiwohnen sollten. Als sich Cato auch dagegen setzte, stürzten sie allesammt hinaus und kehrten in Trauerkleidern wieder, um ihn dadurch einzuschüchtern. Als ihn auch Dieß nicht znr Besinnung brachte, zogen sie Alle zusammen auf den Markt, und setzten das bei ihrem Anblicke zu>ammengelaufene Volk in tiefe Bekümmer- niß; Marcellinus wehklagte in einer Rede über die Lage des Staats, die Andern weinten und seufzten, so daß Niemand Verwaltung gestellt; dasselbe geschah später, wenn die Wahlversammlungen nicht gehalten werden konnten. Nach fünf Tagen mußte er seine Stelle niederlegen, worauf ein anderer Jnterrer gewählt wurde. *) Statt vTiarwv lese ich vno' rrvarn. 394 Cassius Dio's Römische Geschichte. dagegen sich versauten ließ. Nachdem sie Dieß gethan, kehrten sie sogleich in die Curie zurück, um an den Schuldige» ihren Zorn auszulasten. -g. Clodius, der inzwischen wieder zu Pompejus übergesprungen nnd, in der Hoffnung, er werde ihn, wenn er ihm bei seinen derma'.igen Absichten hel>'e, ganz für sich gewinnen, noch einmal seine Partei ergriffen, trat, ohne sich an den Beschluß zu kehren, in der gewöhnlichen Kleidung vor dem Volke auf, und sprach gegen Marcellinus nnd die Uebrigen. Als der Senat darvb in großen Unwillesi gerieth, brach er mitten in seiner Rede ab, verließ die Versammlung, und stürzte') nach der Curie, wo er beinahe den Tod gefunden hatte. Der Senat drängte sich ihm entgegen und verwehrte ihm den Eingang. Er ward von den Rittern umringt und wäre in Stücke zerrissen worden, wenn auf sein Geschrei und seinen Nothruf nicht Viele mit Feuerbränden herbeigelaufen wären und gedroht hätten, sie sammt der Curie zu verbrennen, wofern sie ihm etwas zu Leide thäten. So entkam er dem drohenden Untergänge. So. Pompejus, hierdurch nicht irre gemacht, eilte einmal in den Senat, um sich dem Beschlusse, den er zu fassen im Begriffe war, zu widersetzen, und hintertrieb ihn auch wirklich. Als ihn Marcellinus öffentlich fragte, ob es ihm mit der Bewerbung um das Consulat Ernst sey, in der Hoffnung, er werde Anstand nehmen, zu gestehen, daß er ein Staats» amt suche, antwortete er: „der rechtlichen Männer wegen brauche er das Consulat nicht, der unruhigen Köpfe wegen *) Ich lese statt nach Reiske'« Andeutung. 395 Neun und dreißigstes Buch. aber wünsche er es angelegentlichst." Als er nun offen damit hervortrat, und Craffus die an ihn gleichfalls gerichtete Frage weder bejahte noch verneinte, sondern nach seiner Gewohnheit den Mittelweg einschlug und erklärte, ,,er werde Alles thun, waS Las Gemeinwohl fördere," so fürchteten Marcel- linus und viele Andere das Einverständniß und den Widerstand der Beiden und kamen nicht mehr in die Curie. Da sich nun die nach den Gesetzen erforderliche Zahl Senatoren zur Abfassung eines Beschlusses über die Wahlen nicht versammelte, so konnte überhaupt darüber nicht verhandelt werden, und das Jahr ging so hin. Sie legten aber die Trauer-kleidung nicht ab, besuchten die Testspiels nicht, wohnten dem Mahle bei dem Jupiter-fest auf dem Capitel * **) ) nicht bei, erschienen nicht bei den Latinischen Ferien *'), die wegen eines vorgekommenen Versehens zum zweitenmal gefeiert wurden, auf dem Albanerberge, sondern brachten, wie Sclaven , die kein Recht hätten, Obrigkeiten zu wählen noch scnst ein Skaatsgeschäft zu verrichten, den Rest des Jahres hin. L>. Hierauf wurden Pompejus und Crassns mittelst des Interregnums Consuln, da keiner der früheren Bewerber gegen sie aufzutreten wagte. Lucius Domitius, der bis auf den letzten Tag darauf bcharrt hatte, ging zwar am Abend von seinem Hause in die Versammlung ab; als aber der die *) Dieses Mahl wurde im November gehalten. **) Die s-riae kUnao wurden jährlich zu einer von den bon- snl» bestimmte» Zeit auf dem Albanerberge vier Tage lang zu Ehren des Latinischen Jupiters gefeiert; die Obrigkeiten aller Latinischen Städte wohnten dem Feste bei. 396 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. Fackel vortragende Sclave niedergemacht wurde, gerieth er in Furcht und ging nicht weiter. Weil sie also nirgend Widerstand erfuhren, und außerdem Publius Craffus, des Malens Sohn, und damals Cäsars Legat *), zu diesem Zwecke Soldaten ngch Rom führte, fand ihre Wahl keine Schwierigkeit. Zr. Im Besitze der ersten Würde, verschafften sie ihren Anhängern die übrigen Staatsämter und hinderten die Wahl Catos zur Prätnr. Denn sie setzten voraus, daß er ihre Schritte nicht gutheißen würde, und wollten ihm deßhalb ! nicht auch noch gesetzliche Macht zum Widerstände verleihen. > Die Besetzung der Prälur ging, weil Cato!k«i»c Gewalt i brauchen wollte, friedlich vor sich; über der Wahl der curu- s lischen Ardilen dagegen kam es zu blutigen Auftritten, wobei ^ Pompejus selbst mit vielem Blute bespritzt ward. Nichts ! desto weniger sehten sie d e Wahl Jener und der Andern vom Volke zu wählenden, als ihnen ergebener Männer, da sie die Wahlversammlung hielten, durch, und gewannen sowohl die übrigen Aedilen, als auch den großer» Theil der Dolkstribnnen; zwei aber, Casus Atejnt Capito und Pub- lius Aquilius Gallus, erklärte» sich öffentlich wider sie. LL. Nach Besetzung der Staatsämter begannen sie sogleich ihre Plane zu verfolgen. Sie selbst sprachen weder im Senate, noch vor dem Volke für sich, sondern stellten sich, als ob sie Nichts weiter begehrten. Der Volkstribun Casus Trebvuius trug darauf an, dem Einen Syrien und die Nach- *) Er wird öfters in Cäsars Büchern vom Baltischen Kriege mit Lob erwähnt. 3S7 Neun und dreißigstes Buch. barländer, dem Andern Hispanien, wo kürzlich einige Unruhen ansgebrochen, auf fünf Jahre zur Provinz anzuweisen, und Beide so viel Truppen, als sie wollten, bei den Bürger» und Bundesgenossen ausheben und nach Belieben Krieg führen oder Frieden schließen zu lassen. Als sich Viele, und besonders Cäsars Freunde, darüber aufhielten, weil Jene, nachdem sie erlangt, Was sie wollten, den Cäsar beschränken und nicht mehr lange im Oberbefehl belasse» würden, auch Einige Miene machten, den Anträgen sich zu widersetzen: so suchten die Consuln, aus Besorgniß, ihre Plane nicht durchsehen zu können, dieselben dadurch zu gewinnen, daß sie auch Jenem den Oberbefehl auf drei *) Jahre (wie sich für wahr ergibt) verlängerten. Sie brachten aber ihren Vorschlag i^cht eher an das Volk, als bis sie ihrer Sache gewiß waren. Die Anhänger Cäsars, auf die vorgedachte Weise gewonnen, rührten sich nicht, und die klebrigen, meist von sclavischcr Furcht gefesselt und froh, wenn sie selbst nicht zu Schaden kamen, leisteten keinen Widerstand. L-s. Cato und Favonius aber, von den beiden Volks- tribunen und einigen Andern unterstützt, widersetzten sich Allem, was sie unternahmen; da sie aber die Wenigen gegen Viele stritten, ereiferten sie sich vergeblich. Favonius, dem der Tribun blos eine Stunde zur Einrede gestattete, verschwendete sie mit unnützem Schreien über die Kürze der Zeit. Cato erhielt zwei Stunden Zeit zum Volke zu spre- *) Nach den Angaben Suetons, Appians und Plutarchs ward der Oberbefehl dem Cäsar aus fünf Jahre bewilligt. Ei« sind Cap. ZL. genannt. 398 Casstus Dio's Römische Geschichte. ^ chen, lenkte aber seiner Gewohnheit'gemäß anf Klagen über den gegenwärtigen Zustand des Staates ab, nnd war mit seiner Zeit zu Rande, bevor er anf seinen Hanxtgegenstand ') zu sprechen kam, nicht weil er darüber Nichts zu sagen wußte, sonder» um dem Trcbonins vorwerfen zu können, daß er ihm, bevor er ausgesprochen, Stillschweigen gebiete. Er wußte wohl, daß er sie, wenn er auch einen ganzen Tag fortspräche, doch nicht zu einem Beschlusse, wie er ihn wünschte, bereden würde. Daher hörte er, als man ihm Stillschweigen gebot, nicht sogleich anf; und als man ihn aus , der Versammlung stieß und schleppte, kam er wieder, und ! wurde selbst, als befohlen ward, ihn ins Gefängniß zu füh- ! reu, nicht geschmeidiger. 55. So ging dieser Tag hin, ohne daß die VolkStribn- nen zum Worte kamen. In allen Volksversammlungen nämlich, in welchen eine Sache berathen ward, durften die Privat- ^ leute vor den Staatsbeamten sprechen, wahrscheinlich, damit ! Niemand durch die Meinung des Mächtigern bestimmt, von ^ der eigenen Etwaö unterdrück«, sondern mit allem Freimnth sage, WaS er für das Beste halte"). GalluS, welcher besorgte, man möchte ihn am folgenden Tage nicht auf den Markt lassen, oder eS möchte ihm noch Schlimmeres begegnen, begab sich Abends in die Curie und übernachtete daselbst, so- *) Weil ihm nämlich das Volk folgte, und auf die Rede, die er im Sehen hielt, ließ ihn Trebonius wieder frei. Plnt. Cat. Cap. 45. ") Nach den Conjcktnren rwr> oxvorffikvcon oder rwv xn- vosztLveon statt des corrupten Wortes. 399 Neun und dreißigstes Buch. wohl weil ihm der Ort selbst Sicherheit gewahrte, als auch um von hier gleich am Morgen unter das Volk zu treten. Trebonius aber ließ alle Thüren der Curie schließen, so daß er die Nacht und den größten Theil des Tags darin zubringe» mußte. Den Arejus, den Cato, den Favonius und ihre andern Anhänger ließen Andere, welche in der Nacht den Versammlungsplay besetzt hatten, nicht auf. den Markt. Als Favonius und sLucius) Ninnius fO-nadratuss Mittel fanden, hineinzukommen, stiegen Cato und Atejns sder Volkstribun) auf die Schultern der Umstehenden, und riefen von da, das; sie in den Erscheinungen -am Himmel den Zorn der Götter jesen *): man mäße die Versammlung auflösen. Beide wurden von den Dienern der Volkstribunen fortgetrieben; die Andern, welche mit ihnen waren, verwundet, Einige sogar getödtet. 36. Als schon der Vorschlag durchgegangen, und die Menge sich verlief, nahm Atejus den mit Blut bedeckten Gallus, welcher beim Herausstoßen aus der Curie verwundet worden war , führte ihn in die Mitte der noch Versammelten, und brachte durch dessen Anblick und eine geeignete Rede große Bewegung hervor. Als die Consuln, welche Alles, was vorging, in der Nähe beobachteten, Dieß gewahrten, eilten sie mit großem Gefolge herbei und suchten sie zu schrecken; sie versammelten das Volk noch einmal, und setzten auch das Cäsar» Betreffende dnrch, ohne daß Jene, welche auch hier sich widersetzten , mit ihrem Widerstände Etwas richteten. *) Nach Plutarch rief er, er habe donnern gehört. 400 Cassius Dio's Römische Geschichte. »7. Als sie nun diesen ihren Vorschlägen Rechtskraft verschafft, schlugen sie darauf schärfere Strafen gegen die der Bestechung Schuldigen vor, als ob ihr eigenes Vergehen geringer wäre, weil sie nicht durch Geld, sondern mit Gewalt ihr Amt an sich gerissen hatten. Auch suchte» sie den aufs Höchste gestiegenen Lurus zu beschränken, obgleich sie sich selbst jederlei Ueppigkeit und Weichlichkeit überlassen hatten. Aber eben Dieß machte, daß sie mit ihrem Gesetzvor- schlage nicht durchdrungen konnten. sDer Rednerj Hortensius nämlich, der vor Andern viel Aufwand machte, stellte ihnen die Größe des Staats vor, lobte ihre eigene Pracht in den Häusern, und ihre hocksinnige Freigebigkeit gegen Freunde, ' und bewog sie, da er ihre eigene Art zu leben zum Belege seiner Gründe anführte, ihren Antrag zurückzunehmen. Aus Scham über diesen Widerspruch, und weil sie nicht den Schein haben wollten, als ob sie Das, was sie selbst tha- ^ ten, Andern zu wehren suchten, standen sie freiwillig von ihrem Vorschlage ab. . Zst. In denselben Tagen weihte Pompejus das Theater ^ ein, welches wir noch jetzt *) als eine Zierde Roms betrachten, führte musikalische Stücke auf, und Kämpfe nackter Rin- ^ ger, und im Circus ein Pferderennen und eine Hetze mit einer Menge der verschiedensten wilden Thiere; fünfhundert Löwen gingen in fünf Tagen darauf, und achtzehn Elephanten kämpften mit Schwerbewaffneten, wovon einige sogleich auf dem Platze blieben, andere nicht lauge darauf starben. Das *) Uebrigens nach mehrfachen Feuersbrünsten wiederholt erneuert. 40L Neun und dreißigstes Buch. Volk empfand gegen die Erwartung des Pompejus mit einigen derselben Mitleid, als fle verwundet vom Kampfe abließen, und mit gen Himmel erhobenen Rüßeln umherlaufend s» kläglich heulten, daß sie dai Gerede veranlaßten, daß sie Dieß nicht ohne Grund und von Ungefähr thäten, sondern mit ihrem Geschrei sich auf die Eide beriefen, denen vertrauend sie aus Africa herübergekommen seyen, und die Götter zur Rache aufforderten. Man erzählt nämlich, daß die Thier« nicht eher die Schiffe betreten hätten, als bis ihnen die Führer die eidliche Versicherung gaben, daß ihnen Nichts zu Leide geschehen würde. Ob Dieß sich so, oder anders verhält, weiß ich nicht. Andere erzählten, daß sie außer dem Verständnisse der Landessprache auch der Erscheinungen am Himmel kundig seyen, und an den Neumonden, ehe der Mond den Menschen sichtbar werde, an ein klares Wasser gehen und ffch daselbst reinigen. Dieß ließ ich mir erzählen, so wie auch Folgendes: daß dieses Theater nicht Pompejus, sondern vielmehr Demetrius, einer seiner Freigelassenen, von dem Gelde erbaut, das er in den Feldzügen seines Herrn erworben hätte; daher habe er auch für billig erachtet, das Gebäude nach jenem zu benennen, um ihn nicht in schlimmen Leumund zu bringen, daß ein Freigelassener von ihm solche Summen zusammengebracht habe, um einen so großen Aufwand zu machen. äg. Jedenfalls machte Pompejus damit dem Volke nicht geringe Freude; durch die Truppenaushebungen dagegen, die er für die ihnen zuerkannten Provinzen mit Crassus anstellte , that er demselben empfindlich wehe. Die Menge ward umgestimmt und lobte jetzt Cato und seine Anhänger. Als ä02 Cassius Dio's Römische Geschichte. daher von einigen Volkstribnnen zum Scheine gegen ihre Unterbefehlshaber, in der That aber gegen sie wegen des durch sie Geschehenen eine Untersuchung angestellt wurde, wagten sie zwar keine Gewaltthätigkeiten, legten aber, wie bei einem öffentlichen Unglücke, mit den Senatoren ihres Anhangs Tranerkleider an. Bald jedoch besannen sie'sich eines Andern, und legten sie, ohne einen Verwand anzugeben, wieder ab. Ob nun gleich die Volkstribnnen die Trnp- penanshcbung zu hindern und den Beschluß wegen ihrer Feldzüge umzustoßen suchten, schien PompejuS doch nicht gekränkt; denn er hatte sogleich seine Unterdefehlshaber abgeschickt und blieb, als dürfte er stch nicht entfernen, zumal da die Getreidcangelegenheit seine Gegenwart nothwendig mache, nicht ungerne zurück, nm einerseits die Hispanischen Angelegenheiten durch seine Legaten zu besorgen, andererseits in Rom und dem andern Italien Alles selbst unter seiner Hand zu behalten. CraffuS dagegen, welcher keinen dieser Vortheile für sich hatte, entschloß sich, sein Heil in den Waffen zu versuchen. Die Volkstribnnen, welche einsahen, daß ihre wehrlose Freimüthigkeit nicht im Stande sey, seinem Vorhaben irgendwo Einhalt zu thun, schritten zwar nicht gegen ihn eiu, ergoßen sich aber in furchtbare Verwünschungen gegen ihn, ohne zu bedenken, daß sie in ihm dem Gemeinwesen fluchten. Während er auf dem Capital, der Sitte gemäß, die Götter um Glück für seine Waffen flehte *), verkündeten sie warnende Himmelserscheinungen und ») Mit Leunelav, Reim. und Sturz lese ich noeLiixt« statt irotsnenot. I Neun und dreißigstes Buch. ä03 Schrecklichen, und stießen, als er wirklich mit dem Heere aufbrach, viele und furchtbare Flüche wider ihn auf. Ate- jnS wellte ihn sogar ins Gefängniß führen lassen, als aber die andern Volkstribuncn sich widersetzten, kam es zwischen ihnen zn einem Streit, und während dieses Verzugs verließ CraffusZ die Stadt. War es nun Zufall, oder Folge dieser Verwünschungen; es stand nicht lange an, so kam er nm. />o. Noch unter den Consuln Marcellinus mnd Philip- pus * **) ) sn. E. R. 6g81 unternahm Cäsar einen Zug gegen die Veneter. Sie wohnen am Ocean *'). Sie hatten einige i auf Fütterung ausgeschickte Römische Soldaten aufgefangen und hierauf die ihretwegen geschickten Gesandten festgenommen, um gegen sie ihre Geißel einzutauschen. Cäsar gab diese nicht zurück; vielmehr sendete er in verschiedenen Rich- > tunzen Heertheile ab, um einerseits das Gebiet Derer, die ! an dem Aufstande Theil genommen, zu verheeren, damit fle einander nicht zu Hülfe kämen, andererseits das derTrcnge- bliebenen zu bewachen, damit nicht auch sie Unruhen anfingen. Er selbst brach gegen die Veneter auf. Nachdem er im Binnenlande Fahrzeuge, die dem Vernehmen nach bei Ebbe und Fluch brauchbar waren, erbaut, ließ er dieselben den Liger *'*) hinab fahren; doch brachte er beinahe den ! ganzen Sommer, ohne Etwas auszurichten, hin; denn die Städte, auf natürlich festen Plätzen erbaut, waren uuzu- *) Die holt die Thaten Cäsars vonr IahrezL98 und 699, bie er Cap. 5. abgebrochen hatte, nach. **) In der heutigen Bretagne. "*) Die keire. 404 CassiuS Dio's Römische Geschichte. gänglich, und der Ocean, welcher sie fast alle bespült, macht« dem Fußvolk und der Flotte durch die Untiefen bei der Ebbe und die Brandung bei der Fluth jeden Angriff unmöglich. Cäsar war in größter Verlegenheit, bis Decimus Brutus mit den leichten Schiffen aus dem innern Meere *) kam. Er selbst zwar glaubte mit diesen Nichts ausrichten zu können; die Barbaren aber verachteten die kleinen und schwachen Kähne und wurden besiegt. ä>. Diese nämlich waren, zur größer,, Leichtigkeit und Geschwindigkeit des Lauf« für das Bedürfniß uuserer Schifffahrt gebaut. Die der Barbaren aber, welche bei der beständigen Ebbe und Fluth oft auf dem Trocknen auffahren, und die zu beiden Seiten anschlagende Strömung aushalten mußten, waren viel größer und dicker als jene. Die Feinde, welche noch nie. mit solchen Schiffen zu thun gehabt, hatten beim Anblicke derselben von ihrer Tüchtigkeit eine so geringe Meinung, daß sie sogleich auf die ruhig liegenden losfuhren, in der Hoffnung, sie mit leichter Mühe mittelst der Ruderstangen in den Grund zu versenken. Sie fuhren mit einem starken und heftigen Winde daher; und da sie Segel aus Thierfellen hatte», faßten diese die volle Stärke desselben. z-. So lange der Wind heftig blies, wagte Brutus, wegen der Menge und Größe der Schiffe, und des Ungestüms , womit der Wind sie daher trieb, und weil er einen Hinterhalt fürchtete, nicht ihnen entgegen zu fahren; sondern *) Von der Mündung der Loire her. Hier sind die Schiffe gemeint, welche er die Loire hinabfahren ließ, während er selbst in das Gebiet der Veneter einfiel. Neun und dreißigstes Buch. /,05 maätte sich gefaßt, ihren Angriff am Lande abzuwehren, und die Schiffe ganz zu verlassen * **) ). Als aber der Wind sich plötzlich legte, die Wogen nicht mehr hoch gingen, auch die Schiffe durch Rudern nicht mehr so schnell in Bewegung gesetzt werden konnten, sondern ihrer Schwerfälligkeit wegen kaum von der Stelle kamen, faßte er sich ein Herz, griff sie an und that ihnen, indem er um sie herum und mitten durch sie hinfuhr, bald sie anfiel, bald zurück wich, wo und wie lange er wollte, nicht geringen Schaden, ohne selbst dabei Verlust zu leiden. Bald griff er mit mehreren eines, bald mit gleicher Zahl "*), bald mehrere mir weniger» ohne Gefahr an. Denn wo er sich überlegen sah, da griff er an, und bohrte die einen in den Grund, anders erstieg er zumal von vielen Seiten, focht mit der Schiffsmannschaft und tödtete Viele. Wen» er aber irgendwo den Kürzeren zog, entwich er mit leichter Mühe, so daß der Vortheil immer auf seiner Seite war. äZ- Die Barbaren nämlich, die sich weder mit Geschossen , noch auch mit Steinen, als bedürfte es derselben nicht, versehen hatten, wehrten sich, wenn man ihnen zu Leibe ging, einigermaßen, mußten aber, wenn man sich in einiger Entfernung hielt, völlig unthätig bleiben; daher wurden sie verwundet oder getödtet, ohne sich vertheidigen zu können. Ihre Schiffe stießen entweder auf den Grund und zerschellten, oder wurden sie angezündet und verbrannt; andere, von *) Statt nttnXoxöcrcrl lese ich mit Sturz naitXoxLcronx, **) Statt lese ich mit Sturz Lxarks>wAe. Dio Cassius. 4s Bdchn. ej. 406 Cassius Dio's Römische Geschichte. Mannschaft entblöste, wurden angebunden und weggeschleppt. Als dieß das übrige Schiffsvvlk sah, tödteten sie sich entweder selbst, um nicht lebendig gefangen zu werden, oder sprangen in's Meer, um in diesem, oder beim Versuche, die feindlichen Schiffe zu ersteigen, oder auf andere Weise durch die Römer umzukommen. Ohne Diesen au Muth und Kühnheit nachzustehen, litten sie, durch die Unbehülflichkeit ihrer Fahrzeuge blosgegeben, diesen furchtbaren Verlust. Damit jedoch nicht von Neuem ein stärkerer Wind die Schiffe in Bewegung sehen könnte, zerschnitten die Römer mit Sichelstangen aus der Ferne ihre Taue und zerrissen die Segel. Da sie auf ihren Schiffen gewissermaßen zu einer Landschlachl gegen Jene gezwungen waren, kamen Viele daselbst auf diese Weise um, alle klebrigen wurden gefangen genommen. Die Angesehensten unter ihnen ließ Cäsar hinrichten, die Andern als Sclaven verkaufen. 4-. Hierauf zog er gegen die Moriner und die Mena- pier '), ihre Grenznachbarn, zu Felde, indem er hoffte, sie, durch seine bisherigen Thaten in Schrecken gesetzt, leicht zu bewältigen. Er brachte jedoch Niemand zur Unterwerfung. Da sie nicht in Städten, sondern in Hütten wohnten, und ihre beste Habe in ihre waldigsten Gebirge geflüchtet hatten, thaten sie den angreifenden Römern weit mehr Schaden, als sie selbst erlitten; denn Cäsar wollte durch Fällung der Wälder auf die Berge selbst vordringen, sah sich aber genöthigt, wegen der Größe derselben und der Nähe des Winters davon abzustehen. *) Die Moriner wohnten in der Nähe von Calais und Dün- kirchen, die Menapier näher am Rhein. 407 Neun und dreißigstes Buch. 45. Während er noch im Gebiete der Veneter war, hatte er seinen Legaten Qnintus Titurius Sabinus gegen die Unellen, an deren Spitze Viridovir *) stand, abgeschickt. Anfangs setzte ihn ihre Menge so sehr in Furcht, daß er froh war, wenn er nur sein Lager gegen sie behauptete **); als er aber sah, daß sie dadurch nur »och beherzter wurden, in der That aber nicht sehr zn fürchten waren, (wie denn die Meisten Barbaren all ihre Furchtbarkeit in leere Drohungen setzen,) so faßte er wieder Muth und wagte zwar auch jetzt noch nicht, da sie ihm an Zahl bei weitem überlegen waren, sich in offenem Kampfe mit ihnen zu messen, verleitete sie aber zu einem unbesonnenen Angriff auf sein auf einer Anhöhe stehendes Lager. Er schickte nämlich gegen Abend Einen von den Bundesgenossen, der ihre Sprache redete, als Ueberläufec an sie ab, und ließ durch ihn verbreiten, daß Cäsar geschlagen sey. Er fand Glauben, und die Barbaren, von Speisesmnd Trank überladen, stürzten ohne Weiteres, um die Römer nicht entkommen zu lassen, sondern mit Mann und Maus (wie sie prahlten) zu vertilgen, mit Holz und Reißbündeln, die sie theils trugen, theils nachschleppten, um sie zu verbrennen, nach dem Hügel, und rannten ihn, da Niemand widerstand, mit Ungestüm hinauf. *> Reimar. hat die Stelle nach Cäsar corrigirt; im Terte stand O'vLt-kosiög und /öol§- Leunklav schreibt; Van- »csios; sn Iii Vanuetes, Hui nunv Vanucs? **) Ich lese nach Leunclav und Sturz W§ «7«7iFn kär- 4 * /»08 Cassius Dio's Römische Geschichte. Sabinus rührte sich nämlich nicht «her, als bis er sie größ- tentheils in seinem Bereiche sah. Jetzt aber fiel er unerwartet von allen Seiten über sie her, setzte die Vordersten in Schrecken und jagte sie allesammt den Berg hinab. Da sie auf der Rückfiucht über einander und über das Holz stürzten, richtete er eine solche Niederlage unter ihnen an, daß weder sie, noch die Andern sich weiter zu widersetzen wagten. Denn die Gallier, in allein ohne Maß und Bedacht, kennen in Muth und in Furcht keine Gränzen, sondern fallen aus jenem in unverhoffte Feigheit, und aus dieser in übereilte Verwegenheit. 46. In denselben Tagen unterwarf auch Pttblius Cras- sus, des Marcus Craffns Sohn, beinahe ganz Aquikanien. Sie sind nämlich gleichfalls Gallier, grenzen an das Lettische *) Gallien, und dehnen sich längs dem Ocean !bis an die Pyrenäen aus. Auf dem Zuge gegen sie, besiegte er die Apiate» **) in einer Schlacht, und eroberte ihre Stadt; wobei er durch ihre Treulosigkeit einige Leute verlor. Während er an Diesen Larob empfindliche Rache nahm, sah er, wie sich Andere unter der Führung Sertorischer Soldaten aus Hispanien sammelten und mit Diesen den Krieg mit mehr Kunst als Ungestüm führen wollten, weil er wegen Mangels an Lebensmittcln in Kurzem mit dem Heere das Das Lettische Gallien hieß später das Lugdunensische, zwischen ihm (zu dem noch Venetien gehört) und den Pyrenäen liegt Aquitanien. Bei Cäsar Sotiaten, Sontiaten, ein Volk a» dem Flusse Aturus. 409 Neun und dreißigstes Buch. Land räumen mußte. Er stellte sich nun, als ob er sie fürchtete und ließ sich verachten. Als er sie aber auch so zu keinem Angriff vermochte, überfiel er sie, die ganz sorglos geworden, plötzlich und unverhofft. Zwar richtete er auf der Seite, wo er angriff , Nichts aus, da die Feinde einen Aus- fall machten und sich wacker vertheidigten; während sich aber hier alle Streitmacht zusammendrängte, schickte er einen Theil seiner Leute nach der andern Seite des Lagers herum, ließ sie, die von Mannschaft entblöst war, besetzen und den Kämpfenden in den Rücken fallen. So wurden Alle bis auf Wenige aufgerieben, welche sich ohne weitere Gegenwehr in Folge eines Vergleiches ergaben. Dieß geschah im Sommer. ä?. Während die Römer f6gg n. R. E.i in Freundcs- land überwinterten, gingen die Tenchtherer und die Ustpeten, Lettische Völkerschaften, znm Theil von den Sueven verdrängt, zum Theil von den Galliern herbeigerufen, über den Rhein und fielen in das Land der Trevirer ein. Hier fanden sie den Cäsar und ließen ihm durch Gesandte einen Vertrag anbieten und ihn bitten, er möchte ihnen Land anweisen , oder gestatten, sich selbst welches zu erobern. Als ihnen Beides verweigert ward, versprachen sie anfangs freu willig heimzukehren und baten um Waffenstillstand; hernach aber, da die Jüngern unter ihnen einige wenige Reiter Cäsars auf sich zukommen sahen, verachteten sie dieselben und bereuten ihre» Beschluß. Sie verschoben daher ihren Abzug und fügten Jenen, die keine Feindseligkeit erwarteten, einigen Schaden bei; hierdurch ermuthigt, cntschlvßen sie sich zum Kriege. 410 Cassins Dio's Römische Geschichte. 43. Die Aeltcren mißbilligten es, kamen gegen den Willen Jener zu Cäsar und baten ihn, die Schuld auf Wenige schiebend, um Verzeihung für das Geschehene. Cäsar hielt sie zurück, als wollte er ihnen baldige Antwort geben; zog aber indessen gegen die Andern »nter den Zelten, und fiel über sle, die der Mittagsruhe pflegten und, während Jene bei ihm waren, nichts Feindliches erwarteten, her. Er drang aus sie ein und machte Viele vom Fußvolks, die nicht einmal Zeit hatten, die Waffen zu ergreifen, und bei*) den Wagen unter dem Getümmel der durcheinander laufenden Weiber und Kinder in Verwirrung gerielhen, nieder. Die Reiter, welche abwesend waren, schlugen, auf die Kunde des Vorgefallenen, sogleich den Weg nach der Heimath ein und wandten sich zu den Sigambern, von denen Cäsar durch Gesandte deren Auslieferung verlangte, nicht als ob er die Auslieferung wirklich erwartet hätte (da die Volker am rechten Rheinuser die Römer noch nicht so sehr fürchteten, um solchen Forderungen Gehör zu geben); sondern um »nter diesem Verwände auch über den Rhein zu gehen. Auszuführen, was noch kein Römischer Feldherr vor ihm gethan, war sein »»verrücktes Bestreben; zugleich hoffte er die Celten, durch einen Einfall in ihr eigenes Land von Gallien entfernt zu kalten. Als nun einerseits die Reiter nicht ausgeliefert wurden, andererseits ihn die Ubier, Grenznachbarn und Feinde der Sigambrer, zu Hülfe riefen, setzte er auf einer Brücke **) über den Fluß. Als er aber fand, daß die *) Statt x»trie(> lese ich mit Sturz x«r uepr — **) Diese bewundernswürdige, innerhalb zehn Tagen von ihm erbaute Brücke beschreibt Cäsar IV, 17. 411 Neun und dreißigstes Buch. Sigambern sich in ihre festen Plätze geworfen, und die Sne- ven sich sammelten, um ihnen zu Hülfe zu ziehen, kehrte er innerhalb zwanzig Tagen wieder zurück. zg. Der Rhein entspringt auf den Celtischen Alpen etwas oberhalb Nhätien , trennt auf seinem Laufe gegen Westen zur Linien Gallien mit seinen Bewohnern, zur Rechten die Celten *) und fallt zuletzt in den Ocean.- Seitdem diese Völker zu verschiedenen Benennungen gekommen sind, und bis auf den heutigen Tag, gilt dieser Fluß als Grenzscheide derselben. In frühern Zeiten nämlich wurden die an beiden Ufern des Flusses wohnende» Völker Celten genannt. 5o. Cäsar war der erste Römer, der über den Rhein sehte, und unter den Cvnsuln Pompejus und Crassus schiffte er selbst nach Britannien hinüber. Dieses Land lag von dem Celtischen Festlande an der Küste der Mariner auf dem kürzesten Wege vierhundert und fünfzig Stadien **) entfernt, und erstreckt sich längs dem übrigen Gallien und fast ganz Hispa- nien *") in die See hin. Den ältesten Griechen und Römern war selbst sein Daseyn unbekannt; die spätern waren im Zweifel, ob es Festland oder Insel sey. Viele haben, ohne eigene Kenntniß (da sie es weder als Augenzeugen noch als Ohrenzeugen von den Eingebornen wußten) auf bloße Muthmaßungen hin, so wie sie Muße oder Belesenheit hatten, *) Celten gebraucht hier Dio von den Germanen, an andern Orten von den Galliern, so wie er unter Lettischem Gallien bald das Lugdunensischc, bald das Belgische versteht. Das Stadium zu einhundert fünf und zwanzig Schritten. *'*) Auch Dio scheint sich über Britannien noch nicht ganz orientirt zu haben. 412 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. bald das Eine, bald das Andere vertheidigt. Mit der Zeit aber ward zuerst unter dem Proprätor Agricola, und in unsern Tagen unter Kaiser Severus mit Gewißheit erhoben, daß es eine Insel ist. 5i. Als das übrige Gallien beruhigt, und auch die Mo- riner unterworfen waren, bekam Cäsar Lust, nach dieser Insel überzusehen. Die Ueberlahrt mit dem Fußvolke bewerkstelligte er aufs Beste; nur landete er nicht, wo er eigentlich sollte; denn die Britannier hatten, auf die Nachricht von seinem beabsichtigten Seezuge alle Landungsplätze dem Festlande gegenüber besetzt. Er umschiffte eine Landspitze und legte auf einem andern Punkte an, hier besiegte er Diejenigen, die ihn angriffen, als er an einer seichten Stelle ans Land stieg, und faßte festen Fuß, bevor die Verstärkung eintraf. Hierauf schlug er auch den Angriff Dieser zurück. Zwar fielen nur wenige Barbaren, da sie als Wagenkämpfer nnd Reiter den Römern, deren Reiterei noch nicht angekommen, sich mit leichter Mühe durch die Flucht entzogen; aber in Schrecken gesetzt durch die Nachrichten vom Festlande über sie, und daß sie überhaupt wagten überzusetzen und das Land gewannen, schickten sie einige Mariner, mit denen sie Freundschaft hielten, an Cäsar, ihm Frieden anzutragen, und wollten ihm auch damals, wie er verlangte, Geißel geben. 5r. Als aber inzwischen sowohl die anwesende als die heransegelnde Flotte der Römer durch den Sturm gelitten hatte, besannen sie sich anders und griffen sie zwar, weil ihr Lager stark bewacht ward, noch nicht offen an, überfielen aber 413 Neun und dreißigstes Buch. Einige, die zur Herbciscbaffung von Lebensmitteln in ihr Land als in Freundeslaud ausgeschickt waren, und machten sie bis auf Wenige, denen Cäsar noch zeitig genug zu Hülfe kam, nieder; hierauf griffen sie selbst das Lager an, richteten aber Nichts, sondern wurden mit Verlust zurückgewiesen. Erst nach öfteren Niederlagen entschlossen sie sich, um Frieden zu bitten. Cäsar hätte freilich nicht daran gedacht, mit ihnen Frieden zu machen; weil aber der Winter heranrückte, und die Streitkrckfte, die er bei sich hatte, nicht hinreichten, den Krieg auch während desselben fortzusetzen, da ferner die Nachkommenden auf der Ueberfahrt verunglückt waren, auch die Gallier während seiner Abwesenheit unruhig wurden, sah er sich wider Willen zu einem Vergleiche genöthigt, und verlangte noch mehrere Geißel, erhielt aber deren nur wenige. 55. Er schiffte also nach dem Festlande zurück und legte die Unruhen bei, ohne für sich oder den Staat einen andern Vortheil als den Ruhm eines nach dieser Insel unternommenen Fcldzugs gewonnen zu haben. Er selbst that sich Viel darauf zu gut und fand in Rom die übertriebenste Bewunderung. Länder, von denen man früher weder Etwas gekannt noch gehört, durch ihn geöffnet und zugänglich gemacht, boten Hoffnungen für die Zukunft, beinahe schon verwirklicht; und Alles, was noch auszuführen blieb, ward im Jubel der Freude als schon errungen betrachtet. Man beschloß für diese Großthat ein Dankfest von zwanzig Tagen zu feiern. 54 . Während Dessen waren auch in Spanien Unruhen ausgebrocheu, zu deren Beilegung dieses Land dem Pompe- 414 Cassius Dio's Römische Geschichte. jus als Provinz zugewiesen ward *). Einige Völkerschaften nämlich, die sich empört, und die Vacecier *') an ihre Spitze gestellt hatten, wurden von Metellus Nepos, noch ungerü- stct, überfallen und besiegt. Als er aber Clnnia belagerte, griffen sie ihn an und behielten die Oberhand. Auch bekamen sie die Stadt in ihre Gewalt, verloren dagegen an andern Orten, jedoch nicht so, daß ihre baldige Unterwerfung zn hoffen stand; denn sie waren ihren Gegnern bei weitem an Zahl überlegen, so daß Nepos froh war, wenn er ohne Gefahr puhig bleiben konnte. 55. Um dieselbe Zeit ward auch Ptolemäns, obgleich die Römer den Beistand durch einen Vvlksbeschluß abgelehnt hatten und wegen seiner Bestechungen noch sehr über ihn aufgebracht waren, zurückgeführt und wieder auf den Thron gesetzt. Dieß thaten Pompeins und Gabinius. So viel vermochte die Herrschsucht und der Geldeinfluß selbst gegen die Beschlüsse des Volks und des Senats, daß Pompejus, aus Gunst gegen Jenen, den Gabinius, damals Proconsul Syriens, damit schriftlich beauftragte, und Dieser, bestochen** ***) '), darauf einging und ihn mit einem Heere gegen den Willen des Staats, ohne sich weder um diesen noch um die Orakel- sprüche der Sibylla zu bekümmern, zurückführte. Zwar wurde Gabinius später darob angeklagt, aber — Dank dem *) Bergt. Cap. 55 ff. **) Ein Celtiberisches Volk im Tarraconensischen Spanien in der Nähe der Arvaccer oder Arevacer. ***) Er erhielt zehntausend Talente, nach Plutarch. Sein Ankläger war der Volkstribun Casus Memmius, 415 Neun und dreißigstes Buch. Pompejus und seinem Gelde — nicht schuldig befunden. So bunt ging es damals in Rom durch einander, daß Obrigkeiten und Richter, gegen einen geringen Theil der Summen, die Gabinius durch Bestechung erhalten hatte, ihrer Pflicht vergaßen und Andern Lehrer des Frevels wurden, dessen Strafe, wenn man nur Geld habe, leicht abzukaufen sey. So ward er damals losgesprochen; hernach aber, als er sowohl anderer Dinge wegen als auch deßhalb, daß er über hundert Millionen sDrachmen in seiner Statthalterschaft erpreßte, vor Gericht gestellt war, wurde er vcrur- theilt. So traf es sich denn höchst sonderbar, daß Geld ihn bei der ersten Anklage lossprach, bei der folgenden hauptsächlich veruriheilte — und daß Pompejus, d-r das erstemal, obgleich entfernt, den Gabinius durch seine Anhänger rettete, jetzt, da er in der Vorstadt und beinahe vor dem Gerichtsstuhle stand, Nichts vermochte. 56. Es verhielt sich folgendermaßen: Gabinius bedruckte Syrien dergestalt, das er dem Lande weit mehr Schaden that, als die Seeräuberei, die damals sehr im Schwünge ging. Da ihm aber der Gewinn von daher immer noch zu gering war, machte er anfangs Plan und Anstalt zu einem Zuge gegen die Parther und ihre Reichthümer. Nach des Phraates meuchlerischer Ermordung durch seine Söhne war ihm Orodes auf dem Throne gefolgt und hatte seinen Bruder Mithridates aus Medien, das er beherrschte, vertrieben. Dieser flüchtete zu Gabinius und bewog ihn, *) Die Drachme galt damals etwa 24>4 Kr. 416 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihm zur Rückkehr behülfiich zu seyn. Nun kam aber Ptole- mäus mit Briefen voy Pompejus und versprach sowohl ihm, als dem Heere große Summen theils sogleich, theils nach seiner Wiedereinsetzung zu bezahlen; daher gab er seinen Plan gegen Parthien auf und eilte nach Aegypte», obgleich das Gesetz den Statthaltern verbot, über ihre Grenzen zu gehen oder auf eigene Hand Krieg anzufangen, obgleich das Volk und der Sibyllenspruch ausdrücklich untersagte, den Mann in sein Reich zurückzuführen. Je größer aber die Hindernisse waren, desto besser ließ er sich auch bezahlen. Er ließ also seine» Sohn Sisenna, einen ganz junge» Menschen, mit wenigen Soldaten in Syrien zurück und gab die ihm anvertraute Provinz noch mehr den Seeräubern Preis. Bei seiner Ankunft in Palästina nahm er den aus Rom entwichenen Aristobulus, welcher einige Unruhen erregte, gefangen und lieferte ihn an Pompejus ab. Nachdem er den Juden einen Tribut auferlegt hatte, fiel er in Egypten ein. 57. Ueber Aegyptcn herrschte damals Berenice, welche, obgleich die Römer fürchtend, sich ihm doch nicht fügen wollte, sondern einen gewissen Seleucus, der aus dem einst in Syrien blühenden Königshaufe stammte, berief, zum Gemahl und zum Theilnehmev an der Regierung und der Führung des Krieges nahm. Als sie ihn aber zu Allem untüchtig fand, brachte sie ihn um und verband sich mit Archelans, einem Sohne des Archelaus der zu Sylla übergegangen *), einem unternehmenden Manne, welcher sich in Syrien auf- *) S. Bruchstück 255. 417 Neun und dreißigstes Buch. gchalten hatte, unter den gleichen Bedingungen. Gabimus hätte das Uebel in der Geburt ersticken können; denn er hatte den Archelaus, welchen er schon früher beargwohnt, festgenommen und also von ihm Nichts mehr zu befürchten. Weil er aber besorgte, von Ptolemäus, wenn er nichts der Rede Werthes für ihn gethan, in dem bedungenen Gelde verkürzt zu werden, und hoffte, wegen des Archelaus Tapferkeit und Ruhm noch mehr zu bekommen, auch weil er von diesem selbst eine beträchtliche Summe erhielt^ ließ er ihn freiwillig los, indem er vorgab, er sey ihm heimlich entronnen. / 58. Gabinins kam nun bis Pelusium, ohne Widerstand zu finden. Von hier rückte er in zwei Heertheilen vor und schlug die Aegyptier, die sich ihm entgegenstellten, noch au demselben Tag. Hierauf erfocht er auf dem Flusse mit den Schiffen und zu Lande einen zweite» Sieg. Die Alerandriner sind nämlich zu jedem Wagestücke bei der Hand und schwatzen immer, was ihnen auf die Zunge kömmt, zum Kriege und zu Kriegsbeschwerden aber sind sie nicht zu brauchen, ungeachtet in den vft gefährlichen Unruhen, die bei ihnen an der Tagesordnung sind, immer Blut fließt, und sie in der Hitze des Streites das Leben für Nichts und den Tod in demselben sogar für höchst wünscheuswerth erachten. Ga- binius sah nach ihrer Besiegung und der Ermordung sowohl vieler Andern als auch des Archelaus, sich plötzlich als Herrn von ganz Aegypten und übergab es dem Ptolemäus. Dieser ließ seine Tochter und die angesehensten und reichsten Aegyptier, weil er viel Geld brauchte, hinrichten. 418 Cassius Dio's Römische Geschichte. Lg. Auf diese Weise sehte Gabinius den Ptolemäns wieder auf de» Thron, berichtete aber Nichts davon nach Rom, um nicht selbst der Ankläger seines gesetzwidrigen Betragens zu werden; da jedoch ein so wichtiges Ereigniß nicht verheimlicht werden konnte, erfuhr es das Volk bald. Weil nun auch die Syrer, da sie, zumal in seiner Abwesenheit, viel durch die Seeräuber litten ^ laut über ihn klagten , und die Zollpächter, welche wegen derselben die Zölle nicht eintreibe» konnten, sehr im Rückstände blieben, geriethen die Rvmcr in Unwillen, verlangte» eine Untersuchung und waren geneigt, ihn znr Strafe zu ziehen. Auch Cicero sprach mit Nachdruck dafür und rieth unter Anderem, die Sibylli- nischen Bücher nochmals nachzulesen; indem man, wie er hoffte, auch eine Strafe für den Uebertretungssall darin finden würde. Ko. Pompejus und Craffus waren noch Consuln und »ahmen Jenen, der Eine aus Rücksicht auf sich selbst, der Andere Diesem zu Gefallen, und weil er von Gabinius Geld bekommen" hatte, öffentlich in Schutz, nannte» den Cicero einen Verbannten und ließen die Sache nicht zur Abstimmung kommen. Nachdem sie aber abgetreten, und Lucius Dvmitins und Appins Claudius ihnen gefolgt war sn. R> E. 7oc»j kam es aufs Neue znr Sprache, und die meisten Stimmen waren wider Gabinius. Domitius nämlich, von ihrer Bewerbung her, und weil derselbe gegen seinen Willen gewählt worden war, des Pompejus Feind, und sAppiuss Claudius, obgleich mit ihm verwandt und in Hoffnung, dadurch das Volk für sich zu gewinnen und zugleich von Ga- 419 Nenn und dreißigstes Buch. binilis eine Geldsumme zu erhalten, wenn er der Sache eine gefährliche Wendung zu geben drohe, unterstützte ihn aus allen Kräften. Ein weiterer, starker Beweggrund für ihn war auch, daß Gabinius einen von Craffus zur Uebernahme der Provinz vorausgeschickten Legaten nicht anerkannte, und den Oberbefehl, als hätte er ihn auf Ewigkeiten erhalten, nicht abgeben wollte. Man beschloß also, die Sibyllenbü- cher, trotz deS Pompejus Widerspruch, nachzulesen. 6,. Indessen schwoll der Tibcrfluß Lurch ungewöhnliche Regengüsse oberhalb der Stadt, oder durch einen heftigen Seewind, der den Ausfluß hemmte, oder vielmehr wie man vermuthete, durch göttliche Schickung plötzlich so sehr an, daß er alle Niederungen in der Stadt überschwemmte und selbst bis zu höher liegenden Punkten stieg. Die Häuser, aus Ziegelsteinen erbaut, wurden durchnäßt und stürzten ein, und alles Vieh ertrank in dem Wasser. Was von Menschen sich nicht auf die Höhen flüchtete, kam theils in den Häusern, theils auf den Straßen um. Auch die übrigen Häuser wurden, da die Uebcrschwemmnng mehrere Tage dauerte, baufällig und veranlaßten theils sogleich, theils später Unglücksfälle. Durch dieses Ungemach niedergeschlagen, und noch schwereres befürchtend, weil sie durch des Ptolemäus Znrückführung sich den Zorn der Götter glaubten zugezogen zu haben, beeilten sich die Römer den Gabinius noch vor seiner Anknnft zum Tode zu vcrnrtheilen, als vb sie Lurch seinen Tod das drohende Unheil abwenden würden. So eifrig betrieb mau die Sache, daß der Senat, obgleich man in den Sibyllenbüchern Nichts dergleichen fand, den Dorbeschluß faßte, die Richter und 420 Casflus Dio's Römische Geschichte. das Volk sollten aufS Härteste und Strengste mit ihm »erfahren. 6r. Inzwischen kamen Geldsummen von Gabinius an und bewirkten, daß ihm weder während seiner Abwesenheit, noch bei seiner Ankunft etwas darob zu Leide geschah. Das Bewußtseyn seiner Schuld machte ihn jedoch so feig und klein- müthig, daß er erst spät nach Italien kam und bei Nacht in die Stadt schlick, auch mehrere Tage sich gar nicht öffentlich sehen ließ. Der Beschuldigungen waren viele und der Ankläger nicht wenige. Zuerst wurde er wegen der Znrück- führnng des Ptolemäus, als des größern Verbrechens, vor Gericht gestellt. Beinahe das ganze Volk strömte zu der Gerichtssitzung zusammen und stand oft im Begriff» ibn in Stücke zu reißen» weil Pompejus nicht zugegen war, Cicero dagegen ihn mit aller Macht der Beredsamkeit anklagte. Und doch ward er trotz dieser Stimmung des Volkes freigesprochen. Denn er hatte, da es sich um so viel handelte, die größten Summen daran gerückt und ward von Pompejus und Cäsars Freunden aufs Lebhafteste vertheidigt. Sie behaupteten, die Sibylle habe eine andere Zeit und einen andern König gemeint, auch sey, wäs hauptsächlich in Betracht komme, in ihren Orakeln keine Strafe für diesen Fall ausgesprochen. 6Z. Fast hätte das Volk die Richter selbst umgebracht. Nachdem aber Diese entkommen, hielt es sich an die übrigen Beschwerden gegen ihn, und ließ ihn wenigstens für Diese büßen. Denn seine durchs Loos bestimmten Richter, vor der Menge sich fürchtend, oder weil sie von Gabinius, welcher Neun und dreißigstes Buch. 421 über geringere Punkte vo-r Gericht gezogen und in der Hoffnung auch hier obzusiegen nicht sehr freigebig gewesen war, nicht genug erhalten hatten, verurtheilten ihn, obgleich Pom- pejus in der Nähe und Cicero selbst sdießmals sein Vertheidiger war. Pvmpejus nämlich war verreist, um Getreide, von welchem bei dem Austritte der Tiber viel zu Grunde gegangen war, herbeizuschaffen und eilte zwar, auch bei der ersten, Gerichtssitzung zugegen zu seyn (denn er war in Italien), da er sich aber verspätete, verließ er nicht eher die Vorstadt, bis auch die zweite gefallen war. Das Volk versammelte sich außerhalb der Ringmauer (denn er durfte nicht in die Stadt, weil er schon als Prvconsul den Oberbefehl übernommen hatte) , er hielt für Gabinius eine lange Rede an das Volk, las Briefe von Cäsar an ihn zu seinen Gunsten vor uud flehte die Richter an. Den Cicero hielt er nicht nur von weiterer Anklage ab, sondern bewog ihn auch, seine Vertheidigung zu übernehmen; was dessen Schimpfnamen der Ueberläufer noch allgemeiner machte. Doch alles Dieß half dem Gabinius Nichts, er wurde zur Verbannung verurtheilt, später aber von Cäsar zurückberufen. Lä. Zu eben der Zeit starb des Pvmpejus Gemahlin nach der Geburt eines Töchterleins. So bald ihr auf dem Markte die Lobrede gehalten war, nahm auf Betrieb von Pvmpejus und Cäsars Freunden, oder um ihnen überhaupt gefällig zu seyn, das Volk die Leiche und begrub fle auf dem Marsfeld, obgleich Dvmitius sich widersetzte und sich vornämlich darauf berief, daß es unerlaubt sey, ohne beson- Dio Cassius. 4S Bdchn. 5 422 Cassius Dio's Römische Geschichte rc. Lern Volksbeschluß, Jemand an einem den Göttern geweihten Orte zu beerdigen. 65. In dieser Zeit hielt auch Casus Pomptinus seinen Triumph über die Gallier. Bis dahin war er, weil ihm Nie- - ^ mand denselben zuerkennen wollte, außerhalb der Stadt geblieben. Auch jetzt »och wäre ihm der Triumph nicht gestattet werden, wenn nicht Servius Galba, der unter ihm gedient ^ hatte und jetzt Präkor war, heimlich und mit Anbruch des Tages, obgleich es nach den Gesetzen nicht erlaubt war, vor der ersten Tagesstunde Etwas beim Wolke zu verhandeln, Einigen die Stimmtäfelchcn gegeben hätte. Daher fingen einige WvlkStribnnen, welch; bei der Volksversammlung nicht zuge- l ' gen gewesen, noch während des Auszugs Unruhe» an, so daß es sogar zum Blutvergießen kam. Inhalt des v i e r z i g st e n B u ch e s. Cäsar setzt zum zweitenmale nach Britannien über. Cap. 1-5- Von da zurückgekehrt führt er neue Kriege in Gallien. Cap. 4 —1t. Crassus beginnt seinen Feldzug gegen die Parther. Cap. 12. 15. Schilderung der Parther. Cap. 14. 15. Craffus wird geschlagen und kommt mit seinem Heere um. Cap. 16 — 50. Cäsar unterwirft ganz Gallien jenseits der Alpen. Cap. 51 — 45. Milv tvdtet den Clodins und wird verurkheilt. Cap. 44 — 57. Anfang der Mißhelligkeiten zwischen Cäsar und Pompejus. Cap. 58 — 66. Der Zeitraum begreift den Rest von des Domitius und des Uxxins Claudius Consulat. und noch weitere vier Jahre, in . denen Folgende Cousuln waren: Vor Chr. Nach Erb. Roms. 55 701 Cneus Domitius Calviuns und Marcus Valerius Meffala. 52 702 Cneus Pompejus zum drittenmal und Cäcilius Metellus Scipio. 51 705 Scrvius Snlpiciüs Rufus und Marcus Claudius Marcellus. 50 704 Lucius Aemilius Paulus und Ca)us Claudius Marcellus. 424 Casstus Dio's Römische Geschichte. Vierzigstes B « ch. i. Dieß geschah im siebenhundertsten Jahre der Erbauung der Stadt Rom. Noch unter denselben Consuln, Lucius Domitius und Appius Claudius ließ Cäsar, außer andern Rüstungen, auch Schiffe bauen, die zwischen den Römischen Schnellseglern und den dortigen Lastschiffen das Mittel hielten, damit sie bei möglichster Schnelligkeit auch die Fluthen beständen und ohne Schaden auf das Trockene liefen. Sobald die zur Schifffahrt günstige Jahreszeit eintrat, setzte er wieder nach Britannien über, unter dem Verwände, daß sie nicht die versprochene Anzahl Geißel geliefert hätten (denn sie hatten nicht gedacht, daß er nach mißlungenem ersten Versuch, einen zweiten mächen wurde), in der That aber, weil er ernstliche Absichten auf den Besitz der Insel hatte ; so daß er, ohne diesen Vorwand, einen andern aufgesucht hätte. Ex landete auf derselben Stelle, wie das erstemal, ohne daß sich ihm Jemand wegen der Menge der Schiffe, die an vielen Punkten zugleich anfuhren, zu widersetzen wagte, und sicherte sich sogleich den Ankerplatz. -. Die Barbaren konnten nun zwar aus obigen Gründen seine Landung nicht verhindern, weil sie sich aber jetzt des größer» Heeres wegen, mit dem er kam, mehr fürchteten, schafften sie ihre beste Halm in die waldigsten und verwachsensten Plätze der Nachbarschaft. Nachdem sie dieselbe gesichert halten, (denn sie fällten die Bäume umher, und 42L Vierzigstes Buch. häuften andere reihenweise darauf, so daß sse sich gewissermaßen hinter einem Walle befanden) beunruhigten sie die Römer, wenn diese Futter holten. Zwar wurden sie von ihnen in offenem Felde geschlagen, lockten sie aber auf der Verfolgung bis vor jenen Platz und machten Viele derselben nieder. Als hierauf wieder ihre Schiffe in einem Sturme gelitten, riefen sie ihre Bundesgenossen zu Hülfe, und machten unter Anführung des Casvellanus *), deS angesehensten Fürsten auf der Insel einen Angriff auf den Ankerplatz der Römer. Diese gingen denselben entgegen, und ge- riethen anfangs durch den Anlauf der Streitwagen in Unordnung, bald aber trennten sie die Reihen, ließen Jene dnrch, beschoß«» sie von der Seite, und stellten die, Schlacht wieder her. 5. So blieben denn beide Theile an Ort und Stelle. Nach einer zweiten Schlacht, in der sie zwar gegen das Fußvolk im Vortheile waren, von der Reiterei aber hart mitgenommen wurden, zogen die Barbaren an die Tamesa sThem- sej zurück, und schlugen ein Lager, nachdem sie den Ueber- gang durch theils hervorstehende, theils vom Wasser bedeckte Pfahle zu verhindern gesucht hatten. Als aber Cäsar sie durch einen ungestümen Angriff das Pfahlwerk zu verlassen genöthigt, und darauf in ihren Vorschanzungen belagert und daraus vertrieben hatte, auch Diejenigen, welche ihn in dem ») Bei Cäsar heißt er Cassivetlanus (V, 11 — 22.) bei Pvlianns Easolaulus, bei Beda Ca ssab ellaun us.> Camdon deutet das Wort mit: Fürst der Cassier; deren Cäsar Cap. 21. unter den Völkern Britanniens Crwähnung thut. 42S Cassius Dio's Römische Geschichte. Schifflager angefallen, von Andern zurückgeschlagen worden, verloren sie dbn Muth und machten Frieden, indem sie sich zur Stellung von Geißeln und zu einem Tribute verstanden. ä. So fuhr Cäsar wieder ganz von der Insel ab, ohne ein Heer daselbst zu lassen. Denn er fand es bedenklich, ein solches in einem fremde» Lande überwintern zu lassen, und nicht rathsam, selbst länger von Gallien abwesend zu sey». Er begnügte sich daher mit den bereits errungenen Vortheilen; um nicht, nach größeren strebend, auch diese einzubüßen. Daß er recht daran gethan, bewies der Erfolg; denn als er nach Italien *) aufgebrochen, um daselbst den Winter zuzubringen, fingen die Gallier Uoy den vielen Besatzungen, die in ihrer Mitte waren, Unruhen und einige sogar offenen Aufruhr an. Wäre Dieß nun während seiner Ueberwinterung in Britannien geschehen, so wäre wohl allgemeine Unordnung ausgebrochen. 5. Den Anfang zum Kriege machten die Ebnronen, unter Anführung des Ambriorir *'); als Grund des Aufstandes gaben sie die Gegenwart der Römer unter den Legaten Sabinus und Lucius Cvtta an, in der That aber war es Mißschäyung jener Feldherrn, die sie sich nicht gewachsen glaubten, und die Voraussetzung, daß Cäsar nicht sobald wider sie zu Felde ziehen würde. Sie überfielen sie daher ganz unerwartet, und hofften Las Lager beim ersten Angriffe zu erobern; und als ihnen Dieß nicht gelang, so gebrauchten *) D. h. in das Nom naher gelegene Gallien, difseits der Alpen. Cäsar nennt ihn Amviorir. Vierzigstes Buch. 427 sie List. Ambriorir hatte an, den geeignetsten Orten einen Hinterhalt gelegt, und kam sodann mit sicherem Geleite zn den Römern, indem er vorgab, er sey zu dem Kriege gezwungen worden; er selbst erkenne sein Unrecht, vor den Ändern aber sollten sie sich hüten; denn sie gehorchten ihm nicht nnd würden sie in der Nacht überfallen. Deßhalb gab er ihnen den Rath, Ebnrvnirn, wo sie bei längerem Verweilen in Gefahr kommen würden, zu verlassen, und sich sobald als möglich anf andcre nahe liegende Winterquartiere zurückzuziehen. 6. Die Römer trauten seinem Rathe um so eher, da er von Cäsar viele Wohlthaten genossen und dafür erkenntlich schien, sie packten daher eiligst auf, zogen am Abende ab und fielen in die Hinterhalte, wo sie bedeutenden Verlust erlitte«. Cotta fiel mit Vielen auf der Stelle, den Sabinus aber rief Ambriorir z» sich; als wollte er ihn retten (denn er war dabei nicht zugegen, und schien es immer noch redlich mit ihr zu meinen), ließ ihn aber ergreifen und stieß ihn nach Abnahme der Waffen und Kleider mit dem Wurfspieße nieder, indem er unter anderem die Hvhnworte sprach: „Wie unterfangt ihr euch Leute solchen Gelichters, über Männer, wie wir, herrschen,zu wollen?" So erging es Diesen; die Andern schlugen sich nach dem Lager durch, aus dem sie ausgezogen waren. Als sie aber auch hier von den Feinden angegriffen wurden, und weder sich vertheidigen noch entfliehen konnten, lödteten sie einander selbst. 7. Nach diesen Vorgängen empörten sich außer ander« Nachbarvölkern auch die Nervier, obgleich Quintus Cicero, des Marcus Cicero Bruder und Cäsars Legat bei ihnen im 428 Cassius Dio's Römische Geschichte. Winterlager stand. Ambriorir verband sich mit ihnen lind griff den Cicero an. Nach unentschiedenem Kampfe, wobei er einige Gefangene gemacht, sachte er auch ihn zu überlisten. Da ihm Dieß mißlang, schloß er ihn ein und hatte ihn, -ei der Menge von Händen und der Erfahrung, die er im Kriegsdienste unter den Römern erworben, und durch die Anweisung, die er von den Gefangenen erhielt, in Kurzem mit Pfahlwerk und Graben eingeschlossen. Oft kam es zwar, wie es in solche» Fällen natürlich ist, zu Kämpfen, und weit mehr Barbaren fielen, weil ihrer viel Mehrere waren; aber sie fühlten, eben ihrer Menge wegen, den Verlust nicht in dem Grade, wie die Römer, so daß Diese, Leren Anzahl vhnedieß nicht groß war und jetzt immer mehr abnahm, mit leichter Mühe eingeschlossen wurden. 8. Sie waren nahe daran, in die Gewalt der Feinde zu fallen; denn alls Mangel am nöthigen Zubehör konnten sie die Wunden nicht pflegen, noch hatten sie der unerwarteten Belagerung wegen viel Mundvorrath; zudem kam ihnen Niemand zu Hülfe, obgleich Viele umher in den Winterquartieren lagen, da die Barbaren überall die Wege bewachten, alle ihre Boten auffingen und vor ihren Augen tödteten. Ein Nervier jedoch, der ihnen wegen empfangener Wohlthaten ergeben, und damals mit Cicero eingeschlossen war, bot ihm einen Sclaven zum Boten an. Seiner heimischen Tracht und Sprache wegen konnte Dieser sich, als einer der Ihrigen, ohne entdeckt zu werden, unter die Feinde mischen, uns seinen Weg dann weiter verfolgen. g. Auf die Nachricht davon kehrte Cäsar, welcher noch nicht in Italien, sondern auf dem Wege dahin begriffen war, 42S Vierzigstes Buch. um, nahm die Soldaten aus den Winterquartieren, welche auf seinem Weg: lagen, zu sich und eilte heran. Weil er befürchtete, Cicero mochte, au Hülfe verzweifelnd, unterliegen oder sich mit Vergleich ergeben, schickte er einen Reiter voraus. Dem Sclaven des Nerviers, obgleich er seine Ergebenheit durch die That bewahrt hatte, vertraute er doch die Sache nicht, weil derselbe aus Mitleid mit seinen Landsleuten großes Unheil über die Römer bringen konnte; er ordnete deßhalb lieber einen Reiter von den Bundesgenossen, ihrer Sprache kundig und in dieselbe Tracht gekleidet, ab. Damit aber auch er weder freiwillig noch gezwungen Etwas aussagen könnte, gab er ihm keinen mündlichen Auftrag, sondern schrieb dem Cicero das Nöthige in Griechischer Sprache, damit der Brief, wenn er auch aufgefangen würde, den Barbaren dennoch unverständlich bliebe, und Nichts von seinem Plan verriethe. Sonst pflegte er auch, wenn er Etwas geheim schreiben wollte, je den folgenden vierten Buchstaben statt dessen, den er sehen sollte, zu nehmen, um so den Leuten seine Schrift »»lesbar zu machen. Der Reiter gelangte an's Lager der Römer, weil er aber nicht nahe genug kommen konnte, wickelte er das Geschriebene um einen Pfeil und heftete denselben, als zielte ") er gegen die Feinde, vorsätzlich ") au einen Thurm. So erfuhr Cicero teu Anzug des Cäsar, faßte neuen Muth und hielt um so getroster aus. *) Ich lese nach Reimarus Vorschlag mit Stur; wg cöcccrg avr» k. r. ir. ") Nicht vorsätzlich, sondern wie Cäsar V, 48.. zufällig, krst am dritten Tage ward der Brief dem Cicero liberbracht. 4ZÜ Cassius Dio's Römische Geschichte 10. Die Barbaren erfuhren lange nickt, daß Cäsar znm Ersatz anrücke; denn er marschirte bei Nacht nnd lagerte den Tag über an den abgelegensten Orten, um sie wo möglich »»vermuthet zu überfallen. Spät erst faßte» ffe aus der Fröhlichkeit der Belagerten Verdacht nnd schickten Kundschafter aus. Durch sie benachrichtigt, daß Cäsar bereits in der Nähe sey, eilten sie ihm entgegen, um ihn unverhofft zu überfallen. Cäsar erfuhr es, blieb die Nacht ruhig und besetzte gegen Morgen einen festen Punkt, wo er in einem möglichst kleinen Raume ein Lager schlug, um sie glauben zu macken, daß er nur wenig Leute bei sich habe und, vom Zuge ermüdet, ihren Angriff fürchte, um sie dadurch auf die Anhöhe hinanzulvcken. Dieß geschah denn anch. Sie hofften , leichte Arbeit mit ihm zu haben, stürmten die Höhe hinan und bekamen einen solchen Schlag, daß ihnen alle Lust zu weiterem Kriege verging. 11. So wurden Ambrivrir und die klebrigen alle bezwungen,! ohne deßhalb günstiger gegen die Römer gestimmt zu seyn. Denn als Cäsar die Auslieferung der Rädelsführer von den einzelnen Völkerschaften verlangte nnd sie bestrafte, begannen die Trevirer, ans Furcht gleichfalls zur Strafe gezogen zu werden, auf Zndntiomarus Anrathen den Krieg von Neuem. Sie zogen noch Andere, die Gleiches befürchteten, mit in den Krieg und rückten gegen Titus Labienus, der im Lande der Rsmer stand, ins Feld, wurden aber, da die Römer, wider Erwarte», einen Ausfall machten, anfs Haupt geschlagen. Dieß fiel in Gallien vor, und Cäsar überwinterte daselbst, um Alles desto besser in Ordnung bringen zu könnt». 431 Vierzigstes Buch. ir. Crassus wünschte nun auch seinerseits Etwas zu unternehmen, das ihm Ruhm und Gewinn brächte, weil er aber dazu in Syrien keine Gelegenheit sah, (denn hier hielten sie'sich ruhig, und auch ihre früheren Feinde rührten sich seiner Uebcrmacht wegen nicht) so zog er gegen die Parther zu Fetd, ohne eine Beschwerde gegen sie vorzubringen, oder einen Auftrag zum-Kriege zu haben. Er hörte nämlich, das; sie sehr reich wären, und hoffte mit Orodes * **) ), der noch nicht lange auf dem Throne saß, leicht fertig zu werden. Er setzte daher über den Euphrat und drang unter Raub und Verheerungen tief in Mesopotamien ein; denn sein Uebergang kam den Feinden so unerwartet, daß nirgends gehörige Gegenanstalt getroffen war. So wurde Talymenvs Ilaces *'), Statthalter jener Landschaft, bei Jchniä *"), einem befestigten Platze, wo er sich mit wenigen Reitern entgegenstellte, besiegt und verwundet, und zog sich zurück, um Leim Könige in eigener Person die Kunde von des Crassus Einfall zu bringen. -5. Bald hatte Crassi s die Besten und Städte, besonders die Griechischen, und unter andern auch Nicephorium I) genommen. Denn viele Pflanzstädter der Macedonier und *) Bergt. XXXIX, 58. **) Oder Sillaces, wie ihn Plutarch, Appian und Orosius nennen. Oder Jchnä, wie Plutarch, Jschnä, wie Appian die Stadt nennt. In der Nähe des Euphrat, ron Alexander dein Großen erbaut, ist nicht zu verwechseln mit einem Nicephorium in der Nachbarschaft von Pergamus. 432 Cassius Dio's Römische Geschichte. der andern Griechen, welche mit Jene» den Feldzug gemacht, gingen, über den Druck der Parther erbittert, zu den Römern, auf die sie als auf Freunde der Griechen große Hoffnungen setzten, mit Freuden über. Nur^die Bewohner von Zenodolium luden Einige derselben, als wollten auch sie übertreten, zu sich ein, fielen, als sie in der Stadt waren, über sie her und machten sie nieder; wodurch sie sich denn die Zerstörung ihrer Stadt zuzogen. Sonst that oder litt Craffus hier keinen Schaden. Auch hatte er, wenn er das erste Feuer der Seinen und den Schrecken der Barbaren überall gehörig benutzt, im Lande überwintert und alle Punkte sorgfältig gesichert hätte, auf jeden Fall auch die übrigen festen Plätze diffeits des Tigris erobert: so übernahm er, nachdem er sov'el eineenommen hatte, als er im ersten Anlaufe bekam, weder auf die andern noch auf die schon eroberten weiteren Bedacht, sondern ließ, seines langen Aufenthalts in Mesopotamien überdrüssig und nach dem ruhigen Wohlleben in Syrien sich zurückwünschend, den Parlhern Zeit, sich zu rüsten und die im Lande zurückgelassenen Besatzungen zu beunruhigen. Dieß war der Anfang des Kriegs der Römer gegen die Parther. -ä. Sie wohnen jenseits des Tigris, meist in Burgen und kleinen Festungen, jedoch auch schon in Städten, unter denen Cteflphon die Residenz ihres Königs ist. Sie stammten von den alten Barbareuvölkern *) her und führten ihren Namen schon nnter der Herrschaft der Perser; damals be- *) Das Nähere über ihren Ursprung lese man in Justin. Xlst, 1. 433 Vierzigstes Buch. «vhnten sie jedoch nur einen kleinen Landstrich, und hatten ihr Gebiet noch nicht über ihre Grenze erweitert. Als aber nach dem Sturze des Perserreichs die Macht der Macedonier aufblühte, als Alexanders Nachfolger, unter sich entzweit, einander ihre Länder entrissen, und eigene Reiche gründeten, traten sie unter einem gewissen Arfaees, von welchem ihre folgenden Könige Arsaciden genanrt wurden, auf, und waren so glücklich, das ganze La d umher zu erobern und Mesopotamien als eine Statthalterschaft zu besetzen. Ihr Ruhm und ihre Macht stiegen endlich zu solcher Höhe, daß sie es im Kriege s selbst mit den Römern aufnahmen und ihnen, wie man glaubt, bis auf den heutigen Tag das Gleichgewicht halten. Sie sind allerdings gute Krieger, haben aber noch größeren Ruhm dadurch erlangt, daß sie, obgleich sie den Römern noch «irgends Land abgenommen, vielmehr einiges von dem ihrigen an sie verloren haben, doch noch nie unterjocht worden sind, sondern noch jetzt, so oft sie mit uns zu thun haben, sich mit Auszeichnung schlagen. >5. Ueber ihren Ursprnng, ihr Land und ihreleigen- thümlichcn Sitten und Gewohnheiten haben Diele geschrieben, und ich bin nicht gemeint, dasselbe zu thun. Ihre Bewaffnung und ihre Art Krieg zu führen aber erfordert, als in meine Geschichte gehörig, nähere Beleuchtung. Sie bedienen sich keiner Schilde und ziehen als Bogenschützen und Lanzenträger, zu Pferd, meist bepanzert, in das Feld. Ihr Fußvolk ist nicht zahlreich und von weniger Belang, es besteht gleichfalls aus lauter Bogenschützen. Von Kindesbeinen auf üben sie sich und werden für Beides durch Himmel und Land gleich begünstigt. Ihr Land, meist eben, 434 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. , eignet sich aufs Beste nicht allein zur Zucht, sondern auch zum Gebrauche der Pferde. Ganze Heerden führe» sie in den Kriegen mit sich um nach Belieben zu wechseln, auS der Ferne eben so schnell anzusprengen, als plötzlich in große Weite sich zurückzuziehen. Der Himmel über ihnen ist sehr rrocken und ohne die geringste Feuchtigkeit, so daß er ihren Bogen die größte Spannkraft gibt, den höchsten Winter ausgenommen; rveßhalb sie auch in dieser Jahrszeit nie zu. Felde ziehen. Zu jeder andern Zeit hat man in ihrem, wie jedem dem ihrigen ähnlichen, Lande schweren Stand mit ihnen. Die brennendste Sonnenhitze hat sie die Gewohnheit ertragen gelehrt; gegen den Mangel an Wasser und dessen schwierige Herbeischaffnug haben sie viele Mittel erfunden, so daß es ihnen schon dadurch leicht wird, die in ihr Land einfallenden Feinde abzuwehren. Auch außerhalb desselben und über dem Enphrat hatten sie schon mit Erfolg gekämpft und Einfalle gethan; aber einen anhaltenden Krieg mit gleichem Nachdruck ununterbrochen -) fortzuführen vermögen sie nicht, j wenn sie sich in eine von ihrem Lande und Himmel so ganz ^ verschiedene Lage versetzt sehen, wohin sie weder Mundovr- rath noch Sold in gehörigem Maße beizubringen **) verstehen. So viel von den Parthern selbst. Lch lese mit Reiste und Sturz «Ticrvni xcri ötcr(ixwg' statt «ncrvrrxcc xcri wie im Terte steht. *') Nach dem Vorschlage Reimarus übersetze ich als hieße es: «ircrorw/iLNor xai st. <7. ,u. zucrA» na?«crxkvt)p irolLMi'or. Die letzte Sylbe von «7t«(>rMzlLN0t ging i in dem ähnlichen darauf folgenden verloren. I Vierzigstes Buch. 435 i6> Als Eraffus, wie schon erwähnt, in Mesopotamien eingefalln', war, schickte OroLcs an ihn nach Syrien Gesandte, ihn wegen seines Einfalls zur Rede zu stellen und um seine Beweggründe zu dem Kriege zu befragen, auch schickte er nach den eroberten oder abgefallenen Platzen den Snre- va -) mit einem Heer. Er selbst gedachte in das ehemals dem Tigrancs gehörige Armenien zu ziehen, damit sein dcrmali- ger König, .Artabazes, Sohn des Tigranes, für das eigene Reich besorgt, den Römern keine Hülsstruppen schicke. Cras- sus erwiederte, er würde ihm in Selcucieu, einer Stadt Mesopotamiens, die noch jetzt grvßtentheils von Griechen bewohnt wird, die Beweggründe zum Kriege nahmhaft machen. Da sprach denn Einer der Parther, mit den Fingern dec rechten Hand in die linke schlagend: „Eher werden hier Haare wachsen, als dn nach Seleucia kommen wirst." r?. In dem Winter, in welchem Cnens Calvinus und Dalerius Meffala Consuln waren sn. E. R. 701s ereigneten sich in Rom selbst viele Wnnderzeichen. Man sah nämlich Eulen und Wölfe, und die Hunde liefen beulend durch die Stadt, auch schwitzten Bildsäulen oder wurden sie vom Blitze getroffen. Mit Besetzung der Aemter kamen sie wegen Zänkereien, hauptsächlich aber wegen der Auspicken und Himmelszeichen erst im sicbemen Nonare zu Stand. Indessen *) Sure na scheint der Amtsname beS jemaügcn Parthischcn Oberfeldherrn gewesen zu seyn. wie das Türkische Groß- v ez i e r. Der hier genannte Snrena scheint M onäses geheißen zu habe». S. chvraz Ld. >!!, 6, 9 . und die Ausleger zu jener Stelle. 436 Cassiu< Dio's Römische Geschichte. ersah man nicht deutlich, worauf sie hinwiesen. Denn in der Stadt selbst war es unruhig, auch hatten die Gallier sich wieder gerührt, und mit den Parthern war man, man wußte selbst nicht wie, aufs Neue zerfallen. Desto deutlicher und unverkennbarer waren sie bei Crassus, als er au der Stadt Zeugma (denn so heißt der Ort seit Alexanders Feldzug, weil er daselbst übersetzte) über den Euphrat ging. >8. Der sogenannte Adler (ein kleiner Tempel, in welchem ei» vergoldeter Adler sitzt, er befindet sich bei allen ordentlich ausgehobenen Legionen und kommt nie aus dem Winterlager, wenn nicht das ganze Heer ausrückt; ein Mann trägt ihn auf einer langen Stange, die in einen spitzigen Schaft ansläuft, so daß sie in den Boden gesteckt werden kann) — von diesen Adlern nun wollte einer damals nicht mit ihm über den Euphrat gehen, sondern hielt, wie angewachsen, in dem Boden, bis Viele sich herumstellten und ihn mit Gewalt herauszogen. Er folgte ihm also wider seinen Willen. Auch eine der großen segelähnlichen Fahnen, worauf der Name des Heeres und des Oberselbherrn in rothen Buchstabe» steht, fiel, von heftigem Winde umgerissen, von der Brücke in den Fluß. Crassus ließ nun attch die andern von gleicher Länge, um sie kürzer und zum Tragen bequemer zu machen, abnehmen und vermehrte so die Wun- derzeichen. Beim Uebergang über den Fluß selbst umfing die Soldaten ein solcher Nebel, daß sie über einander fielen und Nichts vom feindlichen Lande sahen, bis sie den Fuß daraus setzten; auch waren die Opfer für den Uebergang und die Betrctnng des jenseitigen Ufers äußerst ungünstig. Es erhob sich ein heftiger Wind unter Blitzen; — die Brücke Vierzigstes Buch. 437 ging auseinander, ehe noch alle hinüber waren. Da diese Vorfälle selbst den Einfältigsten nnd Unverständigsten belehren mußten, das; sie schlimm wegkommen und nicht zurückkehren würden, so herrschte große Furcht und Niedergeschlagenheit in dem Heere. rg. CraffuS erklärte, um ihnen Muth zu machen: „Erschreckt nicht, Soldaten, daß die Brücke zu Grunde gerichtet ist, und glaubt nicht, daß dieß Unglück bedeute; denn ich schwöre euch, daß ich den Rückweg über Armenien zu nehmen beschlossen habe." Damit ermuthigte er sie wieder, als er aber mit erhobener Stimme weiter sprach: „Seyd getrost; denn Keiner von uns wird auf diesem Wege zurückkehren!" glaubten die Soldaten hierin eine weitere Vorbedeutung zu vernehmen, verfielen in noch größere Muthlosig- keil und horten nicht mehr auf seine übrigen Ermunterungen, und daß er die Barbaren verächtlich machte, die Macht der Römer pries, ihnen Schätze und Ehrcnbelohnuugen versprach. Sie folgten ihm jedoch, ohne sich durch Worte oder That zu widersetzen, war es nun aus (gehorsam gegen die Gesetze, oder weil sie so bestürzt waren, daß sie sich weder rathen noch helfen konnten. Auch in allem Andern waren sie, wie von einer Gottheit dem Verderben geweiht, an Geist und Körper gelähmt. -o. Am Empfindlichsten schadete ihnen der Osroöne Ungarns»), der, unter Pompejus den Römern verbündet, jetzt ») Bei Appian heißt er Abgarus, ein Stammeshaupt ter Araber: bei Plutarch Ariamnes. Dio Sassius. ls Bdchu. 6 ' 458 Cassius Dio's Römische Geschichte. die Partei der Barbaren ergriff. Ein Gleiches that zwar auch der Araber Alchaudonius, der immer auf die Seite des Stärkeren trat; allein Dieser fiel öffentlich ab, so daß man vor ihm auf der Hut seyn konnte. Angarus dagegen hielt es mit den Parthern, und gab sich doch für einen Freund des Craffus, schoß ihm reiche Geldsummen, vor und entlockte ihm seine Plane, um sie Jenen zu verrathen. Faßte Jener einen vernünftigen Entschluß, so brachte er ihn davon ab, und trieb ihn zu nachtheiligen an. Zugleich that er Folgendes: Craffus wollte sich gegen Srleucia ziehen, wohin er längs dem Euphrat und jenseit desselben nist Heer und Ge- ^ päck sicher zu kommen dachte, und von dieser Stadt aus, deren Bewohner er als Hellenen leicht zu gewinnen hoffte, ^ ohne Mühe nach Ctesiphon übersetzen. Diesen Plan redete ! er ihm, als zeitverderblich aus, und rieth ihm, dem Suren«, der mit wenig Leuten in der Nähe stünde, ein Treffen zu i liefern. -i. Nachdem er hierauf dem Einen Verderben, dem Andern den Sieg bereitet hatte (denn er nahm unter dem Vorwande der Kundschaft beständige Rücksprache mit dem ^ Suren«) führte er die Römer, die sich zu nichts Argem I versahen, wie zum gewissen Siege aus und siel dann in der Schlacht selbst mit Jenem über sie her. Dieß geschah auf folgende Weise: die Parlher rückten, nachdem sie den größer» Theil ihres Heers in der unebenen und mit Bäumen bewachsenen Gegend versteckt hatten, gegen die Römer an. Als sie Craffus, nicht der Vater, sondern der Sohn, welcher zu Jenem aus Gallien gekommen, ansichtig ward, hoffte er mit ihnen allein leichte Arbeit, sprengte mit der Reite-- 43S Vierzigstes Buch. rei,auf sie an, verfolg» sie, die geflissentlich flohen, als Sieger und kam zu weit von dem Fußvolke ab. Er ward umringt und zusammengehauen. Trotz diesem Verluste wandte sich das Römische »Fußvolk nicht zur Flucht, sondern drang, sden Craffus zu rächen, lebhaft auf die Parlher ein, richtete aber gegen die Menge, wegen ihrer Kampfweise und der Verrätherei des Augarus, nichts von Belang. Denn drängten sie sich mis den Schilden aneinander, um durch Schließung der Glieder sich gegen die feindlichen Pfeile zu decken, so griffen sie die Lanzcnträger ungestüm an, warfen sie zu Boden, oder zersprengten sie zum wenigsten; traten sie auseinander, um Diesen zu begegnen, so- waren sie den Pfeilen ausgesetzt. So kamen denn Viele bei dem Angriffe der Lanzcnträger in Unordnung und wurden getödtet; Diele wurden von den Reitern abgeschnitten und niedergemacht, Andeie von den Lanzen zu Boden geworfen, oder gespießt und fortgeschleppt. Die Pfeile in dichtem Hagel von allen Seiten zugleich auf sie herschickend , streckten Viele tödlich verwundet danieder, oder machten sie zum Kampfe untüchtig und hielten Alle in Athem, da sie ihnen nach den Augen, den Händen und den übrigen Körpertheilen flogen und selbst durch Schild und Rüstung drangen, ihnen jeglichen Schutz raubten und sie beständiger Verwundung aussetzten. Während Einer einem Pfeile aus- wich, oder den steckenden auswg, ward er immer wieder aufS Neue verwandet. Sie wußten nicht; ob sie sich bewegen, oder ruhig stehen sollten; das Eine sicherte sie so wenig alL das Andere, Beides ward verderblich, das Eine konnten sir nicht und im andern Falle wurden sie leichter verwundet. 440 Cassius Dio'S Römische Geschichte. -L. Solches erlitten sie allein von den offenen Feinden; denn Augarus griff sie nicht sogleich an. Als aber auch erste anfiel-, da hieben die Osroenen von hinten anf die Abgekehrten ein und erleichterten den Andern das Niedermenel». Denn um sich Jenen Stirn legen Stirn zu stellen, gaben sie sich von Hinren den Parthcrn blos. Sie mußten sich jetzt wieder gegen Diese, dann gegen Jene, und wieder ge.cn Diese wenden. Durch solche beständige Wendungen nach dieser und nach jener Seite, da sie genöthigt »Laren, sich immer wieder dahin zu kehren, woher sie verwundet wurden, erriethen sie noch mehr in Verwirrung, rannten einander in die Schwerter und kamen durch sich selbst um. Endlich geriethen sie so in's Gedränge, daß sie gegen die unaufhörlichen Angriffe der Feinde von allen Seilen ihre Blößen hinter den Schilden ihr^r Nebenmänner decken mußten und sich nicht mehr rühren konnten. Allein der Menge der Todten wegen vermochten sie auch so nicht festen Stand zu halten nid stürzten über Diese hin. Die Hitze und der Durst (es war Mitte Sommers und hoher Mittag) quälten die klebrigen so furchtbar, daß Viele unverwnndet schon hier zusammenstürzte». 2s. Sie wären auch Alle bis auf den letzten Mann Umgekommen, wenn nicht die Lanzen der Barbaren sich verbogen härten', oder zerbrochen wären und die Bogensehne» durch das beständige Schießen zerrissen, die Pfeile verschossen , die Schwerter abgestumpft und vor allem die Käwpfen- den selbst vom Morden ermüdet worden wären. So biach die Nacht ein, sie hatten noch einen weiten Weg zum Reiten und zogen ab. Denn' nie lagern sie in der Nähe selbst Vierzigstes Buch. 44 L der schwächsten Feinde, weil sie sich nicht verschanzen und, im Finsteren angegriffen, mit ihren Pferden und Pfeilen Nichts ausrichten können. Sie nahmen jedoch damals keinen einzigen Römer gefangen. Denn da sie Dieselben noch in den Waffen dastehen und keinen diese wegwerfen oder fliehen sahen, glaubten sie dieselben noch einigen Widerstandes fähig und schenken sich, sie weiter anzugreifen. -5. So zog Ccassns nebst den Andern, die es noch vermochten, nach Carrä *) > da) die daselbst zurückgebliebenen Römer beseht hielten. Viele Verwundete, die weder gehen noch Wagen oder Führer bekommen konnten, (denn die klebrigen waren froh, sich selbst davon zn schleppen) blieben auf dem Schlachtfelde zurück. Einige derselben starben an ihren Wunden, Andere todtsten sich selbst, die klebrigen wurden mit leichter Mühe gefangen genommen "). Von den Gefangenen kamen Viele unterwegs, da ihre Kräfte versagten, Viele auch später um, weil sie nicht im Augenblicke die erforderliche Pflege fanden. CrassnS war dergestalt entmuthigt, daß er sich nicht einmal in der Stadt sicher glaubte, sondern auf plötzliche Flucht sann. Weil es ihm aber nicht möglich war, bei Tage unentdeckr davon zu kommen, versuchte er bei Nacht zu entfliehen; allein der Vollmond verrieth ihn, und er konnte den Feinden nicht entwischen. Sie erwarteten also mondlose Nächte und brachen auf; allein in der Finsterniß, in einem fremden und noch *) Stadt in Mesopotamien. Vergl. Lucan's Pharsal. I, 10L- Nach Appian wurden zwanzig tausend Römer getödtet und zehn tausend gefangen genommen. 442 Cassius Div's Römische Geschichte- dazu feindlichen 8ar.de, unter Furcht und Angst, verloren sie einander. Ein Theil wurde bei Tagesanbruch gefangen und niedergemacht; ein anderer aber rettete sich mit dem Quästor Cassius Lvnginus nach Syrien. Andere flohen mit Crassus selbst nach den Gebirgen, und wollten über dieselben nach Armenien entkommen. ,6. Als der Snrena Dieß erfuhr und fürchtete, sie möchten, wenn sie jetzt entkämen, von Neuem Krieg ansausen, wagte er zwar nicht, sie auf den der Reiterei unzugänglichen Höhen anzugreifen (denn außerdem, daß sie Schwerbewaffnete waren und den Vortheil der-höheren Stellung hatten, würdcn sie auch mit einer gewissen Tollkühnheit der Verzweiflung gefochten haben), ließ ihnen aber unter der Bedingung, daß sie das ganze Land jenseits des Euphrat räumen wollten, Frieden anbieten. Crassus traute -ihm unbedenklich; denn, in höchster Furcht und Bestürzung, über sein eigenes und des Startes Unglück, der Besinnung beraubt und gewahrend, daß die Soldaten zu dem weiten und beschwerlichen Marsche keine Lust hatten und sich vor Orodes fürchteten, konnte er nicht mehr, Was Noth that, in Obacht nehmen. Als er sich zu dem Frieden bereit erklärte, wollte der Snrena denselben nicht durch Andere schließen, sondern ließ ihm, um ihn mit Wenigen abzuschneiden und in seine Gewalt zu bekommen, sagen, er müßte mit ihm selbst Abrede nehmen. Sie'kamen überein, auf dem zwischen beiden Heeren liegenden Platze mit der gleichen Anzahl Leute zusammenzutreten. Crassus zog mehr in die Gbene hinab und der Suren« schickte ihm, damit er schneller ankäme, ein Pferd zum Geschenk. 443 , Vierzigstes Buch. -7. Als Crassus zögerte und überlegte, Was er thun sollte, ergriffen ihn die Barbaren , und setzten ihn mit Gemalt auf das Pferd. Die Römer wollten es wehren und wurden handgemein; anfangs blieb der Kampf unentschieden, als aber Mehrere der Barbaren herbeieilten, bekamen die Barbaren die Oberhand. Denn; weil Diese auf der Ebene standen und darauf vorbereitet waren, kamen sie den Römern anf der Höhe zuvor. Sie fielen und mit ihnen Crassus, entweder durch Einen der Seinen*), damit er nicht lebendig gefangen würde, oder durch die Feinde, nachdem er bereits schwer verwundet war. Ein solches Ende nahm Crassus, und die Parther goßen ihm, wie wenigstens Einige erzählen , zum Höhne Gold in den Mund, denn so sehr war er, der reichste Mann, auf das Geld erpicht, daß er Alle als arm beneidete, die nicht aus eigenen Mitteln ein Heer **) unterhalten könnten. Seine Soldaten entkamen zum grüßten Theile in Freundesland, ein Theil aber fiel den Feinden in die Hände. -8. Die Parrher rückten aibrigens nicht weiter als bis zum Euphrat vor sJ. d. St. 70-j, und begnügten sich, das diffeits gelegene Land wieder zu erobern; später fielen sie, jedoch in kleiner Anzahl, in Syrien ein, weil sie daselbst weder einen Feldherrn noch ein Heer erwarteten; weßhalb sie denn Cassius, ihrer geringen Anzahl wegen, mit leichter *) Nach Apxian bieg sein Mörder Maral hres, nach Ptn- tarch P ro marä t h re s. *') Nicht blos eine Legion, wie die tat. Ueberseyung sagt. Bergt. Lw. sto olLo, I, 8. 444 Cassius Dio's Römische Geschichte. Mühe zurücktrieb. Dieser hatte nämlich den ihm in Carrä aus Haß gegen Crassus von den Soldaten angebotenen und später von Diesen selbst wegen der Größe der Verluste gem überlassenen Oberbefehl nicht angenommen; ^eyt aber übernahm er notgedrungen für den Augenblick und die nächste Zukunft die Verwaltung Syriens. Die Parthsr nämlich ließen noch nicht ab, sondern zogen mit einem stärker« Heere dem Namen nach unter Pacorns, dem Sohne des Orodes, in der That aber (da Jener noch Knabe war) unter der Anführung des Osaccs, wider dasselbe zu Feld und drangen bis Anliochien vor, indem sie Alles umher sich unterwarfen. Sie hatten Hoffnung, auch des klebrigen sich zu bemächtigen , da die Römer nicht so viel Truppen daselbst hatten, nm sich mit ihnen messen zu können, und das Volk ihrer Herrschaft müde, sich ihnen, als Nachbarn und Leuten gleicher Lebensart, geneigt bezeigte. 29. Als sie vor Anliochien Nichts richteten, (denn Cassius schlug sie muthig zurück, und sie selbst waren nicht im Stande, einen Ort zu belagern,) wandten sie sich gegen Antigonia *). Weil aber die Umgegend der Stadt mit Bäumen bewachsen war, und sie in dieselbe nicht eindringen konnten, oder es nicht wagten, so beschloßen sie, die Bäume umzuhauen und den ganzen Platz zu lichten, um dann getrost und sicher einen Angriff auf die Stadt selbst zu thun. Weil sie aber auch Dieß nicht zu Stande brachten, (da es eine *) Antigonia war von Antigonus vierzig Stadien von An- tiochien am Flnsse Orontes erbaut und bald darauf von Seleucus zerstört, später aber wieder aufgebaut worden. 442 Vierzigstes Buch. nicht geringe Arbeit war, und die Zeit^ unnütz vergeudet wurde, auch Cassius ihre zerstreuten Streifpartieu beunruhigte) zogen sie ab und wollten anderswo ihr Heil versuchen. Mittlerweile hatte Cassius auf dem Wege, den sie nehmen mußten, einen Hinterhalt gelegt, zeigte sich hier mit Wenigen, und verlockte sie zum Nachsetzen, wo er sie umringte und unter Andern auch den üsaces niedermachte. Nach Dessen Tode räumte Pacorus ganz Syrien und wagte keinen Einfall mehr in dasselbe. äo. Zugleich mit dessen Abzüge langte auch Bibulns als Statthalter Syriens an; obgleich man, um die Unordnungen bei den Aemterbewerbungen zu verhüten, beschlossen hatte, daß kein Prätor oder Consul weder sogleich noch vor den nächsten fünf Jahren in die auswärtigen Provinzen gehen sollte. Bibulns fJ. k. St. 7«;) hielt das den Römern unterworfene Land in Ruhe und hetzte die Parlher selbst wider einander auf. Denn er gewann einen Satrapen Or- nodapantes, der mit Orodes unzufrieden war , und vermochte ihn durch Unterhändler den Pacorus auf den Thron zn setzen, und gegen Jenen mit ihm zu Felde zu ziehen. So endigte denn dieser Krieg der Römer mit den Partbern im vierten Jahre nach seinem Anfang unter den Consuln Marcus Mar- cellus und Sulpicius Rufus sn- R. E. Z>. In derselben Zeit sn. R. E. 700) bezwäng Cäsar die empörten Völkerschaften Galliens in mehrern Schlachten, indem er theils selbst, theils durch seine Untcrbefehlshaber viele Thaten verrichtete, von denen ich jedoch blos die merkwürdigsten berichten will. Ambiiorir hatte sich mit den Trevercrn, welche den Tod des Judutiomarns rnoch immer 446 Cassrus Dio's Römische Geschichte. nicht verschmerzen konnten, vereinigt, zog daselbst große Streikkräfte zusammen und nahm auch von den CelteuTruppen in Sold. Um sich nun mit Diesen vor der Ankunft Jener zu schlagen, fiel Labienus in das Land der Trevirer ein. Als sie sich aber nicht zur Wehr sehten, sondern die Hülfsvölker erwartend, hinter einem Flusse, der sie von den Römern trennte, hielten, berief er seine Soldaten und hielt eine Rede, die dem Scheine nach chen Seinen Furcht, Jenen aber Muth ') einflößen sollte. Sie müßten, sagte er, bevor noch die Celten zu Hülfe kämen, sich zu Cäsar und in Sicherheit zurückziehen, er werde ihnen sogleich das Zeichen zum Aufbrnche geben. Nicht lange darauf brach er auf, und Was er erwartete, traf ein. Als die Barbaren Dieß hörten (sie waren nämlich sehr wachsam auf ihn, und er hatte deßhalb sehr laut gesprochen), so glaubten sie wirklich, daß er sich fürchte ") und zu fliehen gedenke. Sie setzten eiligst über den Fluß und zogen ihm aufs Schleunigste »ach. Labienus überfiel die Zerstreuten, brachte die Vordersten in Schrecken und jagte schon durch sie die Andern in die Flucht. Da sie nun in Verwirrung flohen, über einander fielen und sich nach dem Flusse drängten, tödtete er Viele. L-. Dennoch entkamen Viele, aber Cäsar achtete darauf nicht; die Aufsuchung und Verfolgung des Ambriorir dagegen, der bald dahin, bald derthin entfloh und überall vielen Schaden that, machte ihm viel zu schaffen. Er konnte seiner auf keine Weise habhaft werden, gegen die Celten *) Nach Reimarus Ergänzung mit Sturz: **) Ich lese mit Reiste und Sturz: öeötLvae statt ötieuae. 447 Vierzigstes Buch. aber, weil sie den Trevirern zu Hülfe gekommen', zog er zn Felde, jedoch auch dießmal ohne Etwas auszurichten, weil er sich aus Furcht vor den Sueven- sogleich wieder entfernte. So hatte er den Ruhm, zum zweitenmal über den Rhein gegangen zu seyn; die Brücke brach er blos da ab, wo sie an's feindliche Ufer stkeß, und baute einen Thurm auf derselben, als ob er noch öfter übersetzen wollte. Ergrimmt, daß Ambriorir ihm überall entrann, gab er dessen Vaterland, obgleich ys ruhig- geblieben, der Plünderung Preis und ließ es vorher öffentlich bekannt machen, damit sich recht Viele dazu einfinden möchten. So machten sich denn viele" Gallier, anch viele Sicamberu, über die Beute her. Letztere I aber begnügten sich nicht, Jener Land zu plündern, sondern gingen auf die Römer selbst los. Sie ersahen die Zeit, wo sie auf Fütterung aus waren, überfielen ihr Lager, und töd- teten, als Jene auf die Nachricht davon herbeieilten, Viele derselben. Aus Furcht vor Cäsar zogen sie jetzt eiligst jiu ihr Land ab; wegen des Winters und der Unruhen in Rom «ahm Dieser sogleich dafür Rache an ihnen. Er entließ nun seine Soldaten in die Winterquartiere, er selbst aber begab sich nach Italien, vorgeblich wegen des disseiligcn Galliens, , im Grunde aber, um Das, was in der Stadt vorging, mehr in der Nähe beobachten zu können. ZZ. Während dessen s7o,Z fingen die Gallier von Neuem Unruhen an. Die Arverner nämlich empörten sich unter Anführung des Vercingetorir und machten alle Römer, die sie in den Städten und auf dem Lande fanden, nieder; darauf wandten sie sich gegen die Bundesgenossen und behandelten die zum Aufstande Geneigten freundlich, die klebrigen 448 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. als Feinde. Auf die Kunde davon kehrte Cäsar zurück und traf sie im Lande der Bituriger, in welches sie eingefallen; zwar konnte er ihnen, weil er seine Soldaten noch nicht alle beisammen hatte, nicht zu Hülfe kommen, fiel aber selbst in das Arvernische ein und nöthigte so die Feinde heimzukehren; er zog jedoch vorher ab, weil er sich ihnen noch nicht gewachsen glaubte. Lä. Sie kehrten daher von Neuem in das Land der Bituriger zurück, eroberten die Stadt Avaricnm und hielten sich lange darin. Von den Römern später innerhalb deren Manern belagert, welche auf der einen Seite ein unzugänglicher Sumpf, auf der andern ein reißender Strom umgab, schlugen sie bei ihrer großen Anzahl die Angriffe derselben mit Leichtigkeit ab und fügten ihnen durch Ausfälle großen Schaden zu. Zuletzt brannten sie Alles in der Umgegend, nicht nur Felder und Dörfer, sondern auch Städte, die den Römern einigen Vorschub thun konnten, ab und plünderte», Was jenen aus der Ferne von den Bnndes- geuvffen zugeführt wurde; so daß die Römer dem Scheine nach Belagerer, in der That die Belagerten waren, bis ein heftiger Platzregen und ein starker Wind (denn der Winter brach einigste beim Angriff überfiel und in ihre Zelte zurücktrieb und darauf auch die Barbaren in ihre Häuser verschloß. Als sie die Brustwehren verlassen, griffen die Römer, weil fle unvertheidigt waren, plötzlich von Neuem an und eroberten sogleich einen Thurm, ehe noch die Feinde ihre Anwesenheit inne wurden; darauf gewannen fle ohne viel Mühe auch die klebrigen; plünderten die ganze Stadt und ließen, erbittert über die lange Belagerung und die Vierzigstes Buch. ausgestandene Noth, die ganze Bevölkerung über die Klinge springen. 55. Hierauf unternahm Cäsar einen Feldzng in ihr Land. Da aber die übrigen Arvcrner, von dem Kriege bedroht, die Brücken, über die er gehen mußtet vorher besetzt hatten, so zog er, wegen eines Uebcrgangspunktes verlegen, eine lange Strecke längs dem Ufer hin, um vielleicht eine Stelle zu finden, wo er ohne Brücke über den Fluß gehen könnte. Als er darauf .an einen wald'igen und schattigen Play kam, ließ er das Gepäck und den größer» Theil des Heers vorausgehen, mit dem Befehle, den Zug so weit als möglich auszudehnen, damit es den Anschein hätte, als ob sie Alle des Weges kämen ; er selbst blieb mit den stärksten seiner Leute zurück, fällte Holz, baute Flöße, und setzte auf ihnen über den Fluß, indeß die Barbaren die Voransziehenden bewachten und den Cäsar unter ihnen vermutheten.. Sodann rief er in der Nacht Diese zurück, setzte sie gleichfalls über und bemächtigte sich des Landes; die Einwohner aber waren nach Gvrgothyia ') geflüchtet, und hatten ihre beste Habe dahin gebracht, wo er sich viele vergebliche Mühe mit ihrer Belagerung gab. 56. Die Beste lag nämlich auf einem von Natur feste» Hügel, und war noch durch starke Mauern gesichert. Zudem hielten die Barbaren alle Anhöhen umher besetzt, so daß sie nicht nnr sicher an Ort und Stelle bleiben konnten, sondern auch meist mit Vortheil Ausfälle machten. Cäsar nämlich stand, da er sich keines festen Punkts bemächtigen konnte, auf der *) Oder Gergobia, Gergvvia. 450 Cassius Dio'F Römische'Geschichte. Ebene und wußte *) nicht voraus, was sie vorhatten, die Barbaren aber, im Besitze der Anhöhen, sahen in sein La- ' ger herab, konnten den geeigneten Zeitpunkt zum Angriffe wählen und waren, wenn sie sich auch irgendwo zu weit vorgewagt, doch wieder bald innerhalb ihres Bereichs. Die Römer dagegen konnten sich auf keine Weise in die Weite eines Stcinwurfs oder Weitschusses nähern. Als nun Cäsar die Zeit unnütz verstreichen sah und zwar nach mehreren Angriffen auf die Anhöhe, auf welcher die Stadt lag, einen Theil davon nahm und sich verschanzte, so daß er von dort aus die andern Theile leichter angreifen konnte, im Ganzen aber nichts gewann, überdieß viele Leute verlor und keine Hoffnung zu ihrer Eroberung hatte, die Aeduer aber inzwischen unruhig wurden, und bei seinem Zuge wider Diese der zurückgelassene Heertheil hart mitgenommen wurde, hob er die Belagerung auf. Anfangs waren die Aeduer dem Vertrage treu geblieben und hatten ihm Hülfe geschickt, hernach aber wurden sie von Andern und besonders von Litavicus wider ihren Willen zu Feindseligkeiten verleitet. Als Dieser sie auf keine andere Weise dazu bringen konnte, ließ er sich von ihnen, den Auftrag geben, dem Cäsar einige Hülfstruppen zuzuführen und zog auch wirklich aus, als wollte er es thun, schickte aber Reiter voraus, von denen Einige zurückkehren und berichten mußten, daß die mit ihnen Ausgeschickten und ") Wir lesen nach Leunclavs und Reimarus Vorschlag mit Sturz: xarsArwuro —statt ripo- Vierzigstes Buch. 4LL die andern bei den Römern Befindlichen, von denselben ergriffen und umgebracht worden wären. Jetzt suchte er die Soldaten durch eine dieser Kunde entsprechende Rede ncch mehr zu^erbittern; so daß sie nicht nur selbst abfielen, sondern auch die Andern zum Abfalle bewogen. Da jedoch Cäsar, auf die Kunde davon, die Aeduer, welche er bei sich hatte und umgebracht haben sollte, ihnen zuschickte, damit Alle sahen, baß sie noch am Leben wären, und mit der Reiterei nachkam, besannen sie sich eines Bessern und söhnten sich mit ihm aus. Z8. Als die Römer in Cäsars Abwesenheit einen neuen Verlust erlitten und darauf ganz von der Stadt abzogen, fürchteten die Anstifter des Aufstands und Diejenigen, welche den Neuerungssüchtigen Gehör gaben, ssie möchten darvb zur Strafe gezogen *) werden,j und singen neue Unruhen ani Auf die Nachricht davon baten die Aeduer im Lager des Cäsar um Erlaubniß heimzukehren, indem sie versprachen, Alles wieder zu beruhigen. So entlassen, kamen sie nach Noviodunum, wo die Römer ihre Kriegekasse, ihre Lebensmittel und viele Geißel hatten, machten die Besatzung, die sich dessen nicht versah, mit Hülfe der Einwohner nieder und bemächtigte» sich alles Dessen, was sie daselbst fanden. Auch verbrannten sie die'Stadt, damit sich die Römer derselben, weil sie bequem gelegen war, nicht als eines Stützpunktes im Kriege bedienen möchten, und versetzten auch die Ich übersetze nach dem Sinne der Worte, mit denen Reiste die hier befindliche Lücke ausfüllt. Sr liest nämlich xaxcr Lni r«ü irktSwrrllt. 452 Cassius Div's Römische Geschichte. übrigen Acduer in Aufstand. Cäsar wollte sv.ileich gegen sie zu Felde ziehen, wandte sich aber, vom Flnsse Liger gehindert, gegen die Cingonen; allein auch hier wolll' es ihm nicht glücken. Labienns eroberte aber die in der Segnana sScines liegende Insel, nachdem er die vor derselben auf dem Fest- lande stehenden Feinde besiegt, und auf vielen Seiten Strom auf- und abwärts, um nicht auf einem Punkte übersetzend Hindernisse zu finden, den Ucbergang bewerkstelligt harte. Zg. Ehe Dieß vorgefallen, hakte Vsrcingetorir, der den Cäsar, seiner Verluste wegen, weniger fürchtete, einen Zug in das Land der Allobroger unternommen und schloß denselben, auf dem Wege, Jenen zu helfen, im Lande der Se- ^ quaner, ein, brachte die Römer aber nicht nur nicht zu Schaden, sondern zwang sie im Gegentheil, weil sie an ihrer Rettung verzweifelten, zur Tapferkeit und unterlag durch zu großes Vertrauen auf seine Ueberzahl; wozu die Lettischen Bundesgenossen der Römer nicht wenig beitrugen, da i sie mit ihrem Ungestüm und ihren ungeheuern Körpern ihre ^ Kühnheit unterstützten und die sie umgebenden Reihen der ^ Feinde durchbrachen. Diesen Sieg benutzend schloß Cäsar die Fliehenden in Alesia ein und belagerte sie. ! go. Ehe sie indessen völlig eingeschlossen waren, entließ ^ Vercingetvrir die Reiter, theils aus Mangel an Futter für die Pferde, theils damit sie, in ihre Heimath zurückgekehrt, ! ihm Lebensmittel und Hülfe brächten. Als Diese aber zu lange ausblieben, und den Belagerten der Mundvorrath auszugehen anfing, trieb er Weiber und Kinder und Was sonst mcht wehrhaft war, aus der Sladt, in der eiteln Hoffnung, dir Römer würden sie als Bente betrachten und am Leben 473 Vierzigstes Buch. lassen, oder daß wenigstens die Uebrigen mit den Lebens- mitteln derselben sich länger halten könnten. Cäsar aber, welcher selbst nicht Lebensmittel geling hatte, nm noch Andere zn unterhalten und auch durch ihre Rückkehr den Mangel der Feinde zn vermehren hoffte (denn er erwartete, daß sie sie auf jeden Fall wieder aufnehmen würden), trieb sie Alle zurück. So kamen sie, zwischen Stadt und Lager, von keinem Theile aufgenommen, aufs Jämmerlichste nm. Zwar gelangten Reiter und andere Hülfsvölker nahe an die Stadt, wurden aber nach einem Reitertreffen mit Hülfe scher Celten) ') besiegt. Als sie darauf in der Nacht noch einmal versuchten, sich durch die Umschanzungen in die Stadt durchzuschlagen, litten sie großen Verlust; denn die Römer hatten an den der Reiterei zugänglichen Stellen verborgene Gruben gemacht, schlhige Pfähle daselbst eingeschlagen, und die Oberfläche dem andern Boden so gleich gemacht, daß Mann und Pferd unvorsichtig hineinstürzten und zu Grunde gingen. Doch ließen sie nicht eher ab, als bis sie in einem Treffen bei den Verschanzungen selbst nebst Denen, die aus der Stadt einen Ausfall machten, unterlagen, l Vercingetorir konnte, weder gefangen noch verwundet , entkommen; in Hoffnung aber, von Cäsars mit dem ! er einst in Freundschaft gestanden, Verzeihung zu erhalten, I kam er ohne vorherige Unterhandlung zn ihm und stand, wäh- *) Ich twersev« dir Stelle nach Lennclavs Ergänzung: ttliro- zicr/i« öt rcön rozitti'Mi' (LkFr«,') ssoizAkirc. Div Cassins. 4s Bdchn. 7 471 Cassius Dio's Römische Geschichte. reud Dieser auf dem Richterstuhl» saß, so plötzlich vor ihm; daß Einige in Schrecken gcriethen. Er war ein sehr großer Mann und nahm sich in den Waffen stattlich aus. Als nun Alle« schwieg, stürzte er, ohne ein Wort zu sprechen, die Hände gefaltet, auf seine Knie und flehte. Dieß stimmte, bei der Erinnerung an sein früheres Glück und den gegenwärtigen Anblick, die Andern zum Mitleid; Cäsar aber machte ihm gerade Dieß, worauf er seine Hoffnung auf Verzeihung baute, zum Verbrechen, und erklärte, daß die frühere Freundschaft sein jetziges Unrecht nur noch vermehre. Deßhalb versagte er ihm sein Mitleid, ließ ihn auf der Stelle in Fesseln legen und ihn, nachdem er ihn später im Triumphe aufgeführt, mit dem Tode bestrafen. Dieß geschah jedoch erst später. Jetzt unterwarf er sich die Einen derselben theils durch Vergleich, theils besiegte und unterjochte er sie. Denn die angrenzende» Celten sBelgens thaten ihm unter dem Atrebaten Commius lange Zeit Widerstand und lieferten mit unentschiedenem Glücke zwei Reitertrcffen; noch im dritten, an welchem auch daS Fußvolk Theil nahm, war der Erfolg anfangs ungewiß, bis die Reiterei ihnen unverhofft in den Rücken fiel und sie zum Weichen brachte. Nun verließen die klebrigen in der Nacht ihr Lager, steckten einen Walk, durch den sie kamen, in Brand und ließen ihre leeren Wagen zurück, um durch diese und das Feuer die Feinde aufzuhalten und selbst unangefochten zurückziehen zu können. Ihre Erwartung aber täuschte sie; denn die Römer setzten, sobald sie ihre Flucht inue wurden, denselben nach, und als sie an das Feuer kamen, löschte» sie es oder hieben die Bäume um. Ein Theil drang Vierzigstes Buch. 475 mitten durch die Flamme, holte sie unerwartet ein und machte Viele derselben nieder. -L. Dieß hatte zur Folge, daß sich ein Theil ergab; der Atrebate aber entkam und ruhte auch so noch nicht, sondern versuchte, den Labienus in einen Hinterhalt zu locken. In einem Treffen besiegt, lies; er sich zu einer Unterredung mit ihm bewegen; bevor man sich aber vereinigte, ward er von einem Römer verwundet, weil man nicht glaubte, daß ihm mit der Unterhandlung Ernst sey, entfloh und machte den Römer» von Neuem zu schaffen, bis er selbst, an einem glücklichen Erfolge verzweifelnd, Denen, die zu ihm hielten, unbedingte, und für sich (wie Einige berichten) unter der Bedingung, keinem Römer wieder vor Augen zu kommen, Verzeihung erwirkte. So kam es mit ihnen zum Frieden; die Andern ergaben sich entweder freiwillig, oder wurden durch Waffengewalt zur Unterwerfung gebracht; und Cäsar wußte durch Besatzungdn, Strafen, Brandschahungeü und Auflagen die Einen niederzuhalten, die Andern zu bezähmen. So wurden diese Kriege unter den Consuln Lucius Paulus und Casus Marcellus beigelegt sn. R. E. 70^.s. zs. Cäsar hätte nun wegen der Gallier und der ihm zum Oberbefehl bewilligten Zeit *) Gallien verlassen und nach Rom zurückkehren solle» ; denn seine Zeit war beinahe abgelaufen und der Krieg beendigt; so daß er keinen schicklichen Grund mehr hatte, die Entlassung der Legionen und die Nie- ") ckr war acht Jabr«. Statthalter von Gallien gewesen. Leral. XXXIX. 5;. 476 Cassius Dio's Römische Geschichte. derlegung des Oberbefehls zu verweigern. Weil aber die Stadt Parteien zerrissen, Crassus gefallen war, und Pompe- jus nach dreimaligem Consulat, und nachdem er die Verlängerung seines Oberbefehls in Spanien auf weitere fünf Jahre durchgesetzt, wieder hoch in Macht stand und nach dem Tode des Kindes, das noch allein ihre Freundschaft zusammenhielt, ihm nicht mehr befreundet war, besorgte er, er mochte, von seinen Soldaten entludst, seiner und seiner andern Feinde Willkühr preisgegeben seyn, und entließ sie nicht. z5. In denselben Jahren nämlich waren in der Stadt viele Uürnhen, besonders bei den Wahlen vorgefallen; so daß kaum endlich im siebente» Monate Calvinus und Mssala zu Consuln ernannt wurden sn. R. E. 701 s; und auch diese Wahl wäre nicht zu Stande gekommen, wenn nicht Qnintns Pompejns Rufus, obgleich Sylla's Tochtersohn und Vvlks- tribun, von dem Senate ins Gefängniß gesetzt worden wäre. Dieselbe Strafe wurde auch gegen alle Andern, die BöscS im Schilde geführt hatten, ausgesprochen, »nd Pompejns bevollmächtigt, wider sie einzuschreiten. Zuweilen mochten wohl auch die Vögel die Wahlen aufhalten und den Zwischen- könig nicht begünstigen; die Volkstribunen aber, welche die Verwaltung der Staatsangelegenheiten an sich rissen und die Festspiele statt der Prätvren selbst hielten, hatten die meiste Schuld bei Verhinderung der Wahlen. Dieß brachte auch den Rufns ins Gefängniß, und dieser ließ später den Aedil Favonius einer unbedeutenden Ursache wegen, um einen Gefährten seiner Schande zu haben, eben dahin führen. Außer andern Hindernissen, welche die Volkstriduren insgesammt den Wahlen in den Weg legten, schlugen sie auch vor, ä77 Vierzigstes Buch. stall der Consuln Kriegstribunen zu wählen, damit, wie früher, Mehreren die höchste Macht übertragen würde; als man aber nicht auf sie hörte, behaupteten sie, daß man dann wenigstens den Pompejus zum Dictator erwählen müßte, und hielten unter diesem Verwände lange Zeit die Wahlen hin. Denn Pompejus wär abwesend, und von den Anwesenden fand es Jeder gleich bedenklich, für die durch Sylla'ö Grausamkeit allgemein verhaßte Regicrungsform zu stimmet; und — aus Furcht vor Pompejus, — sie Diesem FU verweigern. ß6.. Als er endlich, obgleich ziemlich spät, in der Stadt erschien, schlug er freilich die ihm angebotene Dictatorwürde aus und ließ Consuln wählen; aber auch die s konnte» sich, wegen der durch beständige Mordthaten entstandenen Verwirrung keine Nachfolger geben, obgleich sie das Senakvrcn- gewand ablegten und in Rilterkleidern, wie es bei großen Unglücksfällen zu geschehen pflegte, den Senat versammelten. Sie faßten den Beschluß, daß Keiner nach der Verwaltung der Prätur oder des ConsulatS, vor Ablauf des fünften Jahrs, eine auswärlige Provinz erhalten sollte, um zu versuchen, ob nicht der Kampf um die Vhrenstcllen sich legen würde, wenn die Leute nicht sogleich zur Macht gelangten. Denn man kannte weder Ziel noch Maß, und kämpfte durch Bestechungen, noch öfter mit den Waffen, gegen einander, so daß selbst der Consnl Calvinus einmal verwundet wurde. -Weder Consuln, noch Prätore», noch Stadtpräfecten halten ihre Nachfolger; vielmehr herrschte in der Stadt die erste Zeit des Jahrs gänzliche Gesetzlosigkeit. 473 Cassius Dio's Römische Geschichte. 47. So geschah denn Nichts mehr in gehöriger Ordnung: der Markt, welcher sonst alle nenn Tage Statt fand, ward diesmal am ersten Januar gehalten. Weil man' dieß nicht für Zufall, sondern für eine Vorbedeutung hielt, beängstete es die Römer nicht weniger, als daß eine Eule in der Stadt gesehen ward, daß eine Bildsäule drei Tage lang geschwitzt, und ein feuriger Strahl von Süden nach Osten geschossen, daß ferner viele Blitze, viele Erdschollen, Steine, Scherben und Blut aus der Luft gefallen. Auch war, meines Erachten- , der im- vorigen Jahre gegen Ablauf desselben über den Serapis und die Jsts gefaßte Beschluß als nicht geringere Vorbedeutung anzusehen. Denn ihre auf Kosten Einzelner erbauten Tempel mußten auf Befehl des Senates niedergerissen werden; man machte sich überhaupt wenig aus denselben , und auch als ihre öffentliche Verehrung endlich durchgesetzt ward» durften ihre Tempel doch nur außerhalb der Stadtmauer errichtet werden. gg. Bei solcher Lage der Stadt, wo keine Verwaltung der Staatsangelegenheiten bestellt war sn. E. R. 70-i, fielen fast jeden Tag Mordthaten vor und die Wahlen kamen, obgleich die Bewerber nm die Aemter sich drängten und weder Geld noch Menschenblut deßwegen schonten, nicht zu Stande. Milo, welcher sich nm das Consulat bewarb, verwundet« den Clodius, welchen er auf der Appischen Straße traf, anfangs nur leicht, dann tödtete er ihn '), aus Furcht, Jener möchte Rache an ihm nehmen, und in Hoffnung, wenn ») Etwas Anders erzählt Apxian 6. Oiv. Il, 21 . den Verfall. Cicero kro Nil. 10. spricht als Milo's Adoocat. 47S Vierzigstes Buch. er alle seine Sklaven, die diesen Mord verübte», auf der Stelle frei lasse '), eher nach seinem Tode für den Mord, als für die Verwundung, wenn er am Leben bliebe, freigesprochen zu werden. Als Abends die Kunde davon in die Stadt kam , entstand große Aufregung. Die Parteien hatten Anlaß zu Krieg und Unfug, und selbst die Parteilosen, welche de» Clodius haßten, waren aus Menschlichkeit, und weil sie auch den Milo bei dieser Gelegenheit los werden wollten, gegen Diesen entrüstet. l«9- Diese Stimmung benutzten Rufus und Titus Mu- natius Plancus, um das Volk noch mehr aufzureizen. Gegen Tagesanbruch brachten Diese, damals Vvlkstribuneu, den Leichnam auf den Markt, legten ihn auf die Rednerbühur und zeigten ihn Allen; indem sie durch Worte und Gebärden den Eindruck »och zu erhöhen suchten. Die Menge ge- rieth durch Das, was sie sah und hörte, so sehr in Aufregung , daß sie sich an keine Religion mehr kehrte, und mit Verletzung aller Leichengebräuche, beinahe die ganze Stadt in Asche gelegt hätte. Denn sie hoben die Leiche des Clodius auf, trugen sie in die Curie und legten sie zurecht; hierauf thürmten sie von den Bänken einen Holzstoß auf und verbrannten sie sammt der Curie. Dieß thaten sie nicht in leidenschaftlichem Ungestüm, wie solches oft plötzlich die Menge ergreift, sondern aus vollem Vorbedachte; denn sie hielten noch um die neunte Stunde * **) mitten auf dem Markte bei Unter dem Vorwande ,.daß sie ihm sei» Lese« habe» schützen helfen," wie Asconins bemerkt. **) Bei i't)« supplire ich mit Loren; w.owu. da dies, der Zusammenhang fordert. Zwar ward das Mahl 480 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. noch rauchender Curie das Begräbnißmahl und wollten auch noch das Haus des Milo niederbrennen; doch ward es nicht verbrannt, da es von zu Vielen vertheidigt wurde. Bisher hatte sich Milo, wegen der Folgen seines Mords besorgt, verborgen gehalten, und wurdeX nicht blos von Leuten aus dem Volke, sondern auch von Rittern und Senatoren beschicht; nach diesen Voigängen aber hoffte er, daß sich der Unwillen des Senats auf die Frevelthat seiner Gegenpartei wenden würde. Die Senatoren hatten sich wenigstens noch am Abende deßhalb auf dem Palatinischen Berge versammelt und beschlossen, einen Zwischenkönig zu ernennen und Diesen , die Volkstribunen.. und außerdem den Pompejus mit Beschichung der Stadt zu beauftragen. Da trat er denn wieder öffentlich auf und bewarb sich, wie zuvor oder noch eifriger, um das Coüsnlat. 5o. Dieß führte zu vielen neuen Kämpfen und blutigen Auftritten, so daß der Senat seinen vorgenannte» Beschluß in Kraft setzte und -den Pompejns in die Stadt rief, ihn zu neuen Aushebungen ermächtigte und Trauer anlegte. Als er nicht lange darauf eintraf, versammelten sie sich außerhalb der Stadtmauer bei seinem Theater unter Bedeckung, beschloßen die Gebeine des Clodins zu sammelissund Fanstus, dem Sohne Sylla's, den Wiederaufbau der Curie zu übertragen; sie war zwar eigentlich die Hostilische, aber von Sylla umgebaut worden; deßwegen faßte».sie auch diesen Beschluß'und fügten ihm noch bei, daß sie nach ihrer Wieder- sonst erst am neunten Tage gehalten; die Menge setzte sich aber in diesem Falle über das Gebräuchliche weg. 48L Vierzigstes Buch. aufbauung Jenes Namen führen *) sollte. Als die Stadt in gespannter Erwartung war, Wer an die Spitze treten würde, und die Einen schrieen, man müßte Pompejus zum Dictator, die Andern, man müßte Cäsar, den das Volk seiner Thaten wegen so sehr verehrte, daß es deßhalb ein sechzigtagiges ") Dankfest verordnete, zum Consul erwählen: so kamen, aus Furcht vor Beiden, die andern Senatoren mit Bibnlus, welcher im Senate zuerst seine Meinung zu sagen hatte, dem Ungestüm der Menge zuvor und gaben dem Pompejus das Cvnsulat, um ihn nicht zum Dictator zu ernennen, und zwar ihm allein, um ihm nicht den Cäsar zum Amtsgenoffeu geben zu dürfen. So neu und beispiellos Dieß auch war, so schienen sie es doch nach richtiger Berechnung gethan zu haben. Denn da er weniger als Cäsar d e Gunst der Menge suchte, so glaubte sie ihn damit vollends ganz von dieser loszureißen und, für sich zu gewinnen. Und so kam es auch; denn durch das Neue und Unerwartete dieser Ehre aufgeblasen, kümmerte er sich nicht mehr um die Gunst der Menge, sondern that Alles, wie es dem Senat gefiel. 5,. Er wollte jedoch nicht allein Consul seyn; und wandte , mit der Ehre zufrieden, es dem Beschlusse nach sevn zu können, den Neid von sich ab, den er sich dadurch zugezogen hätte. Weil er aber fürchtete, Cäsar mochte, *) Mit Reim. und Sturz lese ich statt crTio/chc).^. ") Nach Cäsar, Gall. Krieg VlI, 90 . waren es blos zwanzig Tage. Wahrscheinlich soll es sixoor statt heißen, oder hat sich Div geirrt. 482 Cassius Dio's Römische Geschichte. durch die Begünstigung des Volks in die unbesetzte Stelle als Mitconsul gewählt werden, so leitete er es durch die Volkstribnnen ein, daß Jenem, damit er sich nicht für ganz Übergängen hielte und mit Recht darob aufgebracht würde,, erlaubt wurde, auch abwesend zu der gesetzlichen Zeit sich um das Consulat bewerben zu können. Er selbst aber nahm den Quintus Scipio, seinen Schwiegervater, obgleich er der Bestechung angeklagt war *), zum Amtsgenossen. Dieser war nämlich dem Geschlechte nach ein Sohn des Nasica, durch testamentliche Erbschaft aber in die Familie des Metel- lus Pins aufgenommen, und führte deßhalb den Namen derselben , vermählte seine Tochter mit Pompejus und erhielt dafür das Consulat und die Lossprechung von der wider ihn erhobenen Anklage. 5-. Ueberhaupt wurden Viele dieser Beschuldigung wegen vor Gericht gefordert, besonders weil durch die Gesetze des Pompejus die Gerichte zu größerer Strenge angehalten waren. Denn alle die Männer, aus denen man die Richter durchs Loos zu nehmen beschlossen, wählte er selbst und bestimmte die Anzahl der Rechtsanwalte für jeden Theil, damit die Richter nicht durch die Menge derselben beunruhigt und eingeschüchtert würden. Für den Ankläger setzte er zwei lind für den Beklagten drei Stunden fest. Weil *) Das Gesep cle ambitu das Pompejus als Consul durchgefeilt. versprach unter andern Bestimmungen Demjenigen Straflosigkeit. der einen Andern desselben Vergehens zu überweisen im Stande war (vergl. §ap. 52.). Dien that Memmius. einer der Berurtheilten. in Beziehung auf Scipio Metellus. S. Reimar. 483 Vierzigstes Buch. aber früher vielfacher Unfug auch damit getrieben wurde, Laß die Beklagten einige Lobredncr aufstellen durften, und sehr viele durch die Lobreden glaubwürdiger Männer der Strafe entkamen, machte er die. Abänderung, daß sich Niemand mehr in solchen Fällen dazu gebrauchen lassen dürfte. Dieß und Anderes wurde für alle Gerichte festgesetzt. Gegen die der Amtserkaufnng Schuldigen stellte er solche auf, die früher desselben Vergehen schuldig befunden worden, und setzte ihnen eine nicht unbedeutende Belohnung aus, denn wenn Einer zwei in gleichem, oder geringern, oder einen in höherem Grade Schuldigen, als er es selbst war, überführte, so ward ihm alle Strafe erlassen. 53. Unter vielen Andern, die dessen überwiesen wurden, war auch Plautius Hyphäus, der sich mit Milo und Seipio um das Consulat beworben hatte. Von den Dreien aber, die sich dessen schuldig gemacht, ward Jener allein verurtheilt. Auch Slipio ward von Zweien angeklagt, des Pompejus wegen aber nicht vor Gericht gestellt. Milo wurde dafür nicht vorgefordert, da Dieß gegen die Anklage wegen des Mords zn unbedeutend war.' Wegen des lehtern wurde er gerichtet und verurtheilt, ohne durch Gewalt etwas ausrichten zu können. Denn Pompejus hatte nicht blos die übrige Stadt mit Posten besetzt, sondern erschien selbst mit Bewaffneten bei dem Gericht. Als Einige darvi lärmten, beiahl er den Soldaten, sie mit der auergehaltenen, flachen Klinge vom Markte zu vertreiben. Als sie aber nicht wichen, und über diese Schläge, als geschähe es zum Spaß, ihren Spott hatten, wurden Einige verwundet und sogar getödtet. 484 Cassius Dio's Römische Geschichte. 5/>. Die Richter konnten sich nun ungestört versammeln; und Viele wurden wegen anderer Vergehen, wegen der Ermordung des Clodius aber Milo nebst Ander» verurtheilt, obgleich er den Cicero zum Vertheidiger hatte. Denn dieser Redner kam über den Anblick des Pvmpejus und der Soldaten, welche gegen die Gewohnheit das Gericht umgaben, so außer Fassung und in Furcht *), daß er von Dem, was er eigentlich sagen wollte, Nichts vorbrachte, die wenigen Worte aber, die er sprach, gleichsam auf der Zunge ersterben ließ und froh war, sich wieder davon machen zu dürfen. Die Rede, die man noch jetzt von ihm hat, als wäre fle damals für Milo gehalten worden, schrieb er später in Muße und bei ruhigerer Fassung. Auch erzählt man darüber Folgendes. Als der verbannte Milo diese Rede von ihm geschickt erhielt, schrieb er ihm dagegen: ,,es sey ein Glück für ihn, daß Cicero dieselbe nicht so vor den Richtern gehalten habe; denn hätte er ihn so vertheidigt, so würde er jetzt in Massi- lien, wo er in Verbannung lebte, keine so guten Seebarben speisen." Dieß schrieb er aber nicht , weil er mit seiner Lage zufrieden war (denn er ließ Nichts unversucht, um wieder nach Rom zu dürfen), sondern aus Spott über Cicero, daß dieser, wo es galt, nichts Erhebliches zu seiner Vertheidigung vorgebracht, hinterher aber eine nichts fruchtende Rede ausarbeitete und ihm zusendete, als ob fle ihm noch Etwas helfen könnte. *) Nach Asconius bätte ihn das Geschrei der Clodlaner geängstet, uud die Pomveianischen Soldaten wären ihm zu seinem -Lchuye aufgestellt gewesen. Vierzigstes Buch. 485 55. Milo ward also solchergestalt verurtheilt, das Gleiche widerfuhr dem Rufus und Plancus, sobald sie vom Amte tra ten, undmit ihueu noch vielen Anderen, wegen der Verbrennung der Curie; obgleich sich für Plancus, Pompejus selbst verwendete, ja sogar eine Schrift, die eine Lobrede und Fürbitte für ihn enthielt, an die Richter sandte; denn Marcus Cato, der mit unter den Richtern war, erklärte, er werde diesen Lvbredner durchaus nicht zur Umstoßung seiner eigenen Gesetze *) zulassen. Zwar stimmte er nicht selbst ab, weil ihn Plancus, der ein verdammendes Urtheil von ihm erwartete, sich verbat; nach den Gesetzen des Pompejus durfte nämlich jede der beiden Parteien aus der Zahl der Richter fünf ausschließen. Allein die andern Richter ver- urtheilten ihn; denn sie fanden es unrecht, nach Verurthei- lung des Rufus den Plancus, der dasselbe verschuldet, frei zu sprechen, und widersetzten sich, da sie den Pompejus sich für ihn verwenden sahen, demselben nur um so mehr, damit sie nicht ihm gegenüber mehr als dessen Sclaven denn als Richter erschienen. Auch jetzt benahm sich Cicero bei der Anklage gegen Plancus nicht besser, als bei Milo's Vertheidigung. Denn der Anblick des Gerichts war derselbe, und Pompejus ihm beidemal in Rath und That entgegen; wcß- halb er wieder nicht wenig gegen ihn verstieß. 56. Neben diesen Anordnungen erneuerte Pompejus auch das außer Anwendung gekommene Gesetz über die Wahlen , nach welchem die Bewerber um ein Amt nothwendig selbst in der Versammlung erscheinen mußten, und Niemand *) Pompejas hatte ja selbst die Lobredner aufgehoben s. oben. 486 Cassius Dio's Römische Geschichte. abwesend gewählt werden tonnte. Auch setzte er den kurz vorher gefaßte» Beschluß, daß Niemand nach seinem Abgänge von einem Staatsamte vor Ablauf des fünften Jahrs um eine Provinz loosen sollte, in Kraft. Trotz diesen Verordnungen entblödete er sich nichr, bald darauf für sich selbst Hispauien auf weitere fünf Jahre zn nehmen und dem Cäsar, dessen Anhänger sich darob unzufrieden bezeigten, zu erlauben, sich, dem Beschlusse gemäß, auch abwesend um das Consulat zu bewerben; indem er dem Gesetze beifügte, daß es nur Diejenigen sollten thun dürfen, denen es namentlich und ausdrücklich gestattet wurde; Dieß war aber eben so viel, als ob es gar nicht verboten worden wäre; denn jedenfalls tonnte, Wer sich mächtig genug fühlte, diese Ausnahme für sich geltend machen. Solche Maßregeln traf Pompejus in der Staatsverwaltung. 57. Scipio gab kein neues Gesetz, sondern hob auch das des Clodius in Betreff der Censoren auf. Es schien zwar, als wollte er ihnen dadurch eine Gunst erweisen, indem er Denselben ihre frühere Gewalt zurück gab, es zeigte sich aber das Gegentheil. Denn da der Ritterstand und der Senat meist aus schlechten Menschen bestand, so konnte man Jenen sdeu Censorens, so lange sie Keinen, der nicht angeklagt oder verurtheilt war, aus der Liste streiche» durften, auch keinen Vorwurf machen. Nachdem mau ihnen aber ihre vorige Gewalt, vermöge deren sie für sich die Lebensweise eines Jeden untersuchen und ihn ausstreichen durfte», zurückgegeben, wagten sie weder, es mit so Vielen zu verderben, noch sich dem Tadel auszusetzen, Laß sie die Schlechten auf der Liste ließen. So kam es, daß sich kein Kluger mehr um Vierzigstes Buch. 487 diele Ehre bewarb. Dieß ward in Hinsicht der Censoren verfügt. 58. Cato suchte sonst nicht um ein Staatsamt nach; als cr aber den Cäsar und Pompejus zu mächtig für das Gemeinwesen werden sah und befürchtete, sie möchten sich entweder gemeinsam in die Verwaltung theilen, oder entzweit gefährliche Parteiungen erregen, nnd der Sieger sich zum Alleinherrscher auswerfen, so versuchte er, sie, bevor sie sich als Feinde bekämpften, zu stürzen, und bewarb sich um daS Cvnsulat gegen sie, weil er als Privatmann Nichts auszurichten vermochte. Weil aber die Anhänger derselben diese Absicht bei ihm vermutheten, wurde cr nicht gewählt, sondern Marcus Marcellus und Sulpicius Rufus fn. R. E. -oäf, der Eine wegen seiner Gesetzkenntniß, der Andere wegen seiner Beredsamkeit, und zwar um so mehr, weil sie nicht durch Geld oder Gewaltthätigkeit, sonvern durch höfliches Benehmen und freundliches Zureden die Leute für sich gewonnen hatten. Cato dagegen gab Keinem ein gutes Wort. Er bewarb sich später nie mehr um das Cvnsulat, indem er es für Pflicht des rechtschaffenen Mannes erklärte, der Verwaltung des Staats sich nicht zu entziehen, wenn man ihn dafür in Anspruch nehme, nie aber, sich unziemlicher Weise dazu bin zu drängen. Lg. Marcellus, ein Anhänger des Pompejus, bot sogleich Alles auf, den Cäsar zu stürzen, und brachte unter vielem Andern auch in Antrag, Demselben noch vor der gehörigen Zeit einen Nachfolger zu senden. Ihm widersetzten sich Sulpicius und einige Volkstribunen, diese aus Gunst si88 Cassius Dio's Römische Geschichte. für Cäsar, Jener k„och aus dem weiter« Grunde, weil es den Meisten nicht gefiel, einem Statthalter, welcher Nichts verbrochen, zwischen der Zeit den Oberbefehl zu nehmen. Auf die Nachricht davon stellte sich Pompejus, welcher die Stadt verlasse», um nach Hispauien zum Heere zu gehen, aber noch nicht außerhalb Italien war, sondern seinen Unterbefehlshabern alle nöthigen Verhalrbefehle gegeben und selbst auflauernd in der Nähe der Stadt blieb, als ob auch er nicht billige, daß man Cäsar», den Oberbefehl nehme, suchte aber einzuleiten, daß er nach Verlauf der ihm bewilligten Zeit, die nicht mehr lauge dauerte, sondern schon im folgenden Jahre zu Ende ging, die Waffen niederlegen und als Privatmann iu die Stadt zurückkehren sollte. Deßhalb verhall er dem CajnS Marcelliuus, des Marcus Geschwisterkind oder Bruder (denn Beides findet man) und Cäsars Feind, obgleich mit ihm verschwägert, zum Consulat, und dem Casus Curio, der Jenen auch schon seit langer Zeit haßte, zum Vvlkstribunat. 6». Cäsar, welcher sich überhaupt schwer entschlossen hätte, nach einem so ansehnlichen und langen Oberbefehl in den Privatstand zurückzutreten, und zugleich fürchtete, seinen Feinden bloßgestellt zu werden, bereitete sich vor, auch wider, ihren Willen denselben zu behaupten, warb neue Soldaten, sammelte Geld, sorgte für Waffen und suchte sich der Ergebenheit seiner Leute zu versichern. Damit es aber schiene, als wollte er nicht Alles mit Gewalt, sondern auch auf dem Wege der Güte durchführen, wünschte er in Rom selbst sich Freunde zu machen und beschloß, sich mit Curio ausznsbh- 4K9 Vierzigstes Buch. neu. Denn Dieser war aus dem Geschlechte der Curionen *), besaß Scharfsinn und große Beredsamkeit, war bei dem Volke sehr beliebt und scheute keinen Geldaufwand, wenn es galt, entweder den eigenen Vortheil wahrzunehmen, oderWtwas für Andere durchzusetzen. Diesen gewann Cäsar dadurch, daß er ihm große Hoffnungen machte und ihn von allen seinen Schulden, die seines großen Aufwands wegen bedeutend waren, befreite. Denn um seinen Absichten Erfolg zu geben, scheute er keine Kosten, da sie ihm eine reiche Hülfsquelle werden mußten und verhieß Andern noch viel Mehrercs, wovon er übrigens nicht den geringsten Theil zu halten gesonnen war. Aber nicht blos Freigebornen, sondern auch Sclaven, die bei ihren Herren Etwas vermochten, schmeichelte er;Z so daß siechst auf diesem Wege viele Ritter und Senatoren für ihn gewonnen wurden. 61. Curio war jetzt zwar Cäsars Freund, trat aber nicht sogleich als solcher auf; denn er suchte einen schicklichen Vorwand, um sich!das Ansehen zu geben, als sey er nicht freiwillig, sondern gezwungen übergetreten; auch glaubte er, je länger er sich zu Cäsars Feinden als ihr Freund halte, desto mehrere und wichtigere Geheimnisse von denselben zu erfahren. Daher hielt er seine Gesinnung lange Zeit geheim, und um *) „Curio war aus dem Geschlechte der — Curionen," welche Tautologie! Sollte Dio nicht geschrieben haben, oder haben schreiben wollen: 2x(>i/!coula>»-. Curio war aus dem (vor und nach ihm) berühmten Geschlechte der Scribonier. Dio Casfius. 4s Bdchn, 8 470 Cassius Dio's Römische Geschichte. allen Verdacht einer Sinnesänderung zu vermeiden, als ob er nicht mehr in Gesinnung und Rede einer der ersten und hauptsächlichsten Widersacher Cäsars wäre, sprach er, seit dem Alltritte seines Tribunals, wider ihn vor dem Volke und machte viel ungereimte Vorschläge. Vieles schlug er auch gegen den Senat und die mächtigsten Männer, die es selbst mit Pompejus hielten, vor, nicht weil er wünschte und hoffte, Etwas davon durchzusetzen, sondern um nach ihrer Verwerfung auch gegen Cäser, wider den schon Vieles in Antrag gekommen, Nichts durchgehen zu lassen und Dieß zum Verwände seines Uebertritts zu nehmen. 6r. Nachdem er bald unter diesem, bald unter jenem Vorwande die Zeit verstrichen lassen, ohne daß etwas bestä- tigt wurde, stellte er sich unwillig und verlangte die Einschaltung eines Monats zur Durchsetzung seiner Gesetze. Dieß geschah zwar, so oft es nöthig war *), aber jetzt war es nicht der Fall, wie er selbst, als Pontifer, wohl wußte. Dennoch bestand er darauf und suchte seine Pontificatgenos- sen scheinbar *') zu überschreien. Als er sie nicht gewvg, ihm beizustimmen (wie er es auch nicht wünschte), ließ er auch nichts Anderes zur Abstimmung bringen. Jetzt fing er au, Cäsars Sache öffentlich zu vertheidigen, und weil er - *) Die Pontifexe hatten dieses Recht, das sie oft mißbrauchten, öcrou crerö Daß wir den Sinn dieser Phrase richtig gegeben, erhellt aus Lenophon. Ilist. Llraec. II, 4, 51. wo öctoo «7iö Aorzg öokxrr- auch heißt „nur scheinbar, nur um Lärm zu machen." 471 > Vierzigstes Buch. Nichts wider ihn vermocht, nun für ihn Forderungen zu machen, die unmöglich gewährt werden konnten. Besonders drang er darauf: daß entweder Alle, die unter den Waffen standen, diese niederlegen sollten, oder daß man auch den Cäsar nicht entblößen und den Heeren seiner Gegner preisgeben dürfte. Dieß schlug er aber vor, nicht weil er wollte, daß es Cäsar thue, sondern weil er wußte, daß sich Pompe- jus nicht dazu verstehen würde. So erhielt auch Jener einen vernünftigen Vorwand, seine Soldaten nicht zu entlassen. 65. Wie nun PompejnS sah , daß er auf anderem Wege Nichts richtete, griff er unverholen zu härteren Mitteln, und trat offen mit Wort und That wider Cäsar auf, ohne jedoch Etwas auszurichten; denn außer vielen Andern standen auch Lucius Paulus sAemiliuss, des Marcellns Amtsgenosse, und sein Schwiegervater, der Censor Lucius Piso auf seiner Seite. Denn Censoren waren um diese Zeit Appius Claudius und Piso, der Letztere wider seinen Willen, dieser nahm der Verwandtschaft wegen Cäsars Partei; Claudius dagegen, welcher zu Pömpejns hielt, war zwar wider Cäsar, aber nützte ihm selbst gegen seiuen Willen. Er strich nämlich sehr viele Ritter und Senatoren aus der Liste, indem er die Zustimmung seines Amtsgcnossen erzwäng, und machte dadurch ste Alle zu Anhängern Cäsars. Piso, der überhaupt nicht gern Ungelegenheiten hatte und seines Eidams wegen Vielen freundlich that, nahm Nichts der Art vor, widersetzte sich aber auch dem Appius nicht, als dieser alle Freigelassenen, aber auch Männer aus sehr edcln Geschlechtern, und unter Andern den Geschichtschreiber Crispus Sallu- 8 * 472 Cassius Dio's Römische Geschichte. stius *), aus dem Senate stieß. Nur den Curie, der gleichfalls gestrichen werden sollte, bat er, mit Paulus seinem Verwandten, los. 6ä> Deßhalb strich ihn nun Appius zwar nicht, sprach aber die Meinung, die er von ihm hatte, öffentlich im Senate aus, so daß Jener vor Unwillen seine Kleider zerriß. Marcellus ergriff ihn jetzt und ließ, in der Hoffnung, der Senat werde gegen Curio und wegen dessen gegen Cäsar einen strengen Ausspruch thun, über ihn abstimmen. Curio widersetzte sich anfangs der Abstimmung über ihn, als er aber bemerkte, daß der größte Theil der anwesenden Senatoren theils wirklich für Cäsar war, theils ihn fürchtete, ließ er es geschehen und sprach nur folgende Worte: „Ich bin mir bewußt, daß ich bei Allem, was ich that, immer nur das Wohl und den Nutzen des Vaterlands wollte, und übergebe euch Leib und Leben, beschließt darüber, Was ihr wollt!" Marcellus hoffte bei seiner Anklage ihn jedenfalls verurtheilt zu sehen, wie er aber von der Mehrzahl losgesprochen wurde, entrüstete er sich, sprang aus der Curie, eilte zu Pompejus in die Vorstadt und übertrug ihm, auf eigene Hand, ohne vorherigen Beschluß die Beschützung der Stadt und den Befehl über zwei Bürgerlegionen. Diese Soldaten waren schon zn diesem Zwecke versammelt und damals gegenwärtig. *) Sallust hatte mit Milv's Gattin, einer Tochter Sylla's. Ehebruch getrieben. Milo schlug ihn mit Riemen bis auss Blut, bis er sich loskaufte. Später wurde er von Cäsar wieder in den Senat aufgenommen, zum Prätor gewählt, und dann zum Statthalter in Numidien bestellt. 473 Vierzigstes Buch. 65. Pompejus hatte früher den Cäsar, als er noch mit ihm befreundet war, eine der für ihn aufgehobenen Legionen gegeben, da er selbst keinen Krieg führte und jener Soldaten brauchte. Als sie aber zerfielen, wollte er nicht nur Diese von ihm zurück erhalten, sondern ihm unter dem Verwände, daß Bibulus sie gegen die Parther brauche, eine zweite nehmen. Damit keine neuen Aushebungen nöthig würden (denn die Sache habe Eile, und man habe Legionen genug), veranlaßte er den Beschluß, baß Beide, er und Cäsar, ihm jeder eine abgeben sollten. Von den eigenen Leuten aber gab er keine, sondern ließ die mit dieser Sache Beauftragten dem Cäsar die früher ihm Abgetretenen zurückfordern. So schickten dem Scheine nach Beide, im Grunde aber Cäsar zwei Legionen ab. Obwohl Dieser seine Absicht durchschaute, ge- horchie er dennoch, »m sich nicht des Ungehorsams schuldig zu machen; auch konnte er unter diesem Verwände noch weit mehr Soldaten an deren Stelle werben. 66. Diese Legionen standen also bereit, gegen die Par- ther geführt zu werden; weil man sie aber nicht mehr brauchte, befahl Marcellns anfangs in der Besorgniß, sie dürften dem Cäsar zurückgegeben werden, sie in Italien zurückzubehalten , übergab sie aber jetzt, wie ich schon vorhin erwähnte, dem Pompejus. Weil aber das Jahr zn Ende ging und eine solche Verordnung , ohne Bewilligung des Senats oder Volks nicht gültig blieb, eilte er mit den fürs nächste Jahr desig- nirten Cousuln, Cornelius Lentulus und Cajus Claudius, zu Pompejus und ließ auch sie ihn damit beauftragen. Zu Staatsämtern designirte Männer konnten nämlich damals sowohl Verordnungen bekannt machen, als auch andere ihr 474 Cassius Dio's Römische Geschichte rc. künftiges Amt betreffende Verfügungen noch vor dem Antritte desselben machen; daher glaubten sie sich auch hierzu ermächtigt. Pompejus, der sonst Alles mit größter Strenge beobachtete, nahm sie, nun er derselben bedurfte, ohne lang zu fragen, wie und von Wem er sie bekam, unbedenklich an. Dieser kühne Schritt aber hatte keine entsprechenden Folgen, sie hatten blos ihre feindselige Gesinnung gegen Cäsar an den Tag gelegt uud gaben Diesem, ohne selbst eine kräftige Maßregel für sich zu treffen, einen anständigen Verwand, seine Soldaten beisammen zu behalten. Curio machte darüber den Consuln und dem Pompejus vor dem Völke dir heftigsten Vorwürfe uud eilte, gleich nach Niederlegung seines Amtes, geraden Weges zu Cäsar. Inhalt des ein und vierzigsten Buches. Cäsar kommt nach Italien; Pompejus aber verläßt dasselbe und schifft nach Macedonien über. Cap. 1 — 17. Cäsar unterwirft Hispanisn. Cap. 18 — 57. Cäsar seyt gegen Pompejus nach Macedonien über. Cap. 58 — 48. Cäsar und Pompejus kämpfen bei Dyrrhachium. Cap. 47-51. Cäsar besiegt den Pom- xejus bei Pharsalus. Cap. 52 — 85. Der Zeitraum begreift zwei Jahre, in denen Folgende Sonsuln waren: Vor. Chr. Nach Crb. Roms. 49 705 Lucius Cornelius Lentulus des Publius Sohn. und Casus Claudius Marcellus des Marcns Sohn. 48 706 Cajus Julius Cäsar, des Casus Sohn, zum zweitenmal, und Publius Servi- lius Jsauricus. des Publius Sohn. Ein und vierzigstes Buch. i. Nachdem er diese Schritte gethan, traf er fCuriof sodann am ersten Januar, demselben Tage, an welchem Cornelius Lentulus und Cajus Claudius ihr Consnlat antraten, mit einem Schreiben Cäsars an den Senat in Rom ein, 476 Cassius Dio's Römische Geschichte. übergab es aber den Consuln erst, als sie in die Curie kamen , damit sie dessen Empfang nicht verheimlichenMnuten. Auch so zögerten sie noch lange und wollten es nicht verlesen, wurden aber endlich von den Dolkstribunen Quintus CassiuS Longinus und Marcus Antonius hierzu gezwungen. AntoniuS wurde später für diese Gefälligkeit gegen Cäsar reichlich belohnt und zu hohen Ehren erhoben. Das Schreiben enthielt unter Anderem eine Aufzählung der Verdienste Cäsars um den Staat nebst einer Rechtfertigung gegen die wider ihn erhobenen Beschuldigungen. Er versprach, seine Heere zu entlassen und des Oberbefehls sich zu begeben, sobald Pom- pejus dasselbe gethan haben würde; denn, bliebe Dieser unter den Waffen, so könnte von ihm nicht mit Fug gefordert werden, sie nieder zu legen, da er so der Willkür seiner Feinde blosgestellt würde. -. Als hierüber, damit sie nicht aus Rücksicht oder Furcht gegen ihre Ueberzeugung Etwas bestimmen möchten, nicht nach Köpfen, sondern durch Uebertritt auf die eine oder die andere Seite der Curie abgestimmt wurde, war Keiner dafür, daß Pvmpejus (der mit seinen Heeren in den Vorstädten lag) die Waffen niederlegen müßte, bei Cäsar aber stimmten, außer einem gewissen Marcus Cäcilius * **) ) und dem Curio, der das Schreiben überbracht, Alle dafür *'). Der *) Marcus Cälius Marcellus. Sturz liest nach Oros. VI, 15. Cölius, so daß Marcus Cölius Rufus damit gemeint wäre. **) Dies« Abstimmung wird noch näher inotivirt durch die vott Appian angeführte Drohung Cäsars, daß er im Weige- 477 Ein und vierzigstes Buch. Dolkstribunen brauche ich nicht zu erwähnen, sie fanden nicht für nöthig, auf eine oder die andere Partei zu trete», da sverfaffnngsmäßigs es bei ihnen stand, einen Beschluß zu verwerfen, oder gut zu heißen. Dieß ward nun beschlossen; Antonius und Longinus aber ließen eS weder an diesem, noch am folgenden Tage zu einem förmlichen Senatsbeschlusse kommen. L. Als die Andern sich darob entrüsteten und beschloßen, Trauer anzulegen, versagten sie auch hierfür ihre Zustimmung; der Beschluß wurde aber dennoch niedergeschrieben und alsbald in Vollzug gesetzt. Alle verließen auf der Stelle die Curie, kehrten im Trauergewande zurück und beriethen sich über ihre Bestrafung. Anfangs widersetzten sich Jene, dann aber, zumal da Lentulus ihnen bedeutete, ehe noch abgestimmt wäre, sich zu entfernen, für ihre Sicherheit besorgt, gingen sie, nachdem sie förmliche, feierliche Einsprache gethan, mit CäciliuS und Curio zu Cäsar ab, indem sie sich wenig daran kehrten, aus der Liste der Senatoren gestrichen zu seyn. Nächst diesem Beschlusse ward den Consuln und den andern Obrigkeiten nach hergebrachter Sitte aufgetragen, auf die Sicherheit des Staats Bedacht zu nehmen. Nachher aber versammelte man sich außerhalb der Ringmauer bei Pompe- i jus, erklärte den Staat in Gefahr und übergab ihm die ! Gelder und die Truppen. Cäsar» aber erklärte man, wofern er nicht seinen Nachfolgern den Oberbefehl übergebe ! und innerhalb einer festgesetzten Frist die Heere entlasse, weil rungsfalte unverzüglich kommen würde, um das Vaterland und sich zu rächen. , -78 Cassius Dio's Römische Geschichte. er dem Wehte des Vaterlands zuwider handle, für einen Feind des Staates. Auf die Kunde von diesen Vorgängen rückte Cäsar nach Ariminum *), indem er jetzt zuerst die Grenzen seiner Provinz überschritt, versammelte seine Soldaten und hieß Curio »nd die Andern, welche mit ihm gekommen waren, ihnen das Vorgefallene berichten. Hierauf sprach er selbst noch, Was die Umstände erforderten, und befeuerte ihren Muth. Sodann brach er auf und rückte, alle Städte, die auf seinem Zuge lagen, da die Besatzungen, zu schwach, um sich zu halten, sie theils verließen, theils sich für ihn erklärten, ohne Schwertstreich unterwerfend, geraden Weges auf Rom los. Als Dieß Pompejus vernahm und seinen Plan von Labienus genauer erfuhr, gerieth er in Furcht. Dieser war nämlich von Cäsar übergetreten und hatte alle Geheimnisse desselben verrathen. Wundern muß man sich, wie dieser Mann, den Cäsar vor Allen jederzeit ehrte, so daß er ihm, so oft er in Italien war, den Oberbefehl über alle Truppen jenseits der Alpen übertrug, so handeln konnte. Der Grund davon war jedoch, daß er, nachdem er sich Schätze und Rnhm erworben, anspruchsvoller ward, als sich mit seiner Stellung vertrug, und Cäsar, der sah, daß Jener sich ihm gleichstellen wolle, ihn nicht mehr in gleichem Grade liebte. Diesen Wechsel nicht ertragend und in der Furcht vor noch Schlimmerem, trat er zu dessen Gegnern über. 5. Pompejus wurde in Folge Dessen, was er von Cäsar horte, und weil er noch keine dem Kampfe gewachsene Kriegs- *) Jetzt Rimini. 479 Ein und vierzigstes Buch. macht beisammen hatte und nicht nur die andern Städter, sondern seine Anhänger selbst dem Kriege, dessen Folgen von Manns und Sylla her ihnen noch im Gedächtnisse waren, abgeneigt und bemüht sah, ungefährdet seiner los zu werden, mit einemmal auf andere Gesinnung gebracht, und schickte den Lucius Cäsar, einen Verwandten desselben, und den Prätor Lucius Roscius, die. sich selbst dazu erboten, als Gesandte an Cäsar ab, um zu versuchen, das erste Ungestüm desselben beschwichtigend, unter billigen Bedingungen mit shm Frieden zu machen. Als aber Jener auf seiner frühern Forderung bestand und erklärte, daß er mit Pompejus selbst sich besprechen wollte, so sahen die Meisten nicht gut dazu, indem sie besorgten, sie möchten sich zu ihrem Nachtheile vereinigen. Als jedoch die Gesandten sowohl vieles Andere von Cäsar rühmten, als auch zuletzt verhießen, daß Niemand etwas zu Leide gethan: und die Heere alsbald entlassen werden sollten so freuten sich die Städter, schickten dieselben Gesandten an Jenen und erklärten beständig und aller Orten «»verholen, es wäre nicht mehr als billig, daß Beide zu gleicher Zeit die Waffen niederlegten. 6. Hierdurch in Furcht gesetzt zog Pompejus, welcher wohl wußte, daß er gegen Cäsar, wenn ihre Sache vor das Volk gebracht würde, sehr im Nachtheil wäre, vor der Rückkunft der Gesandten, nach Campanien ab, weil er glaubte, von dort anS leichter den Krieg führen zu können, und hieß *) Des Lucius Cäsar Vater war Legat unter Cäsar, die Gesandtschaft soll, nach Plutarch in Cäsars Leben, Cicero veranlaßt haben. 480 Cassius Dio's Römische Geschichte. I den ganzen Senat mit den Obrigkeiten ihm folgen; nachdem er ihnen durch einen Beschluß die Erlaubniß, die Stadt zn verlassen, verschafft und erklärt hatte, daß er Jeden, der zurückbliebe, als Feind behandeln würde. Auch ließ er den Beschluß fassen, daß alle öffentlichen Gelder und Weihgeschenke in der Stadt mügenommen werden sollten; denn damit hoffte er ein mächtiges Heer auszustellen. Solche Ergebenheit hatten ihm nämlich kurz vorher auf die Nachricht, daß er gefährlich erkrankt sey, fast alle Städte Italiens bezeigt, daß sie für seine Genesuung öffentliche Dankopfer ge- lovten. Daß Dieß eine große Auszeichnung für ihn war, I wird Niemand in Abrede stellen; denn Niemanden, außer > später den höchsten Machthabern ward jemals eine solche Ehre zu Theil. Doch, war Dieb noch kein sicheres Unterpfand, daß sie ihn, aus Furcht vor einem Mächtigern, nicht im Stiche lassen würden. Wegen der Gelder und der Weihgeschenke ward zwar der Beschluß gefaßt, aber Keines von Beiden angerührt. Als nämlich indessen die Nachricht kam, daß Cäsar den Gesandten keinen friedfertigen Bescheid gegeben und sie noch dazu bezüchtigt hätte, weil sie Unwahres von ihm berichtet hätten, daß ferner die Soldaten zahlreich und kühn und (wie man in solchen Dingen Alles ins Furchtbare übertreibt) jeder Gewaltthat fähig wären, geriethen sie in Schrecken, und machten sich, ohne Etwas anzurühren, aufs eiligste davon. 7. Sofort war auch im klebrigen ihr Auszug stürmisch und unordentlich; und die Ausziehenden — die Ersten aus dem Stande der Senatoren und der Ritter, auch ein Theil aus dem Volke — zogen, scheinbar zum Kriege, in der 481 Ein und vierzigstes Buch. That aber als Kriegsgefangene aus. Denn sehr schmerzte es, daß sie die Vaterstadt verlassen und sich fremden Mauern, statt der eigenen, befreunden sollten. Diejenigen, welche mit dem ganzen Hause flohen, verließen Tempel, Häuser und den väterlichen Boden, in der Gewißheit, daß diese Dinge alsbald im Besitze ihrer Parteifeinde seyn würden, und waren (denn wohl kannten sie die Absichten des Pompejus) darauf gefaßt, falls sie den Kampf überlebten, ihre Heimath in Macedonien oder Thracie» suchen zu müßen. Diejenigen, welche Weib und Kinder und Was sonst ihnen werth war, zurückließen, schieden zwar mit einiger Hoffnung zur Heimkehr, waren aber weit schlimmer daran, als die Andern; denn von ihrem Theuersten losgerissen, waren sie den Uebeln des K-iegsgluckes, wie es auch entschied, verfallen. Thaten sie, die ihr Liebstes dem erbittertsten Feinde preisgegeben, ihre Pflicht als Soldaten nicht, so waren sie selbst iu Gefahr, genügten sie ihr, so sahen sie den Verlust Jener voraus, und hatten weder den Einen, noch den Ander» zum Freunde, sondern Beide zu Feinden,—den Cäsar, weil nicht auch sie zurückgeblieben, den Pompejus, weil sie nickt auch Jene mit sich genommen. So in Gesinnung, Wünschen und Hoffnungen schwankend, trennten sie sich körperlich von dem Liebsten und waren auch mit dem Geiste getheilt. 8. So gestimmt waren die Scheidenden. Die Zurückgebliebenen wurden von andern, eben so heftigen Gemüthsbewegungen bestürmt; denn von den Ihrigen getrennt, ihrer Beschützer beraubt, unvermögend sich selbst zu helfen, den Wechlclfällen den Krieges und der Willkür Desjenigen, der sich der Stadt bemächtigen würde, blosgestellt, sahen sie in 482 Casfius Dio's Römische Geschichte. ihrer Angst schon alle die Mißhandlungen und Mordsceneu in Wirklichkeit getreten; die Einen wünschten zürnend, daß sie zurückgelassen worden, Jenen das gleiche Loos, indeß Ändere, es dem Dränge der Umstände zu gut haltend, um das Schicksal derselben bekümmert waren. Auch die übrige Menge , wenn gleich durch keine Bande des Blutes den Scheidenden verbunden, war dennoch ihretwegen betrübt, da sie Nachbarn und Freunde aus ihrer Mitte sich entfernen und den mancherlei Unbilden, die sie anthun oder erleiden sollten, entgegen gehen sah. Am meisten aber beklagten sie ihr eigenes Loos; denn, wie sie Obrigkeiten, Senat und alle Männer von Einfluß, von denen sie nicht wußten, ob Einer übtig bleiben würde, sie und das Vaterland verlassen sahen und annahmen, daß fle, wäre nicht großes Unglück über dasselbe verhängt, nicht flüchtig würden, glichen, der Obrigkeiten und der Kriegsgefährten beraubt, Waisen und Wittwen.. Eingedenk der frühern Drangsale *), erwarteten sie, welche die voy Manns und Sylla verübten Gräuel theils noch selbst erlebt, theils von Andern gehört (und auch von Cäsar versahen sie sich zu nichts Gutem, sondern zu noch weit Schlimmerem , da sein Heer meist aus Barbaren **) bestand) als *) Ich übersetzte die Stelle, aktz ob eS hieße: — x«i NLw- roe oder öx^ ri-g raäu irporo^Wr' — öEkep- /«ercrnro, /tsr-pron oöSßv oööe Leg rön Lsalcrerss« vriwirrevon, «XXcr xtti Trokö TiXetw x«i ökrnvrks-cr (ärr xar ,4a(!f3a(>tX8 ro nXksxov r« x(>crrü crür» einrog) TrkecrLct'AcLl it (>0 5käc!xa>p. *') Unter diesen Barbaren sind hauptsächlich die Deutschen gemeint. Ein und vierzigstes Buch. 483 die ersten Opfer der Rache und der Lüste der anrückenden Sieger zu fallen. g. Bei dieser allgemeinen Stimmung, da Niemand die Sache leicht nahm, außer Denen, die sich dem Cäsar befreundet glaubten, und auch Diese bei der wandelbaren Gesinnung der Menschen, die meist mit den Umständen wechselt, nickt mit Zuversicht aus sein Wohlwollen bauten, kann man sich keinen Begriff von dem Schrecken und Jammer machen, der bei dem Aufbruche der Cvnsuln und seiner Begleiter überall herrschte. Denn die ganze Nacht über stürmten sie in dringlicher Eile durcheinander; gegen Morgen entstand großes Wehklagen, da sie an den Tempeln herumgingen, Gelübde darbrachten, die Götter anriefen, den Boden küßten, aufzählten, wie oft und aus wie großen Gefahren sie errettet worden, und jammerten, daß sie, Was'sie noch niemals gethan, das Vaterland verlassen müßten. Auch an d en Thoren erhob sich überall Klagegeschrei. Die Einen umarmten sich, als sollten sie sich und die Stadt zum letztenmal erblicken; Andere beklagten sich und wünschten Heil und Glück den Scheidenden; bei weitem die Meisten aber fluchten ihnen als Verrathern. Alle^Zurückbleibenden standen da mit Weib und Kindern. Hieraus zogen die Einen aus, die Andern begleiteten sie; Andere zögerten und wurden von Bekannten aufgehalten, Andere hielten sich in langen Umarmungen umschlungen. Die Zurückbleibenden, welche die Ausziehenden sehr weit begleiteten, bezeigten ihnen unter lautem Zuruf ihr Mitleid und beschworen sie bei den Göttern, sie mitzunehmen, oder selbst da zu bleiben. Bei jeder neuen Trennung erneuerte sich das Klagegeschrei auch der klebrigen und Ströme 484 Cassius Dio's Römische Geschichte. von Thränen wurden vergossen. Aller Hoffnung einer bessern Zukunft entsagend, sahen, wie es zu gehen Pflegt, die Zurückgelassenen , dann selbst die Scheidenden nichts als Elend im Geiste voraus. Wenn man sie so betrachtete, hätte man geglaubt, daß zwei aus einem Volke, aus einer zwei Städte geworden, von denen die eine von Haus und Hof vertrieben fliehe, die andere, verlassen, dem Sieger zur Beute werde. So verließ Pompejus die Stadt, indem er die meisten Senatoren mit sich nahm. Einige blieben zurück, weil sie von Cäsars Partei waren, oder sich für keinen von Beiden entschieden hatten. Eifrig betrieb er jetzt die Trup- penaushebungen aus den Städten, forderte Hülfsgelder ein und schickte überall hin Besatzungen. >o. Auf diese Nachricht rückte Cäsar nicht gegen die Stadt Rom, die ja dem künftigen Sieger als Kampfpreis blieb und gegen die er nicht als eine feindliche, zu deren Schutz er vielmehr wider die Ruhestörer, wie er vorgab, zu Felde zog; sondern wandte sich, nachdem er durch ganz Italien hin Sendschreiben geschickt, worin er den Pompejus gewissermaßen vor Gericht lud, die Andern guten Muthes seyn und daheim bleiben hieß, auch viele Verheißungen machte, gegen Corfinium, das, von Domitius besetzt, sich nicht ergeben wollte. Nachdem er Diejenigen, die sich zur Wehr setzten, in einer Schlacht besiegt, schloß er die Uebcigen in die Stadt. Pompefns gab, als Diese belagert wurden, und der Andern Viele sich für Cäjar erklärten, die Hoffnung, die er in Italien setzte, auf und beschloß nach Macedonien, Griechenland und Asien Hinüberzugehen; denn er pochte auf das Gedächtniß der Thaten, die er dort verrichtet hatte und auf 485 Ein und vierzigstes Buch. die Ergebenheit der Völker und der Könige. Auch ganz Hispanien war ihm zugethan; aber dahin konnte er, da Cäsar Gallien besetzt hielt, sich nicht begeben. Zudem dachte «r, daß, wohin er auch segelte, aus Mangel an Schiffen und wegen der Nähe des Winters — der Herbst war schon zu Ende — Niemand ihn verfolgen würde, und daß er in dieser Zeit aus den Provinzen und von den Bundesgenossen viel Geld und Truppen in Muße ziehen könnte. ii. In dieser Absicht zog er selbst sich nach Brunduflum und entbot dem Domitius, Corfinium preiszugeben und ihm zu folgen. Dieser, obgleich nicht ohne Mittel zur Gegenwehr und diesen vertrauend, da er, ein alter Syllaner, der selbst unter jener Machtwillkür großen Grundbesitz erworben, die Soldaten sowohl durch Anderes als auch durch Verheißung von Grundstücken für sich gewonnen hatte, fügte sich dennoch in den Befehl, und ging darauf um, mit Sicherheit aus der Stadt zu kommen. Seine Leute merkten Dieß, und gingen , da sie eine solche Entweichung als Flucht verschmähten, zu Cäsar über und traten unter seine Fahnen. Den Domi- dius aber und die andern Senatoren schalt zwar Cäsar, daß sie sich ihm entgegen gestellt, ließ sie jedoch frei, und sie gingen zu Pvmpejus. I-. Cäsar wünschte sehr, mit Pompejus, ehe er abführe , handgemein zu werden, den Krieg in Italien zu beendigen und ihn deßhalb in Brunduflum festzuhalten; denn da die Schiffe nicht ausreichten, hatte Dieser die Consnln und Andere, damit sie, zurückbleibend, ihm nicht treulos würden, vorausgeschickt. Cäsar aber, welcher sah, daß der Platz Dio CasslUs. 4s Bdchn. 9 486 Cassius Dio's Römische Geschichte. nicht leicht zu nehmen war, lud ihn, Frieden und Freundschaft anbietend, zu Unterhandlungen ein. Als Tiefer jedoch erwiederte, daß er seine Anträge den Consuln, weil diese den Beschluß gefaßt, daß mit keinem bewaffneten Bürger unterhandelt werden dürfe, mittheilen wollte, griff er die Stadt an. Pompejus vertheidigte sich einige Tage, bis die Schiffe zurück waren *); inzwischen hatte er die Straßen nach dem Hafen verschanzt und verrammelt, um bei der Abfahrt nicht angegriffen zu werden. Nachts fuhr er auf die hohe See und setzte glücklich nach Macedonien über. Druudustnm wurde genommen und zwei voll bemannte Fahrzeuge daselbst erbeutet. iö. So verließ Pompejus sein Vaterland und Italien, indem er von Dem was er früher, da er aus Asten einlief, gethan, gerade das Gegentheil wählte und that; weßhalb denn auch in Glück und Ruhm das Gegentheil seiner wartete. Er, der früher, um die Mitbürger nicht zu beunruhigen, sogleich in Brundustum seine Heere entlassen, führte jetzt aus Italien andere wider seine Mitbürger hinaus, er, der die Reichthümer der Barbaren nach Rom gebracht, führte jetzt Alles, was er konnte, ins Ausland fort, verzweifelte an der Heimath und gedachte mit Hülfe der Fremden, der vordem von ihm selbst Unterjochten, das Vaterland zu bekämpfen, setzte größere Hoffnung der Rettung und der Macht auf Jene, als auf sie, um die er stch verdient gemacht hatte. Statt daß er irührr ruhmgekrönt aus den Kriegen heimkehrte, entwich er jetzt gedemüthigt und vor Cäsar sich ») Aus Dprrhachium' den frühern Spidamnos, setzt Du- razzo halten die Consuln sie zurückgeschickt. 487 Ein und vierzigstes Buch. fürchtend und ärntete, statt der Ruhms, den er früher aus deS Vaterlandes Verherrlichung erworben, durch dessen Preisgebung Schmach und Beschimp-'ung. >4. Gleich auf der Hohe von Dyrrhachium erfuhr Pom- pejus, daß es nicht gut mit ihm enden würde. Bei der Landung wurden einige Soldaten vom Blitze erschlagen, und die Feldzeichen von Spinnen umsponnen. Als er aus dem Schiffe stieg, folgten ihm Schlange» und verwischten seine Fußstapfen. Diese Vorzeichen wurden ihm zu Theil, aber auch der ganzen Stadt ereigneten sich in diesem Jahre und kurz vorher andere. Denn bei inneren Unruhen wird der Staat von beiden Seiten benachtheiligt; so ließen sich denn in der Stadt selbst Wölfe und viele Nachteulen sehen uud wiederholte Erdbeben mit innerem Gedrbhne wurden verspürt. Von Abend nach Morgen fuhr am Himmel ein Feuer; ein anderes legte nebst andern Gebäuden auch den Q-uirinus- tempel in Asche; die Sonne ward gänzlich veifinstert; Blitze beschädigten das Zepter des Jupiter, den Schild und den Helm des Mars auf dem Capitel und die Gesetzessäulen; viele Mißgeburten wurden von Thieren zur Welt gebracht; auch trug man sich mit einigen Orakelsprüchen als von der Sibylle herrührend; Viele vom Gölte begeistert, weissagten. Kein Stadtvberster wurde, wie sonst, des Latinerfestes wegen gewählt, sondern sein Amt, nach Einigen, von den Prätoren versehen; Andere aber berichten, daß sie es erst im folgenden Jahre gethan. In jenem geschah es wenigstens ebenfalls. In diesem Jahre starb auch Perperna, der mit Phi- lippus Censor gewesen, der letzte von Allen, die unter seist * 488 Casstus Dio's Römische Geschichte. nein Ceusoramte im Senate saßen. Auch Dieß schien Vorbedeutung. Natürlich erregten diese Wundcrzeichen Unruhe; da aber beide Theile glaubten und hofften, daß sie nur dem Widersacher Unheil bringen werden, wurden sie nickt gesühnt. ,5. Cäsar machte vorerst gar keinen Versuch, nach Macedonien überzusehen, da er keine Schiffe hatte und für Italien fürchtete, es möchten des Pompejus Unterbefekls- haber aus Hispanicn herüber kommen und es besetzen; damit aber keinör der Ausgeschifften nach Brundusium zurückkäme, legte er eine Besatzung dahin, ging nach Rom und sprach in einer ihm von Antonius und Longinus außerhalb der Ringmauer veranstalteten Sitzung des Senats, den sie, die früher aus dem Senate gestoßenen, jetzt versammelt hatten, Worte der Milde und Mäßigung, um ihnen für den Augenblick Wohlwollen und für die Zukunft gute Hoffnung einzuflößen. Denn da er sie, über das Vorgefallene mißvergnügt, seine Heeresmacht 'mit scheelen Augen betrachten sah, wollte er sie beruhigen und kirre machen, auf daß sie, während er den Krieg führte, sich ruhig verhielten. Deßhalb erlaubte er sich auch gegen Keinen Vorwürfe oder Drohungen, brach vielmehr gegen Diejenigen, welche ihre Mitbürger zu bekriegen sich unterfingen, in V6. In gleichem Sinne sprach er sich gegen das Volk aus, das sich außerhalb der Ringmauer versammelt hatte, gab Befehl, aus den Inseln Getreide herbeizuschaffen, und versprach Jedem fünf und siebzig Drachmen zg schenken. Damit vermeinte er, dasselbe zu ködern. Die Leute aber be- 489 Ein. und vierzigstes Buch. dachten, daß Einer, der nach einem Gute trachtet, anders denke und handle nach erlangtem Besitze desselben, daß er beim Beginne einer Unternehmung Denen, die ihm entgegen wirken konnten, alles Schöne und Gute verspreche, nach Erreichung seiner Absichten aber der Verheißungen nicht nur nicht gedenke, sondern die durch sie erlangte Macht wider sie selbst gebrauche; sie erinnerten sich noch zu gut, wie Marios und Sylla, trotz den schönsten Versprechungen, von Allem das Gegentheil gethan, und merkten, daß er ihrer bedurfte; zudem mußten sie überall in der Stadt und in großer Anzahl die Bewaffneten Cäsars erblicken und konnten deßhalb seinen Reden keinen Glauben und kein Vertrauen schenken, noch sich der früher gefaßten Furcht entschlagen; sondern beargwohnten ihn, zumal da die Gesandten, welche den Frieden unterhandeln sollten, zwar gewählt aber nicht abgeschickt wurden, und selbst Cäsars Schwiegervater, Piso, als er die Sache in Erinnerung brachte, dafür übel angesehen wurde. 17. Weit entfernt, die versprochenen Spenden *) zu erhalte», mußten die Römer in der Stadt alle im Schatze befindlichen Gelder zum Unterhalte der von ihnen gefurchke- ten Soldaten ihm «»«liefern Sodann legten sie, als stände Alles auf's Beste, das Friedenskleid an, Was sie bis dahin noch nicht gethan hatten. Zwar that ein Volkstribun, Lu- *) Wegen des Verzugs gab er später (vergl. Xl.HI, 21.) einhundert Drachmen, die eine Attische Mine d. h. zwei und zwanzig Rthlr. sechzehn gute Groschen nach Wurm betrugen. 490 Casstus Dio's Römische Geschichte. eins Metellus, gegen den Vorschlag wegen der Gelder Einspruch und begab sich, als er Nichts ausrichtete, nach der Schatzkammer, wo er d e Thüre» bewachte. D-e Soldaten aber kehrten sich so wenig an seine Bewachung, als an seine Einspräche, erbrachen dar Schloß (den Schlüssel halten die Consuln, als könnte man statt seiner sich nicht der Beile bedienen, mitgenommen) und trugen alle Gelder fort. So ward auch alles Andere, wie ich schon mehrfach dargethan, unter dem Scheine der Rechtsgleichheit (und zwar wurde das Meiste von Antonius in Antrag gebracht), in der That aber auf dem Wege der Gewalt beschlossen und vollzogen. Beide Theile nämlich nannte» die Parteigegner Feinde des Vaterlandes und behaupteten nur für dieses zu kample», während sie allein den eigenen Vortheil bedackcken, und beide gleichermaßen das Gemeinwesen zu Grunde richteten. >3. So verfuhr hier Cäsar und nahm sodann Sardi- men und Sicilien, aus denen Sie Statthalter entwichen waren, ohne Schwertstreich in Besitz; den Anstobulns entließ «r nach ^Palästina, damit er dort gegen Pompejus aufträte; den Sohne» der von Sylla Geächteten gestattete er wieder die Aemterbewerbung, und ordnete auch alles Andere in der Stadt und dem übrigen Italien, wie es ihm unter den damaligen Umstanden am förderlichsten war. Dieß nun überließ er dem Antonius; er selbst aber ging nach Hispanien ab, das sich aufs Kräftigste der Sache des Pompejus annahm und befürchten ließ, baß es auch Gallien zum Abfall bewegen möchte. Mittlerweile war nebst ander» Senatoren auch Ci- «ero, der sich vor Cäsar rncht hatte blicken lassen, zu Pompejus, der ihm die bessere Sache zu verfechten schien und 491 Ein und vierzigstes Buch. voraussichtlich Sieger blieb, abgegangen. Vor ihrer Abfahrt nämlich hatten die Consuln und er, als Proconsul, Allen entboten, ihm nach Theffalonice zn folgen, da Rom von den Feinden besetzt wäre, sie selbst aber auch den Senat ausmachten und überall, wohin ste kämen, den Mittelpunkt des Staates *) bildeten. Zu ihnen traten deßwegen theils sogleich, theils später, die meisten Senatoren und Ritter, so wie alle Städte, die nicht im Bereiche der Waffen Cäsars waren', über. >g. Die Masstlier halfen, unter allen Galliern, allein dem Cäsar nicht, noch nahmen sie ihn in die Stadt auf, vielmehr gaben sie ihm den denkwürdigen Bescheid: „sie wären des Römischen Volkes Bundesgenossen, ihnen beiden befreundet , aber nicht im Falle, zu untersuchen und zu entscheiden, welcher von ihnen Unrecht hätte; käme daher Einer als Freund zn ihnen, so nähmen sie ohne Waffen Jeden auf, zu Kriegszwecken aber Keinen." Belagert, erwehrten sie sich seiner und hielten sich auch gegen Trebonius und Decimus Brutus, die später sie berennt hakten, lange. Einige Zeit nämlich blieb Cäsar vor der Stadt, die er mit leichter Mühe zn erobern hoffte; denn er konnte es nicht reimen, daß ihn, der Rom ohne Schwertstreich bewältigte, die Masstlier nicht aufnehmen sollten; als sie sich aber hielten, überließ er Andern die Belagerung und eilte nach Hispanien. -o. Zwar hatte er den Casus Fabius dahin vorausgeschickt; weil er aber besorgte, Dieser möchte für sich selbst eine Schlacht wagend den Kürzeren ziehen, unternahm er *) Troorr/Wa, die Repräsentation. 492 Cassius Dio's Römische Geschichte. selbst den dortigen Feldzug. Daselbst befehligten damals Afranius und Pctrejus; welche zwar die Gebirgspässe besetzt hielten, ihre Hauptmacht aber bei Jlerda ') zusammengezogen hatten und dort den Feind erwarteten. Den Fabins nun, der ihre Wachposten auf den Pyrenäen geworfen, griffen sie beim Uebergang über den Fluß Sicorus **) unversehens an und todteren ihm viele Mannschaft, welche durch das vor bewerkstelligtem Uebergange erfolgte Zerreißen der Brücke abgeschnitten wurde. Als aber bald darauf Cäsar *"> dazu kam, mittelst einer andern Brücke über den Fluß setzte und ihnen eine Schlacht anbot, trauten sie sich lange nicht, mit ihm handgemein zu werden, sondern blieben ruhig ihm gegenüber im Lager b). Dadurch ermuthigt suchte er eine zwischen ihnen und der Stadt gelegene feste Stellung zu gewinnen, um sie von dieser abzuschneiden. Afranius aber, als er seine Absicht bemerkt, kam ihm zuvor, schlug den Angriff ab, verfolgte die Fliehenden und hielt ein« Weile dem Ungestüm der aus dem Lager Nachgerückten Stand, wich dann geflissentlich und lockte sie in eine vortheilhafte Stelle, wo er eine noch größere Anzahl niedermachte. Durch diesen Vorgang ermuthigt, fielen sie die Futterhvlendcn an und brachten den Zerstreuten Verlust bei. Als ein Heertheil aufs jenseitige Ufer kam und indessen die Brücke durch einen Sturm zerrissen ward, gingen sie auf der ander» Brücke, die dicht *) Jetzt Serida. Jetzt Segre. **') Mit achthundert Reitern. Bergt. Cäsar V. K. 7, 48 — 51. -D Vergl. Florus IV, 2. 28. Ein und vierzigstes Buch. 49L bei der Stadt war, über den Fluß'und richteten, da Nie» man» zu Hülfe kommen konnte, Alle zu Grund *). ,i. Durch diese Vorfälle kam Cäsar, als auch der Bundesgenossen Keiner, weil die Feinde sie, auf die jedesmalige Kunde von ihrer Annäherung, auffingen, ihm zu Hülfe kam, und die Lebensmittel, im fremden Lande und unter nachthei- ligen Treffen, mit Müde Herbeigeschaft wurden, in große Noth. Auf diese Nachrichten gab man in Rom, als könnte er sich nicht länger halten, seine Sache verloren, neigte sich auf die Seite des PompejuS, und unter Andern gingen auch wieder einige Senatoren zu Diesem ab; und wären nicht indessen die Massilier "), obgleich von Domirius unterstützt und durch ihre Erfahrung im Seewesen im Vortheile, von Brutus durch die Größe seiner Schiffe und die Tapferkeit der Mannschaft in einer Seeschlacht besiegt und völlig in die Stadt eingeschlossen worden, so hätte Nichts mehr seinen gänzlichen Untergang aufgehalten. Nun aber that die geflissentlich übertriebene Schilderung dieser Erfolge bbi einigen Hispaniern solche Wirkung, daß sie sich für Cäsar euischieden. Durch ihren Beitritt bekam er jetzt Lebeusmitkel im Ueber- flusse, schlug Brücken, setzte den Feinden zu und machte durch unversehnen Ueberfall der in der Gegend Umherschwär- menden, deren Viele nieder. ->,. Afranius, dadurch entmuthigt, und weil ihm seine Stellung in Jlerda nicht mehr sichert und in die Länge haltbar schien, beschloß sich auf den Jbärus sEbros und die dortigen Städte zurückzuziehen; und brach bei Nacht auf, in *> Bergt. Cäsar B. Kr. I, 51. **d Bergt. Cäsar B. K. I, 56. 494 Casflus Dio's Neckische Geschichte. der Hoffnung, die Feinde zn täuschen oder ihnen einen Marsch abzugewinnen. Zwar blieb sein Aufbruch nicht unbemerkt, man setzte ihm aber nicht sogleich nach. Denn Cäsar fand es nicht rathsam, in finsterer Nacht die der Gegend kundigen Feinde mit unerfahrenen zu verfolgen. Mit Anbruch des Tages aber eilte er ihnen nach, holte sie auf halbem Wege ein und umringte sie von Weitem von allen Seiten. An Zahl war er ihnen weit überlegen und durch die tiefe Lage der Gegend begünstigt. Zum eigentlichen Kampfe wollte er es nicht kommen lassen, weil er besorgte, sie möchten durch Verzweiflung zur Tollkühnheit getrieben werden und auch hoffte, ohne Schwertstreich ihrer Meister zn werden. S» ging es auch. Da sie auf mehrern Seiten vergeblich versucht hatte», sich durchzuschlagen, schon dadurch und durch Nachtwachen und den Marsch erschöpft, ohne Lebensmittel . „Glaubt nicht, daß ihr, weil ihr im Felde stehet, besser als eure Mitbürger seyet — seyd ihr doch beide Römer! Auch sie waren, wie ihr, Soldaten und werden'S seyn — noch, daß die Waffen in eurer 'Hand zu Freveln euch berechtigen. Noch sind die Gesetze mächtiger als ihr, und die Zeit wird kommen, daß auch ihr dif Waffen niederleget. Trotzet nicht auf eure Menge; weit stärker als ihr sind die Mißhandelten, wenn sie zusammentreten. Und sie ») Weil gleich darauf die Gallier benannt sind, so hat man hier unter Celten Germanen zu versiehe». 800 Cassius Dio's Römische Geschichte. thun es, wenn ihr so verfahret. Verachtet, weil ihr die Barbaren besiegtet, nicht sie, vor denen ihr weder an Geschlecht, rivch Gesittung, noch Lebensart, noch Gebräuchen das Geringste voraus habt. So erlaubt euch denn, wie's Pflicht und Vortheil von euch fordern, keine Gewaltthat, keine Mißhandlung gegen sie. Nehmt von ihrem freien Willen, Wessen ihr bedürft und erwartet die Geschenke, die sie selbst euch bieten." 5-. „Außer dem hier Gesagten und Dem, was sich weiter darüber sagen ließe, bedenket noch, daß wir nach Italien gekommen, um dem bedrängten Vaterlande beizuspringe» und es vor Uebelthätern zu bewahren. Hätte es nicht in dieser Gefahr geschwebt (aus der wir jetzo es befreit),, so wären wir nicht mit gewaffnetcr Hand allhier erschienen, und hätten die Kriege wider die Celten und die Britannier unvollendet gelassen, die wir gleichfalls noch hätten beendigen können. Ständen wir nicht mit uns selbst im Widerspruch, wenn wir gekommen wären die Unbilden Anderer zu bestrafen, und würden uns gleicher Gewaltthat vermessen? Wäre es nicht kläglich, wenn wir das Vaterland, zu dessen Hülfe wir erschienen, in die Nothwendigkeit versetzen sollten, neue Beschützer wider uns zu suchen? Immer habe ich meine Sache für so viel gerechter als die des Pvmpejns angesehen, daß ich ihn auch oftmals zu rechtlicher Erörterung aufgefordert und, weil er seiner Schuld sich bewußt in keine friedliche Entscheidung sich eingelassen, gehofft, das ganze Volk und alle Bundesgenossen auf meine Seite zu bekommen. Nun wir uns aber solcher Dinge unterfangen, weiß ich weder Etwas für mrch, noch Etwas gegen Jene vorzubringen. Die LSI. Ein und vierzigstes Buch. Sicherung des Rechtsstcnides muß unsre erste Sorge seyn, auf ihr beruht unsre Hoffnung auf Sieg, ohne sie ist kein Glück, wenn auch anfangs günstig, von Bestand." LL. ,,Daß Dieß die Natur der Sache so mit sich bringt, sehen wohl die Meisten von euch ein und thun gewiß, unaufgefordert, ihre Pflicht. Ich habe euch deßwegen zusammen berufen, um Zeugen und Zuschauer Dessen, was ich thun und spreche» würde, zu seyn. Nicht ihr also traget die Schuld, vielmehr verdienet ihr alles Lob. Aber ihr sehet, daß einige Wenige unter euch, die , obgleich sie schon oft gefrevelt und noch nie gestraft worden, noch drohenIwollen. Ich halte überall nicht für zuträglich, daß der Vorgesetzte gegen den Untergebenen in Nachtheil komme, noch dürfte es von guten Folgen seyn, wenn Derjenige, welcher gehorchen soll, dem Obern Befehle vorschreiben will. Sehet zu, wie es mit der Hausordnung stände, wenn die Zungen den Alten die Achtung verweigerten, wie mit den Schule», wenn die Schüler nach den Lehrern Nichts fragten, wie mit der Genesung der Kranken, wenn diese nicht in Allem den Vorschriften der Aerzte folgten, wie mit der Sicherheit auf den Schiffen, wenn das Schiffsvvlk dem Steuermann den Gehorsam versagte. Die Natur hat einmal die heilsame und nothwendige Anordnung gemacht, -daß der Eine befiehlt und die Andern gehorchen. Nichts vermag ohne Dieß auch auf die kürzeste Zeit zu bestehen. Dem Vorgesetzten liegt es ob, Was Noth thut, auszudeuten und anzuordnen, dem Untergebenen, ohne Widerrede zu gehorchen und das Befohlene zu vollziehen. Deßhalb wird auch die Weisheit dem Unverstand, die Erfahrung dem Unerfahrnen übergeordnet. Dio Casfius. 4s Bdchn. 10 502 Cassius Dio's Römische Geschichte. Zz. Wenn dem nun so ist, so werde ich diesen Aufrührern weder durch Zwang nachgeben, noch mir dürch Gewalt Etwas abtrozen lassen. Wozu wäre ich dem Geschlechte des Aeneas und des Iulus *) entsprossen? wozu hätte ich die Prätur, wozu das Consulat verwaltet, wozu die Einen von euch mit mir aus der Heimath ins Feld geführt, und die Andern später mir zugesellt? wozu so lange Zeit die pro- cvnsularische Würde bekleidet, wenn ich, Lurch den ihr die Gallier bezwungen, die Britannier besiegt habt, von dem Nächsten Besten unter euch mir befehlen lassen und mich, j-pt Italien, in der Nachbarschaft Roms vor ihm besiegt geben in sollte? Welche Besorgnisse, welche Furcht sollte dazu mich vermögen? etwa daß Einer von euch mich morden könnte? Ja, wäret ihr Alle solcher Gesinnung, lieber wollte ich freiwillig sterben, als die Feldherrnwürde schänden, als das Hochgefühl der Obmacht, das mir meine Stellung gibt, schwächen lassen. Denn weit Höheres, Wichtigeres, als eines Mannes Leben, steht auf dem Spiele, wenn man aufkommen läßt, daß die Soldaten den Anführern befehlen und das Recht der Selbstgesehgebung an sich reißen. Doch damit hat mich auch noch Keiner bedroht, (denn er wäre, ich bin es überzeugt, von euch auf der Stelle niedergemacht worden), aber vom Dienste sagen sie sich los, als wären sie erschöpft, die Waffen legen sie nieder, als wären sie von Beschwerden angestrengt, sie wollen, wenn *) Vergl. XIZII, 22. wo. die Erbauung eines Tempels der Venus, Gattin des Anchiscs und Mutter des Iulus, erwähnt wird. 503 Ein und vierzigstes Buch. ich's ihnen nicht gutwillig erlaube, Reih' und Glieder verlassen und zu Pompejus übergehen, wie Einige laut sich äußern. Wer wollte aber nicht gerne solcher Menschen los und ledig seyn? Wer wollte nicht Jenem solche Soldaten wünschen, die, mit dem Gegebenen nicht zufrieden, gegen dte Befehle sich auflehnen, und, in der Blüthe ihrer Jahre Alter, bei voller Manneskraft Entkräftung vorschützend, ihren Obern befehlen, ihre Anführer tyrannisiren wollen? Tausendmal lieber wollte ich mit Pompejus auf jede Bedingung mich vergleichen und Alles über mich ergehen lassen, als thun, Was sich mit meiner angestammten Ehrenhaftigkeit und meinen Grundsätzen nicht verträgt. Sollte euch entgangen seyn, daß ich nicht nach Macht oder Schätzen strebe? Laß ich nicht gemeint bin, Etwas zu beginnen, zu dessen Erreichung ich gegen Jemand heucheln, irgend Jemanden schmeicheln oder schbn thun müßte? So seyd ihr denn eures Dienstes entlassen — ihr — wie soll ich euch nenne»? — aber nicht, wie ihr wollet und ansprechet, sondern wie es das gemeine Wohl und das meinige erheischt!" Nun ließ er sie um den zehnten Mann lovsen und die Verwegensten (es war schon so eingerichtet, daß nur sie das Loos traf) hinrichten; die Andern aber entließ er, als brauchte er sie nicht weiter; sie aber wollten, ihren Fehltritt bereuend, wieder in Dienste treten. 26 . Noch war er im Anzüge begriffen, als der Prätor Marcus Aemilius Lepidus, der später an dem Triumvirate Theil hatte, dem Volke vorschlug, Cäsarn zum Dictator zu erwählen und ihn alsbald gegen die herkömmliche Sit- 10 * 504 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. te ') dazu ernannte "). Dieser übernahm auch, sobald er in die Stadt kam, jene Würde, erlaubte sich aber keine Schreckensmaßregel, sondern gestattete allen Verbannten, außer Milo"'), die Rückkehr, besetzte die Staatsämter für das folgende Jahr (denn bis dahin hatte man statt der Abwesenden keine Andern gewählt und da kein Aedil im Lanoe war, hatten die Volkstribune Leren sämmtliche Geschäfte versehen), ergänzte die Zahl der abgestorbenen Oberpriester, ohne sich jedoch an alle hierbei üblichen Gebräuche zu halten, und gab den disscits der Alpen über dem Eridanus k) wohnenden Galliern ick), weil sie früher unter seinem Oberbefehle gestanden, das Bürgerrecht. Nachdem er diese Vorkehrung getroffen, legte er den Namen des Dictators ab, behielt aber, wie vorher , die damit verbundene Gewalt in den Händen. Denn seine Macht stützte er auf die Waffen und ließ sich eine Art gesetzlicher Befngniß von dem in Rom befindlichen Senat ertheilen, welcher ihm gestartete, Alles zn thun, was er wollte, ohne Verantwortung befürchten zu müßen. 07. Mit dieser Gewalt bekleidet, brachte er eine wichtige und dringende Angelegenheit in Ordnung. Da nämlich *) Nur der Consnl wählte sonst nach eigenem Gutdünken, oder nach dem Antrage des Senats. ") Nach Plutarch wurde er oom Senat, nach Appian vom Volke gewählt. Weil er den Massiliern zum Widerstände gegen Cäsar gerathen. , ffd Padus oder Po. kk) Schon zehn Jahre früher war die Sache zur Sprach« gekommen, aber nicht entschieden worden. LOS Ein und vierzigstes Buch. die Capitalisten, der Unruhen und Kriege wegen vieler Gelder beuöthigt, sie mit größter Härte einzutreiben suchten, und viele Schuldner, bei dem besten Willen, aus den gleichen Ursachen, weil sie nicht leicht Etwas veräußern oder aufnehmen konnten, zu zahlen nicht im Stande waren, auch viel Betrug und Unredlichkeit mit unterlief: so stand zu befürchten, daß das Uebel unheilbar würde. Zwar hatten schon vorher die Dolkstribunen den Zinsfuß herabgesetzt; weil aber auch so keine Zahlung geschah, und die Einen die verpfändeten Güter überlassen wollten, die Andern aber ihr Capital in baarem Gelde verlangten: so half Cäsar Beiden, so gut er konnte. Er befahl nämlich die Pfandgüter nach ihrem Werthe abzuschätzen und bestellte durch's Loos Schiedsrichter, welche in streitigen Fällen aburtheilen mußten. 58. Weil es aber hieß, Viele hätten große Summen daliegen, und wollten sie nicht in Umlauf setzen, so verordnete er, daß Niemand mehr denn fünfzehn tausend Drachmen ') baar an Silber oder Gold besitzen sollte, wollte aber dieß Gesetz als kein neues, sondern als bloße Erneuerung eines alten betrachtet wissen; wodurch er entweder beabsichtigte, daß die Schuldner den Gläubigern einen Theil abzahlen , und die Andern den Bedürftigen Summen darleihen möchten, oder daß so die Reichen bekannt würden, und Keiner große Summen in den Händen behielte, die er in seiner Abwesenheit zu Unruhen benützeu könnte. Als die Menge, , hierdurch übermüthig, verlangte, man sollte den Sklaven, welche ihrer Herren Vermögen verriethen, Belohnungen aus- *) Ungefähr 3400 Thlr. 506 Cassius Dio's Römische Geschichte. setzen, so nahm er es nicht in sein Gesetz aus, betheuerte vielmehr unter den schrecklichsten Selbstverwünschungen, daß er nie der Aussage eines Sclaven wider seinen Herrn glauben würde. Zg. Nach Beendigung dieses Geschäfts nahm Cäsar aus den Tempeln und dem Capital alle Weihgeschenke weg und ging gegen das Ende des Jahrs, ohne das für ihn bestimmte Cvnsulat vorher anzutreten, nach Brundusium ab. Während er sich zum Abzüge anschickt«, ließ ein Geier auf dem Markte auf einen der Anwesenden einen Lorbeerzweig fallen. Bei einem Opfer zur Ehre der Glücksgöttin riß sich, noch unver- wundet, ein Stier los, eutlprang aus der Stadt nach einem See und schwamm über denselben. Dieß ermuthigte den Cäsar nur noch mehr, seinen Abzug zn beschleunigen, zumal da die Wahrsager ihm, wenn er in der Stadt bliebe, Verderben , wenn er über das Meer ginge, Heil und Sieg an- kündeten. Nach seinem Auszug ordneten sich die Knaben in der Stadt aus freien Stücken in zwei Parteien; die Einen nannten sich Pvmxejanec, die Andern Cäsarianer, und nun lieferten sie sich ohne Waffen eine Art von Schlacht, in der es die Cäsarianer gewannen *>. zc>. Während Dieß in Rom und in Hjspanien vorging, vertrieben Marcue Ottavius und Lucius Scribonius Libo den Publius Cornelius Dolabella, einen Ankänger Cäsars, mit Hülfe der Flotte des Pompejus aus Dalmatien, schloßen hierauf den Casus Antonius, der ihm zu Hülfe kommen wollte, auf einer kleinen Insel") ein und bekamen ihn, von den Inselbewohnern verlassen und von Hunger bedrückt, sammt allen seinen Leuten, bis auf Wenige, in ihre Gewalt. Einige nämlich hatten sich aufs Festland gerettet, Andere aber, die auf Floße» übersetzen wollten aber aufgefangen wurden, entleibten sich selbst. ») V-rgl. Dio O, 8. ") Wahrscheinlich Corcyra, nach Penzel wäre es vielleicht Czrricta. 507 Ein und vierzigstes Buch. Curio *) unterwarf Sicilien ohne Schwertstreich; denn Catv, Statthalter dieser Insel, war, weil er sich zum Widerstände nicht stark genug sah und die Städte nutzloser Gefahr nicht aussetzen wollte, ohne ihn zu erwarten, zu Pompejus abgegangen. Curio aber setzt,e von da nach Africa über und fand dort seinen Tod. Lucius Cäsar, der gerade in der Stadt Aspis **) befehligte, verließ, bei der Annäherung der Flotte Curiv's dieselbe, und Publius Attins Va« rus, welcher mit einem starken Heer in jener Gegend stand und im Besitze vieler Städte war, lieferte ihm eine Schlacht und Alles ging verloren; aber Juba, Hiempsals Sohn, König von Numidien, der eS mit Pompejus, dem Volke und dem Senate hielt, und dem Curio schon deßhalb, noch mehr aber deßwegen grollte, weil er früher als Volkstribun ihn des Throns berauben und sein Reich zur Römischen Provinz machen wollte, ward sein gefährlichster Feind. Nicht erwartend, bis er ihm selbst ins Land fiele, ging er ihm, da er eben Uttica belagerte, entgegen, nicht mit aller seiner Macht, damit jener stch nicht auf die Kunde davon aus Besorg- niß wieder einschiffen möchte; denn er wollte ihn nicht sowohl zurücktreiben, als sich an ihm rächen. Daher schickte er nur eine kleine Heerabtheilnng voraus, ließ das Gerücht verbreiten, daß er stch anderswohin und weit von danuen entfernt hätte, folgte aber derselben nach und sah stch iu seiner Hoffnung nicht getäuscht. 4». Curio zog sich anfangs, weil er glaubte, daß Zuba selbst im Anzüge wäre, in sein Lager am Meere zurück und war entschlossen, wenn er zu stark gedrängt würde, zu Schiffe zu gehen und Africa ganz zu verlassen; auf die Nachricht *) Cajus Curio, der als Volkstribun zu Cäsar geflohen war. V-rgl. Cäsar B. K. I, ZN. Von den Römern Clupea, Clypea genannt, in der Nähe von Carthago, der Griechische wie der Römische Rame bedeutet Schild. L08 CassiuS Dio's Römische Geschichte». aber, daß nur Wenige und zwar ohne Juba heranrückten, faßte er wieder Muth und brach noch in der Nacht, wie zu gewissem Siege, um Keinen entrinnen zu lassen, auf, wurde auch, als er unterwegs Mehrere vom Vortrab im Schlafe überfallen und niedergehauen, nur noch beherzter. Gegen Tagesanbruch stieß er auf die aus dem Lager Gerückten und griff, ohne zu bedenken, daß seine Leute durch den Marsch und die Schlaflosigkeit erschöpft waren, sogleich an. Die Feinde aber hielten Stand und kämpften mit gleichen Kräften, bis plötzlich Juba selbst hervorbrach und durch das Unerwartete seiner Erscheinung und seine Ueberzahl die Schlacht entschied und ihn mit dem größten Theile seiner Leute auf der Stelle niedermachte, die Andern aber bis in das Lager verfolgte und von hier auf die Schiffe trieb. Bei dieser eiligen Flucht erbeutete er vieles Geld und richtete Viele zu Grunde. Gar manche auch von Denen, die schon entronnen, kamen um, indem sie sich bei der Einschiffung ins Wasser drängten, oder mit den überladenen Fahrzeugen untersanken. Nach solchen Vorgängen ergaben sich Andere, Gleiches befürchtend, an Varus und hofften so wenigstens ihr Leben zu retten, hatten aber auch hier kein besseres Schicksal; Juba ließ sie, weil er sie besiegt hätte, bis auf Wenige niedermachen. Ein solches Ende nahm Curio, welcher dem Cäsar den größten Vorschub gethan, und große Vergünstigungen von ihm hoffen dinfke. Juba wurde von Pompejns und den in Macedonien befindlich«» Senatoren unter andern Auszeichnungen auch mit dem Königstitel beehrt, von Cäsar aber und den Senatoren in Rom angeklagt und für einen Feind erklärt; dagegen wurden Bocchus und Bogudes, weil Feinde der Gegenpartei, Könige benannt. (Schluß folgt.) l; !-> r^x Griechische Prosaiker in neuen Übersetzungen. Htrausgegtgebtti von V. L. F. Tafel, Professor zu Tübingen, LN.Osiander «nv G.Schwab, Professoren zu Stuttgart. Hundert vier und dreißigstes Bändche«. Stuttgart, Verlag -er I. B. Metzler'sche» Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von MSrschner und Ja »er in Wien. i 8 L 5. Cassius D i o's Römische Geschichte, ü b e r s e p t von v. L e o n h a r d Tafel, Oberreallebrer an dem Grmnaüums'zn Ulm. Fünftes D ä n d ch c ii> Stuttgart, Vetlag der I- B. M e ß l e r'sehen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mdrschner nndZJasper in Wien. 1 8 z z. W Cassius Dio's Römische Geschichte. Ein und vierzigstes Buch. (S ch l u ß.) 4;. Das folgende Jahr ist*durch die doppelten Staatsämter, die Rom gegen die bestehenden Gesetze hatte, und durch die entscheidende Hauptschlacht merkwürdig geworden. In Rom hatte man Cäsar und Publins Servilius zu Con- snln, hatte Prätoren und die andern Staatsbeamten nach Vorschrift der Gesetze gewählt; die in Theffalonich dagegen halten Nichts dergleichen vorgekehrt, obgleich sich, nach Einigen, an zweihundert Senatoren und die Consuln daselbst befanden. Diese hatten auch einen Platz zu den Anspielen, „m ihnen einigermaßen die gesetzliche Förmlichkeit zu geben, ausgeschieden, so daß man glauben sollte, damit befinde sich Volk und Staat jetzt in Theffalonich. 44. Während die Dinge so standen und die Regierung getheilt war, überwinterte Pompejus in Theffalonich mrd ließ die Küste eben Inicht genau bewachen: denn er glaubte, Dio Cassius. 5s Vdchii. 2 514 Cassius Dio's Römische Geschichte. Pompcjus könnte noch nicht aus Hisxanien nach Italien zurückgekehrt seyn, und wäre er es-, so würde er doch nicht wagen, im Winter über das Ionische Meer zu setzen. Cäsar ! aber erwartete den Frühling in Brundusinm. Als er erfuhr, Laß Pompejus ferne, und das gegenüberliegende Epirus § sorglos bewacht sey, ersah er sich diesen Zeitpunkt znr Er- - vffnung des Kriegs und lauerte daselbst auf den ersten, günstigen Wind. Mitten im Winter ging er mit der Hälfte des Heers (er hatte nicht Schiffe genug, das ganze zumal über- zuscdiffen) unter Segel und fuhr, ohne daß Marcns Bibulus, dem die Bewachung des Meeres aufgetragen war, es gewahrte, nach den sogenannten Acrsceraunieu sdem Cerauni- schen Vorgebirges, der äyZersten Spitze von Epirus an der Mündung des Ionischen Meerbusens, über. Hier angelangt, schickre er, noch ehe bekannt geworden, daß er auskaufen wolle, die Schiffe nach dem übrigen Heer in Brundusium ab. Diesen aber brachte Bibulus auf hoher See großen Schaden bei und nahm mehrere weg: so daß der Erfolg den Cäsar . belehrte, daß er bei seiner Uebcrfahrt mehr Glück als Verstand gehabt. -5. Während dieses Verzugs nahm er Oricum, Apol- lsnia und andere Plätze jener Gegend, die von den Besatzungen deS Pompejus geräumt worden waren, in Besitz.' Äxsllonia, eine Pflanzstädt der Corinthier, hat in Hinsicht rrS Meers, und des-Landes, hauptsächlich aber gegen die Flüsse, die -trefflichste Lage. Am merkwürdigsten aber war -s,r mich das Feuer, welches häufig am Flusse Anas *) aus swnst Avus, oder Aeas genannt. 515 Ein und vierzigstes Buch. der Erde steigt, ohne in die umliegende Gegend um sich zu greifen, noch selbst diejenige, wo sie sichtbar wird, auszubrennen, oder auch nur auszudörren; vielmehr grünen Pflanzen und Bäume ganz nahe dabei: bei Platzregen aber wird es stärker und lodert auf; deßhalb wird es auch Nymphäum genannt, und dient zn einem Orakel, mit welchem es folgende Bewandtnis; hat. Man -nimmt Weihrauch, wünscht sich irgend Etwas, und wirst ihn mit dem Wunsche in das Feuer. Dieses nimmt ihn, wenn der Wunsch in Erfüllung gehen soll, gierig an, leckt, wenn er außer seinem Bereich gefallen, selbst zu ihm hinüber und verzehrt ihn: soll der Wunsch aber unerfüllt bleiben, so berührt es ihn, und fiele er mitten in die Flamme, nicht, sondern ^veicht ihm aus und entflieht. Eines von beiden geschieht bei allen Fragen, nur nicht beim Tode und der Verheirathung: darüber darf es gar nicht befragt werden. So viel von diesem. z6. Als Antonius, der die in Brundusium. Zurückgelassenen nachbringen sollte, zögerte, und auch, wegen des stürmischen Wetters und des Bibulus, keine Nachricht von ihnen kam, besorgte Cäsar, sie möchten (wie das in Bürgerkriegen so gerne geschieht), laviren und den Ausgang abwarten wollen, und beschloß deßhalb selbst und allein nach. Italien überzufahren. Er bestieg, unter fremdem Namen, ein Boot, gab vor, er sey von Cäsar geschickt, und zwang den Steuermann, obgleich es stürmte, vom Lande zu stoßen. Als sie fern vom Lande. waren, der Sturm tobte, und die hochgehende See sie in Schrecken setzte, daß der Steuermann trotz allen Drohungen nicht weiter zu schiffen sich getraute, 516 Cassius Dio's Römische Geschichte. «nd gegen seinen Willen umkehren wollte: gab er sich zu erkennen, als wollte er damit den Sturm zum Schweigen bringen und sprach: Sey getrost, du führst den Cäsar! Solche Zuversicht und Hoffnung hatte er in Folge eines Orakels, oder sonst woher, daß er, trotz dem Anscheine des Gegentheils, seiner Rettung sich versichert hielt. Doch gelang ihm die Ueberfahrt nicht; nach langen, fruchtlosen Anstrengungen kehrte er zurück. 4?. Hierauf lagerte er sich an dem Apsus dem Pompe- jus gegenüber. Sobald Dieser seine Ankunft erfahren, eilte er unverzüglich, in der Hoffnung, ihn, ehe er die Leute unter AntoniuS an sich zöge, mit leichter Mühe zu bezwingen, mit einem Theile seines. Heers nach Apollonia. Cäsar ging ihm bis an den Fluß entgegen, indem er glaubte, auch so den Anrückenden gewachsen zn, seyn : als er aber ihre große Ueberlegenheit merkte, verhielt er sich ruhig. Um sich jedoch nicht den Schein der Furcht zu geben, oder daß er die Feindseligkeiten eröffnet habe, machte er ihnen einige Friedensvorschläge und gewann damit Zeit. Pompejus sah Dieß ei» und wünschte deßhalb je eher je lieber sich mit ihm zu schlagen; deßhalb versuchte er über den Fluß zu setzen: die.Brücke aber brach unter der Last, und Pvmpejns, welcher Diejenigen, die schon hinüber waren, abgeschnitten und verloren *) sah, unternahm Nichts weiter, schmerzlich betroffen, daß sein erstes Unternehmen in diesem Kriege fehlgeschlagen. Als in dieser Zeit auch Antonios eingetroffen war, wurde Pom- xejus in Furcht gesetzt und zog nach Dyrrhachium zurück. *) Cäsar erwähnt dieses Verlustes nicht. Ein und vierzigstes Buch. Lj.7 48. So sänge Bibulus lebte, wagte Antonius nicht von Brundusiiim auszukaufen (so genau hielt Jener das Meer bewacht); als aber Dieser den Anstrengungen erlegen und todt war und Libo ') die Flotte übernommen, glaubte er, Diesen nicht mehr fürchten zu dürfen, und verließ den Hafen, entschlossen, selbst mit Gewalt die Ausfahrt zu erzwingen. Als er wieder nach der Küste zurückzugehen genöthigt wurde, vertheidigte er sich tapfer gegen Libo, der ihn angriff und ließ ihn, als er später landen wollte, an der ganzen dortigen Küste nicht an das Land kommen. Wie nun Dieser, ohne Ankerplatz nnd Wasser (die kleine Insel, die vor dem'Hafen lag, an der er allein anlegn, konnte, halte weder Hafen noch Wasser) sich nicht länger halten konnte; fuhr er weiter an einen Ort, wo er Beide- fand. So segelte denn Antonius ab; und obgleich Libo, als er ihn auf der hohen See sah, angreifen wollte: konnte er ihm Nichts anhaben, denn ein heftiger Sturm verhindeite den Angriff und beschädigte beide Flotten. 4g. So kamen die Truppen glücklich davon, Pomp-jus aber zog sich, wie schon erwähnt worden, nach Dyrrhacdium, nnd Cäsar folgte ihm, um so getroster, weil er ihm Lurch die erhaltene Verstärkung überlegen war. Dyrrhachium liegt im Lande, das vorher nach der Parrhi, isckicn Jllyricrn genannt war, wird aber jetzt (nnd wurde schon damals) zu Macedonien gerechnet. Es ist sehr gut gelegen: sey es nun die Torcyräische Stadt Epidamnus, oder eine andere. Die *) Nach Cäsar wurde die Flotte zwischen Octavius und kil-o getheilt. 513 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. Schriftsteller, welche Letzteres behaupten, leiten ihren Ursprung und Namen von dem Helden Dyrrhachus ab. Die Andern geben an: ihr erster Name sey von den Römern wegen der schwierigen Anlandung in Dyrrhachinm umgeändert worden; weil der Name Evidamnus (von äuranum) in der lateinischen Sprache, den Begriff des Schadens in sich schließt, und so für die dahin Ueberfahrenden von übler Vorbedeutung schien. Lo. In dieses Dyrrhachinm flüchtete Pompejus zurück und bezog ei» Lager außerhalb der Stadt, das er durch tiefe Gräben und starke Pallisaden befestigte. Cäsar lagerte ihm gegenüber und »hat einen Angriff auf die Verschanzuug, in der Iuversicht, sie mit leichter Mühe mit der Uebcrzahl seiner Leute zu erobern, ward aber zurückgeschlagen und begann, sie ringsum mit Befcstigungslinien einzuschließen. Während er Dieß that, befestigte Pompejus sein Lager duich Pfähle, Wall und Graben, und besetzte die Anhöhen mit Thürmen und Posten, so daß man rings umher seinen Schanzen nicht beikommcn konnte, und-ein Angriff den Feinden, selbst wenn sie rie Oberhand behielten, unendlich schwer werden mußte. Indessen fielen häufige Scharmützel vor, in denen bald die Einen, bald die Andern siegten oder den Kürzern zogen, und beide Theile ziem'äch gleich viel Leute verloren. Nun machte Cäsac auf Dyrrhachinm und dessen Besatzung selbst bei Nacht zwischen den Sümpfen und dem Meer, in Hoffnung auf Verrath, einen Angriff und drang bis in die schmal, n Dämme vor; hier aber wurde er auf e,nmal von einer großen Anzahl Feinde von vorne und von «nsern, die sich auf die Schiffe geworfen hatten, von hinten SIS Ein und vierzigstes Buch. angegriffen, verlor viele Leute und wäre beinahe selbst ums Leben gekommen. Dadurch ermuthigt, machte Pompejus Nachts einen Ausfall auf seine Schanzen und es gelang ihm, sie durch den unerwarteten Angriff zu erobern und unter den dabei Lagernden ein großes Blutbad anzurichten. 5,. Dieser Vorfall und der Mangel an Lebensmitteln (denn die See und das ganze Land umher war ihm feindlich, und Mehrere seiner Leute waren blos deßhalb übergegangen) ließen Cäsar befürchten, er möchte bei längerer Belagerung selbst aufgerieben oder auch von den Seinige» vollends verlassen werden: daher ließ er, Was er aufgebaut, niederreißen und die Verschanzungen zerstören. Sodann brach er plötzlich auf und zog nach Thessalien. Zu eben der Zeit nämlich, da er Dyrrhachium belagerte, hatte er den Lucius Cassius Lon- ginus und Cneus Domitius Calvinus nach Macedonien und Thessalien gesendet. Longinus war daselbst von Scipio und dem Thracier Sadalus aufs Haupt geschlagen; CalvinuS aber, von Fanstus aus Macedonien vertrieben worden, mit Hülfe der Locrer und Aetoler aber in Thessalien eingefallen, einem Hinterhalt Scipio's glücklich entgangen, hatte ihn sogar selbst in einen Hinterhalt gelockt und besiegt und sodann demselben mehrere Städte weggenommen. Dahin eilte nun Cäsar, in der Hoffnung; in ihrer Nähe leichter Mundvorrath zu erhalten und den Krieg fortzuführen. Weil ihn aber des erlittenen Unfalls wegen Niemand aufnehmen wollte, stand er »othge- drungen von den andern ab, fiel aber über Gomphi, ') eine *) Sonst Gomphos, vergl. Cäs. III, 8-, die erste Stadt, wenn man von SpirnS nach Thessalien kommt. 520 bassius Dio's Römische Geschichte. kleine Stadt in Thessalien, her, eroberte es, ließ Viele niedermachen und Alles ausplündern, um die andern Städte dadurch in Furcht zu sehen. Dieß hatte denn auch die Folge, daß sich eine andere kleine Stadt, Metropolis, nicht einmal zur Wehr sehte, sondern ohne Schwertstreich ergab. Dieser that er Nichts zu Leide, bekam deßhalb auch noch andere leichter in seine Gewalt, und kam er wieder zu Kräften. S-. Pvmpejns verfolgte ihn nicht; da Cäsar bei Nacht aufgebrochen nnd eilig über den Fluß Genüsus gegangen war: sondern glaubte bereits, den Krieg beendigt zu haben. Deßhalb nahm er den Titel Imperator an, erlaubte sich aber keine Großsprecherei, und umwand seine Fasces nicht mit Lor- bern; weil er eS für unwürdig hielt, sich wegen des Sieges über Mitbürger zu brüsten. Aus demselben Grunde ging er weder selbst nach Italien, noch sendete er Andere dahin ab: ob er es gleich ohne viel Mühe bezwungen hatte. Denn er war au Schiffen weit überlegen, da er fünfhundert Schnellsegler hatte, mit denen er überall landen konnte; auch war man ihm dort nichts weniger als abgeneigt: und wäre man's auch noch so sehr gewesen, so hatte man keine hinlängliche Macht entgegen zu stellen. Lieber wollte er, um den Schein, als kämpfe er für Rom, zu haben, ferne davon bleiben, um die Stadt nicht von Neuem in Schrecken zu setzen. Daher unternahm er Nichts wider Italien, und mochte dem Senat auch keine Meldung seines Sieges thun: vielmehr wandle er sich gegen Cäsar und kam in Thessalien an. 5r. Als sie so einander gegenüber gelagert waren, gemährte der Anblick der Lager den Anschein von Krieg; die Waffen aber ruhten wie im Frieden. Die Größe der Gefahr Ein und vierzigstes Buch. 52 t und das Ungewisse und Unberechenbare des Erfolgs bedenken-, wohl auch einige Scham über Das empfindend, was sie gegen Landsleute und Verwandte zu thun vorhatten, zögerten fle, ließen auch neue Friedensvorschläge machen, und Einige gaben sich dem leeren Wahne hin, daß es zu einer wirklichen Versöhnung kommen dürfte. Wie war es aber möglich? Beide strebten nach der Oberherrschaft, Beide, von Natur ehrgeizig, uud durch die Umstände eifersüchtig, wollten, da man am wenigsten von Ebenbürtigen und Verwandten sich Etwas gefallen läßt, einander in Nichts nachgeben , weil Jeder zu siegen hoffte. Beide konnten sich, wen» auch ein Vergleich zu Stande, kam, nicht trauen, immer besorgt, es möcht- der Andere höherer Macht begehren, und zu neuem Partcikriege sich erheben. 5^. Denn nur so weit unterschieden sich ihre Bestrebungen, daß Pompejus nirgend der Zweite, Cäsar überall der Erste seyn wollte: Jener wollte »«erzwungene Verehrung, freiwillige Unterordnung, Liebe; Cäsarn aber machte es keine Sorge, wenn er über Andere auch gegen ihren Willen herrschte, auch gehaßt befahl, und Ehre nur sich selbst gab. Die Handlungen, wodurch Jeder fein Ziel zu erreichen suchte, waren die gleichen und mußten es seyn. Keiner konnte erlangen, wonach er strebte, ohne seine Mitbürger zu bekriegen, Ausländer gegen seine Landslcute zu führen, Gelder auf unrechtmäßige Weise zusammenzurauben, uud Viele selbst der besten Freunde hinzuopfern. So sehr also ihre Begierden verschieden waren, so war doch die Handlungsweise, durch welche sie jene zu befriedigen suchten, dieselbe. Darum gaben fle auch einander nicht nach, und Jeder suchte seine 522 CassiuS Dio's Römische Geschichte. Sache zu beschönigen, bis es endlich zum Handgemenge kam. 55. Und war je ein Kampf wichtig, so war es dieser. Sie, die zwei Führer, galten nicht blos bei den Römern, sondern in der ganzen damals bekannten Welt für die größten Meister in jeder Kunst des Krieges. Von Jugend auf in den Waffen geübt und mit Kriegen vertraut, hatten sie große Thaten verrichtet und verdienten, wie durch Tapferkeit ausgezeichnet, so durch Glück begünstigt, den ersten Preis der Feldherrnkunst und des Sieges. Der Kern und die Mehrzahl von Cäsars Heere hatte in Römischen Legionen gedient, oder war aus der streitbarsten Mannschaft ganz Italiens, Spaniens, Galliens und der von ihm bezwungenen Inseln gebildet. Pompejus hatte viele Senatoren, Ritter und ausgehvbene Krieger mit sich genommen, und aus den Provinzen und von den mit Rom verbündeten Völkern und Königen eine große Macht um sich versammelt. Denn außer Pharnaces und Orvdes (diesen, obgleich einen Feind seit der Ermordung der Crassus, hatte er zu gewinnen gesucht) unterstützten ihn alle Andern, die nur irgend mit ihm befreundet waren, mit Geld, und schickten oder führten ihm Hülfs- truppen zu. Der Parthcr hatte ihm, gegen Abtretung Syriens, gleichfalls Hülfe zugesagt, blieb aber, weil man hier nicht willfahrte, aus. Die Uebermacht des Pompejus glich Cäsar durch die Streitbarkeit der Deinige» aus: so stand bei gleichem Ehrgeize die Wagschale der Kräfte und der Gefahr bei Beiden gleich. 56. Aus vorgedachten Gründen, und der Veranlassung und der Absicht des Krieges wegen, war dieser Kampf von 52L Ein und vierzigstes Buch. höchster Wichtigkeit. Die Stadt Rom mit ihrer ganzen Macht, so groß und ausgedehnt sie schon damals war, lag als Preis vor dem Sieger: denn Allen war klar, daß sie dem Ueber- windcr dienen müßte. Mit dieser Aussicht waren Pompejus ! seiner Siege in Africa, gegen Sertorins, Mithridates, Ti- ^ granes, auf dem Meere; Cäsar Galliens, Hispaniens, des Rheins «nd Britanniens eingedenk, und überzeugt, daß all Dieß auf dem Spiele stand, und, begierig auch den Ruhm des Gegners sich zuzueignen, zu höchster Anstrengung ange- > spornt. Denn nicht nur der Besitz des Besiegten, auch sein Ruhm wird dem Sieger zu Theil. Je größer und mächtiger der Gegner ist, den Jemand überwindet, um so höher hebt er sich selbst. 5/. Deßwegen waren auch die Reden, die sie an ihre Heere hielten, einander gleich; sie sagten Alles, was in solcher Lage über die Gefahr des Augenblicks und ihre Folgen sich sagen ließ. Da sie aus demselben Freistaate hervorge- ! gangen, und über denselben Gegenstand zu reden hatten, mußten sie nothwendig darin zusammentreffen, daß Jeder den Andern als einen Tyrannen schilderte, sich selbst aber als ihren Befreier pries: „hier sey Hell, dort Tod, hier Herrschaft, dort Sklaverei, hier Alles gewonnen, dort Alles verloren, hier das größte Unglück, dort die Macht über Alles ! zu gewarten." Durch solche Reden suchten sie die Bürger anzufeuern; die Unterthanen und die Bundesgenossen durch Hoffnung auf eine bessere Zukunft und durch Furcht vor härteren Schicksalen anzuspornen, und führten so Landsleute, Zelt-,Tisch - und Bundesgenossen sich einander zu würgen. Doch warum sollte man das Loos der Andern beklagen, da 524 Eassius Dio's Römische Geschichte. die Führer selbst all Dieß einander selbst waren, sich die geheimsten Anschläge anvertraut, und mit einander ausgeführt hatten, ja selbst durch das Band der Verwandtschaft mit einander verknüpft, dasselbe Kind der Eine als Vater, der Andere als Großvater geherzt, und einander dennoch feindlich gegenüberstanden? Denn Las Band, welches die Natur durch Verwandtschaft geknüpft, wurde jetzt durch unersättliche Herrschsucht aufgelöst, getrennt, zerrissen. Also ward Rom für, und wider sich zu kämpfen genöthigt und in seinem Siege besiegt. 53. So stellten sie-sich denn zu solchem Streite einander gegenüber; wurden aber nicht sogleich handgemein: eines Vaterlandes Bürger, eines Hauses Kinder, hatten sie einerlei Waffen, einerlei Schlachtordnung, und bedachten sich, den Kampf anzuheben, einander zu morden. Tiefe Stille herrschte in beiden Heeren, tiefe Niedergeschlagenheit. Keiner drang vor, Keiner regte sich; die Augen niedergeschlagen standen sie wie leblos da. Besorgt nun, sie möchten durch längere Zögerung entmuthigt werden, oder wohl gar sich vertragen, ließen Cäsar und Pompejus zum Angriffe blasen und die Soldaten das Feldgeschrei erheben. Beides geschah; aber nicht nur erhob Dieß nicht ihren Muth, sie wurden vielmehr durch den gleichen Trompetenschall, und das gleichsprachige Feldgefchrei, noch mehr erinnert, daß sie Eines Volkes und Bruder wären. Sie brachen in Thränen und Klagen aus. 5g. Endlich als die Hülfsvölker den Angriff begannen, stürzten auch die Römer, durch sie zur Wuth gereizt, besinnungslos in den Kampf. Die Andern, die aus der Ferne Ein und vierzigstes Buch. LL5 stritten und nicht wußten, Wen sie mit den Pfeilen, Wurfspießen und Schlendersteinen trafen, waren minder übel daran; desto härtern Stand hatten die Schwerbewaffneten und die Reiterei, die so nahe an einander geriethen, daß sie mit einander reden konnte«. Sie kannten ihre Gegner, verwundeten sich, riefen sich an, stießen sich nieder : sie erinnerten sich des gemeinsamen Vaterlandes, und mußten dem liegenden die Rüstung nehmen. Solches litten und thaten sich die Römer und die Italischen Bundesgenossen, wo sie auf einander trafen. Viele trugen ihren Mördern noch Mancherlei an die Ihrigen und in die Heimath auf. Die Truppen aus den Provinzen stritten mnthig und schonungslos, wie einst für die eigene Freiheit, so jetzt, die Römer zn Sclaven zu machen , und ihnen, denen sie sonst in Allem nachgestanden, ein gleiches Schicksal zu bereiten. So. Am hitzigsten und vielgestaltetsten war hier die Schlacht schon deßhalb, aber auch wegen der Menge und der verschiedenartigsten Bewaffnung. Eine unzählbare Menge von Schwerbewaffneten, Reitern, Bogenschützen und Schleuderen« bedeckte das Schlachtfeld; und, überall hin verbreitet, fochten sie durcheinander bald Freund gegen Freund (weil Alle gleiche Waffen hatten) bald gegen die Feinde. Ueberlcgen waren unstreitig die Pvmpejaner an Reiterei und Bogenschützen, so daß sie, wenn sie von fern einen Theil überflügelt hatten, plötzlich über ihn herfielen, stein Unordnung brachten und sich wieder zurückziehen konnten, dann bald von dieser, bald von jener Seite den Angriff erneuerten. Um sich ihrer zu erwehren, rückten die Eäsarianer mit ihren Gliedern auseinander, und machten überall Fronte gegen die Angrci- 526 Cassius Dio's Römische Geschichte rc. senden, gingen ihnen zu Leibe und fielen Roß und Mann imithig an; da eben hierzu Leichtbewaffnete ihren Gliedern eingemischt waren: und Dieß geschah nicht an Einem Orte, sondern, wie ich schon erwähnte, bald hier bald dort, so daß man die Einen aus der Ferne, die Andern in der Nähe fechten, die Einen verwundet, die Andern verwundet werden, hier fliehen, dort verfolgen, und so viele Kämpfe zu Fuß, viele zu Pferd, i» den verschiedensten Gestalten sah. Oft veränderte sich plötzlich die Scene. Wer so eben verfolgte, floh; ein Anderer, der so eben noch ausgewichen, griff jetzt an. Der so eben verwundet hatte, ward selbst verwundet, der Gefallene erlegte deg Stehenden. -Viele, noch unver- wundet, wurden gerödtet, Andere, schon halb todt, mordeten noch. Die Einen freute« sich und stimmten den Siegsgesang an, die Andern brachen vor Schmerz in Wehklagen aus. Das ganze Schlachtfeld war ein Geschrei und Gewinselt Dieß selbst schon brachte Viele außer Fassung. Die sremdtönenden, unverständlichen Worte der Ausländer waren schreckbar; verstand man sich, so war das Leiden noch verdoppelt : denn außer dem eigenen Leiden sah und hörte man noch das seiner Nachbarn. 6>. Nachdem sehr lange mit unentschiedenem Erfolge gekämpft worden, und Viele auf beiden Seiten gsfallen oder verwundet waren, wurde Pompejus endlich, dessen Heer zum größten Theil aus Asiatischen, nicht im Krieg geübten Völkern bestand, besiegt: wie ihm Dieß schon vor der Schlacht durch Vorzeichen angekundet war. Blitze waren auf sein Lager herabgeschossen; Feuer vom Himmel, das über Cäsars Walle erschienen, fnhr auf den seinigen herab: an seine Feld- 527 Ein und vierzigstes Buch. zeichen letzten sich Schwärme von Bienen an: viele der Lpferthiere entrannen noch von dem Altare weg. Auch der übrigen Welt kündete sich diese Schlacht an: an vielen Orten rückten am Himmel Heere gegen einander an, ließ sich Waffenklang hören; in PergamuS erhob sich vom Dionysos- tempel ein Klang von Pauken und Cymbeln und wurde von da durch die ganze Stadt gehört; in Tralles sproßte im Siegestempel ein Palmbaum auf, und die Göttin hatte sich gegen Cäsars Bildsäule, die ihr zur Seite stand, hin gekehrt; den Syrern verkündeten zwei Jünglinge den.Ausgang der Schlacht, und verschwanden; in Patavium, welches damals zu Gallien gehörte, jetzt aber zu Italien gerechnet wird, verkündeten die Vögel nicht nur die Schlacht, sondern stellten sie gleichsam sichtbar dar. Ein gewisser Casus Cornelius erkannte daraus Alles, was vorging, und setzte es den Anwesenden auseinander. Dieß trug sich an eben dem Tage zu; anfangs ließ man, wie begreiflich, die Sache dahingestellt: als aber die nähere Nachricht kam , erregte es allgemeine Verwunderung. 6-. Wer von den Pompejaueru nicht auf dem Platze blieb, rettete sich, so gut er konnte, oder ergab ») sich dem Sieger. Die Truppen in Reih' und Glied begnadigte er und nahm sie in seine Legionen auf; die Senatoren und Ritter aber, die er schon früher gefangen genommen und begnadigt hatte, ließ er hinrichten; mit Ausnahme Derjenigen, für welche seine Freunde, deren Jedem er Eines Rettung erlaubte, Fürsprache thaten: die andern aber, die zum erstenmal gegen ihn die ') Ich lese mit Reiste statt ziercr rüro - zirrxrcrrronrs. Z28 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. Waffen getragen, entließ er. Denn, sagte er, diese haben mich nicht beleidigt; sie waren des Pompejus Freunde und halfen ihm: mir waren sie keine Verbindlichkeit schuldig. Dasselbe that er gegen die Fürsten und die Freistaaten, die mit Pompejus verbündet waren. Ihnen allen verzieh er, in der Rücksicht, daß er kaum Einen oder den Andern kenne, sie hingegen von Pompejus viele Wohlthaten genossen hätten. Er lobte sie sogar mehr als Jene, die dem Pompejus irgend «inen Dank schuldig waren, ihn aber in der Stunde der Gefahr verlassen hatten. Denn von Jenen konnte auch er Erkenntlichkeit hoffen; Diesen aber, so schön sie ihm jetzt auch thaten, glaubte er, da sie Verräther an ihrem früheren Wohlthäter geworden, auch für sich nicht trauen zu dürfen. K5. So vergab er dem Thracierfürsten Sadalus und dem Könige Galatiens, Deiotarus, obgleich sie mit in der Schlacht gewesen, und dem Tarcondimotus, einem Fürsten in Cilicien, der dem Pompejus zur See sehr viel Vorschub gethan. Nicht nenne ich Diejenigen, welche Hülfstruppen gesendet, Denen er allen verzieh, und nur eine Geldbuße auferlegte. Sonst that oder nahm er ihnen Nichts; vbschon Viele von ihnen, theils früher, theils erst noch von Pompejus viele und große Wohlthaten erhalten hatten. Zwar gab «r einen Theil von d«n Armenien, das dem Deiotarus zugehört, dem Könige von Cappadocien, Arioharzanes; Jener aber verlor nicht nur nicht dabei, sondern gewann noch: denn er schmälerte nicht nur sein Gebiet nicht, sondern schenkte einen Theil des dem Pharuaccs abgenommenen Armeniens ihm, den andern dem Ariobarzanes. So großmüthig war er gegen Diese; dem Pharnaces aber, der sich zum Verdienst anrechnete, dem Ein und vierzigstes Buch. 52S Pompejus nicht beigestandeu zu haben, und darob Verzeihung ansprach, bezeigte er nicht nur keine Verbindlichkeit, sondern machte ihm sogar zum Vorwarf, daß er schlecht und pflichtvergessen gegen seinen Wohlthäter gehandelt habe. Solche Milde und solchen Edelmut!) bewies er auch nachher gegen Alle. die gegen ihn gefochten hatten. Sogar die geheimen Briefe, die man in den Koffern des Pompejus fand, welche Viele der Begünstigung des Pompejus und feindseliger Gesinnung gegen ihn überführten, wollte er weder lesen, noch abschreiben lassen, sondern verbrannte sie sogleich, um nicht etwa genöthigt zu seyn, gegen Jemand strenge z» verfahren. Schon Dieß ist ein Grund, Die zu Haffen, die ihm nach dem Lebe« getrachtet. Dieß sage ich besonders in Beziehung auf Marcns Brutus Cäpio, *) seinen nachhingen Mörder, der jetzt sein Gefangener war und Verzeihung erhielt. *) Bo» Qmntns «-«rviiius Cäpio so genannt. von dr», adoptirt worden war. L Dio Cassius. Ss Bdchn. Inhalt des zwei und vierzigsten Buches. Pompejus, in Thessalien besiegt, flieht und kommt in Aegypken ums Leben. Cap. 1 — 5. Cäsar kommt auf der Verfolgung des Pompejus nach Aegypten. Cap. 6 — 16. Die Nachricht von Cäsars Sieg über Pompejus gelangt nach Rom. Ehrenbezeigungen, die man Cäsar» zuerkennt. Cap. 17—SO. Aufruhr an Rom während Cäsars Abwesenheit. Cap. 21 — 55. Cäsar bekriegt und bezwingt dieAegppter; lebt sehr vertraut mit Cleopatra. Cap. 54 — 44. Cäsar besiegt den Pharnaces. Cap. 45—48. Cäsar kehrt nach Rom zurück nnd trifft daselbst Anordnungen. Cap. 4g —55. Cäsars Feldzug in Africa. Cap. 56 — 58. Rest von dem zweiten Consulat des Julius Cäsar, und Was im folgenden Jahre sich begab, in welchem Folgende als b-c höchsten Staatswürden bekleidend sich ausgezeichnet finden: Bor Chr. Nach Erb. Roms. 47 7V7 Cajus Julius Cäsar, zum zweitenmal Dictator und Marcus Antonius, Reiterobrist. ' Consuln: Duintus Fufius Ealenus und Publius Vatinius. CassirrS Dio's Römische Geschichte :c. L51 Zwei und vierzigstes Buch. >. Dieß war der Verlaus der Pharsalischen Schlacht; nach ihr gab BsmpejuL sogleich Alles vsrleren, ohne seiner Tapferkeit, ohne der Menge der noch geretteten Soldaten zu gedenken und ohne daß, wie oft schon, das Glück Lurch einen kleine!! Umstand Denen wieder aufhalf, die es hatte fallen lassen. Vorher hatte er bei jedem Unfall, der ihn betroffen, den größten Muth, die größte Hoffnung gehabt. Weil er nämlich in den früheren Kämpfen den Feinden an Streitmacht nur nickt überlegen war, zählte er nicht so gewiß auf den Sieg, und machte, bei noch vollem Muthe, ehr er in irgend einen Schrecken gcricth, sich auf Beides gefaßt, und ver- nachläßigtc nicht, sich auf den schlimmen Fall vorzusehen. So mußte er auch dem Unglück nicht erliegen und ermannte sich wieder; Licßmal aber, da er dem Cäsar sich so weit überlegen glaubte, hatt- er gar Nichts vorgesehen. Er hatte das Lager nicht an günstigem Orte bezogen, auch nicht für-den Fall einer Niederlage eine Zuflucht gesichert. Da sein Heer sich jeden Tag vergrößerte, und er in dem meist befreundete« Lande alle Lebensmitte! im Ueberflnß hatte, auch Meister zur See war: so hätte er die Sache in die Länge ziehen und damit ohne Schwertstreich Herr werden können: dennoch wollte er, sey es aus eigenem Entschluß, als könnte ihm der Sieg nicht fehlen, oder von seiner Umgebung gezwungen, die Waffen entscheiden lassen. Deßhalb war ihm nun auch, sobald S 52 Cassius Dis's RSnrische Geschichte. er besiegt war, der Muth,entfallen; er hatte alle Besinnung für den rechten Augenblick, alle Zuversicht, sein Glück noch weiter versuchen zu können, verloren. Denn wenn Einem Etwas unvermuthet und gegen alles Erwarten begegnet, schlagt es ihn zu Boden und betäubt die Ueberlegung: man ist sich selbst der schlechteste und armseligste Rathgeber in Dem, was zu thun ist. Ueberlegung verträgt sich einmal nicht mit Furcht.: ist jene vorher da, so wird der Angriff dieser aufs Tapferste abgeschlagen: kommt sie aber zu spat, so ist es verloren. So stand denn Psmperus, da er Nichts vorgesehen, ganz nackt und wehrlos da: während die geringste Vorsicht ihm vielleicht ohne Schwierigkeit bald wieder allen Verlust ersetzt hätte. Denn aus der Schlacht hatten sich Viele gerettet, und auch sonst besaß er noch viele Streitkräfte; Was aber am meisten in Betracht kam; er war im Besitz großer Geldmittel und Herr zur See. Die Städte dort zu Land und in Asien hingen ihm selbst nach diesem Unglücke noch ar. Nun ihm aber der Plan, auf den er am meisten gebaut hatte, fehlgeschlagen, wußte er in der ersten Bestürzung von all Liesen Rettungsmitteln keinen Gebrauch zu machen, sondern Verließ das Lager und floh mit wenig Gefolge nach Lariff-r. Die Stadt selbst aber betrat er nicht, obgleich ihn die Bürger einluden, damit sie es nicht b-ßen müßten; er rieth ihnen -vielmehr, sich dem Sieger zu unterwerfen, begab sich, nachdem er die nöthigen Lebensmittel bezogen, an die Küste und fuhr auf einem Frachtschiff zu seiner Gemahlin Cornelia und seinem Sohne Sextus nach Lesbvs über. Nachdem er diese, aufgenommen, ging er, ohne Mtylene zu betteten, nach L35 Zwei :rnd vierzigstes Buch. Aegyxten unter Segel, von dessen Könige Ptolemäus er Unterstützung hoffte. Denn Dieser war der Sohn jenes Ptolemäus *), den er durch Gabiuius wieder in sein Reich zurückgeführt, und hatte ihm deßhalb auch eine Flotte zu Hülfe geschickt. Zwar finde ich auch die Angabe, daß er mit dem Gedanken umging, sich zu den Parthern zu flüchten, kann ihr aber keinen Glauben schenken. Seit dem Feldzuge des Crassus wider sie hatten sie auf alle Römer, zumal auf Pvm- pejus, der mit Jenem gewissermaßen verwandt ") war, einen solchen Haß geworfen, daß sie selbst den Gesandten des Pom- pejus, der um Hülfe an sie geschickt worden, obgleich er ein Senator war, in Fesseln legten. Wie sollte es auch Pom- -cjus über sich vermocht haben, bei seinem erbittertsten Feinde um Hülfe, die er ihm im Glücke verweigert, im Unglücke zu betteln. s. Er fuhr also aus den angegebenen Gründen nach- Acgyxten und hielt sich bis nach EilicisN an der Küste; von da aber setzte er nach Pelusium über, wo Ptolemäus gegen seine Schwester Cleopatra im Lager stand. Hier hielt er mit den Schiffen an' und schickte Gesandte ab, um ihn an die seinem Vater erwiesenen Dienste zu erinnern und ihn zu ersuchen, ihm auf bestimmte und sichere Bedingungen die Landung zu gestatten: denn vor erhaltener Sicherheit wagte er nicht aus Land zu steigen. Von Ptolemäus, der noch sehr jung war, erhielt er zwar keine Antwort; aber einige ') Ptolemäus Auletes. «') Sr halte die Wittwe des Pnblius Crassus, der mit seinen, Vater Marcus Crassus von den Parthern gelobtet worden, zur Gemahlin. 52 4 CasstüS Dis'ö Römische Geschichte. Asgyptier und der Römer Lucius Septimins, welcher früher unter Pompsjus gedient, und von Gabinius nebst einer Anzahl Soldaten zur Bedeckung des Ptolemäus zurückgelassen worden war, kamen dem Scheine nach als Freunde, in der Thut aber aber, um den schändlichsten Verrath zu üben, und luden so Blutschuld auf sich und ganz Aegyxten: denn nicht lange dararf kamen sie um und Asgypten geristh erst, was es am wenigsten wollte, unter Cleopatras Joch, und ward sodann Römische Provinz. t. Inzwischen erkläiterr Geptimms, der Feldherr Achillas und Andere, daß Pvmxcjus willkomen sey, um ihn desto eher zu berücken und in ihre Gewalt zu bekommen; Einige von ihnen begleiteten dessen Abgesandte und meinten, sie dürften keine Bedenki-chkeit haben; sie selbst bestiegen jetzt kleine Boote und fuhren zu ihm heran, bezeigten sich äußerst höflich und nöthigten ihn, bei ihnen einzusteigen, weil sein Schiff für die dortigen Untiefe» zu groß sey, um mit ihm landen zu können, auch Ptolemäus kaum erwarten könne, ihn zu sehen. Pompejus traute ihnen, obgleich seine Begleiter ihm abrie- then, und stieg aus, indem er nur die Worte sprach: Denn wer den Fuß auf des Tyrannen Schwelte setzt, Der ist sein Sclare, wenn er auch a!S Freier kam. Als sie sich dem Lande näherten, brachten sie ihn, weil sie be-ürchteren, er möchte, wenn er Ptolemäus zu sprechen bekäme, von Diesem selbst, oder von den bei ihm befindlichen *) Aus Sophokles: Öomx Lg' 7-vpcri'»or> ezcmo- (-er-erou, Xsl»« 'ae öuiiXos, x'«l- eXevAkpos 535 Zwei und vierzigstes Buch. Römern, oder von den Aegyptern, die ihm sehr zugeihau waren, gerettet werden, noch anf der See ums Leben, ohne daß er ein Wort oder einen Klageton von sich hören ließ. Denn sobald er ihre Absicht entdeckte und einsah, daß er sich weder zur Wehr setzen noch entkommen könnte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel. 5. Ein solches Ende nahm Pompejus der Große. Auch hier wieder erkennt man den Unbestand und die Hinfälligkeit der menschlichen Dinge. Er, der es sonst nie an der nöthigen Vorsicht fehlen ließ und gegen jedwede Gefahr sich gehörig zu sichern wußte, ward hintergangen; er, der von Jugend auf so viele Siege in Afrika, Asien, Europa, Siege, die man kaum für möglich hielt, zu Wasser und zu Land erfochten hatte, wurde in seinem acht und fünfzigsten Jahre so unerwartet zu Falle gebracht: Er, der das ganze Meer, so weit es die Römer befuhrcn, bewältigt hatte, starb anf demselben Meer: Er, der, wie man sagt, einst über tausend Schiff« gebot, kam auf einem elenden Nachen an der Schwelle Aegyp- tens gewissermaßen durch die Hand desselben Ptolvmäus um, dessen Vater er selbst in den Besitz dieses Landes und der Krone gesetzt hatte. Jener, den noch damals Römische Soldaten schützte», welche Gabiuins nach dem Willen des Pompe- jus, wegen des Haffes der Aegypter zurückgelassen, tödtet« ihn gleichsam mit Hülfe dieser beiden. So wurde PompejuS, der für den größten Helden der Römer galt, dem man sogar den Beinamen Agamemuon *) gab, jetzt, wie der niedrigste« *) Dieß ist ein Verstoß von Dio. Dieser Beiname wurde ihm von seine» Neider» gegeben, um ihn gehässig zu 536 Cassius Dio's Römische Geschichte. Aegyptier Einer, an dein Berge Sasstus, * *) an demselben Tage, an dem er früher über Mithridates und die Seeräuber den Triumph gefeiert, ein Opfer des Todes: auch Dieß sollte ein Widersxiel zu seinem frühern Glücke bilden. An demselben Tage an welchem er ehedem in höchstem Glänze erschien, sollte ihm jetzt sein traurigstes Loos fallen. Er, der früher in Folge einer Weissagung keinem seiner Mitbür- > gcr, der den Namen Casffus führte, getraut, ward von keinem Menschen Casstus gefährdet, fand aber am Berge Casflns Tod und Grab. Von Denen, die mit ihm fuhren, wurden die Einen sogleich gefangen genommen, die Andern entkamen; unter letzteren waren sein Sohn und seine Gemahlin. Diese kam später nach erhaltener Sicherheit nach Rom zurück.; Ser- tus aber fuhr nach Afrika zu seinem Bruder Cneus. Durch diese Vornamen unterschieden sich beide Brüder, da sle beide Pompejus hießen. 6. Cäsar hatte indessen nach der Schlacht die nöthigen Maßregeln getroffen und Griechenland nebst den andern Provinzen Andern zu erobern oder einzurichten überlassen: er selbst setzte dem Pompejus nach, und verfolgte dessen Spur bis nach Asten, wo er einige Zeit verweilte; weil ihm Niemand sagen konnte, wohin Pompejus gesegelt wäre. Alles glückte ihm jetzt:, als er auf einem kleinen Fahrzeug über den Hellespont fuhr, stieß er auf des Pompejus Flotte unter Lucius Casflns; ") aber weit entfernt, durch fle zu Schaden machen, als ob er den Krieg gegen Cäsar» i» die Länge ziehe. ") Sonst hieß der Berg Casius, Casinus. * ) Dieß war nnr eine kleine Abtheilung der Pompejischen Zwei und vierzigstes Buch. 53 7 zu kommen, schreckte er sie vielmehr dergestalt, daß sie sich ihm freiwillig ergaben. So bekam er, ohne daß sich weiter Jemand widersetzt hätte, alle dortige» Plätze in seine Gewalt und ordnete Alle« nach Willkühr. Zwar trieb er, wie ich schon erwähnte, Gelder ein, that aber sonst Niemand Etwas zu leide, sondern half, wo er nur konnte. Die Zollpächter, welche das Land aufs Härteste bedrückten, entließ er und schlug den Zollbetrag zur Jahressteuer. 7. Jetzt erfuhr er, daß Pompeju« auf dem Wege nach Aegyptcn sey, und ging, in der Besorgniß, Jener möchte im Besitze desselben »eue Streitkräfte sammeln , eilends dahin unter Segel, traf aber Jenen nicht mehr am Leben. Da er mit geringer Mannschaft, bevor noch Ptolemäus aus Pellt» sium eingetroffen, den Andern bis vor Alerandrien vorausgeeilt war und die ganze Stadt über des PompejuS Tod in Bewegung fand; so getraute er sich nicht sogleich aus Land, sondern hielt sich auf hoher See, bis er den Kopf und den Siegelring des Pompejns von Ptolemäus *) zugeschickt erhielt und mit Augen sah. Nun landete er getrost: über den Anblick seiner Liktoren entstand ein Volksanflauf, und er rettete sich mit genauer Noth in den Palast des Königs. Einige seiner Soldaten wurden entwaffnet, die übrigen stießen wieder vom Lande, bis die ganze Flotte angelangt war. 8- Als er des Pompejus Haupt erblickte, weinte und jammerte Cäsar, rannte ihn Mitbürger und Eidam, und Motte (nach Sueton zehn Dreiruder); die eigentliche Flotte war unter Cato nach Cyrene abgegangen. Auf des Pompejus Siegelring war ein Lswc mit einem Schwert in der Pfote eingegrabeu. 558 CassinS Dio'S Römische Geschichte. zählte die Freundschaftsdienste auf, die sie einander früher erwiesen hatten. Seinen Mördern bezeigte er nicht nur keinen Dank, sondern schalt sie noch oben drein. Den Seinen befahl er, das Haupt zu schmücken, auf einem Holzstoß zurecht zu legen und zu bestatten. Wie das Letztere ihm Ehre machte, so war seine Verstellung lächerlich. Er, der so gierig nach der Oberherrschaft strebte, der Jenen als seinen Feind und Nebenbuhler von jeher gehaßt, der ihm nicht nur sonst überall entgegengewirkt, sondern diesen letzten Krieg zu keinem andern End« begonnen hatte, als auf sein Verderben seine Alleinherrschaft zu gründen, der eben jetzt in keiner andern Absicht nach Aegypten geeilt war, als um Jenem, wenn er noch lebte, den Todesstoß zu geben, stellte sich, als ob er seinen Verlust betrau«, als ob er über seine Ermordung entrüstet sey. g. Von diesem Feinde befreit, glaubte er, daß ihm nun nichts mehr im Wege stehe: lange blieb er in Aegypten, um Gelder einzuziehen und die Händel des Ptolemäns und der Cleopatra zu schlichten; aber andere Kriege entspannen sich indessen. Aegypten selbst empörte sich, und Pharnaces hatte aif die erste Nachricht von dem Ausbruche des Kriegs zwischen Pompejus und Cäsar die Wiedererobernng seines väterlichen Reiches unternommen, in der Hoffnung, daß ihr Kampf sich in die Länge ziehen, und Roms Kräfte durch irn ne Kriege aufzehren werde. Auch jetzt noch verharrte dieser bei seinem Vorsätze, da er den ersten Schritt einmal gethan, und Cäsar dem Vernehmen nach in weiter Ferne war, und nahm sich, ehe Hülfe kam, viele Plätze^weg. Währnid dessen hatten auch Cato und Scipio sMetellnsz nebst andern Zwei und vierzigstes Buch. 539 Männern der Gegenpartei einen Kampf gegen Fremde, so wie einen Bürgerkrieg angefacht. io. Dieß begab sich auf frsgende Weise: Cato, von PompejnS in Dyrrhachium zurückgelassen, um den Gegnern die Ueberfahrt zn wehren und die Parrher, falls sie sich rühren sollten, im Zaum zu halten, hatte erst Diese bekriegt, nach des Pompcjns Niederlage aber, Epirns verlassen und war mit seinen Parteifreunde nach Goreyra übergesetzt, wo er die aus der Schlacht Entkommenen und die übrigen Anhänger sammelte. Cicero und andere Senatoren waren gerade nach Rom zurückgegangen, die Meisten aber mit Labienus und Afranius, welche, da Jener von Cäsar zu Psmpejns übergetreten, Dieser aber, schon einmal begnadigt, wieder gegen ihn gefochten, keine Schonung hoffen durften, zu Cato"gekom- men und hatten, Diesen an der Spitze, den Krieg wieder angefangen. i i. Bald darauf war Mich Octaoius zü ihnen gestoßen. Auf dem Ionischen Meere kreuzend, hatte er den Casus Antonius gefangen genommen, mehrere Städte erobert, Salon« aber, trotz allen Anstrengungen, nicht zu bezwingen vermocht. Sie leisteten, von Gabinius unterstützt, nicht nur den hartnäckigsten Widerstand, sondern verrichteten auch zuletzt, in einem Ausfalle, mit ihren Frauen, eine glänzende Heldenthat. Die Frauen, mit fliegendem Haar, in schwarzem Gewand, mit Fackeln in den Händen, fielen im schreckhaftesten Aufzug um Mitternacht über das Lager der Feinde, setzten, gleich Furien, die Vorposten in Furcht und Bestürzung rnd warfen von allen Seiten Feuer auf die Belagsrnngswerke; die Männer aber, hinter ihnen herstürzend, hieben Viele, 510 Cassiiis Div's Römische Geschichte. . i»'e in der Verwirrung umherrannten, oder noch im Schlafe lagen, nieder. Im Augenblicks war das Lager und der Hafen, worin Octavius mit seinen Schiffen sag, im Besitze derselben. Aber auch nach diesem Abenteuer war ihre Ruhe nicht von Dauer. Octavius entkam, sammelte ein neues Heer, überwand sie in einer Schlacht und schloß st« wieder in die Stadt ein. Als indessen Gabiuius an einer Krankheit gestorben war, ward er wieder Herr der See, stieg aus Land und that ihnen vielen Schaden. Nun fiel die Schlacht bei Plar- sälus vor und seine Soldaten gingen, als eine Flotte wider sie von Brnndusinm auslief, ohne eine Schlacht zu wagen, über. So, von den Seinen verlassen, wandte er sich nach Corcyra. j-. Cneus Pompejus hatte früher mir einer Aegypti- schen Flotte aus dem Mittclmecr gekreuzt und hin und wieder in Epirus gelandet, wo er beinahe Oricum genommen hätte. Marcns Acilius, der in der Stadt befehligte, hatte in der Einfahrt mit Steinen beschwerte Schiffe versenkt, und an der Mündung derselben auf beiden Seiten, sowohl auf dem Festlande als auf Fracht'chiffeu Thürme errichtet. Cneus aber ließ durch Taucher die in den Nachen aufgehäuften Steine herauswerfen, die dadurch erleichterten Fahrzeuge wegschleppen und so die Einfahrt wieder frei machen; ssrann setzte er auf die Dämme zu beiden Seiten Legionstruppen aus, drang in den Haken und verbrannte alle Schiffe nebst dem größten Theile der Stadt. Auch würde er sie ganz erobert haben, wenn nicht seine Verwundung bei den Aegyptern Besorgniß erregt hätte, ihn zu verlieren. Nach seiner Genesung griff er zwar Lncnm nicht weiter an, verheerte aber 541 Zwei und vierzigstes Buch. andere Plätze umher. Auch auf Brundusium machte er einen Versuch, jedoch mit so wenig Erfolg als Andere vor ihm. So weit war er mit seinen Unternehmungen gekommen. Als sein Vater die Schlacht verloren und die Aegypter auf die Kunde davon mit ihren Schiffen nach Hanse gegangen, traf auch er bei Cato ein. ,5. Seinem Beispiele folgte auch Cajus Cassius, welcher Sicilien und Italien auf vielen Punkten beunruhigt und wider viele Gegner zn Land und zu Wasser glücklich gefochten Hatte. Viele sammelten sich um Cato, dem sie nach seinen Verdiensten gerne den Vorrang zugestanden. Dieser nahm sie in allem zu Genossen seiner Thaten und Plane und fuhr nach dem Peloponnes, in der Hoffnung, denselben in Besitz zu nehmen: denn noch hatte er Nichts von dem Tode des Pvmpejns vernommen. Paträ ward wirklich genommen, und dort stießen, außer vielen andern, auch Pctrejus und des Cneus Pompejus Eidam * **) ) Faustus zu ihnen. Als Quintus Fufius Calenus gegen sie heranrückte, gingen sie wieder zu Schiffe und fuhren nach Eyrene. Hier erfuhren sie den Tod des Pompcjus und trennten sich in ihren Entschlüssen. Cato, arus Schmerz über die drohende Oberherrschaft Cäsars, und Andere, welche keine Begnadigung von diesem zu hoffen hatten, schifften ") mit dem Heere nach Afrika, *"> verbanden sich mit Scipio und boten Alles gegen Cäsar auf. *) Cato Vegas sich dahin nicht zur See. sonder» zu Lande. **) Hier meint Dio e^tUca propria, die regio 8vnio» und das Carthaginensische Gebiet. Penzel. Statt 77o,«nrjt0t' lese ich flonnHiN 512 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. Die Meisten aber zerstreuten sich, Einige gingen, wohin sie der Zufall trieb, Andere, und unter diesen Casus Cassius, wandten sich sogleich an Cäsar und erhielten Verzeihung.- >4- Calenus war noch vor der Schlacht von Cäsar »ach Griechenland gesendet worden, und hatte uutcr andern Plätzen auch den durch keine Mauer vertheidigten Piräcus beseht. Athen selbst konnte er, obgleich er das Gebiet desselben aufs gräulichste verheerte, vor des Pomxejus Niederlage »iclt in seine Gewalt bekommen. Dann aber ergaben sich die Athener freiwillig nnd Cäsar erließ ihnen, ohne ihres Widerstandes zu gedenken, die Strafe mit den Worten: „Zwarhabtihr viel verschuldet, doch sind die Todten eure Retter!" Damit bedeutete er, daß er in Rücksicht ihrer Vorfahren und deren Ruhms und Verdienstes ihrer schone. Athen und die meisten Städte Griechenlands ergaben sich also unverweilt; nur die Megarenser widerstanden auch jetzt noch; erst nach langer Zeit ward ihre Stadt theils durch Gewalt, theils durch Verrath bezwungen; weßhalb denn auch ein großes Blutbad unter ihnen angerichtet ward, und die noch Übrigen als Sclaven verkauft wurden. Solche Strenge übte Calenus, um ein abschreckend-s Beispiel zu geben; damit aber die Stadt nicht ganz zu Grunde ginge, verkaufte er die Gefingenen nur an Freunde, und dann um einen so niedrigen Preis, daß sie sich leicht wieder loskaufen konnten. Nachdem er Solches beendigt hatte, zog er gegen Paträ nnd nahm es ohne Schwertschlag in Besitz, nachdem er Cato und dessen Anhänger daraus fortgeschrcckt hatte. >5. Während dieß Alles hier vorging, brachen auch in Hispanieu,8 das bisher in tiefem Frieden gewesen, neüe 543 Zwei und vierzigstes Buch. Unruhen aus. Quintus Longinus hakte fle. obgleich sie sich ruhig verhielten, dermaßen bedruckt, daß erst nur Wenige sich zusammentMten, ihn umzubringen. Als er aber mit einer Wunde entkam, und darum nur um so härter mit ihnen verfuhr, so standen viele Cordubenser und viele Soldaten, die früher unter Pompejus gedient, wider ihn auf und stellten den Quästor Marcus Marcellus Aeserninus an ihre Spitze. Dieser ging nicht ganz redlich mit ihnen zu Werke, sondern wollte, da er sah, wie unbeständig das Glück sey, den Alksgang abwarten und hielt sich so im Mittel, daß er sich im Reden und im Handeln weder für den Einen, noch für den Andern erklärte, und so, mochte nun Cäsar oder Pompejus siegen, auf eines Jeden Partei gestanden zu haben schien. Pompejus mußte ihm danken«, daß er die Abtrünnige» aufgenommen, und den Longinus, der sich für Cäsar erklärte, bekriegt hatte; Cäsar aber, weil er die von Longinus, als einem Aufrührer, zu ihm übergegangenen Soldaten aufgenommen , für Cäsar erhalten und ihn zu bekriegen verhindert, auch den Namen des Pompejus, den die Soldaten auf ihre Schilde geschrieben, auszulöschen befohlen hatte. So meinte er sicher zu gehen, indem er dem Einen sagen konnte, er habe die Waffen in der That für ihn, dem Andern, er habe fle nur dem Schein nach wider ihn geführt, er habe in allem nur für den Sieger gewirkt; Was aber diesem widersprach , durfte er nur auf die Nothwendigkeit und auf andere Leute schieben. -6. Aus diesem Grunde wollte er von seiner Uebcrlc- genheit über Longinus keinen Gebrauch machen; Alles, was er that, war nur, um sich den Schein zu geben, als rüste üüsi Cassius Dio's Römische Geschichte. er sich, und wo er Etwas ausführte, davon ließ er stels das Verfängliche Andere thun. Bei Unfällen wie bei glücklichen Erfolgen, konnte er immer vorgeben,-sie selbst gethan oder nicht gethan zu haben, oder sie Andern zuschreiben. So zog er Alles in die Länge, bis Cäsar siegte. Dieser war anfänglich bSse auf ihn und befahl ihm, das Land zu verlassen; später aber ward er zurückberufen und zn Ehren erhoben. Longinus dagegen, durch eine Gesandtschaft der Hispanier angeklagt, verlor die Statthalterschaft und, bei der Rückkehr nach Rom in der Mündung des Ebrv, sein Leben. Dieß geschah außerhalb Roms. ,7. In Rom war Alles, so lange das Glück sich weder für Cäsar noch für Pompejns entschieden hatte, äußerlich für Cäsar, weil mau sich vor seinen Truppen, die in der Stadt lagen, und vor seinem Mitconsul Servilius fürchtete. Man bezeigte Freude, wenn er siegte, Leid, wenn er Verluste hatte: die Einen im Ernst, die Andern zum Scheine; denn Späher und Horcher erlauerten überall Alles, was man sagte uud that. Daheim aber sprachen und handelten die Feinde Cäsars und Begünstiger des Pompejns ganz anders, als sie öffentlich thaten. Daher kam es, das? dieselbe Nachricht bei beiden Theilen nach der verschiedenen Theilnahme verschieden wirkte, die Einen zur Furcht, die Andern zur Zuversicht stimmte; und, da viele und entgegengesetzte Gerüchte oft an demselben Tage, zur selben Stunde in Umlauf kamen, so waren sie in der peinlichsten Gemüthsbewegung: Freude und Leid, Zuversicht und Furcht wechselten oft im Augenblick. >8. Endlich traf die Nachricht von der Schlacht beiPhars»- lus ein, ward aber lange nicht geglaubt: denn Cäsar that keine Zwei und vierzigstes Buch. 842 öffentliche Meldung darüber.: weil er keine Freude über des Sieg äußern mochte, und auch deßhalb keinen Triumph darüber hielt. Anderntheils war sie auch in Betracht der vorangegangenen Rüstungen und der Erwartungen, die man hegte, nicht wohl zu glauben. Als man sie endlich glauben mußte, »ahmen sie die Bildsäulen des Pompejus und des Sylla von der Rednerbühne weg, thaten aber für jetzt sonst weiter Nichts. Viele wollten auch Dieß nicht haben; weil sie fürchtete», Pompejus könnte wieder aufkommen: dem Cäsar wäre damit schon genug gethan, Pompejus aber werde Dieß niemals verzeihen. Seinen Tod selbst glaubten sie nicht eher, als bis sie seinen Siegelring mit eigenen Augen sahen. Es waren aus ihm, wie auf dem des Sylla, drei Tropäen ein- gegraben. ,g. Nach seinem Tode fing man denn ohne Bedenken an, den Einen zu loben, den Andern zu lästern; und jede nnr erdenkliche Ehrenbezeugung ward für Cäsar vorgeschlagen. Alle, ja die ersten Männer Roms, wetteiferten, sich in Beantragung von Schmeicheleien und deren Zuerkennung beim Abstimmen zu überbieten. Durch Beifallruf und Frohlocken zeigte» Alle, als wäre Cäsar gegenwärtig und sähe es mit an, die größte Ergebenheit und glaubten sich dadurch, wie wenn alles Dieses aus freier Gunstbezeigung und nicht durch die Umstände veranlaßt wäre, hohe Würden, Priesterämter und Geldbelohnnngen zu verdienen. Andere Ehrenbezeigungen, die auch 'Andern vor ihm zuerkannt worden, als da sind; Ehrensänlcn, Kronen, Ehrensitze und dergleichen, oder a«ch *) Statt «noXo/tkna lese ich mit Sturz «TroLkUtzersE- Lio kassms. 5s Bbch«. ^ sh 546 Cassius Dio's Römische Geschichte. neue und damals zuerst beantragte, aber von Cäsar nicht angenommene, übergehe ich, Um durch ihre Auszählung die Leser nicht zu langeweilen. Eben so werde ich'ö auch in der Folge halten, und zwar um so viel mehr, je zahlreicher und ab- l geschmackter sie wurden; nur derjenigen, die etwas Eigenthum- § liches und Ungewöhnliches hatten, werde ich Erwähnung thun. ,o. Gegen die Anhänger des Pompejns erlaubten sls ihm nach Willkühr zu verfahren — eine Erlaubniß, die er sich freilich schon selbst genommen hatte; so aber sollte er's auf gesetzlichem Wege thun können — und stellten ihm, aus Veranlassung der Unruhen in Afrika, anheim, mit Wem er wollte, Krieg anzufangen, oder Frieden zu schließen, ohne vorher mit dem Volk oder dem Senat Rücksprache nehmen zu müßen. Zwar war ihm, der eine solche Macht besaß, Dieß auch früher zugestanden: die meisten Kriege, die er führte, hatte er nach eigenem Gutdünken angefangen; aber sie wollten sich den Schein der Selbstständigkeit als freie ^ Bürger retten, und räumten ihm durch besondere Beschlüsse Dieß und alles Andere ein, was er auch wider ihren Willen haben konnte. Er ward Consul auf fünf Jahre nach einander,- und Diktator nicht auf sechs Monate, sondern auf ein ganzes Jahr, und erhielt die Gewalt der Tribunen gewissermaßen auf Lebensdauer. Denn er durfte sich unter sie setzen und auch in allem UebriKn, was sonst nie Einem vergönnt war, sich unter die Tribunen zählen. Alle Obrigkeitswahleu mit Ausnahme der Gemeindewahlen *) sollten von ihm abhängen. »> rk )-«(> «9)^ar(>Lcrra!t nacrar, rrXHn rwn rv uLizAovg, Lir avrH e/Lnonro. 547 Zwei und vierzigstes Buch. Deßhalb wurden sie auf seine Ankunft verschoben, und erst am Ende des Jahres gehalten. Die Statthalterschaften in den Provinzen hatten sie den Consuln schon zugetheilt, den Prätoren aber sollte, so beschloßen sie, Cäsar ohne Auslosung die übrigen zuweisen: denn auf die Coasuln und die Prätoren waren sie, ihren Beschlüssen entgegen, wieder zurückgekommen. Noch beschloßen sie Etwas, das zwar früher schon vorgekommen, unter den jetzigen Umständen aber Neid und Haß erregen mußte: sie gestatteten ihm, über Juba und die Nömer, die mit ihm in Gemeinschaft den Krieg führte», als wäre er schon Sieger, einen Triumph zu feiern, obgleich Cäsar damals noch nicht einmal wußte, ob es überhaupt zum Krieg kommen würde. 21. Dieß ward beschlossen und gutgeheißen; auch trat Cäsar, obgleich er außerhalb Italiens war, sogleich die Diktatur an, und wählte den Antonius, der noch nicht einmal Prätvr gewesen, zu seinem Reiterobersten. Der Consul gestattete Dieses; obgleich die Vogelschauer aufs Ernstlichste dagegen waren, daß Einer über sechs Monate Reiterobrister bleibe. Sie wurden darob männiglich ausgelacht, daß sie, die recht wohl wußten, daß die Ernennung eines Diktators auf ein Jahr den StaatSgeseyen zuwiderlief, nur bei der Wahl des Reitervbristen es so genau nehmen wollten. Marcus Cblius ward sogar getödtet. Er hatte sich erkühnt, Cäsars Verordnungen über daS Schuldwesen, als wäre Jener schon überwunden und todt, umzustoßen, und dadurch Rom und Campanien in große Bewegung gebracht. Dieser Mann war anfangs einer der eifrigsten Anhänger 4 * Z48 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. Cäsars gewesen und deßhalb auch zum Prätor ernannt worden. Aus Unwillen aber, daß er nicht Stadtprator ward, und daß sein Amtsgenoffe Trebonius nicht durch das Loos, wie es sonst gebräuchlich war, sondern durch die Wahl Cäsars diese Stelle erhielt, stellte er sich diesem seinem Collsgen jetzt in Allem entgegen, und hinderte ihn nicht nur sonst in seinem Vmte, sondern wehrte ihm auch, nach Cäsars Gesetzen in den Streitsachen zu entscheiden. Zudem versprach er den Schuldnern gegen ihre Gläubiger beizustehen und den Mieth- leuten den Hauszins zu erlassen. Dadurch verschaffte er sich einen Anhang und ging mit demselben auf Trebonius los, und hätte ihn umgebracht, wenn dieser nicht verkleidet in dem Gedränge entkommen wäre. Als dieser Versuch fehlgeschlagen, machte er für sich allein die Bestimmung, daß Allen und Jeden die Hausmiethe geschenkt, und die Schulden erlassen seyen. Gerade zogen Soldaten nach Gallien abgehend an Rom vorbei, da rief sie Scrvilius in die Stadt und versammelte unter ihrem Schutze den Senat, dem er über die gefährdete Ordnung Bericht erstattete. Zwar wurde, auf die Einsprache der Tribunen, kein Beschluß genommen; der Antrag des Senats wurde jedoch protvkollirt, »nd der Consul befahl den Lictoren, die Gesetztafeln wegzunehmen. Als Miius aber diese vertrieb, und gegen den Consul einen Aufkauf erregte, versammelte der Senat sich wieder unter dem Schuhe der Soldaten und übertrug dem Servilius unter den üblichen von mir schon mehrmals angeführten Ausdrücken die Beschirmung der Stadt. Dieser untersagte kraft dessen dem ZSlius die Amtsführung als Prätsr, wies seine Geschäfte Zwei und vierzigstes Buch. ü-jS einem andern Prätor an, wehrte ihm den Zutritt zum Senat,, ließ ihn, als er auf der Redncrbühne über ihn loszog, her- abreißen, und seinen kurulischen Stuhl zerbrechen. -z. Ueber alles Dreß gcricth Cölius in die heftigste Wuth, beschloß aber, weil er befürchten mußte, zur Strafe gezoge» zu werden, und in der Stadt selbst Jenem nicht die Spitze bieten konnte, nach Campanien zu Milo, der daselbst einen Aufstand organisirte, sich zu begeben. Dieser nämlich, dem von allen' Verbannten allein Cäsar die Rückkehr nicht gestattet hatte, war nach Italien gekommen und hatte Viele, die Nichts zu leben oder irgend eine Strafe zu gcwartsn hatten, um sich versammelt, beunruhigte mit Diesen das Land und griff außer andern Städten auch Caxua an. Zu Diesem wollte er sich begeben, um in Gemeinschaft mit ihm dem Cäsar, wb er nur kennte, Abbruch zu thun; da man aber seine Schritte beobachtete, konnte er nicht öffentlich gehen; und heimlich wollte er nicht, theils aus anderen Gründen, theils ancb, weil er in dem Auszug und in der Eigenschaft als Prätor mehr auszurichten hoffte. Deßhalb ging er zum Consul und bat um Urlaub, indem er vorgab, daß er sich persönlich an, Cäsar wenden wollte. Servilinr argwöhnte zwar seine Ab» ficht, erlaubte ihm aber seine Abreise, zumal da dciselbe ihm sehr anlag, an Cäsar axpellirte, und seine Rechtserlignng sehr dringend machte; doch gab er ihm einen Vilkstribun mit, der ihn verhindern sollte, Unruhen anzufachen. -5. A!S sie »ach Campanien gekommen, und Milo vor Capua nicht glücklich gewesen war und auf das Gebirge Lifata sich geflüchtet hatte, ELlius aber nicht von da.,ncn wollte, so beschloß der VvlkSlribuu, der ihm nicht traute. 550 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihn nach Rom zurückzuführen. Ssrvilius, davon in Kenntniß gesetzt, erklärte den Milo im Senate für einen Feind des Staates und befahl dem Cblius in der Vorstadt zu bleiben, damit er keine Unruhen veranlasse, doch^ieß er ihn, in Rücksicht auf seine Prätorwürde, eben nicht sehr strenge bewachen. Jener entsprang und eilte zu Milo, wo er gewiss Unruhen angefangen hätte, wenn er denselben noch am Leben getroffen. So aber ging er, da Milo aus Campanien vertrieben und in Apulieii.umgekommen war, nach Benttim, um diese Gegend aufzuwiegeln, und fand daselbst, ehe er etwas in Stand gebracht hatte, seinen Tod: denn Cäsars Anhänger thaten sich zusammen und tödtekcn ihn. Ein solches Ende nahmen diese Männer. -6. Damit war jedoch die Ruhe in Rom noch nicht hergestellt: noch vieles Ungemach sollte über die Stadt ergehen, wie denn auch die Schreckzeichen es verkündeten. Gegen das Ende des Jahres setzte sich unter Anderem ein Bienenschwarm auf dem Capitol an das Standbild des Hercules. Es wurde gerade der Isis geopfert. Man beschloß daher, auf den Antrag der Augurn, ihren und des Sera- pis Tempel *) wieder niederzureißen. Durch ein Versehen riß man ohne Voiwiffen einen Bellonatempel mit diesen nieder, und fand darin Töpfe mit MensäMffeisch. Im folgenden Jahre war ein starkes Erdbeben, ein Uhu ließ sich sehen, und Blitze schlugen auf das Capitol, den Tempel der Fortuna Publica und auf die Gärten Cäsars nieder, wo ein sehr geschätztes Pferd erschlagen wurde. Das Thor am *) Vergl. Xl„ 47. Sie standen außerhalb der Mauern, auf dem Marofelde. 851 Zwei und vierzigstes Buch. Tempel der Fortuna sprang von selbst auf. Aus einer Bäckerei strömte Blut nach einem andern Tempel der Fortuna, welchen die Römer, weil man immer vor und hinter sich sehen und berechnen muß und nie vergessen darf, Was und woraus man geworden ist, und Was man ist, derselben errichtet und ihm einen Name» gegeben hatten, der sich im Griechischen nicht füglich ausdrücken läßt. Auch kamen einige Kinder zur Welt, welche die linke Hand auf den Kopf gelegt halten. Wenn schon die anderen Zeichen nichts Gutes vorbe- deuteten, so war das lcytere namentlich ein Anzeichen, daß rie Niedrigern sich wider die Angesehneren auflehnen würden. Dieß weissagten die Augurn und erwartete das Volk. -7. Solche Vorzeichen, von den Göttern gegeben, seytev sie in Furcht; und diese erhöhte noch der jämmerliche und ungewohnte Anblick der Stadt selbst, am ersten Januar und noch lange nachher. Kein Consul, kein Prätvr war weit und breit zn sehen. Zwar bewahrte Antonius durch sein« Kleidung (er trug nur die Präterta) und durch die Zahl der Lictoren, deren er nur sechs brauchte, und durch Versammlung des Senats, noch einigen Sckein der Volkshcrrschaft. Daß er aber immer das Schwert sich umgürtet hatte, die Zahl der Soldaten um ihn her und seine Handlungen selbst wiesen nur zu sehr auf Alleinherrschaft hin. Raub, Mißhandlung und Mord waren an der Tagesordnung. Aber nicht die gegenwärtige Lage allein war den Römern sehr drückend, von Cäsar selbst befürchtete man noch weit mehr und Schlimmeres. Wenn schon der Reiteroberst selbst bei öffentlichen Spielen, die er meist auf Kosten Cäsars gab (die Wolkstribnnen gaben nur wenige), das Schwert nicht ablegte, 552 Casstus Dio's Römische Geschichte. Was ließ sich erst vom Dictator selbst erwarten? Wenn man auch die Milde, womit er Viele selbst Derer, die wider ihn die Waffen getragen, begnadigt hatte, dagegen hielt, so mußte man bedenken, daß, da so Viele schon , als sie nach Herrschaft strebten, sich anders benahmen, als nach Erlangung derselben, auch bei Cäsar eine Sinnesänderung zu befürchten sey. rS. So war man voll Kummers und sprach in vertrautem Kreise vielerlei, nicht überall durfte man mit Sicherheit sich äußern. Selbst bei dem Anscheine der aufrichtigsten Freundschaft wurden Einige, selbst oft Verwandte die Verräther, indem sie das Gesagte verdrehten, zum Theil auch Ungesagtes erdichteten. So war für die Andern ihre Lage auch schon deßhalb peinlich, daß sie gegen Niemand sich beklagen, oder füberhauptf sich anssprcchen und so ihres Kummers nicht los werden konnten. Der Umgang mit Leidensgenoffen brachte noch einige Erleichterung; wenn man sich mittheilte, und das Leid des Andern dagegen hörte, fühlte man sich leichter: aber die Besorgniß des Mißbranchs vertraulicher Mittheilung verschloß im Herzen den Schmerz und machte ihn nur um so bitterer, da man die geheimen Gefühle nicht entdecken durfte und keine Linderung fand. Aber nicht nur in sich verschließen mußte man seinen Schmerz; man erwartete noch Lob und Bewunderung; man mußte Feste feiern, Opfer bringen und guter Dinge seyn. In solch trauriger Lage waren damals die Römer. -g. Als wäre nicht genug, was sie Schlimmes von Antonius zu dulden hatten, mußten auch die Volkstribu- Zwei und vierzigstes Buch. 553 neu *) Lucius Trcbellius und Publius Cornelü^ Dvlabella die Stadt iu Aufregung bringen. Der Letztere warf sich zum Vertheidiger der Verschuldeten auf, zu denen auch er gehörte; weßhalb er auch aus dem Stande der Patricier in den Bürgerstand übergetreten war, um Volksrribnn werdcn zu können. Der Erstere wollte zwar vorgeblich den Adel beschützen, brachte aber gleich Jenem neue Gesetze in Vorschlag und führte die blutigsten Auftritte herbei. Daraus entstanden denn bedeutende Unruhen und überall sah man Waffen in Menge, obgleich der Senat befohlen, bis aus Cäsars Ankunft Alles beim Alten zu lassen, und Antonius jedem Privatmann verboten hatte Waffen zu tragen. Da Jene sich nicht zu Frieden gaben, sondern sich Alles gegen einander und gegen Jene erlaubten, so bildeten Antonius und der Senat eine dritte Partei in der Stadt. Denn damit es scheinen sollte, als sey ihm Anwendung von Waffengewalt, deren er sich bisher schon bediente, vom Senat übertragen worden, wurde ihm gestattet, Soldaten innerhalb der Mauern der Stadt zu halten, und in Gemeinschaft mit den andern Volkstribunen für die Sicherheit der Stadt zu wachen. So ließ Antonius Allem, was er zu thun wünschte, den Schein von Gesetzlichkeit geben. Dvlabella und Trebel- liuS wurden als Verletzer der Gesetze bezeichnet, hatten aber Kühnheit und Mittel genug, sich gegenseitig und Jenen zu bekämpfen, als hätten auch sie eine Amtsgewalt vom Senate d azu erhalten. *) Unter der Dictatur hörte jede Obrigkeit, mir das Tribunal nicht auf. S54 Casstus Dio's Römische Geschichte. Zo. Auf die Nachricht, daß die Legionen, welche Cäsar nach der Schlacht, als käme er selbst bald, nach Italien vorausgeschickt hatte, sich Ausschweifungen erlaubten, und besorgend, sie möchten Unruhen anfangen, übergab er dem Lucius Cäsar die Aufsicht über die Stadt, indem er ihn zum Stadtpräfekten bestellte, eine Befugniß, die noch kein Reiteroberster gehabt hatte, und ging zu dem Heere ab. Die Volkstribnnen, die einander feindlich gegenüber standen, achteten wenig -auf den greisen Lucius und verübten allerlei Kränkung gegen einander und gegen die übrigen Römer, bis die Nachricht kam, daß Cäsar, nachdem er in Aegyxten die nöthigen Anordnungen getroffen, auf der Rückkehr nach Rom begriffen sey. Denn sie hatten, in der Meinung, Cäsar komme gar nicht wieder nach Rom und habe, wie einmal das Gerücht kam, in Aegypten seinen Tod gefunden, so wacker auf einander lvsgekämpft. Jetzt hielten sie sich eine Weile ruhig; als er aber noch vorher gegen Pharnaces zu Felde zog, fingen sie ihre Händel wieder von neuem an. Antonius, der Jene nicht meistern konnte, und durch seine Schritte gegen Dolabella die Menge gegen sich hatte, entschied sich zuerst für diesen und beschuldigte den Trebellius unter Anderem, daß er die Soldaten für sich zu gewinnen suche. Als er aber fand, daß das Volk ihn darum nicht höher schätzte und nur dem Dolabella anhing, ärgerte er sich gewaltig und schlug um, zumal da er die Volksgunst mit Jenem nicht theilte, *) von, Senate aber die meisten Vorwürfe sich zuzog. Er hielt sich jetzt dem Scheine *) Ich lks« mit Sturz oöx Lxoit'wi'kl or. 555 Zwei und vierzigstes Buch. nach mitten iiinr, der That nach aber begünstigte er heimlich den Trebellius und that ihm nicht nur in Anderem Vorschub, sondern erlaubte ihm auch, Soldaten zu halten. Seitdem war er mir Zuschauer »nd Kampfrichter zwischen Beiden z sie aber stritten fort, nahmen wider einander die wichtigsten Plätze der Stadt ein und wütheten mit Mord und Brand, so daß die Vestalinnen einmal die Heiligthümer aus dem Vestatcmpel flüchteten. . Z-. Zum zweitenmal« und noch dringender empfahl' der Senat dem Reiterobersten die Beschirmung der Stalst und Liese wimmelte ganz von Soldaten, ohne daß darum die Ruhe der Stadt wiederkehrte. Dvlabella, welcher von Cäsar keine Begnadigung mehr hoffen durfte, wollte sein Ende mit einem großen Unheil siegeln und seinen Namen damit verewigen : denn von jeher gab es Menschen, die durch die schändlichsten Thaten ihr Andenken bei der Nachwelt zu erhalten suchten. In dieser Absicht erklärte er unter anderem Unfug, den er stiftete, daß er seine Vorschläge in Betreff der Schulten und der Hansmiethe an einem bestimmten Tage zu wirklichen Gesetzen erheben wolle. Auf dieses Versprechen verschanzte das Volk die Zugänge auf den Markt, und führte an mehrern Punkten hölzerne Thürme auf, um jeden Gegner mit Gewalt abzutreiben: da rückte Antonius mit Soldaten vo:n Capital herab, zerbrach die Gesetztafeln und stürzte Mehrere, die sich auch jetzt noch nicht znr Ruhe geben wollten, vom kapitolinischen Felsen. Lä. Darum aber ruhten die Aufrührer noch nicht; je mehr umkamen, desto mehr lärmten die Ueberlebenden, indem sie den Cäsar in einen großen und gefährlichen Krieg ver- 556 Cassius Dio's Römische Geschichte. wickelt glaubten. Auch hielten sie nicht eher an sich, als bis sie denselben plötzlich in ihrer Mitte erblickten. Jetzt gaben sie sich nvthgsdrnngen znr Ruhe und erwarteten die härteste Strafe. In der ganzen Stadt redete man nur von ihnen: der Eine sprach ihnen dieses, der Andere jenes Urtheil. Cäsar ging aber auch hier seinen gewohnten Weg, begnügte sich mit ihrer Rückkehr znr Ordnung, fragte nicht nach dem Vergangenen, und bestrafte nicht nnr Keinen, sondern erhob sogar Einige derselben zu Ehrenstcllen, sogar Dolabella. Er war ihm einige Verbindlichkeit P schuldig und wollte dafür nicht unerkenntlich seyn. Die jüngste Beleidigung sollte das frühere Verdienst nicht' verringern ; und die frühere Gefälligkeit ward Ursache seiner Begnadigung. Er zeichnete ihn überall aus und machte ihn bald darauf, obgleich er noch nicht einmal Prätor gewesen, zum Consnl. Zi. Dieß geschah in Rom während Cäsars Abwesenheit. Daß er so spät, und nicht sogleich nach des Pompejns Tode dahin zurückkam, hatte folgenden Grund: die A->xypter, durch die Gcldsrpressungen bedrückt, und auch darüber aufgebracht, daß man sich selbst an ihren Heiligthnnieru vergriff (der Gegenstände ihrer Verehrung sind viele, und mehr als bei andern Völkern, und da sie darüber nicht einig, vielmehr im heftigsten Widerspruch unter sich selbst stehen, führen sie selbst Religionskriege") gegen einander) — darüber also auf- *) Dolabella war vo» Pompejus zu ihm übergetreten, und hatte 'bei Pharsälus auf seiner Seite gekäwpsk. Von den drei verschiedenen Priester-schulen in Thcbais, Mcmphis und Unterägypten angefacht. Doch waren diese Kriege lange vor der Römischen Zeit ausgekämpft worden. 557 Zwei und vierzigstes Buch. gebracht, und weil sie noch überdies befürchteten, der Cleopatra, die bei Cäsar Alles galt, preisgegeben zu werde», lehnten sich anf. Cleopatra hatte bisher ihren Rechtsstreit gegen ihren Bruder bei Cäsar durch Unterhändler geführt; sobald sie aber seine schwache Seite entdeckt hatte (er war Nämlich sehr verliebter Natur und hatte es bisher mit vielen Frauen ohne große Auswahl zu thun gehabt), ließ sie sich bei ihm beklagen , daß ihre Freunde ihre Sache verriethen, und wünschte solche mit ihm allein abzumachen. Sie war übrigens äußerst schön und stand in ihrer höchsten Blüthe. Der Laut ihrer Stimme war äußerst lieblich, und Jeden wußte sie durch ihre Reize zu bczauber». Solchen Eindruck machte ihr Anblick und ihre Rede, daß sie den kältesten Mann , den ärgsten Weiberfeind in ihre Netze zog. Sie hoffte deßhalb ihre Zwecke am eheste» zu erreichen, wenn sie mit Cäsar persönlich unterhandelte, und blos ihre Schönheit für sich sprechen ließ. Sie erbat sich daher die Erlaubniß, ihn selbst ' zu sprechen. Jetzt schmückte sie sich aufs beste, und studirte ihre Rolle dermaßen ei», daß sie ihm möglichst edel und zugleich deS höchsten Mitleids würdig erscheinen mußte. So vorbereitet kam sie Nachts in die Stadt lsie hatte sie bisher nicht betreten), und ohne Vorwisscn des Ptolemäus in das königliche Schloß. 55. Cäsar war bei ihrem ersten Anblick und sobald sie ^ den Mund zum Sprechen öffnete, so sehr von ihr gefesselt, daß er Morgens früh sogleich den Ptolemäus kommen ließ und sie zu versöhnen suchte. Er, der sie früher richten > wollte, war jetzt ihr Vertheidiger. Der junge König geriet!, ! darüber, und daß er sie so unerwartet im Palaste fand. in 558 Cassius Dio's Römische Geschichte. solche Wuth, daß er auf die Straße sprang, über Verrath schrie, und zuletzt das Diadem von, Haupte rieß und es zu Boden warf. Als darüber ein großer Auflauf entstand, brachten Cäsars Soldaten Jenen zwar in den Palast zurück; die Aegypter aber erhoben sich und hätten auch wohl die Burg, die sie vom Lande'und der See zugleich bestürmten, da die Römer, wähnend unter Freunden zu seyn, auf Gegen» wehr sich nicht versehen hattcn, im ersten Anlaufe genommen, wenn nicht Cäsar unter sie getreten wäre und von einem sichern Orte aus alle ihre Wünsche zu erfüllen versprochen hätte. Dann erschien er in öffentlicher Versammlung, stellte Ptolemäus und Cleopatra dem Volke vor und ließ das Testament ihres Vaters vorlesen, worin derselbe bestimmte, daß sie nach Aegyptischer Sitte sich vermählen und gemeinschaftlich regieren, das Römische Volk aber als Vormund über sich erkennen sollten. Hierzu fügte er die Erklärung, daß er als Dictator, dem das Volk die höchste Gewalt in die Hände gegeben, das Beste seiner Kinder zu besorgen und den letzten Willen des Vaters zu vollziehen habe. Damit übergab er ihnen Beiden gemeinschaftlich die Regierung, ihren Geschwistern aber, der Archive uud dem jüngern Ptolemäus wies er Cypern au. So sehr war er in Furcht gesetzt, daß er den Aegyptern nicht nur Nichts an Land nahm, sondern noch weiteres dazu gab. 56. So wurde zwar dieser Auflauf gestillt; bald darauf aber kam es wieder zu Unruhen, ja selbst zn förmlichem Kriege. Pothinus, der Schatzmeister des Ptolemäus, ein Verschnittener, der die Aegypter vornehmlich aufgewiegelt hatte, fürchtete deßhalb noch zur Strafe gezogen zu werden. 559 Zwei und vierzigstes Buch. Daher schickte er heimlich an Achillas, der noch immer bei Pelusium stand, und brachte ihn theils Lurch Drohungen, theils durch Vorspiegelungen auf seine Seite; eben so gewann er auch die Andern, die noch unter den Waffen standen. Ihnen allen schien es schmachvoll unter einer Weiberherrschaft zu stehen; auch schien der Verdacht sehr nahe zu liegen, daß Cäsar »Ur für den Augenblick Beiden die Regierung übergeben habe, später aber solche der Cleopatra allein zuweisen werde. Auch glaubten sie es mit dem Heere, das Cäsar damals bei sich hatte, aufnehmen zu können und brachen so unverzüglich gegen Alerandien auf. 27. Als Cäsar Dieß erfuhr und gleichsehe ihre Menge wie ihre Kühnheit fürchtete, ließ er dem Achillas nicht'in seinem, aber in des Ptolemäus Namen befehlen, sich ruhig zu halten. Dieser aber, welcher wohl merkte, daß der Befehl nicht von dem jungen Könige, sonderst von Cäsar kam, gehorchte nicht nur nicht, sondern fand darin vielmehr ein Geständnis; von Schwäche und Furcht, und berief seine Leute zu einer Versammlung, wo er Vieles für Ptolemäus und gegen Cäsar und Cleopatra sprach und sie zuletzt wider die Abgesandten, die doch selbst Aegypter waren, aufhetzte, damit sie sich in ihrem Blute badeten und dadurch zu einem unversöhnlichen Kampfe genöthigt wären. Auf die Nachricht davon entbot Cäsar sein Heer aus Syrien und ließ den Palast und die nahen Gebäude mit Wall und Gräben bis zum Meere verschanzen. zg. Indessen rückte Achillas mit den Römern und ander» früher von Gabinius unter SeptimiuS zum Schuhe des Ptolemäus Zurückgelassenen (durch den längeren Aufenthalt hatten 560 Casstus Dio's Römische Geschichte. sie die Sitten des Landes angenommen) herbei, gewann sogleich den größten Theil der Alexandriner für sich und besetzte die wichtigsten Punkte der Stadt. Jetzt gab es bei Tag und Nacht Gefechte, und viele Gebäude gingen in Feuer auf: das Seearsenal unter ander», die Getreidemagazine und die Bibliothek, die reichste »nd trefflichste der damaligen Zeit, wie es hieß, brannten ab. Das feste Land bis auf die von Cäsar verschanzten Punkte war in den Händen des Achillas, das Meer, außer dem Hafen, beherrschte Cäsar. Dieser siegte auch zur See, und weil die Aegypter aus Be- sorgniß, er möchte in ihre» Hafen einlaufen, die Mündung desselben bis auf eine kleine Oeffnung verschüttet hatten, ließ er auch diese durch Frachtschiffe, die er mit Steine» belastet hatte, verdammen, so daß sie, wenn sie anch wollten, nicht mehr herausfahren konnten. Dadurch erleichterte er sich selbst die Zufuhr von Lebensmitteln, Wasser und andern Bedürfnissen : denn das Wasser hatte ihm Achillas von der Stadtseite genommen, indem er die Wasserleitungen durchbrach. 5y. Während dieser Vorgänge hatte Ganymedes, ein Verschnittener die Arsinoe, welche nicht genau genug bewacht wurde, nach Aegyptcn herübergebracht, wo man sie als Königin anerkannte und den Krieg unter einer Fürstin aus dem Geschlechte der Ptolemäer mit noch größerem Eifer führte. Aus Furcht aber, daß Pothinus ihm auch den Ptolemäus entführen möchte, ließ Jenen Cäsar todten, und Diesen jetzt, nicht mehr heimlich, in engem Gewahrsam halten. Weil aber die Aegypter dadurch nur noch mehr erbittert wurden und immer größer» Zuwachs erhielten, die Truppen aus Syrien 561 Zwei und vierzigstes Buch. dagegen bei den Römer» noch immer nicht eintrafen, war Cäsar geneigt, zu einem gütlichen Vergleiche die Hände zn bieten. Er ließ den Ptolemäus von einem erhabenen Orte, wo er gehört werden konnte, dem Volke versichern, daß ihm Nichts zn Leide geschehe, daß es keines Kriegs bedürfe; er rathe zum Frieden, und wolle ihn vermitteln. Hätte er so aus freien Stücken gesprochen, so wurde er sie vielleicht für den Frieden gestimmt haben. So aber glaubte man, er scn von Cäsar dazu aufgefordert worden, und gab nicht nach. <>o. Mit der Zeit aber wurden Arsinoe's Anhänger unter sich selbst nneins. Ganymedes vermochte sie, den Achillas umbringen zn lassen, weil er die Flotte verrathen wolle- Hierauf übernahm er selbst den Oberbefehl, sammelte die Schiffe auf dem Nil und im Hasen, und ließ noch andere dazu bauen., Nachdem er sie alle durch Kanäle in das Meer gelassen, griff er die Römer unvermuthet an und ließ ihre Lastschiffe theils verbrennen, theils ins Schlepptau nehmen. *) Hierauf reinigte er die Einfahrt in den Hafen, ging in demselben vor Anker und machte den Römern viel zu schaffen. Cäsar erlauert- den Zeitpunkt, wo sie, durch den Sieg übermüthig, nicht anf der Hut waren, fuhr plötzlich in den Hafen, verbrannte viele Schiffe und landete auf der Insel Pharos wo er die Einwohner niedermachte. Die Aegypter auf dem Festlande sahen Dieß, eilten über die Brücken den Ihriges zn Hülfe, todtsten viele Römer und trieben die Uebrigr« rn die Schiffe. Da sie von allen Seiten in dichten Haufen nrch Di» kassins. 5s Bdchn. 7» 862 Cassius Dio's Römische Geschichte. den Schiffe» zurückgetrieben wurden, stürzten Viele in das Meer und unter ihnen selbst Cäsar. .Von seinen Kleidern beschwert und von den Aegyptern beschossen, die alle nach dem Purpnrgewande zielten, wäre er elendiglich umgekommen, wenn er es nicht von sich geworfen hätte und auf gut Glück nach einem Boote fortgeschwommen wäre. So rettete er sich, ohne eines der vielen Papiere, die er mit der linken Hand über das Wasser hielt, naß zu machen. Sein Kleid fischten die Aegypter auf und hingen es an das Siegeszeichen, das fie ob dieser Zurücktreibung der Feinde errichteten, auf, als hätten sie ihn selbst gefangen genommen. Weil jetzt die aus Syrien entbotenen Legionen nahten, bewachten fle die Landungsplätze und thaten ihnen vielen Schaden. Den in Afrika selbst Landenden konnte Cäsar einigermaßen Vorschub thun. Viele aber täuschten ^sie an den Mündungen des Nils durch Feuer, so daß Jene in ihnen Römer vermutheten, und nahmen sle gefangen, also daß auch die Uebrigen sich nicht zu landen getrauten; bis Tibcrius Claudius Nero die Auffahrt in den Fluß erzwäng, die Aegypter in einer Schlacht überwand und dadurch den Eeinigen die Landung sicherte. ls>. Zur selbe« Zeit versuchte Mithridates, mit dem Beinamen der Pergamener, in der Mündung des Nils bei Peluflum hinaufzufahren; weil aber die Aegypter die Einsah» durch versenkte Schiffe verdammt hatten, fuhr er Nachts an den Kanal, ließ die Schiffe, da derselbe nicht bis aus Meer geht, in denselben hinüberbringen und schiffte so auf ihm den Nil hinauf. Schnell griff er hierauf von der See .»«d dem Flusse aus die an der Mündung desselben stehenden Aeü,de an, machte die Einfahrt von der Verdämmung frei, 563 Zwei und vierzigstes Buch. griff Pelusinm von der See - und Landscite zugleich an und eroberte es. Auf seiner Fahrt aegen Alerandrien erfuhr er, daß ein gewisser D oscorides ihm entgegenkommen werde, griff diesen aus einem Hinterhalte an und erschlug ihn smit seinen Leutens. z,. Nach all diesen Nachrichten wollten sich die Aegyp- ter noch immer nicht zu Frieden geben; weil sks aber unter eines Verschnittenen und eines Weibes Herrschaft nicht stehen mochten» und, den Pivlemäus an ihrer Spitze, den Römern obzusiegen hofften, dielen aber, weil er zu streng bewacht wurde, auf keine Weise den Römern abführen konnten, so stellten sie sich , als wären sie durch die bisherigen Unfälle bewältigt und wünschten den Frieden. Sie schickten daher Gesandte mit Fciedeusvorschlägen an ihn ab und ließen ihn bitten, er möchte den Ptolemäus frei geben, damit sie sich über die etwaigen F.iedensbedrngungen mit ihm besprechen könnten. Cäsar glaubte wirklich an eine Sinnesänderung, hatte sie auch sonst als furchtsam und veränderlich schildern gehört und noch erfahren, daß die erlittenen Verluste ihren Muth sehr niederschlagen. Gesetzt aber auch, daß Dieß nur ein Vorward war, so wollte er deßhalb doch nicht den Schein geben, als wäre er dem Frieden entgegen, willfahrte ihrem Wunsche und schickte ihnen den Ptolemäus. Daß die Aegyp- ter wegen seines Alters und des Mangels an Bildung keine besondere Stütze au ihm haben würden, hatte Cäsar schon gesehen; auch hoffte er dieselben entweder eher zum Freden zu vermögen, oder mit größerem Rechte zu bekriegen und zu unterwerfen, und unter einem um so schicklichern Vor 5 * 564 Cassius Dio's Römische Geschichte. wände der Cleopatra die Regierung übergeben zu können. Daß er besiegt würde, durfte er nicht erwarten, da ihm überdies Verstärkungen zugekommen waren. -5. Nach Auslieferung des Prinzen dachten die Aegyp- ter nicht weiter an den Frieden, sondern gingen sogleich auf Mithridates loS, als hätten sie durch den Namen und das I Geschlecht des Ptolemäus Wunder Was gewonnen; auch brachten sie ihn, den sie am See zwischen dem Fluß und den Sümpfen abschnitten, in nicht geringe Noth. Cäsar verfolgte sie nicht, weil er fürchtete, in einen Hinterhalt zu gerathen: Lei Nacht aber fuhr er au-, als ob er nach einer Nil- mündung eilte, und ließ, um Dieß desto glaublicher zu machen, auf den Schiffen viele Lichter aufstecken. Auch schiffte er anfangs in dieser Richtung hin, dann aber ließ er die Lichter löschen und fuhr zurück. Nun segelte er an der Stadt vorbei, legte an der Halbinsel gegen Afrika zu an, schiffte dort seine Soldaten aus und kam um den See herum. Gegen Morgen fiel er unverhofft über die Aegypter her und brachte sie alsbald so in Schrecken, daß sie um Frieden baten. Er i aber nahm die Botschaft nicht au, schlug sie in einem hitzigen ! Treffen und tvdtete ihrer eine große Menge. Einige ertranken in zu eiliger Flucht über den Fluß, und unter ihnen Ptolemäus selbst. 4-t. So bezwäng Cäsar Aegypteu, machte es jedoch nicht zur Römischen Provinz, sondern schenkte dasselbe der Cleopatra, welcher zu Liebe er auch den ganzen Krieg geführt hatte. Damit aber die Aegypter, unter die Herrschaft eines Weibes gestellt, sich nicht aufs Neue empörten, und die ! Römer theils darüber, theils wegen se'nes vertrauten Ver- 565 Zwei und vierzigstes Buch. hältnisses zu ihr, kein Aergerniß nähmen, hieß er sie mit ihrem zweiten Bruder sich vermählen und übergab Beiden dem Scheine nach die Herrschaft; in der That aber sollte Cleopatra in vollem Besitze der Macht seyn. Ihr Gemahl war noch Kind und sie »«mochte durch Cäsars Gunst Alles. Dem Scheine nach war sie des Bruders Gattin und theilte die Herrschaft mit ihm, in Wahrheit aber herrschte nur sie und war Cäsars Bnhlin. ä5. Gewiß hätte sie ihn noch länger in Aegypten gehalten, oder wäre ihm sogleich nach Rom selbst gefolgt, hätte ihn Pharnaces nichr genöthigt, dieses Land zu verlassen, und seine Rückkehr nach J-alrrn verzögert. Dieser war Mithri- dates Sohn und herrschte über den Cimmerischen BosporuS, wie ich schon oben erwähnt habe. Er wünschte sei» väterliches Reich »ach dessen vollem Umfange wieder zu erobern, und benüyte den Krieg zwischen Cäsar und Pompejns zu einer Empörung. Während die Römer mit sich selbst beschäl" tigt und sodann i» Aegypten hingehalten waren, gewann er Colchis und ganz Armenien, in Abwesenheit des Dcjctarns, ohne Schwertstreich und bezwäng einige Städte in Cappado- cien und in Pontius,' die zum Gebiete Bithyuieus geschlagen waren. z6. Während er Dieß that, rührte Cäsar selbst sich noch nicht: denn Aegypten war noch nicht ruhig; auch durfte er hoffen, ihn durch Andere zu bewältige».. Ee hatte den Cnens Dvmitius Ealvinus geschickt und demselben Asten nebst den dort stehenden Legionen zugewiesen. Dieser vereinigte sich mit Dejotarus und Ariobarz-rues und rückte sogleich wider Pharnaces, der in dem von ihm eroberten Nicepvlis 56k, Cassius Dio's Römische Geschichte. stand. Als Pharnaces durch seine Ankunft erschreckt, ihm durch eine Gesandtschaft Waffenstillstand anbieten liest, verweigerte er denselben geringschätzig, lieferte ihm eine Schlackt und ward besiegt. Dann ging er nach Affen zurück, weil er ihm zu schwach war und der Winter heranrückte. Pharnaces aber, hierdurch ermitthigt, eroberte auch die andern Städte in dem Ponkus und nahm die Stadt Amisus nach langem Widerstände, plünderte sie und ließ alle Männer über die Klinge springen. Jetzt e lte er mit der Hoffnung gleichen Erfolgs, wie sein Vater, nach Bithynien und Affen. Als er aber inzwischen erfuhr, daß Asander, *) den er als Statthalter im Bosporus zurückgelassen, sich empört habe, rückte er nicht weiter vor. Denn Jener war, als er erfuhr, daß Pharnaces weit genug entfernt sey, in der Ueberzeugung, daß er, wenn er auch jetzt unbestraft bliebe, doch am Ende nicht gut wegkommen würde, von diesem abgefallen, um stch den Römern gefällig zu machen und von ihnen die Herrschaft über den Bosporus zu erhalten. **) -7. Auf diese Nachricht wollte Pharnaces zwar ihm entgegeneile», aber vergebens; die Kunde, daß Cäsar in ciltgem Anzüge auf Armenien sey, nöthigte ihn, umzukehren. Bei Zelia traf er auf ihn. Ptolemäus war todt und Domirius geschlagen. Cäsar hielt es daher weder mit seiner Ehre, noch mit seinem Vortheile vereinbar, länger in Aegypten 't br war Eidam des Pharnaces. *') Er selbst hatte nur den Titel Ethnarch angenommen, erhielt aber nachher von Augustus den Titel eines Königs vom^LvSporus, und blieb im ruhigen Besitze desselben. *") Die 7-tadt heißt sonst gewöhnlich Ziel«. Zwei und vierzigstes Buch. Z67 zu verweilen; er brach aus und langte in Eilmärschen in Armenien an. Dadurch erschreckt Und mehr seine Tapferkeit, als die Zahl seiner Truppen fürchtend, schickte der Barbar ihm» noch ehe er ganz nahe kam, mehrere Friedensboten entgegen, um, unter was immer für Bedingungen., der augenblicklichen Gefahr zu entgehe». Unter anderem führte er auch hauptsächlich für sich an, daß er den Pompejus nicht unterstützt hätte» und hoffte, Cäsarn, da feine Gegenwart in Italien und in Afrika nothwendig war, zu einem Vergleiche zu bringen und dann., wenn er fort war, 'den Krieg leicht von Neuem anfangen zu können. Dieß vermuthete Cäsar und nahm seine erste und zweite Botschaft freundlich auf, um ihn in der Hoffnung au? Frieden so unvorbereitet als möglich zu überfallen, bei der dritten aber machte er ihm unter anderem hauptsächlich auch zum Vorwurf, daß er seinen Wohlthäter Pompejus verlasse» hätte und lieferte ihm auch ohne Verzug noch am nämliche» Tage, so wie er vom Marsche kam, ein Treffen. Anfangs kam er durch die Reiterei und die Sichelwagen etwas ins Gedränge, seine Legionen aber verschaffte» ihm den Sieg. Pharnaces floh nach dem Meer und ward sodann nach dem Bosporus gedrängt, wo Asander ihn zurücktrieb und tödtete. ä8. Cäsar that sich auf diesen, wenn gleich nicht besonders glänzenden Sieg mehr als auf jeden andern zu gut, da er am selben Tage, zur selben Stunde den Feind traf, sah und besiegte. Die ganze, wenn gleich sehr beträchrlick^ Beute vertheilte er unter die So da'en und ließ, da Mithri- dates an demselben Orte ein Siegesdeukmal über denTciarius errichtet hatte, eines dagegen aufstellen. Niederzureißea wagte er das feindliche Denkmal nicht, da es den Kriegs- 568 Casflus Dio'ö Römische Geschichte. Ottern geweiht war; dadurch aber, daß er das seiiiige daneben errichtete, verdunkelte, ja vernichtete er gewissermaßen »enes. Hierauf nahm er alles Land, das Pharnaces den Römern »der ihren Verbündeten abgenommen hatte, wieder in Besitz, und wies es Denen , die es verloren, wieder zu, einen Theil Armeniens jedoch überließ er dem Arivbarzanes. Den Amiscnern schenkte er die Freiheit; dem MithridateS Pergamenus gab er die Tetrarchie in Galaticn nebst dem Titel eines Königs *) und trug ihm auf, den Asander, weil er schlecht an seinem Freunde gehandelt habe, zn bekriegen, und den Bosporus für sich zu erobern. .',g. Nachdem er Dieß seihst gethan und die Besorgung des Uebrigen dem Dvmilins übertragen hatte, kam er nach Wrhynien und schiffte von da nach Griechenland und Italien, indem er überall und nnter jederlei Borwande wie schon früher große Summe» Geldes sich zu verschaffen wußte. Bald mußte man ihm geben, Was man dem Pompejus früher versprochen hatte, Anderes , und noch mehr dazn verlangte er, indem er von Dem oder Jenem Buße sfür ein vergangenes Vergehens forderte. Die Weihgcschenke des Hercules in Tyrus nahm er alle fort, weil man des Pompejus Gemahlin und Sohn aus ihrer Flucht dort aufgenommen hatte. Auch bekam er viele goldene Siegeekronen von den Fürsten und Königen. Dieß that er nicht aus Habsucht, sondern weil er viel brauchte unk noch viel größere Auslagen für die Heere, die Triumphe und glänzenden Feste, die er geben wollte, zu machen hatte. Mit Einem Worte, Cäsar sah sehr auf das Geld: zwei Dinge, *) Ueber den Bosporus nämlich, den er aber nie eroberte. 569 Zwei und vierzigstes Buch. sagte er, erwerbe», erhalten und vergrößern die Macht: Soldaten nnd Geld; das Eine bestehe durch das Andere. Durch gute Wartung erhalte man die Soldaten bei Trost, und jene verschaffe man sich mit den Waffen; fehle es an Einem, so mäße auch das Andere fallen. So dachte und sprach Cäsar jederzeit über diese Dinge. 5o. Nach Italien aber, nicht nach Afrika, obgleich dasselbe wider ihn unter den Waffen stand, eilte er, weil die Unruhen in Rom, wie er hörte, eine gefährliche Höhe erreicht hatten. Jedoch that er Keinem etwas zu Leide, wie schon erwähnt worden ist; nur trieb er auch hier Gelder auf, indem er sich solche theils als Geschenke, Kronen, kleine Standbilder nnd dergleichen geben ließ, theils auch nicht blos bei Einzelnen, sondern selbst bei ganzen Städten Summen aufnahm. Unter der Benennung von Darlehen forderte er nämlich solche Summen, für welche er sonst keine schickliche Rechtstitel sand, nnd trieb sie mit gleicher Strenge bei, als ob es wirkliche Schulden wären; sie heimzuzahlen kam ihm aber nie in den Sinn. Er habe, sagte er, sein eigenes Vermögen für den Staat aufgewendet und mäße jetzt zu Anlchen seine Zuflucht nehmen. Daher willigte er auch nickt in die vom Volke gewünschte Erlaffnng der Schulden; indem er sagte: Ich bin ja selbst so viel schuldig. Offenbar mißbrauchte er seine Macht dazu, fremdes Eigenthum an sich zu hringen. Nicht nur die Andern, seine Freunde selbst hatten über ihn zu klagen. Diese hatten viele der eingezogenen Güter und oft über dem Werthe käuflich übernommen, in der Hoffnung, solche geschenkt zu erhalten, mußten aber den vollen Betrag dafür bezahlen. S70 CassinS Dio'S Römische Geschichte. 5,. Darum kümmerte sich Cäsar nicht, suchte aber doch >ede Klasse der Bürger sich zu verbinden. Der Menge machte «r sich dadurch verbindlich, daß er allen Zins, der seit seinen, Kriege mit Pompejus aufgelaufen, und die Hausmiethe von einem Jahr, wenn sie nicht fünfhundert Drachmen überstieg, erließ, und die Schätzungen der Güter, für welche die Zinse nach den Gesetzen bestimmt, waren» auf ihren zeitigen Werth herabsetzte. Durch den Verkauf so vieler eingezogener Güter war dieser aber sehr gesunken. Dadurch gewann er die Menge für sich, seine Anhänger und Kriegsgensffen aber, wenn sie Senatoren waren, durch Priesterämter und Ehrenstellcn theils für den Rest des Jahrs, theils für das künftige. Um gegen desto Mehrere erkenntlich zu seyn, ließ er nämlich für das künftige Jahr zehen Prätoren, und auch Priester über die gewohnte Zahl wählen. Den Oberpriestern, den Augurn, zu denen auch er gehörte, nnd den Fünfzehnern »)- gab er je ein weiteres Mitglied bei, obgleich er selbst früher, wie ihm bestimmt war, alle Priesterämter in sich vereinigen sollte. Die Ritter aber, welche unter ihm gedient hatten, die Centurionen und die geringeren Offiziere belohnte er theils auf ander« Weise, theils auch dadurch, daß er sie a» die Stelle der im Kriege Gefallenen in den Senat aufnahm. 5r. Aber anfrührische Bewegungen unter seinen Legionen machten ihm Besorgnisse. Sie hatte» sich große Dinge versprochen; die Belohnungen, die sie erhielten, waren nicht unter ihrem Verdienst, aber unter ihrer Erwartung, und s» empörten sie sich. In Campanien standen die Meisten, um ') Diese» gab er spater noch ein zweites Mitglied bei. 571 Zwei und vierzigstes Buch. von da nach Afrika übergeschifft zu werden. Es fehlte wenig, so halten sie den Sallustius, welchen Cäsar, um ihm wieder Sitz und Stimme im Senate zu geben, zum Prätor gemacht hatte, umgebracht. Als er ihnen aber entkam und nach Rom eilte, um Cäsar von dem Vorgefallenen in Kenntniß zu setzen, verfolgte ihn ein großer Theil, schonte Niemand und brachte unter Andern, die ihnen begegneten, selbst zwei Senatoren um. Als Cäsar ihre Annäherung hörte, wollte er ihnen anfangs die prätorischen Cohorten entgegen schicken, fand es dann aber gerathener, da ja auch diese zu ihnen übertreten konnten, bis zu ihrer Ankunft vor der Stadt ruhig zu bleiben. Jetzt ließ er sie fragen, warum sie gekommen, und Was ihr Begehren sey. Auf ihre Antwort, sie müßten mit ihm selbst sprechen, erlaubte er ihnen, in die Stadt zu kommen, jedoch ohne Waffen, die Schwerter ausgenommen, die sie auch sonst in der Stadt zu trage» pflegten und unter diesen Umständen auf keinen Fall abgelegt hätten. 5ä. Sie sprachen viel von Mühsalen und Gefahren, die sie b-standen, von den Erwartungen, zu denen sie ihre Leistungen berechtigten, und drangen nun ungestüm auf ihren Abschied: nicht als ob sie ihres Dienstes entlassen zu werden wünschten — Habsucht war ihnen durch die Länge der Zeit zur andern Natur geworden — sondern weil sie damit Cäsarn zu schrecken meinten, und wegen des bevorstehende» Feldzngs nach Afrika Alles bei ihm durchzusetzen hofften. Cäsar aber ließ sich auf Nichts weiter ein und antwortete ihnen kurz: ,,Ihr habt Recht, Quinten, *) ihr seyd durch Kriegtbe- Dieses Siue Wort deutete an, laß st« aufgehört hatten. 572 Cassius Dio's Römische Geschichte. schwerLeu und Wunden erschöpft." Damit entließ er sie auf der Stelle, als od er ihrer nicht mehr bedürfte, und versprach Denen, die ihre Zeit ausgedient hatten, die vollen Belohnungen. Diese Erklärung, die seine Willensmeinung nur zu deutlich verrieth, und daß er sie Lpiiriten, nicht Soldaten, nannte, schlug sie zu Boden. In Furcht, zur Strafe gezogen zu melden, flehten sie ihn jetzt demüthig und reuevoll an, versprachen alles Schöne und Rechte: sie wollten gerne wieder dienen, und den Kampf allein für ihn auskämpfen. Jetzt hatte er sie, wo er sie haben wollte, und als ein Tribun, sey es aus eigenem Antrieb, oder um sich dem Cäsar gefällig zu machen, für sie Fürsprache that und bat, gab Cäsar folgende Antwort: ,,Jch entlasse euch, die ihr hier anwesend seyd, und alle Diejenigen, denen ihre Dinst- zeit zu Ende geht. Ich bedarf euer nicht. Eure Belohnungen erhaltet ihr ungeschmälert. Nicht will ich mir nachsagen lassen, daß ich eure Dienste in Tagen der Gefahr mit Undank gelohnt: selbst wenn ihr bei vollen Kräften und wohl im Staude, den Krieg vollends ansznhalteu, nur nicht weiter unter mir dienen wolltet." 5z. Nachdem er diese verstellte Aeußerung gethan, (dehn er hatte sie immer noch sehr nöthig) wies er ihnen Grundstücke, die theils dem Staat, theils ihm selbst gehörten, dem Einen da, dem Andern dort, und recht entfernt von einander, an, daß fle weder den Nachbarn gefährlich, noch durch ihr Zusammenwohnen zu neuen Aufstanden veranlaßt werden Soldaten z» seyn, und in den Bürger- und Privatstand zurückgetreten waren. 575 Zwei und vierzigstes Buch. könnte». Dv» den schuldigen Geldern aber, die er ihnen fast vor jedem Kampfe, in reichem Maße verheißen hatte, ver- spra er, den einen Theil sogleich zu entrichten, theils in Kurzem mit Zinsen zu bezahlen. Durch diese Worte hatte er sie so in seiner Gemalt, daß Keiner mehr ein dreistes Wort sprach und Alle ihm vielmehr noch Dank schuldig zu seyn glaubten. Und nun fügte er noch hinzu: „So habt ihr denn Alles von mir, und ich werde Keinen von euch zwingen, noch weiter zu dienen. Wenn aber Einer freiwillig meine Kriege mir will vollenden helfen, den nehme ich mit Vergnügen an." Darüber waren sie hoch erfreut und Jeder wollte wieder Dienste nehmen. 5L. Cäsar sonderte die unruhigen Köpfe unter ihnen aus, nicht Alle, sondern Diejenige», die vorausstchtlich hinfort ihr Feld in Ruhe bebauen würden, die Andern, aber nahm er wieder in Dienst, und so machte er es auch mit den übrigen Soldaten- Die Keckeren nämlich, und Diejenigen, welche Unheil stiften konnten, »ahm er aus Italien mit fort, damit sie daselbst keine Unruhen erregten. In Afrika aber ergriff er jede Gelegenheit, bald unter diesem, bald unter jenem Vor- wand sie dem Tode entgegen zu senden. So besiegte er durch sie seine Feinde und ward ihrer selbst auf gute Weise los. So menschenfreundlich und gütig er sonst gegen Jedermann und besonders gegen die Soldaten war, so sehr haßte er die Widerspenstigen unter ihnen und strafte sie anfs Strengste. Solches that er in diesem Jahre, in welchem er in voller Macht zum zweitenmal als Diktator herrschte, während gegen das Ende desselben Ealenus und Vatinius dem Namen nach Coiv snln waren. 674 Casstuö Dio's Römische Geschichte. 56. Nach Afrika fetzte Cäsar mitten im Winter über, und daß er seine Feinde so «nrwartet überfiel, trug viel zu seinen Siegen bei. Denn am meiste» richtete er durch schnelle Bewegungen und unverhoffte Ueberfälle aus. Wenn man daher bedenkt, wodurch er alle Feldherren seiner Zeit so weit übertraf, so wird man bei einer Dergleichung eben darin den Grund davon finden. Alrika war auch früher nicht günstig gegen Cäsar gesinnt, und, hatte sich uach Curio's Tode ganz offenbar wider ihn erklärt. Darms nämlich und Juba standen dort an der Spitze, und zu ihnen hatten sich Cato und Scipiv nebst ihrem Anhange, wie ich schon früher erwähnte, geflüchtet. Jetzt führten sie den Krieg gemeinschaftlich, und trafen nicht nur zu Lande die nöthige Vorkehr, sondern versuchten auch in Sicilien und Sardinien Landungen, beunruhigten die Städte, nahmen die Schiffe mit und preßten Waffen und anderes Eisenwerk, dessen sie ausschließlich bedürftig waren. Während Cäsar in Aegypten und Rom verweilte, und kein Heer ihnen entgegen stand, waren sie an Kräften so erstarkt und hatten solchen Muth gewonnen, daß sie den Pompejus selbst nach Hispanien sendeten. Sie hörten nämlich, daß dort Unruhen ausgebrochen seyen, und meinten, daß sie ihn als den Sohn des großen Pompejus mit offenen Armen empfange» würden. Von da sollte er, nachdem er Hispanien zur Ruhe gebracht, alsbald nach Rom aufbrechen; sie selbst wollten zu gleicher Zeit mit einer Flotte in Italien landen. L7. Einigen Aufenthalt verursachte es anfangs, daß Varus mrt Scipio um den Oberbefehl stritt, weil er länger in diesen Orten gestanden, und auch Jnba, auf seinen Sieg 575 Zwei nnd vierzigstes Buch. sich nichts Geringes einbildend die erste Stelle begehrte. Cat» nnd Scipio aber, Jener ai Ansehen, Dieser an Einsicht, Allen weit überlegen, wußten es durch gütige Becedung so einzuleiten, daß Jene dem Scipio den Oberbefehl überließen. Cato nämlich hätte die gleiche oder die höchste Gewalt ansprechen können; allein er wollte das.Eine nicht, weil er es unter den jetzigen Umständen für verderblich hielt, und auch nicht das Andere, weil er dem Ranze nach unter ihm stand. Wie überall, so glaubte er, daß es hauptsächlich auch im Kriege darauf ankomme, daß der Anführer auch gesetzlich gewissermaßen über dem Andern stehe. Daher überließ er demselben freiwillig den Oberbefehl und trat ihm auch die Legionen, die er mitgebracht hatte, ab. Als man hierauf Mika des heimlichen Einverständnisses mit Cäsar beargwohnte, und die andern Anführer es deßhalb beinahe geschleift hätten, so legte er Fürsprache für sie ein, übernahm daselbst den Oberbefehl und wurde beauftragt, das dortige Land und Meer in Gehorsam zu erhalten. Ueber alles Andere befehligte Scipio unumschränkt. Auch sein Name gab seinen Freunden ein günstiges Borurtheil; weil sie aus irgend einem thörichten Wahne glaubten, daß kein Scipio in Afrika unglücklich kämpfen könnte. 58. Dieß erfuhr Cäsar, und weil er bemerkte, daß auch seine Soldaten daran glaubten und sich fürchteten, so stellte er einen Mann, der aus dem Geschlechte der Scipionen war und diesen Namen führte (sein Zuname war Salutio), sich an die Seite und fuhr, da Mika stark bewacht wurde, im Winter unversehens nach Adrumetum herüber. Beim Landen begegnete ihm ein Zufall, den er, so ungünstig er ihm auch zu seyn schien, 57 6 Cassius Div'S Römische Geschichte rc. zu seinem Glücke deutete. Als er aus dem Schiffe stieg, fiel er mit dem Gesichte zu Boden. Seine Soldaten, welche Dieß sahen, wurden verzagt, und gerietheu in Unruhe; er aber war nicht verlegen, reckte die Arme, umfaßte die Erde, als wäre er geflissentlich gefallen, und küßte sie, indem er die Worte rief: da halt' ich dich, Afrika! Hierauf griff er Adru- metum an, ward aber abgewiesen und sogar aus seinem Lager vertrieben, worauf er vor eine andere Stadt, Ruspina, zog. Hier aufgenommen, hielt er seine Winterquartiere und führte von da aus den Krieg. Solches that er in diesem Jahre. Inhalt des drei und vierzigsten Buches. Cäsar besiegt den Scipio »nd den Juba. Cap. 1 — 8. Die Römer nehmen Numidien in Besitz. Cap. 9. Cato entleibt sich. Cap. 10 — 15. Cäsar kehrt nach Rom zurück, hält vier Triumphe, und trifft neue Einrichtungen in dem Staat. Cap. 14 — 21. Cäsar weiht einen Marktplatz nach seinem Namen und einen Benustempel ein, Cap. 22 — 25. führt den jetzigen Kalender ein, Cap. 26. 27. besiegt den Cneus Pompejus, Sohn des großen Pompejus in Hispanien. Cap. 28—45. Zum erstenmal werden Consuln nicht aus ein ganzes Jahr ernannt. Cap. 46 — 48. Nach Carthagv und Corinth werden Pflanzbürger geführt. Cap. 49. 50. Bestellung von Aedilen für die Herbeischaffung von Lebensrnitteln. Cap. 51. Der Zeitraum begreift drei Jahre, in welchen Folgende Consuln waren. Bor Chr. Nach Erb. Roms. 4Z 708 Cajus Julius Cäsar, Dictator mit Aemi- lius Lcxidus, dem Reitersbersten und zum drittenmal Consul mit ebendemselben. 45 709 Dictator zum viertenmal mit dem Rei- tervbersten Aemilius Lepidus und Cvn- sul zum viertenmal allein. 44 710 Julius Cäsar, Dictator zum fünftenmal mit dem Reiterobersten Aemilius Le- pidus und Consul zum fünftenmal mit Antonios. Di» Casstus. 5s Bdch«. 6 L78 Cassins Dio's Römische Geschichte. Drei und vierzig sies Buch. i. Im folgenden Jahr war Cäsar Dictator und Census beides zum drittenmal, und hatte in beiden Aemtern Aemi- lius Lepidns zum Gehülfen. Sobald er von ihm zum Dictator ernannt morden war, schickte er ihn gleich nach seiner Prätnr in das diesseitige Spanien, und gestattete ihm nach seiner Rückkehr einen Triumph, obgleich er weder einen Sieg erkämpft, noch überhaupt eine Schlacht geliefertchatte: unter dem Verwand, er habe an Dem, was zwischen Longinus und Marcellns vorgefallen, Theil genommen. Auch konnte er bei dem Triumphe in Wahrheit Nichts vorführen lassen, als die Gelder, welche er den Bundesgenossen geraubt hatte. Damit kirrte er denselben und nahm ihn dann in beiden Würden zum Amtsgenessen an. Als fle ihre Aemter antraten, wurde Rom durch Wunderzeichen beunruhigt. Es ward ein Wolf in der Stadt erblickt und ei» Schwein kam zur Welt, das in Allem einem Elephanten, nur nicht an den Füße», glich. In Afrika hatten sich Petrejns und Labienus die Zeit, da Cäsar mit den Seinigen auf den Dörfern Futter holte, und seine Reiterei noch von der Seefahrt litt, ersehen und machten mit den Numidiern einen Angriff auf sein Fußvolk, brachten seine Legionen in Unordnung und hieben Viele nieder. Der Rest, auf eine Anhöhe gedrängt, wäre gleichfalls von ihnen niedergemacht worden, wenn nicht auch sie viele Wunden j 579 Drei und vierzigstes Buch. erhalten hätten. Aber auch so setzte dieser Borfall den Cäsar in große Bestürzung. Wenn er bedachte, daß er von den Wenigen schon solchen Verlust erlitten und unverzüglich Scipio und Znba mit all ihren Streitkräften zu erwarten hatte, so mußte er nicht wenig verlegen seyn, wie er sich helfen sollte. Er sah, daß er den Krieg nicht in die Länge ziehen und, wenn er von den Feinden auch nicht angegriffen wurde, an dem Orte, wo er war, wegen Mangels an Lebensmitteln nicht bleiben konnte, aufzubrechen aber in einem Augenblicke, wo er von der Land - und Seefeite von Feinden bedroht ward, unmöglich sey, und fing an zu verzweifeln. 5. In dieser Noth brachte Cäsarn ein gewisser Publiüs Sittius (wenn anders nicht die Gottheit selbst durch ihn wirkte) Rettung und Sieg. Dieser, aus Italien verbannt, war mit einigen andern Flüchtlingen, die er an sich gezogen, nach Mauritanien gekommen und hatte bei Bocchus eine Stelle im Heer und einige Mannschaft unter seine Befehle bekommen: er beschloß jetzt, ohne von Cäsar zuvor eine Wohlthat genossen zu haben, noch.ihm bekannt'';» seyn, diesem Vorschub zu thun und den Krieg beendige» zu helfen. Zwar kam er ihm selbst nicht unmittelbar zu Hülfe: denn er wußte, daß Cäsar zu weit entfernt war, und'glaubte ihm auch mit seiner geringen Mannschaft wenig helfe» zu können) er ersah aber den Zeitpunkt, wo Inka mit seinem Heere ins Feld gerückt war, fiel inNumidien undGätulien, das gleichfalls unter Juba stand» ein und verheerte es, so daß Dieser ») Es war in der Sache Caiilina's angeklagt und hatte sich freiwillig verbannt. . 6 * 580 Cassius Dio's Römische Geschichte. mit dem größten Theile seines Heeres mitten auf dem Marsche umkehren mußte. Schon früher hatte er dem Scipio einen Theil davon geschickt, und wenn er selbst noch gekommen wäre, so lag am Tage, daß ihnen beiden Cäsar unterlegen wäre. Aber selbst mit Scipio allein wagte er nicht, sich sogleich zn schlagen. Besonders fürchtete er die Elephanten,- die an sich schon In der Schlacht großen Nachdruck gaben, noch mehr aber, weil sie seine Reiterei leicht in Unordnung brachten. Cäsar schützte deßhalb sein Lager, so gut er konnte, und ließ noch mehr Truppen und auch Elephanten aus Italien kommen, nicht als ob er mit ihnen in der Schlacht viel auszurichten hoffte (ihreZahl war zu gering), sondern damit die Pferde an ihren Anblick und ihr Gebrüll gewöhnt, die Elephanten der Feinde nicht mehr so furchtbar finden möchten. Indessen erklärten sich die Gätulier und andere Nachbarvölker für ihn, theils wegen Jener, die, wie sie hörten, so ehrenvoll von ihm aufgenommen worden, theils in Erinnerung an Manns, welcher mit Cäsar verwandt war. Als Dieß geschehen war, und seine Hülfstruppen aus Italien endlich nach vielen Gefahren von Sturm und Feinden bei ihm eintrafen, hielt er nicht länger an, sondern eilte znr Schlacht, um noch vor Inba's Ankunft mit Scipio fertig zu werden. Er rückte also gegen ihn nach der Stadt Uzitta vor und lagerte sich, nach Vertreibung der Feinde, die ihn aufzuhalten suchten, auf einem Hügel, von dem er die Stadt und das feindliche Lager übersah. Scipio griff ihn hier au, er trieb ihn aber von oben herab zurück und that ihm durch einen Angriff mit seiner Reiterei großen Schaden. Diesen Punkt behauptete 581 Drei und vierzigstes Buch. und befestigte er, nahm dem Labienus, sodann auf der andern Seite der Stadt einen andern, und schloß nun die Stadt von allen Seiten ein. Scipio fürchtete ohne Iuba den Kürzern zu ziehen und »ahm deßhalb keine Schlacht an, sondern ließ Iuba ersuchen, zu ihm zu stoßen, und ihm, als er sich weigerte, den Besitz von ganz Afrika, so weit es den Römern gehörte, zusagen. Jetzt stellte Dieser dem SittiuS andere Führer entgegen und zog eiligst in Person gegen Cäsar heran. 5. Indessen suchte Cäsar den Scipio auf jede Weise zu einer Schlacht zu locken; wie Alles aber vergeblich war, ließ er mit dessen Soldaten freundlich sprechen und fliegende Blätter unter sie ausstreuen, worin er dem Einheimischen versprach, sein Eigenthum nicht zu berühren, und ihn frei zu entlassen, wohin er wollte, den Römern aber Verzeihung und dieselben Belohnungen, die seine Leute erhielten. Dadurch gewann er Viele. Scipio versuchte seinerseits gleichfalls die Soldaten des Gegners mündlich und schriftlich auf seine Seite zu bringen, vermochte aber nicht, sie in ihrer Treue wankend zu mache»; nicht als ob nicht bei gleichen Versprechungen auch von diesen Einige zu ihn: übergetreten wären: er setzte aber keine Belohnung aus und forderte sie nur immer auf, Senat und Volk der Römer zu befreien. Durch diese mehr ehrenvollen als für die Umstände passenden Bestrebungen gewann er jedoch keinen derselben. 6. Dieß geschah, so lange Scipio allein im Lager stand; als aber Jnba heranrückte, nahm Alles eine andere Wendung. Jetzt forderten sie den Feind zum Kämpfe und thaten ihm, als er nicht handgemein werden wollte, vielen Schaden und 582 Cassius Dio's Römische Geschichte. hieben mit ihrer Reiterei Viele nieder, 5ie auf der Fütterung umherschwärmten. Cäsar, der mit ihnen sich nicht schlagen wollte, verhinderte blos, daß er nicht durch Um- schanznngen eingeschlossen würde, raubte kümmerlich Lebensmittel zusammen und schickte nach Verstärkungen aus Italien. Er zog fle später und nicht ohne Gefahr au sich (denn sie kamen nicht alle zumal an, weil man sie erst Mann für Mann anwarb und nicht genug Schiffe zur Ueberfahrt hatte), und als sie vollzählig beisammen waren, faßte er sich wieder Muth, rückte aus den Verschanzurgen und stellte sich in Schlachtordnung auf. Seine Feinde stellten sich, als fle Dieß gewahrten, gleichfalls in Schlachtordnung auf; es kam jedoch nicht zum Angriff. Dieß thaten sie mehrere Tage; nur die Reiter lieferten sich kleine'Scharmützel und zogen sich wieder zurück, ohne daß der eine oder der andere Theil etwas Entschiedenes gewagt hätte. 7 . Cäsar sah, daß er sie in seiner bisherigen Stellung nicht zur Schlacht nöthigen könnte, und brach nach Taphos auf, um, wenn sie der Stadt "zu Hülfe kämen, sie zur Schlacht zu zwingen, oder, wollten sie es nicht, dieselbe wegzunehmen. Sie liegt gewissermaßen auf einer Halbinsel; da sie auf einer Seite vorn Meer, auf der andern von einem See begrenzt ist. Die Landenge ist schmal und so sumpfig, daß man nur auf zwei sehr engen Wegen oben und unten am Sumpf, am Gestade hin, nach derselben gelangen kann. Vor diese Stadt rückte Cäsar auf den schmalen Wegen und nmgab sie mit Gräben und Schanzen. Die Einwohner, zu schwach zum Widerstand, hinderten ihn nicht; Scipio und Iuba dagegen suchten die Landzunge, wo sie an's Festland Drei und vierzigstes Buch. 583 floßt, aus beiden Seiten durch Wall und Graben zu versperre». ^ 8. Während sie so beschäftigt waren und mit jedem Tage > wezter fortrückten und, um desto schneller mit den Verschanzungen fertig zu werden, an die noch nicht verschanzten und daher dem Feinde zugänglichen Plätze Elephanten aufgestellt hatten, auch Alles an den Schanzen arbeitete, griff Cäsar plötzlich die Leute des Scipio an, verfolgte die Elephanten, welche er ans der Ferne mit Schlendersteinen und Bogenschüssen scheu gemacht hatte, so.wie sie zurückwichen, kam so den Schanzgräbern unvermukhet über den Hals, schlug auch , sie in die Flucht und drang mit ihnen ins Lager ein, das er auf den ersten Angriff eroberte. Wie Dieß Juba sah, seriell, er so in Furcht und Bestürzung, daß er an keinen Widerstand mehr dachte, noch sich in seinem Lager zu halten getraute. Er eilte in schleuniger Flucht in sein Reich zurück, gab, als ihn hier Niemand aufnahm, da Sittius die ihm entgegengestellten Truppen besiegt hatte, seine Sache ' verloren und starb in einem Zweikampf mit Petrcjus nebst > diesem, der gleichfalls auf keine Begnadigung hoffen durfte. ' g. Cäsar bemächtigte sich sogleich nach der Flucht desselben der Verschanzungen und ließ Alle, selbst Diejenigen, welche sich ergeben hatten, niedermachen. Hierauf nahm er ! alle Städte ohne Widerstand in Besitz, machte Numidicn zur > Römischen Provinz und übergab sie an Sallustius dem Scheine nach zur Verwaltung, in der That zur Ausplünderung. Denn Vieles gewann er durch Bestechlichkeit und nicht Wenigeres durch Raub. Am Ende wurde er öffentlich angeklagt und zog sich die höchste Verachtung zu, weil er, der solche 584 Cassius Dio's Römische Geschichte. Schriften geschrieben, und die Aussaugcr der Provinzen so bitter getadelt hatte, seine Worte durch die eigene That Lügen strafte. Mochte er auch von Cäsar freigesprochen werden, er hatte sich in seinen Schriften selbst eine Schand- säule gesetzt. Hierauf wurde tat Land in der Nähe von Carthago (von uns auch Afrika im engeren Sinne geheißen), weil schon früher bezwungen, Altlibyen (Altafrika); Numi- dien aber als das neueroberte Land Neulibyen (Neuafrika) genannt. Scipio, aus der Schlacht entkommen, wollte auf einem Schiffe, das er traf, nach Hispanic» zu Pompejus gehen, ward aber nach Mauritanien verschlagen, und brachte sich , um nicht dem Sittius in die Hände zu lallen, selbst ums Leben. 10. Cato, um den sich jetzt viele Flüchtlinge gesammelt hatten, schickte sich jetzt an, an die Spiye zu treten und sich gegen Cäsar einigermaßen zur Wehr zu setzen. Die Uticenser aber, welche dem Cäsar schon früher nicht abgeneigt waren und jetzt von seinem Siege hörten, ließen sich nicht dazu bewegen. Die in Utika befindlichen (Römischen) Senatoren und Ritter befürchteten von ihnen festgenommen zu werden, und dachten auf die Flucht. Er aber verzichtete auf Gegenwehr, welche nicht mehr möglich war, noch konnte er sich entschließen, zn Cäsar überzutreten: nicht als ob er Etwas von diesem zu befürchten gehabt hätte (er wußte wohl, daß Dieser schon um Leu Ruhm der Milde zu verdienen, Nichts mehr wünschte, als ihn zu begnadigen), sondern er war zu sehr Freund der Freiheit, und wollte sich in Nichts von einem Andern übertreffen lassen, sondern hielt das Mitleid Cäsars für etwas viel Unerträglicheres, als den Tod. Er rief also L8S Drei und vierzigstes Buch. seine Mitbürger so viel ihrer sin Mika anwesend waren) zusammen , fragte Jeden, Was er zu thun gedenke und gab ihnen Geld auf die Reise, seinem SohnIaber rieth er, zu Cäsar zu gehen. Als der Jüngling aber fragte: „warum thust Du nicht dasselbe?" erwiederte er ihm: „Ich bin in Zeiten geboren, wo man frei handeln und sprechen durfte, und kann in meinen alten Tagen mich nicht mehr mit so raschem Uebergang in die Knechtschaft schicken, Du aber bist in dieser neuen Zeit geboren und aufgewachsen und mußt dich mit dem Geiste deines Jahrhunderts befreunden." ii. Hierauf legte er den Uticensern Rechenschaft über seine Verwaltung ab, stellte denselben das übrige Geld, das er noch von ihnen in Händen hatte, zurück, und beschloß noch vor Cäsars Ankunft zu sterben. So lange es Tag war, suchte er nicht seinen Entschluß auszuführen: denn sein Sohn und seine Freunde bewachten ihn genau; als es aber Abend wurde, schob er heimlich einen Dolch unter das Kopfkissen und ließ sich Platv's Schrift über die Seele geben, entweder um den Seinigen jeden Verdacht über sein Vorhaben zu benehmen und um so weniger belauscht zu werden, oder um Lurch die Lesung derselben Trostgründe für den Tod zu schöpfe«. Als die Schrift zu Ende war und es Mitternacht seyn mochte, zog er den Dolch hervor »nd gab sich eine Wunde in den Unterleib. Er wäre auch durch Verblutung sogleich gestorben, wenn er nicht durch einen Fall vsm Bette ein Geräusch gemacht und die im Vorzimmer Schlafenden aufgeweckt hätte. Sein Sohn und einige Freunde stürzten ins Gemach, schoben die Eingeweide wieder sanft in den Unterleib und verbanden ihn. Den Dolch nahmen sie weg 586 Cassius Dio's Römische Geschichte. und verschießen die Thür, damit er der Ruhe genöße: denn daß er daran sterben könnte, glaubten sie nicht. Er aber wühlte mit den Händen in der Wunde, riß den Verband ab und verschied. So erwarb Catv, der größte Republikaner feiner Zeit, ein Mann von dem kräftigsten, festesten Charakter, auch noch durch seinen Tod sich großen Ruhm. 'Er bekam später den Beinamen der Uti'censer, weil er in Utika ein solches Ende nahm und auf Kosten der Stadt begraben ward. I-. Cäsar äußerte, daß er ihm böse sey, weil Jener ihn um den Ruhm seiner Erhaltung beneidet habe; seinen Sohn aber nnd die meisten Andern entließ er, nach seiner Gewohnheit, wohin sie wollten. Die Einen hatten sich ihm nämlich sogleich, Andere etwas später, damit sein Unmuth etwas verkühlt wäre, freiwillig ergeben. Sie wurden begnadigt. Afranius und Fanstus aber konnten sich. zur Unterwerfung nicht entschließe», da sie einem gewissen Tod entgegen sahen, sondern flohen nach Mauritanien und wurden von Sittius gefangen genommen. Sie ließ Cäsar, »»gehört, als Kriegsgefangene hinrichten. Den Lucius Cäsar, der mit ihm verwandt war, und sich freiwillig an ihn ergeben hatte, ließ er zwar anfangs sich vertheidigen, damit es den Schein hätte, alS ob er ihn nach Urtheil und Recht verdammte. Später trug er doch Bedenkey, ihm durch eigenen Spruch"das Leben zu nehmen, nnd schob die Sache auf, ließ ihn aber nachher heimlich aus dem Wege schaffen. ,L. Diejenigen in seinem Heere, welche ihm nicht zusagten , gab er gerne den Feinden preis, oder ließ er durch seine eigenen Leute während der Schlachten meuchlings um- 587 Drei und vierzigstes Buch. bringen. Denn er rächte sich, wie ich schon erwähnte, nicht an Allen, die ihn beleidigt hatten, offen; wenn er Einem Lurch gewichtige Anklage nicht brikommen konnte, so ließ er ihn heimlich aus dem Wege räumen. Damals aber ließ er doch alle Briefschaften, die in den geheimen Schränken des Scipio gefunden wurden, verbrennen, ohne sie gelesen zu haben. So schenkte er auch Vielen Derer, die gegen ihn gefochten hatten, sowohl aus Rücksicht für ihn'selbst, als auch auf Verwendung ihrer Freunde, das Leben. Denn jedem seiner Mitstreiter und Freunde gestattete er, wie ich schon berichtet habe, Einen lvszubitten. So hätte er auch dem Cato verziehen: denn er hegte solche Bewunderung für ihn, daß er, als Cicero später eine Lobschrift auf denselben verfaßt, sich nicht gekränkt fühlte, obgleich er selbst auch wider ihn die Waffen geführt hatte, sondern nur eine Schrift, unter dem Namen Anticato, dagegen schrieb. -z. Nachdem er diese Thaten verrichtet, und die alten Soldaten sogleich vor der Ueberfahrt nach Italien entlassen, damit sie sich nicht wieder empörten, und in Afrika Alles, so weit es in Kürze geschehen konnte, in Ordnung gebracht hatte, fuhr er mit der ganzen Flotte bis Sardinien; von dort sendete er das Heer unter Cajus Didius nach Hispanien, wider Pompejus, er selbst aber, stolz, vor allem auf seiner Thaten Glanz, dann aber auch auf die ihm vom Senate zuerkannten Auszeichnungen, begab sich nach Rom. Vierzig Tage sollte man für seinen Sieg den Göttern Dankopfer bringen: bei dem ihm schon vorher zuerkannten Triumph sollten weiße Pferde den Wagen ziehen und Lictoren, so viel er nicht nur jetzt, sondern auch in seiner ersten und zweiten 588 Casting Dio's Römische Geschichte. Dictatur gehabt, ihn umgeben. Zum Sittenrichter (denn so sollte er heißen, als ob die Benennung Censor nicht genug ehrenvoll wäre) wählten sie ihn auf drei, und zum Dictator auf zehen Jahre nacheinander. Im Senate sollte er gleich den jedesmaligen Cvnsuln auf dem kurulischen Stuhle sitzen und zuerst seine Stimme, bei den öffentlichen Spielen aber das Zeichen zum Anfangen geben, und die Aemter, welche sonst das Volk vergab, nach eigenem Gutdünken ertheilen. Auf dem Capitel sollte sein Wagen dem Jupiter gegenüber, sein Standbild von Erz über einer Weltkugel mit darunter gesetzter Inschrift: der Halbgott aufgestellt werden. Vorn am Capitel sollte des Catnlus Name vertilgt und der seinige daran geschrieben werden, als hätte er den Tempel, über dessen Ausbesserung er denselben gerichtlich belangt hatte sZ/, , vollendet. Diese Ehrenbezeugungen führe ich an, nicht als ob es die einzigen wären (»och eins Menge hatte man vorgeschlagen und natürlich auch bewilligt), sondern weil Cäsar nur diese annahm, die übrigen aber sich verbat. -L. Nach diesen Beschlüssen kam er nach Rom, und da er sah, daß man von seiner Macht und seinem Uebermuth Alles fürchte nnd viel Schlimmes, wie früher in solchen Fällen, von ihm erwartete, und ihm deßhalb die Überschwang- liehen Ehrcnbezeignligen nicht aus gutem Willen, sondern aus Schmeichelei zuerkannt habe: wollte er die Römer trösten und zu besseren Hoffnungen erheben und ließ sich im Senate folgendermaßen vernehmen: ..Keiner von euch, versammelte Vater, darf besorgen, daß ich, weil ich gesiegt habe und Alles, was mich gelüstet, ungestraft reden und mir erlauben kann, darum in Wort oder That Jemand zn nahe treten 589 Drei und vierzigstes Buch. werde. Wenn ein Manns, «in Cinna, ein Sylla nnd Andere, die ihre Gegenpartei besiegt, im Beginne ihres Kampfes viel Schönes und Gutes sprachen und thaten, nach erlangtem Siege aber und Herren ihrer Wünsche, von dem Allen das Gegentheil gesprochen und gethan haben, so könnte Einer ein gleiches Benehmen auch von mir erwarten. Aber nicht habe ich, anderer Gemüthsart, bisher mich verstellt, und trete, nun ich's kann, in meiner wahren Gestalt auf; auch hat mich mein Glück nicht so erhoben und aufgeblasen, daß ich euch zu tyranniflren begehrte (Beides oder Eins von beiden war bei Jenen der Fall); nein, ich bin noch ganz derselbe, wie ihr mich bisher kennen lerntet. Was soll ich, ins Einzelne gehend, durch Selbstlob euch lästig fallen? Nicht will ich die Götlin des Glückes höhnen; wenn sie bisher mir gnädig gewesen, so soll sie mir immer noch gnädiger werden. Denn wenn ich bei meinem Ringen nach Macht und Einfluß meine Feinde gezüchtigt, meine Gegner zurechtgewiesen habe, so geschah Dieß in keiner andern Absicht, alS um im Wohlthun nicht gehindert zu werden und eines ruhmgekrön- ten Glückes zu genießen. iS. ,,Ueberall ist es nicht schön noch recht, sich dessen, was man dem Gegner vorwarf, selber schuldig zu machen; und ich halte es für meiner unwürdig, dasselbe wie Jene gethan zu haben, und mich blos durch den Rnhm eines endlichen Sieges von ihnen zu unterscheiden. Denn Wer hat wohl die meiste und größte Verbindlichkeit wohlzuthun, als der die größte Gewalt in Hände» hat? Wer darf sich weniger eine» Fehltritt zu Schulden kommen lassen, als Der, der am meisten vermag? Wer muß die Geschenke des Him- 596 Cassiuö Dio'6 Römische Geschichte. mels besser zu Rath halten, als der am Meisten von ihm empfangen hat? -Wem liegt es mehr ob, die gegenwärtigen Güter weise zu benutzen, als ihm, der die meisten besitzt, und am meisten sie zn verlieren fürchten muß? Das' Glück, mit Maß genossen, dauert, und die Macht, nicht mißbraucht, bleibt im Besitze ihrer Bortheile. Und was das Wichtigste ist und nie Denen zu Theil wird, welche die Bahn der Tugend verlassen: nur so hat man im Leben aufrichtige Liebe und nach dem Tode Nachruhm zu erwarten. Denn wer schamlos überall nur herrisch znfährt, der findet weder wahres Wohlwollen, noch zuverläßige Sicherheit, sondern nur Schmeichelei ins Angesicht. Wer seine Willkühr gewähren läßt,' der wird von Allen und von Denen am meisten, die ihm am nächsten stehen, beargwohnt und gefürchtet. 17. „Dieß Alles ist nicht ins Ungefähr philosophirt; vielmehr wünschte ich euch zu überzeugen, daß es keine Schaureden, keine aus der Luft gegriffenen Aeußerungen sind; von Anfang an habe ich hierin meine Ehre und meinen Vortheil erkannt und darnach gethan und gesprochen. Deßhalb dürft ihr nicht nur jetzt guten Muthes seyn, sondern auch für die Zukunft die besten Hoffnungen hegen und bedenken, daß ich, hätte ich mich auch bisher verstellt, jetzt nicht mehr au mich hielte, sonder» offen hervorträte. Aber auch früher dachte ich nicht anders, wie mein ganzes Benehmen bezeugt, nnd jeyt fühle ich mich mehr als jemals zur Milde aufgefordert, nicht fürwahr euer Despot, nein, euer Schntzherr, nicht euer Unterdrücker, sondern euer Führer zu seyn; in Allem, was ich zu eurem Wohle thun kann, handelt der Consnl und Dictator; wo ich einen hart behandeln müßte, der Privat- 59L Drei und vierzigstes Buch. mann. Doch davon wird- hoffe ich, nie°di8. ,,Auch vor meinen Soldaten fürchtet euch nicht, sondern betrachtet sie als die Schützer meiner und eurer Macht. Unterhalten müßt ihr sie vieler Gründe wegen, aber nicht als eure Feinde, sondern als eure Beschützer. Sie sollen sich mit dem Gebotenen begnügen und ihre Wohlthäter lieben. Auch sind mehr als gewöhnlich Gelder beigetricben worden, damit die Parteigegner in Leu Schranken gehalten, und die Sieger durch reichlichen Unterhalt zufrieden gestellt, nicht aufrührisch werden. Nichts ist davon in meinen Schatz 592 Cassius Dio's Römische Geschichte. geflossen; vielmehr habe ich mein ganzes Vermögen zu eurem Wohle verwandt und noch dazu Gelder aufgenommen. Urtheilet selbst: eine» Theil davon brauchte ich zu den Kriegskosten, der andere Theil liegt noch zu öffentlichen Zwecken in der Kasse und soll zur Verschönerung der Stadt *) und zu andern nützlichen Einrichtungen verwendet werden. So habe ich denn das Gehässige der Eintreibung auf mich genommen, den gemeinsamen Nutzen aber werdet ihr selbst, besonders in Bezug auf die Heere, genießen. Denn der Waffen bedürfet ihr immer; da Bürger einer so großen Stadt und Herren eines solchen Reiches ohne sie in Sicherheit nicht bestehen können; diese aber gewährt euch der Ueberfluß an Geldmitteln in hohem Grade. Doch argwohne darum Keiner, daß ich einen Reichen belästigen, oder neue 'Abgaben auflegen werde. Das Vorhandene wird mir genügen, und eher werde ich euer» Wohlstand zu heben trachten, als Einem seines Reichthums wegen zu nahe treten." Durch solche Reden in dem Senat, und sodann auch vor dem Volke benahm ihnen Cäsar zum Theil ihre Besorgnisse, vermochte aber doch nicht, sie ganz zu beruhigen, bis er seine Versprechungen durch die That bewährte. ,g. Hierauf zeigte er sich, Was sich nach so viel wichtigen Siegen erwarten ließ, in vollem Glanz und feierte an vier verschiedenen Tagen vier Triumphe über die Gallier, die Aegypter, den Pharnaces und den Juba. Der Aufzug im Ganzen machte auf die Zuschauer einen günstige» Eindruck; die Aufführung der Aegypterin Arsknoe (denn auch ffe war *) Statt lese ich xorrjUTzArsserai. Drei und vierzigstes Buch. 893 unter der Zahl der Gefangenen) d e Menge der Aktoren und die Schaubilder der in Africa gefallenen Mitbürger wurden nicht gut aufgenommen. Die Erscheinung der Lictoreu, die man in solcher Zahl noch nie beisammen gesehen, verletzte auf's empfindlichste; auch erregt« Arflnve, ein Weib und jüngst noch Königin, jetzt in Fesseln - WaS früher in Rom noch nie geschehen war — allgemeines Mitleid. (Unter diesem Verwand floß auch über heimische Leiden manche Thräne.) Doch ward sie später aus Rücksicht auf ihre Geschwister wieder in Freiheit gesetzt, Dercingrtvrir aber mit den andern Gefangenen zum Tode geführt. -o. Zwar erregte Dieß, wie ich schon erwähnte, eine ungünstige Stimmung, doch schwand sie vor der Betrachtung seiner Eroberungen und der Größe seiner Thaten. Alles Dieß, so wie auch der Glelchmuth, womit er die frechen Reden seiner Soldaten hinnahm, fand allgemeine Bewunderung. Diese hvhnneckten die von ihm in den Senat Gewählten und ließen über Alles, was man sonst über ihn im Scherze sprach, *) besonders aber über seine Liebeshändel mit Cleopatra und seinen früheren Aufenthalt in Bithynien bei dem Könige Niocmedes, dessen Lnstknabe er gewesen, unbarmherzig ihre Galle aus. So sangen sie: Den Galliern hat Cäsar, Nikomedes dem Cäsar obgelegen.**) End« *) Statt lest ich mit Wagner auf den Vorschlag Reiske's "1 Oallisi Oaessr sukezit, lllicomeckes (lsssrow; Lcee Laesar nunn <^ui 5vl>egit Aiaomecke5 ooo triiiwpllLt, . Zwar standen in Hispanien Cäsars Legaten Quintus Fabius Marimus und Quintus P-dius. Weil sie aber glaubten ihm nicht gewachsen zu seyn, unternahmen sie Nichts, sondern baten Cäsar aufs Dringendste, selbst zu kommen. So standen die Sachen, als Einige, vorausgeschickt, aus Rom ankamen uud Cäsar selbst erwartet wurde. Auf diese Nachricht zog Pompejus, weil er ganz Hispanien zu behaupten nicht hoffen durfte, und er nickt erst durch Schaden gewitzigt werden wollte, ohne sich mit den Feinden zu messen, sogleich ins Bäkische zurück. Sofort fiel die ganze Seeküste von ihm ab, Darus aber wurde von Didius zur See bei Karteja *) geschlagen. Hätte er sich nicht noch zeitig genug aus Land geflüchtrt, uud die Mündung des Hafens durch eingesenkte Anker, dicht neben einander, gesperrt, so daß die vordersten der verfolgenden Feinde, auf sie, wie auf einen Damm aufstießen, so wäre die ganze Flotte verloren gewesen. Auch war das ganze dortige Land für Pompejus, außer der Stadt Ulia, welche sich nicht ergeben wollte und deßhalb von ihm belagert wurde. 5-. Plötzlich erscheint jetzt Cäsar mit wenig Gefolge den Seinen gleich unerwartet, wie dem Pompejus, in Hispanien. Er hatte auf der Ueberfahrt so sehr geeilt, daß er *) Statt Loaur/av lese ich nach Appian L'lloraiav. 603 Drei und vierzigstes Buch. Freunden wie Feinden vor Augen stand, ehe man noch von seiner Ankunft in Hispanicn das Geringste wußte. Eben dadurch und durch seine bloße Gegenwart hoffte er den Pompejns überhaupt so zn schrecken, und von der Belagerung abzubringen. Das Hauptheer war noch weit hinter ihm. Pompejus aber glaubte, ein Mann habe vor dem andern nicht *) viel voraus, vertraute auf seine Macht und ließ ßch durch seine Ankunft nicht schrecken, sondern fuhr in der Belagerung fort und machte wie zuvor 'Angriffe auf die Stadt. Cäsar ließ daher einen kleinen Theil der voraus angekommenen Truppen zurück und marschirte selbst gegen Corduba, theils weil er hoffte, die Stadt durch Verrath zn gewinnen, theils aber, und hauptsächlich, um den Pompejns durch die Furcht, sie zu verlieren, von der Belagerung Ulia's abzuziehen. Dieß geschah denn auch: erst kam Pompejus mit Zurücklas- sung eines Heertheils vor Ulia, nach Corduba, befestigte es, weil Cäsar seine Ankunft nicht erwartete, und übergab seinem Bruder Sertns den Oberbefehl. Vor Ulia konnte er Nichts ausrichten: ein Thurm brach, ohne Zuthun der Belagerten durch die Ueberzahl der Streiter in demselben zusammen, und einige seiner Soldaten drangen zwar in die Stadt, wurden aber übel empfangen; auch rückte jetzt Cäsar heran und warf bei Nacht heimlich Verstärkung in die Stadt, zog dann aufs Neue gegen Corduba und schloß es wieder ein. Dieß bewog jetzt den Pompejus, die Belagerung von Ulia *) Vor N0Ü.Ü öeaPkssktV lese ich mit Leuucla», weil der Insammenhaug es so erfordert, ov. 604 Cassiuö Dio'S Römische Geschichte. aufzuheben, und sich dorthin mit dem ganzen Heere zu wenden. Das hatte den Erfolg, daß Cäsar, auf die Nachricht von seinem Herannahen, und weil er unpäßlich war, sich zurückzog. Nachdem er wieder genesen, und die nachrückenden Truppen an sich gezogen, sah er sich genöthigt, mitten im Winter den Krieg fortzuführen. Seine Leute aber litten viel unter den schlechten Zelten und durch Mangel an Lebensrnitteln. ZZ. Cäsar war noch immer Diktator und wurde erst spät und gegen das Ende des Jahrs zum Consul gewählt, zu welchem Behufe der Reiterobrist Lepidus das Volk zusam- meubcrufen hatte. Er blieb nämlich immer noch Reiterobrist, da er sich, allem Herkommen zuwider, außer der Consulwürde, auch poch den Titel eines Reiterobristen beigelegt hatte. Cäsar, wie ich schon erwähnte, zu einem Winterfeldzuge genöthigt, ließ Sorduba, weil es zu stark vertheidigt war, unangefochten, wandte sich aber gegen die Stadt Attegua, in der sich, wie er hörte, große Vorräthe befanden. Auch sie war stark besetzt, er hoffte sie aber mit seinem zahlreichen Heere durch einen unerwarteten Angriff im ersten Schrecken zu erobern, und hatte sie auch bald mit Schanzen und Gräben eingeschlossen. Pompejus, auf die Stärke des Platzes vertrauend, und in der Meinung, Cäsar werde sich im Winter nicht lange vor der Stadt halten können, zumal, da er auch seine Leute nicht der Strenge der Jahreszeit aussetzen wollte, ließ es anfangs geschehen und kam nicht zu Hülfe; als Cäsar aber die Stadt eingeschlossen und sich vor ihr festgesetzt hatte, fing er doch an» besorgt zu werden und kam ihr zu Hülfe, griff in nebliger Nacht unversehens die Borposten an und 60 k Drei und vierzigstes Buch. machte Viele nieder. Da die Städter aber ohne Anführer waren, so schickte er ihnen den Munatius FlaccnS * **) ) zu. äz. Er gelangte aber auf folgende Weise in die Stadt: Er forderte bei Nacht allein einigen Wachsn die Losung ab, als wäre er von Cäsar geschickt, die Runde zu machen. Mag erkannte ihn nicht, und da er allein war, so fiel keinem ein, daß er ein Feind seyn könnte; er erhielt die Losung, ging nun weiter durch die Posten hin und stieß auf andere Wachen. Diesen gab er die Losung, vertraute ihnen, er gehe hin, dir Stadt durch Verrath zu gewinnen und gelangte so ungehindert und selbst noch von ihnen begleitet zu dem Thore. Allein er konnt« die Stadt nicht halten. Man warf unter Anderem, Feuer auf die Schanzen und Maschinen der Römer, beschädigte sie aber nicht bedeutend, fle selbst aber litten, da gerade ein heftiger Wind sich erhob und ihnen entgegen blies, gewaltig. Ihre Häuser geriethen in Brand, und viele Menschen, welche vor dem Rauch sich der Steine und Ge- schoße der Belagerer nicht erwehren konnten, kamen um. Dieser Umstand, die Verheerung der Umgebungen und der Einsturz eines Theils der Mauer, durch Minen herbeigeführt, bewirkte eine» Aufstand in der Stadt. Erst bot Flaccus, ") unter Bedingung der Sicherheit für sich und seine Leute, die Uebergabe an Cäsar an, richtete aber, weil er die Waffen nicht strecken wollte, Nichts; da sandten die Städter Gesandte *) Vielleicht wäre statt HXaxxov z« lesen //ka^xon, ,,Munatius Plancus," denn ein Munatius FkaccuS ist nicht bekannt. Red. **) PlancuS? 606 Casstus Dio's Römische Geschichte. an ihn und ergaben sich auf die vsn ihm vorgeschriebenen Bedingungen. L5. Nach dem Falle dieser Stadt widerstanden auch die übrigen nicht länger, sondern boten entweder durch Gesandte ihre Unterwerfung an, oder nahmen ihn »nd seine Unterfeld- herrn in ihre Mauer» auf. *) Pompejus, dadurch außer Fassung gebracht, streifte mit dem Heere bald dahin, bald dorthin im Lande umher; weil er aber befürchtete, daß eben dadurch auch die anderen ihn verlassen mochten, beschloß er, ein« entscheidende Schlacht zu liefern; obgleich die Götter seine Niederlage aufs unzweideutigste voraus verkündet hatten. Schwitzende Götterbilder, Schlachtengeräusch, viele Mißgeburten unter Thieren, Fackeln, die am-Himmel von Osten nach Westen fuhren — alle Wunderzeichen, welche damals in Spanien geschahen — zeigten zwar nicht deutlich, welchem der'Führer sie gelten: daß aber die Adler seiner Legionen ihre Flügel zum Fluge hoben und die goldenen Blitze, die sie zum Theil in den Klauen hielten, fällen ließen, kündete ihm Unglück und bewies, daß sie zu Cäsar überfliegen wollten. Pompejus aber achtete die Götterzeichen nicht und die Sachen standen so, daß es zur Schlacht kommen mußte. 56. Beide Theile hatten außer den heimischen und Bundestruppen auch viele Spanier und Mauren unter ihren Fahnen. Bacchus hatte seine Söhne in das Lager des Pompejus gesendet; König Bogud war in Person bei Cäsars Heer. Die Schlacht aber wurde allein von den Römern ent- *) Nach Anderen wär« dieser Abfall der Städte erst nach der Hauptschlacht erfolgt. 607 Drei und vierzigstes Buch. schieden. Die Cäsarianer, auf ihre Ueberzahl, ihre Kriegserfahrung und vor Allem auf die Gegenwart ihrer Feldhern pochend, wünschten einmal den Krieg mit seinen Beschwerden loszuwerdend die Pompejaner dagegen, um alles Dieß im Nachtheile, wurden dadurch, daß nur der Sieg ihnen Rettung beachte, zur Tapferkeit befeuert. Sie, zum größten Theil unter Afranius und Varro gefangen genommen und begnadigt, in der Folge unt.r den Oberbefehl des Longinus gestellt, und von ihm abgefallen, durften, besiegt, auf keine Verzeihung hoffen, und stürzten so in Verzweiflung zvm Siege oder zum gewissen Tode in die Schlacht. Sie wurden handgemein und schlugen sich. Schon zu oft waren sie einander gegenüber gestanden, um sich zu schämen, gegen Mitbürger zu fechten; auch bedurften sie keiner Ermunterung. 07. Kaum hatte das Treffen begonnen, als die Hülfs- »ölker auch sogleich die Flucht ergriffen; die Römer selbst aber traten sich Mann gegen Mann gegenüber und fochten lange den blutigsten Kampf. Keiner von ihnen wich; jeder starb, oder tödtcte'auf der Stelle, wo er stand; als glaubte Jeder, die Entscheidung des Siegs oder der Niederlage auch für die Andern in den eigenen Händen zu tragen. Gleichgültig wie die Bundesgenossen föchten, fühlten sie sich durch die Größe der Gefahr nur zu noch größerem Muthe gespornt. Kein Feldgeschrei vernahm man, keinen Seufzer; der einzige Ruf ertönte auf beiden Seiter: Hau nieder! tödte! und immer kam noch der Arm der Zunge zuvor. Als Cäsar und Pompejus zu Pferd auf nahen Anhöhen Dieß so mit ansahen, wußten sie nicht, ob sie alles hoffen, »der aufgeben sollten. Don den verschiedensten Empfindungen bestürmt, gaben sie 608 CassiuS Dio's Römische Geschichte. sich bald der Verzweiflung, bald den kühnsten Hoffnungen hin. Wie die Schlacht sich immer nicht entschied, ward es ihnen peinlich zu Muth : sie gierten, einen Vortheil zu erspähen und trauten ihren Augen nicht, um keinen Verlust zu erblicke»; bald beteten, bald fluchten sie, ihre Seele war zwischen Muth und Zaghaftigkeit getheilt. Länger ertrugen sie es nicht, *) sie sprangen vom Pferd —hinein ins Gewühl der Schlacht; lieber wollten sie statt dieses martervvllen See- lenkampfs leiblich Kampf und Gefahr bestehen und vielleicht durch diese sichtbare Theilnahme die Ihrigen zu glücklicher Entscheidung befeuern, entschlossen, wenn nicht den Sieg, ") doch ruhmvollen Tod mit ihnen zu theilen. ZS. So kämpften sie denn selbst; für beide Heere war Dieß aber nicht entscheidend p der Anblick der mitkämpfenden Feldherrn steigerte vielmehr nur auf beiden Seite» die Todesverachtung und die Mordgier gegen die Feinde. Keiner floh; am Muthe gleich, wollte auch Keiner an Körperkraft weichen. Alle wären auf der Stelle, wo sie standen, gefallen, oder die Nacht hätte den unentschiedenen Kampf getrennt, wen» nicht König Bogud, der außer dem Schlachtdereich war, einen Angriff auf das Lager des Pvmpejus gemacht hätte. Labie- nus, der Dieses sah, zog sich aus der Schlacht gegen Diesen; die Pompejaner aber, welche glaubten, er fliehe, verloren jetzt den Muth; zwar erfuhren sie bald den wahren Grund, allein sie konnten sich nicht mehr sammeln. Die Einen stürzten *) Ich lese nach der vorgeschlagenen Srganzung: ovx s-Lo», ovA' önwx öXnicrworv, ") Statt öxsivTix wäre vielleicht besser — nixi?s r» lesen. 60 S Drei und vierzigstes Buch. sich nach der Stadt, die Andern nach dem Lager. Diese schlugen den Angriff der Feinde muthig ab, und Keiner fiel> ohne seinen Gegner erlegt zu haben. Jene hielten sich auch noch lange in der Stadt, welche nicht eher erobert wurde, als bis All« i» den Ausfallen umgekommen waren. So groß war auch der Verlust der Römer auf beiden Seiten, daß Cäsars Leute kein anderes Mittel sahen, um Keinen aus der Stadt entrinnen zu lassen, als die Leichname der Todten rings um sie aufzuthürmen- Lg. Nach diesem Siege nahm Cäsar sogleich Besitz von Eorduba, denn Eertus hatt« die Stadt schon vor seiner Ankunft verlassen, und die Einwohner ergaben sich an ihn, obgleich die Sclaven (denn sie waren freigelassen worden) sich widersetzten. Cäsar ließ Alle, die er unter den Waffen fand, niedermachen, »ud die Andern als Sclaven verkaufen. Das gleiche that er auch zu Hispalis, *) wo man anfangs freiwillig eine Besatzung von ihm aufnahm, nachher sie aber niedermachte und die Waffen wider ihn ergriff. Er zog nun vor die Stadt, stellte sich aber, als ob es ihm mit der Belagerung nicht recht Ernst wäre, um ihnen Hoffnung zu geben, daß sie sich durch dir Flucht retten könnten. Er that, als wüßte er nicht, daß sie die Stadt verließen, verlegt« ihnen aber den Weg, ließ sie Alle niedermachen, und brachte sv die von Vertheidigern entblößte Stadt in Kurzem in seine Gewalt. Hierauf nahm er auch Munda **) und ander« Städte theils mit Gewalt und vielem Blutvergießen, theils ») 2«vt Sevilla. . **) Letzt Mond«, ei« Dorf in Granad«, gegenüber von der Seestadt Marbella. Di» easstu». Ks Bdchn. 8 6L0 Cassius Dio's Römische Geschichte. durch freiwillig« Ergebung in Besitz und brandschatzte sie; ja selbst an den Weihgeschenken im Herculestempel zu Gades vergriff er sich. Den Einen nahm er Land» Anderen erhöhte er den Tribut. So benahm er sich gegen seine früheren Feinde; Denen, die Ergebenheit gegen ihn gezeigt hatten, gab er Ländereisn und bewilligte Steuerfreiheit; Einigen das Bürgerrecht, oder das Recht Römischer Colonieu; doch auch dafür mußten sie zahlen. Das war es, was Cäsar damals vollführte. 40. Pomxejus aber kam auf der Flucht an das Meer, um mit der im Hafen von Earteja liegenden Flotte sein Heil zu versuchen, fand aber, daß sie sich für die Sieger erklärt hatte, und bestieg nun «in Fahrzeug, um auf demselben zu entkommen. Hier ward er verwundet und gab wenigstens diesen Plan auf, fahr wieder an's Land, brachte einige Mannschaft zusammen und zog sich landeinwärts. Hier stieß er auf Cäsennius Lento, ward von ihm besiegt und flüchtete sich in einen Wald, wo er umkam. Didins, welcher von all dem Nichts wußtes streifte umher, ihn aufzusuchen,.traf aber auf ein anderes Corps und ward von diesem aufgerieben. 4 >. Gewiß wäre auch Cäsar lieber durch die Hände seiner Feinde auf dem Bette Ker Ehren gestorben, anstatt, was bald darauf geschah, in seinem Vaterlande, mitten im Senate, unter den Dolchen seiner liebsten Freunde zu fallen. Dieß war sein letzter Krieg, sein letzter Sieg; obgleich er noch hohe Dinge im Sinne hatte, und in dieser Hoffnung besonders dadurch sich bestärkte, daß auf dem Sclstachtfelde der Sprößling eines PalmbaumeS plötzlich emporwuchs. Auch 61 L Drei und vierzigstes Buch. will *) ich nickt läugnen, daß darin eine Vorbedeutung lag: sie galt aber nicht ihm, sondern seinem Schwestersohn Octa- vius; denn dieser war in Cäsars Lager und sollte dereinst den Rahm von seinen Thaten und Gefahren ernten. So aber verstand es Cäsar nicht, sondern trug sich selbst noch mit hohen Dingen und vergaß so sehr dir Schranken aller Mäßigung, daß er sich in seinem Uebcrmuth unsterblich wie die Götter wähnte. gr. Ob er nun gleich keinen auswärtigen Feind besiegt, dagegen viel Dürgerblut vergossen hatte, so hielt er doch nicht nur selbst einen Triumph und speiste wieder das ganze Volk, als wäre Dieß ein glückliches Ereigniß für den S-aat, sondern ließ auch Fabius und Quinkus sPediuss, obschon sie nur unter ihm befehligt und Nichts für sich gethan hatten , einen Triumphcinzug halten. Schon darob lachte man, noch mehr aber, daß sie die Schaubilder ihrer Thaten nicht in Elfenbein, sondern nur in Holz gearbeitet vortragen ließen und auch ihr andres Triumphgeräthe nur von Holz war. Trotz dem Allem war es ein Stegesfcst, ein dreifacher Triumph der RöMer über sich selbst, und fünfzig Tage lang wurden Dankfeste gefeiert. Auch die Palilien wurden mit den alljährlich n Circenstschen S-pielcn, uicht zum Andenken an den Ei banungStag der Stadt, sondern weil am Vorabend derselben die Nachricht von Cäsars Sieg eintraf» festlich begangen. zL. Solches wurde der Stadt zu Theil; er selbst aber durfte, nach einem Senarsbeichluffe das Triumphkleid bei allen Feierlichkeiten tragen, und überall und an allen Orten ') Mit Casaubon's, ürr onx LPksik rovro. 8 * 612 CassinS Dio'S Römische Geschichte. mit dem Lorberkranz erscheinen. Zum Verwände nahm er, daß ihm die Haare ausgegangen wären; er mußte sich aber darvh nachsagen lassen, daß er, obgleich schon längst über die Jugenblüthe weg, immer noch schön seyn wollte.' Von jeher hakte er sich in einer weiten Toga gefallen und trug später zuweilen auch rothe Schuhe mit hohem Absätze, nach dem Vorgänge der alten Könige von Alba, von denen er wegen des Julus sein Geschlecht ableitete. Der Venus huldigte er zn allen Zeiten, und hätte gerne Jedermann überredet, daß ein Theilchen ihrer Schönheit auch auf ihn übergegangen sey. Buch führte er eine gewappnete Venus im Siegelring und gab sie in den wichtigsten und gefährlichsten Augenblicken als Losungswort. Daß er sich so nachläßt schürzte, machte schon Sylla auf ihn aufmerksam. Dieser wollte ibn umbringen lassen und sprach zu seinen Fürsprechern: „Ihr sollt ihn haben, nehmet euch aber vor dem winzigen Stutzer wohl in Acht!" Cicero irrte sich in ihm und erkannte es zu spät. „Nie, sprach er, hätte ich gedacht, daß dieser Stutzer den Pompejus besiegen würde." Soviel im Vorbeigehen, um meinen Lesern Nichts, was Cäsars Person anbetrifft, vorzuenthalten. 44- Außer den obenerwähnten Ehrenbezeugungen, die ihm der Senat seines Sieges wegen zuerkannte, gab er ihm noch den Ehrennamen des Befreiers und ließ ihn unter dieser Benennung in die Jahrbücher eintragen. Auch verordnete er, auf Staatskosten der Freiheit einen Tempel zu errichten. Den Titel Imperator, nicht im alten Sinne, wie ihn Andere und er selbst früher öfters nach gewonnenen Schlachten erhalten, oder wen» man Einem einen unum- 6L3 Drei und vierzigstes Buch. schränkten Oberbefehl oder andere außerordentliche Gewalt übertrug, erlaubte man ihm zuerst und auf immer in der Bedeutung, wie ihn noch jetzt die Kaiser führen, als eizenen Namen vor seine übrigen Namen zu setzen. So sehr übertrieb man die Schmeichelei, daß man selbst seinen künftigen Söhnen und Enkeln, ob er gleich keinen Sohn hatte und schon betagt war, diesen Titel zuerkannte. So geschah es, daß dieser Titel auf alle Fürsten Roms nach ihm als Bezeichnung der höchsten Gewalt, so wie der Name Cäsar, überging. Die alte Bedeutung ging deßhalb nicht ab: sondern besteht neben der andern; daher erhält man ihn auch zum zweitenmal, .wen» man einen ansehnlichen Sieg erfochten hat. Als Namen der obersten Gewalt setzt man ihn nur einmal vor den andern; als Ehrentitel des Oberseldherrn nach einer glücklichen Schlacht nimmt man ihn wie ehedem, und so kann sich einer zum zweiten-, drittenmale und so fort Imperator nennen, so oft er.einen Sieg gewann. Außerdem erkannte man dem Cäsar auch noch eine öffentliche Wohnung, bei jedem Siege eiiz besonderes Dankfest und Dankopfer zu. Auch sollte kein Anderer neben ihm Feldherr sehn oder an seinen Siegen Antheil haben. z5. So übertrieben und der herkömmlichen Sitte zuwider laufend dieß Alles auch war, so widerstritt es doch nicht dem Begriffe von Bolksherrschaft; sie faßten aber noch andere Beschlüsse, wodurch sie ihn offenbar zum Alleinherrscher erklärten. Man überließ ihm die Besetzung aller Aemter, sel"st deijenigen, die vom Volke ausgingen, und wählte ihn, wie früher zum Diktator, so auf zehn Jahre zum Cgnsul; Soldaten sollte nur er haben, die öffentlichen Gelder nur er 614 Cassins Dio'6 Römische Geschichte. vermalten; Keiner sollte, wofern er nicht von ihm selbst die Erlaubniß hätte, sich mit b-,dem befassen. Ferner beschloß man, daß seine Bildsäule von Elfenbein, später, daß ein völliger Prachtwagen zu seinen Ehren bei den circensischen Spielen, nebst den Götterbildern aufgefahren werden sollte. Eine andere Bildsäule von ihm ließ man in dem Tempel der QuirinuS mit der Aufschrift: dem unüberwindliche» Gotte, eine dritte im Kapitel unter Roms Königen aufstellen. Ein besonderer, höchst merkwürdiger Zufall traf sich hier: ES waren ihrer acht, sieben der Könige, und die achte des Brutus, der die Tarquinier vertrieb, und neben diese ward die Cäsars gestellt. Eben Dieß soll den Marcus Brutus zum Sturze desselben aufgefordert haben. z6. Diese Ehrenbezeugungen (nicht führe ich alle, sondern nur die wichtigern auf) wurden ihm seines Sieges wegen nicht an Einem Tage, sondern wie sich'S eben traf, bald da, bald dort zuerkannt. Von einigen machte Cäsar sogleich Gebrauch , von andern später, so angelegentlich er sie sich auch zu verbitten schien. DaS Cvnsulat trat er sogleich, noch ehe er in die Stadt kam, an, bekleidete eS jedoch nicht das ganze Jahr, sondern legte eS nach seiner Ankunft in Rom nieder und übertrug es dem Quintus FabiuS und dem Cajus TreboniuS. Als FabiuS am letzten Tage seines Consulates starb, wählte er, für die noch übrigen Stunden sogleich den CajuS CaniniuS sRebilus). Zuerst war schon Dieß gegen die bestehenden Geseye, daß Emer nicht auf daS ganze Jahr, noch auf den übrige» Theil des Jahres das Cvnsulat bekleidete, sondern bei voller Gesundheit, ohne irgend einen Zwang, weder durch Gesetze, noch in Folge einer Anklage, davon 61 L Drei und vierzigstes Buch, abtrat und ein Anderer für ihn eintrat; sodann, daß Einer an demselben Tage Consul wurde, war, und zu seyn aufhörte. Auch machte sich Cicero darüber lustig und sagte: ,,Sv wacker und wachsam war dieß «in Consul, daß ihm kein Schlaf in die Augen kam." Seit dieser Zeit waren, außer wenigen, nicht dieselben Männer das ganze Jahr Cvnsuln, sondernwie sichs gerade traf, die Einen auf mehrere, die Andern auf wenigere Monate oder Tage. Jetzt versieht Keiner ein ganzes Jahr, noch gewöhnlich länger als zwei Monate das Amr mit einem andern. Im übrigen haben sie Nichts vor einander voraus; nur wird das Jahr nach denen, die das Jahr antreten, berechnet. Ich werde nur Diejenigen nennen, welche auf die Begebenheiten von Einfluß waren, znr Zeitbestimmung aber die ersten Consuln des Jahrs, wenn sie auch nichts Merkwürdiges verrichtet haben. 47. Solches geschah mit den Consuln. Die andern Beamten wurden, da Cäsar das Recht ihrer Wahl nicht annehmen wollte, dem Scheine nach von der Menge und von .dem Volke, nach hergebrachter Sitte, im Grunde aber doch von ihm gewählt und, ohne zu losen, in die Provinzen abgeschickt. Die Zahl blieb wie bei den andern, die der Prätoren aber wurde auf vierzehn, die der Quästoren auf vierzig vermehrt. Die vielen Versprechungen, welche er nach allen Seiten gemacht hatte, konnte er nur auf diesem Wege erfüllen. Viele wählte er ferner in den Senat, ohne zu untersuchen, ob einer ein Soldat oder der Sohn eines Freigelassenen war, so daß es ihrer im Ganzen neunhundert wurden. Diele erhob er auch zum Rang der Patricier, der Consularen, oder Derer, die ein anderes Amt bekleidet SL6 Cassius Dio's Römische Geschichte. hatten. Selbst solche, die der Bestechung bei Aemterbrwer- bung angeklagt und überwiesen waren, gab er, nicht ohne Verdacht eigener Bestechung» wieder frei. Diesen Verdacht verstärkte er noch dadurch, daß er die öffentlichen Felder, nicht blos die weltlichen, sondern auch alle zum Wetterdienste bestimmten, zumDerkauf aussetzen und mehrere wirklich veräußern ließ. Indessen ließ er seinen Anhängern große Summen besonders durch den Verkauf solcher Grundstücke zukommen. So überließ er einem gewissen Lucius Bacilns, ») obgleich er Prätor gewesen war, zwar keine Provinz, gab ihm aber statt dessen eine beträchtliche Geldsumme; so daß dieser Mann deßhalb, und, weil er wegen des ihm als Prätor angethanen Schimpfes sich zu Tode hungerte, das allgemeine Stadtgespräch wurde. Dieß war uun Dem, der empfing, oder zu empfangen gewärtig war, jederzeit angenehm, da ihnen der eigene Vortheil über das Gemeinwohl ging; die Andern «der waren Karob sehr ungehalten und äußerten sich theils vielfach in Privatzirkeln, theils ließen sie sich, wenn es ungestraft geschehen konnte, laut und i» namenlosen fliegenden Blättern darüber aus. -8. Außer dem schon Erwähnten , das in diesem Jahre sich begab, wurde auch die Verwaltung der Staatskasse, weil kein Quästor ernannt worden war, zwei Stadtmeistern anvertraut. Wie schon früher, so hatten auch jetzt in Cäsars Abwesenheit die Stadtmeister mit dem Refterobristen alle *) VantXw ein unbekannter Name. Sollte nicht LwcrtXep zu lesen seyn: Lucius Basilus, vielleicht »in Verwandter des L. Minucius Basilus. Red. 617 Drei und vierzigstes Buch. inneren Stadtgeschäfte besorgt, und wurden, als man sie zur Verantwortung zog, daß sie sich der Aktoren» der Amtskleidung, des Ehrenseffels und der übrigen Amtszeichen, wie der Reiterobrist bediente, freigesprochen; weil sie sich auf ein Gesetz beriefen, das allen von einem Diktator erwählten Beamten solche Auszeichnung gestattete. Die Verwaltung der Staatsgelder wurde seit dieser Zeit nicht mehr in den Händen der Quästoren belassen, sondern zuletzt den vom Amte getretenen Prätoren übertragen. Jetzt verwalteten den Staatsschatz zwei Stadtmcister, von denen der Eine auf Kosten Cäsars die apollinarischen Spiele gab, so wie die Volksädilen auf einen Ssnatsbeschluß die Megalensischen. Der Stadlmeister für das Latinerfcst ernannte selbst für den folgenden Tag einen Anderen, und Dieser einen Drillen; weder früher »och später ist etwas Aehnliches erhört worden. Soviel von den Begebenheiten dieses Jahrs. zg. Im folgenden Jahre war Cäsar zum füuftenmale Dictator, wobei er den LepidNs wieder zum Reitervbristen nahm und zum fünftenmal Consul, wofür er sich den Auto- nius znm Amtegenössen wählte. Prätoren waren'es sechs- zehn, und so noch viele Jabre lang. Das Tribunal, früher mehr in der Mitte des Platzes, wurde an seine jetzige Stelle versetzt, und Sylla's und Pvmpejus Bildsäulen wieder daneben aufgestellt. Dieß brachte Cäsar» großes Lob, so wie auch, daß er dem AntoniuS die Ehre dieser That und der Inschrift überließ. Auch ein Theater wollte er, gleich dem Pompejus, erbauen, von dem er aber nur den Grund legte, die Vollendung nicht erlebte. Augustus führte den Ban später aus und benannte ihn nach seiner Schwester Sohn 618 Cassius Dio's Römische Geschichte. Marcus Marcellus. Daß Cäsar beim Niederreißen der Häuser und der Tempel auf jenem Playe die hölzerney Bildsäulen bis auf wenige verbrannte, die bedeutenden, daiclbst vorgefundenen Schätze aber für sich behielt, nahm man ihm sehr übel. 5o. Außerdem gab Cäsar neue Gesetze und erweiterte den Umfang der Stadt. *) Hierin, wie in einigen anderen Stücken schien er sich den Sylla zum Muster zu nehmen. Daß er aber Denen, die von seinen Parteigegnern noch übrig waren, jegliche Strafe erließ und sie unter gleichen Bedingungen begnadigte, ja zu Ehrenämtern beförderte, den Wittwen der Gefallenen aber ihr zugebrachtes Vermögen zurückgab, und den Kindern einen Tbeil des väterlichen Erbes schenkte, war ein glänzendes Gegenstück zu Sylla's Grausamkeit, so daß er das größte Lob nicht nur der Tapferkeit, sondern auch der Menschenfreundlichkeit erntete; so schwer es auch sonst ist, in Krieg und Frieden den gleichen Ruhm zu behaupten. Diesen erhöhte er noch durch den Wiederaufbau von Carthago und Corinth. Zwar ließ er auch viele andere Städte in und außer Italien wieder herstellen oder neu erbauen; Loch harten Dieß vor ihm auch Andere gethan. Ihm eigenthümlich ist, daß er die durch Alter, Glanz und Macht ausgezeichneten Städte Corinth und Carthago, welche zu Grunde gegangen waren, zu Römischen Kolonien erbyb und mit neuen Pflanzbürgcrn bevölkerte, auch zum Andenken *) Nach den Zeugniffen der meisten Schriftsteller war Dieß blos im Plane Cäsars, wurde aber durch seinen Tod verhindert. 619 Drei und vierzigstes Buch. an die früheren Bewohner ihre alte Name» wieder gab, ohne die unschuldigen Orte die frühere Feindschaft ihrer Bewohner gegen Rom entgelten zu lassen. Sie, die zu gleicher Zeit gefallen, lebten jetzt auch zumal wieder auf und sollten zu neuem Glänze erblühen. 5i. Während Cäsar sich damit beschäftigte, sprach sich in Rom der allgemeine Wunsch aus, den Tod des Craffus und ren Verlust seines Heeres zu rächen, und der günstigste Zeitpunkt zur Unterwerfung der Parther schien gekommen zu seyn. Einmüthig trug man also Cäsar» diesen Krieg auf, und machte große Rüstungen. Damit Cäsar gehörigen Vorschub von Gehülfen erhielte, und die Stadt in seiner Abwesenheit nicht ohne Staatsbeamte wäre, noch auch, selbst wählend, in Unruhen gerielhe, beschloß man, sie auf die drei nächsten Jahre (so lange Zeit glaubte man zu dem Feldzuge zu brauchen), voraus zu wählen. Doch geschah Dieß damals nicht unit allen. Dem Scheine nach wählte Cäsar nur die Hälfte , wozu er kraft eines Gesetzes berechtigt war, in der That aber alle. Aufs erste Jahr wurden, wie im vorigen, vierzig Quästoren gewählt, und Aedilen damals zuerst, zwei aus den Patriciern, vier aus dem Volke, und von diesen zwei unter dcm.Namen Cerealädilen, was sich von dieser Z« t bis auf die Gegenwart erhalten hat. Prätoren wurden secbszehn ernannt: doch nicht Dieß brauchte ich zu erwähnen; da ihrer auch das vorige Jahr so viele waren. Nur so viel bemerke ich, daß sich unter den Gewählten auch Publius Ventidius befand. Dieser Mann war, wie ich schon früher angegeben, ursprünglich ans dem Picenilchen, hakte in dem Bundesgenoffenkriege die Waffen gegen die Römer getragen, 620 Casflus Dio'S Römische Geschichte rc. wurde von Pompejus Strabo gefangen genommen und gefesselt im Triumphe aufgeführt. Später kam er wieder los, wurde in der Folge Senator, und jetzt von Cäsar zum Prä- tor ernannt. So weit schwang er sich empor, daß er sogar einen Sieg über die Parther gewann und nun selbst einen Triumphzug hielt. Die Beamten für das nächstkünftige Jahr wurden zum Boraus gewählt; für das zweite aber blos die Eonsul» und die Volkstribunen, an eine Wahl fürs dritte Jahr war nicht zu denke». Er selbst auch wollte für die folgenden zwei Jahre,Dictator bleiben, und wählte statt des früheren Reiterobristen erst «inen Andern, und dann den noch sehr jungen Octavlus. Für den Rest des laufenden Jahres wählte er an seine Statt den Dolabell» zum Consul, obgleich Autonius das ganze Jahr hindurch im Besitze seines Consulats bleiben sollte. Dem Lepidus gab er das Narbo- neustsche Gallien und das diffeitige Hispanien, und machte an beider Statt zwei andere Reiterobristen, aber jeden besonders. Weil er nämlich, wie ich schon erwähnte, gegen Viele Verbindlichkeiten eingegangen, so suchte er sich derselben durch Verleihung solcher Würden oder durch Priesterämter zu entledigen: wie er denn die Zahl der Fünfzehner mit einem, die der sogenannten Siebener mit dreien vermehrte. :--V^- >^« 8 »! «VM «sE^MSk W8LM WWW MMN >»» tc> 'Z^!< ^ MWWU»G Z M^E^-Ä^?WWU! "L»^ .x M? !'2^^i».-»'v VL2»^ ^ t ^ ^.'T^kWHkM 6 2 Griechische Prosaiker in neuen Übersetzungen. Herausgegeben von G. L. F. Tafel, Professor r» Tübingen, C. N. v. Osiander und G. Schwab, Professoren zu Stuttgart. Hundert vier und sechzigstes Bändcheu. Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. Mr Oestreich in Commission von Mörschner und Jasp er in Wien. Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von ü. Leonhard Tafel, Oberreallchrer an dem Gymnasium in Ulm. 4 Zweite Abtheilung. Stuttgart. Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. L 8 3 8. Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von v. Leonhard Tafel, Oberreallehrer an dem Gymnasium ;u Ulm. Sechstes Bündchen. Stuttgart, Verlag der 2. B. Metzler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mörschner und Jasper in Wien. 18 2 7 . 1 » ^ 00 '.2 Cassius Dio's Römische Geschichte. Inhalt des vier und vierzigsten Buchs. Neu« Sbrenbezeigunge» werden Cäsarn zuerkannt. Cap. 1 —il Verschwörung gegen Cäsar. Cap. 12 — 18. Cäsar wird ermordet. Cap.lS—22. Man verordnet eine allgemeine Amnestie. Cap. 23—34. Cäsars Leichenbegängniß — Leichenrede. Cap. 3L—53. Der Zeitraum begreift dasjenige Jahr. in welchem Cäsar zum fünften Mal Diktator mit dem Reiterobristen Lepidus, und zum fünften Mal Consul mit Markus Antonius war. Vier und vierzigstes Buch. t. Solche Rüstungen machte Cäsar auf seinen Feldzug gegen die Parther, als verruchte Wuth aus Neid gegen den Mächtigern, aus Haß gegen den höher Geschätzten Jenen frevelhaft mordete, und unter dem neuen Namen Pflicht- 626 CassiuS Dio's Römische Geschichte. vergessenen Ruhmes alle bereits gefaßten Beschlüsse umstieß und anstatt der Einigkeit neue Unruhen und Bürgerkriege den Römern brachte. Zwar nannten sich diese Männer Ty- rannenmörder P und Befreier das Vaterlandes; in Wahrheit aber war es treuloser Meuchelmord, der den Staat, in welchen bereits wieder Ordnung kam, neuen Zerrüttungen preisgab. S- Volksherrschaft klingt zwar sehr schön, und scheint , durch die Gleichheit vor dem Gesetz Jeden zu gleichem Antheil an dem Gemeinwesen zu berufen; die Erfahrung aber lehrt, daß sie diesem schönen Namen keineswegs entspricht; wogegen die Monarchie, ein dem Ohre widriger Laut, die zuträglichste Regierungsform für den Bürger ist. Denn es ist leichter, einen guten, als viele zu finden; und wen» Jenes Einige schon schwierig finden, so muß nothwendig das Letztere unmöglich seyn. Tugend findet man nicht bei der Masse. Wenn aber auch ein Schlechter allein herrscht, so ist es doch immer besser, als wenn eine Menge seines Gelichters herrscht; dieß beweist die Geschichte der Griechen, der Barbaren und der Römer selbst. Ganze Städte und Einzelne haben von jeher mehre und größere Vortheile von Königen als von Volksregierungen gehabt; und des Unglücks geschieht weniger in Monarchien als wo der Pöbel herrscht. Wenn auch einmal ein Freistaat blühte, so hatte er doch bald seine Reife erreicht, so lange er nämlich weder groß noch mächtig war, weder Uebermuth aus Wohlstand, noch Neid aus Eifersucht erzeugte. Ein Staat von solchem Umfang, der über den ) roll als Ehrentitel. 627 Vier und vierzigstes Buch. schönsten und grössten Theil der bekannten Erde herrschte, dem so riele verschiedene Völker gehorchten, der so unermeßliche Reichthümer besaß, dessen Unternehmnngen im Einzelnen wie im Ganzen so glücklich waren, konnte unmöglich bei einer Volksherrschaft sich mäßigen, oder, was noch weniger möglich war, ohne Mässigung einträchtig bleiben. Hätten Marcus Brutus und Casus Cassins die Sache von dieser Seite betrachtet, so würden sie nicht den ersten Mann, den Beschützer des Staats getödtet haben, noch für sich und die Mitwelt die Stifter unsäglichen Elends geworden seyn. z. So geschah es aber, und sein Tod hatte folgende Veranlassung. Allerdings hatte auch er den Neid, dem er sich aussetzte, zum Theil selbst verschuldet. Wenn die Senatoren selbst ihn durch die Neuheit und die Uebertreibung der Ehrenbezeigungen zu hoch erhoben und übermüthig machten, dann eben darob ihn schalten und lästerten, daß er sie zu willig annahm und anmaßend wurde; so fehlte doch auch Cäsar, daß er wirklich Einiges von dem Beschlossenen annahm und wähnce, daß es seinen Verdiensten gebühre. Die größte Schuld aber tragen immer Diejenigen, welche ihn anfangs, als müßten sie seinen Verdiensten Gerechtigkeit widerfahren lassen, so hoch ehrten und durch ihre Beschlüsse zu Falle brachten. Einerseits konnte er, um nicht als übermüthig zu erscheinen, alle nicht zurückweisen; andrerseits setzte er durch deren Annahme seine eigene Sicherheit aufs Spiel. Denn das Uebermaß von Ehre und Lob macht auch den Bescheidensten übermüthig, und gar zu gern hält mau sich für den, als welcher man gepriesen wird. 4. Außer den schon erwähnten wurden ihm noch folgende 628 Cassius Dio's Römische Geschichte. Auszeichnungen zuerkannt. Ich führe sie hier beisammen auf, obgleich sie nicht alle zu einer Zeit beantragt und beschlossen wurden. Er sollte stets den ersten Rang bekleiden, in der Stadt selbst das Triumphkleid tragen, sich überall, nur nicht bei den öffentlichen Schauspielen, des PrachtsessclS bedienen. Denn hier sollte er auf der Tribnnenbank unter den Tribunen sitzen. Spolia opima sollte er in dem Tempel des Jupiter Feretrius aufhängen, als hätte er mit eigener Hand eine» Feldherrn erlegt; seine Aktoren sollten mit Lor- bern umwundene Fasces führen. Er sollte nach dem Latiuer- fest vom Albanerberg zu Pferd in die Stadt einziehen. Außer diesen Auszeichnungen gab man ihm den Namen Vater des Vaterlandes und prägte es so auf die Münzen. Man beschloß seinen Geburtstag als öffentliches Fest zu begehen, und in allen Städten sowohl, als in jedem Tempel in Rom seine Bildsäule aufzustellen. Auf der Rednerbühne selbst stellte man zwei Bildsäulen von ihm, die eine dem Retter der Bürger, die andere dem Befreier der Stadt von der Belagerung, beide mit den dafür bestimmten Kronen, auf. Noch befahl man, einen neuen Tempel der Eintracht ihm zu Ehren, als habe er den Frieden wieder geschenkt, zn erbauen, und ein jährliches Fest darin zu begehen. 5. Als er die Ehrenbezeigungen angenommen hatte, übertrug man ihm die Austrocknung der Pontinischen Sümpfe, die Durchgrabung der Peloponnesischen Landenge und die Erbauung einer neuen Curie, weil die Hostilische, obgleich wieder hergestellt, aufs Neue abgebrochen worden war, unter dem Verwand: man müßte dort einen Tempel der Glückseligkeit aufführen, den auch der Reiterobrist Lepidus aus- 629 Vier und vierzigstes Buch. baute, im Grunde aber, damit auch hier des Sylla Name nicht mehr stünde, und eine nengebaute den Namen Julia führte; sowie mau denn auch den Monat, in welchem er geboren ward, Julius nannte und die Tribus um den Namen die Juliscbe loosen ließ. Auch sollte er allein und auf Lebensdauer Censor seyn, und alle Vorrechte der Volkstribunen genießen; das heißt, wenn ihn Einer durch Wort oder That beleidigte, der solle dem Fluch und Banne verfallen seyn, deßgleichen sein Sohn, wenn er einen zeugen oder advptiren wurde, zum hohen Priester ernannt werden. 6. Wie ihm auch dieses genehm war, so wurde ihm der vergoldete Prachtstuhl, uud die Toga, wie sie früher die Könige trugen, sowie eine Leibwache aus den Rittern und den Senatoren zuerkannt. Zudem sollte man jährlich für sein Leben öffentliche Gelübde thun, bei seinem Glücke schwören und Alles, was er thäte, rechtskräftig seyn. Fünfjähr- liche Festspiele wurden sodann ihm, als einem Halbgott, und von den Priestern, welche die Lupercalien begingen, ein drittes Collegium, das Julische, beschlossen. Bei den Fechterspielen in Rom und im übrigen Italien sollte immer ein Tag ihm geweihet seyn. Wie auch dieß bei ihm Gefallen fand, so ließ man in den Schauspielen einen goldene» Prachtstuhl und eine goldene, mit Edelsteinen besetzte Krone, wie es bei den Göttern üblich war, für ihn hinstellen, und bei den circensischcn Spielen seinen Prachtwagen mit auffahren. Endlich hießen sie ihn geradezu Jupiter Julius und verordneten, ihm »nd der Clementia Julia einen Tempel zu errichten, als welchem sie den Antonius als Eigenpriester bestellten. 650 Casstus Dio's Römische Geschichte. 7. Ihre Herzensmeinung gaben sle jedoch nicht nndent- lich dadurch zu verstehen, daß sie, während sie diese Beschlüsse faßten, und verstatteten, daß er innerhalb der Ringmauer beerdigt würde, diese Verordnungen auf silberne Säulen mit goldenen Buchstaben cingraben und zu den Füßen des Kapitolinischen Jupiter aufstellen ließen, um ihn so recht augenfällig zu erinnern, daß er ein Mensch sey. Anfangs wollte man mit diesen Ehrenbezeigungen seine Bescheidenheit anerkennen; später aber, als man fand, daß er großes Wohlgefallen daran hatte, und alte bis auf wenige annahm, suchte immer Einer den Andern, theils aus übertriebener Schmeichelei, theils aus Spott zu überbieten. Ja Einige waren so schamlos, daß sie in Vorschlag brachten, ihm den freien Gebrauch aller Weiber zu gestatten; *) weil man wußte, daß er, obgleich schon ein Fünfziger, noch mit vielen Umgang pflog. Andere, und das waren die Meisten, wollten ihm dadurch Neid und Haß zuziehen, um ihn desto eher zu stürzen; was denn auch gelang. Cäsar wurde dadurch auch so sicher, daß er, in dem Wahne, daß weder Männer, die ihm so ausgezeichnete Ehre zuerkannten, noch auch Andere, aus Furcht vor Diesen, etwas gegen ihn unternehmen würde», keine Leibwache mehr wollte. Aus diesem Grunde schlug er denn nicht nur aus, von Senatoren und Rittern bewacht zu werden, sondern entließ auch selbst seine bisherigen Leibwachen. 8. Als sie ihn einmal an einem gewissen Tage, außer Casstus und wenigen Andern, welche darob Gegenstand aller Wahrscheinlich, damit er so eine» gesetzlichen Leil-eserben erhielte. 6Z1 Vier und vierzigstes Buch. Unterhaltung wurden, aber nichts darum zu leiden hatten, wodurch Cäsars Milde nur in um so hellerem Acht erschien, dem Cäsar einmüthig die meisten und größten Auszeichnungen zuerkannt hatten, begaben sie sich insgesammt in den Vorhof des Venustempels, wo er saß, um ihm ihre Beschlüsse anzukündigen (denn diese faßten sie nur in seiner Abwesenheit, um den Schein zu haben, als ob sie es nicht aus Zwang, sondern aus freiem Antriebe thäten); so empfing er sie, sey es, daß er von den Göttern mit Blindheit geschlagen war, oder im Uebermaß seiner Freude, sitzend. Dadurch erbitterte er nicht nur die Senatoren, sondern auch das übrige Volk dermaßen, daß seine Mörder nun einen desto scheinbarem Gründ zu seiner Ermordung erhielten. Zwar entschuldigten ihn später Einige damit: er habe den Durchfall gehabt, und sey sitzen geblieben, damit ihm kein Unfall begegnete; Wenige aber glaubten es, zumal da er gleich darauf aufstand und sich zu Fuß nach Hause begab. Vielmehr legten sie es ihm als Hochmuth aus und haßten ihn als einen übermüthigen Mann, obgleich sie ihm selbst durch ihre übermäßigen Ehrenbezeugungen den Kopf verrückt hatten. In diesem Urtheil über ihn wurde man noch bestärkt, als er sich zum lebenslänglichen Diktator wählen ließ. S. Ein solches Betragen bewirkte, daß seine Feinde nun ganz entschieden auftraten und, um ihn auch bei seinen vertrautesten Freunden gehässig zu machen, auf allerlei Weise in ein schlimmes Licht zu stellen suchten, endlich ihm sogar den Namen König gaben, auch ihn unter sich nicht mehr anders zu nennen pflegten. Als er diese Benennung jedoch ablehnte, und Denjenigen, welche ihn so nannten, es verwies, 6Z2 Cassius Dio's Römische Geschichte. dagegen Nichts that, wodurch er seinen Unwillen darüber an den Tag gelegt hätte; so banden fle seiner Bildsäule auf der Rednerbühne einmal heimlich ein Diadem um. Als dieß die Volkstribunen Cajus Epidius Marullus und Lucius Cäsetius Flavus abnahmen, war er sehr ungehalten; obgleich fle kein beleidigendes Wort gesprochen, vielmehr ihn vor dem Volke gelobt hatten, daß er Nichts dergleichen haben wollte. So sehr er sich aber auch innerlich darob ärgern mochte, so ließ er die Sache doch beruhen. 10. Wie er aber vom Albanerberge zu Pferd in die Stadt einzog, und ihn Einige wiederum König begrüßten, so antwortete er zwar: nicht König, sondern Cäsar heiße ich. Als aber jene Volkstribunen Denjenigen, welcher ihn zuerst König genannt hatte, vor Gericht forderten, so konnte er flch nicht länger halten, und war äußerst ungehalten, als ob fle flch wider ihn selbst aufgelehnt hätten. Doch ließ er sie es im Augenblicke nicht fühlen; als fle aber später öffentlich in einer Schrift flch beklagten, daß fle flch über das Staatswohl nicht frei und flcher erklären dürften, ward er in hohem Grade empfindlich. Er beschiel» sie vor den Senat, erhob Klage wider fle und ließ über sie abstimmen. Zwar ließ er fle nicht am Leben strafen, worauf Einige stimmten, entsetzte sie aber, mit Hülfe des Helvius Cinna, eines ihrer Amtsgenossen, ihres Tribunals und stieß fle aus dem Senat. Darob freuten flch Diese, oder stellten flch wenigstens so; weil sie jetzt der gefahrvollen Verpflichtung, die Wahrheit zu sagen, überhoben wäre», und außer des Bereichs der Staats- verwaltuug gestellt, in gefahrloser Ferne das Schauspiel mit ansehen könnten. Aber auch dieß legte man übel für Cäsar 6Z3 Bier und vierzigstes Buch. aus, daß er, statt Jene zu Haffen, die ihm den Namen König gaben, fle in Ruhe ließ und wider die Volkstribunen Klage erhob. 11. Gleich nach diesem Vorfall offenbarte ein anderer noch deutlicher, daß er zwar den Worten nach diese Benennung ablehnte, in Wirklichkeit aber gerne gehabt hätte. MS er nämlich am Feste der Lupercalien in die Bastlica kam, und auf der Rednerbühne in dem königlichen Prachtgewand, und mit der schimmernden goldenen Krone auf dem Haupt sich auf den goldenen Ehrenstuhl niedersetzte, und Antonins nebst den andern Priestern ihn als König begrüßte, und ihm das Diadem umwand, mit den Worten: Dieß gibt dir durch mich das Volk, so antwortete er: nur Zeus ist König der Römer, und sandte ihm das Diadem aufs Capitol, war aber darob keineswegs ungehalten, sondern ließ in die öffentlichen Protokolle eintragen, daß er die ihm vom Volk durch den Consul angebotene Königswürde nicht angenommen habe. Man argwohnte hieraus, die Sache sey unter Beiden abgeredet gewesen, er strebe allerdings nach diesem Namen, wolle aber zur Annahme gezwungen seyn. Dieß erregte furchtbare Erbitterung. Daher geschah es, daß Einige jene Volkstribunen an dem Wahltag zu Consnln vorschlugen, und den Marcus Brutus und andere stolzgeflnnte Männer insgeheim bearbeiteten »nd öffentlich aufreizten. ir. Fliegende Blätter gingen in Menge herum, worin man daraus, daß er mit jenem großen Brutus, der die *) Dieß bezeichnet ohne Zweifel das wofür vielleicht zu lesen ist. Es war ein Gebäude auf dem Marktplatz«, wo auch Gericht gehalten wurde. 634 Cassius Dio's Römische Geschichte. Tarquinier stürzte, einerlei Namen hatte, fälschlich darzuthun suchte, daß er ein Abkömmling von Jenem sey. Dieser hatte ja seine beiden einzigen Söhne noch im ersten Jünglingsalter hinrichten lassen und hinterließ keine Nachkommenschaft. Doch gaben Dieß Viele vor, um ihn durch die vermeintliche Gemeinschaft des Geschlechts zu gleicher That zu vermögen. Daher rief man ihm überall zu: o Brutus! Brutus! und fügte bei: einen Brutus brauchen wir! Endlich schrieb man an die Bildsäule des alteren Brutus: „O daß du lebtest!" Auf sein Tribunal (er war Prätor, und Tribunal heißt man jeden Stuhl, auf welchem Einer zu Gericht sitzt) warf man Zettel mit den Worten: Du schläfst, Brutus! und: Du bist kein Brutus! 15 . Alles Dieß vermochte ihn, der gleich anfangs die Waffen gegen Cäsar getragen, obgleich derselbe später sein Wohlthäter geworden, ihm nach dem Leben zu trachten. Hiezn kam noch, daß er, wie ich schon erwähnte, Schwestersohn und Eidam des Cato von Utika war. Auch soll seine Gartin Porcia die einzige Frau gewesen seyn, die von der Verschwörung wußte. Als er gerade darüber nachsann, trat sie zu ihm und fragte ihn, warum er so tiefsinnig wäre, und glaubte, weil sie keine Antwort erhielt, er mißtraue der Schwäche ihres Geschlechts, sie möchte wider Willen auf der Folter das Geheimniß verrathen; sie unternahm daher etwas Großes. Sie verwundete sich heimlich an der Hüfte, um zu versuchen, ob sie die Schmerzen aushalten könnte, und da sie dem Schmerze nicht unterlag, achtete sie der Wunde nicht weiter und kam wieder zu ihm: Du traust zwar, lieber Mann, meinem Geiste zu, daß er ein Geheimniß nicht ver- 635 Vier und vierzigstes Buch. rathen würde, mißtrauest aber meinem Körper, wie es die Menschen zu machen pflegen; ich habe aber gefunden, daß auch dieser schweigen kann. Mit diesen Worten zeigte sie ihm ihre Hüfte, sagte ihm, warum sie Dieß gethan, und fuhr dann fort: So sage mir denn getrost Alles, was du mir verheimlichen wolltest. Mir soll kein Feuer, keine Geißel, keine Marterstiche das Geheimniß erpressen. Nicht so sehr bin ich Weib. Und traust du noch jetzt mir nicht, so will ich lieber sterben, als langer leben; dann nenne mich Niemand mehr Catv's Tochter, oder deine Gattin! 14. Ueber diese Worte staunte Brutus und verheimlichte ihr Nichts mehr, fühlte sich vielmehr dadurch noch gestählt und eröffnete ihr seinen ganzen Plan. Hierauf weihte er den Gemahl seiner Schwester, Cajus Cassius, welchen Cäsar gleichfalls begnadigt und mit der Prätorwürde beehrt hatte, in seinen Plan ein; worauf sie sich noch andere Gleichgesinnte zugesellten. Es wurden ihrer nicht Wenige; ich mag aber, um nicht lästig zu werden, nicht Alle namentlich aufführen; nur den Trebonius, den Decimus Brutus, den man auch den Junius und Albinus nannte, kann ich nicht unerwähnt lassen. Obgleich auch sie von Cäsar mit Wohlthaten überhäuft worden waren, und Decimus erklärter Consul für's nächste Jahr, und dann zum Statthalter des diesseitigen Galliens bestimmt war, so verschworen sie sich doch wider ihn. 15. Es fehlte jedoch wenig, so wären sie, theils weil zu Viele im Geheimniß waren (obgleich Cäsar Nichts der Art hören mochte, vielmehr Alle, die irgend Etwas der Art vorbrachten, hart anließ), theils wegen der längeren Zögerung verrathen worden. Sie hatten immer noch eine Art von 656 CassiuS Dio's Römische Geschichte. Ehrerbietung vor ihm und fürchteten, obgleich er keine Leibwache mehr hatte, sie möchten durch seine jeweilige Umgebung übermannt werden; darum zögerten sie und liefe» eben dadurch Gefahr, entdeckt und zu Grunde gerichtet zu werden. Gewiß wäre ihnen Dieß auch begegnet, wenn sie nicht gegen ihren Willen zur beschleunigten Ausführung ihres Anschlags gezwungen worden wären. Es verbreitete sich nämlich (wie immer bei dergleichen Gelegenheiten auskommt) das wahre oder falsche Gerücht, daß die fünfzehn Priester erklärt hätten, die Sibylla hätte vorausgesagt, die Parther könnten nur durch einen König bezwungen werden, und daher öffentlich auf die Ertheilnng dieses Titels antragen würden. Sie hielten dasselbe für wahr, und weil die Obrigkeiten, unter denen auch Brutus und Cassius waren, über einen so wichtigen Gegenstand um ihre Stimme befragt werden konnten, wo sie denn weder zu widersprechen wagten, noch zu schweigen für recht hielten, so eilten sie, bevor noch etwas darüber zur Sprache käme, ihren Anschlag auf sein Leben auszuführen. 16 . Sie beschlossen, den Angriff im Senate zu thun. Cäsar, so erwarteten sie, vermuthete hier am wenigsten Etwas, und war leichter zu bewältigen; sie selbst aber konnten, ohne aufzufallen, Dolche genug in ihre Kapseln statt der Schreibwerkzeuge hinein nehmen, die Andern dagegen, weil sie un- bewaffnet wären, ihm nicht beispringen; und wenn es ja Einer wagte, so hofften sie, von den Gladiatoren, welche sie in dem Theater des Pompejus unter dem Verwand von Leibesübungen in Menge versammelt hielten, unterstützt zu werden. Dort nämlich wollten sie in einem Zimmer des Säulengangs Senat halten. Als der bestimmte Tag gekommen Vier und vierzigstes Buch. 6Z7 war, und sie sich in der Curie versammelt hatte», luden sie Cäsar zu sich ein. 17. Auch Wahrsager und Träume warnten ihn vor Nachstellung. In der Nacht vor dem Tage seiner Ermordung träumte seiner Gemahlin, daß ihr Hans einstürzte, und lVr Mann verwundet an ihren Busen flüchtete. Cäsar» selbst war es, als ob er auf den Wolken in die Höhe gehoben würde und Jupiter an der Rechten saßre. Auch viele nicht unwichtige Vorzeichen ereigneten sich ihm. Die Marsschilde, welche damals bei ihm, als dem Oberpriester, herkömmlicher Weise im Hause waren, klirrten in der Nacht sehr laut; auch gingen die Thüren dcS Gemaches, in welchem er schlief, vvn selbst auf. Die Opfer, welche er deßwegen schlachtete, waren ebenfalls nicht günstig, und die Böget, deren Flug er zu Rathe zog, wollten ihm nicht gestatten, das Haus zu verlassen. Auch in dem Vorfalle mit seinem goldenen Pracht- stuhl wollten Einige nach seiner Ermordung ein Vorzeichen erkennen: der Diener trug ihn nämlich, weil Cäsar lange nicht kam, aus der Kurie, weil er glaubte, daß er nicht mehr nöthig sei. 18. Als Cäsar aus diesen Gründen zögerte, so befürchteten die Verschworenen, (man sagte sich, daß er diesen Tag zn Hause bleibe) daß durch den Aufschub ihr Anschlag vereitelt und sie selbst verrathen würden, und ordneten den De- cimus Brutus ab, um ihn als sein vertrautester Freund zum Ausgehen zu vermögen. Dieser wußte ihm seine Bedenk- ljchkeiten auszureden, versicherte ihn, daß der Senat ihn in seiner Mitte zu haben recht sehr wünschte und bewog ihn Dio Casssus. 6s Bdchn. 2 658 Cassius Dio's Römische Geschichte. zu kommen. Beim Hinausgehen fiel eine Bildsäule von ihm, die in dem Vorhose stand, ro» selbst herab und zerbrach. Aber sein Tod schien vom Schicksal beschlossen: auch diese Warnung half so wenig, als die eines Mannes, der ihm den Mordanschlag entdeckte. Er erhielt von ihm eine Schrift in die Hand, worin alle Anstalten zu seiner Ermordung anf's genaueste angegeben waren, las sie aber nicht, weil er glaubte, sie enthielte nichts Dringendes. Mit einem Wort: er war so zuversichtlich, daß er zu dem Wahrsager, der ihn vor diesem Tage gewarnt hatte, spöttisch sagte: „Du bist mir ein schöner Prophet; dein Schreckenstag ist da, und noch lebe ich." Jener erwiderte (wie man sagt) mir trocken: „Er ist da, aber noch nicht vorbei!" 19. Als er in den Senat kam, hielt Trebouius den An- tonius draußen auf. Anfangs wollten sie auch diesen und Lepidns tödten; weil sie aber besorgten, daß sie durch die Ermordung Mehrerer den Verdacht auf sich ziehen wurden, als härten sie es bei der Ermordung Cäsar's auf die eigene Macht, und nichc auf die Befreiung des Vaterlandes, wie sie vorgegeben, abgesehen, wollten sie den Antonins auch nicht bei seinem Tode gegenwärtig haben; Lepidus aber war bei dem Heer in der Vorstadt. Jenen nun unterhielt Trebonius; die Andern aber umstanden den Cäsar gedrängt, (er war sehr zugänglich und gesprächig) und sprachen über Dieß und Jenes, oder brachten Fürbitten vor, um ja keinen Verdacht bei ihm zu erregen. Als so Alles vorgekehrt war, trat Einer auf ihn zu, als wollte er ihm Dank sagen, zog ihm die Toga von der Schulter, und gab damit den Verschworenen das verabredete Zeichen. Jetzt stürzten sie von allen Seiten über 639 Vier und vierzigstes Buch. ihn her und überhäuften ihn mit Wunden; so daß es ihm wegen der Menge der Zudemgende» unmöglich war, Etwas zu thun oder zu spreche», als sich in sein Gewand zu hüllen und von Wunden bedeckt zu sterben. Dies der wahrhafteste Bericht; Andere wollen noch wissen, daß er zu Brutus, der ihm eine gewaltige Wunde beibrachte, die Worte sprach: „Auch Du, mein Sohn?" 20. Hierüber entstand großer Lärm unter den Uebrigen, die im Saale waren, und Denen, die außen standen (der Vorfall kam so unerwartet, daß man weder die Namen, noch die Zahl, noch die Absicht der Mörder erfuhr). Jeder war bestürzt, ob es nicht ihm gelte, suchte sich durch die Flucht zu retten, wie er konnte, und sehte die Begegnenden in gleiche Bestürzung. Man vernahm nichts Zusammenhängendes, und nur wie mit einer Stimme die Worte: „Fliehet, Häuser zu! fliehet, Häuser zu!" Diesen Ruf nahm Einer vom Andern auf, das Geschrei ward allgemein und überall entstand Klaggeheul; man stürzte in Werkstätten und Häuser und suchte sich zu verbergen; obgleich die Mörder, so wie sie waren, auf den Markt rannten, und durch Gebenden und Worte zu erkennen gaben, daß Nichts zu fürchten sei, und immer nur nach Cicero riefen. Die Menge aber wollte ihnen noch immer nicht glauben, und war nicht leicht zu beruhigen. Erst spät und mit Mühe, als Niemand getödtet oder aufgegriffen wurde, gelang es, Vertrauen und Ruhe wieder herzustellen. rt. Als nun eine Volksversammlung zu Stande gekommen war, sprachen Cäsar's Mörder viel wider diesen und von der VolkSherrschast, hießen das Volk guten Muthes sein 2 * 640 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. und nichts Schlimmes fürchten: nicht Herrschsucht oder Habsucht hätte sie zu seiner Ermordung aufgefordert, sondern das Streben, Freiheit und Gleichheit unter den Bürgern wieder herzustellen und so dem Staate die rechte Verfassung zu geben. Mit solchen Reden beschwichtigten sie die Menge, zumal da sie Niemand Etwas zu leide thaten. Sie selbst aber fürchteten sich ihrerseits noch immer vor Nachstellungen und begaben sich auf das Kapital, als wollten sie den Göttern danken, wo sie denn den Tag und die Nacht über blieben. Gegen Abend fanden sich auch andere Vornehme, die keinen Theil an der Verschwörung genommen, jetzt aber, da sie sahen, daß sie gelobt wurden, an dem Ruhme und den Belohnungen, die sie versprachen, Theil haben wollten, bei ihnen ein. Aber es geschah ihnen ganz recht, daß die Sache eine entgegengesetzte Wendung nahm. Denn sie hatten an dem Ruhme der That, zu der sie Nichts beigetragen, nicht Theil, theilten aber die Gefahr, welche über die Thäter kam, nicht Minder, als wenn sie an der Verschwörung Theil genommen hätten. 22. Als Dolabella den Stand'der Dinge ersah, glaubte er nicht müßig bleiben zu dürfen, sondern maßte sich die konsularische Würde an, die ihm doch altershalber noch nicht zukam, sprach über Zeit und Umstände in der Volksversammlung und begab sich in das Kapital. Als die Sache so stand, besetzte Lepidus, auf die Nachricht von dem Vorgefallenen, in. der Nacht den Marktplatz mit seinen Soldaten und hielt dann am frühen Morgen eine Rede gegen Cäsar's Mörder' vor dem Volk. Antonios, der sich sogleich nach Cäsar's Ermordung geflüchtet, das Consulargewand, um nicht erkannt zu werden, von sich geworfen, und die Nacht über sich ver- 641 Vier und vierzigstes Buch. steckt gehalten hatte, berief nun, sobald er erfuhr', daß die Mörder auf dem Capitol wären, Lepidns aber auf dem Markte stände, den Senat in den Tellnstempel, nm mit ihnen über die zeitigen Umstände zu Rathe zn gehen. Der Eine meinte Dieß, der Andere Jenes, Cicero aber gab folgenden Rath, bei dem man sich auch beruhigte: LZ.' „Ueberall, glaube ich, darf Keiner aus Gunst für, noch aus Haß gegen Jemand sprechen; vielmehr sott Jeder seine beste Herzensmeinung zu Tag legen. Es ist schlimm, wenn wir, die wir von unsern Prätoren und Consuln in Allem reife Ueberlegnng fordern, und ihnen, wenn ihre Unternehmungen fehlschlagen, selbst über ihr Mißgeschick Rechenschaft, über das Glück abverlangen, bei Berathungen, wo wir doch vollkommen Herren unseres Willens sind, über dem eigenen Vortheil das Gemeinwohl hintansetzen. Wenn ich aus diesem Grunde, versammelte Vater, immer für Pflicht hielt, euch meine Ansicht der Sache schlicht und recht vorzulegen, so finde ich mich unter den jetzigen Verhältnissen noch besonders dazu aufgefordert, wo wir, unser einzig Augenmerk auf Wiederherstellung der Eintracht richtend, nicht nur uns selbst retten, sondern- auch die Andern, sogar wider ihren Willen, für uns gewinnen. Wollen wir aber Alles genau untersuchen, so fürchte ich, daß es uns schlimm — doch ich will meine Rede nicht mit harten Worten beginnen. 24. Bisher hatten seit geraumer Zeit Diejenigen, welche die Waffen in Händen hatten, auch die Vorhand in Allem, was den Staat betraf, so daß sie die Herren eurer Meinungen wurden, und ihr nicht berathen durftet, was Jene thun mußten; nun aber ist der glückliche Zeitpunkt eingetreten, 642 Cassius Dio's Römische Geschichte. wo Alles in euerer Gewalt ist und wieder von euch abhängt, wo es auf Euch ankommt, ob wir Eintracht, und mit ihr Freiheit, oder Zwietracht und Bürgerkrieg und eben damit wieder einen Oberherrn erhalten. Den» Was ihr heute beschließet, dem werden auch die Andern alle sich fügen. Wenn nun Dieß, wie ich überzeugt bin, der Fall ist, so halte ich es f2r unsere Pflicht, jederlei Feindschaft und Zwietracht aufzugeben, und zur alten Friedfertigkeit, Freundschaft und Eintracht zurückzukehren : wenn wir auch nur bedenken, daß wir, so lange wir auf diese Weise uns benahmen, Länder, Schäye, Ruhm und Bundsgenoffen gewannen, dann aber, als wir uns selbst zu bekriegen anfingen, unsere Lage nicht nur nicht verbesserten, sondern in hohem Grade verschlimmerten. Ich sehe in diesem Augenblicke keine andere Möglichkeit der Rettung des Staats; vielmehr halte ich ihn für unrettbar verlor.», wenn wir nicht so bald als möglich, und noch heute, die geeigneten Maßregeln beschließen. 25. Um euch von der Wahrheit meiner Worte zu überzeugen, werfet nur einen Blick auf die Gegenwart und die Vergangenheit. Oder sehet ihr nicht, worauf es jetzt abgesehen ist? daß das Volk wieder getrennt und in Parteien zerrissen wird? wie die Einen für Dieß, die Andern für Jenes sich entscheiden, auf zwei Seite» treten, in gesonderten Lagern stehen? seht ihr nicht, wie die Einen das Capitel besetzt halten, als ob sie die Gallier fürchteten, die Andern vvm Markte aus sie zn belagern sich anschicken, als ob sie Carthager und nicht selbst auch Römer wären? habt ihr nie gehört, wie auch früher mehrmals die Bürger in Zwist ge- riethen, und den Aventin, das Capitel, sogar einmal den 043 Vier und vierzigstes Buch. heiligen Berg besetzten; wie oft man sich auf gleiche Bedingungen verglichen, oder wie die Einen den Andern in Etwas nachgaben, und, mit Unterdrückung alles Grolls, gleich darauf Frieden und Eintracht hielten, und in Frieden und Eintracht die Folgezeit zubrachten, daß sie »icke wichtige Kriege mit vereinten Kräften glücklich beendigten? wie es aber, wenn die Einen von Rache für erlittene Unbilden, die Andern von dem Ehrgeiz, diesen nicht nachgeben zu wollen, sich bethören ließen, nie ein gutes Ende nahm? Was brauche ich lange gegen euch, die ihr es eben so gut wisset, eines Valerins, eines Horatius, eines Satnrninus, eines lServilinsf Glaucia, oder der Gracchen zu erwähnen? Wenn ihr nun solche Vorgänge nicht anderwärts, sondern in eurer Mitte habt, was zögert ihr, die einen euch znr Nacheiferung, die andern ench znr Warnung dienen zu lassen. Wenn euch nun aber die Erfahrung selbst über den Erfolg eurer Berathungen belehrt, so nehmet meine Worte nicht als leeres Gerede, sondern betrachtet, was dem Staate frommt, als schon verwirklicht. Denn ihr werdet euch nickt mit unsicherer Einbildung einer oft täuschenden Hoffnung hingeben, sondern in gegründeter Ueberzeugung die Verwirklichung meiner Behauptung im Geiste voraussehen. 26 . Ihr findet denn für die Schritte, die ihr zu thun habt, solche Belehrung in der Geschichte unseres Volks, so daß ich keiner fremden Beispiele zu bedürfen glaubte, obgleich mir unzähliche zu Gebote standen. Eines jedoch will ich aus der trefflichen und ältesten Stadt, aus welcher unsere Vater selbst Gesetze zu borgen nicht verschmähten, anführe». Denn es wäre eine Schmach, wenn ihr, die ihr den Athener» 644 Cassius Dio's Römische Geschichte. an Geist und Leibeskraft so weit überlegen seid, euch schlimmer, als sie, zu rathen wüßtet. Diese nun, als, wie ihr Alle wisset, Unruhen im Innern entstanden und sie in Folge derselben von den Laeediimoniern überwunden und von einer Anzahl mächtigerer Bürger tyrannisirt wurden, vermochten nicht eher ihres Unglückes Ende abzusehen, bis sie sich vertrugen und dahin vereinigten, die vielen Unbilden zn vergessen, und Keinen darob anzuklagen, oder zur Strafe zn ziehen. Durch so besonnene Maßregeln machten sie nicht nur der Tyrannei und den Parteiungen ein Ende, sondern hatten auch in allem Anderen günstigen Erfolg, gewannen wieder ihre Stadt und errangen von Neuem die erste Stelle unter den Hellenen; und hatten es endlich mehrmals in ihrer Gewalt, die Lacediimonier und die Thebaner zn erhalten oder zn verderben. Jene nun, welche die Beste Phyle besetzten und von dem Piräns aus wieder in die Stadt drangen, hätten sich an denen in der Stadt für die erlittenen Unbilden rächen können und dazu eine scheinbar gerechte Aufforderung gehabt, sie hätten aber damit viel Unglück über Andere und sich selbst gebracht: denn wie sie jetzt ihren Gegnern unverhofft obsiegten, so hätten sie denselben vielleicht auch wieder unterliegen können. 27. In solchen Dingen gibt es überall nichts Znverlätz flges. Wer bis auf einen gewissen Punkt sich im Vortheil befindet, ist seines endlichen Sieges noch nicht gewiß. Schon Viele sind durch zn große Zuversicht zn Fall gekommen, schon Viele, indem sie an Andern Rache nehmen wollten, mit diesen selbst zu Grunde gegangen. Wer in einem Stücke im Nachtheil ist, hat damit noch nicht für's Ganze verloren, wenn er auch 645 Vier und vierzigstes Buch. vorerst Unbilden ausgesetzt ist. Ebenso ist der Mächtigere damit noch nicht durchaus Sieger, wenn er auch für deu Augenblick im Vortheil ist. Beide Theile sind vielmehr den wunderlichen, nicht zu berechnenden Wechselfällen menschlichen Uubestands und den Launen des Glückes blosgestellt; und oft schon hat dieses gegen unsere Erwartungen einen Ansschlag gegeben, zu dem man sich nicht versehen hatte. In dieser Hoffnung, oder aus Rachsucht wagt") Mancher (denn furchtbar ist der Mensch, wenn er beleidigt wird, oder sich beleidigt glaubt) über Vermögen; und Viele unterfangen sich des Unmöglichen, um zu siegen, oder wenigstens nicht unblutig unterzugehen. In wechselvollem Kampfe bald Sieger, bald Besiegte, bald wieder Sieger, und nochmals Besiegte, gehen sie entweder ganz zu Grund, oder erkämpfen einen Kadmeischeu Sieg, und sehen erst, wenn es nichts mehr frommt, die Thorheit ihres Unterfangens ein. 28. Die Wahrheit meiner Worte hat euch die Geschichte gelehrt. Ueberleget nur selbst: eine Zeitlang hatte im Bürgerkrieg Marins die Oberhand, wurde dann verbannt, sammelte wieder ein Heer, und wie er damit gehaust, wißt ihr Alle. Ebenso war Sylla (des Cinna, des Carbo und der Andern, welche in der Zwischenzeit lebten, nicht zu gedenken) Anfangs oben, ward besiegt, kam wieder zur Macht, und erlaubte sich die schreiendsten Grausamkeiten. Was sage ich von Manns dem jüngern, von Cinna selbst, von Carbo? Hierauf machte sich Lepidns, unter dem Verwände, gegen diese zu Felde zu ziehen, einen eigenen Anhang, und setzte fast ganz Italien in Aufruhr. Kaum waren wir von Diesem *) Statt An- lese ich 646 Cassius Dio's Römische Geschichte. befreit, so brachten, wie ihr wohl wisset, Sertorius und die erbt mit ihm Verbannten viel und großes Ungemach über.uns. unte Haben nicht Pompejus und Cäsar selbst (des Catilina und weh, des Clodius hier nicht zu erwähnen) obgleich mit einander Sta verschwägert, sich bekriegt? brachten sie nicht tausenderlei Unglück nickt nur über unsere Stadt und das übrige Italien, durst sondern über die ganze bewohnte Welt? wurde uns nach des wie Pompejus Tod und dem Untergänge so vieler Mitbürger es a Ruhe zu Theil? keineswegs. Afrika und Spanien zeugen, verü wie viel Bürgerblnt auf beiden Seiten floß. Haben wir von endlich nach allem Dem Frieden erlangt? Frieden? Cäsar liegt flerm im Blute vor uns; das Capitel ist besetzt, der Markt voller habe Waffen, die ganze Stadt voller Furcht! ich i 29. Sobald einmal Parteien sich bilde», und diese Ge- (den> walt mit Gewalt vertreiben, der Rache nicht Billigkeit, nicht Sem Menschlichkeit Gränzen setzt, sondern blinde Wuth und rohe ber i Waffengewalt entscheidet, so muß notbwendig ein Kreislauf hhite von Uebel» entstehen, muß immer ein Unglück aus dem andern 8 folgen. Wer im Glücke ist, wird übermüthig und welß sich d"'lo in seinen Begierden nickst zu mäßigen; der Unterdrückte da- iiner gegen, wenn er nickst sogleich vernichtet wird, strebt, aus um r Ingrimm über das Erlittene, immer, sich an dem Gegner "ute> zu rächen, bis er seinen Muth an ikm kühlt. Auf seine klage Seite schlägt sich der große Hansen, wenn er auch nicht glei- ginge ches Schicksal mit ihm theilt, aus Mitleid für den Besiegten, bne F und aus Mißgunst gegen den S-eger, aus Furcht, das Gleiche auch wie Jener zu erfahren, und in der Hoffnung.gleicher Vor- - gleich theile mit diesem. So werden auch solchs'Bürger, die bisher empfe nicht Partei genommen, mit hingerissen; und das Uebel ver- welch. 647 Vier und vierzigstes Buch. erbt sich, indem immer einer vergeblich von dem andern unterdrückt, dasselbe als rechtmäßige und allgemeine Nothwehr übernimmt. Die Einzelnen aber fahren dahin und der Staat wird durch sie auf alle Weise ins Verderben gestürzt. zo. Oder sehet ihr nicht selbst, wie lange wir uns schon durch diese Bürgerkriege gegenseitig aufgerieben, wie viel und wie großes Unglück schon über uns ergangen ist? Was gibt es aber Abscheulicheres, als wir mit unsern eigenen Händen verübt haben? Wer könnte die Summen berechnen, die wir von den Bundsgenoffen erpreßt, in den Tempeln der Götter geraubt, aus eigenen Mitteln über Vermögen beigesteuert haben, um uns gegenseitig zu verderbe»? wer die Menge, ich will nicht sagen der Männer aus dem Bürger-stande (denn diese ist unermeßlich), nein, allein der Ritter und der Senatoren zählen, welche umgekommen sind, von denen Jeder in den auswärtigen Kriegen als Retter des Vaterlandes hätte lebe» und sterben können! Wie viele Curtius, Decius, Fabius, Gracchns, Marcellus, Scipio haben wir nicht schon verloren! — nicht im Kampfe wider die Samniter, die La- tiner, die Hispanier, die Carthager, sondern gegen uns selbst/ um unö selbst zu verderben! Doch haben Diejenigen, welche unter den Waffen starben, (obgleich auch ihr Loos höchst beklagenswert!, ist) weniger Anspruch auf unser Mitleid. Sie gingen freiwillig (wenn man freiwillig nennen darf, wozu die Furcht Einen zwang) in den Kampf, und sind den, wenn auch unverschuldeten, Tod als Männer gestorben : in dem gleichen Kampfe, in der Hoffnung auf Rettung und Sieg empfanden sie nicht die Bitterkeit des Todes. Aber Jene, welche in den Häusern, auf den Straßen, auf dem Markte, 648 Cassius Dio's Römische Geschichte. sogar in der Curie, auf dem Capital, nicht blos Männer, ^ sondern wehrlose Weiber, nicht blos Jünglinge in ihrer vol- ^ len Jugendkraft, »ein Greise und Knaben, einen gewaltsamen, ^ kläglichen Tod fanden — wo fände man Thränen genug für ^ sie? Wenn wir Solches, was weder je ein Feind gegen uns verübt, noch von uns erfahren, durch uns selbst erlitten, gegen ^ uns selbst gethan haben: jammern wir nicht, erwehren wir uns dessen nicht, wie es Männern zukommt; nein, wir freuen uns ^ noch, wir feiern Feste, wir begrüßenDiejenigen, die solches thun, ^ noch als Wohlthäter des Vaterlandes. Wahrlich nicht ein ^ Leben von Menschen, ein Leben von Thieren haben wir ge- . lebt, die sich selbst unter sich zerfleischen. .. 51 . Was sollen wir aber über das Vergangene, das ^ wir doch nicht mehr ungeschehen machen können, noch weiter ^ klagen ? Laßt uns vielmehr auf die Zukunft unser Augenmerk ^ richten. Ich erwähnte desselben nicht, nm unsere Unglücks- h fälle, die gar nicht hätten geschehen sollen, aufzuzählen, son- ^ dern damit ihr dieselben euch zur Warnung dienen lasset und ^ für die Zukunft Sorge traget. Diesen einzigen Nutzen haben ^ für uns vergangene Leiden, daß fle uns ähnliche vermeiden ^ lehren. Und Dieß steht jetzt noch in unserer Gewalt, wo das ^ Uebel noch im Werden ist; noch haben sich nicht Viele ver- ^ einigt; noch haben die Parteien Nichts gegen einander ge- ^ Wonnen oder verloren, was die Einen in der Hoffnung auf ^ größere Vortheile, die Andern aus Erbitterung über Verluste unbesonnen in den Kampf stürzen sollte. Ihr erreichet dieß ^ Alles ohne Mühe, ohne Gefahr, ohne Geldaufwand, ohne h Blutvergießen, durch den Beschluß, daß man das Vorgefal- ^ lene einander nicht gedenken dürfe. 649 Vier und vierzigstes Buch. 52. Wenn auch Einige strafbar sind, so dürfen wir jetzt nicht zu streng sein, sie überführen, oder bestrafen wollen. Denn ihr sitzet nicht jetzt zu Gericht, um das Recht oder Unrecht genau zu erheben, sondern ihr gehet zu Rathe, wie unter den gegenwärtigen Umständen dem Vaterland am sichersten zu helfen sei. Dieß ist aber nicht möglich, wenn wir nicht Einiges übersehen, wie wir es bei unsern Kindern zu machen Pflegen. Denn hier dürfen wir Manches nicht so genau nehmen, und müssen oft thun, als sähen wir es nicht. Bei geringen Fehlern darf man nicht zu strenge strafen, sondern milde zurecht weisen. So lasset uns denn auch, als gemeinsame Väter des ganzen Volks, nicht blos dem Namen nach, sondern in der That, nicht Alles aufs Strengste untersuchen, damit wir nicht Alle zusammen zu Grunde gehen. Viele Vorwürfe ließen sich Cäsar» machen, wodurch seine Ermordung gerechtfertigt schiene, vielleicht auch viele seinen Mördern, um auch sie strafwürdig zu finden. Dieß läßt sich aber nur von solchen erwarten, welche neue Unruhen wünschen. Eine weise Berathung wird nicht durch zu große Streng« zu schaden, sondern durch Milde das Wohl des Ganzen zu fördern suchen. Betrachtet das Unglück der Vergangenheit wie durch Hagelschlag oder Ueberschwemmung herbeigeführt und übergebt es der Vergessenheit! Lernet euch einmal als Das erkennen, was ihr seid, - Landslente, Mitbürger, Verwandte ; vertraget euch! zz. Damit aber Niemand unter euch mich im Verdacht habe, als ob ich den Mördern Cäsar's das Wort rede, und die Strafe von ihnen abzuwenden suche, weil ich selbst früher der Partei des Pompejns folgte, so erlaubet mir, nur 650 Cassins Dio's Römische Geschichte. Eines zu bemerken. Ich bin überzeugt, daß Alle mich dahin kennen, daß ich niemals gegen Jemand Feindschaft oder Freundschaft um meiner selbst willen hegte; sondern daß ich bloß euretwegen, im Hinblick auf die gemeinsame Freiheit und Eintracht den Einen haßte, den Andern liebte. Ich kann also alles Andere übergehen und bemerke nur noch das Wenige : Ich fühle mich so sehr von jenem Borwnrfe frei, daß ich immer nur das allgemeine Wohl im Auge habe und sogar darauf antrage, daß den Andern, welche sich unter Cäsar frech über die Gesetze hinwegsetzten, nicht nur dafür Straflosigkeit zugesichert werde, und daß sie in den Ehrenstellcn und Würden, ja selbst im Besitze der von ihm erhaltenen Geschenke,. obgleich mir einige davon gar nicht gefallen wolle», verbleiben sollen. Ich würde zwar keineswegs gut heißen, wenn Einer von euch dergleichen thäte oder in Vorschlag brächte; nun es aber einmal geschehen ist, so bin ich der Meinung, es auf sich beruhen zu lassen. Steht wohl- der Nachtheil, daß der Eine oder der Andere wider Recht und Verdienst im Besitze sind, im Verhältniß gegen den hohen Gewinn, daß ihr Diejenigen, welche einst die Macht in Händen hatten, nicht in Furcht und Bangigkeit sehet? Dieß scheint mir die Dringlichkeit des Augenblicks gebieterisch zu fordern, und ist die Ruhe wieder hergestellt, so können wir Las Weitere berathen." zi. Durch diesen Vertrag vermochte Cicero den Senat, eineallgemeine Amnestie zu verordnen. Während dieses vorging, versprachen auch die Mörder Cäsar's den Soldaten, keine seiner Verfügungen umstoßen zu wollen. Da sie nämlich hörten, daß jene sehr in Aufregung und besorgt wären, sie mochten 651 Vier und vierzigstes Buch. der Schenkungen desselben verlustig werden, so beeilten ste sich, sie noch vor der Erlassnng des Scnatsbeschluffes aus ihre Seite zu bringen. Deßhalb riefen sie Einige, die unten am Capitel standen, in die Hörweite herauf, und gaben ihnen die geeigneten Zusichernngen. Zugleich sandten sie Briefe auf den Markt, worin sie erklärten, daß Niemand des Sei- nigen beraubt, noch sonst belästigt werden sollte, daß sie vielmehr allen Anordnungen Cäsar's ihre Zustimmung geben. Zugleich ermähnten sie znr Eintracht und betheuerten mit den heiligsten Eiden, daß sie ihre Verheißungen auf's treulichste erfüllen wollten. Als nun auch der Seuatsbeschluß bekannt wurde, hörten die Soldaten nicht weiter auf Lepidus, und die Verschworenen hatten keine Furcht mehr vor ihm, und eilten, gegen die Absicht desselben, auf besonderes Betreiben des Antonins, die Hände zum Frieden zu bieten. Lepidus nämlich wollte, unter dem Vorwande, Cäsar» zu räche», neue Unruhen anfangen, und hoffte, an der Spitze der Legionen, in Macht und Herrschaft sei» Nachfolger zu werden. Deßwegen sann er auf Krieg. Antonins aber, welcher seine Absicht durchschaute, selbst im Augenblick keine Macht besaß, und nicht wagte für sich Partei zu machen, beredete den Le- xidns, damit er nicht zu mächtig würde, sich dem Wunsche der Mehrzahl zu fügen. Sie verglichen sich Alle unter den vow Senate beliebten Bedingungen. Jedoch wagten sich die auf dem Capital Befindlichen nicht früher herab, als bis sie den Sohn des Lepidus und den des Antonins als Geißel erhalten hatten. So begab sich denn unter der Zusage völliger Sicherheit Brutus zu Lepidus, mit dem er verwandt war, und Cassius zu Antonins. Als sie über dem Mahle auf Dieß 652 Cassius Dio's Römische Geschichte. und Jenes zu sprechen kamen, fragte Antvnius den Cassius: <§ „Du hast doch nicht jetzt auch einen Dolch in Bereitschaft?'' Z) „Keinen kleinen", erwiderte dieser, „wenn du Lust bekämest, N den Herrn spielen zu wollen." di 35. So standen jetzt die Sachen; Niemand erlitt oder au besorgte etwas Unangenehmes. Man freute sich allgemein, der Herrschaft Cäsar's los zu sein, und Einige wollten sogar ' .Ah seine Leiche uubeerdigt hinwerfen. Die Verschworenen waren guten Muthes, und dachten nichts Arges, freuten sich viel- „>i> mehr, als Befreier des Vaterlandes und als Tyrannenmörder sH, begrüßt zu werde». Als aber das Testament desselben eröff- Gr net wurde und das Volk erfuhr, daß er den Octavius an s» Sohnes Statt angenommen, denAntonins aber und Decimns Se, sBrutuss nebst andern seiner Mörder zu Vormündern des- ^e> selben, und zu Erben seines Vermögens, wenn Jener mit gg« Tod abginge, eingesetzt, außer andern Vermächtnissen aber jH dem Volke seine Gärten an der Tiber, und, wie Qctavins selbst schreibt, dreißig Drachmen, nach Andern sogar fünf ^ei und siebzig jedem Bürger ausgesetzt habe, begann es zn toben. gge Antvnius brachte es noch mehr auf, als er die Leiche, so wie sie war, ganz unsinniger Weise auf den Markt bringen, in ihrem Blute und mit Wunden bedeckt zur Schau stellen ließ, Wo und eine zwar sehr schöne und glänzende, aber den Umstän- seih den keineswegs angemessene Rede hielt. Sie lautete, wie hab, folgt : ford 36. „Wäre der Todte vor uns als Privatmann gestor- ^ n ben, und ich selbst außer Amt, so bedürfte es nur weniger ^ ^ Worte, Quinten, ich brauchte nicht alle seine Thaten aufzu- „a^h führen, dürfte nur Weniges von seinem Geschlechte, seinem mit D 653 Vier und vierzigstes Buch. Charakter, seinen Verdiensten als Bürger erwähnen, um Denen, die ihm nicht näher standen, nicht lästig zu werden. Nun er aber als der erste Mann im Staate starb, und ich die zweite Würde nach ihm bekleide, so suhle ich mich doppelt aufgefordert, einmal als Erbe, dann als Obrigkeit, sein Lei- chcnredner zu werden, und als solcher nichts Wichtiges zu übergehen, vielmehr zu seinem Lobe Alles zu sagen, was das gesummte Volk mit einer Zunge, mit einer Stimme, so es möglich wäre, ausgesprochen hätte. Wohl weiß ich, wie schwer es ist, euern Sinn zu treffen. Es ist keineswegs leicht, Großes gebührend zu preisen. Wenn die erhabensten Worte so erhabene Thaten nicht erreichen, wenn ihr, vor deren Seele die Größe derselben schwebt, nicht so leicht befriedigt werdet, dann dürfte ich an euch wohl strenge Richter finden. Wenn ich vor solchen spräche, die ihn nicht kannten, so würde ich sie leicht durch die Schilderung seiner Großthaten zur Bewunderung hinreißen; nun ihr ihn aber kennet, so kaun meine Rede nimmermehr die Höhe seiner Thaten erreichen. Wer ihn nicht kennt, den wird vielleicht Neid gegen das Gehörte ungläubig machen, dennoch findet er vielleicht gerade darum die Rede den Thaten gemäß; euch aber muß das Wohlwollen für den Mann unersättlich machen. Ihr habt selbst von Dem, was Cäsar vollbracht, den Hauptgenuß gehabt, und höret sein Lob nicht mit neidischem Ohre, sondern fordert es angelegentlich als das eurige. Ich versuche denn, so weit mir möglich ist, der Dolmetscher eurer Gesinnungen zu werden, im Vertrauen, daß ihr meine Empfindungen nicht nach der Kraft meiner Worte schätzen, und das Mangelhafte mit einem guten Willen entschuldigen werdet. Dio basstus. 6s Bdchn. 3 654 Cassius Dio's Römische Geschichte. 57. Zuerst spreche ich über sein Geschlecht, nicht deßwegen, weil es von hohem Glänze ist; obgleich es für das Verdienst von großem Belang ist, wenn einer nicht von Ungefähr, sondern durch die Vorbereitung der Geburt dazu befähigt wird. Zwar können auch solche, die keine vornehme Abkunft haben, auch wackere Männer werden; aber überall stößt man noch auf Spuren ihres gemeineren Geschlechts. Auf wen sich aber seit langen Zeiten der Keim der Tüchtigkeit vererbt hat, bei dem wächst sie auch frei und hat hinlänglich Boden. Jedoch nicht darauf gründe ich vornehmlich Cäsar's Lob, daß er in der neuern Zeit eine Reihe erlauchter Männer zählt, in der Urzeit aber von Königen und Göttern stammt; sondern einmal, daß er mit dem ganzen Staat durch Verwandtschaft verbunden ist (denn seine Stammväter sind die Gründer unserer Stadt) und dann, daß er, wenn seine Vorväter durch ihre Verdienste für Göttersöhne galten, diesen Ruf nicht nur bewahrheitete, sondern noch bestärkte; so daß Einer, wenn er auch noch zweifelte, daß Aeneas ein Sohn der Venus war, es jetzt sicherlich glauben wird. Man nennt einige Unwürdige Göttersöhne; Cäsarn aber findet Jeder würdig, Götter zu Stammherrn gehabt zu haben. Schon Aeneas war König, und mehrere seiner Nachkommen ebenfalls; er aber war um so viel besser als sie, als Jene nur über Lavmium und Alba herrschten, dieser aber ausschlug, R o m's König zu sein. Jene haben den Grund zu unserer Stadt gelegt; er sie aber zu solcher Größe erhoben, daß sie, des Andern nicht zu gedenken, größere Pflanzstädte gründeten, als Jene Städte beherrschten. 655 Vier und vierzigstes Buch. 58. Dieß ist sein Geschlecht. Daß er aber eine seiner hohen Geburt entsprechende Erziehung und Bildung genossen, was dürfte dafür besseres Zeugniß geben, als eben seine Thaten? Wie sollte nicht er, dessen Körper jeder Anstrengung trotzte, dessen Geist zn den Geschäften des Friedens wie des Kriegs überall gleich tüchtig war, nicht die trefflichste Erziehung gehabt haben? Nicht leicht verbindet Einer Schönheit des Körpers mit höchster Ausdauer, große Leibcsstärk« mit ausgezeichneter Geisteskraft; am schwersten aber ist, durch Beredsamkeit und hohe Thaten sich gleich sehr auszuzeichnen. Bei Cäsar aber trifft dieß Alles zusammen. Ich spreche vor euch, die ihn kannten, und die mich sogleich, wenn ich Unwahrheit spräche, derselben überführen könnten; vor denen ich Nichts übertreiben darf, wenn ich nicht meine Absicht gänzlich verfehlen soll. Ich würde mit vollem Recht als Großsprecher erscheinen, wenn ich Solches thäte, und in Verdacht kommen, sein Verdienst in euern Augen herabzusetzen. Jede Rede über einen solchen Mann bringt, wenn sie anch im Geringsten der Wahrheit untreu wird, nicht nur kein Lob, sondern Tadel. Wenn die Zuhörer das Gesagte mit ihrer Erfahrung nicht im Einklang finden, so halten sle sich nur an das Wahre und entdecken durch Vergleichung, Was er hätte sein sollen, Was ihm zu dieser Vollkommenheit abgeht. Mit Grund der Wahrheit behaupte ich nun, daß dieser Cäsar vor euch neben der großen körperlichen Tüchtigkeit die größte Gewandtheit des Geistes besaß. Seine vortrefflichen Naturgaben hatte er aufs sorgfältigste allseitig ausgebildet. Eine natürliche Folge davon war, daß er überall das Richtige auf's schnellste auffassen, anf's überzeugendste darthun, 656 Cassms Dio's Römische Geschichte. die besten Plane entwerfen urd ausführen konnte. Kein Vorfall überraschte ihn unvorbereitet, kein kommendes Hinderniß entging seinem Scharfblick. Alles sah er, bevor es noch eintrat, voraus, auf alle Möglichkeiten war er vorbereitet. Mit sicherem Blicke drang er in Geheimnisse ein, wußte das Bekannte geschickt zu verläugnen, sich die Miene zu geben, als ob er das Unbekannte erforscht hatte »nd nur nicht preisgeben wollte, verstand es, die Umstände klug zu benutzen und davon Rechenschaft zu geben, undWas er trefflich entworfen, auf's beste auszuführen und zu vollenden. 39. Ein weiterer Beweis seiner Bortrefflichkeit ist, daß er bei aller Haushaltungskunst äußerst freigebig war, daß er das Seine, um keinen Mangel zu leiden, zu Rathe hielt, und, wo es galt, mit voller Hand zu geben wußte. Für seine Verwandten, wenn sie nicht ganz schlimmer Art waren, hegte er die innigste Zuneigung. Keinen, wenn er im Unglücke war, ließ er ohne Hülfe, keinen beneidete er im Glück; sondern mehrte Diesen ihren Besitz, und half nach, wo es Jenen gebrach, indem er den Einen Schätze, den Andern liegende Güter, StaatSwürden oder Priesterämter verlieh. Auch gegen Freunde und sonstige Bekannte benahm er sich auf's beste. Gegen keinen war er stolz oder übermüthig, sondern Allen gleich zugänglich, vergalt demjenigen, welcher ihm einen Dienst erwiesen, auf alle Weise, und wußte die Andern durch Wohlthaten sich zu verpflichten. Keines Glanz verdunkelte er, Keinen, der sich auszeichnete, drückte er nieder, sondern sah, als ob er selbst durch Jene nene Größe, neue Macht, neuen Ruhm gewänne, mit Freude», wenn er recht Diele zu sich emporheben konnte. Während er sich Freunden und Be- 6Ü7 Vier und vierzigstes Buch. kannten so erwies, war er selbst gegen Feinde nicht grausam oder unerbittlich, verzieh Vielen, die ihn persönlich beleidigt hatten, entließ Viele, welche die Waffen wider ihn getragen, ungestraft, und erhob Einige sogar zu Wurden und Aemtern. So war er nicht nur selbst von Grund des Herzens ein guter Mann, und hatte nicht nur keinen schlimmen Zug in seinem Charakter, sondern traute auch Andern nichts Schlimmes zu. 40. Nachdem meine Rede mich so weit geführt, will ich denn auch von seinem Wirken im Staate sprechen. Hätte er in Ruhe und Zurnckgezogenheit gelebt, so wäre sein Verdienst nicht so allgemein anerkannt worden; nnii er aber zu solcher Höhe emporgestiegen, daß er der größte Mann unter seinen Zeitgenossen, der mächtigste unter den Machthabern aller Zeiten geworden, ist sein Verdienst ins glänzendste Licht getreten. Jenen ward ihre Macht zur Klippe ihrer Größe; ihn hat sie mit noch höherem Glänze umgeben. Er hat seines großen Charakters windige Thaten untcrncmmen und ist denselben gewachsen geblieben, und ist der einzige unter den Sterblichen, der solche-Glück mit gleichem Verdienste gepaart, ohne der Verläumdung Raum zu geben, noch dasselbe zu mißbrauchen. Von seinen sonstigen Thaien im Krieg und von den Verdiensten, die er sich in den Aemtern erwarb, zu denen er von Stufe zu Stufe emporstieg, schweige ich, obgleich sie von der Art sind, daß ste einem Andern vollkommen zum Ruhme hingereicht hätten. Es würde kleinlich erscheinen, wenn ich sie, neben dem Glänze seiner spätern Thaten, im Einzelnen aufführen wollte. Nur von jenen spreche ich, die er als euer Oberhaupt verrichtete; aber auch hier 658 Casflns Dio's Römische Geschichte. gehe ich nicht überall ins Einzelne ein. Wie sollte ich sie alle aufzählen können, ohne euch, die ihr sie alle kennet, lästig zu werden? 41. Zuerst trat dieser Mann als Prätor der Provinz Hispanien auf. Er fand ihre Treue verdächtig und wollte sie nicht unter dem Scheine des Friedens neue Kräfte gewinnen lassen, und, statt in träger Ruhe die Zeit seiner Statthalterschaft hinzubringen, lieber, zum Frommen des Staates, kräftige Maßregeln nehmen. Als sie sich nicht freiwillig fügten, führte er sie mit Gewalt zur Pflicht zurück, und erwarb sich vor Allen, welche früher gegen sie ruhmvoll gekämpft hatten, um so größere Ehre; je schwerer es ist, sich im Besitz zu erhalten, als zum Besitz zu gelangen, je nützlicher, einem Volke die Lust zum Aufstande zu benehmen, als es, noch ununterjocht, zu unterwerfen. Ihr erkanntet ihm die Ehr des Triumphes zu und wähltet ihn sogleich zum Consul. Hier zeigte er anf's augenfälligste, daß er nicht aus Habsucht oder Ehrgeiz Krieg geführt hatte uud in Zukunft führen wollte. Dringender Umstände wegen verzichtete er auf den Triumph, dankte euch für diese Auszeichnung, indem dieses Anerkenntniß ihm schon genügte, und ward Consul. 4L. Seine Verdienste um die Stadt während seiner Amtsführung sind schon unzählig. Als er aber sein Amt niedergelegt, und in den gallischen Krieg abgesendet war, wie viele große Thaten hat er nicht gleich verrichtet? den Bundesgenossen fiel er nicht nur nicht zur Last, sondern kam ihnen noch zu Hülfe, weil er in ihre Treue kein Mißtraue» setzen konnte und sie überdieß von ihren Feinden bedrängt sah. Die Feinde aber, nicht blos die Jenen benachbarten, sondern 659 Vier und vierzigstes Buch. in ganz Gallien bezwäng er, und brachte so unermeßliche Gebiete mit unzähligen Städten, die wir bisher nicht dem Namen nach kannten, in unsere Gewalt. Und Dieß führte er, der von uns keine bedeutenden Streitkräfte, keine hinlängliche Geldmittel erhalten, in so kurzer Zeit aus, daß wir früher seine Siege, als den Beginn seiner Kriegs erfuhren. Buch gab er seinen Eroberungen solchen Bestand, daß er von dort in das Celtenland sDeutschlandz und in Britannien einfallen konnte. Nun gehorcht uns Gallien, das früher die Ambroneu und die Cimbrer wider uns aussandte, und das ganze Land treibt den Ackerbau, gleich Italien. Nicht mehr blos der Rhodanus, der Arar, nein auch die Mofa, der Li- geris, selbst der Rhein und der Ocean werden beschifft. Länder, deren Namen wir nie gehört, deren Dasein wir nicht geglaubt, sind uns unterworfen. Unbekannte Länder, un- durchforschte Gewässer hat uns sein hoher Geist, seine hohe Tapferkeit zugänglich und schiffbar gemacht. 4Z. Hätten nicht gewisse Leute aus Mißgunst gegen ihn, in der That aber gegen uns, wider ihn Partei gemacht, und ihn vor der gehörigen Zeit zur Rückkehr nach Rom gezwungen, gewiß würde er ganz Britannien mit den andern Inseln umher und ganz Celtenland bis an den nördlichen Ocean uns unterworfen haben, so daß wir hinfort kein Land, kein Volk, sondern Luft und offene See zur Gränze unsrer Herrschaft hätten. Weßhalb ihr auch, im Hinblick auf die Größe seiner Entwürfe, seiner Thaten, seines Glücks ihm den Oberbefehl so lange überließet, als noch keinem, seit unser Freistaat besteht, gestattet worden ist: denn acht volle Jahre hintereinander behielt er diesen Oberbefehl. So überzeugt 660 Cassius Dio's Römische Geschichte. wäret ihr damals, daß er alle jene Eroberungen für> e u ch machen werde, und keinem fiel es ein, daß er eurer Freiheit gefährlich werden würde. Euer Wunsch war, ihn so lange als möglich in jenen Ländern zusehen; es ward ihm verwehrt von jenen Männern, welche den Staat nicht mehr für ein Gemeinwesen, sondern für ihr Eigenthum ansahen, und ihm die Verfolgung seiner Siege und euch den Genuß derselben mißgönnten. Sie machten sich seine Abwesenheit im Felde zu Nutzen, und erlaubten sich jederlei Frevel, so daß ihr endlich seines Schutzes wider sie bedurftet. 44. Er gab also seine Entwürfe auf, eilte zu eurer Hülfe herbei, befreite ganz Italien von den ihm drohenden Gefahren, und bezwäng auch noch das abgefallene Hispanien. Als er sah, daß Pompejus das Vaterland verließ, in Mace- donien ein Reich für sich gründen wollte, alle eure Güter dorthin mitnahm, eure Unterthanen zum Kampfe wider euch sammelte, und eure Gelder gegen euch selbst brauchen wollte; so suchte er ihn durch theils in seinem, theils in des Staates Namen abgeschickte Unterhändler in Güte zum Frieden und zur Sinnesänderung zu bewegen, indem er ihm ansis feierlichste betheuerte, daß er mit ihm unter gleichem Rechte leben wollte. Als er aber seinen Zweck aus keine Weise erreichte, Jener Alles, selbst seine Verwandtschaft mit Cäsar nicht anschlug, vielmehr den Krieg gegen euch vorzog; so sah er sich zum Bürgerkriege gezwungen. Brauch' ich euch ins Andenken zurückzurufen, wie er, hohen Muthes, mitten im Winter zu Schiffe ging ? wie er voll Vertrauen, obgleich PompejuS im Besitz aller festen Plätze war, sich mit ihm schlug ? wie er ihn, der ihm an Zahl der Krieger weit überlegen war, durch 661 . Vier und vierzigstes Buch. seine Tapferkeit überwand? Wollte Einer jedes Einzelne weitläufig ausführen, so hieße dieß zeigen, wie jener bewunderte Pompejns sich wie ein Knabe benahm: so sehr wurde er von Cäsar in allen Künsten des Feldherrn übertroffen. 45. Doch ich schweige davon, da Cäsar selbst nie sich dessen rühmte, sondern bedauerte, in diese Nothwendigkeit verseht worden zu seyn. Als die Götter jene Schlacht aufs gerechteste entschiede», ließ er einen, der dort zum ersten Male wider ihn gefochten, zum Tode führen? Ehrte er nicht jeden, ich will nicht sagen Senator, oder Ritter, nein Bürger, Bundesgenossen oder Unterthan? Keiner starb eines gewaltsamen Todes, keiner erhielt einen Vorwurf: kein Privatmann, kein König, kein Volk, keine Stadt. Die Einen traten nnter seine Fahnen über, die Andern erhielten ehrenvolle Begnadigung und Alle bedauerten nur die Gefallenen. So unüberschwänglich edelmüthig war Cäsar, daß er des Pompejns Anhänger lobte und sie im Besitze des von Pom- pejus Erhaltenen beließ, Pharnaees dagegen und Orodes sein Mißfallen bezeigte, daß sie, Freunde desselben, ihm nicht zu Hülfe kamen, und aus diesem Grunde den Einen bald darauf mit Krieg überzog, den Andern aber in der Folge zu bekriegen beschloß; fselbst dem Pompejns hätte er das Leben geschenkt),") wenn er ihn lebendig in seine Gewalt bekommen hätte, WaS sich daraus ergibt, daß er ihn nicht sogleich verfolgte, sondern ihm Zeit zur Flucht ließ, und seinen Tod mit Bedauern vernahm; auch dessen Mörder nicht nur nicht belobte, son- P Ich ergänze die Lücke mit Sturz nach dem Vorschlag von Reiske: 7r«rr«i? ä'»>- rat »ürxü ruö tt — 662 Cassins Dio's Römische Geschichte. dern bald darauf mit dem Tode bestrafte, und dem PtolemäuS selbst, trotz seiner Jugend, weil er seines Wohlthäters Ermordung zuließ, das Leben nahm. 46. Die Einrichtungen, welche er in Aegypten traf, und die Summen, die er von dort in eure Schatzkammer brachte, zu erwähnen wäre überflüssig. Jetzt zog er gegen den Phar- naces, der schon einen großen Theil von Pontus und Armenien inne hatte; der Feind rückte an, Cäsar sah ihn, bekämpfte und besiegte ihn an einem Tage — ein Beweis, daß Alexandrien ihn nicht verderbt daß nicht Wohlleben ihn dort zurückgehalten hatte. Wie hätte er das Alles so leicht vollbracht, wenn er nicht vorher das Ganze reiflich überdacht, und seine volle Manneskraft besessen hätte? Wie aber Phar- naces floh, bereitete er schon damals sogleich einen Zug wider die Parther vor, aber neue Unruhe» riefen ihn wider seinen Willen davon ab; er legte fle so bei, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Keiner jedoch ward wegen dieser Vorfälle mit dem Tode, mit der Verbannung oder an der Ehre bestraft; nicht als ob nicht Viele mit allem Recht Strafe verdient hätten; sondern weil er glaubte, die Feinde müßte man schonungslos vernichten, die Bürger aber, wenn sle schlimm wären, erhalten. So überwältigte er denn durch seine Tapferkeit die auswärtigen Feinde, während seine Milde unruhige Bürger, wenn fle es gleich zum Theil mit ihren Handlungen nicht verdient hatte», am Leben ließ. Ein Gleiches that er hierauf in Afrika und wiederum in Hispanien: er entließ alle seine Gegner, wenn fle nicht früher einmal schon von ihm gefangen und begnadigt worden waren, ungestraft. Denn solche, welche auf ihrem bösen Willen beharrten, zu 663 Vier und vierzigstes Buch. erhalten, hielt er für Thorheit, nicht für Milde; denen aber, die einmal sich verfehlten, zu verzeihen und nicht unversöhnlich zu zürnen, ja selbst Ehrenstellen zu bewilligen, der Unverbesserlichen aber sich zu entledigen, hielt er für Mannespflicht. Doch, was sage ich? Vielen selbst von Jenen schenkte er das Leben, indem er allen seinen Freunden und Waffen- genoffen je einen loszubitten gestattete. 47. Daß er aber Alles dieß aus angeborner Seclengüte, nicht zum Schein, oder in der Aussicht auf größer» Vortheil (Rücksichten, die schon Viele menschenfreundlich handeln liessen) that, dafür ist dieß der überzeugendste Beweis, daß er überall »nd immer sich gleich blieb. Keine augenblickliche Aufwallung der Leidenschaft machte ihn grausam, kein Glück verderbte ihn, keine Gewalt veränderte ihn, nicht Machtvollkommenheit hatte Einfluß auf seine Gesinnungen, so schwer es auch ist, bei dem Dränge so vieler und so wichtiger Geschäfte, die man theils schon beendigt, theils unter den Händen, theils noch zu gewarten hat, immer dieselbe Herzensgüte zu bewahren, keine Härte oder Strenge, ich will nicht sagen um schon begangenes Unrecht zu bestrafen, doch aus Vorsicht gegen drohendes, zu üben. Schon dieß also würde seine edle Denkungsart zur Genüge beweisen. Denn fürwahr göttlicher Abkunft mußte der Mann sein, der keine Kunst zu verstehen schien, als zu retten, Wer nur immer gerettet werden konnte. Hierzu kommt noch das weitere Verdienst, daß er sich an Denen, welche wider ihn gefochten hatten, auch nicht durch Andere rächen wollte, und selbst Diejenigen, welche aus frühern Zeiten ins Unglück kamen, uns wieder schenkte. Alle» Anhängern des Lexidus und des Sertorius bewirkte er Straf- 664 Cassinö Dio's Römische Geschichte. loflgkeit; allen Denjenigen, welche ron den durch Sylla Geächteten noch übrig waren, verschaffte er Verzeihung und rief sie ins Vaterland zurück. Den Söhnen aller von Sylla Ge- tvdteten verlieh er Aemter und Ehrenstcllen. Am meisten aber macht ihm Ehre, daß er alle bei Pompejus und Scipio vorgefundenen geheimen Briefschaften verbrannte, ohne sie gelesen zu haben oder aufzubewahren, damit auch nicht ein Anderer sie zu einem Bubenstück benutzen konnte. Daß er nicht nnr so sprach, sondern auch so handelte, ist durch die That erwiese». Niemand geschah in Folge dieser Briese Etwas zu Leid, Niemand hatte darob anch nnr Etwas zu furchten; ja Niemand kannte anch nur die dadurch Geretteten, außer den Verfassern selbst. Dieß war dabei das Wundersamste, das Unübeischwänqliche: fle waren freigesprochen vor der Anklage, gerettet, ehe fle sich gefährdet sahen — nnd er selbst, der Retter, kannte nicht sie, die er gerettet hatte. 48. Aller dieser Dinge und der Gesetze und Einrichtungen wegen, die an sich zwar wichtig sind, gegen jene aber in keinen Vergleich kommen, nnd deßhalb von mir nicht einzeln aufgeführt werden liebtet ihr ihn, wie einen Vater, schätztet ihr ihn als Wohlthäter, nnd überhäuftet ihn mit Ehrenstellen, wie noch Keinem ror ihm geschah. Ihr wolltet ihn zum beständigen Vorsteher der Stadt und des gesammten Reiches haben, ohne euch wegen der Titel zu bedenken, indem ihr alle noch unter seinem Verdienste fandet, damit, was ihm nach dem einen noth an Auszeichnung und Machtvollkommenheit abging, durch alle zusammen vervollständigt würde. Daher machtet ihr ihn in Rücksicht auf die Götter zum Oberpriester, in Rücksicht auf euch zum Cvnsul, für die Soldaten 665 Vier und vierzigstes Buch. zum Imperator, wider die Feinde zum Dictator. Was zahl' ich aber all dieses auf, da ihr ihm, um Alles in Allem zu sagen, den Ehrennamen Vater des Vaterlandes gäbet, so daß ich alle andern Titel nicht zu erwähnen brauche? 49. Dieser Vater, dieser Oberpriester, der Unverletzliche, der Göttcrsohn, der Gott ist nicht mehr! Dahin ist er, nicht von Krankheit bezwungen, nicht von Alter entkräftet, nicht draußen im Kampfe verwundet, nicht von einer Gottheit jählings weggerafft; gefallen ist er mitten in der Stadt durch schändliche Tücke, er, der ohne Fährte bis nach Britannien zog, durch Menchlerhand in Mitten -er Ringmauern, die er selbst erweitert, in der Curie, er, der selbst eine neue erbaut, wehrlos der Tapfere, im Friedenskleid der Friedenstifter, Angesichts dem Richterstuhlc der Richter, Angesichts der Obrigkeiten die Obrigkeit, durch die Hand der Bürger, er, den, als er ins Wasser fiel, selbst Feinde nicht zu tödten vermochten, durch die Hand von Freunden, die er selbst so oft begnadigt hatte. Was half dir nun, Cäsar, deine Milde, deine Unverletzlichkeit, der Schuh der Gesetze? Dich, der so viele Gesetze gab, die das Leben selbst vor den Feinden sicherten, dich haben, (o Jammer ohne Maß!) deine Freunde hingemordet! Nun liegst du, das Opfer ihrer That, auf dem Markte, über den du so oft sicgbckränzt hintrium- phirtest! Vvm Mordstahl getroffen liegst du vor derselben Rednerbühne, von der du so oft zum Volke gesprochen! Wehe, dieses graue Haar, vom Blute besudelt! dieses Amtsgewand zerrissen, das du, wie es scheint, nur darum angelegt, um in ihm zu sterben!" 666 Cassius Dio's Römische Geschichte. 50. Durch diese Rede des Antonius gerieth das Volk erst in Aufregung, dann in Erbitterung und zuletzt in solche Wuth, daß es die Mörder aufsuchte und den andern Senatoren vorwarf, daß sie theils selbst an der Ermordung Theil genommen, theils mit ansahen, wie der Mann umgebracht wurde, für dessen Leben sie doch jährliche öffentliche Gebete verordnet, bei dessen Gesundheit und Glück sie schwören liessen, und dem sie gleiche Unverletzlichkeit wie den Volkstribunen zuerkannt hatten. Hierauf stürzte das Volk über Cäsar's Leiche her; die Einen wollten sie in dieselbe Curie, in der er ermordet worden war, die Andern auf das Capitolium bringen und dort verbrennen. Von den Soldaten *) daran gehindert, weil so leicht das Theater und die Tempel mit verbrennen konnten, thürmten fle auf dem Markte selbst den Scheiterhaufen auf und verbrannten ihn. Aber auch so wären viele Gebäude in der Nähe in Rauch aufgegangen, wenn es die Soldaten nicht verhindert und die Consuln einige der wildesten Stürmer vom tarpejischen Felsen gestürzt hätten^). Aber auch Dieß beruhigte die Menge noch nicht; sie raste nach den Häusern der Mörder und brachte in der Wuth außer andern den Volkstribun Helvius Cinna um, der nicht nur keinen Theil an der Verschwörung gehabt, vielmehr sein treuester Anhänger gewesen war. Das Mißverständniß gab sein Name: der Prätor Cornelius Cinna hatte an der Ermordung Theil genommen. Nach Appian waren es nicht die Soldaten, sondern die Priester. Die sreigebornen Bürger wurden vom tarpejischen Felsen gestürzt, die Sklaven aber aufgeyenkt. 667 Bier und vierzigstes Buch. L1. Hierauf verboten die Consul» Jedem, der nicht Soldat wäre, sich mit Waffen betreten zu lassen, und verhüteten so weitere Mordthaten. Einen Altar aber hatte die Menge auf der Stelle des Scheiterhaufens, (seine Asche hatten seine Freigelassenen vorher in seinem Familienbegräbniffe beigesetzt) errichtet, und wollten auf ihm Cäsarn, als einem Gotte, Opferthiere schlachte». Die Consuln aber ließen den Altar niederreißen, und Einige, welche sich darüber äuslies- sen, mit dem Tode bestrafen, und machten das Gesetz, nie mehr einen Dictator zu wählen. Fluch und Tod wurde dem gedroht, der es in Vorschlag brächte, oder selbst darnach strebte, auch wurden durch Herolde öffentlich Preise auf ihr Haupt gesetzt. Damit wollten sie für die Zukunft Sicherheit geben, als ob das Gefährliche im Namen und nicht in der Uebermacht, in den Waffen und dem Charakter der Einzelne» läge, die jede Gewalt, welchen Namen sie immer führte, mißbrauchen konnten. Für jetzt wurden die von Cäsar bezeichneten Colonisten, damit sie keine Unruhen anfingen, unverzüglich nach ihren Colonien, die Mörder Ccksar'S aber theils i» die ihnen durchs Loos zugefallenen Provinzen, die Andern unter allerlei Verwänden aus der Stadt weggesandt, von Vielen aber dennoch als Wohlthäter des Staates hochverehrt. SL. Ein solches Ende nahm Cäsar; und weil er in der Curie desPvmpejns, neben dessen Bildsäule ermordet wurde, wollte man darin ein göttliches Strafgericht erkennen, zumal da ein furchtbares Donnerwetter und heftige Regengüsse dazu kamen. Während dieser Unruhen trug sich Etwas zu, das ich nicht unerwähnt lassen kann. Ein Volkstribun Namens 668 Cassius Dio's Römische Geschichte. CajnsCasca, welcher sah, wie übel dem Cinna seine Namensbrüderschaft mit dem Prätor bekommen, fürchtete ein gleiches Schicksal: denn auch Publins Servilius Casca war Bvlks- tribun und Theilnehmer an Cäsar's Ermordung. Deßhalb erklärte er in einem öffentlichen Anschlag, daß er nur den gleichen Namen führe, aber in der politischen Gesinnung sehr von ihm verschieden sei. Es geschah jedoch keinem von Beiden Etwas: denn Servilius war sehr aus seiner Hut, Casus aber wurde dadurch insoweit bekannt, daß die Geschichte seiner Erwähnung thut. 5Z. Solche Maßregeln trafen Andere und die Eonsnln selbst. Den Dolabella nahm Antonius, obgleich er Anfangs Bedenken getragen, denselben zum Consnlate zuzulassen, weil er es gesetzlich noch nicht bekleiden könnte, dennoch alsMit- cvnsul an, damit es nicht zu neuen Unruhen käme. Sobald aber die Ruhe wiederhergestellt war, und er den Auftrag erhielt, Cäsar's Anordnungen zu prüfen, und Alles nach dessen hinterlassenem Willen ins Werk zu setzen, bewies er nicht mehr dieselbe Mäßigung, sondern begann, sobald er über Cäsar's Papiere verfügen konnte, Vieles auszustreichen, Anderes, selbst Gesetze unterzuschieben. Indem nahm und gab er Gelder und Aemter, wem er wollte, als stände Alles so in Cäsars Papieren. Auf solche Weise brachte er viele Gelder an sich, und erpreßte sie auch von Privatleuten, von Völkern und von Königen Grundstücke, Freiheit, Bürgerrecht oder Befreiung von Abgaben — Alles war ihm feil. Zwar hatte der Senat Anfangs beschlossen, daß man keine Tafeln als vorgebliche Gesetze Cäsar's an den Säulen aufhängen dürfe (denn Dieß war bei allen Dingen der Art gebräuchlich); weil 669 Vier und vierzigstes Buch. aberAntonius darauf drang und behauptete, daß viele nothwendige Bestimmungen von Cäsar vorliegen, beschloß man, daß die angesehensten Männer des Staats gemeinschaftlich darüber erkennen sollten. Allein er kehrte sich nicht daran, und achtete auch des Octavüts nicht, da dieser, noch zu jung und unerfahren in Geschäften, die Erbschaft als zu schwierig und so mancherlei Verdrießlichkeiten unterworfen, nicht antreten wollte. Er selbst schaltete, als wäre er nicht der Erbe von Cäsar's Vermögen, sondern auch von seiner Macht, überall nach Willkühr und erlaubte auch unter Anderem einige» Verbannten zurückzukehren. Weil aber Lexidns immer noch sehr mächtig war und er ihn zu fürchten hatte, verlobte er seine Tochter mit dessen Sohn und verhalf ihm zur höchsten Priesterwürde, damit er ihn in Demjenigen, was er that, mehr gewähren ließe. Um dies leichter durchzusetzen, übertrug er das Wahlrecht wieder vom Volk auf das Priester- collegium. So verschaffte er, ohne sich an die Zandesgesetze zu halten, dem Lepidus die Priesterwürde, obgleich er ffe selbst hätte ansprechen können. Soviel von Antvnius. Die Cassius. 6s Bdchn. 4 Inhalt des fünf und vierzigsten Buchs. Caius Octavius. nachmals Augustus genannt, Cax. 1—9. Sertus Pomvesus, Sohn des Pompejus. Cax. 10 . Wie zwischen Cäsar und Antonius Mißhelligkeiten entsianden. Cap. 11 — 17. Wie Cicero vor dem Volke gegen Antonius sprach. Cap. 18—47. Der Zeitraum begreift das Sude der Diktatur des Julius Cäsar mit dem Anfange des folgende» Jahrs. Vor Chr. Nach Erb. Roms. . 44 710 Julius Cäsar zum fünften Mal Diktator f mit dem Reiterobriste« Marcus Aemi- ? lius, und zum fünfte» Mal Consul mit ! Marcus Antonius. ^ 43 711 Ebenso zu Anfang des folgenden Jahrs; § dann Consuln Cajus Bibius Pansa und ! Äulus Hirtius. Fünf und vierzigstes Buch. i. Cajus Octavms Cäpias'*) (dieß war nämlich der vollst«!^ > dizeName des Sohnes von Cäsar's Schwester"^) Artia) stammte ") Da dieser Name sonst nirgends bei Oktavius vorkömmt, so vermuthet Baumgartcn - Crnsius mit Recht, daß es Cäsar heißen müsse. Nach sonstigen Nachrichten war sie die Schwestcrtvchter. so daß statt «rch/.l 77 zu lesen wäre. Fünf und vierzigstes Buch. b71 aus Veliträ, im Bolskcrlande. Er verlor bald seine» Vater Oktavius und genoß die Erziehung seiner Mutter und ihres Bruders *) Lucius Philippus. Als er herangewachsen war, lebte er in Cäsar'? Nähe, welcher, selbst kinderlos und schöne Hoffnungen auf ihn setzend, ihn sehr liebgewann und pflegte, indem er den Wunsch hegte, ihn als Erben seines Namens, seines Vermögens und seiner Herrschaft zu hinterlassen; zumal da Attia in allem Ernste behauptete, ihn von Apollo zu besitzen. Sie schlief nämlich im Apollotempel ein, meinte im Traum sich mit einem Drachen zu begatten und gebahr von dieser Frist an zur gewöhnlichen Zeit diesen Knaben. Noch vor ihrer Entbindung sei ihr im Traume vorgekommen, als ob sich ihre Eingeweide an den Himmel erhöben und sich dann über die ganze Erde ausdehnten. Zn derselben Nacht habe dem Octavius geträumt, daß aus ihrem Sckooße die Sonne aufginge. Kaum war der Knabe gebore«, so prophezeite ihm der Senator Nigidius Figulus die Alleinherrschaft. Unter allen seinen Zeitgenossen verstand sich dieser am besten auf die Sternkunde und die Constellation und wußte, was jedes Gestirn einzeln oder in Conjunction oder Opposition mit andern für einen Einfluß übte; deßhalb sagte man ihm auch nach, daß er sich mit geheimen Künsten befasse. Als dieser sah, daß Oktavius (wegen der Geburt seines Kindes) etwas später in die Curie kam, (es wurde gerade Senat gehalten) trat er ihm entgegen und fragte ihn, warum er so spät komme. Als er ihm die Veranlassung sagte, so rief er *) Sollte nach den übrigen Nachrichten heißen: ihres zweiten Gemahls. 672 Cassins Dio's Römische Geschichte. aus: du hast uns einen Herrn gezeugt! Octavius, darüber bestürzt, wollte das Kind todten lassen; er aber hielt ihn davon ab. indem er sagte: es wäre nicht möglich, daß dem Kinde etwas der Art widerführe. Damals nun fielen diese Reden. s. Er wurde auf dem Lande erzogen, da raubte ihm einmal ein Adler sein Brod aus den Händen und hob sich in die Lüfte, flog dann aber wieder herab und gab es ihm zurück. Als er noch Knabe war und in Rom sich aufhielt, träumte Cicero, daß ein Knabe an goldenen Ketten vom Himmel auf das Capitolium herabgelassen wurde und von Jupiter eine Peitsche erhielt. Tags darauf traf er den Octavius (er wußte noch nicht, wer er war) zufällig auf dem Capitolium selbst, erkannte ihn und erzählte sein Traumge- sichi den Umstehenden. Catulus, der den Oktavius gleichfalls noch nie gesehen hatte, sah im Traume, wie alle patricischen Jünglinge in einem Festaufzuge auf dem Capitolium dem Jupiter sich nahten, und wie der Gott ein Bild der Roma dem Octavius in den Busen warf. Der Mann erschrack darüber und stieg auf das Capital, um zu dem Gotte zu beten. Dort fand er den Octavius, welcher durch Zufall sich gleichfalls dahin begeben hatte, verglich sein Gesicht mit dem Traume, uud bestärkte sich nun in dem Glauben an die Verwirklichung des Traumgeflchts. Als er aus den Knabenjahren in das Jünglingsalter übertrat, und die männliche Toga anzog, zerriß seine Tunika zu beiden Seiten auf den Schultern und fiel ihm vor die Füße. Dieß ward nicht nur , für keine gute Vorbedeutung angesehen, sondern beunruhigte sogar die Umstehenden, weil es bei der ersten Anlegung des Männerkleides 673 Fünf und vierzigstes Buch. geschah; Octavius aber gab der Sache eine andere Wendung mit den Worten: „So wird die Würde des ganzen Senats mir vor den Füßen liegen." Der Erfolg entsprach dieser Rede. Durch alle diese Dinge bestimmt, setzte Cäsar große Hoffnungen aus ihn, nahm ihn unter die Patrizier auf, bildete ihn zum künftigen Herrscher, und ließ ihn in Allem aufs sorgfältigste unterrichten, was der glückliche und würdige einstige Inhaber einer so großen Gewalt zu wissen brauchte. Er mußte steh nicht nur in Römischer, sondern auch in Griechischer Beredsamkeit üben, sich in Kriegsstrapazen abhärten, und in allen Theilen der Politik und der Regierungskunst aufs tüchtigste ausbilden. 5. Octavius befand sich zur Zeit der Ermordung des Cäsar seiner Studien wegen in Apollonia am ionischen Meere, wohin ihn Cäsar wegen seines beabsichtigten Feldzugs gegen die Parther hatte vorausgehen lasse». Die Kunde von dem Vorgefallenen erschütterte ihn, wie sich denken läßt, tief; er wagte aber fürs erste keine Schritte zu thun. Er hatte nämlich noch nickt gehört, daß er von Cäsar an Kindes Statt angenommen und zum Haupterben erklärt sei. Zudem war, wie es hieß, das Volk Anfangs mit dem Vorgefallenen nicht unzufrieden. Als er aber bei seiner Ueberfahrt nach Brun- duflum von dem Testament und der Umstimmung des Volkes hörte, zögerte er keinen Augenblick mehr, zumal da ihm große Geldsummen und eine ansehnliche Truppenmacht, welche vorausgeschickt worden waren, zu Gebote standen. Er nahm also sofort Cäsar's Namen an, trat in dessen Erbschaft ein und forderte seinen Theil an der Staatsverwaltung. 674 Cassius Div's Römische Geschichte. 4. Anfangs wollte dieß Einigen unbesonnen und tollkühn bedünken; später aber. als ihm Alles gelang und nach Wunsche ging. verdiente er sich dadurch sogar den Namen ines tapfern Mannes. Viele schon erwarben sich ob unklugem Unterfangen, weil sie es mit Glück zu Ende führten, den Ruhm der Klugheit; Andere hießen Thoren, weil sie trotz der reiflichsten Ueberlegung in der Ausführung das Glück verließ. Octavius schlug einen mißlichen und gefährlichen Weg ein; erst aus dem Knabenalter getreten (er war achtzehn Jahre alt) sprach er die Erbschaft des Cäsarischen Vermögens und Namens an, obgleich er voraussehen konnte, daß sie ihm Neid und Verleumdung zuziehen mußte und strebte nach Dingen, die Cäsarn den Tod gebracht, ohne daß er einen Rächer gefunden. Er trotzte dessen Mördern, dem Lepidus und dem Antvnius, und hatte das Lob kluger Berechnungen, weil das Glück ihm zur Seite ging. Uebrigens gaben die Götter nicht undeutliche Vorzeichen der durch ihn bevorstehenden Unruhen: denn bei seinem Einzug in Rom hatte sich ein Ring von lebhaften Regenbogen-Farben um die Sonne gebildet. 5. So trat denn dieser junge Mann, der bisher Octavius, jetzt Cäsar, später Augustus hieß, seine politische Laufbahn an, begann und vollführte seine Plane mit einem Jugendleichtsinne, den man von einem Manne, und mit einer Klugheit, die man von einem Greise kaum erwarten konnte. Als Privatmann, mit geringem Gefolge, ohne allen Prunk betrat er die Stadt, als wollte er nur in Besitz seiner Erbschaft treten. Er drohte Keinem, äußerte keine Unzufriedenheit über das Vorgefallene, keine Absicht, Rache dafür 675 Fünf und vierzigstes Buch. nehme» zu wollen. Dem Antonius forderte er nicht nur die unterschlagenen Gelder nicht ab, sondern bezeigte sich ihm unterthiinig, obgleich er aufs schmählichste von ihm behandelt und beleidigt wurde. Antonius suchte ihn durch Wort und That auf jede Weise zu kränken, und stellte sich zwar, als ob er das Curiatgesey, durch welches er in die Cäsarische Familie aufgenommen werden mußte, anfs eifrigste betriebe, ließ ihn aber durch einige Volkstribnnen von einer Zeit auf die andere hinhalten; damit er, als noch nicht gesetzlicher Sohn Cäsar's, keine genauere Nachfrage nach dessen Vermögen anstellen könnte und überhaupt unmächtiger bliebe. 6. Cäsar ärgerte sich zwar darüber, mußte es aber, da er noch nicht freie Hand zum Handeln hatte, so lange geschehen lassen, bis er das Volk, Las auch seinen Vater, wie er wohl wußte, zu seiner Größe erhoben, für sich gewonnen hatte. Er wußte, daß die Menge über Cäsar's Ermordung aufgebracht und ihm, als dessen Sohne, wie er hoffen durfte, zugethan war, dem Antonius aber, ob seinem Verfahren als Reiterobrister, und wegen der Nichtbestrafung von Cäsar's Mördern, grollte; deßhalb suchte er Volkstribnn zu werden, wegen der Gelegenheit, dadurch die Gunst der Menge zu gewinnen, theils auch, weil er dadurch Macht zu erlangen hoffte. Er bewarb sich deßwegen um die durch Cinna erledigte Stelle. Zwar fand er Widerstand durch den Anhang des Antonius, ließ sich aber nicht abschrecken, sondern zog den Volkstribun Tibcrius Canutius auf seine Seite. Durch diesen ließ er sich unter dem Verwände des von Cäsar dem Volke ausgesetzten Vermächtnisses dem Volke vorstellen, sprach geeignete Worte an dasselbe, verhieß die alsbaldigeAusbezahlung 676 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. desselben und ließ sie noch vieles Andere hoffen. Hierauf besorgte er die wegen des Ausbaues des Benustemxels zugesagten Spiele-, deren Aufführung zwar Einige bei Lebzeiten Cäsar's übernommen, jetzt aber aus Gleichgültigkeit unterließe», so wie auch den feierlichen Aufzug zu Pferde am Pa- lilienfeste, um das Volk für sich zu gewinne», zumal da er aus Rücksicht der Verwandtschaft dazu verpflichtet sei, aus eigenen Mitteln. Cäsar's goldenen Prachtstuhl und die mit Edelsteinen besetzte Krone ließ er, obgleich es verordnet war, aus Furcht vor Antonius, noch nicht auf das Theater bringen. 7. Weil aber jene Tage über ein Stern am Himmel erschien, der seinen Lauf von Norden nach Westen nahm, und Einige denselben einen Kometen nannten, der nichts Weiteres bedeute, als was andere sonst auch bedeutet hätten, so glaubte dieß die Meng« nicht, sondern meinte in ihm den unsterblichen unter die Sterne versetzten Cäsar zu sehen. Dieß gab ihm den Muth, ein ehernes Standbild desselben mit einem Stern über dem Haupte in dem Vcnustempel aufzustellen. Weil Niemand dagegen, aus Furcht vor der Menge, Einrede that, so wurden auch andere früher dem Cäsar zuerkannte Auszeichnungen ins Werk gesetzt. So nannte man einen Monat nach ihm, den Julius, und bei den Siegsdank- festcn wurden jedes Mal an einem bestimmten Tage Opfer ihm zu Ehren dargebracht. Aus diesen Gründen traten auch die Soldaten, besonders da Einige durch Geschenke gewonnen waren, auf Cäsar's Seite. Man murrte und fürchtete neue Unruhen; besonders weil Antonius ihm, als er vordemRick- terstuhle, von einer erhabenen, ringsum freien Stelle aus, wie er zu Lebzeiten seines Vaters zu thun pflegte, zu ihm Fünf und vierzigstes Buch. 677 sprechen wollte, nicht nur Dieses wehrte, sondern ihn sogar dnrch Lietoren Herabschleppen und forttreiben ließ. 8. Jedermann war darüber aufgebracht, besonders als Cäsar seit dieser Zeit, um den Antonius verhaßt zu machen und das Volk für sich desto mehr einzunehmen, nicht mehr auf dem öffentlichen Platze erschien. Antonius gerieth dadurch in Furcht und äußerte eines Tages in Gesellschaft: „er habe nichts wider Cäsar, sondern sei ihm vielmehr zum Wohlwolle» verpflichtet, und sei daher bereit, zur Entfernung alles Mißtrauens mitzuwirken". Dieß wurde Cäsar,, hinterbracht; sie sprachen sich und waren dem Scheine nach ganz ausgesöhnt. .Zwar kannten sie gegenseitig ihre Gesinnungen, hielten es aber nicht an der Zeit, sich darüber vernehmen zu lassen, und gaben einander als Versöhnte i» Diesem oder Jenem nach. So ging es mehrere Tage, bis sie — sei es wegen wirklicher Tücke, oder aus fälschlichen Verleumdungen (wie dieß zu gehen pflegt) — wieder Argwohn gegen einander faßten und sich zerwarfen. Leute, die nach heftiger Feindschaft sich versöhnen, beargwöhnen sich oft über ganz unverfängliche, oft auch über ganz zufällige Dinge. Jedes Wört- chen wird als absichtlich oder aus Bosheit gesprochen nach der früheren Feindschaft ausgedeutet. Hierzu helfen auch noch Zwischenträger getreulich. Unter dem Scheine der Ergebenheit hinterbringen sie beiden Theilen Aeußerungen, die sie benutzen, um dieselben gegen einander aufzubringen. Meistens lieben es die Umgebungen Mächtiger, wenn diese unter sich uneinig sind, weil sich die Leute über ihre Feindschaft freuen, oder weil sie selbst dieselben stürzen wollen; und nichts ist leichter, als die schon vorher gegen einander Eingenommene« 678 Cassius Dio's Römische Geschichte. durch Worte zu täuschen, die aus redlichem Herzen zu kom- Se men scheinen. Dadurch wurden diese Männer, die zum Voraus er einander nicht recht trauten, noch mehr entfremdet. 9. Als Antonius sah, daß Cäsar immer mehr Einfluß pxj gewann, so suchte er der Menge eine Lockspeise vorzuhalten, na «m sie von jenem abzubringen und sich geneigt zu machen. am Er ließ daher durch seinen Bruder, den Bolkstribun Lucius jh, Antonius, auf Vertheilung von Staatsländereien, selbst denen wa in den Pontinischen Sümpfen, als wären diese schon ausge- he! trocknet und urbar gemacht, unter des Volk antragen. Die die Antonius waren drei Briider, alle in Staatsämtern : Marcus M war Consul; Lucius Volkstribun, Cajns Prätor. So wurde keil es ihnen leicht, den Statthaltern bei den Bundesgenossen und rie in den Provinzen, außer mehreren Mördern Cäsar's, und ! der Anderen, die sie denselben treu ergeben glaubten, ihre > Afl Stellen zu nehmen nud Andere an ihre Stelle zu sehen, Ei- sod nigen auch über die durch Cäsar's Gesehe bestimmte Zeit die- ein selben zu verlängern. Das dem Macer durchs Loos zugefallene , luß Macedonien wußte sein Bruder Casus sich zu verschaffen, das lies diesseitige Gallien dagegen, wohin Decimus Brutus bestimmt tax war, mit dem nach Apollvnia vorausgeschickten Leere, sollte au Marcus Antonius selbst, weil diese Provinz die meisten Trup- . Fli xen und Geldniittel bot, dafür erhalten. Dieß wurde auch mo durchgesetzt. Auch wurde dem Sextns Pompejus, der schon seh ein mächtiges Heer zusammengezogen hatt-, die schon von . Lei Cäsar, so wie den Anderen, zugestandene Sicherheit aufs ^ Ei Neue bestätigt, und das dem öffentlichen Schatze zugefallene I irr Vermögen an Silber und Gold zurückzuzahlen verordnet. ^ sie de )M- lus ruß ien, >cn. uus neu Sge- Die !cus irde und und ihre Ei- die- lrne das nmt ollte rup- auch chon von aufs Ikone met. Fünf und vierzigstes Buch. 679 Seine Ländereien, welche größtentheils Antvnius besaß, ließ' er ihm nicht zurück erstatten. So ging es hier zu. 1». Nun will ich auch die Schicksale des Sextus Pom- pejus erzählen. Auf seiner Flucht von Corduba kam er zuerst nach Lacetanien und hielt sich dort verborgen. Er wurde zwar auch da aufgesucht aber nicht verrathen, da die Einwohner ihm, weil sein Vater noch i» gutem Ansehen stand, ergeben waren. Als hierauf Cäsar nach Italien abfuhr und ein nicht bedeutendes Heer im Bätischen zurückblieb, verbanden sich die Lacetanier und die aus der Schlacht Entronnenen mit ihm. Mit diesen rückte er in das Bätische, weil er den Krieg dort leichter zu führen glaubte, sammelte dort Truppen und bekam die Städte, zumal nach Cäsar's Tod, theils auf dem Wege der Güte, theils durch Gewalt in seine Hände, da Casus AstniuS Pollio keine bedeutende Streitkräfte besaß, und zog sodann auf das spanische Carthago los. Als Asinius Pollio einmal seine zeitige Abwesenheit ersah, und ihm einige Verluste beibrachte, so kam er mit großer Heeresmacht zurück, lieferte ihm eine Schlacht, trieb ihn in die Flucht, und so tapfer auch die klebrigen stritten, so brach doch ein Zufall auch ihren Muth und er besiegte sie. Asinius hatte auf der Flucht, um weniger erkannt zu werden, seinen Feldherrnmantel abgeworfen, ein Anderer gleichen Namens, ein angesehener Ritter, war dagegen gefallen, und lag auf dem Boden, der Feldherrnmantel aber war in Feindes Händen. Das Eine hörten und das Andere sahen die Soldaten, glaubten irriger Weise, daß ihr Feldherr gefallen sei, und wichen. So siegte Sextus und bekam fast alle festen Plätze in jenen Landen in seine Gewalt. Als er bereits große Macht gewonnen 680 Casstus Dio's Römische Geschichte. hatte, kam Lepidus als Statthalter in die angränzendenLän- der Hispaniens und beredete ihn, gegen die Zurückgabe seine« väterlichen Vermögens, zu einem Vergleich. Antonius wirkte auch aus Freundschaft für Lepidus und aus Feindschaft gegen Cäsar die Einwilligung des Senates aus, und Sextus verließ unter dieser Bedingung Hispanien. tl. Cäsar und Antonius waren einander in Allem end gegen. , Zwar hatten fle noch nicht offen gebrochen; aber so sehr fle auch den Schein vermieden, so war doch ihr Betragen das feindseligste. Die Folge davon war, daß Alles ii> Rom in großer Unentschiedcnheit und Verwirrung schwebte Noch hatte man Frieden und dennoch schon Krieg; unter dem äußeren Scheine von Freiheit ging Alles wie unter Des-t poten. Dem äußeren Ansehen nach war Antonius als Consulj im Vortheil; das Volk aber neigte flch auf Cäsar's Seite/ theils wegen seines Vaters, theils wegen der Hoffnungen, dir er erregte; vornehmlich aber geschah es aus Haß gegen dev mächtigen Antonius, daß man dem weniger mächtigen Cäsar half. Man liebte keinen von beiden; überaus Neuerungssucht und gewohnt, den Mächtigern zu stürzen und dem schwächer» Theile zn helfen, benutzte man sie zu Befriedigung seiner eigenen Wünsche. Man demüthigte durch Cäsar den Antonius und suchte sodann auch jenen zu Grunde zu richten. Durch die jedesmaligen Machthaber gedrückt, half man dem Schwächeren und stürzte fle durch diese; und bald sagte man flch auch von letzteren los. Daher kam es, daß man Einen nach dem Andern dem Neid aussetzte und beide bald liebte, bald haßte, bald erhob, bald demüthigte. der aus ga»< schiö ftlbf Cap> vorg men> jeder die i ter L man eilte unte And> zu e Ton, die § Stü- zn i> zu« der > um Cäsa stum von für > 68t Läm feinet virkü gegen erließ i einer s« Zetra- es in rebte. unter DeSN onsul reite, i, dir r de» Läsar jsuchi cheril >r ei- >niut >urch hwä- r sich nach bald Fünf und vierzigstes Buch. 1L. Bei solcher Stimmung der Römer gegen Beide brach der Krieg auf folgende Weise aus. Antouius war zu dein aus Macedonien übergesetzten Heere nach Brundusium abgegangen, und Cäsar hatte dorthin Leute mit Geldsummen geschickt, welche die Soldaten für ihn gewinnen sollten. Er selbst begab sich nach Campanicn, wo er besonders bei den Capnanern, welche von seinem Vater, dessen Tod er zu rächen vorgab, Land und Stadt erhalten hatten, viel Volk zusammenbrachte. Er machte ihnen große Versprechungen und gab jedem sogleich fünfhundert Drachmen. Aus ihnen entstand die Schaar der Evocaten oder Boraten (das heißt ausgedienter Leute, die von Neuem unter die Waffen gerufen wurden; man könnte sie griechisch Anakleten nennen). Mit diesen eilte er nach Rom, um dem Antonius zuvorzukommen, trat unter dem von Canutius bearbeiteten Volke auf, suchte das Andenken seines Vaters durch Aufführung seiner Großthaten zu erneuern und sprach auch Vieles, jedoch in bescheidenem Tone, über sich selbst; den Antonius aber klagte er an und lobte die Soldaten, die sich ihm selbst anschlössen, weil sie aus freien Stücken zum Schutze derStadt herbeigeeilt, ihn zu dem Ende zn ihrem Führer gewählt hätten und Dieß durch ihn Allen zu wissen thäten. Er wurde hierüber von seiner Partei und der versammelten Menge gelobt und ging nach Etrurien ab, um auch hier weitere Truppen anzuwerben. Solches that Cäsar. 13 . Den Antonius nahmen die Soldaten in Brnndu- sium zuerst mit vieler Ergebenheit auf, weil sie erwarteten, von ihm mehr zu erhalten, als von Cäsar; zumal da sie ihn für viel reicher, als diesen, hielten. Weil er aber Jedem our 682 Cassius Dio's Römische Geschichte. hundert Drachmen ^ bot und sie sich darob auflehnten, ließ er mehrere, und unter ihnen selbst einige Centurionen, vor seinen und seiner Gemahlin Augen zusammenhauen. Dieß stellte für den Augenblick die Ruhe wieder her; aber auf dem Marsche »ach Gallien empörten sie sich in der Nähe der Hauptstadt^'), wollten ihren Anführern nicht mehr gehorchen und gingen großen Theils zu Cäsar über. Unter ihnen trat die Martische und die vierte Legion ganz auf seine Seite. Nachdem er auch diese unter seine Fahne» vereinigt und ihnen das gleiche Handgeld gegeben hatte, zog er immer mehr Truppen an sich und bekam sogar unverhofft den ganzen Zug Elephanten des Antonins^), auf die er auf seinem Marsche stieß, in seine Gewalt. Nachdem Antonins in Rom die nöthigen Anordnungen getroffen und die übrigen Soldaten, so wie auch die Senatoren in seinem Gefolge in Eid genommen hatte, eilte er nach Gallien, damit nicht auch dieses sich empörte; aber auch Cäsar säumte nicht, sondern folgte ihm mit dem Heer. 14. Statthalter im Lande war damals Decimus Brutus, und Antonins baute auf ihn, als einen der Mörder des Cäsar, große Dinge. Die Sache ging aber folgender Maßen. Brutus hatte gegen Cäsar, der den Mördern seines Vaters noch nicht gedroht hatte, keinen Verdacht, sah dagegen in *) ilwöls und «inen halben Thaler, den fünften Theil der von Cäsar angebotenen Summe. Nach Appian ist es Alba Pomxeja in Ligurien. »»») Sie waren nach der Besiegnng der Mauritaner, des Juso und des Scipio in Cä'sar's, und «ach dessen Ermordung in des Antonins Gewalt gekommen. 68L Fünf und vierzigstes Buch. Antonius wegen angeborener Herrschsucht eben so seinen, als Cäsar's und aller Mächtigern Feind, und trat ihm die Statthalterschaft nicht ab. Diese Nachricht seyte Cäsar'» in lange und große Verlegenheit. Er haßte beide Männer, sah sich aber dem Kampfe gegen beide nicht gewachsen; denn nicht einmal mir einem derselben konnte er es aufnehmen; zudem mußte er fürchten, daß er durch einen solchen Schritt beide gegen sich vereinigen würde und zu Feinde» bekäme. Weil jedoch der Krieg gegen Antouius schon erklärt und dringend, zur Rache seines Vaters aber noch nickt Zeit war, suchte er den Deeimus für sich zu gewinnen. Denn er wußte wohl, daß dieser ihm, wenn er durch ihn im jeyigen Augenblick die Uebcrmacht gewann, später nicht viel zu schaffen machen würde. Jener dagegen mußte, swenn er sich mit ihm vertrug! ein nur um so mächtigerer Feind werden. So sehr waren sie sich in Allem entgegen. 15 . Deßhalb ließ er dem Decimus Freundschaft und Bundsgcnoffenschaft anbiete», wofern er den Antonius nicht bei sich aufnähme. So kam es, daß auch die Römer in der Stadt sich für Cäsar entschiede».—Das Jahr ging zu End« und kein Cvnsul war in der Stadt (Dolabella war nämlich von Antonius nach Syrien vorausgeschickt); den beiden Männern aber unk den Soldaren, welche den Antonius verlasse» hatten, wurden selbst mit Zustimmung der Volkstribunen in dem Senate Lobsprüche zuerkannt. Diese Maßregeln fanden bei dem allgemeinen Hasse wider Antonius Billigung bei den andern Große» Roms, vornehmlich aber bei Cicero. AüS herzlichem Haffe gegen Jene» begünstigte er den Cäsar und ging ihm mit Rath und That an die Hand, während er 684 Cassius Div's Römische Geschichte. Jenem auf jede Weise Abbruch that. Deßhalb kam er auch s< von seiner Reise nach Athen, wohin er seinen Sohn zu seiner „ höheren Ausbildung begleiten wollte, zurück, sobald er den h Ausbruch des Kriegs zwischen ihnen vernommen. d, 1«. Den Begebenheiten dieses Jahrs füge ich auch noch ^ den Tod des Servilius Jsauricus bei, der in hohem Alter A starb. Ich erwähne seiner nicht nur deßhalb, sondern auch, >o um zu zeigen, wie die Römer selbst in kleinlichen Sache» ge- H gen angesehene Männer ihre Achtung und gegen Unverschämt- g, heit ihren Haß an den Tag legten. Servilius .begegnete zu ' st, Fuß auf der Straße einem Römer zu Pferde, der nicht nur ft nicht abstieg, sondern noch schnell an ihm vorbeiritt, und er- A kannte ihn später vor Gericht. Er erzählte den Richtern den de Vorgang, und dieß allein genügt«, den Mann, ohne weiter m auf seine Vertheidigung zu hören, nach Aller Urtheil schuldig §o zu finden. di 17. Unter dem Consulat des Hirtius und Cajus Vibins, S welcher letztere, obschon sein Vater auf den Aechtungstafeln te des Sytta gestanden, zum Consul erwählt worden war, wurde de gleich mit dem ersten Januar drei Tage nach einander Senat M gehalten und berathschlagt. Der bevorstehende Krieg und H viele furchtbare Vorzeichen hatten Alles so in Bestürzung D gesetzt, daß man selbst an den Unglückstagen die Berathung ha über das Wohl des Staates nicht aussetzte. Blitze ohne Zahl de schössen nämlich vvm Himmel und schlugen unter Anderem du in die Kapelle des Jupiter Capitolinus im Tempel der Vic- „o tvria. Ein heftiger Sturm riß die Gesetzestafel an dem Tem- nn pol des Saturn und der Fides ab und warf sie umher; auch sch die Bildsäule der Schützerin Minerva, welche Cicero vor 685 Fünf und vierzigstes Buch. seiner Verbannung auf dem Capitel aufgestellt, stürzte er »m und zertrümmerte sie. Zwar deutete Dieß zunächst nur den bevorstehenden Untergang Cicero's an; aber auch für die anderen Römer war es eine schlimme Vorbedeutung, zumal da noch ein Erdbeben dazu kam. Ei» Stier, deßhalb in dem Deflatempel zum Opfer bestimmt, riß nach dem Opferdienst« los. Außer diesen Schreckzeichen fuhr auch eine Fackel am Himmel von Osten nach Westen und ein neuer Stern ließ sich mehrere Tage lang sehen. Es war, als ob das Sonnenlicht schwände und erlöschte, und drei Lichtkreise sich um dieselbe bildeten. A» einem derselben zeigte sich ein feuriger Aehrenkranz, und wenn eines der Schreckzeichen von besonderer Bedeutung war, so war es dieses. Offenbar war damit die Herrschaft der drei Männer, Cäsar, Lepidus und An- tonius und der endliche Sieg Cäsar's angedeutet. Außer diesen Vorzeichen verkündeten auch viele Weissagungen den Sturz der Vvlksherrschaft. Raben flogen in den Dioskuren- tempel und hackten die auf einer Tafel geschriebenen Namen der Consuln Antonius und Dolabella aus. Hunde liefen in Menge Nachts durch die Stadt, sammelten sich vor dem Hanse des Oberpriesters Lepidns und heulten jämmerlich. Der Padus, welcher weit umher das Land überschwemmt hatte, trat plötzlich zurück und hinterließ viele Schlangen auf dem Trockenen, auch wurden viele Seefische an den Mündungen der Tiber ans Land geworfen. Zu dem Allen kam noch eine furchtbare Pest fast über ganz Italien; weßhalb man den Wiederaufbau der Hostilischen Curie und die Ver- schüttung des Platzes verordnete, auf dem sonst die Seegefechte Dio Casiius. «s Vdch«. 5 686 Cassius Dio's Römische Geschichte. gegeben wurden. Aber auch damit war dem Uebel noch nicht Einhalt gethan: als Vibius für ein glückliches Jahr die üblichen Opfer brachte, stürzte einLiktor desselben plötzlich todt zur Erde. Dieser Dinge wegen hielt man selbst an jenen Tagen Berathungen, und unter den verschiedenen Rednern ließ sich auch Cicero also vernehmen: 18. „Die Gründe meiner, wie ich beabsichtigte, längeren Abwesenheit, und meiner beschleunigten Rückkunft, wodurch ich viel Gutes zu stiften gedachte, habt ihr, Vater, nebst meiner Rechtfertigung neulich von mir vernommen. Denn nicht kynnte ich unter einer Alleinherrschaft und Tyrannei leben, wo man weder seine Bürgerpflicht erfülle», noch sich frei äußern, noch selbst zum Wohle des Staats sterben darf. Ist mir dagegen erlaubt, meiner Pflicht mit Erfolg zu genügen, so soll keine Gefahr mich davon zurückhalten: denn Pflicht des braven Mannes ist es, sich für das Wohl des Vaterlandes aufzubewahren, und nicht nutzlosem Verderben sich auszusetzen, hingegen mit Wort und That demselben bei- zustehen, wenn er der Rettung desselben auch sein Leben opfern müßte. 19. In dieser Voraussetzung glaubte ich, daß wir von Cäsar Schutz genug zu freier Berathung hätten. Nun ihr aber unter besonderer Bedeckung euch zu versammeln für gut befunden habt, so müßt ihr auch heute alle eure Worte und Schritte so einrichten, dasi ihr für Gegenwart und Zukunft euch so fürsehet, daß ihr über dasselbe keines neuen Beschlusses bedürfet. Daß unsere Angelegenheiten schwierig und mißlich sind und großer Sorgfalt und Vorsicht bedürfen, habt ihr, wenn auch durch nichts Anderes, schon durch die vorliegende 687 Fünf und vierzigstes Buch- icht Maßregel an Tag gelegt. Denn ihr hättet keine Bewachung üb- der Curie beschlossen, wenn ihr in gewohnter Ruhe undOrd- todt nung eure Sitzungen ungefährdet hättet halten können. Schon neu der versammelten Truppen wegen müsset ihr einen entschei- >ern denden Schritt thun, damit wir nicht Schande davon haben, daß wir sie verlangten aus Furcht vor Jemand, und nun der eren Sache ihren Lauf lassen, als hätten wir gar nichts zu fürch- urch ten, als hätten wir sie, dem Scheine nach, zum Schutze der ebst Stadt gegen Antonius. gerufen, der That nach aber, um sie >enn ihm wider uns in die Hände zu geben; als müßte er zu den »nei andern Legionen, die er gegen das Vaterland wirbt, auch sich noch diese bekommen, um uns abzuhalten, Etwas wider ihn arf. zu beschließen. enü- ro. Zwar sind einige unserer Mitbürger so schamlos, >enn die Behauptung zu wagen, daß Antonius nicht als Feind des des Vaterlandes aufgetreten, und halten uns für so einfältig, ben daß sie uns bereden wollen, mehr auf ihre Worte zu hören, bei- als auf seine Handlungen zu sehen. Wer wollte noch, ben wenn er mit eigenen Augen fleht, was Antonius thut, wie er, ohne Geheiß des Senats oder Volks unsere Bundsge- vou »offen bekriegt, die Länder durchstreift, die Städte bekriegt, ihr uns mit Drohungen schreckt, Andere durch Hoffnungen für gut seine Plane gewinnt, wer, sage ich, wollte noch den lugen- und haften Reden dieser Leute, ihren Borwänden und Eutschul- unft digungen, womit sie uns hinzuhalten trachten, Gehör geben, )lus- und sich gutwillig ins Verderben stürzen? Ich bin so weit niß- entfernt, diese seine Schritte gesetzlich und gutgemeint zu habt , finden, daß ich vielmehr darin, daß er die ihm durchs Loos ende 1 zugefallene Statthalterschaft Macedoniens aufgab, uud die ü * 688 Cassins Dio's Römische Geschichte. von Gallien, auf welche er keine Ansprüche hatte, an sich riß, daß er die Legionen, welche Cäsar für den Partherkrieg al vorausgeschickt, an sich gezogen und, während keine Gefahr T für Italien droht, beibehält und aus der Stadt zu einer C Zeit, wo er noch Consul ist, wegbleibt und umher streift A und das Land verheert und brandschatzt, — daß ich darin, T sage ich, eine offene Kriegserklärung gegen uns Alle finde. V 21. Wenn ihr es aber auch damals nicht sogleich merk- d« tet und über jede einzelne Gewaltthat euern Unwillen kund , sii gäbet, so ist er eben darum desto hassenswerther, daß er, die- er ser Nachsicht uneingedenk, nicht aufhört gegenj euch sich zu sc vergehen und, wenn er für seine früheren Verbrechen viel- su leicht Verzeihung erhalten konnte, jetzt es dadurch, daß er h< aufs Neue Frevel auf Frevel häuft, dahin gebracht hat, daß oi er auch für jene früheren zur Strafe gezogen werden muß. i re Unerläßliche Pflicht für euch ist es, kräftig einzuschreiten; ' w da er den augenfälligen Beweis liefert, daß ihn, der so un- w zählige Male in so wichtigen Dingen alle Achtung gegen euch ui aus den Augen setzte, keine Nachsicht, keine Milde auf den di Weg der Pflicht zurückführt, daß ihr ihm vielmehr, wo nicht er schon langst vorher, wenigstens jetzt durch Gewalt der Waffen w Einhalt thun müsset. si 22 . Wenn er euch aber günstige Beschlüsse theils abge- w schwatzt, theils abgedrnngen hat, so glaubet darum nicht, daß Z« er weniger schuldig, weniger strafbar sei. Gerade das macht R ihn um so strafbarer , daß er seine vielen arglistigen Plane w durch euch selbst zum Theil ins Werk zu setzen vermochte, gi und daß er die ihm eingeräumten Vortheile, welche er euch, ohne daß ihr es ahnen oder voraussehen konntet, hinterlistig ei w 689 ! ^ Fünf und vierzigstes Buch. ieg abgenötigt, zur Unterdrückung wider euch selbst benutzt hat. ihr Denn wie hättet ihr wohl aus freien Stücken in den von 1 er Cäsar oder durch das Loos zugetheilten Statthalterschaften uft Abänderungen getroffen? wie ihm gestattet, außer anderen in, Vergünstigungen für seine Freunde und Anhänger, seinen Bruder Cajns »ach Macedonien zu schicken, und Gallien nebst rk- den Legionen, die er zu eurem Schutze nicht bedurfte, für md sich selbst anzusprechen? oder wisset ihr nicht mehr, wie er >ie- eure Bestürzung über die Ermordung Cäsar's benutzte, alle zu seine Plane nach Belieben durchzusetzen, indem er seine Ge- icl- suche arglistig zu einer Zeit, wo ihr Wichtigeres zu thun er hattet, vorbrachte, die gemachten Zugeständnisse durch List >aß oder Gewaltthat ausdehnte, und Soldaten, ja selbst Barbar aß. ^ ren aufstellte, um euch einzuschrecken ? Ist es zu verwundern, ;n; ^ wenn in jenen Tagen ungebührliche Beschlusse geschahen, an- wenn wir selbst jetzt nur durch Waffenschutz Freiheit der Rede ach und der That uns zu sichern vermocht haben? Hätten wirren diesen damals gehabt, so würde er die Vortheile, welche recht erlangt zu haben scheinen könnte, jetzt nicht besitzen, und sen würde nicht später, durch jene begünstigt, das, was er ausführte, ausgeführt haben. Behaupte also Niemand, daß Das, ge- was wir ihm unter dem Dränge der Umstände unter Seuf- >aß Zern zugelassen zu haben scheinen könnten, mit Fug und cht Recht geschehen sei : denn schon bei Privatsachen wird Das, ,nc was einem durch Gewalt abgedrungen wurde, nicht für rechts- ste, gültig angenommen. lch, 2Z. Allein selbst Das, was ihr ihm durch Beschlüsse stig eingeräumt zu haben scheinen könntet, ist, wie ihr finden werdet, nicht so wichtig und ohne allen Vorgang. Denn was 690 Cassius Dio's Römische Geschichte. hat es auf sich, wenn der Statthalter Macedoniens mit dem von Gallien tauscht? Welche Gefahr droht, wenn der Con- sul Legionen an sich zieht? Aber das ist arg und schändlich, daß unsere eigenen Lande durch sie bedrückt, die Städte unserer Verbündeten belagert, daß unsere Soldaten gegen uns selbst bewaffnet und unsere Staatseinkünfte zum Kriege gegen uns verwendet werden! — Das habt ihr nicht verordnet, nicht gewollt. Wenn ihr ihm Einzelnes gestattet habt, so lasset nicht zu, daß er thut, Was ihm nicht verstattet wurde! wenn ihr ihm Eines nachgesehen, so wähnet nicht, daß ihm auch das nicht Erlaubte nachgesehen werden dürfe. Im Gegentheil, eben deßhalb verdient er euern ganzen Haß und die schwerste Strafe, daß er die Würden, welche ihr ihm verliehet, und eure Nachsicht nicht nur in den vorbenannten Fällen, sondern überall gegen euch selbst zu mißbrauchen sich erfrechte. Bedenket nur: ihr beschlösset auf meinen Antrag, daß Friede und Eintracht unter uns herrschen solle. Er sollte darüber wachen, und that es auf eine Weise, daß bei der Beerdigung Cäsar'» fast die ganze Stadt abbrannte, und sehr viele Menschen das Leben verloren. Ihr bestätigtet alle Schenkungen und Einrichtungen Cäsar's, nicht als ob ihr sie alle gebilligt hättet—das sei ferne —sondern weil es nicht damals am Plahe war, damit Veränderungen vorzunehmen, damit wir ohne Argwohn und Tücke mit einander leben möchten. Er sollte die Sache untersuchen, hat aber nicht nur viele Verordnungen desselben aufgehoben, sondern auch viele fälschlich unterschoben. Ländereien, Bürgerrecht, Steuerfreiheit und andere Vorrechte nahm er den Besitz'ern, sie mochten Privatleute, Könige oder Städte sein, und gab sie denen, welche 69L Fünf rind vierzigstes Buch. dessen Nichts erhalten hatten, indem er sich dennoch auf Cä- sar's Briefschaften berief. Denjenigen, welche ihm nichts spenden wollten, nahm er auch Das, was sie schon besaßen, und gab es und noch mehr Dem, der ihm bezahlte, was er forderte. Zwar hattet ihr, dieß voraussehend, verordnet, daß nach Cäsar's Tode keine Gesetztafel mit Schenkungen desselben aufgeheftet werden solle; es geschah aber spater häufig: immer behauptete er, es finde sich in Cäsar's Papieren so Vieles, das ausgehobcn und befolgt werden müsse. Zwar bestimmtet ihr, daß er Dieß unter Beiziehung der ersten Männer des Staates zn thun habe; er aber fragte nach Niemand und verfügte überall nach Willkühr über Gesetze, Verbannte u. s. w., wie ich vorhin erwähnte. So bereitwillig ist er, alle eure Befehle zn befolge». 24. Vielleicht ist er aber nur hierin zu weit gegangen und hat sich im klebrigen pflichtgemäß benommen. Wo? wie denn? Hat er nicht die von Cäsar hinterlassenen Gelder, welche er zu untersuchen und in die Schatzkammer abzuliefern beauftragt war, an sich gerissen, eine» Theil an seine Gläubiger ausbezahlt und den Rest verpraßt, so daß er selbst keinen Heller davon mehr übrig hat? Hat er nicht, da auch der Nam Dictator wegen der Willkührherrschaft Cäsar's verhaßt war, zwar des Namens, als wäre nur dieser an sich schädlich, sich enthalten, unter dem Namen eines Cvnsnls aber die volle Gewalt und alle Vorrechte eines Dictators ausgeübt? Ihr wähltet ihn zum Beschützer der Eintracht. Hat er nicht einen so gefährlichen, nngereebten und von euch nicht genehmigten Krieg gegen Cäsar und Decimus, Männer, die euer volles Lob haben, eigenmächtig angefangen? Tausend Beispiele könnte 692 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. ich, wenn ich ins Einzelne gehen wollte, anführen, wo er die ihm alsCvnsul übertragene Macht nicht pflichtgemäß anwandte, sondern im Gegentheil zu eurem Nachtheil mißbrauchte! Wolltet ihr nun alles von ihm verübte Unrecht auf euch selbst nehmen, und euch selbst dessen schuldig bekennen, weil ihr ihm die Untersuchung und Besorgung jenes Geschäfts übertragen hattet? Das wäre ungereimt. Denn wenn ein Feldherr oder ein Gesandter, den ihr gewählt, seine Pflicht nicht thut, so seid nicht ihr, die ihr ihn geschickt habt, Schuld daran. Das würde zu weit führen, wenn alle eure Geschäftsführer nur den Vortheil und die Ehre, ihr selbst aber die Nachreden und die Schuld davon hättet. rz. Daher dürft ihr auch nicht auf ihn hören, wenn er etwa sagt: Ihr selbst habt mir ja die Statthalterschaft von Gallien übertragen, ihr die Verwaltung der öffentlichen Gelder anvertraut, ihr die Legionen aus Maeedonien meinen Befehlen übergeben. Beschlossen habt ihr das allerdings (wenn man anders so sagen kann und er nicht gerade darob zur Verantwortung gezogen werden muß, daß er euch zu solchen Beschlüssen gezwungen hat), aber Verbannte zurückzurufen, Gesetze zu unterschieben, mit Bürgerrecht und Steuerfreiheiten einen Handel zu treiben, Staatsgelder zu unterschlagen, die Bundsgenvssen zn plündern, die Städte zu drücken, das Vaterland unter das Joch der Tyrannei zu beugen, dazu habt ihr ihm sicherlich nicht die Vollmacht gegeben. Keinem habt ihr noch (obgleich ihr schon Manchem Vieles gestattet habt) erlaubt, nach Willkühr zu verfahren, sondern Jeden, so weit ihr konntet, für dergleichen Eingriffe zur Rechenschaft gefordert; und werdet es, wofern ihr meinem Rathe folget, 693 Fünf und vierzigstes Buch. auch bei Antonins thun. Denn nicht nur in dem Vorgenannten hat er sich so befragen, wie ihr alle wisset und mitange- sehen habt, sondern er ist sich überall, wo er für den Staat zu thnn hatte, gleich geblieben. 26. Sein Privatleben, seine Schwelgereien, seine Habsucht übergehe ich gerne, nicht als ob sich nicht auch hier viel Schändliches fände, sonder» weil ich fürwahr erröthe, Alles vor euch, die ihr es so gut wie ich wisset, ins Einzelne zu verfolgen; wie er schon als Knabe sich aufgeführt, wie er seine Jugendblüthe preisgegeben, wie er, ingeheim Lustknabe, öffentlich den gemeinsten Bnhlerschasten nachging, wie er, wo es sich gab, Anderer Lüsten diente, und, wo es anging, sie selbst befriedigte, — seine Schmansereien, Zechgelage mit all' ihrem saubern Gefolge. Nothwendig mußte ein Mann, der in solcher Böllern und Schamlosigkeit aufgewachsen, sein ganzes Leben besudeln. So geschah es denn, daß ihn seine Geilheit und Begierde von seinem Privatleben ins öffentliche begleitete. Alles dieß, so wie auch seine Reise nach Aegyxten zu Gabinius, und seine Eutweichung zu Cäsar nach Gallien übergehe ich, damit nicht Einer sage, daß ich nach allen Mücken schlage. Aber ich erröthe für euch, daß ihr einen Menschen, den ihr von solcher Seite kanntet, zum Volkstribun, zum Reiterobristen und hierauf selbst zum Consul machen konntet. Nur davon spreche ich, wie er in diesen Aemtern im Taumel der Wollust Schändliches begangen hat. 27. Er war es, der als Volkstribnn sich allen euer» Versuchen, im Staate dieOrdnung wiederherzustellen, schreiend und tobend widersetzte, und dem allgemeinen Frieden entgegen war. Als ihr, darüber aufgebracht, wegen seiner die 694 Cassius Dio's Römische Geschichte. bekannten Beschlüsse faßtet, entwich er da nicht aus der Stadt, obgleich sein Amt ihm keine Macht, aus Rom weg zn sein, erlaubte? Er aber kam als Ueberläufer in Cäsar's Lager, hetzte ihn wider das Vaterland auf und vertrieb euch aus Rom und ganz Italien und trägt mit einem Worte die Hauptschuld aller der Uebel, die über euch gekommen sind. Hätte er euern Beschlüssen nicht entgegen gearbeitet, so hätte Cäsar keinen Vorwand zu seinen Kriegen gefunden, oder, wenn er auch so schamlos frech gewesen wäre, gegen eure Verordnungen kein so furchtbares Heer zusammengebracht, und freiwillig oder gezwungen sich eines Besseren besonnen und die Waffen aus der Hand gelegt. Er war es, der Jenem die verderblichen Entscblüsse eingab, das Ansehen des Senats untergrub, und die Frechheit der Soldaten steigerte. Er ist es, der den Samen der Uebel ausstreute, die zu unserem Verderben auf- wucbertcn. Er ist an allen den Uebeln Schuld, die nicht nur über euch, sondern beinah über den ganzen Erdboden kamen; wie die Gottheit auch ganz augenfällig an den Tag gelegt hat. Als er.leine vortrefflichen Anträge machte, so blitzte und donnerte es am ganzen Himmel. 28 . Brauche ich noch weiter zn erwähnen, daß er, was früher noch nie geschehen war, ein ganzes Jahr Rciterobrist blieb? wie er damals unter euch schwelgte und in den Volksversammlungen auf die Rednerbühne mitten im Sprechen den Wein des vorigen Tages ausgespieen? wie er unter lorbeer- bckränzten Lustknaben und Buhldirnen und Possenreissern beiderlei Geschlechts, von Lictoren umgeben, in Italien umherzog? wie er sich nicht entblödete, allein als Käufer der Güter des Pompejns auftrat, und ohne Achtung vor sich 695 Fünf und vierzigstes Buch. selbst oder vor dessen Andenken, sie, die uns Allen eine stille Thräne entlockten, mit der heitersten Miene an sich riß? Er fiel über diese und andere her, als dürste er keine Rechenschaft geben. Allein Cäsar trieb sie unter der höchsten Schmach mit Gewalt von ihm ein, so sehr verdammte den Menschen selbst Cäsar. Und wohin kamen alle diese unermeßlichen Summen, die er auf jegliche Weise zusammengescharrt? — Verwürfet, verhurt, verfressen nnd versoffen hat er sie, als ob sein Magen eine Charybdis wäre. Doch hiervon schweige ich. LS. Wie aber sollte ich zu jenen Verhöhnungen der Bolksherrlichkeit, zu jenen Mordthaten schweigen, die er in der ganzen Stadt verübte? Oder erinnert ihr euch nicht mehr, wie verletzend schon der Anblick des Mannes, wie noch verletzender seine Thaten waren? Er — o Himmel und Erde! — war der Erste, der es wagte, innerhalb dieser Mauern, auf dem Markte, in der Curie und auf dem Capitel in pnr- pnrgestreiftem Rocke, mit dem Schwerte umgürtet, zu erscheinen und mit Lictvren und Leibwachen sich zu umgeben. Er, der alle von Andern veranlaßte Unruheii hätte stillen können, unterließ es, nnd störte eure Eintracht theils selbst, theils durch Andere. Er war dadurch, daß er bald der einen, bald der andern Partei half und sie unterstützte, hauptsächlich Schuld, daß Viele von euch umkamen, und daß nicht der ganze Pontus und die Parther gleich nach des Pharnaccs Beilegung unterworfen wurden. Seine Umtriebe waren es, welche Cäsar's Rückkunft, ohne jene Kriege, die er außerdem gewiß beendigt hätte, vollendet zu haben, nöthig machten. zo. Aber auch Dieß brachte ihn nicht zur Besinnung. Er, der Consul, versammelte Väter, erschien nackt und von 696 Cassius Dio's Römische Geschichte. Salben duftend — es waren ja die Lupercalien — auf dem Markte, trat hier mit den Victoren vor die Rednerbühne und unten stehend zu dem Volke; — Was, so lange Rom steht, kein Consul - doch was sage ich Consnl? kein Prätor, kein Volkstribun, kein Acdil jemals sich unterstanden. — Doch es war ja das Lupercalienfest und er der Vorstand desJulischen Pricstercollegs. Solches hatte ihn ein Sextus Clodius für die zweitausend Morgen im Leontinischen gelehrt. Aber du warst Consnl, sauberer Mann — ich will dich als gegenwärtig anreden — und es ziemte einem Beamten deines Ranges nicht, auf dem Markte, vor der Rednerbühne in unser Aller Gegenwart als Redner aufzutreten, um deinen wundervollen Wuchs, deinen gemästeten, unflätigen Körper zur Schau zu stellen, und aus deinem verruchten, duftenden Mnnde jene gräßlichen Reden zu stammeln. Dieß genüge Überbeinen Mund, um nicht noch Schlimmeres von ihm zu sagen. Die Lupercalien hätten sonst freilich der gebührenden Feierlichkeit entbehrt; du aber hast damit der ganzen Stadt ein Aergerniß gegeben! der Worte, die du gesprochen, will ich nicht einmal Erwähnung thnn. Wer weiß nicht, daß der Consul, als öffentlicher Beamter, überall seine Würde bewahren, nirgend sich, wie ihn die Natur schuf, dem Gespötte des Volkes blosstellen darf? Z1. Vielleicht aber wollie er dem alten Hvratius, der jungfräulichen Clölia nacheifern. Diese schwamm in voller *) Penzel glaubt nicht mit Unrecht, es werde hier auf die ir- ruminatio hingedeutet. 697 Fünf und vierzigstes Buch. Kleidung durch den Fluß; Jener aber warf sich mit den Waffen in die Tiber. Sollen wir nicht auch seinem Verdienst eine Bildsäule errichten ? Allerliebst wäre es, Beide, Jenen, der bewaffnet durch den Fluß schwamm, und Diesen nackt, auf dem Markte neben einander zu schauen. Jene, die unsere Freiheit retteten; Diesen, der, so viel an ihm war, sie uns raubte und die Bvlksherrschaft vernichtete; der uns einen Despoten statt eines Consuls, einen Tyrannen statt eines Dictators vor Augen stellte! Erinnert euch, Was er sprach, als er vor die Rednerbühne trat, Was er that, als er sie bestieg! Welcher römische Bürger und Consul hätte es je gowagt, einen Römer auf dem Römermarkte, vor der der Freiheit geweihten Rednerbühne, vor dem versammelte» Volke, in Gegenwart des gesammten Senats als König zu begrüßen und ihm unbedenklich das Diadem umzubinden und das Ganze vor euer aller Augen mit der Lüge zu besiegeln, daß wir selbst ihm so zu sprechen und zu thun befohlen hätten! Wer sich solcher Frevelthat vermaß, welche Ruchlosigkeit ist so groß, deren er sich nicht erfrechen sollte? Z2. Wir, Antonius, wir hätten dir solches anempfohlen? Wir, welche die Tarquinier verjagten, den Brutus in hohen Ehren hielten, den Capitolinus vom Felsen stürzten, den Spurius zu Boden schlugen? Wir sollten dir befohlen haben, Jemand als König zu begrüßen, die wir diesen Titel und wegen seiner den des Dictators mit ewigem Fluche belegten? Wir, die den Pyrrhus aus Italien verjagt, den Antiochus über den Taurus getrieben, das von Tyrannen unterdrückte Macedonien befreit haben? — Nein und nimmermehr! Wir 698 Casstus Dio'6 Römische Geschichte. schwören es bei den Fascen des Valerius °), bei dem Gesehe des Porcius °°*), bei der Hüfte des Horatius und der Faust des Scävola; wir schwören es bei der Lanze des De- cius j-) und dem Dolche des Brutus sch). Nur du, Niederträchtigster aller Niederträchtigen, nur du wandest dich flehend vor den Füßen des Drängers, um ihm als Sclave zu dienen — nein, was sage ich — um wie Postum,ins an die Sam- niten, wie Regnlus an die Karthager ausgeliefert zu werden, um dich, als ein zweiter Curtius, in den Abgrund stürzen zu dürfen! Sage, ich bitte dich, wo fandest du diesen Auftrag geschrieben? Etwa da, wo es stand, daß die Creter nach des Brutus Statthalterschaft frei sein sollten, über die wir ihn nach Cäsar's Tode zum Statthalter bestellt? 5Z. Ihr, die ihr seine schändliche Gesinnung so oft und bei wichtigen Anlässen offenkundig an den Tag gelegt sehet, ihr solltet ihn nicht bestrafen und warten wollen, bis ihr durch die That erfahret, Was der Mann bewaffnet wider euch zu thun wagt, der nackt so viel schon zu thun vermochte? *) Valerius war der Consul, der die Fasces vor dem Volke senkt«. Das xorcische Gesetz bestimmte die härtesten Strafen wider Denjenigen, welcher einen römischen Bürger tödten oder auch nur schlagen würde. 2") Horatius soll, über die Tiber schwimmend, von einem Pfeil- schuß an der Hüfte verwundet worden sein und davon ein« lahme Hüfte behalten haben. r) Decius stand, als er sich für das Heer dem Tode weihte, auf einer Lanze. sf) Hier bleibt unentschieden, ob der ältere öder der jüngere Brutus gemeint ist. 699 Fünf und vierzigstes Buch. Oder wähnet ihr, daß er nicht nach Alleinherrschaft strebe, daß er euch nicht zu seinen Füßen zu sehen wünsche, daß er sich eine Begierde aus dem Sinn schlagen werde, die schon so tief in seiner Seele liegt, daß er dieHoffnung, Monarch zn werden, aufgeben wolle, wofür er schon so viel gesprochen und gethan hat, ohne gestraft zu werden? Welcher Sterbliche, dessen Zunge, das einzige, dessen er Herr war, schon für einen Andere» so beredt gewesen, würde, wenn er kann, nicht auch für sich dasselbe zu erhalten streben? Wer sollte wagen, einen Andern zum Tyrannen über sein Vaterland und über sich selbst auszurufen, und nicht selbst auch Monarch zu werden wünschen? Z4. Wenn ihr auch damals seiner schontet, so werfet jetzt all' euer» Haß auf ihn, und wartet nicht, bis ihr durch die That erfahret, Was er euch thun will, wenn er die Oberhand gewinnt; lasset euch vielmehr seine bisherige Frechheit zur Warnung dienen, um euch gegen künftiges Unheil vorzusehen. Sage mir Keiner, daß Cäsar Lob verdiene, weil er den Königstitel und das Diadem ausgeschlagen! Ist nicht die Schuld des Antonius um so schwerer, daß er Cäsar'n anbot, Was dieser selbst nicht billigte? Tadelnswerth ist er, daß er nur so etwas anhören und mitansehen konnte. Wenn nun aber Jener darob mit Recht den Tod gefunden, wie sollte nicht Dieser, der aus seinem Streben nach Alleinherrschaft gar kein Geheimniß macht, mit allem Rechte den Tod verdienen? daß er darnach strebt, geht schon aus seinen vorerwähnten Handlungen, am augenfälligsten aber aus Dem hervor, was er nachher that. In welcher andern Absteht hätte er, da er doch ungefährdet in Ruhe hätte leben könne», 700 Cassius Dio's Römische Geschichte. immer neue Unruhen angefacht? Was bestimmte ihn, der ohne Gefahr hätte zu Hause bleiben können, neue Feldzüge zu unternehmen, in neueKriege sich zu stürzen? Wie kommt es, daß er, während Andere nicht in die ihnen durch das Loos zugefallenen Provinzen abgehen wollten, Gallien, das ihm nicht gebührt, an sich reißen will und dasselbe zur Unterwerfung zwingt? Wie kommt es, daß AntoniuS, während Decimus Brutus sich, seine Soldaten und die Städte zu unserer Verfügung stellt, nicht ein Gleiches that, und ihn vielmehr einschließt und belagert? Es ist nicht anders; Alles, was dieser Mann that und thut, ist auf unsere Unterdrückung abgesehen. 55. Wenn wir nun alles Dieß sehen, was zaudern wir, und lassen durch unsere Zaghaftigkeit diesen Mann zu unsrer Unterdrückung immer neue Kräfte sammeln? Wäre es nicht schändlich, wenn unsere Vorfahren, in Knechtschaft erzogen, nach Freiheit strebten, wir dagegen, die als freie Bürger gelebt, freiwillig unseren Nacken unter das Joch der Sclaverei beugen wollten; wenn wir der Herrschaft Cäsar's, der sich doch in mancher Beziehung um uns verdient gemacht hatte, gerne losgeworden sind, und nun »ns aus freiem Willen diesem Despoten in die Arme werfen wollten, der um so viel schlimmer ist, als Jener, in den Kriegen siegreich, Vielen das Leben schenkte, während dieser, ehe er noch znr Macht gelangt, dreihundert Soldaten und unter ihnen einige Centurionen unschuldig, in Gegenwart und vor den Augen seiner Gemahlin hinmordete, so daß derselben Gewand von ihrem Blute bespritzt wurde? Wenn er nun gegen Soldaten, deren 701 . Fünf und vierzigstes Buch. Zuneigung er doch hätte gewinnen sollen, also wüthete, haben wir Alle nicht das Aergste von ihm zu erwarten, wenn er vollends Sieger ist? Wird er, der sein ganzes Leben durch- schwelgt hat, wenn die Waffen ihm freie Hand lassen, nicht rede Mißhandlung sich erlauben? 38. Wartet daher nicht, bis ihr durch Schaden gewitzigt seid; vielmehr lasset unS selbst dagegen Vorkehr treffen. Schimpflich ist es, das Uebel, welches man abwenden konnte, anfangs nicht achten und dann zu spät bereuen. Ihr werdet doch nicht mit eurer Lage so wenig euch vorsehen, daß neue Eassius, neue Brutus nöthig werden. Lächerlich wäre es, den günstige» Zeitpunkt der Selbsthülse ungenützt zu lassen, and sich dann um neue Retter umzusehen; die wir vielleicht nicht einmal mehr finden werden, zumal da wir nnter den leyigen Umständen uns also benehmen. Wer wollte noch auf eigne Faust für die Erhaltung der Volksherrschaft etwas wagen wollen, wenn er steht, daß wir unS so bereitwillig in die Sklaverei ergeben? Daß aber Antonius hierbei nicht stehen bleibt, sondern in der Ferne und durch kleinere Vortheile gegen unS Kräfte sammelt, liegt am Tag. In keiner andern Absicht bekriegt er den DecimuS und belagert Mutina, als daß er durch diesen Sieg auch ihre Streitmittel gewinne und wider «nS selbst kehre. Denn sie haben ihm Nichts zu Leide gethan, -aß er sich zu rächen brauchte; die von ihnen zu erwartende Beute kann ihn unmöglich so' reizen, daß er ihretwegen solche Beschwerden und Gefahren besteht, ohne sich an dem Unsri- gen, das jene und noch vieles Andere anfwiegt, vergreifen zu «ollen. Sollen wir so lange warten, bis er durch diese und Dio Sassius. LS Bbchn, 6 702 Cassills Dio's Römische Geschichte. andere Vortheile zum gefährlichen Feinde erstarkt ist? Wollen wir seiner Lügenrede trauen, daß er es nicht auf die Stadt abgesehen habe? L7. Thöricht wäre es, die Frage, ob einer gegen uns Krieg führe oder nicht, aus seinen Reden und nicht aus seinen Handlungen beantworten zn wollen. Ich meines Theils habe nicht erst jetzt, da er aus der Stadt entwichen, gegen unsere Bundsgenoffen zu Felde gezogen ist, den Brutus angreift und die Städte belagert, seine feindseligen Gesinnungen gegen uns erkannt; nein, seine früheren Handlungen nack dem Tode und schon zu Lebzeiten Cäsar's, seine Schändlichkeiten , seine Verschwendungen haben mir die Ueberzeugung gegeben, daß er ein hinterlistiger Feind unserer Staatsverfassung und unserer Freiheit ist. Denn welcher Freund der Freiheit und Feind der Tyrannei hat je sich nur etwas von Dem erlaubt, waS er auf so vielfache und manchfaltige Weise gethan hat ? Er hat sich schon längst und auf alle Art als unsern Feind erwiesen. Unsere Lage ist jetzt die: Vrweh- wehren wir uns seiner aufs schleunigste, so wird auch das früher Versäumte wieder gut gemacht; unterlassen wir Solches und warten, bis er selbst sich als unsern Feind erklärt, so ist für uns Alles verloren. Denn Dieß wird er nicht thun, wenn er schon gegen unsere Stadt anrückt; wie es auch Marius, Cinna, Sylla nicht gethan; wenn er aber die Uebermacht erlangt hat, wird er sich dasselbe und noch Schlimmeres gegen uns erlauben. Denn anders spricht man noch fern von dem Ziele, nach dem man strebt, als man thut, wenn man es erreicht hat. Um seinen Zweck zn erreichen, erlaubt man sied jede Verstellung, und hat man ihn erreicht, jede Ausschweifung 70Z Fünf und vierzigstes Buch. Das früher schon Gewagte sucht man zu überbieten; denn das Gleiche erscheint, weil es schon früher geschehen, klein- licb; das Ungewöhnliche dagegen, als allein unser würdig, erhält, weil es auffällt, den Vorzug. 38 . Wenn wir dieß Alles durchschauen, versammelte Vater, so lasset uns nicht zaudern, nicht durch die augenblickliche Ruhe einschläfern, sondern für unsere künftige Sicherheit Fürsorge treffen. Wäre es nicht Schande, wenn Cäsar, der eben erst aus den Knabenjahren in das Jünglingsalter eingetreten, so für das Gemeinwesen sorgt, daß er zur Rettung desselben sein Erbtheil aufopfert nnd Soldaten wirbr, wir dagegen, unserer Pflicht vergessend, ihm keine Hülse leisten, obgleich wir thätliche Beweise seiner guten Geflnnung haben ? Denn Wer weiß es nicht, daß Antonius, wäre Jener nicht noch zeitig mit den Soldaten aus Campanien eingetroffen, sogleich von Brunduslum aus mit allen seinen Legionen wie ein Bergstrom über unsere Stadt hergestürzt wäre? Aber auch Dieß wäre Unrecht, wenn die Veteranen sich uns freiwillig, ohne ihr Alter und ihre im Kampfe für uns empfangenen Wunden in Bettacht zu ziehen, znm Dienste unter den jetzigen Umständen angeboten hätten, wir. aber den Krieg nicht bewilligen wollten, den Jene zum Voraus schon beschlossen haben; wenn wir hinter ihnen, die den Gefahren des Krieges entgegen gehen, zurückbleiben wollten, und sie zwar lobten, daß sle des Antonius verruchte Plane durchschauend, von ihm, dem Consul, abfielen, und zn Cäsar, d. h. durch ihn zir uns übertraten, aber Dem, was ihr lobenswerth findet, unsre förmliche Instimnmng versagte». Anch dem 6 - 704 Cassius Dio's Römische Geschichte. Brutus wissen wir Dank, daß er den Antonius anfangs nicht in Gallien aufnahm, nnd ihm jetzt, da er mit einem Heere gegen ihn anrückt, jeden Fuß breit streitig macht. Warum aber thun nicht auch wir ein Gleiches? Warum ahmen wir nicht den Andern »ach, deren Gesinnung unsern ganzen Beifall hat? 59. Für Eines von beiden müssen wir uns nothwendig entscheiden, entweder müssen wir erklären, daß Alle, Cäsar, Brutus, die Veteranen, die Legionen einen gesetzwidrigen Entschluß gefaßt haben, und Strafe verdienen, weil sie, ohne eine Verordnung von uns oder dem Volke abzuwarten, theils ihren Consul zu verlassen, theils sich zusammen zu thun und ihn zu bekriegen gewagt haben, oder erklären, daß AntoniuS auch von uns längst als Feind betrachtet worden sei und nach unser Aller Dafürhalten von uns allen zur Strafe gezogen werden müsse. Daß Dieß nicht nur gerechter, sondern auch doxtheilhafter für euch ist, darüber ist keine Frage. Antonius versteht weder selbst Etwas von Staatsgeschäften (wie könnte er auch, da er von einem Zechgelage zum andern, von einem Würfelspiel zum andern läuft), noch auch seiner Gesellen Einer, der in Betracht kommt. Denn er liebt nur Leute seines Gelichters und diese weiht er in alle seine Geheimnisse und Entschließungen ein. Zudem ist er, je größer die Gefahren sind, desto feigherziger, und traut selbst seinen besten Freunde« nicht;' lauter Eigenschaften, die für einen Feldherrn in dem Krieg nicht paffen. ^ 4«. Wer weiß nicht, daß er alle Leiden unseres Staates veranlaßt, und am wenigsten an den Gefahren Theil genvm- ^ men hat? Lange blieb er aus Feigheit in Brundusium, so s 705 Fünf und vierzigstes Buch. daß Cäsar, durch ihn eines Theils seiner Truppen beraubt, beinahe zu Fall gekommen wäre. Allen darauf folgenden Kriegen in Aegypten, gegen Pharnaces, in Afrika, in Hispa- nien wußte er sich zu entziehen. Wer weiß es nicht, daß er den Clvdius für sich gewann und ihn als Bolkstribiin zu den schändlichsten Dingen mißbrauchte, ihn aber doch mit eigener Hand umgebracht hätte, we»n ich sein 'Anerbieten hätte annehmen wollen? Den Cäsar, dem er in seiner Pro- prätur in Hispanien als Quästor zugetheilt war, dem er als Volkstribun trotz dem Widersprüche von uns Alle» beigestimmt , von dem er hierauf unermeßliche Geldsummen und Ehrenstellen im Uebermaß erhalten hatte, wußte er zur Begierde nach Alleinherrschaft zu verlocken, und deßhalb verhaßt zu machen ; Was die Hauptursachc von Cäsar's Ermordung ward. 41. Einmal äußerte er, ich hätte Cäsar's Mörder auf- gestistet. So thöricht ist der Mann, daß er mir durch seine Lügen solche Ehre andichtet. Zwar behaupte ich nicht, daß er Cäsar mit eigener Hand umgebracht (obgleich es ihm nicht sowohl an gutem Willen, als an Muth dazu gefehlt haben dürfte); aber ich behaupte, daß er ihn durch seine Handlungen ins Verderben stürzte. Wenn Einer Veranlassung znr gerechten Ermordung Cäsar's gegeben hat, so ist es Antonius, welcher ihn als König begrüßte, ihm das Diadem umwand und ihn selbst seinen Freunden verhaßt machte. Was habe ich mich über Cäsar's Tod zu freuen, ich, der, außer der Freiheit, keinen Genuß davon hat? Hat Antonius ihn hoch zu betrauern, er, der sein ganzes Vermögen an sich riß, der mit 706 Cassius Div's Römische Geschichte. seinen Papieren unsäglichen Unterschleif trieb und sich jetzt nm die Nachfolge in seiner Alleinherrschaft streitet? 42. Aber ich kehre wieder dahin zurück, von wo ich ausgegangen bin: Antonius besitzt Nichts, was ihn zum tüchtigen Feldherrn, zum Sieger machen könnte; auch sind seine Truppen weder zahlreich, noch znm Kampfe gewachsen. Die meisten und besten Soldaten haben ihn verlassen, und selbst seine Elephanten sind ihm abgeführt worden, und die andern sind auf nichts als Muthwillen und Plünderung der Bundesgenossen bedacht. Ein Beweis ihres Werthes ist, daß sie noch unter seinen Fahnen blieben; ihres Muthes, daß sie Mutina nach so langer Belagerung noch nicht eingenommen haben. Soviel von Antonins und seinen Spießgesellen. — Cäsar und Brutus mit ihren Leuten find ihnen a» sich schon überlegen; da Cäsar dem Antonius einen großen Theil seiner Soldaten abgeführt hat und Brutus ihm in Gallien den Zutritt verwehrt. Und wenn ihr ihnen noch unter die Arme greifet und eure Zufriedenheit dafür bezeuget, daß sie unaufgefordert schon so viel gethan, daß ihr ferner die von ihnen ergriffenen Maßregeln gut heißet, und für künftige die gesetzliche Ermächtigung gebet, sodann die beiden Consuln zum Kriege gegen ihn beordert: so wird die wahrscheinliche Folge hiervon sein, daß auch die bisher ihm Treugebliebenen ihn im Stiche lasse» Sollten sie aber bei ihm aushalten, dem vereinten Angriffe ihrer Gegner werden sie nicht gewachsen sein, und An- tvnius wird auf die Nachricht von cuern Beschlüssen entweder freiwillig die Waffen niederlegen und euch sich unterwerfen, oder in der ersten. Schlacht in eure Hände gerathen. Dahin gehet mein Rath; und wenn ich Consul wäre, so 707 Fünf und vierzigstes Buch. würde ich thun, Was ich früher gethan, als ich euch gegen die verrätherischen Plane des Catilina und des Lentulus, eines Spießgesellen von Antonius, vertheidigte. 4z. Wenn aber Einer von euch diese Vorschlage ganz geeignet findet, aber glaubt, man müsse noch vorher Gesandte an ihn schicken und nach Einholung seiner Erklärung, falls er die Waffen niederlege und sich uns unterwerfe, die Sache beruhen lassen, wenn er aber auf seinem Beginnen bestände, ihm förmlich den Krieg erklären (und ich höre, daß wirklich Einige darauf antragen wollen); so lautet dieser Rath dem Scheine nach allerdings sehr annehmlich, ist aber in der That für uns entehrend und für den Staat gefährlich. Wie sollte es euch nicht entehren, an Mitbürger Herolde und Gesandte zu schicken? Mit auswärtigen Feinden soll und muß man allerdings erst durch Herolde und Gesandte unterhandeln; verbrecherische Mitbürger aber muß man sogleich zur Strafe ziehen: vor Gericht, wenn man über sie abstimmen kann, wenn es aber nicht'angeht, mit den Waffen in der Hand, indem man sie bekriegt. Solche Leute sind euch, dem Volke und den Gesehen, sie mögen wollen oder nicht, zu Sclaven verfallen; sie dürfen nicht auf gleichem Fuße wie jeder Freie, sondern müssen wie entlaufen« Sclaven behandelt werden, ihr müßt sie, eurer Würde eingedenk, verfolgen und zur Strafe ziehen. 44. Ist es nicht arg, daß er unbedenklich euch Schaden zufügt, ihr aber euch noch besinnet, euch seiner zu erwehren? daß er, schon längst bewaffnet, Alles thut, was ein Feind nur immer thun kann, ihr aber mit Verordnungen und Gesandtschaften unnütz eure Zeit hinbringet? Daß ihr gegen 708 Cassius Dio's Römische Geschichte. »hn, der sich offene und thätliche Feindseligkeiten erlaubt, mit Worten und Redensarten zu Felde ziehet? Was erwartet ihr von ihm? daß er einmal euch Gehorsam leiste und euch Achtung bezeige? Eitle Hoffnung! Schon zu weit ist er gegangen, als daß er, wenn er auch wollte, mit euch als einfacher Bürger leben könnte! Wenn er unter gleichen Rechten als Bürger mit euch leben wollte, so hätte er sich von Anfang an nicht solcher Dinge vermessen, und wenn er auch aus Unbesonnenheit und Uebereilung so handelte, so wäre er gewiß sogleich von selbst wieder davon abgestanden. Nun er sich aber einmal über unsere Gesetze und unsere Verfassung hinweggesetzt und dadurch einiger Maßen Macht und Gewalt gewonnen hat, wird er nicht aus freien Stücken anderes Sinnes werden, und eueren Beschlüssen sich fügen. Nein, ihr müsset ihn mit denselben Waffen, womit er euch zu schaden gewagt, züchtigen. 45. Hier möchte ich euch vor Allem eine Aeußerung desselben ins Gedächtniß zurückrufen: nur Sieg könne euch retten. Diejenigen, welche euch zur Gesandtschaft rathen, möchten nur durch eure Zögerung den Muth der Bundsge- noffen schwächen, und dem Antonios indessen freie Hand lassen, den Decimus zu bezwingen, Mutina zu erobern und ganz Gallien sich zn unterwerfen, so daß ihr keinen Ausweg mehr hättet, als vor ihm die Segel zu streichen, ihm schöne Worte zu geben und euch zu Füßen zu legen. Nur noch Eines sei mir erlaubt, über die Gesandtschaft zu bemerken: Nie hat Antonius euch von Dem, was er vorhatte, in Kenntniß gesetzt, so daß ihr Dasselbe thun müßtet. Aus diesen und auS andern Gründen rathe ich euch, nicht zu zögern, keine Zeit 70S Fünf und vierzigstes Buch. zu verlieren und ihm so bald als möglich auf den Leib zu gehen, und gebe euch zu bedenken, daß mehr durch Benutzung des günstigen Zeitpunkts, als durch noch so große Kraftan- strengunge» gewonnen wird, und daß ich den Frieden (wenn Dieß wirklich Frieden wäre), bei dem ich immer eine bedeutendere Rolle spielte, der mir Reichthum und Ehre brachte, gewiß nicht aufopfern und zum Kriege rathen würde, wenn ich nicht glaubte, daß er dem Staatswohle förderlich wäre. 46. Dir, Calcnus, und den Andern, welche deines Sinnes sind, rathe ich, den Senat ruhig seine Entschließungen fassen zu lassen und nicht aus Rücksicht für Antonius an dem Gemeinwohle zu Berräthern zu werden. Mir ist es so zu Muthe, versammelte Vater: Folget ihr meinem Rathe, so hoffe ich Freiheit und Glück in eurer Mitte zu genießen; beschließet ihr anders, so ist mir der Tod erwünschter, als das Leben. Habe ich doch nie, wo es Freimüthigkeit, galt, den Tod gescheut (und deßhalb gelang mir auch so Vieles; und ihr beschlösset sogar, eine Ehre, die noch nie Einem ausser nach Kriegsthaten zu Theil ward, Opfer und Freudenfeste für Das, was ich in meinem Consulate that); jetzt aber fürchte ich den Tod am allerwenigsten. Der Tod käme nicht zu früh, zumal da ich schon vor so vielen Zähren Consul gewesen bin. Ihr erinnert euch, wie ich euch Dieß schon in meinem Consulate sagte, damit ihr mir, der ich selbst den Tod verachtete, desto folgsamer sein möchtet. Aber Furchtjvor einem Zwingherrn und Sklaverei mit euch wäre das größte Unglück meines Lebens. Dieß ist mir Unglück und Verderben Nicht blos für den Leib, sondern auch für die Seele und den 710 Cassius Dio's Römische Geschichte. Ruhm, der uns doch allein unsterblich macht; Tod für euch durch Freimuth in Rede und That gibt mir Unsterblichkeit. 47. Hütte Antonius so gedacht, so hätte er sich nicht solcher Dinge vermessen, sondern wäre lieber gestorben, wie sein Großvater, als daß er gleiche Gewaltthaten, wie dessen Mörder Cinna, verübt haben wurde. Cinna ist aber eben deßhalb, und wegen anderer Frevelthaten ermordet worden; und mich wundert, wie Antonius, der ihm in seinen Thaten nacheifert, nicht ein gleiches Ende fürchtet. Vom Großvater überkam er cin Erbtheil von Achtung; aber er verdient nicht, seiner Verwandten wegen geschont zu werden, da er weder in die Fußstapfen seines Großvaters trat, noch in seines Vaters Erbschaft eintreten mochte. Wer weiß nicht, daß er zu Lebzeiten Cäsar's und später, vorgeblich nach Anweisung der Papiere desselben, Vielen zur Rückkehr verhalf, seines Oheims aber nicht gedachte, aber seinen Spielbruder Lenticulus, den man wegen seiner Lnderlichkeit aus der Stadt gejagt, zurückkommen ließ. Ein Bambalio-), der wegen seines Spottnamens (Stotterer) in der Stadt bekannt ist, ist sein Busenfreund, seine nächsten Verwandten aber behandelt er auf die schon erwähnte Weise, als ob er ihnen grollte, daß er zu ihrer Sippschaft gehörte. Seines Vaters Erbschaft wollte er nicht antreten, aber diejenige vieler Andern, die er seine Lebtage nie gesehen, nie nennen gehört, obgleich fle bis auf den heutigen Tag noch leben. Diese hat er so rein ausgeplündert und ausgezogen, wie sie aus der Mutter Leibe kamen." H Bergt. XI.VI, 7 , und dort die Note. Inhalt des sechs und vierzigsten Buchs. Calenus vertheidigt den Antonius gegen Cicero. Cap. t —28. Antvnius wird von Cäsar und den Consuln bei Mutina geschlagen. Cap. 29 — 38. Cäsar kommt nach Nom und wird zum Ccmsul erwählt, Cap. 38-49. Cäsar. Antvnius und Lcpidus blinden sich. Cap. 50 — 56. Der Zeitraum begreift ein Jahr. in welchem folgende Cvn- suln waren: Bor Chr. Nach Erb. Roms. 4Z 711 Casus Vibius Pansa Capronianus und Aulus Hirtius. Sohn des Aulus. Sechs und vierzigstes Buch. 1. Nachdem Cicero also gesprochen hatte, erhob sich Qnintns Fusius Calenus und ließ sich folgender Maßen vernehmen : „Eigentlich will ich weder für Antonius, noch gegen Cicero sprechen; denn in Fällen, wie der gegenwärtige ist, geziemt sich, wie ich glaube, weder daSEijie, »och das Andere; vielmehr soll Jeder einfach seine Meinung sagen; da Jenes 712 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. vor die Richter, Dieses aber vor den Senat gehört. Weil aber Dieser den Antonins aus Privatfeindschaft in ein schlimmes Licht zu stellen suchte, statt ihn, wenn er Etwas verbrochen, vor Richtern gesetzlich zu belangen, und, als ob er blos in schamloser Begeiferung Anderer seine Stärke in der Beredsamkeit zeigen könnte, auch meiner auf eine ehremüh- rige Weise gedachte, so fühle ich mich aissgefordert, seine Anschuldigungen zu widerlegen und meine Beschwerde» dagegen vorzubringen, damit er nicht aus seiner Frechheit, wenn sie ohne Erwiederung bliebe, oder aus meinem Stillschweigen, das den Schein eines bösen Gewissens gäbe, Vortheil ziehe, und ihr euch, durch seine Rede getäuscht und seine Leidenschaftlichkeit gegen Antonins mit Rücksichten für das allgemeine Beste verwechselnd, zu nachtheiligen Entschließungen hinreißen lasset. 2. Er wollte damit nichts Anderes bezwecken, als daß wir, die Ruhe des Staates außer Augen setzend, aufs Neue uns in Bürgerkriege verwickeln. Dieß thut er nicht jetzt erst, sondern seitdem er an den Staatsgesckäften Tßeil genommen, unterließ er nicht, Alles unter einander zu werfen. Ist nickt er es, der den Cäsar mit Pompejus verfeindete, der eine Aussöhnung des Pompejus mit dem Cäsar hintertrieb? — der euch zu jenem Entschlüsse gegen Antonins vermochte, durch den Cäsar so erbittert wurde? — der den Pompejus zu dem Entschlüsse verleitete, Italien zu verlassen und nach Mace- dvnien hinüber zu gehen? — ein Schritt, der alle die nack- herigen Unfälle über uns brachte. Ist nicht er es, der den Clodius durch Milo, den Cäsar durch Brutus ermorden ließ? l Sechs und vierzigstes Buch. 713 der den Catilina wider uns unter die Waffen rief, und den Dell Lentulus »»gehört hinrichten ließ? lim- z. Sehr wundern müßte ich mich, wenn ihr, die ihr ver- jhn, jene Vorgänge in anderem Lichte betrachtend, zur Strafe b er gezogen, nun er das Gleiche wieder spricht und thut, auch der jetzt wieder ihm folgen wolltet. Sehet ihr denn nicht, wie -ruh- er nach Cäsar'S Tode, zu einer Zeit, da AntoniuS die Ange- An- legenheiten des Staates, was er selbst nicht läugnen kann, egen wieder in die beste Ordnung brachte, außer Landes ging, " i>e indem er unsre Ruhe nicht nach seinem Wunsche, nicht ihm gen, zuträglich finden wollte; auf die Kunde von neuen Wirren iehe, aber, Sohn und Athen Lebewohl sagte und wieder auf die den- Bühne trat? wie er jetzt den Antonius, gegen den er bis llge- jetzt Freundschaft geheuchelt *), schmäht und lästert; dem »gen Cäsar aber, dessen Vater er mordete, beistehen will, um, wenn das Glück es will, später auch über diesen herzufallen ? Treu- daß los und unruhigen Sinnes, wie er ist, hat er keinen Halt in steue sich, will er nur immer Alles durcheinander rühren und ver- erst, wirren, und dreht und wendet sich öfter als der Euripus, mco, zu dem er floh, womit er sich ja den Ehrennamen Ueberläufer nickt verdient hat, und will vvn euch haben, den zum Freunde Aus- oder Feinde zu haben, den ihm dafür zu erklären beliebt. der 4. Deßhalb nehmet euch in Acht vor diesem Manne. Er uirch ist ein Tausendkünstler, ein Zauberer; von fremdem Unglücke dem schwillt er auf und gedeiht; er lästert, zerrt und zaust wie ?ace- ein Hund an Einem, wenn man ihm auch Nichts zu Leide ,ach- ' den *) ö» Wirklich findet sich in einem Briefe >jeß? Cicero's an Antonius das Wort: -icis ^naoto^are te smern. 714 Casstus Dio'S Römische Geschichte. gethan; wenn aber Alles in Ruhe und Eintracht ist, verkümmert er und schwindet in ein Nichts zusammen. Denn Friede und Verträglichkeit im Staate lassen einen solchen Redner nicht gedeihen. Denn woher anders meint ihr, daß er sich bereichern, der große Mann werden könnte? Wie sollte ihm auch sein Vater» der Wäscher, der sich znm Trauben- und Olivenkelternn auf den Tagelohn verdingte, ihm Ahnen oder Schätze hinterlassen, er, der froh sein mußte, wenn er sich damit und mit Lumpenwaschen dnrchbrachte, und sich Tag für Tag und Nacht für Nacht mit der ärmlichsten Kost den Magen füllen konnte. Kein Wunder also, wenn er, unter solchem Getriebe aufgewachsen, Jeden, der mehr ist, tritt »nd walkt, und mit Lästerungen, die er in Werkstätten *) und auf der Gasse studirte, traktiren will. 5. Wenn du nun selbst auf solche Weise aufgewachsen, und nebst den Deinigen nicht einmal deine Blöße zu bedecken vermögend, Schafmist, Schweiuekoth und Menscheuunrath auflasest, wie erfrechst du dich, Schändlichster, einem Manne, der seiner Mkunft gemäß Hofmeister und Lehrer hatte, seine, Jugendjahre vorzurücken? ihm vorzuwerfen, daß er bei dem hergebrachten Feste, den Luperkalien, entblößt auf dem Forum erschien? Sage doch an, du, der aus Mangel die dem Vater in die Wäsche gegebenen Kleider, wie sie dir gerade unter die Hände kamen, anzogst, und dich vor Allen, die dir begegneten und ihr Eigenthum erkannten, ausziehen mußtest, sage an, Was er, der nicht bloß Priester war, sonder» die ?? Vielleicht ist es auch eine Uebersttzung des latein. sex->8tuln, dann bezeichnete es „Sclavenzwinger." 71L verkenn chen daß Wie rau- Ah- ocnn sich Kost mitritt n ") >se», .-cken rath nne, seine dem rum Va- un- dir itest, i die des Sechs und vierzigstes Buch. andern Priester anfuhren mußte, hätte thun sollen? — den Festanfzug nicht halten? das Fest nicht begehen? nicht nach hergebrachter Sitte opfern? sich nicht entblößen, sich nicht salben? — Za, sagst du, das mache ich ihm nicht zum Vvr- ivurs — aber daß er nackt aus das Forum kam, und so an das Volk eine Rede hielt. Du hast freilich in der Wäscherstube die Regeln des Anstandes so genau studirt, daß du jeden Verstoß dagegen sogleich auffinden und ihm voller Entrüstung darob einen Vorhalt machen kannst! 6. Doch über diese Dinge werde ich später noch das Nöthige sage» ; jetzt aber möchte ich den Mann noch besonders ins Verhör nehmen. Hast du nicht von fremdem Verderben dich genährt, in dem Unglücke deiner Umgebungen deine Schule gemacht, und deßhalb alles Das nicht gelernt, was einem Freien geziemt; sondern hast hier eine Bande gestiftet und sitzest auf der Lauer wie die Buhldirnen, bis Einer kommt und dir Etwas zu lösen gibt? Hast du nicht immer Leute an der Hand, die dir die Hasen in die Küche treiben? Weißt d» nicht überall auszuwittern, ob Einer bei dem Andern angestoßen hat, oder zu haben scheint, wo Einer den Andern haßt , einem Andern eine Grube gräbt? Sind diese nicht alsbald deines Beistands versichert? ziehst du nicht da-' von deinen Unterhalt ? Spiegelst du ihnen nicht auf gutes Glück hin Hoffnungen vor, indem du im Tagelohn den Sinn der Richter zu ihren Gunsten zu bearbeiten trachtest? Ist nicht immer nur Der dein Freund, der dir am meisten gibt, Feind hingegen Jeder, der keine Händel liebt, oder einen Andern als dich zum Rechtsbeistande nimmt? Thust du nicht, als ob du. Diejenigen, die du schon in deinem Garne hast, 716 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. nicht kemietest, und verwickelst sie in neue Fährlichkeite», und lächelst und liebäugelst, wie die Wirthin in der Wirthshausthüre, neuen Kunden entgegen ? 7. Um wie Vieles besser wärest du daran, wen» du ein Bambalio *) (wenn es je einen solchen gab) geworden wärest, als daß dn einGewerde wähltest, bei welchem du dieGerech- tigkeit feil geben oder den Ungerechten vertheidigen mußt? Und doch verstehst du dich auch darauf nicht so recht, obgleich du drei Jahre in Athen in der Lehre gewesen bist. Ich möchte wissen, w i e und woher das kommt. Trittst dn nicht zitternd vor die Richter, als müßtest du mit einem Gladiator kämpfen, schwatzest etwas her, das weder Kraft noch Leben hat, und trittst so wieder vom Schauplatz ab, ohne ein Wört- chen von all' den schönen Sachen, auf die du zu Hause dich eingeübt, zu Tage zu fördern, »och weißt du Etwas aus dem Stegreif vorzubringen. Wenn es darauf ankommt, Einem Etwas vorzuschwatzen und Hoffnungen zu machen, so überbietest du an Keckheit Jedermann; wenn's aber zum Treffen kommt, und es Nichts zum Lästern und Verläumden gibt, bist du der armseligste, der feigste Wicht. Glaubst du wohl, eS sei Jemand noch unbekannt, daß du keine der gepriesenen Reden, die du zum besten gegeben, so gehalten, sse vielmehr erst später schriftlich ausgearbeitet hast, wie die Töpfer unS ») Diesen Unname», der einen Stammler bezeichnet, hatte Cicero in seinen Philippischen Reden dem Schwiegervater des Antonius, Luintus Fadins, der ein Freigelassener war, vin- dicirt.. 6ic. küil. II, 2. Vergl. Dio, X1>V, 47. Der Sinn ist vielleicht: „Ss wäre besser für dich, du wärest ein ganz unberedter Mensch, ein Stammler geworden, als ein feiler Redner/' 717 Sechs und vierzigstes Buch. Feldherrn zn Fuß und zu Pferd aus Lehm zu formen pflegen? Wenn du es aber nicht zugeben willst, so erinnere dich, wie du bei deiner Rede gegen Verres, der väterlichen Kunst eingedenk, dick selbst mit Urin bezogest. Doch ich fürchte, ich mochte, wenn ich mich über deinen Charakter zn sehr in Einzelnheiten einlasse, thun, was unter meiner Würde ist. 8. Ich schweige also hiervon, und auch von der Geschichte mit Gabinius, gegen den du erst Ankläger anfstifte- test, und den du dann selbst so vertheidigtest, daß er verur- theilt wurde. Derselbe Fall ist es mit den Schmähschriften, die du gegen deine eigenen Freunde schreibst, bei welchen du deiner Niederträchtigkeit dir selbst so bewußt bist, daß du dir nicht getrauest, sie bekannt zn machen; und doch ist es schmählich, ja jammervoll, Das nicht läugnen zu können, was eingestehen zu müssen die größte Schande bringt. Doch ich übergehe Dieß, »m auf das Ändere zu kommen! Wir haben für die zweitausend Morgen Landes, die wir, wie du sagst, unsrem Lehrer im Lcontinischen gaben, nichts der Rede Werthes gelernt, wer sollt- aber Dem , was du gelernt, nicht seine Bewunderung zollen? Worin besteht Dieß? Du beneidest immer Den, der besser ist als du, stehst mit mißgünstigen Augen auf Den, der mehr ist, verläumdest Den, der dir vorgezogen wird, verlästerst den Mächtigern und hassest alle guten Bürger, heuchelst aber Freundschaft gegen Diejenigen, durch welche du eine Schändlichkeit auszuführen hoffest. Deßhalb hetzest du immer die Jüngeren gegen die Ael- tern auf, und wenn dir Einer einmal traut, so stürzest du Dio Cassius. 6s Bdchn.. - 7 71.8 Cassins Dio's Römische Geschichte. > ihn in Gefahren, um ihn sodann seinem Schicksale zu überlassen. v. Zum Beweise dient, daß du nie im Krieg oder Frieden Etwas gethan hast, was eines bedeutenden Mannes würdig wäre. Zn welchem Kriege hast du uns als Feldherr ^ znm Siege geführt? Welche Provinz haben wir unter deinem , Consulate erobert? Immer suchst du durch List die erste» Männer für dich zu gewinnen, ingeheim durch sie deine Absichten durchzusetzen, und überall zu schalten» wie du es für gut befindest; vor dem Volke aber schreist du mit schamloser Frechheit: Ich bin der Mann, der es allein gut mit euch meint, und wenn es hoch kömmt, noch Der und Der, die Andern alle aber sind eure Feinde; ich allein bin euer Freund, die Andern sind Verräther; und was der Prahlereien, durch welche du die Eine» erhebst und aufblähst, um sie dann im Stiche zu lassen, die Andern in Furcht setzest und zwingst, deine Freundschaft zu suchen, mehr sind, Wen» dann irgend Einer etwas Verdienstliches vollbringt, so eignest du dir den Ruhm davon zu, sehest dich an seine Stelle, indem du lauk^ verkündest: Ich hab' es ihm gesagt, Ich hab'ihn unterstützt, durch Mich ist das so geworden. Schlägt aber Etwas fehl, so ziehst du dich heraus und schiebst die Schuld auf die Andern, indem du sagst: War Ich Prätor, Gesandter, Eousul? So schimpfst du überall auf alle Welt, und glaubst, der Ruhm einer kecken Rede, der du den Schein der Freimüthigkeit gibst, sei mehr werth, als etwas Nützliches zu sagen, hast aber als Redner noch Nichts geleistet, das sich der Rede verlohnte. 719 Sechs und vierzigstes Buch. 10. Was im Staate verdankt dir seine Erhaltung, seine Verbesserung? Welchen wirklichen Verbrecher an dem Staate hast du je angeklagt? Welchen wirklichen Verräther hast du vor uns entlarvt? Um das Andere z» übergehen, so find die Verbrechen, welche du in diesem Augenblicke dem Antonins Schuld gibst, so schwer und so vielfach, daß keine Strafe hart genug sein könnte. Wenn du nun aber gleich anfangs sahest, daß er, wie du sagst, gegen uns frevelte, warum bist du nicht sogleich gegen ihn aufgetreten und hast ihn angeklagt? Ich! aber erzählst du uns erst, wie er als Bolkstribun die Gesetze mit Füßen trat, wie viel er als Rciterobrister verbrochen, wie viele Frevel er als Consul begangen, da du ihn doch sogleich über jede einzelne That zur verdienten Strafe hättest ziehen können, so daß dn als ächter Patriot erschienen wärest, und wir ihn ohne Nachtheil und Gefahr gezüchtigt hätten? Eines von beiden ist gewiß: entweder hattest du schon damals diese Ueberzeugung von seiner Handlungsweise und wagtest nicht, den Kampf für uns zu bestehen, oder du konntest ihn keines dieser Vergehen überführen, und verläumdest ihn jetzt ohne Grund. 11. Daß Dieß sich so verhält, will ich euch jetzt, versammelte Vätcr, im Einzelnen vor Augen legen. Antonius hat als Volkstribun Mehreres zu Gunsten Cäsar's vorgeschlagen. Das Gleiche thaten Cicero und Andere für Pom- pejus. Warum legt er nur Diesem zur Last, daß er Jenem Freundschaft hielt, und sagt Nichts von sich und den Andern, welche auf Seiten seines Gegners standen? Er verhinderte einen Beschluß, den man wider Cäsar fassen wollte. Dieser 7 * 720 Casstus Dio's Römische Geschichte. aber Alles, was man für ihn beschließen wollte. Er widersetzte sich (sagt Cicero) dem einstimmigen Willen des Senats! Für's Erste frage ich: Wie hatte ein einziger Mann solche Gewalt? und dann: Wenn alle Stimmen gegen ihn waren, wie dieser sagt, warum wurde er nicht auch bestraft? Er ! floh, er floh eiligst zu Cäsar. — Dann bist du, Cicero, neu- s lich auch nicht verreist, sondern geflohen, wie das erste Mal. So sei doch nicht so vorschnell, uns Allen deine Schande aufbürden zu wollen. Fliehen heißtDas, was du thatest, indem du deine Richter fürchtetest, und deine Strafe dadurch zum Voraus selbst gegen dich erkanntest. Aber freilich wurde deine Zurückberufnng feierlich beschlossen; wie und durch wen, will ich nicht untersuchen; kurz , sie wurde beschlossen, und du setztest eher keinen Fuß auf italischen Boden, als du den Beschluß in Händen hattest. Antonios aber reiste z» Cäsar, um ihm zu melden, WaS vorgefallen war, und kam zurück, ohne daß er eines Beschlusses bedurfte, und, Was noch mehr ist, vermittelte Frieden und Freundschaft zwischen ihm und Allen, die sich damals in Italien befanden, woran auch die klebrigen Theil genommen hätten, wenn d» sie nicht zur Flnctzt verleitet hättest. 12. Obgleich die Sache sich nun also verhält, wagst du dennoch mit der Behauptung aufzutreten, er habe den Cäsar gegen das Vaterland geführt, deiz Bürgerkrieg angefacht, und trage die hauptsächlichste Schuld an allen den Uebeln, die in dessen Gefolge über uns gekommen? Nicht ihn, dich trifft , die Schuld, der du dem Pompejns fremde Legionen und den Oberbefehl verschafftest, den Cäsar aber des ihm Gegebenen berauben wolltest, der du dem Pompejus und der. Consuln 721 Sechs und vierzigstes Buch. riechest, die Vorschläge Cäsar's von der Hand zu weisen und lieber die Stadt und ganz Italien zu verlassen; der du den Cäsar, selbst da er nach Rom kam, nicht sehen mochtest, sondern zu Pvmpcjus nach Macedonien davon liefest, aber auch Jenem Nichts halfest, sondern unbekümmert um Das, was geschah, später, als er im Unglücke war, nichts mehr von ihm wissen wolltest. So zeigte es sich denn, daß du ihm gleich Anfangs nicht in der Ueberzeugung von seiner gerechteren Sache halfst; sondern, nachdem du beide gegen einander gehetzt und Alles durcheinander geworfen hattest, aus sicherem Verstecke den Erfolg des Kampfes erlauert.est; die Partei des Unterliegenden, als hätte er deßhalb Unrecht, verließest, und zu dem Sieger, als hätte er die gerechtere Sache, übertratest. Und so bist du zu allen deinen anderen Untugenden auch undankbar, und bist nicht nur nicht froh, daß er dir das Leben schenkte, sondern kannst es ihm nicht verzeihen, daß er dich nicht auch zu seinem Reitervbristcn machte. jz. Wenn du nun alles Das wohl weißst, wie kannst du dich unterstehen, zu sagen, Antonins hätte nicht ein ganzes Jahr Reiterobrist bleiben sollen? — sei ja auch Cäsar nicht das ganze Jahr Dictator geblieben! Ob er nun Recht hatte, oder es nur notgedrungen that, gehört nicht zur Sache; so viel aber ist gewiß, daß es euch »nd dem Volke so gefiel. Diese fordere vor die Schranken, Cicero, wenn sie dieGesetze übertraten, nicht, beimJupiter, Diejenigen, welche von ihnen auf solche Weise ausgezeichnet wurden, und solcher Ehre sich würdig gemacht hatten. Wenn die damaligen Umstände uns nöthigten, von dem Gesetze abzugehen, was machst 722 Casstus Dio's Römische Geschichte. du eS jetzt dem Antvnius zum Verwürfe und widersprachest nicht damals, wenn du konntest? Du hattest eben Furcht, beim Zeus! Wenn du nun damals schwiegest, und für deine Feigheit Verzeihung ansprichst, wie soll Dieser, der dir vorgezogen wurde, seiner Verdienste wegen strafwürdig sein? I Wo hast du dieses Recht studirt? wo diese Rechtsgrundsätze ^ gelesen? 14. Aber er hat als Reiterobrist seine Gewalt mißbraucht. Wie so? Weil er die Güter des Pompejus kaufte. Wie viele Andere haben wie viel Gleiches gethan, ohne daß man Arges darin fände! Eben deßwegen werden ja Güter eingezogen, zum Verkauf ausgesetzt und öffentlich ausgerufen, Laß sich Käufer dazu finden mochten. — Aber man hätte des Pompejus Güter nicht verkaufen sollen. Da haben also wir gefehlt und ftnrecht gethan, sie einzuziehen; und um dich und uns von der Schuld loszusprechen: Cäsar war der Verbrecher, der es so befahl, und dem hast du bis jetzt nicht Schuld gegeben. Aber in diesem Punkte erscheint Cicero wirklich als aberwitzig. Zweierlei einander ganz entgegengesetzte Vorwürfe macht er dein Antonius. Einmal, daß er für die vielen Dienste, die er Cäsar» geleistet, viele Geschenke von diesem erhalten, und später mit Gewalt zur Bezahlung des Ertrags derselben angehalten wurde; sodann, daß er seines Vaters Erbschaft nicht einmal angetreten, und Alles, was er angekauft hatte, wie eine Charyddis stimmte, als Antonius noch keinen Soldaten hatte und euch j nicht im Geringsten einschüchtern konnte, so daß ihr das Staatswohl hättet außer Acht setzen können. Aber wenn du auch damals schwiegest, so sage jetzt znm mindesten. Was wir i unter jenen Umständen hätten Besseres zu thun vermocht? i — Die Legionen ohne Anführer lassen? Hätten sie sich nicht in Macedonien und selbst in Italien tausenderlei Ausschweifungen erlaubt? — einem Andern den Oberbefehl geben? — Wo hätten wir einen geeignetem und tüchtigern Mann als Antonius gefunden, als den Consnl, der das Staats- Nuder führte, der so eifrig auf die Erhaltung des innern Friedens bedacht war, der so viele Beweise seiner Vaterlandsliebe gegeben hatte? Etwa unter der Zahl von Cä- sar's Mördern? Aber diese fanden ja selbst in der Stadt keine Sicherheit. Oder einem ihrer Gegner? Diese beargwohnte man allgemein. Wer konnte sich an Ansehen, Wer an Erfahrung mit ihn -messen? Aber du wirst böse, daß nicht vor Allen auf Dich unsre Wahl gefallen ist! Aber welches Amt bekleidetest du damals? Was hättest du nicht Alles angefangen, wenn Waffen und Soldaten dir zu Gebote gestanden wären, da du als Consnl mit deinen auestudirten Spitzfindigkeiten, in denen allein du solche Meisterschaft zeigtest, schon so viel und so großes Unheil angerichtet hast? 26. Aber ich kehre darauf zurück, daß du zugegen warst, als diese Beschlüsse gefaßt wurden, und nicht widersprachst, sondern sogar mitbeschließen halfst, weil es so das Beste un- durchaus nothwendig war. Deine Zunge war dir uicht 735 Sechs und vierzigstes Buch. gebunden, du billst ja überall, wo es auch nichts zu bellen gibt. Du konntest dich doch nicht fürchten, denn wie solltest du dich vor dem nackten Manne scheuen, den du in den Waffen nicht fürchtest? Wie solltest du ihn, den einzelnen Mann, fürchten, den du mit so vielen Soldaten nicht fürchtest? Zumal da du dir so viel darauf zu Gute thust, daß du, wie du sagst, den Tod verachtest. Alles also wohl erwogen, welcher von den Beiden scheint euch der Schuldige? Antonius, der die ihm von euch verliehenen Gewalten gebraucht, oder Cäsar, der sich eigenmächtig mit Heeresmacht umgibt? Antonius, der in die ihm übertragene Provinz abgegangen, oder Brutus, der ihm den Eintritt in sie verwehrt? Antonius, der eure Bundesgenossen zwingen will, euern Beschlüssen sich zu fügen, ober Jene, welche den von euch zugesandten Statthalter nicht angenommen haben, sondern dem abgesetzten zugefallen sind? Antonius, der eure Soldaten zusammenhält, oder die Soldaten, welche ihren Feldherrn verlassen haben? Antonius, der keinen der ihm von euch untergebenen Soldaten in die Stadt geführt, oder Cäsar, der die Ausgedienten durch Geldversprechuugen wieder unter die Waffen rief? Nicht «in Wort glaube ich weiter darob verlieren zu müssen, um euch darzuthun, wie Antonius euern Befehlen immer aufs Genaueste nachgekommen, wie dagegen seine Gegner dafür, daß sie überall eigenmächtig handelten, Strafe verdienen. Ebendeßhalb habt ihr euch auch mit einer Soldatenhut umgeben, daß ihr ungestört über die vorwaltenden Umstände berathen könntet, nicht des Antonius wegen, der ja Nichts für sich gethan, euch in keinerlei Schrecken versetzt; sondern wegen Cäsar's, der gegen Antonius Truppen sammelte, «nd 736 Casfins Dio's Römische Geschichte. selbst in der Stadt sich mehr als einmal mit einer Schaar von Soldaten umgab. r7. Alles bisher Gesagte war nur Antwort auf Cicero, da er uns mit seinen ungerechten Beschuldigungen herausgefordert hat; denn sonst bin ich kein Freund von Feindseligkeiten, wie dieser, und mische mich nicht gern in Anderer Händel, woraus sich dieser eine Ehre zu machen pflegt. Mein Rath an euch, hei dem mich weder Vorliebe für Antonius, «och Verläumdnngssucht gegen Cäsar und Brutus, sondern Eifer für das wahre Wohl des Staates leitet, ist aber folgender: Ihr dürft, glaube ich, Keinen von Denen, welche gegenwärtig an der Spitze von Heeren stehen, euch zum Feinde machen, und nicht zu streng untersuchen, Was sie etwa bisher thaten, noch wie sie es thaten: denn unsre gegenwärtige Lage ist hierzu durchaus nicht geeignet; auf beiden Seiten stehen Mitbürger; wenn Einer unterliegt» so ist es ein Verlust für uns, und der Sieger erhebt sich auf unsere Kosten. Als Mitbürger also, als Freunde müssen wir sie, glaube ich, behandeln, wir müssen beiden Theilen befehlen, die Waffen niederzulegen und sich und ihre Legionen zu unserer Verfügung zu stellen. Wir dürfen Keinem von ihnen den Krieg erklären, und nachdem wir ihnen Solches entboten, sind die Folgsamen zu loben, die Widerspenstigen zu bekriegen. So will es das Recht und das gemeine Beste. Wir dürfen uns nicht übereilen, dürfen nicht vorschnell handeln, sondern wir müssen warten, und ihnen und den Soldaten Zeit zur Besinnung lassen, und tragen dann, wenn einmal Krieg sein soll, die Führung desselben den Consuln auf. 737 Sechs und vierzigstes Buch. 28. Dir aber, Cicero, rathe ich, nicht mit weibischer Frechheit hüitennach zu lästern und den Bambalio *) wieder zu spielen, nicht wieder Krieg anzufachen, und aus Privat- feindschaft gegen Antonius den Staat in neue Gefahren zu stürzen. Du wirst wohl daran thun, wenn du dich mit Antonius wieder versöhnst, mit dem du schon so riete Freundschaftsbeweise gewechselt hast. Wenn du ihm aber unversöhnlich zürnest, so sckone wenigstens unser, und störe nicht die Eintracht, die du uns früher so sehr empfohlen hast. Gedenk« jenes Tags, und jener Worte, die du in dem Tempel der Tellus zu uns sprachest, halte Etwas der Eintracht zu Gut, in deren Heiligthum wir gegenwärtig uns berathen, damit du dich nicht dem Verdachte aussetzest, daß auch jene Rede nicht aus reiner, sondern aus ganz anderer Gesinnung geflossen sei. Nur auf diesem Wege nützest du der Stadt und wirst dir den höchsten Ruhm erwerben. Glaube nicht, daß freche Rede Ruhm bringt oder vor Gefahren sichert. Rühme dich nicht weiter, daß du den Tod verachtest, und erwarte nicht, von uus darob gelobt zu werden. Denn Leute, welche solche Reden führe», beargwohnt und hasset Jedermann, weil man zu ihrer Unbesonnenheit sich jeglicher Uebelthat versehen muß. Don Wem man aber sieht, daß er sein eigenes Leben achtet, den lobt und preiset man, weil er nicht leicht einer That, die den Tod verdient, sich vermessen wird. Wenn dir die Rettung des Staates wirklich am Herzen liegt, so sprich und handle so, daß du dein eigenes Leben nicht verwirkst, und nicht uns mit dir ins Verderben stürzest." ") S. Cap. 7, 738 Cassius Dio's Römische Geschichte. 29 . Auf diese Rede des Calenus war Cicero im höchste» Grade aufgebracht: denn wenn er auch gegen alle Andern sich die zügellosesten, frechsten Reden erlaubte, so konnte er es doch nicht verwinden, wenn ihm von Andern mit gleichem Maße vergolten ward. Er brach, ohne auf die Lage des Staates weiter Rücksicht zu nehmen, in Schmähungen gegen Fufius aus, so daß durch seine Schuld vornehmlich jener Tag ohne irgend eine Beschlußnahme verstrick. Am folgenden und dritten Tage, nachdem Vieles hin und her gestritten worden, gewannen Cäsar's Freunde die Oberhand. Es wurde beschlossen , daß ihm eine Ehrensäule errichtet werden, daß er mit den gewesenen Quiistoren gleichen Rang als Senator haben, um die hvhercnAemter früher, als gesetzlich war, sich bewerben, und die den Soldaten, die er, wenn auch aus eigener Macht, doch zum Besten des Staates geworben habe, bezahlten Gelder zurückerhalten sollte; daß ferner seine Soldaten, auch die von Antonius zn ihm übergegangenen, von künftigem Felddienste befreit sein und sogleich Lündereien angewiesen erhalten sollten. An den Antonius schickte man Gesandte, die ihm den Befehl überbringen mußten, die Legionen und die Statthalterschaft über Gallien abzugeben, und nach Macedonien zu gehen. Seine Anhänger sollten innerhalb einer bestimmten Frist in die Stadt zurückkehren oder gewärtig sein, daß man sie als Feinde behandeln würde. Auch sollten die Senatoren, welche von Antonius Statthalterschaften in den Provinzen erhielten, diese abgeben und andere an ihrer Statt gesendet werden. Dieß wurde für jetzt beschlossen ; gleich darauf aber, ehe man seine Entschließung wissen konnte, erklärte man die Stadt in Gefahr und legte statt des 73S Sechs und vierzigstes Buch. Senatorenkleids den Kriegsrock an. Den Krieg gegen Anto- nius übertrug man den Consuln und dem Cäsar, mit dem Rang eines Prätors, und wies den Lepidus und den Lucius Munatius Plancus, der in einem Theile Galliens jenseits der Alpen Statthalter war, an, Denselben au die Hand zu gehen. zo. So wurde dem Antonius, der es ohnedieß aufKrieg abgesehen hatte, von Rom aus die Veranlassung zum Beginnen der Feindseligkeiten gegeben. Mit Vergnügen stützte er sich auf die Beschlüsse, machte vorerst den Gesandten Vorwürfe, daß man ihn nicht billig und gleich mit dem Knaben Antonios noch Gesandte schickte und Unterhandlungen anknüpfte, und nicht sogleich ohne vorherige Ankündigung de» Krieg erklärte, war ihm nicht erwünscht; besonders, als er hörte, daß die Consuln dem Antvnius in Privatbriefcn eine« gütlichen Vergleich anboten, und daß aufgefangene Briefe desselben an Senatoren, hinter ihm, diesen zugestellt worden waren und daß sie überhaupt den Krieg nicht mit Eifer betrieben, indem sie den Winter zum Verwände nahmen. Weil er aber allem Dem nicht näher auf die Spur kommen konnte, auch Jene sich nicht entfremden wollte, noch auch durch Ueber- redung oder Zwang sie dazu bringen konnte, so hielt auch er sich im Forum Coruelii ruhig in den Winterquartieren, bis er für Decimus zu fürchten begann. 38. Indessen hatte sich nämlich Decimus tapfer gegei Antonius gewehrt, und ließ auf die Vermuthung, dieser habe Leute in die Stadt geschickt, um seine Soldaten zu verführen, Alles, was in der Stadt war, zu einer Versammlung berufen, ') Das heutige Imola. Sechs und vierzigstes Buch. 745 und sodann, nach einer kurzen Rede an die Versammelten, ausrufen, daß jeder Soldat auf diese, jeder Unbewaffnete auf jene Seite (er wies Beides zugleich an) treten sollte. Auf diese Art entdeckte er die Leute des Antonius, welche, unschlüssig, wohin sie sich wenden sollten, vereinzelt stehen blieben, und ließ sie gefangen nehmen. Jetzt aber war er rings von Wällen eingeschlossen. Cäsar befürchtete nun, die Stadt möchte durch Sturm fallen, oder aus Mangel an Lebensmitteln sich ergeben, und drang bei Hirtius darauf, mit ihm gegen Antonius ins Feld zu rücken. Dibius betrieb nämlich in Rom «och Truppenanshebungen und ließ die von Antonius und seinen Anhängern bisher durchgeführten Gesetze für ungültig erklären. Sie brachen nun auf, nahmen Bononia, von seiner Besatzung verlassen, ohne Schwertstreich weg und trieben die Reiterei, die sich ihnen später widersetzte, in die Flucht, wurden aber durch den Mutina vorbeiffießenden Fluß und die daran aufgestellte Mannschaft an weiterem Vorrücken behindert. Sie wünschten nun, dem Decimus ihre Ankunft zu wissen zu thun, aus daß er nicht vorher sich ergeben mochte, und gaben ihm Anfangs von sehr hohen Bäumen Feuerzeichen. Als er diese aber nicht verstand, schrieben sie anf eine dünne Bleiplatte, die sie wie ein Papier zusammenrollten, einige Worte und übergaben sie einem Taucher, der sie bei Nacht überbringen mußte. Auf diesem Wege erfuhr Decimus ihre Ankunft und ihre Absicht, die Stadt zu entsetzen, und schrieb auf dieselbe Art an sie zurück, und so machten sie sich jetzt alle nöthigen Mittheilungen. 57. Als Antonius sah, Laß Decimus sich nicht ergeben wollte, ließ er seinen Bruder Lucius vor der Stadt zurück 746 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. und zog selbst gegen Cäsar und Hirtius. Als diese sich ihm in einem Lager gegenüberstellten, fielen mehrere Tage nacheinander kleine, nichts entscheidende Reiterscharmützel vor, bis die Gallischen Reiter, die Cäsar nebst den Elephanten aas seine Seite gebracht hatte, wieder zu Antonius überginge». Sie rückten mit den Andern aus dem Lager und jagten vor- ! aus, als wollten sie es allein mit den heranrückenden Feinde» ! aufnehmen, kehrten aber bald darauf nm, um auf die Nach- j folgenden, die sich dessen nicht versahen, loszustürzen, und - machten viele nieder. Hierauf geriethen aus beiden Lager» Soldaten, die Futter holten, aneinander, und als auch die Uebrige» ihren Leuten zu Hülfe kamen, entspann sich eine hitzige Schlacht und Antonius siegte. Hierüber aufgeblasen, griff er, auf die Nachricht von dem Anrücken des Dibius, die Feinde in ihren Verschanzungen an, um durch ihre Eroberung leichteres Spiel mit den Kommenden zu haben. W diese aber, eingedenk des erlittenen Verlustes und in Erwartung des Vibins, sich nur vcrtheidigungsweise verhielten und nicht gegen ihn aus dem Lager rückten, ließ er auch vor diesen einen Theil seines Heeres zurück, mit dem Befehle, denselben zuzusetzen, damit es den Anschein hätte, als ob er selbst noch zugegen wäre, und besonders darauf Acht zu habe», daß sie ihm nicht in den Rücken fielen. Nachdem er Liese Vorkehrung getroffen hatte, brach er Nachts in aller Stille gegen den von Bononia heranrückenden Vibius auf, legte «inen Hinterhalt und verwundete ihn, machte viele von dessen Soldaten nieder und schloß die Uebrigen im Lager ein. Auch hätte er dasselbe eingenommen, wenn er nur einige Zeit sie hätte einschließen wollen. Als er aber im ersten 747 Sechs und vierzigstes Buch. Angriffe nichts ausrichtete und befürchten mußte, Zeit zu verlieren und indessen gegen Cäsar und die ander» Gegner in Nachtheil zu kommen, so trat er den Rückzug an. tzirtius aber zog ihm, dem von dem doppelten Marsche und dem Kampfe erschöpften und nichts weniger als von Besiegten einen Uebcr- fall erwartenden, entgegen und gewann einen vollständigen Sieg. Denn als sie seinen Abmarsch erfuhren, blieb Cäsar zur Bedeckung des Lagers zurück, Hirtius aber eilte sogleich dem Antonius entgegen. ;8. Nach der Beilegung des Antonius wurden nicht nur Hirtius, sondern auch Vibius, obgleich er ein Treffen verloren, und Cäsar, obgleich er gar nicht in den Kampf gekommen, von den Soldaten und dem Senate als Imperatoren begrüßt. Ihren gefallenen Mitkämpfern wurde ein Be- gräbniß auf öffentliche Kosten und ihren Kindern oder Vatern jegliche Belohnungen, welche die Lebenden zu genießen gehabt hätten, von dem Senate zuerkannt. Zu gleicher Zeit hatte auch Pontius Aquila, einer von Cäsar's Mördern, jetzt Unterfeldherr des Decimus, den Titus Munatius PlancuS, der sich ihm entgegengestellt hatte, in mehreren Treffen besiegt; und Decimus zeigte gegen einen Senator, der zu Antonius übergegangen war, so wenig-Zorn, daß er ihm sogar sein Haus- geräthe und was er sonst noch in Mntina zurückgelassen hatte, nachschicken ließ. Diese Vorgänge machten die Lage des Antonius schwierig; auch einige vom Volke, die es früher mit ihm gehalten, fielen von ihm ab. Cäsar aber und Hirtius bekamen dadurch Muth, rückten vor des Antonius Lager und forderte» ihn zum Treffen auf. Er aber war noch zu bestürzt und rührte sich nicht; erst als er von Lepidus Verstärkung 748 Casfius Dio's Römische Geschichte. erhielt, gewann er wieder Muth. Lepidns hatte sich nämlich nicht deutlich erklärt, welcher Partei er diese Truppen schicke. Den Antonius, seinen Verwandten, liebte er, und doch wurde er von dem Senate wider ihn ausgeschickt. Dieß und die Absicht, sich auf beiden Seiten eine Zufluchtsstätte zu bereiten, ließ ihn dem Marcus Silauus keine bestimmten Befehle geben. Jener aber, der seine Gesinnung recht wohl kannte, stieß ungeheißen zu Antonius. Im Vertrauen auf diese Verstärkung, machte Antonius plötzlich einen Ausfall, wurde aber nach großen Verlusten auf beiden Seiten geschlagen und floh. 39. Bisher hatte Volk und Senat gewetteifert, Cäsar'n auszuzeichnen, so daß er sich zu der Erwartung berechtigt glaubte, unverzüglich auch zum Consul erwählt zu werden. Hirtius war nämlich bei der Eroberung rvm Lager des An- tvnius gefallen, Vibius aber nicht lange darauf an seinen Wunden gestorben; weßhalb man den Tod beider ihm, wegen der Begierde, denselben im Amte zu folgen, Schuld gab. Der Senat hatte, als es noch unentschieden war, wer Sieger bliebe, alle Vorrechte, die er früher gewissen Personen eingeräumt hatte, zurückgenommen. Obgleich Dieß dem Einen wie dem Andern galt, so wollte man doch damit dem künftigen Sieger Schranken sehen und alle Schuld auf den Besiegten schieben. So hatten, sie festgesetzt, daß Keiner mehr über ein Jahr einen Oberbefehl haben, Keiner allein die Besorgung des Getreidewesens und die Aufsicht über die Lebensmittel haben sollte. Als sie aber hörten, Was vorgefallen war, freuten sie sich über die Beilegung des Antonins, legten die Friedenstoga wieder an und feierten Dankfeste sechzig Tage lang; erklärten Alle, welche unter ihm dienten, für Sechs und vierzigstes Buch. 74S Feinde des Vaterlandes und zogen ihr, so wie auch deS An- toniuS Vermögen ein. 4». AuS Cäsar machten sie sich nicht mehr viel, sondern suchten ihn vielmehr niederzuhalten, indem sie Alles. waS er zu erhalten wünschte, dem DecimuL gaben und diesem nicht nur feierliche Opfer, sondern sogar einen Triumph zuerkann- kannten. Die Vollendung deS KriegeS, auch die Legionen, selbst die deS VibiuS wiesen sie ihm zu. Den Soldaten, welche mit ihm die Belagerung bestanden, wurden öffentliche Lob- spruche und Alles, waS den Leuten Cäsar'S früher verheißen worden war, obgleich sie Nichts zum Siege beigetragen, vielmehr demselben müßig von den Mauern herab zugeschaut hatten, zuerkannt. Dem in der Schlacht gefallenen Aquila ließ man eine Vhrensäule setzen, und die Summen, welche er zur Ausrüstung der Truppen des DecimuS aus eigenen Mitteln aufgewendet hatte, seinen Erben zurückerstatten. Ueber- haupt räumte man Alles, waS man bisher dem Cäsar gegen den AntoniuS zugegeben, jetzt den Andern wider diesen selber ein. Um ihm überhaupt, wenn er auch Unheil hätte stifte» wollen, die Möglichkeit zu benehmen, stellten sie ihm überall seine Feinde entgegen. Dem SextuS PompejuS war die Seemacht, dem MarcuS Brutus Macedvnien, dem CassiuS Syrien und der Krieg gegen Dolabella zugewiesen worden; gerne hätten sie ihm auch seine Legionen abgenommen, wenn sie nicht wegen der Ergebenheit seiner Soldaten den Beschluß zu fassen angestanden wären ; sie suchten sie also wenigstens untereinander und gegen ihn aufzubringen. Sie wollte» nicht Alle beloben und auszeichnen, »m sie nicht übermüthig j» Dio Eassius. 6s Bdch». 9 750 Cassius Dio's Römische Geschichte. mache», aber anch nicht alle »„belohnt lasse» und zurücksetzen, um sie nicht noch mehr zu entfremden und sie dadurch zu veranlassen, sich näher aneinander zu schließen. Sie gingen deßhalb den Mittelweg und lobten die Einen, die Andern nicht, erlaubten den Einen bei den öffentlichen Spielen Oel- zweigkränze zutragen, den Andern nicht; bewilligten den Einen je zweitausend fünfhundert Drachmen, den Andern , keinen Heller; indem sie dieselben dadurch gegen einander auf- ^ zubringen und so zu schwächen hofften. ! 41 . Die Ueberbringer dieser Botschaft wiesen sie nicht an Cäsar, sondern an die Soldaten selbst. Dieß fand er nun zwar sehr kränkend, wehrte jedoch den Abgeordneten dem Scheine nach nicht, ohne seine Beiziehnng mit dem Heere zu sprechen, bedeutete demselben aber, Jenen keine Antwort zu geben und ihn sogleich holen zu lassen. Er kam nun ins Lager und hörte mit ihnen die Botschaft an, wodurch er sie nur noch mehr für sich gewann. Die Vorgezogenen waren über ihre Auszeichnung nicht so erfreut, daß sie diese Behandlung, besonders auf Cäsars Winke hin, nicht auffallend gefunden ^ hätten. Die Zurückgesetzten ihrerseits waren auf die Andern ' nicht böse, schmähten aber die Absicht der Beschlüsse, wollte» ; in sich das ganze Heer beschimpft sehen und theilten Allen ^ ihre Entrüstung mit. Als man Dieß in der Stadt erfuhr, . gerieth man zwar in Furcht, ernannte ihn aber doch nicht zum Consul, wonach er vor Allem trachtete, gab ihm jedoch konsularischen Rang und das Recht, unter den gewesenen Konsuln zu stimmen. Da er Das aber nicht eben hoch anschlug, beschloß man, ihn zum Prätor höheren Ranges und sodann znm Cousul zu wähle». So glaubten sie weislich mit Sechs und vierzigstes Buch. 7Lt dem Jüngling, oder mit dem Knaben, wie man ihn gewöhnlich nannte, verfahren zu seyn. Gr aber war über die gauze Behandlung, besonders aber auch darüber, daß man ihn nur den Knaben nannte, höchlich erboßt, hielt nicht länger hinter dem Berge, sondern trat jetzt mit offener Gewalt der Waffen auf; mit dem Antonius aber leitete er in- gehrim Unterhandlungen ei». Auch versammelte er die ans der Schlacht Entflohene», die er selbst besiegt und der Senat für Feinde des Vaterlands erklärt hatte, um sich, und schalt vor ihnen oft und viel über Senat und Volk. 42. Als man Dieß in Rom hörte, betrachtete man ihn noch immer mit Geringschätzung; auf die Nachricht von der Vereinigung des Antonius mitLepidus aber begann man wieder, ihm den Hof zu machen, und übertrug ihm, da man seine Unterhandlungen mit Antonius nicht wußte, die Führung des Kriegs wider diese. Cäsar übernahm ihn auch, in der Hoffnung , auf solchem Wege eher Consul zu werden: denn er suchte theils durch Andere, theils auch durch Cicero seine Wahl durchzusetzen und erbot sich sogar, diesen als Mitconsul anzunehmen. Als seine Wahl aber auch so nicht gelang, so rüstete er sich zwar scheinbar zum Kriege, wußte es aber so einzuleiten, daß seine Soldaten wie aus freien Stücken auf einmal sich eidlich verbanden, gegen kein Heer, das unter Cäsar gedient, sich verwenden zu lassen, Was auf LepiduS und Antonius abgesehen war (denn der größte Theil ihrer Heere bestand aus solchen); Cäsar hielt daher mit seinen Rüstungen ein und schickte wegen dieses Vorfalls vierhundert von seinen Soldaten als Gesandte an den Senat. 9 2 752 Casstus Dio's Römische Geschichte. 4;. Dieß war der scheinbare Grund der Gesandtschaft) Hauptzweck aber war, die Auszahlung der ihnen zuerkannten Gelder und die Wahl Cäsar's zum Consul zu verlangen. Als man nun mit der Antwort zögerte, weil der Gegenstand reifliche Erwägung heische, so baten sie, natürlich auf Cäsar's Geheiß, um Begnadigung der Anhänger des Antonius, nicht weil sie solche besonders wünschten, sondern wohl um den Senat auf die Probe zu stellen, ob er sie gewahren würde, oder um offenbar Gelegenheit zu scheinbar gerechtem Unwillen zu haben. Als man ihre Bitte nicht gewährte (denn obgleich Keiner geradezu widersprach, so nahm man doch das von Vielen für Andere vorgebrachte gleiche Begehren zum Verwand, ihr Ansinnen als zu weit führend abzuweisen) so gaben sie ihren Unwillen laut zu erkennen und Einer von ihnen trat aus der Curie, kam mit seinem Schwerte zurück (sie waren untewaffnet eingetreten), schlug an dasselbe und sprach: „Wenn ihr dem Cäsar das Consulat nicht gebt, so wird es ihm Dieses geben!" Dem erwiederte Cicero: „Wenn ihr auf solche Weise für ihn bittet, so kann es ihm nicht fehlen!" Dem Cicero nun bereitete dasselbe fSoldatenschwert) °) den Tod. Cäsar abet tadelte die That des Soldaten nicht, nahm vielmehr Gelegenheit, sich über den Senat zu beschweren, daß sie vor ihrem Eintritt in die Curie die Waffen ablegen mußten, und von einem Senator gefragt wurden, ob sie von den Legionen, oder von Cäsar gesendet wären. Er entbot > daher eiligst den Antonius und Lcpidus (denn auch mit diesem § *) L«« eovro. Vielleicht heißt Dieß aber: „ auch dieses sWitz- wortj war mit Schuld am Tode des Cicero," 75S Sechs und vierzigstes Buch. hatte er sich wegen seiner Freundschaft mit Antonius abgefunden), er selbst aber rückte, als würde er von den Soldaten dazu genöthigt, mit dem ganzen Heere vor Rom. 4t. Auf ihrem Zuge tödteten sie einen Ritter und Andere, die sie für Kundschafter hielten, hausten übel auf den Gütern Derer, die nicht nach ihrem Sinne waren, und erlaubten sich unter diesem Verwände viele andere Ausschweifungen. Auf die Kunde von ihrem Anzug« sendeten sie ihnen, ehe sie näher an die Stvdt kamen, die Gelder, in der Hoffnung, sie dadurch zum Rückzüge zu bewegen. Als sie aber dennoch weiter heranrückten, ernannten sie den Cäsar zum Consul. Aber damit ward nicht mehr geholfen. Die Soldaten wußten ihnen dafür, daß sie es nicht aus freien Stücken, sondern gezwungen gethan, keinen Dank, sondern wurden, weil Jene sich hatten einschrecken lasse», nur noch übermüthiger. Durch diese Nachricht wurde der Senat umgestimmt und verbot ihnen, sich der Stadt zu näher»; sie sollten sich auf sieben hundert und fünfzig Stadien von ihr entfernt halten. Auch legten sie wieder die Fricdenstoga ab und übertrugen den Prätoren, auf die herkömmliche Weise, die Sicherheit der Stadt wahrzunehmen, besetzten auch sowohl die andern Posten als das Janiculum mit den Soldaten, die man in der Stadt hatte, nnd mit andern, die aus Afrika angekommen waren. 45. So lange Cäsar noch im Anzüge war, wurden diese Vorkehrungen getroffen, und Alles nahm in Rom einmüthig daran Antheil; da die Menge, ehe sie die Gefahr i» der Nähe sieht und erfährt, voller Muth zu seyn pflegt. Als er aber in der Vorstadt war, gerirth man in Furcht, und zuerst 754 Casstuö Dio's Römische Geschichte. traten einige Senatoren, sodann anch Diele aus dem Volke zu ihm über. Die Prätoren zogen nun von dem Zaniculum ab und ergaben sich ihm mit ihren Leuten. So sah sich Cäsar ohne Schwertstreich im Besitze der Stadt und wurde vom Volke zum Consul erwählt, nachdem zwei Proconsuln zum Behufe der Wahl ernannt worden waren : denn die Zeit ! war zu kurz, einen Zwischenkönig zu wählen, wie die herge- ^ brachte Sitte eigentlich heischte, zumal da viele Männer, ! welche die patricischcn Aemter bekleideten, abwesend waren, j Lieber wollte» sie die zwei Proconsuln, als die Consuln oon > dem Stadtprätor wählen lasten : Jene hatten ja weiter Nichts zu thu», als Comitien zu halten, und vermochten ihre Gewalt nicht wohl über diese auszudehnen. Alles dies; geschah unter Androhung von Waffengewalt. C sar aber erschien, um nicht den Schein zu geben, als wolle er seine Wahl erzwingen, nicht in der Versammlung, als ob man vor seiner Gegenwart und nicht vielmehr vor seiner Macht stell fürchtete. 46. So wurde er denn zum Consul erwählt und erhielt als Mitconsul (wenn man nicht lieber sagen sollte zum Legaten) den Qnintus Pedius. Darauf bildete sich Cäsar unendlich viel ein, daß er in so frühen Jahren (Was noch Keinem geglückt war) das Conslllat erkalten. Hierzu kam noch, daß ihm am ersten Tage der Comitien beim Hingang auf das Marsseld sechs Geier, und hierauf während einer Rede an die Soldaten andere zwölf zu Gesichte kamen. Er bezog Dieß auf den dem RomuluS gewordenen Vvgelflug und hoffte, wie er, Alleinherrscher zu werden. Jedoch war er noch so bescheiden, Dieß nicht sein zweites Consulat zu nennen, obgleich er vorher consularische Ehren erhalten hatte — eine 755 Sechs und vierzigstes Buch. Gewohnheit, die in der Folge in ähnlichen Fällen bis auf unsere Zeiten beobachtet wurde. Denn der Kaiser Severus verlieh zuerst dem Plautianus consularische Ehren, führte ihn in den Senat eiü, machte ihn zum wirklichen Consul, ließ ihn aber als z»m zweiten Male Consul ausrufen; und,seit diesem Vorgänge kamen mehrere Beispiele vor. Cäsar schaltete nun nach Willkür in der Stadt und vertheilte Gelder an die Soldaten so viel und aus welchen Mitteln früher vom Senate beschlossen worden waren, an die Andern zwar vorgeblich aus eigenen Mittel», im Grunde aber aus dem öffentlichen» Schatze, Damals bekamen denn die Soldaten aus diesem Grunde das Geld. Dieß mißverstanden Einige und meinten, alle mit den Waffen nach Rom kommende Legionen könnten jedes Mal die zweitausend fünfhundert Drachmen fordern. So machten sich denn auch szu unsrer Zeitj die Soldaten, welche znm Sturze Julian's mit Severus in die Stadt kamen, ihm selbst und uns so furchtbar, indem sie dieselbe Summe für sich in Anspruch nahmen. Severus fand sich dann, da die Andern nicht einmal wußten, Was sie forderten, mit zweihundert und fünfzig Drachmen mit ihnen ab. 47. So belohnte denn Cäsar die Soldaten mit Geldgeschenken und wußte ihnen noch vielen aufrichtigen Dank. Denn ohne ihren Schutz getraute er sich nicht einmal in den Senat zu gehen. Dem Senate dankte er auch, aber nur verstellt und geheuchelt, indem er Das, was er ihnen mit Gewalt abgedrungen hatte, gleich als hätten sie es von freien Stücken ihm bewilligt, als Wohlthat anzusehen schien. Jene aber rühmten sich Dessen, als hätten sie es freiwillig gethan, und gaben ihm, den sie anfangs nicht einmal zum Consul 756 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. wählen wollten, nun nach niedergelegtem Amte, so oft er beim Heere wäre, den Rang vor allen andern Coniularen; ihm, den sie früher mit schwerer Verantwortung bedrohten, weil er eigenmächtig Truppen geworben hatte, trugen sie jetzt auf, noch weitere aufzubringen; ihm, zu dessen Demüthigung und Unterdrückung sie dem Decimns den Krieg gegen Anto- nius aufgetragen, wiesen sie nun selbst des Decimns Legionen zu und gaben endlich die Stadt in seinen Schutz und ihm die gesetzliche Vollmacht, zu thun, Was ihm beliebte. Er wurde jetzt förmlich in die Familie der Cäsar» adoptirt »nd veränderte daher auch seinen Namen. Zwar nannte er sich auch schon früher Cäsar, wie Einige glauben, weil er vermöge der Erbschaft ei» Recht auf diesen Namen hätte: doch führte er weder den vollständigen Namen, noch bei Allen, bis er ihn nach hergebrachter Sitte bestätigt erhielt; und so ward er denn seitdem Cajus Julius Cäsar Octavianus benannt. Denn es ist gewöhnlich, daß der Adoptirte den vollständigen Namen seines Adoptivvaters annimmt, aber einen seiner bisherigen Namen, nur Etwas verändert, beibehält. So verhält es sich denn; ich aber werde ihn nicht Octavianus, sondern Cäsar nennen, weil diese Benennnng bei allen Regenten Rom's aufgekommen ist. Er erhielt zwar auch noch den weiteren Namen Äugn stus, den sich eben deßhalb auch die späteren Römischen Selbstherrscher beigelegt haben. Ich werde desselben aber erst erwähnen, wenn mich die Geschichte darauf führt. Bis dahin wird der Name Cäsar den Octavianus genau genug bezeichnen. 49. Sobald nun Cäsar die Soldaten an sich gefesselt und den Senat sich dienstbar gemacht hatte, ließ er es sein« 757 Sechs und vierzigstes Buch. Aufgabe seyn, die Ermordung seines Vaters zu rächen. Weil er aber befürchten mußte, den Pöbel dadurch aufzubringen, ließ er seine Absicht nicht eher ruchbar werden, als bis er sein Vermiichtniß unter demselben ausgetheilt hatte. Sobald er diesen durch die Gelder, welche zwar aus dem Staatsschätze flössen und für die Kriegsbedürfnisse aufgebracht waren, für sich gewonnen hatte, begann er die Verfolgung der Mörder seines Vaters. Damit eS aber den Schein hätte, als schreite er nicht willkürlich, sondern gesetzlich gegen sie vor, veranlaßte er ein eigenes Gesetz über die Untersuchung der Sache und setzte Gerichte selbst gegen die Abwesenden nieder. Die meisten waren nämlich nicht in der Stadt, einige sogar Statthalter in den Provinzen, die anwesenden aber stellten sich aus Furcht nicht, sondern machten sich heimlich davon. Wegen Nichterscheinens wurden nicht nur die Mörder Cäsar's und ihre Mit- verschworenen, sondern auch viele Andere verurtheilt, die nicht nur keinen Theil an der Verschwörung genommen hatten, sondern damals nicht einmal in der Stadt zugegen waren. Hauptsächlich war es damit auf Sextus Pvmpejus abgesehen, welcher, obgleich ganz unschuldig an dem Morde, dennoch, weil er sein Feind war, dem Verdammnngsurtheile anheim fiel. ES wurde die Reichung von Feuer und Wasser an sie untersagt und ihr Vermögen eingezogen. Nicht nur diejenigen Provinzen, welche einige von Cäsar's Mörder», inne hatten, sondern auch alle übrigen wurden an Cäsar's Freunde vergeben. 49. Unter diesen Schuldigen war auch der Volkstribu» Publius Servilius Casca. Weil dieser sich zu Cäsar nichts Gutes versah, hatte er sich noch vor dessen Einzug aus der 758 Cassius Dio's Römische Geschichte. Stadt entfernt und war in einer ron dem Mittribun Pub- lius Titius berufenen Volksversammlung, wegen seiner gesetzwidrigen Entfernung seines Amtes entsetzt und deffenunerachtet unter den Schuldigen aufgeführt worden. Dieser Titius aber bestätigte durch seinen bald darauf erfolgten Tod die von je her eingetroffenc Erfahrung, daß Keiner, der den Amtsgenossen stürzte, das Jahr überlebte. So starb Brutus kurz nach Collatins Entfernung von dem Consulate; Gracchus wurde bald nach der Absetzung deö Octavius umgebracht; und Cinna, der den Marnllus und den Flavius vom Amte gesto- ren, ging auch bald darauf zu Grunde. Dieß traf nun auf die beobachtete Weise ein. Gegen Cäsar's Mörder traten viele Ankläger auf, theils um seines Sohnes Gunst zu erlangen, theils aus andern Gründen: denn sie erhielten nicht nur Geld von dem Vermögen der Verurtheilten, sonder» auch die Würde des Mörders und sein Amt, wenn er eines bekleidete, und überdieß Befreiung vom Kriegsdienste für sich und ihre Söhne. Von den Richtern stimmten die meisten aus Gunst oder aus Furcht vor Cäsar wider sie, indem sie immer noch einen Schein von Recht für sich zu gewinnen suchten. Einige jedoch gaben als Grund der Verurteilung das für die Bestrafung derselben erlassene Gesetz, oder die Nöthigung durch Cäsar's Waffen an. Ein Senator, Sulpi- eius Corona, sprach den Mareus Brutus geradezu frei, rühmte sich dessen selbst und ward von Andern ingeheim darob gelobt: dem Cäsar aber gab er Gelegenheit, sich das Lob der Milde zu verdienen, daß er ihn nicht augenblicklich dafür umbringen ließ. Später aber stand er mit auf der Aechtungsliste und büßte mit dem Leben. 759 Sechs und vierzigstes Buch. 5». Nach diesen Vorkehrungen in der Stadt zog Cäsar, wie er vorgab, gegen Lepidus und Antonius ins Feld. An- tonius hatte nämlich nach seiner Flucht, da ihn weder Cäsar, wegen der Uebertragung des Kriegs an Decimus, noch Decimus, nm den Cäsar nicht von seinem Gegner zu befreien, verfolgte, alle aus der Schlacht Entkommenen, soviel er deren auftreiben konnte, nm sich versammelt, und war mit ihnen zu Lepidus gestoßen, der bereits im Begriffe stand, zufolge eines Senatsbeschlusses in Italien einzurücken, nun aber Gegenbefehl bekam, zn bleiben, wo er war. Als nämlich der Senat des Silanus Uebertritt zu Antonius erfuhr und befürchtete, Lepidus und Lucius Planens möchte» sich gleichfalls zu Antonius schlagen, so entboten sie ihnen, daß der Staat ihrer Hülfe nicht mehr bedürfe. Um sie aber nicht mißtrausch zu machen und dadurch zu feindlichen Schritten zu verleiten, trug man ihnen auf, für die aus Vienna im Narbvnesischen Gallien von den Allobrogern Vertriebenen, welche sich an dem Zusammenflüsse des Rhodanus nnd Arar niedergelassen hatten, eine neue Stadt anzulegen. Sie blieben also wirklich in Gallien und bauten die damals Lugndunnm, jetzt sugdnnnm genannte Stadt; nicht als ob es nicht auch ihnen ein Leichtes gewesen wäre, mit gewaffneter Hand in Italien einzudringen, wenn sie gewollt hätten: Denn die Senatsbeschlüsse hatten bei Denen, welche über Waffengewalt verfügen konnten, schon alle Kraft verloren. Sie wollten aber lieber den Ausgang des Kriegs mitAntonins abwarten, *) Saone. *») Lyon. 760 Cassius Dio's Römische Geschichte. indem sie den Schern des Gehorsams gegen den Senat für sich wahrten, und mittler Weile ihre eigen« Macht verstärken. 51. Lepidus machte demnach dem Silanns Vorwürfe über seine Gemeinschaft mit Antonius; anch ließ er ihn, da er zu ihm kam, nicht sogleich vor sich, sondern beklagte sich auch schriftlich gegen den Senat über ihn; so daß er darüber belobt wurde und die Führung des Kriegs gegen ihn erhielt. Während dieser Zeit näherte er sich dem Antonius nicht, noch wehrte er ihn ab, nahm auch keine Kenntniß davon, wenn er in der Nähe war und mit den unter ihm stehenden Soldaten verkehrte; er selbst aber kam nicht mit ihm zusammen. Als er aber erfuhr, daß Jener im Einverständnisse mit Cäsar sei, so trat auch er ihnen bei. Zwar versuchte sein Legat Marcus Juventius auf die Kunde davon, anfangs ihn abzuhalten , als er aber Nichts ausrichtete, so stieß er flch im Angesichts des Heeres das Schwert in die Brust. Ihm erkannte der Senat Belobung, eine Ehrensäule und Begräbniß auf Staates Kosten; den Lepidus aber erklärten sie für einen Feind des Vaterlandes und schafften seine Bildsäule, welche an der Rednerbühne stand, weg; auch bestimmten sie seinen Anhängern eine Frist, vor deren Ablauf sie ihn verlassen mußten, wofern sie nicht als Feinde des Vaterlandes behandelt werden wollten. Auch nahmen sie wieder das Kriegsgewand (denn unter Cäsar's Consulat hatten sie wieder die Friedenstoga angelegt) und entboten Marcus Brutus, Cassius und Sexius sss>vmpejns) dem Vaterland« zu Hülfe. Da aber Jener Ankunft sich verzögern mußte, übertrugen sie dem Cäsar, dessen Verbindung mit Jenen sie noch nicht wußten, die Führung des Krieges. 761 Sechs und vierzigstes Buch. 52. Cäsar übernahm zwar dem Scheine nach den Krieg, obgleich er seine Soldaten zu der schon berichteten eidlichen Erklärung veranlaßt hatte. Er machte auch keine ernstliche Anstalt dazu; nicht sowohl, weil er mitAntonius und wegen seiner mit Lepidus gemeinschaftliche Sache gemacht: denn Dieß war seine geringste Sorge, sondern weil er sie mächtig und als Verwandte in Uebereinstimmung handeln und Beiden sich nicht gewachsen sah. Auch hoffte er, Cassius und Brutus, die gleichfalls schon sehr mächtig geworden waren, durch sie zu bewältigen und dann Jene, den Einen durch den Andern, zu bezwingen. Deßwegen blieb er, selbst gegen seinen Willen, den eingegangenen Verpflichtungen gegen sie getreu und leitete eine Versöhnung derselben mit dem Senat und dem Volke ein, that aber nicht selbst dafür Schritte, um sein Verhältniß zu Jenen nicht zn verrathen, rückte vielmehr inS Feld, als wollte er sie bekriegen. Qnintns fPediusf aber mußte, wie aus eigenem Antriebe, den Antrag machen, ihnen zu verzeihen und sie nach Rom zurückzurufen. Sie wollten aber nicht eher darauf eingehen, bis man sich darüber mit Cäsar, als hätte dieser nicht darum gewußt, verständigt und dieser, scheinbar ungern und nur von den Soldaten gezwungen, eingewilligt hatte. 5L. Während dieser Vorgänge rückt« Decimus Brutus aus, um den Kampf gegen sie zu beginnen und hatte auch den Lucius Plancus, der aufs nächste Jahr zu seinem Amts- genoffen im Consulate bestimmt worden war, auf seine Seite gebracht. Als er aber sein« eigene Verurtheilung und die Aussöhnung Jener erfuhr, so wollte er gegen Cäsar zu Felde ziehen, wurde aber von Plancus, der zu Lepidus und Antonius 762 Cassius Dio's Römische Geschichte. übertrat, im Stiche gelassen, und beschloß nun, Gallien auszugeben und unverzüglich zu Lande durch Illyrien zu sMar- cusf Brutus sich zu begeben, schickte auch zu dem Ende, während er die nöthigen Vorkehrungen traf, einige Soldaten voraus. Als aber auch diese sich für Cäsar erklärten und Lepidus und Antonius den Andern nachrückten und sie durch Kameraden auf ihre Seite brachten, so wurde er, ganz verlassen, von einem Feinde gefangen genommen, und ergoß sich, als er den Tod vor Augen sah, in Jammer und Wehklagen über sein Geschick, bis sein Freund und Kampfgenosse Helvius Dlasio sich selbst vor seinen Augen tödtetc; worauf denn auch er sich den Tod gab. 51 . Antonius und Lepidns ließen nun in Gallien ihren Legaten zurück und eilten selbst nach Italien zu Cäsar, indem sie jedoch den größten und kräftigsten Theil des Heeres mit sich nahmen. Denn sie trauten ihm noch nicht ganz und wollten von ihm keine Wohlthat, vielmehr sich selbst und ihrer Macht, nicht ihm, ihre Straflosigkeit und Rückkehr zu verdanken haben, sie hofften ferner den Cäsar und die Andern in der Stadt durch die Gegenwart ihrer Heere zu Allem, was sie wollten, zwingen zu können. Mit die en Gesinnungen zogen sie durch die Provinz wie durch Freundesland; sie litt aber wegen der Menge und Zügcllosigkeit der Soldaten nicht weniger, als wenn Krieg gewesen wäre. Ihnen kam Cäsar mit starker Truppenmacht bei Bononia entgegen, wohlgerüstet sich gegen sie zu wehren, falls es zu Feindseligkeiten kommen sollte. Doch war es ihnen damals nicht «it dem Kriege gedient. Obgleich sie nun einander tödtlich haßten, so heuchelten sie doch, da ihre Etreitkräft» einander gleich Sechs und vierzigstes Buch. 763 waren und sie an ihren andern Feinden durch gegenseitige tzülfleistung sich zu rächen hofften, Uebereinstimmnng. 55. Sie traten nun zur Unterhandlung zusammen, nicht allein, sondern von einer gleichen Anzahl Soldaten begleitet, auf einer kleinen Insel, die der Fluß bei Bononia bildet, so daß kein Anderer sich ihnen nahen konnte. Hier gingen sie in ziemlicher Entfernung von ihren Begleitern auf einander zu und hielten, nachdem sie einander durchsucht hatten, ob Keiner einen Dolch bei sich führe, eine Weile eine leise Besprechung, deren Endergebniß war, daß sie sich zur Sicherung ihrer Alleinherrschaft und zur Vernichtung ihrer Feinde verschworen. Damit es aber nicht den Schein hätte, als wollten sie eine förmliche Oligarchie errichten, wodurch sie Haß und Widerstand von Seiten der Andern hervorrufen mußten, so wurden sie über Folgendes einig. Alle drei wollten sich zur Ordnung und Verwaltung der Staatsgeschäfte, nicht auf immer, sondern nur auf fünf Jahre ernennen lassen, und Alles thun, ohne Volk oder Senat zu fragen, auch die Aemter und Ehrenstellcn, wie es ihnen beliebte, vergeben. Damit es aber nicht schiene, als wollten sie gar Alles sich zueignen, sollte Cäsar beide Africa, Sardinien und Sicilien, Lepidus ganz Spanien und das Narbonesische Gallien, Antonius aber das übrige Gallien diesseits und jenseits der Alpen zur Statthalterschaft bekommen. Jenes hieß Gallia Tvgata, weil es für friedlicher als die übrigen Theile Galliens galt und bereits die Römische Toga angenommen hatte; dieses aber Gallia Comata, weil seine Einwohner das Haar sehr lang wachsen ließen und sich dadurch vor allen Anderen auszeichneten. 764 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. 56. Diese Vertheilung sollte ihnen die wichtigsten Provinzen sichern mid das Ansehen geben, als ob sie nicht Alles für sich haben wollten. Sie bestiinmre» noch weiter, sie wollten alle ihre Feinde umbringen, Lepidus sollte an des Deci- mus Stelle Consul werden und Rom und das übrige Italien bewachen; sie sOctavian und Antonius) aber wollte» gegen Brutus und Cassius zu Felde ziehen. Nachdem sie sich olles Dieses eidlich zugesichert hatten, riefen sie ihre Soldaten zusammen, damit sie Augen- und Ohrenzcugen ihres Vertrages würden, und trugen ihnen Alles vor, was sie dieselben wissen zu lassen für schicklich und rathsam hielten. Die Soldaten schlugen, natürlich auf des Antonius Veranlassung, vor, daß Cäsar mit der Tochter Fulvia's, des Antonius Gemahlin, die sie von Clodius hatte, obgleich er schon verlobt war, sich vermählen sollte. Cäsar wieß Dieß nicht von der Hand: denn er sah in dieser Heirath kein Hinderniß, seine Plane gegen Antonius durchzuführen; hatte er ja gesehen, wie auch sein Vater Cäsar sich durch die Bande der Verwandtschaft nicht stören ließ, gegen Pompejus, Was er wollte, ins Werk zu setzen. Griechische Prosaiker in neuen Übersetzungen. Herausgegeben von G. 8. F. Tasei, Professor zu Tübingen, C. N. v. Osiander und G. Schwab, Professoren zu Stuttgart. Hundert siebenundsechsz^igstes BLndcheu. Stuttgart, Verlag der I. B. Mehler'schcn Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mörschner und Iasper in Wien. 1 8 3 7 . Cassius Dio's Römische Geschichte, überseht von v. Leonhard Tafel, Oberreallehrer an dem Gymnasium zu Ulm. Siebentes Bündchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Mrhle r'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mvrschner und Iasper in Wien. i 8 r 7. Cassius Dio's Römische Geschichte. Inhalt des sieben und vierzigsten Buchs. Cäsar. Antonius und Lexidus kommen nach Nvm und lassen Diele hinrichten. Cap. 1 —19. Was Brutus und Cassius vor der Schlacht bei Philipp! thaten. Cap. 2V —38. Wie Brutus und Cassius von Cäsar besiegt werden und sterben. Cap. 37 — 48. Der Zeitraum begreift den Rest des Consulats von Casus Wbius Pansa und Aulus Hirtius und ein weiteres Jahr, in welchem Folgende Consuln waren: Bor Chr. Nach Erb. Roms. 42. 712. Marcus AemiliuS Lepidus zum zweiten Mal, und Lucius Munatius Plancus, des Lucius Sohn. Sieben und vierzigstes Buch. 1. Nachdem sie sich hierzu verstanden und eidlich verbunden hatten, eilten sie nach Rom, dem Scheine nach mit gleicher Gewalt, Jeder aber in seinem Sinne über Alles 770 Casstus Dio's Römische Geschichte. Herr, obgleich sie über die Zukunft die augenfälligsten, sichersten Vorzeichen erhalte» hatten. Dem Lepidus schien eine Schlange, die sich um das Schwert eines seiner Centurionen wand, und ein Wolf, der in sein Lager und sei» Zelt, wie er eben speiste, kam und den T-sch umwarf, zwar Macht, aber auch darauf erfolgendes Mißgeschick vorznbedeute». Dem Antonins kündigte ein um das Lager fließender Milchstrom und eine nächtliche fTrauerZ Harmonie zwar Vergnügungen, aber in ihrem Gefolge Verderben an. Solche Vorzeichen hatten Diese vor ihrer Ankunft in Italien. Dem Cäsar aber verkündete gleich nach jener Verbnndung ein Adler, der sich auf sein Zelt setzte, und zwei Raben, die auf ihn zuflvgen und ihm die Federn ausrupfen wollten, tödtete, den Sieg über Beide. 2. So zogen sie denn nach Rom, zuerst Cäsar, nach ihm die beiden Anderen, Jeder für sich, mit seiner ganzen Heeresmacht, und ließen ihren Beschlüssen sogleich durch die Dolkstribunen die gesetzliche Bestätigung geben: denn alle ihre Maßregeln und Gewaltthaten geschahen unter dem Scheine des Gesetzes, und sie wollten noch darum gebeten seyn. Man mußte sie noch flehentlich ersuchen, es doch ja zu thun. Dafür wurde» denn Dankfeste verordnet, als ob dem Staate wunderwas Glückliches begegnet wäre; auch wurde, als ob man im Schooße der Seligkeit ruhte, die Kleidung gewechselt; doch mußten alle diese Vorgänge, noch viel mehr aber die Wunderzeichen Besorgniß erregen. Die Feldzeichen des Heeres, das die Stadt beschützen sollte, wurde von Spinngeweben umzogen; man sah Waffen von der Erde gen Himmel sich erheben, und vernahm lauten Waffenklang; 77L Sieben und vierzigstes Buch. oben am Tempel des Aeseulap setzte» sich Bienenschwärme an und viele Geier ließen sich auf dem Tempel des Genius des Römischen Volkes und dem der Eintracht nieder. 3 . So standen die Sachen, als plötzlich die Mordscenen, wie unter Sylla in Folge der Acchtungen, begannen und die Stadt sich mit Leichen füllte. Viele wurden in ihren Häusern, Viele aus den Straßen, auf öffentlichen Plätzen und bei den Tempeln, wie es sich traf, gemordet. Ihre Kopfe wurden, wie ehedem, aus der Rednerbühne zur Schau ausgestellt, und ihre Leiber theils am Orte der Ermordung hingeworfen und von Hunden und Vögeln aufgezehrt, theils in den Fluß geworfen. Alles geschah auch hier, wie es bei Sylla geschehen war; nur wurden jetzt zwei besondere Aechtungstafeln, die eine mit Senatoren, die zweite mit den Anderen, aufgestellt. Warum Dieß geschah, konnte ich nirgends finden, noch auch selbst ergründen. Das Einzige, was man denken könnte, daß man dadurch verhindern wollte, daß nicht zu Viele hingevpfert würden, ist keineswegs annehmbar. Denn es waren viel Mehrere aufgeschrieben, da der der Aufschreibenden mehrere waren. Der alleinige Unterschied zwischen diesen und den früheren Hinrichtungen war, daß die Namen der Vornehmen und der Gemeinen nicht unter einander, sondern besonders standen, und nicht so viel Irrthum aus der Verwechslung der Namen der Schlachtopfer entstehen konnte. Dagegen waren andere Umstände weit härter, als ehemals, ob man gleich hätte meinen sollen, daß über jenen Jammer Nichts gehen könnte. 4. Unter Sylla hatten die Mörder in der Neuheit des Wagestücks und darin, daß sie es nicht mit Vorbedacht 772 Cassius Dio's Römische Geschichte. gethan, noch einigen Grund der Entschuldigung für sich; sie thaten es meist nicht aus Bosheit, nicht mit Ueberlegung, sondern vom Zufalle geleitet;.ihre Opfer fühlten, so plötzliches. und unerhörtes Unglück erleidend, eben weil sie es nicht vor- hersehen konnten, dasselbe weniger. Jetzt aber war Alles schon früher einmal gewagt, die Einen hatten mit Hand angelegt, die Andern mit angesehen, oder aus glaubwürdigem Munde erfahren, Jene hatten in der Zwischenzeit, in Vermuthung ähnlicher Auftritte, neue Grausamkeiten ansgedacht, diese sich neue Gegenstände der Furcht geschaffen; Jene suchten mit ihren Vorgängern zu wetteifern und neue Gräuel zu ersinnen, die Andern dachten sich alle die Leiden voraus, denen sie entgegen sahen, und litten im Geiste schon alle die Qualen, ehe sie den Körper trafen. 5. Auch darum waren sie noch schlimmer daran, als früher, daß damals nur die Feinde Sylla's »nd seiner einflußreichen Anhänger umkamen, von seinen Freunden und den Andern aber Niemand, wenigstens nicht auf sein Geheiß, den Tod fand; so daß außer den Reichen, (denn diese dürfen unter solchen Umständen auf keinen Frieden mit den Mächtigern rechnen) alle klebrigen unbesorgt seyn konnten; bei diesem zweiten Blutbade aber fielen nicht nur ihre Feinde und die Reichen, sondern selbst ihre besten Ftennde, ohne daß sie sich's versehen hätten. Aus persönlichen Veranlassungen war Keiner, oder nur Wenige, -mit jenen Männern so verfeindet, daß es ihren Tod zur Folge gehabt hätte; die Lage des Staates im Ganzen, und daß bald Dieser, bald Jener die Oberhand hatte, schloß die furchtbarsten Freundschaften und erzeugte den tödlichsten Haß. Jeden, der dem 77Z Sieben und vierzigstes Buch. Einen half nnd an die Hand ging, befrachteten die Anderen als Feind; und so geschah es, daß Einer dieselben Personen zu Freunden und wieder zu Feinden haben konnte, nnd daß, wenn Einer sich an seinen Gegnern rächte, er zugleich die besten Freunde mit verderbte. Denn nach ihren bisherigen Verhältnissen, und da sie nur Parteifreunde nnd Parteifeinde in Anschlag brachten, konnte Keiner an seinem Feinde sich rächen, der des Andern Freund war, wenn nicht auch er Einen preisgab; und aus Rache für Vergangenes, aus Mißtrauen wegen der Zukunft, nahmen sie gegen Rache an einem Gegner das Leben Befreundeter nicht in Anschlag, und brachten einander leicht diese Opfer. 6. So opferten sie ihre treuesten Anhänger gegen ihre erbittertsten Gegner, und ihre besten Freunde gegen ihre heftigsten Feinde auf, so daß theils gleich gegen gleich aufging, theils statt Eines Mehrere oder statt Mehrerer Wenigere ausgewechselt wurden; Alles wurde abgemarktet, und man bot aus sie, wie bei einer Versteigerung. Wenn Einer den Andern so aufwog, daß es gleich aufging, so war der Tausch sofort getroffen. Wer aber durch Verdienst, Würde oder anch Verwandtschaft mehr in das Gewicht fiel, der mußte durch Mehrerer Tod erkauft werden. Denn, wie es bei Bürgerkriegen geht, zumal wenn sie lange dauern und viele Wechselfälle haben, zerfielen Viele selbst mit ihren nächsten Verwandten. So hatte gegen Automus sein mütterlicher Oheim Lucius Eäsar, und gegen Lepidus sein leiblicher Bruder Lucius Paulus Partei genommen. Diese kamen zwar mit dem Leben davon, von den Andern aber wurden Viele von Freunden und Verwandten, von denen sie Schuh 774 Cassius Dio's Römische Geschichte. und Ehre erwarten durften, umgebracht. Damit aber Keiner , eingedenk des QnästvrS Marens Cato, der den Mord- gesellen Sylla's alle für ihre Henkerdienftc erhaltenen Belohnungen wieder abnahm, besorgen möchte, seiner Mordpreise verlustig zu werden, und sich das Morde» verdrießen lasse, so ließen sie vorher bekannt machen, daß sie Nichts davon in den öffentlichen Rechnungen auffuhren lassen. Dieß machte sie zum Morden williger, besonders bei den Reichen, wenn sie auch Keinem verfeindet waren. Da sie unermeßlicher Geldmittel bedurften, und die Habgier der Soldaten nicht anders befriedige» konnten, so hatten sie allen Reichen Feindschaft geschworen. Unter anderem schreienden Unrecht, Las sie beginge», war auch, daß sie einen Knaben unter djc Zahl der Jünglinge versetzten, um ihn dann, als wäre er schon Mann, hinrichten zu können. 7. Dieß geschah hauptsächlich von Lepidns und Anto- nius, welche unter dem alleren Cäsar lange Zeit in Ehren gestanden, Viele Staats - und Kriegsämter bekleidet hatten, »nd somit Feinde haben mußten; weil aber Cäsar die Gewalt mit ihnen theilte, so fiel ein Schein der Mitschuld auch auf ihn. Er brauchte aber nicht Viele umbringe» zu lassen; er war auch von Natur nicht grausam, und hatte sich von jeher nach dem Vorbilde seines Vaters gebildet. Zudem war er noch jung, hatte seine politische Laufbahn noch nicht lange begonnen, und sah sich deßhalb noch nicht in der Nothwendigkeit, Viele zu Haffen, mußte vielmehr geliebt zu werden wünschen. Dieß zeigte sich auch bald: als er die Oberherrschaft nicht mehr mit Jenen theilte, und die Gewalt allein in Händen hatte, so that er Nichts mehr dergleichen. 775 Sieben und vierzigstes Buch. Aber auch damals waren es nicht nur Wenige, die er todten ließ, sonder» er rettete sogar sehr Vielen »och das Leben. Gegen Diejenigen, die ihre Herren oder Freunde verriethen, verfuhr er sehr streng, behandelte dagegen Diejenigen, welche Andern durchgeholfen hatten, anf's Gütigste. So hatte eine vornehme Matrone, Namens Tannsta, ihren geächteten Gemahl TitnS Vinins zuerst in einer Kiste bei einem Freigelassenen, Namens Philopömeu, verborgen, und wirklich den Glauben zu verbreiten gewußt, er sey umgekommen, später aber ersah sie sich den günstigen Zeitpunkt, daß ein Verwandter von ihr dem Volke Spiele geben sollte, und leitete es durch Cäsar's Schwester Oetaoia so ein, daß von den Triumvirn Cäsar allein das Schauspiel besuchte. Jetzt sprang sie selbst hervor, gestand Cäsar«, der Nichts davon wußte, Was sie gethan, ließ die Kiste Herbeibringen, und ihren Gemahl aus ihr auferstehen. Cäsar war verwundert, schenkte Allen das Leben (denn auch der Hehler hatte das Leben verwirkt) und erhob den Philopvmen sogar in den Ritterstand. 8. Cäsar also rettete Viele, und so viel er konnte; auch Lepidus ließ seinen Bruder nach Milet entkomme», und war auch gegen die Andern nicht unerbittlich. Antonins aber ließ gefühllos und unbarmherzig nicht nur Alle, welche auf den Aechtungslisten standen, sondern auch Diejenigen morden, die sie z» retten versucht hatten. Ihre Köpfe ließ er sich, wenn er auch gerade bei Tafel war, vorzeigen, und weidete lange seine Augen an dem grauenhaften, kläglichen Anblicke derselbe»; und Fulvia ließ Viele, theils weil sie dieselben haßte, theils wegen ihres Geldes, Einige auch, die ihr Mann 776 Cassius Dio's Römische Geschichte. nicht einmal kannte, zum Tode fuhren. So sagte er einmal, als man ihm den Kopf von Einem brachte: „der ist mir ja ganz unbekannt." Wie man ihnen aber den Kopf des Cicero, den man auf der Flucht ergriffen und enthauptet hatte, brachte, ergoß er sich in rohe Schmahreden wider ihn nnd ließ das Haupt dann auf der Rednerbiihne höher als die anderen aufpflanzen, damit es sammt der rechten Haud, die man ihm gleichfalls abgehauen hatte, von dem Orte, von dem er so oft wider ihn zum Volke gesprochen, desto weiter hin sichtbar würde. Bevor man dasselbe wegtrug, ergriff eS noch Fulvia, verhöhnte eS mit bittern Worten, bespie es, nahm es in den Schooß, öffnete den Mund, zog die Zunge heraus und durchstach sie unter frevelhaften Schmahreden mit den Nadeln, die sie zu ihrem tzaarpuye gebrauchte. Auch sie schenkten jedoch Einigen das Lebe», aber nur weil sie von den Lebenden mehr Geld bekamen, als sie durch ihre Ermordung zu erhalten hoffen konnten. Damit aber anf den Aechtungslisten keine Lücken entständen, schrieben sie Andere dagegen auf. Außer daß er seinem Oheim aus dringendes Flehen seiner Mutter Julia das Leben schenkte, ist keine Handlung der Milde von ihm zu rühmen. 9. Mancherlei waren daher die Scenen des Mordes, und durch vielerlei Mittel und Wege suchte man dem Tod« zu entgehen. Viele starben durch die Hand der vertrautesten Freunde, Viele dagegen wurden durch'ihre größten Feinde am Leben erhalten. Einige tödtetcn sich selbst, Andere wurden, als hatten sie den Mord vollbracht, Beförderer der Rettung. Die Einen wurden für Verrath an Herren oder Freunden gestraft, die Andern hochgeehrt. 'Von Denen, 777 Sieben und vierzigstes Buch. welche Andere retteten, wurden Einige zur Verantwortung gezogen, Andere belohnt. Da es nicht ein Mann war, sondern drei, und jeder nach seiner Leidenschaft, oder nach eigenem Vortheile nickt denselben zum Freund oder Feinde hatte, und oft Einen gerettet wünschte, nach dessen Verderben der Andere trachtete, und wieder Einen verderben wollte, den der Andere erhalten wünschte, so mußte es, je nachdem gerade Haß oder Neigung entschied, die verschiedenartigsten Auftritte geben. 10- Ich bin nickt gemeint, Alles in's Einzelne zu verfolgen; den» Dieß wurde mich zu weit führen und nicht in den Plan meiner Geschichte paffen. Einzelne merkwürdige Züge aber will ich belichten. Ein Sclave hatte seinen Herrn in einer Hohle verborgen; weil aber Dieser, von einem Andern verrathen, dennoch sterben sollte, zog er Dessen Kleider an, ging den eindringenden Mördern, als wäre er sein Herr, entgegen, und wurde niedergemacht. Diese, in der Meinung, den Gesuchten getvdtet zu haben, kehrten um; er aber entkam, als Jene sich entfernten, anders wohin. Ei» Anderer wechselte gleichfalls den ganzen Anzug mit seinem Herrn, setzte sich in eine bedeckte Sänfle und der Herr mußte ihn selbst mittragen helfen. Man holte ihn ein, der Sclave ward, unbesehen, getvdtet, und der Herr, als Träger, am Leben erhalten. Dieß thaten beide ihren Herren als Wohlthätern auS Dankbarkeit. Ein dritter Sclave aber, der von seinem Herrn gebrandmarkt worden war, verrieth denselben gleichwohl nicht, sondern suchte ihm mit größtem Eifer das Lebe» zu retten. Man kam auf die Spur, als er ihm heimlich forthelfen wollte und sehte ihm nach; da tödtete er einen 778 Cassius Dio's Römische Geschichte. Menschen, den er von ungefähr auf dem Wege traf. gab dessen Kleider seinem Herrn, legte Jenen auf einen Scheiterhaufen, und trat mit dem Kleide und dem Ringe seines Herrn den Verfolgern entgegen, indem er vorgab, Jenen auf der Flucht umgebracht zu haben. Kleidung und Ring, so wie seine Brandmale, verschafften ihm Glauben. So rettete er dem Herrn das Leben und verdiente sich Lob. Ihre Namen sind nicht auf uns gekommen. Den Hvsidins Geta rettete aber sein Sohn, indem er ihn als Leiche hinausführen ließ. Auch den Quintus Cicero, den Bruder des Marcos, suchte sein Sohn, so weit an ihm war, den Henkern zu entziehe». Denn er selbst versteckte seinen Vater so gut, daß er nicht aufgefunden wurde, und, obgleich er ausss schrecklichste gefoltert wurde, gestand er doch seinen Aufenthalt nicht. Der Vater aber hörte es, und aus Bewunderung und Mitleid verließ er freiwillig sein Versteck und lieferte sich selbst seinen Mördern in die Hände. 11. Dieß die Beispiele des Edclmuths und der Zärtlichkeit, die jene Zeiten auszuweisen haben. Popilius Länas aber ward zum Mörder an Marcus Cicero, obgleich Dieser durch eine frühere Vertheidigung Ansprüche auf seine Erkenntlichkeit hatte. Um aber nicht blos das Ohr, sondern auch das Auge des Zuschauers von seiner Heldenthat zu überzeugen» ließ er sein bekränztes Bild mit Bezeichnung seines Namens und seiner That neben dem Haupte des Cicero aufstellen, und gewann dadurch des Antonius Wohlgefallen in dem Maße, daß er weit mehr *) als den ausgesetzten Der Preis war 25,000 Drachmen, und Cicero's Mörder erhielt nach Appian 250,000. 779 Sieben und vierzigstes Buch. Preis von ihm erhielt. Marcns Terentius Varro hatte sich zwar in Nichts vergangen; weil aber sein Name mit einem -er Geächteten bis auf einen Zunamen übereintraf, und er ein gleiches Schicksal mit Kelvins Cinna befürchtete, so machte er (denn er war Volkstribun) einen Anschlag, der darüber Aufschluß gab; und ward so das Stichblatt des Spottes und Gelächters. — Den Unbestand der menschlichen Dinge ersteht man aus dem Sooft des Lucius Philuscius: er stand früher auf Sylla's Aechtungsliste und kam mit dem Leben davon; jetzt kam er wieder auf die Liste und mußte sterben. Marcus Valerius Meffala, dem Antonius den Tod geschworen hatte, überlebte nicht nur diese Schreckenstage, sondern ward selbst später statt seiner zum Cvnsiil gewählt. So werde» Viele in den verzweifeltsten Lagen errettet, während Andere, die an keine Gefahr dachten, den Untergang finden. Deßhalb darf man nicht bei augenblicklichem Unglücke verzweifeln und die Fassung verlieren, noch auch bei zeitigem Glücke sich unbesonnen erheben, sondern soll stch mit seiuen Erwartungen von der Zukunft im Mittel halten, und auf Jenes, wie auf Dieses gefaßt seyn. 12. Bei diesen Vorgängen in Rom fanden Viele, die nicht auf der Aechtungsliste stände», aus Privalhaß oder ihres Reichthums wegen ihren Tod, während Viele der Geächteten nicht nur mir dem Leben davon kamen, sondern auch später in die Stadt zurückkehrten und noch zum Theil in Aemter und Würden traten. Sie flüchteten stch zu Brutus, Cassius und Sextus (Pomxejus), die Meisten zu Letzterem. Er bekam früher den Oberbefehl über die Flotte, war eine Zeitlang mächtig auf der See und hatte stch, obgleich 780 Cassius Div's Römische Geschichte. später von Cäsar des Oberbefehls entsetzt, eine eigene Flotte zusammengebracht. Mit dieser besetzte er Sicilien und auf die Nachricht von seiner Aechtung und die Mordseenen in Rom nahm er sich aller Derer an, die gleiches Schicksal mit ihm theilten. Er näherte fleh den Küsten Italiens und ließ in Rom und den andern Städten bekannt machen > daß er Jedem, der einen Geächteten rette, den doppelten Preis der Mörder gebe, und daß Diese selbst Aufnahme, Unterstützung, Geld nnd Beförderung bei ihm finden, worauf denn auch Viele sich um ihn sammelten. 1Z. Die Zahl der Geächteten, Ermordeten oder Geretteten habe ich nicht aufgezeichnet, da Viele der Anfangs auf die Listen Geschriebenen ansgestrichen, Viele später statt ihrer eingetragen, von Diesen aber nicht Wenige entkamen, und viele Andere außerdem umgebracht wurden. Nicht einmal betrauern durfte man fle; ja Viele wurde» schon deßhalb nm's Leben gebracht. Endlich, wie die Leiden alle Verstellung bezwängen, und selbst die stärksten Geister ihnen nicht widerstehen konnten, vielmehr in Allem, was man sprach und that, eine allgemeine Niedergeschlagenheit herrschte, so forderte beim Antritte des neuen Jahres, das man sonst festlich zu begehen pflegte, ein öffentlicher Anschlag zur Fröhlichkeit auf, indem er Jeden, der nicht gehorchen wurde, mit dem Tode bedrohte. So wurde man denn über das Unglück des Staates, als wäre» glückliche Tage, sich zu freuen genöthigt. Doch Was sage ich? Mußte man doch Jenen sden Trinmvirns unter andern Ehrenbezeigungen, als Wohlthätern und Rettern des Staates, die Bürqcrkeone zuerkenne»! Die Ermordung ihrer Mitbürger sollte Nichts zu bedeuten 781 Sieben und vierzigstes Buch. haben, sie wollten vielmehr noch gelobt seyn, daß sie noch so Viele leben ließen. Sprachen sie es doch einznal öffentlich gegen das Volk aus, daß sie weder die Grausamkeit des Marias und des Sylla nachahmen wollten, um nicht gehaßt zu werden, »och auch die allzugroße Nachsicht des Cäsar, um nicht als Opfer derselben zu fallen. So viel von diesen Gräuelscenen, 14. Viel Ungebühr wurde auch mit dem Besitzthume der Anderen getrieben. Den Frauen der Ermordeten hatten sie, um sich den Schein der Gerechtigkeit und der Menschenfreundlichkeit zu geben, ihr Beigebrachtes, den Kindern, waren es Söhne, den zehnten, waren es Töchter, den zwanzigsten Theil des väterlichen Vermögens versprochen. Aber nur Wenige erhielte» das Versprochene, und den klebrigen nahm man ohne Scheu Alles weg. Ferner trieb man den Mieth- zins von einem Jahre von allen Häusern in Rom und im übrigen Italien, von den Miethleuten ganz, von den Hausbesitzern zur Hälfte ein. Auch die Grundherren mußten die Hälfte ihres jährlichen ErtragS entrichten. Ueberdieß verlangten sie für ihre Soldaten von den Städten, in welchen sie überwinterten, unentgeltliche Beköstigung. Auch wurden sie auf das Land, als auf eingezogene Guter Widerspenstiger, nach allen Seiten hin versendet, um Alles auszuplündern: denn man hatte die Besitzer, weil sie nicht innerhalb der vvrbestimmten Frist ihre Partei verließen, für Feinde erklärt. Damit sie dadurch, daß sie im Voraus für künftige Dienste belohnt würden, um so bereitwilliger wären, gestattete man ihnen, Dieß jetzt zu thun, versprach ihnen noch iiberdieß Dlo Cassms. 7s Bdchn. , 2 782 Cassius Dio's Römische Geschichte. Städte und Ländereien, und bestellte dafür schon jetzt Land- oertheiler und solche, die sie als Pflanzbürgcr in die Städte zu führen hätten. Die Masse der Soldaten suchte man hierdurch zu gewinnen; die Officiere aber köderte man damit, daß man ihnen die Güter der Hingerichteten, theils um wohlfeilen Preis, theils unentgeltlich überließ, oder sie durch Aemter und Priesterwürden auszeichnete. Um, desto sicherer die schönsten Landgüter und Hänser zn bekommen und Jenen , so viel sie wollten, zu geben, ließen sie bei Todesstrafe bekannt machen, daß nur Kauflustige sich bei den Versteigerungen einfinden dürste». Wer kam, der wurde so behandelt, daß er, wenn er Etwas gerne gehabt hätte, übermäßig bezahlen mußte, und keine weitere Lust zum Kaufen hatte. 15 . So verfuhr man mit dem Besttzthume der Bürger. Aemter und Priesterwnrden vergab man nicht nach Herkommen und Gesetz, sondern wie es beliebte. Zu Consnln erklärten die Triumvirn, da Cäsar das Consulat niederlegte (früher war es ihm so darum zn thun, daß er Krieg darob anfing und jetzt trat er freiwillig ab) und sein Mitconsul gestorben war, einen Andern und den Publius Venti- dins, obgleich er Prätor war; seine Stelle aber gaben sie einem Aedil. Hierauf mußten alle Prätoren, die noch fünf Tage im Amte seyn sollten, abtreten und als Statthalter in die Provinzen abgehen und an ihre Stellen wurden neue eingesetzt. Gesetze hoben sie auf oder gaben neue an ihrer Stelle, mit einem Worte, sie thaten Alles, was ihnen *) Quintus Pedius, siehe oben. Casus Carrinas. Auf die fünf.letzten Tage des Jahres. 785 Sieben und vierzigstes Buch. in den Sinn kam. Verhaßte und deßhalb abgeschaffte Titel vermieden sie zwar, thaten aber Alles nach Willkür und Gelüsten, so daß Cäsars Alleinherrschaft dagegen golden erschien. So schalteten sie in diesem Jahr; auch verordneten sie, dem Serapis und der Isis einen Tempel zu erbauen. 16. Unter den Consuln Marcus Lepidus und Lucius Plancus wurden neue Aechtungstafeln aufgehängt, die zwar Niemand den Tod brachten, aber die Habe der Lebenden plünderten. Sie bedurften großer Summen, da sie ihren Soldaten noch bedeutende Belohnungen schuldeten, viel aufwenden mußten, daß sie ihre Unternehmungen ihnen ausführen halfen, und noch mehr Ausgaben für die zu erwartenden Kriege zu machen hatten; und deßwegen mußten sie überall Gelder anfzutreiben suchen. Waren die früher abgeschafften und seht wieder eingeführten und neu erfundenen Abgaben, die auf den Besitz von Gütern und Sclaven umgelegten Steuern für die Leute schon lästig; so brachte eine um so üblere Stimmung hervor, daß nicht nur Senatoren oder Ritter, sondern auch Freigelassene und Weiber wie Männer, wo nur Jemand »ermöglich war, auf die Tafeln geschrieben, und zu einer neuen Art von Zehnten angehalten wurden. Dem Wortsinne nach verlangte man nämlich bloß den zehnten Theil des Vermögens, in der That aber behielt Einer nicht den zehnten Theil für sich davon übrig: denn da man keine bestimmte Summe für den Werth des Gesetzes forderte, sondern einem Jeden die Schätzung davon überließ, so wurde Mancher beschuldigt, er habe sich nicht ehrlich geschätzt, und verlor so sein ganzes Vermögen. 784 Cassius Dio's Römische Geschichte. 17. Wenn Einige aber auch durchkamen, so wurden sie durch die Steuern so in die Enge getrieben, und litten solchen Mangel au baarem Gelde, daß sie sich von Allem entblößt sahen. Ein Ausweg blieb noch, der kläglich zu höre», am kläglichsten aber für den war, der ihn eingeschlagen hatte. Wenn Einer wollte, so konnte er sich seines Vermögens begeben, und dann den dritten Theil znrückbegehren; Dieß hieß aber eben so viel, als gar Nichts erhalten und noch dazu Verdrießlichkeiten haben. Wenn zwei Dritthcile mit offener Gewalt geraubt wurden, wie wollte man das Drit- thcil bekommen, zumal da man solche Güter nur um den niedrigsten Preis anzunehmen pflegte? Denn da viele Güter zugleich ausgeboten wurde», und die meisten Leute keine Baarschast an Silber und Gold besaßen, und Wer noch Etwas hatte, Nichts zu kaufen wagte, um nicht auch Dieß zn verlieren, so fielen die Güterpreise. Zudem wurde den Soldaten Alles unter dem Werthe zugeschlagen, und der Bürger rettete für sich Nichts, was von einigem Werthe war. Außer allen übrigen Beschwerden mußten sie auch Sclaven auf die Flotten liefern, und Wer keinen hatte, der mußte einen kaufen. Die Sepatoren mußten die Straßen auf eigene Kosten Herrichten lassen. Nur Wer die Waffen trug, war überreich. Man begnügte sich nicht mit dem Solde, der mehr denn hinlänglich war, nicht an den überreichlichen Nebenverdiensten, nicht an den Belohnungen für die Hinrichtungen, die sich auf große Summen beliefen, nicht an dem Eewerb von Grundstücken, die ihnen fast unentgeltlich zugefallen waren; die Einen forderten und erhielten das ganze Vermögen Sterbender, die Andern drängten sich in die 785 Sieben und vierzigstes Buch. Familien noch lebender kinderloser Greise ein. Ja sie gingen so weit in der Unersättlichkeit und Schamlosigkeit, daß Einer sogar das Vermögen der Attia, der Mutter Cäsars, die damals starb, und auf Kosten des Staates ein feierliches Leichenbegängniß erhielt, von Cäsar selbst sich ausbat. 18 . So verfuhren die drei Männer in diesen Dingen; dagegen ehrten sie auch das Andenken Cäsar's auf mehr als Eine Weise. Da sie nämlich selbst nach Alleinherrschaft strebten und im besten Zuge dahin waren, so verfolgten sie auch die Mörder desselben mit ihrem ganzen Hasse, um sich selbst dadurch für die Zuknüft Straflosigkeit und Sicherheit vorzubereiten. Was also zu seiner Ehre beitrug, betrieben sie mit höchstem Eifer, um an seiner Stelle einst gleicher Ehre gewürdiget zu werden. Deßhalb erkannten sie ihm nicht nur die früher beschlossenen Ehrenbezeigungen auf's Neue zu, sondern vermehrten sie noch mit andern. Am Nenjahrs- tage schworen sie nicht nur selbst, sondern ließen auch die Anderen schwören, daß alle Verordnungen desselben gültig seyn sollten. Dieß geschieht auch noch jetzt bei allen jedesmal regierenden oder einst am Ruder gewesenen Kaisern, die nicht für ehrlos erklärt worden waren. Auch ließen sie ihm auf dem öffentlichen Platze und auf der Stelle, wo er verbrannt worden war, eine Kapelle erbauen, und bei den Cir- censischen Spielen ein Bild von ihm neben einem Bilde der Venus ") im Festauszug aufführen. Wenn Nachricht von einem Siege kam, so wurden besondere Dankfeste für den jeweiligen Sieger, und andere dem Cäsar, als lebte er noch, ') Als der Stammmutter Julius Cäsars. 78b Cassius Dio's Römische Geschichte. angestellt. Seinen Geburtstag mußte Jedermann mit Lor- beeren bekränzt unter Lustbarkeiten feiern: denn nach einem eigenen Gesetze sollten Diejenigen, welche es unterließen, der Rache des Jupiter und Cäsars selbst verfalle» seyn, Senatoren aber und ihre Söhne eine Million Sestertien bezahle». Weil aber auf diesen Tag die Axollinarischen Spiele fielen, so verordneten sie, daß sein Gebnrtsfest den Tag vorher gefeiert werden sollte; weil nach einem Sibyllenspruch an jenem Tage keinem andern Gvtte, als dem Apollo, ein Fest gefeiert werden dürfe. 19. Dieß geschah zu seiner Ehre; den Tag aber, an welchem er ermordet wurde, an dem man bisher immer Se- natssipung zu halten pflegte, erklärten sie für einen Unglückstag. Den Saal, in welchem er erstochen wurde, verschlossen sie sogleich und verwandelten ihn nachmals in eine Kloake. Die Julische Curie aber, die oon ihm den Namen haben sollte, bauten sie neben dem Comitium, wie schon früher verordnet worden. Ferner verboten sie, ein Bildniß desselben, da er ein wirklicher Gott sey, bei den Leichenbegängnissen seiner Verwandten, wie es nach altem Branche damals noch geschah, vortragen zu lassen. Auch untersagten sie, Einen, der in seine Kapelle, als eine Freistätte flüchtete, fortzutreiben oder wegzuschleppen — eine Ehre, die keinem Gotte zu Theil wurde, man müßte denn die von Romulus errichtete Freistätte hierher rechnen; aber auch jene Stätte war bei vergrößerter Volksmenge nur noch dem Namen nach, in der That aber nicht mehr ein Asyl; denn es war später so ver- zäunt, daß kein Mensch mehr hineinkommen konnte. Diese Ehre erwiesen sie dem Cäsar, den Vestalinnen aber gestatteten 787 Sieben und vierzigstes Buch. sie, sich einen Lictor vortreten zu lassen 5 weil Eine derselben Abends bei der Heimkehr verkannt und um ihre jungfräuliche Ehre gebracht worden war. Die Aemter in der Stadt besetzten sie auf mehrere Jahre voraus, indem sle dadurch ihren Anhängern eine Auszeichnung gewährten und durch die geregelte Folge der Beamten der Verwaltung des Staates mehr Festigkeit gaben. 2v. Nachdem sie diese Anordnungen getroffen hatten, blieb Lepidns in Rom, um, wie ich früher sagte, die Stadt und das übrige Italien unter Aufsicht zu behalten; Cäsar aber und Antonius rückten in das Feld. Brutus und Cas- sius waren Anfangs nach ihrer Ucbereinkunst mit Antonius und den Andern wieder öffentlich erschienen und hatten ihre Präturen, wie früher, verwaltet; als man aber anfing über Cäsar's Ermordung unzufrieden zu werden, verließen sie die Stadt, um in die ihnen zugewiesenen Statthalterschaften abzugehen; obgleich Cassius Stadtprätor war und die Apol- linarischeu Spiele dem Volke noch nicht gegeben hatte. Er ließ sie also durch seinen Mitprätor Antonius in seiner Abwesenheit auf's Glänzendste geben, fuhr aber nicht sogleich aus Italien ab, sondern verweilte mit Brutus in Camxa- nien, um abzuwarten, welche Wendung die Sachen nehmen würden. Auch sandten sie als Prätoren einige Edicte nach Nom an das Volk, bis Cäsar Octavianns seine Rolle zu spielen begann und das Volk für sich zu gewinnen suchte. Jetzt verzweifelten sie an dem Siege der Volksfreiheit, fuhren, aus Furcht vor Cäsar, aus Italien ab und fanden einen glänzenden Empfang in Athen. Zwar wurden sie fast überall wegen ihrer Vaterlandsliebe geehrt, die Athener aber insbe- 788 Cassius Dio's Römische Geschichte. sondre ließen ihre Bildsäulen in Erz neben denen des Har- modius und Aristogiton, als Nebenbuhler» ihres Ruhmes, aufstellen. 21. Auf die Kunde, daß Cäsar immer weiter um sich greise, verzichteten sie auf ihre Statthalterschaft in Creta und Bithynieii, wohin sie gewiesen waren, da sie dort keine gehörige Unterstützung zn finden hoffen durften, und wandten sich nach Syrien und Macedonien, die sie zwar nichts angingen, aber zn dieser Zeit große Geldmittel und Streit« kräfte boten. Casstus eilte daher nach Syrien, wo er von dem Feldzuge des Craffus her noch viele Freunde und Bekannte hatte, Brutus aber suchte Griechenland und Macedonien für sich zu gewinnen. Theils wegen des Ruhms, den seine Thaten ihm erwarben, theils in Erwartung ähnlicher für die Zukunft, war man ihm zugethan; auch hatte er viele Soldaten, die nach der Pharsalischen Schlacht dort umher- schwärmten, oder mit Dolabella ausgezogen aber wegen Krankheit oder aus Unbotmäßigkeit zurückgeblieben waren, unter seine Fahnen versammelt. Auch kamen ihm Gelder aus Asten von Trebonins. Mit diesen nahm er Griechenland, in welchem kein.Heer stand, mit leichter Mühe in Besitz. Nach Macedonien kam er gerade zu der Zeit, da Casus An- tonius eben als neuer Statthalter angekommen war, und Quintns Hortensius, der seitherige Statthalter, abzugehen im Begriffe war. Auch hier fand er keine Schwierigkeit: denn Hortensius trat sogleich zu ihm über, und Antoniur war, da Cäsar in Rom die Gewalt an sich riß, zu schwach, als Statthalter aufzutreten. Vatinius, Statthalter in dem benachbarten Jllyrien, zog zwar heran und besetzte Dyrrhachium. Sieben und vierzigstes Buch. 789 Er stand wohl auf der Gegenpartei, konnte ihm aber nicht Diel schaden. °) Die Soldaten nämlich mochten ihn nicht leiden, und gingen, da sie noch überdieß wegen seiner Kränklichkeit sich Nichts aus ihm machten, zu Brutus über. Nachdem er auch diese an sich gezogen hatte, rückte er gegen An- tonius, der in Apvllonia stand. Dieser ging ihm entgegen: e r aber gewann seine Soldaten, schloß ihn in der Stadt, wohin er sich geflüchtet hatte, ein, und bekam ihn durch Verrath in seine Hände, that ihm jedoch Nichts zu Leid. 22. Nachdem er hierauf ganz Macedonien und Epirus erobert hatte, schrieb er an den Senat, meldete ihm, WaS er gethan hätte, und stellte sich, die Provinzen und sein Heer zu dessen Verfügung. Dieser, welcher dem Cäsar bereits nicht mehr recht traute, gab ihm seinen ganzen Beifall zu erkennen und übergab ihm die Statthalterschaft über alle dortigen Provinzen. Durch diesen Senatsbeschluß in seinem Oberbefehle bestätigt, fühlte er sich zu Höherem ermuthigt, und fand die ihm untergebenen Länder zu jeglicher Beihülfe bereit. Den Cäsar, der damals gegen Antonius sich zu rüsten schien, ließ er durch Abgeordnete ermuntern, sich Jenem zu widersetzen und bot ihm Versöhnung an. Er selbst aber schickte sich an, nach Italien überzusetzen, wohin der Senat ihn entboten hatte. Als jedoch Cäsar sich zum Herrn von Rom gemacht hatte , und unverhohlen die Absicht kund gab, die Mörder seines Vaters zur Strafe zu ziehen, so blieb er, wo er war, und machte alle Anstalten, einen Augriff deffel- 2) Ich übersetze nach Leunclav's Verbesserung: ünö rui- 790 Cassius Dio's Römische Geschichte. den nachdrücklich zurückzuweisen, traf in Macedonien die besten Anordnnnge» und stillte einen Aufstand unter dem Heere, welches ihm sCajnss Antonius abtrünnig machen wollte. 2Z. Cajus Antonius nämlich, welchem Brutus die äußere Auszeichnung eines Proprätors belassen hatte, war nicht zufrieden mit der ruhigen, ehrenvollen Stellung bei Diesem, sondern machte unter dessen Soldaten Umtriebe, um sie zum Abfalle zu bewegen. Als Dieses aber entdeckt ward, ehe er noch viel Unheil stiften konnte, ward er der Jnstgnien eines Prätors beraubt, und in leichterem Gewahrsam gehalten, um nicht weitere Unruhen stiften zu können, gab sich aber auch so nicht zur Ruhe, sondern machte noch mehr Umtriebe, als zuvor, so daß ein Theil der Soldaten handgemein wurde, ein anderer nach Apollonia zog, um ihn in Freiheit zu sehen. Dieß gelang ihnen jedoch nicht: denn Brntus war durch aufgefangene Briefe von ihrem Vorhaben unterrichtet, und lieft den Antonius, als wäre er krank, in eine verdeckte Sänfte seyen und aus der Stadt schaffen. Als sie ihn nicht finden konnten und sich vor Brutus fürchteten, besetzten sie einen Hügel vor der Stadt. Brutus aber vermochte sie zur Ueber- gabe, ließ einige der Unruhigsten hinrichten, andere aus dem Heere entlassen, und stimmte die klebrigen dermaßen um, daß sie die Entlassenen, als die Hauptursacher des Anfstan- des, aufgriffen und tödteten, den Quästor aber und die Legaten des Antonius ausgeliefert haben wollten. 24. Brutus gab keinen derselben Preis, sondern ließ ste, als sollten sie ins Meer geworfen werden, auf Schiffe' und so in Sicherheit bringen. Weil er aber besorgte, ste möchten auf die Kunde von den Vorgängen in Rom, zumal 7A. Sieben und vierzigstes Buch. wenn sie in noch grellerem Lichte geschildert wurden, wieder auf Abfall denken, so ließ er den Antonios unter Gewahrsam eines gewissen Casus Clodius in Apollonia zurück, zog mit dem größten uiid besten Theile des Heeres nach dem innern Macedonien und schiffte sodann von hier nach Asien über, um sie so weit als möglich von Italien zu entfernen, und zugleich von den dortige» Provinzen zu unterhalten. Unter andern Bundesgenossen gewann er hier auch den hochbetagten Deiotarus, obgleich derselbe früher dem Cassius seinen Beistand verweigert hatte. Während Brutus i» Asien war, stand ihm Gellius Pnblicola »ach dem Lebe»; und Marcns Antonius suchte durch abgeschickte Männer seinen Brueer Cajus aus dem Gefängnisse zu befreien. Clodius aber ließ ihn, da er sich nicht getraute, ihn lebendig hüten zu könne» , sey's auf eigene Gefahr, sey's auf Befehl des Brutus, um's Leben bringen. Man sagt nämlich, daß Dieser ihn Anfangs auf alle Weise am Leben zu erhalten suchte, später aber, auf die Nachricht von der Ermordung des De- cimus fBrntusf, keine Rücksicht mehr nahm. Gellius, obgleich auf frischer That ertappt, blieb dennoch ungestraft: denn Brutus hatte ihn bisher zu seinen besten Freunden gezählt, und wußte, daß sein Bruder Marcus Messala >Cor- vinusf ein treuer Anhänger des CassiuS war; deßhalb entließ er ihn. Als er später auch dem Cassius nach dem Leben stand, kam er auch hier ohne Strafe davon. Dieß verdankte er seiner Mutter Palla, welche, von seiner Absicht unterrichtet, und für das Leben des Cassius, den sie zärtlich liebte, und zugleich für ihren Sohn im Falle einer Entdeckung fürchtend, selbst dem Cassins den Anschlag entdeckte, und 792 CassiuS Dio's Römische Geschichte. dadurch das Leben ihres Sohnes erkaufte. Dieß brachte ihn jedoch nicht auf bessere Gedanke»: er verließ seine Wohlthäter und ging zu Cäsar und Antonius über. 25. Auf die Nachricht von dem Besreiungsversuche des Marcus Antonius und der Ermordung seines Bruders fürchtete er eine neue Empörung in Maeedonien, und eilte nach Europa zurück, nahm Besitz von dem Lande des Sadales, welcher kinderlos gestorben war und die Römer zu Erben seines Reiches eingesetzt hatte, rückte gegen die Besten zu Feld, in der doppelten Absicht, diese für ihre Anfälle zu strafen und sich zugleich den Namen und die Würde eines Imperators zu verdienen, um den Krieg gegen Cäsar und Antonius mit größerem Nachdrucke führen zu können. Beides gelang ihm, besonders mit Hülfe des Fürsten Rhescuporis. Von da kam er nach Maeedonien, brachte Alles in Ordnung und kehrte dann wieder nach Asien zurück. Dieß that Brutus. Auf die Münzen, die er schlagen ließ, prägte er sein Bild mit einem Hute und zwei Dolchen; indem er hierdurch und durch die beigefügte Zuschrift sich »nd Cassins als Befreier des Vaterlandes kund geben wollte. 26. Zu eben dieser Zeit sehte Cassius nach Asien zu Trebonius über, wohin er noch vor Dolabella kam. Mit den von Diesem erhaltenen Geldern gewann er viele der Reiter, welche Dolabella nach Syrien vorausgeschickt hatte, and noch viele andere Asiaten und Cilicier, und vermochte hierauf den Tarcondimotus und die Tarser selbst wider seinen Willen zu einem Bündnisse mit ihm. Die Tarser waren nämlich mit dem ältern Cäsar und durch ihn auch mit dem jünger» so befreundet, daß fle den Namen ihrer Stadt in 793 Sieben und vierzigstes Buch. Juliopolis veränderten. Hierauf kam Cassius nach Syrien, und ohne Schwertstreich fiel ihm Alles, Städte und Heere, zu. Mit Syrien stand es damals folgendermaßen:»der Ritter Cäcilius Baffus hatte unter Pompejus gedient, später aber sich nach Tyrus zurückgezogen und in dem dortigen Handelsplätze in Verborgenheit gelebt. Statthalter in Syrien war damals Sextus, welchem, als seinem Quästor und Verwandten Cäsar, als er auS Acgypten zurückkehrte und gegen Phar- naces zu Felde zog, die Statthalterschaft über jenes ganze Land anvertraut hatte. Baffus hielt sich Anfangs ruhig und war froh, daß man ihn nur am Leben ließ. Als sich aber Gleichgesinnte um ihn sammelten und er Soldaten des Sex- t»s, welche zu verschlcdenen Zeiten als Besatzung in die Stadt kamen, für sich gewonnen hatte, auch über Cäsar viele ungünstige Nachrichten aus Africa einliefen, so trat er aus seiner Dunkelheit hervor und fing Unrichen an, sey es, um die Partei des Scipio, Cato und der Pompescr zu verstärken , oder sich selbst zum Machthaber auszuwerfen. Sextus kam ihm auf die Spur, ehe er sich in gehörige Verfassung gesetzt hatte, und nun gab er vor, er sammle für Mithrida- tes in Perganius Hülfstruppen zu einem Zuge nach dem Bosporus. Er fand Glauben und wurde freigelassen. Jetzt schob er Briefe unter, die er angeblich von Scipio erhalten hatte. Nach diesen war Cäsar in Africa besiegt und umgekommen, ihm aber die Statthalterschaft über Syrien anvertraut, worauf er sich mit seinen hierfür gestimmten Anhängern der Stadt^Tyrus bemächtigte. Hierauf rückte er gegen die Truppen des Sextus in das Feld, griff ihn an und ward besiegt und verwundet. Jetzt konnte er mit Gewalt nichts 794 Cassius Div's Römische Geschichte. mehr ausrichten, setzte sich aber mit dessen Soldaten durch Unterhändler in Verbindung, und gewann einen Theil derselben, durch deren Hände Sextus das Leben verlor. 27. Nach dem Tode des Sextus gewann er bis auf Wenige daö ganze Heer für sich. Jenen, welche in Apamea überwintert hatten und nach Cilicien aufgebrochen waren, setzte er zwar nach, konnte sie aber nicht auf seine Seite bringen. Nach Syrien zurückgekehrt, ließ er sich Proprätor nennen und befestigte Apamea, um dort einen Waffenplatz zn haben. Jetzt hob er alle waffenfähige Mannschaft, nicht nur Freie, sondern auch Sclaven, aus, trieb Gelder ein und ließ Waffen schmieden. Als er diese Rüstungen machte, schloß ihn ein gewisser Cajus Antistius in die Stadt ein. Sie kämpften mit gleichem Erfolg, und da Keiner dem Andern etwas anhabe» konnte, schlössen sie stillschweigenden Waffenstillstand, um sich durch neue Hülfe zu verstärken. Zn Antistius stieß aus der Nachbarschaft, Was mit Cäsar es hielt, auch wurden ihm aus Rom Soldaten gesendet; dem Bassns aber half der Araber Alchaudonius. Dieser hatte sich, wie oben berichtet wurde, dem Luciillus freiwillig unterworfen und war sodann den Parthern wider Craffus beige- standeü. Jetzt wurde er von beiden Theilen zu Hülfe gerufen. Er kam und bot, sich zwischen der Stadt und dem Lager aufstellend, beiden Theilen, vor aller Antwort, seine Bundesgenossenschaft feil. Bassns bot ihm mehr Geld; er half ihm und gab in der Schlacht mit seinen Schützen den Ansschlag. Auch die Parther kamen dem Bassns zu Hülfe, blieben aber des nahenden Winters wegen" nicht lange und verrichteten deßhalb nichts Erhebliches. Nachdem er so einige 795 Sieben und vierzigstes Buch. Zeit den Herrn gespielt hatte, ward er von Marcus Crispus und Lucius Statins Mnrcus wieder in die Stadt eingeschlossen. 28. So standen die Sachen, als Casstus kam,"und durch den Ruf, den er sich dort in seiner Quästnr erworben, und durch seinen späteren Ruhm alle Städte sogleich für sich gewann, und die Soldaten des Bassus und der Andern unter seinen Fahnen versammelte. Als er mit allen diesen Truppen im Lager stand, ergossen sich plötzlich furchtbare Regengüsse vorn Himmel, und wilde Eber stürzten durch alle Lager- pforten und brachten Alles in Unordnung und Verwirrung, worin einige für ihn augenblickliche Macht und darauf folgenden Untergang finden wollten. Nach der Besitznahme Syriens zog er gen Indäa, weil er hörte, daß die von Cäsar in Aegypte» zurückgelassenen Truppen im Anzüge wären, und nöthigte sie und die Juden, sich ohne Schwertstreich an ihn zu ergeben. Hierauf entließ er Bassus, Crispus und die Andern, welche nicht unter ihm dienen wollten, ohne daß er ihnen Etwas zu Leide that. Den Stativs aber beließ er nicht nur in seiner bisherigen Würde, sondern gab auch die Flotte unter seine Befehle. So war auch Cassius in Kurzem mächtig geworden, trug dem Cäsar Versöhnung an und berichtete dem Senate, gleich Brutus, über den Stand der Dinge. Aus diesem Grunde bestätigte ihn der Senat als Statthalter über Syrien und übertrug ihm den Krieg wider Dolabella. 29. Dieser war eigentlich zum Statthalter über Syrien bestellt und noch als Consul dahin abgegangen. Er hielt sich aber auf seiner Reise durch Macedonien und Thracien nach Asien unterwegs zu lauge auf und verweilte sich auch da noch. 796 Cassius Dio's Römische Geschichte. AIS er aber hier den Senatsbeschluß vernahm, ging er nicht weiter nach Syrien, sondern blieb wo er war, und benahm sich so gegen Trebonius, daß Dieser ihm sein volles Vertrauen schenkte, die Beköstigung seiner Soldaten gerne übernahm, nnd ohne alles Arge mit ihm zu leben anfing. Als Der nun so ganz sicher und nicht mehr auf seiner Hut war, überfiel Jener Nachts plötzlich Smyrna, worin sich Beide befanden, tödtete ihn, warf seinen Kopf vor Cäsar's Bildsäule hin und bemächtigte sich ganz Asiens. Als man Dieß in Rom erfuhr, ward ihm der Krieg erklärt; denn noch hatte Cäsar den Antonius nicht besiegt, und konnte in der Stadt noch nicht schalten, wie er wollte. Seinen Freunde» setzte man eine Frist, innerhalb welcher sie sich von ihm lossagen mußten , wofern sie nicht als Feinde des Staates wollten angesehen werden. Die Rüstungen zu dem Kriege gegen ihn übertrug man den Eonsuln, wenn sie mit den laufenden Geschäften fertig wären (denn von der Besitznahme Syriens durch Cassius wußte man noch nicht); damit er aber in der Zwischenzeit nicht zu mächtig würde, wies man den Krieg vorerst den Statthaltern der angränzenden Provinzen zu. Auf die Nachricht von den Maßregeln, welche Cassius genommen hatte, verfügte man auf die schon erwähnte Weise, bevor noch von Jenen Schritte gethan worden waren. 50. Nachdem sich Dolabella so in den Besitz von Asien gesetzt hatte, kam er nach Cilicien, während Cassius in Palästina war. Tarsus öffnete ihm die Thore. Die Truppen des Cassius, welche in Aegea als Besatzung lagen, schlug er und fiel nun in Syrien ein. Von Antiochia wurde er von der Besatzung abgewiesen; Lavdicea aber öffnete ihm, aus 797 Sieben und vierzigstes Buch. Ergebenheit gegen den ältern Cäsar, ohne Schwertstreich die Thore. Mehrere Tage ging es ihm so ganz nach Wunsch; er sehte, da seine Flotte schnell aus Kleinasten nachkam, nach Aradus über, um auch hier Geld und Schiffe aufzutreiben, wäre aber beinahe mit einigen Begleitern aufgehoben worden. Jedoch entrann er glücklich, stieß jetzt aber auf den heranrückenden Cassius, lieferte ihm eine Schlacht und ward anf's Haupt geschlagen. Er warf sich nun in die Stadt Laodicea und wurde hier ^belagert. Von aller Verbindung mit dem Lande abgeschnitten — da unter Andern auch Parther dem Casstus zu Hülfe kamen — war er dennoch auf der Seeseite durch die Schiffe aus Kleinasien und Aegypten, welche letztere ihm Cleopatra nebst Geldmitteln schickte, mächtig qenng, bis Stalins eine Flotte sammelte, in den Hafen eindrang, die sich ihm entgegenstellenden Schiffe besiegte und ihm auch das Meer verschloß. So auf beiden Seiten von der Zufuhr der Lebensmittel abgeschnitten, wagte er, wegen Mangels an den nöthigsten Bedürfnissen, einen Ausfall, wurde aber bald in die Stadt zurückgeworfen, sah diese verrathen und brachte sich nun, um nicht lebendig in die Gewalt der Feinde zu kommen, selbst um's Leben. Ein Gleiches that sein Legat Marcus Octavius. Obgleich sie den Trebonius »»beerdigt hatten hinwerfen lassen, so versagte ihnen Cassius doch das Begräbniß nicht. Ihre Anhänger, welche den Kampf überlebten, wurden begnadigt und am Leben gelassen, obschvn sie in Rom für Feinde erklärt worden waren. Die Lavdiceer kamen mit einer Geldbuße davon. Die Casstus. 7s Bdchn. 3 7S8 Cassius Dio's Römische Geschichte. Auch sonst wurde Keiner bestraft, und doch wurde ihm später von Vielen derselben Verderben bereitet. 51 . Wahrend dieser Vorgänge wollten die Tarser dem Tillius Cimbcr, einem der Mörder Cäsar'», der damals Statthalter in Bithynien war und dem Cassius zu Hülfe eilte, den Durchzug durch die Engpässe des Taurus verwehren. Aus Furcht verließen sie zwar solche und schloffen, weil sie ihn für sehr stark hielten, Frieden mit ihm; als sie aber die geringe Zahl seiner Truppen gewahrte», verschlossen sie ihm die Thore und lieferten keine Lebeusmittel. Weil er es jedoch für wichtiger hielt, dem Cassius zu Hülfe zu eilen, als die Stadt zu erobern, so ließ er nur eine kleine Besatzung in einem verschanzten Lager zurück und zog nach Syrien. Sie aber rückten aus, bemächtigten sich desselben und wandten sich dann gegen das benachbarte Adana, mit dem sie von jeher im Streite lagen, unter dem Vormunde, daß es die Partei des Cassius begünstige. 'Auf die Nachricht davon schickte Dieser Anfangs, weil Dolabella noch lebte, den Lucius Rufns gegen sie; später aber kam er selbst, und, weil sie sich schon an Rufns ergeben hatten, behandelte er sie nicht weiter mit Härte, nur nahm er ihnen, Was sie an öffentlichem und eigenem Gelde besaßen. Darob wurden die Tarser von den Triumvirn, welche bereits die Herrschaft in Rom an sich gerissen hatten, belobt nnd erhielten das Verspreche», daß ihre Verluste ihnen vergütet werden sollten. Der Cleopatra wurde für die Hülfe, die sie dem Dolabella leistete, gestattet, daß ihr Sohn, dem sie ursprünglich den Namen Ptolemäns, bald aber, weil sie dem Cäsar die Vaterschaft Sieben und vierzigstes Buch. 799 zuschob, den Beinamen Cäsarion gegeben hatte, den Titel eines Königs von Aegypten führen durfte. zr. Nachdem Cassins Syrien und Cilicien zur Ruhe gebracht hatte, ging er nach Kleinasien zu Brutus. Als sie nämlich von der eidlichen Verbündnng der Triumvir» und den gegen sie ergriffenen Maßregeln Kunde erhalten, kamen sie zusammen und beschlossen, mehr im Einvernehmen mit einander zu handeln. Die Veranlassung zum Kriege war für beide die nämliche: sie hatten Gleiches zu fürchte»; sie hatten die Hoffnung noch nicht aufgegeben, für ihr Volk die Freiheit wieder zu erkämpfen und den drei Männern, welche solcher Dinge sich vermaßen, den Untergang zu bereiten, und Dieß mußte sie um so geneigter machen, nach einem ge- meinsamen Plane zn handeln. Ihr Entschluß war, vor Allem nach Macedonic» zu ziehen, Jene nicht herüber zn lassen, oder ihnen durch eine Landung in Italien zuvorzukommen. Da Jene aber mit ihren Angelegenheiten in Rom »och nicht im Reinen waren, und mit Sextns, der sie in der Nähe beobachtete, voraussichtlich noch Arbeit genug hatten, so führten sie ihr Vorhaben nicht sogleich aus, sondern gingen umher und suchten theils selbst, theils durch Unterhändler die noch nicht Einstimmigen für ihre Sache zu gewinnen, und sich durch Geld und Truppen zn verstärken. 55. Jetzt traten die ander» Alle sogleich zu ihnen über, auch Diejenigen, die man früher nicht darum angegangen hatte; Ariobarzanes, die Rhodier und die Lycier widersetzten sich ihnen zwar nicht, wollten aber auch in kein Bündniß mit ihnen treten. Da sie aber dieselben im Verdachte hatten. 3 " 800 Cassius Dio's Römische Geschichte. als hielten sie es mit der Gegenpartei, weil Cäsar sich gütig gegen sie bezeigt hatte, nnd fürchten mußten, Jene würden nach ihrem Abzüge Unruhen ansangen nnd die Andern mit zum Abfalle bewegen, so beschlossen sie, zuerst sich gegen sie zu wenden, in der Hoffnung, sie durch Waffengewalt, oder durch reichliche Wohlthaten entweder aus gütlichem Wege oder durch Zwang auf ihre Seite zu bringen. Cassins schlug die Rhodier, die sich auf ihre Seemacht so viel zu Gute thaten, daß sie wider ihn auf das Festland hinüberfuhren, nnd ihm die Fesseln zeigten, die sie in der Hoffnung mit sich schleppten, recht Viele lebendig in ihre Gewalt zu bekommen, erst in einer Seeschlacht bei Myndus, dann bei Rhodus selbst, mit Hülfe des Stalins, indem er, Was sie au Erfahrung voraus hatten, durch die Menge und Größe seiner Schiffe ersetzte. Hierauf kam er selbst auf ihre Insel, und that ihnen, da sie keinen wettern Widerstand leisteten, und er, weil er sich in seiner Jugend auf dieser Insel aufgehalten hatte, eine Vorliebe für sie hatte, weiter Nichts zu Leid, als daß er ihnen ihre Schiffe und die dem Staat und den Tempeln gehörigen Gelder und Schatze, außer dem Wagen des Sonnengottes, abnahm. Hierauf bekam er den Ariobar- zanes in seine Gewalt und tödtete ihn. 34. Brutus aber schlug das vereinigte Heer der Lycier, das ihm bis an die Gränzen entgegen gekommen, drang mit ihm in sein Lager ein und eroberte es mit dem ersten Angriffe. Die meisten Städte ergaben sich jetzt ohne Widerstand ; nur Xanthns mußte er belagern. Die Städter thaten, ehe er sich's versah, einen AuSfall, warfen Feuer auf seine Maschinen, schössen nnd warfen einen Hagel von Pfeilen 801 Sieben und vierzigstes Buch. und Wurfspießen, und brachten ihn in große Noth. Er wäre verloren gewesen, wenn die Soldaten nicht mitten durch daS Feuer unvermuthet auf die Leichtbewaffneten losgedrungen, sie angegriffen, in die Stadt geworfen hätten, mit ihnen hineingestürzt wären, und einige HänHr in Brand gesteckt hätten. Die es sahen, geriethen in Bestürzung und die Entfernteren meinte», die Stadt sey schon völlig erobert. Jetzt steckten die meisten Einwohner die noch übrigen Häuser selbst in Brand, nnd die Meisten brachten sich gegenseitig um's Leben. Brutus ging dann vor Patara, und ließ die Stadt auf freundliche Bedingungen auffordern. Weil man aber Nichts von Uebergabe hören wollte (denn die Sclaven, welche erst ihre Freiheit, die armen Frcigebornen, welche Erlassnng ihrer Schulden erlangt hatten, ließen es nicht dazu kommen), so schickte er einige gefangene Tanthier, deren viele mit ihnen durch Wechselheirathen verschwägert waren, an sie, indem er hoffte, sie durch dieselben zur Uebergabe z» vermögen. Als sie sich aber immer noch weigerten, ob er gleich jedem Derselben seine Verwandten ohne Lösegeld freizugeben versprach, so ließ er an einem sicheren Ort in der Nähe der Mauer eine Bühne auffuhren, die vornehmsten Gefangenen darauf stellen und feilbieten, um vielleicht dadurch die Patareer geschmeidig zu machen. Als sie aber auch so sich ihm nicht ergaben, so ließ er nur wenige verkaufen, und gab die andern frei. Sobalv die Städter Dieß sahen, wikerstanden sie nicht länger, sondern ergaben sich an ihn, der so edel handelte; und wurden einzig mit einer Geldbuße belegt. Ihrem Beispiele folgten die Myrier, als er ihren Anführer in dem Hafen an der Stadt gefangen nahm und wieder in Freiheit 802 Cassius Dio's Römische Geschichte. setzte. Auf gleiche Weise brachte er in kurzer Zeit auch daS übrige Land zur Ruhe. Z5. Nach diesen Unternehmungen kehrten sie nach Asien zurück, und brachten alle Mißverständnisse, welche sich durch Verleumdungen Anderer zu ergeben pflegen, in freundlicher Besprechung vor, verständigten sich, und eilten nach Makedonien. Schon waren ihnen hier Casus NorbanuS und De- cidius Saxa zuvorgekommen, hatten, ehe Stalins eintraf, über das Ionische Meer gesetzt, das ganze Land bis an das Pangäischc Gebirge in Besitz genommen und bei Philipp! ein Lager bezogen. Diese Stadt liegt am Pangäische» Gebirge und dem Symbolon. Symbolon nennen die Griechen diese» Ort, weil hier jenes Gebirge mit einem andern landeinwärts sich erstreckenden zusammenstoßt. Er liegt aber zwischen Neaxolis und Philipps. Jenes liegt nämlich an der See, der Insel Thasos gegenüber, dieses aber zwischen Bergen auf einer Ebene. Sara und Nvrbanus hatte» den kürzesten Weg über das Gebirge eingeschlagen, so daß Brutus und Cassius nicht einmal den Versuch machten, sondern einen Umweg nach den sogenannten Creniden einschlugen. Auch diesen Paß fanden sie besetzt, warfen aber die Feinde zurück, gelangten über das Gebirge und zogen dann auf den Anhöhen nach der Stadt, wo Jeder, so zu sagen, ein besonderes Lager bezog. In der That aber war es nur ein einziges. Um nämlich die Soldaten besser in Ordnung und Zncht halten zu können, waren ihre Lager zwar abgeschieden; da aber auch der Zwischenraum mit Graben und Wall umgeben war, so waren sie von e ine r Umschanznngslinie umgeben und geschützt. 803 Sieben und vierzigstes Buch. 56. Ihren diesmal ihnen gegenüberstehenden Gegnern waren sie bei weitem an Zahl überlegen; deßwegen vertriebe» sie dieselben aus dem Symbolvn und besetzten es, wo sie ihre Bedürfnisse von der See her leichter beziehen und durch Einfälle in die Niederungen beitreiben konnten. NorbanuS und Sara wagten nämlich nicht, ihnen eine Hauptschlacht zu liefern, sondern sandtenüiur, wo sich Etwas zu machen schien, Reiter aus, richteten aber Nichts aus. Sie hielten sich mit ihrem Heere mehr vcrtheidigungsweise, als daß sie etwas Entscheidendes unternommen hätten, und schickten eiligst nach Cäsar und Antonins. Diese erfuhren, daß Brutus und Cas- sins noch mit den Rhvdiern und Lyciern zu thun hätten, und meinten, daß sie noch lange Zeit mit diesem Kriege zubringen würden; deßhalb beeilten sie sich nicht und schickte» nur einstweilen Norbanns und Sara nach Macedonien voraus. Auf die Kunde aber, daß sie überwältigt seyen, ertheilten sie den Lyciern und Rhodiern Lobsprüche und versprachen, sie zn entschädigen; brachen aber selbst sogleich von der Stadt auf. Doch hielten sie sich unterwegs aus; Antonins wurde längere Zeit bei Bruudusiiim von Stativs, Cäsar aber bei Rhegium von Sextus, der Sicilien inne hatte und Miene machte, nach Italien überzusetzen, aufgehalten. 57. Als sie mit diesem nicht so leicht fertig wurden, und der Krieg mit Brutus und Cassins ihnen wichtiger war, so ließen sie einen Theil des Heeres znr Bewachung Italiens zurück, und gelangten mit dem größer» Theile glücklich über das Ionische Meer. Cäsar blieb krank in Dyrrhachium zurück, Antonins aber wandte sich nach Philippi und befeuerte für den Augenblick den Muth der Seinigen; als er aber 804 Cassius Dio's Römische Geschichte. mit einem Hinterhalte, den er den Futter holenden Feinde» „ legte, unglücklich war, schwand auch ihm selber der Muth. T Auf diese Nachricht eilte auch Cäsar, weil er fürchtete, An- t< tonius möchte allein besiegt werde» oder siegen, und in den, h einen Falle Brutus und Cassius, im andern Antonius ihm s, zu mächtig werden, obgleich noch nickt ganz genesen, herbei a und stärkte dadurch den Muth der Antonianer. Weil es si aber nicht sicher schien, gesonderte Lager zu beziehen, so ver- » einigten sie ihre drei Heere in einen Play und Eine Um- a schanzung. Als beide Heere so einander gegenüber standen, a fielen zwar von beide» Seiten gelegentliche Plänkeleien und I Scharmützel vor; zu einer eigentlichen Schlacht aber wollte r es lange Zeit nickt kommen, so sehr auch Cäsar und Auto- f nius es wünschten. An Streitkräften waren sie nämlich ihren Feinden überlegen, hatten aber nicht so reichlichen i Ueberfluß an Lebcnsmitteln, weil ihre Flotte den Sextus > blokirte und so das Meer ihnen versperrt war. 28 . Aus diesen Gründen und weil Sextus von Sicilien aus Italien bedrohte und bei längerem Zögern dasselbe in Besitz nehme» und nach Macedonien herüberkommen konnte, wünschten sie mit Ungeduld, eine Schlacht zu liefern. Cas- sius und Brutus aber suchten sie zwar nicht zu vermeiden: denn Was Jene durch die Tapferkeit ihrer Soldaten voraus hatten, das ersetzten sie durch ihre Ueberzahl; wenn sie aber ihre Lage mit derjenigen der Feinde verglichen, wie sie selbst jeden Tag neue Äülfstruppen erhielten, und vyn der See einen Ueberfluß von Lebcnsmitteln bezogen, so mochten sie wohl noch zuwarten, ob sie nicht ohne Gefahr und Blutvergießen obsiegen könnten. Eifrige Vaterlandsfreunde, wie sie waren, 805 Sieben und vierzigstes Buch. und im Kampfe gegen Mitbürger begriffen, nahmen sie auf Diese eben so wohl als anf die Ihrigen Bedacht, und wünschten beiden Theilen Rettung und Freiheit zu erlange». Sie hielten also einige Zeit an, ehe sie sich in ein Treffen einlassen wollten. Wie aber ihre Truppen, die größten Theils aus den Provinzen waren, über die Zögerung murrten und ihre Gegner zu verachten anfingen, weil dieselben die Süh- imng des Heeres, die vor dem Kampfe zu geschehen pflegt, aus Furcht innerhalb des Lagers vorgenommen hatten, — auch ungestüm auf die Schlacht drangen, und sich vernehmen ließe», daß sie bei längerem Verzüge das Lager verlassen und auseinander gehen würden, so sahen sie sich gegen ihren Willen zu einer Schlacht gezwungen. 59. Unter allen Schlachten, welche die Römer in den Bürgerkriegen kämpften, ist diese die wichtigste; nicht als ob fle durch die Zahl oder Tapferkeit der Streitenden sich vor andern ausgezeichnet hätte; denn sie hatten mit größeren Streitkräften und glänzenderem Muthe zu vielen Malen gestritten; >eyt aber galt es der Freiheit und der Volksherrschaft. An» später noch kämpften sie wie früher, widereinander, aber nur darum, Wem sie zu dienen hätten. Jetzt aber kämpften die Einen für Alleinherrschaft, die Andern für die' Unabhängigkeit des Vaterlandes. Seitdem erhob es sich nicht wieder zu voller Freiheit, obgleich von keinen» auswärtigen Feinde besiegt: denn die Truppen aus den Provinzen und die Bundesgenossen, welche damals bei dem Römischen Heere waren, sollten nur die Zahl der Bürger verstärken. Das Römische Volk war damals Sieger über sich selbst; es kam und brachte sich selbst zu Fall; es half mit 806 Cassius Div's Römische Geschichte. eigener Hand die Volksherrschaft stürzen und die Alleinherrschaft gründen. Damit sage ich nicht, es sey ein Unglück gewesen, daß es damals unterlag - denn Was kann man von beiden Theilen der damals Kämpfenden sagen, als daß Römer besiegt wurden und Cäsar siegte? Bei dem damaligen Stande der Republik war an ein einträchtiges Zusammenwirken der Bürger nicht mehr zu denken. Eine reine Demokratie, zn solcher Macht gelangt, oermag sich nicht mehr innerhalb der Gränzen der Mäßigung zu halten. Kä-rpfe auf Kämpfe gleich diesen wäre» sich gefolgt, bis sie entweder in die tiefste Knechtschaft herabqcbracht, oder gänzlich aufgerieben worden wären. 4». Auch aus den damals vorfallenden Wnnderzeichen ließ sich auf die Wichtigkeit des Kampfes schließen. Wie die Götter immer wichtige Ereignisse vorher anzudeuten pflege», so gaben sie auch jetzt in Rom und in Macedonien die untrüglichsten Vorzeichen der Folgen dieses Kampfes. Zu der Stadt verlor die Sonne an Glanz und erschien sehr klein, dann aber wieder groß und dreifach, ja selbst bei Nacht erglänzte sie einmal. Blitze schössen nach vielen andern Orten, besonders aber auch auf den Altar des sieghaften Jupiter herab; Fackeln irrten nach vielen Seiten bin, Trvmpeten- schall, Waffengeklirr und Feldgeschrei ließen sich Nachts anS Cäsars und Antpnins Gärten, welche neben einander an der Tiber lagen, vernehmen. Ein Hund schleppte einen andern todte» Hund nach dem Tempel der Ceres, scharrte die Erde mit den Füßen auf und vergrub ihn. Ein Kind wurde mit zehen Fingern an jeder Hand geboren. Ein Maulesel gebar «ine zweigestaltige Mißgeburt, deren Vordertheil einem Pferde, 807 Sieben und vierzigstes Buch. der Hintere Theil einem Maulesel glich. Der Wagen der Minerva brach auf der Heimkehr von den Circensischen Spielen bei dem Capitolinm zusammen. Das Standbild des Jupiter auf dem Albanerberg schwitzte am Latinerfest an der rechten Schulter und der rechten Hand Blut. Zu diesen Götterzeichen kommt noch, daß Flüsse »m Rom ganz ausblieben, andere wieder zn fließe» begannen. Dahin zu deuten schien auch, Was zu gleicher Zeit zufällig durch Menschen geschah: beim Latinerfest beging der Stadtpräfect die Latia- rien, die weder ihm zukamen, noch zu jener Zeit begangen wurden, und die Volksädilen stellten statt der Rittergcfcchte Fechterspiele zu Ehren der CereS an. Dieß geschah in Rom; auch trug man sich mit Anderem, das vor und bei der Schlacht das Ende der Vvlksgewalt angedeutet haben sollte. In Macedonien (denn zn diesem rechnet man Pangäum und die Umgegend) umschwärmten viele Bienen das Lager des Cassins, und bei dem Sühnungsvxser setzte ihm Einer den Kranz verkehrt auf das Haupt; auch fiel ein Knabe, der bei einem Fcstaufzug, wie solche die Soldaten zn halten pflegen, die Siegesgöttin trug. Was aber am meisten ihr Verderben vorbedentete, »ud auch den Feinden nicht entging, war, daß viele Geier und andere aassreffende Vogel nur über ihrem Lager umherflogen und aus sie herabschanten, indem sie grauenvoll krächzten und mit den Flügeln schlugen. 4t. Solche Vorzeichen verkündeten Diesen Unglück; Jene halten keine Vorbedeut-nng; nur einige Traumgesichte konnte» dahin gedeutet werden. Einem Thessalier kam es vor, als ob ihm der ältere Cäsar dem junger» Cäsar zu melden beföhle : am morgenden Tag sey die Schlacht, er solle 808 CasstuS Dio's Römische Geschichte. Etwas an sich stecken, was er leinst) als Dictator z» tragen " pflegte. Hierauf steckte er sogleich dessen Ring an den Fiw ger und- trug ihn auch später oft. Dies; Gesicht hatte der Theffalicr. Cäsar's Arzt aber wollte einen Befehl Miuer- vens gehört haben, diese», obgleich er noch sehr übel auf war, aus dem Zelte in die Schlacht zu führen. Dieß war seine Rettung. Wenn Andere im Lager und innerhalb der Verschanznngen bleiben und dadurch gerettet werden, die Schlachten aber Gefahren bringen, so war es bei Cäsar das gerade Gegentheil. Daß er den Wall verließ und, wen» gleich von Krankheit erschöpft und wehrlos, sich unter Käm- pfendc mischte, rettete ihn vom Untergang. 42. Der Verlauf der Schlacht war folgender: Mau hatte keine Zeit zur Schlacht ausgemacht; aber wie auf eine Verabredung waffneten sich Alle mit Anbrach deS Tags, schritten allgemach auf das Felde zwischen beiden Lagern zum Kampfe vor, und stellten sich dort ungestört in Schlachtordnung auf. Als sie einander gegenüberstanden, erfolgte» auf beiden Seiten Reden der Feldherren, Legaten, Hauptleute an sie Alle zusammen, an Einzelne, wie es die Gefahr der Gegenwart und ein. Blick in die Zukunft heischen mochten. Der Inhalt dieser Worte war im Ganzen völlig gleich, da auf beiden Seiten Römer mit ihren Bundesgenossen standen. Der Unterschied war nur der, daß die Führer anf des Brutus Seite den Ihrigen Freiheit und Volksgewalt, Befreiung von Tyrannen - und Despvtendrnck vorhielten , lind die Wohlthaten der Gleichheit der Rechte, die Uebel der Alleinherrschaft, die sie theils selbst erlitten, theils von Andern erfahren hätten, zu Gemüthe führten, indem sie Alles und 809 Sieben und vierzigstes Buch. Jedes noch besonders beleuchteten, und ihnen an's Herz legten , nach dem Einen zn trachten, das Andere aber zu vermeiden, das Eine zn lieben und das Andere zu verabscheuen. Die Andern dagegen forderten ihr Heer zur Rache au den Hochverräthern auf, versprachen ihnen die Güter ihrer Gegner, die Herrschaft über alle ihre Stammgenosse», und (Was ihnen am meisten Muth machte) sie versprachen einem Jeden jivanzigtansend Sestertisn. 45. Jetzt lies die Losung durch die Reihen; sie war bei Brutus Freiheit, bei den Andern irgend etwas Anderes; dann gab auf beide» Seiten ein Trompeter das Zeichen, und die übrigen fielen ein, zuerst so, daß Einige im Kreise stehend das Signal bliesen, daß die Heere sich stellen und rüsten sollten; dann auch die Andern, welche den Muth der Soldaten befeuerten und zum Angriffe reizten. Hierauf folgte plötzlich eine tiefe Stille; nach einigen Augenblicken bliesen sie wieder in durchdringenderem Ton und die Schlacht- reihen erhoben auf beiden Seiten das Feldgeschrei. Die Legionen schlugen unter dem Schlachtruf Schilde und Wurfspieße zusammen und schlenderte» diese aufeinander los, und die Schleuderen und Bogenschützen entsandten ihre Geschosse und Steine. Endlich sprengte die Reiterei gegen einander, die Gepanzerten folgten und Alles ward handgemein. 44. Zuerst stürzten sie mit Ungestüm auf einander los und fochten mit den Schwertern, und schauten sich vor, wie sie den Gegner verwunden könnten, ohne selbst verwundet zu werden. Denn noch war der Tod ihres Feindes und die eigene Rettung ihr Augenmerk. Als aber ihre Hitze stieg und ihr Muth entbrannte, stürzten sie unbesonnen auf ein- I 810 Casjius Dio'S Römische Geschichte. ander los, achteten »immer der eigenen Sicherheit, und ga- . ko den, nm ihre Mordgicr zu befriedigen, ihr eigenes Leben be Preis. Einige warfen ihre Schilde von sich, packten die be Gegner, fasnen sie an den Helmen und hieben sie auf den D Rucken, Andere rissen ibnen den Schild weg und stießen sie kr in die Brust; Andere faßten die Schwerter ihrer Gegner in und durchbohrten sie wie Unbewaffnete; wieder Andere ga- ai den einen Theil des Körpers der Verwundung Preis, um d die übrigen desto ungehinderter gebrauchen zu können. Zum h Theil umschlangen sie sich und kamen, da sie einander nicht si mehr verwunden konnte», durch den bloßen Zusammendrnck u der Schwerter und Körper nm. Die Einen waren mit einer, ü Andere erst nach vielen Wunden todt; sie hatten kein Gefühl a ihrer Wunden, der Tod kam jedem Schmerz zuvor; auch ü winselten sie nicht dem nabeu Tode entgegen; denn sie behielten nicht Zeit dazu. Es stieß Einer seinen Gegner nie- < der und vergaß über der augenblicklichen Siegeslust, daß auch l seiner ein gleiches Schicksal wartete. Der Fallende fiel. ohne l es zu fühlen, und sein Leiden zn empfinden 45. Jedes Heer hielt stell anf der Stelle, wo es stand, wich und verfolgte nicht, Jeder verwundene und ward verwundet, tödtete und ward getödtet, bis tief in den Tag hinein. Wenn alle Truppen anf allen Seiten in den Kamps gekommen wären, wie Dieß sonst zn geschehen pflegt, oder Brutus dem Antonius, Eassins dem Cäsar gegenüber gestanden wäre, so wäre das Treffen unentschieden geblieben. So aber überwältigte Brutus den kranken Cäsar, und Antonius den ihm im Kriegswesen durchaus nicht gewachsenen Cassins. So kam es, daß beide Theile sich Sieger und besiegt nennen 811 . Sieben und vierzigstes Buch. ga- . konnten. Denn beide Theile siegten und wurden besiegt; den beide brachten ihre Gegner zum Weichen und wichen selbst; die beide flohen und verfolgten, Beider Lager wurde erobert, den Da sie mit ihren Streitmassen die weite Ebene bedeckten, so ! sie konnten sie nicht von einem Flügel auf den andern sehen, siier und Jeder sah nur, Was ihm gerade gegenüber stand. Als ga- aber die Flucht begann, so floh man auf beiden Seiten nach »in dem vom feindlichen weit entfernte» Lager und wußte deß- !»>» halb und wegen des gräßlichen Staubes nicht, wie die Schlacht icht sich entschied. Die Sieger glaubten überall gesiegt zu haben, nick und die Besiegten überall besiegt zu seyn. Auch wurde» sie »er, über den wahren Stand der Dinge nicht eher aufgeklärt, fühl als bis Jeder als Sieger bei der Rückkehr in sein Lager d«m »ich Andern begegnete. be- 46. Wirklich war auch die Schlacht für beide Theile nie- gewonnen und verloren. Denn sie griffen sich nicht mehr »ich an; sondern wichen, sobald sie das Wahre erfuhren, und ch»e einander bei der Rückkehr gewahrten, ohne einen neuen Kampf zu wagen, einander ans. Gewinn und Verlust bestand für l»d, beide Theile darin, daß einerseits das Lager des Cäsar und oer- Autonius mit Allem, Was es enthielt, erobert, und so der hi»- Tranm ganz in Erfüllung gegangen war, denn wäre Cäsar mpf auf dem Playe geblieben, so wäre er ohne allen Zweifel mit ider den Andern zu Grunde gegangen; daß anderseits CassiuS lau- zwar aus der Schlackt entkam, aber seines Lagers beraubt, So weiter floh; in der Meinung aber, daß auch Brutus besiegt liuS und er von den Siegern verfolgt sey, in den Tod eilte. Er ins. hatte einen Centurio abgeschickt, um ihm Nachricht zu brin- men gen, wo Brutus sey und wie es ihm gehe. Als Dieser auf 812 Cassius Dio's Römische Geschichte. -je Reiter traf, die auf des Brutus Geheiß ihn suchen mußten, kehrte er mit ihnen um, übereilte sich aber nicht, weil er keine Gefahr und Dringlichkeit sah. Als sie Cassius aber vvn Weitem kommen sah, hielt er dieselben für Feinde, und befahl seinem Freigelassenen Pindarus, ihm das Schwert durch die Brust zu stoßen. Wie aber der Centurio erfuhr, daß seine Saumseligkeit Schuld an seinem Tode sey, gab er auch sich den Tod. , 47. Brutus ließ die Leiche des Cassius sogleich in aller ! Stille nach Thasos bringe», weil er ihn nicht in der Nähe bestatten wollte, um das Heer nicht durch diesen Anblick traurig und muthlos zu machen. Seine Leute, die den Kampf überlebt hatten, oersammelte er um sich, tröstete sie und gewann sie durch Erstattung Dessen, was sie verloren hatten. Weil ihr Lager bequemer war, zog er in dieses, that vvn hier aus den Feinden vielfachen Abbruch, und unternahm sogar einen nächtlichen Angriff aus ihr Lager. Eine förmliche Schlacht wollte er ihnen nicht liefern, da er große Hoffnung hegte, ihrer ohne Gefahr mit der Zeit Meister zu wer- j den; suchte sie also immer nur zu beunruhigen, und bei Nacht in Furcht zu setzen. Einmal leitete er sogar den Flnß ab und setzte ihr Lager unter Wasser. Dem Cäsar und Aniv- nius aber fehlte es an Geld und Lebensmitteln; weßhalb sie . auch die Soldaten für ihre Verluste durch die Plünderung ' nicht entschädigen konnten; auch waren die Hülfstruppen, die von Brundnsinm aus auf Transportschiffen nachgesendet wurden, vvn Stalins aufgefangen worden. Sie konnten ohne Gefahr sich nicht anders wohin wenden, oder nach Italien zurückkehren, und mußten deßhalb auf die Waffen ihre 813 Sieben und vierzigstes Buch. einzige Hoffnung des Sieges und selbst der Rettung seyen, und wünschten noch einen entscheidenden Kamps zu wagen, ehe die Ihrigen und die Feinde ihren Verlust zur See erfuhren. 48. Da Brutus aber sich in keine Schlacht einlassen wollte, warfen sie aus gute Art fliegende Blätter in sein Lager, in denen sie die Soldaten aufforderten, auf ihre Seite zu treten, und ihnen Versprechungen machten für den Weigerungsfall aber aufforderten, sich mit ihnen zu messen, wenn sie noch Herz im Leibe hätten. In dieser Zwischenzeit ginge» von den Feinden einige Celten zn Brutus, oo».Brutus aber Amyntas, der Dciotarus Feldherr, und Rbescuporis zu Jenen über. Letzterer ging, wie Einige berichten, sogleich in die Heimath ab. Brutus besorgte nun, es möchten Mehrere diesem Vorgänge folgen und entschloß sich zur Schlacht. ") Da er viele Gefangene in seinem Lager hatte und nicht wußte, wie er sie zur Zeit der Schlacht Huten sollte, oder ob er trauen dürfte, daß sie kein Unheil stiften, so ließ er sie nothgedrnngeu und mit widerstrebendem Gefühle niederhauen; zumal da auch seine Feinde die Gefangenen aus seinem Heere getvdtct hatten. Hierauf rüstete er sich zur Schlacht. AlS sie schon in Schlachtordnung einander gegenüber standen, flogen zwei Adler über ihren Häuptern auf einander los, kämpften mit einander, und kündigten ihnen den Erfolg des Kampfes an: denn so wie der Adler auf des Brutus Seite besiegt wurde und davonflog, so wurden auch seine Legionen H Nach Valerlus Marimus sprach er vor der Schlacht die Worte: killririer III »Liciri Ue-oeiisto, kiostir eoilu aut revre eril, aut »illii curaho. Dio Cassius. 7s Vdchn. 4 814 Cassins Dio'v Römische Geschichte. nach langem, unentschiedenen Kampfe besiegt, und als ein großes Blutbad erfolgte, konnte auch seine Reiterei, so tapferste focht, nicht länger Stand halten. Die Fliehenden wurden von den Siegern nach allen Seiten hin verfolgt. Diese tödteten nicht und nahmen auch nicht gefangen, sondern wachten nur überall die Nacht über, daß sie sich nirgend mehr vereinigen konnten. 49. Brutus versuchte', sich in sein Lager durchzuschlagen: denn er hatte sich auf eine sichere Anhöhe geflüchtet; als er es aber nicht vermochte und zugleich erfuhr, daß sich einige seiner Soldaten an die Sieger ergeben hätten, so gab er alle Hoffnung auf, verzichtete auf Rettung und nahm, da er seiner unwürdig hielt, sich gefangen zu geben, seine Zuflucht zum Tode. Mit lauter Stimme rief er die Worte dcS Hercules: Elende Tugend, leeres Wort! Ich übte dich Als Wahrheit, doch des Glückes Sclavin wurdest du! und bat einen der Umstehenden, ihm das Schwert in die Brust zu stoßen. Seinen Leichnam ließ Antonius zur Erde bestatten, das Haupt aber wurde nach Rom gesendet, in einem Sturme jedoch bei der Ueberfahrt von Dyrrhachium in's Meer geworfen. 'Als er gestorben war, ergab sich die Masse seines Heeres auf angebotene Sicherheit, Porcia vcr- ^ schluckte eine Kohle und starb. Die ersten Männer, die hohe I Aemter im Staat verwaltet hatten, oder als Cäsars Mör- i der geächtet waren, gaben sich selbst den Tod, oder wurden gefangen genommen, wie Favonins, und hingerichtet. Wer noch übrig blieb, rettete sich auf das Meer und begab sich sodann zu dem Scrtus sPvmpejusl. Inhalt des acht und vierzigsten Buchs, Streitigkeiten Cäsar's mit Fulvia und Lucius Antonius. Cap. 1 — 16. Sertus Pompejus ist im Besitze Siciliens. Cap. 17 — 23. Die Parther besetzen das Land bis an den Hellespont. Cap. 24—26. Cäsar und Antonius schließen Frieden mir Sertus. Cap. 27 — 38. Publius Bentidius besiegt die Parther und unterwirft wieder Asien. Cap. 39 — 42. Cäsar nnterniinmt einen neuen Feldzug gegen Sertus. Cap. 43 — 48. Baja. Cap. 49 — 54. Der Zeitraum begreift fünf Jahre, in welchen Folgende Con- suln waren: Vor Chr. Nach Erb. Roms. 47. 713. Lucius Antonius, des Marcus Sohn und Publius Servilius Jsauricus, des Publius Sohn. 40. 714. Csteus Domitius Ealmnus, des Marcus Sohn, zum zweiten Mal,» und Cajus AsiniuS Pollio, des Cneus Sohn. 39. 715. Lucius Marcius und Casus Calvisius Sa- binus. 38. 716. Appius Claudius Pulcher, des Casus Sohn, und Casus Norbanus Flaccus. 37. 717. Marcus Vipsanius Agrippa, des Lucius Sohn, und Lucius Caninius Gallus, des Lucius Sohn. Acht und vierzigstes Buch 1. So sielen Brutus nnd Cassins durch dieselben Schwer- > ter, womit sie den Cäsar ermordet hatten; die Andern, welche > an der Verschwörung gegen ihn Theil genommen hatten, ' fanden theils früher, theils jetzt, theils später, bis auf Wenige, ihren Tod; so Las;,, wie es recht und billig war, und die Götter es fügten, die Mörder ihnes Wohlthäters, den § Tapferkeit und Glück so hoch gehoben hatten, ihre Strafe ! fanden. Cäsar und Antonius erhoben sich nun beide über > Lepidus, der den Sieg nicht m>t ihnen theilte, sollten aber bald über einander selbst herfallen: denn es'ist schwer, daß drei oder auch nur zwei Männer am Range gleich, nach solchem Wtzffenglück einig bleiben. So fingen sie.denn an, Das, was sie bisher wider den gemeinschaftlichen Feind i» Verbindung gethan, zum Ziel ihres Ehrgeizes gegen einander zu machen. Sie theilten das Reich so unter sich, daß Cäsar Spanien und Numidien, Antonius aber Gallien nnd Africa bekommen sollte, machte» aber aus, dem Lepidus, ^ wen» er empfindlich darüber würde, Africa abzutreten. 2. Nur diese Prvoinzen theilten sie, weil Sardinien und Sicilien noch Sextns besetzt hielt, und die übrigen außer Italien noch nicht beruhigt waren. Von diesem brauche ich nicht zu reden, da es bei solchen Theilungen nicht mit eingerechnet wurde. Denn sie gaben immer vor, daß sie nicht 817 Acht und vierzigstes Buch. um, sonder» für dasselbe kämpften. Diese blieben also gemeinsamer Besiy; Antvnins nah!» über sich, die Feinde zu Paaren zn treiben, und das den Soldaten versprochene Geld herbeizuschaffen, Cäsar aber wollte den Lepidus, falls er fielt rühren sollte, im Zaume ballen und den Krieg gegen Sextus sPvmpcjuss fuhren, auch an die ausgedienten Soldaten, die man sogleich entlieh, die versprochenen Ländern«, vertheilen. Ferner überliest er dem Amvnins zwei seiner Legionen, wogegen ihm Antvnins zwei andere der in Italien befindlichen von gleicher Stärke zu überlassen versprach. Diesen Vergleich trafen sie »nter sich, unterschrieben und besiegelten ibn und wechselten ihn gegen einander aus, um sich, im Falle daß er übertreten würde, daran halten zn können. Hierauf ging Antvnins nach Asien, Cä ar nach Italien ab. 5. Den Cäsar warf auf seinem Marsche und auf der Urberfahrt seine Krankheit so darnieder, daß man ihn in Rom bereits sterben ließ. Doch glaubten Andere, daß nicht sowohl Krankheit, als vielmehr neue Anschläge seine Ankunft verzögerten, und machten sich bereits auf alle möglichen Unbilden gefaßt; verordneten jedoch außer anderen Vlirendezei- gnngen wegen dcS Siegs, die sie auch der ander» Partei, wenn sie gesiegt hätten, zuerkannt haben würden (wie man überhaupt in solchen Fällen gegen den unterliegenden Theil loszuziehen, und den Sieger zn ehren pflegt), selbst wider Willen feierliche Dankfeste fast auf das ganze Jahr, wozu sie Cäsar wegen der Bestrafung der Mörder aufgefordert hatte. Da seine Ankunft sich hinauszog, gab dieß Anlaß zu allerlei Gerüchten und stimmte die Gemüther auf verschiedene Weise. Unter andern verbreitete sich die Nachricht von 818 Casstus Dio's Römische Geschichte. seinem Tode und wurde von Vielen mit Freuden aufgenommen; von Andern wurden ihm schlimme Absichten unterlegt, und die Gemüther dadurch vielfach in bange Erwartung gesetzt. Die Einen schafften ihre Habe auf die Seite, und waren auf ihrer Hut; die Andern suchten sich auf gute Weise davon zu machen; wieder Andere, und zwar die Meisten konnten vor Angst zu keiner Entschließung kommen, und erwarteten ihren unvermeidlichen Untergang'; nur ein sehr geringer Theil gab sich frohen Erwartungen hin. Die vielen und mannigfaltigen Verluste an Gütern und Menschen ließen sie, die der Willkür der Sieger jetzt gänzlich anheim gefallen waren, Gleiches und noch Schlimmeres als bisher erwarten. Weil daher Cäsar, zumal bei des Lepidus Anwesenheit neue Unruhen befürchten mußte, so schrieb er an den Senat, hieß ihn getrosten Muthes seyn, und versprach überall mit Milde und Schonung zu verfahren, so gut es die Umstände erlauben wollten. Soviel geschah damals. 4. Im folgenden Jahre waren dem Namen nach Pu- blius Servilins und Lucius Anlouius, in der That aber Dieser und Fulvia Consuln. Diese, Cäsars Schwiegermutter und des Marcus >Antouius Gattin, achtete den trägen Lepidus für Nichts und riß selbst die Zügel der Verwaltung an sich, so daß Senat und Volk Nichts gegen ihren Willen zu thun vermochten. Lucius hätte gern über einige Alpcnvölker, die er besiegt haben wollte, einen Triumph gehalten; Fulvia war aber dagegen, und Niemand zeigte sich ihm zu Willen; als man ihr aber schmeichelte, gab sie es zu, und jetzt stimmten stille dafür. So hatte dem Scheine nach Antonins über die vorgeblich Besiegten, obgleich er nichts des Siegspreises 819 Acht und vierzigstes Buch. Würdiges gethan, nicht einmal den Oberbefehl daselbst geführt hatte, die Ehre des Tages, in der That aber Fnlvia. Sie that sich viel mehr, und mit größerem Recht, darauf zu Gntk: denn einem Andern die Erlaubniß zu einem Triumph- zuge zu geben, will mehr heißen, als diese Ehre aus den Händen eines Andern zu empfangen. Daß er das Triumph- kleid anhatte und den Triumphwagen bestieg, und that, Was bei einem solchen Aufznge gewöhnlich ist, war Alles, eigentlich aber war er nur der Handlanger, und die Hauptperson der Feierlichkeit war Fnlvia. Der Triumph ward am ersten Tage des neuen Jahrs gehalten, und Lucius brnsiete sich, gleich Manns den ersten Tag seines Consulats mit solchem Ehrcnzugc zu verherrlichen; I« er sehte sich noch über Jenen : denn er habe aus freien Stücken den Triumphschmuck abgelegt und den Senat in der Toga versammelt; Manns aber sey dazu gezwungen worden; Manns habe keine oder nur wenige Triumphkronen bekommen, er aber habe viele, und von jeder Tribus eine erhalten, eine Ehre, die vor ihm noch Niemand zn Theil geworden sey. Eigentlich aber geschah es wegen Fnlvia, und weil an Diese und Jene in Geheim Geld vertheilt worden war. 5. In diesem Jahre kam Cäsar nach Rom, und traf, nachdem er die herkömmlichen Dankopfer für seine Siege dargebracht hatte, die nöthigen Anordnungen in der Verwaltung des Staats. Lepidns that aus Furcht vor Cäsar und aus Schwäche des Characters keine Einsprache, und Lucius und Fnlvia hatten, als Verwandte und Theilnehmer der Obergewalt, Anfangs auch Nichts dagegen. Später aber verfeindeten sie sich, weil sie an der Vertheilung der Län- 820 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. dereien, die zum Theil auch dem Marcus Anlouius zukäme, nicht Theil haben durften; er aber beschwerte sich, das; er die Legionen von ihnen nickt erhielt. Dieß fnbrte die Auflösung ihrer Verwandtschaftsbande herbei, und ein offener Krieg entspann sich. Cäsar vertrug sich nickt mit der herrsch- snckrigen Schwiegermutter (denn anscheinend mit ihr, nicht mit Antonins wollte er brechen) und schickte ihr die Tochter noch als Jungfrau, wie er eidlich beschwor, zurück, indem er sich nicht daran kehrte, ob man ihm glaube, daß er sie so lange Zeit als Juusfrau bei sich gehabt, oder ob man darin bei ihm einen längst berechneten Plan, an dessen Ausführung er nun käme, erkennen wollte. Nach diesem Schritte war alle Freundschaft abgebrochen, und Lucius führte mit Fulvia die Verwaltung des Staates vorgeblich im Interesse des Marcus, und gab ihm in keinem Stücke nach. Aus Zärtlichkeit für seinen Bruder nahm er den Beinamen Pietas an. Cäsar gab dem Marcus keine Schuld damit er ihn sich nicht zum Feinde mache, da er die Provinzen in Asien zur Ruhe brachte ^). Jenen aber trat er mit That und Wort entgegen, da sie Alles gegen den Willen des Marcus Antonios thäten, und nur nach eigener Herrschaft strebten. 6. In die Bertbeilnug der Zaubereien sehten sie ihre größte Hoffnung auf Macht, und Dieß ward der erste Anlaß zu ihrer Veruneinigung. Cäsar wollte die Zaubereien dem nach dein Siege geschlossenen Vertrag zu Folge selbst an seiue und des Antonios Soldaten vertheilen, um sich ihrer Ergebenheit zu versichern. Jene aber wollten den sie treffenden ") Statt Sck/ni'?« lese ich mie Lcunclav -ick-roi-i-«. 82 L Acht und vierzigstes Buch. Theil selbst an die Ihrigen verloosen, und in die Städte Pfianzbürger fuhren, um ihren Beistand ;n gewinnen. Denn Beide fanden es sehr bequem, die Guter der Unbewaffneten den Kampfgefährten zu schenken. Als aber gegen ihre Erwartung großer Lärm erhoben wurde, und sich Alles zu einem Kriege gestattete, weil Cäsar Anfangs in ganz Italien, wo nicht etwa schon ein früherer Krieger Etwas als Geschenk erhalten oder bei öffentlicher Versteigerung an sich gebracht hatte, den früheren Besitzern alles Land mit Sclaven und Zubehör entriß und Jenen gab, und die ihres Besitzes Beraubten einen tödtlichen Haß auf Denselben warfen: so änderten Fuloia und der Cousul ihren Plan, indem sie mehr Hoffnung auf die Unterstützung der die Mehrzahl bildenden Beeinträchtigten setzten, halfen Denen, welche Becker bekommen sollten, nicht mehr, sondern traten auf die Seite der größeren Menge, welche über ihre Verluste mit Recht entrüstet war. Sie »ahmen sich jetzt der' Einzelnen an, halfen und verbanden sich mit ihnen; so daß selbst Diejenigen, welche sich früher vor Cäsar gefürchtet hatten, nun sie eines Schutzes sich versahen, wieder Mnth bekamen und sich das Ihrige nicht mehr nehmen ließen, zumal da sie glaubten, daß auch Marcns Antoaius damit einverstanden sey. 7. Diese also gewannen Lucius und Fnlvia für sich, ohne die Soldaten deS Cäsar vor den Kopf zu stoßen: denn sie stellten ihnen vor, daß die Verlovsung nicht nöthig sey, daß die Güter ihrer Gegner hinreichen würden; sie zeigten, daß die Grundstücke und die Habe derselben theils noch wirklich, theils die daraus erlösten Gelder vorhanden seyn müßten; und diese oder die daraus gewonnenen Summen sollten 822 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihnen gegeben werden. Wenn aber auch Dieß sie nicht völlig zufrieden stellte, so hielten sie Dieselben mit Hoffnungen aus die Eroberungen in Asien hin. So geschah eS dem, bald, daß Cäsar , der den Besitzern mit Gewalt das Ihrige entriß, und Allen Mühe und Gefahr in Erringnng des Besitzes bereitete, es mit beiden Theilen verderbte; Jene aber, welche Niemand Etwas nehmen wollten, und den Soldaten ohne Streit die Erfüllung der ihnen gemachten Versprechungen aus den schon vorhandenen Gütern verhieße» , bekamen beide Theile für sich. Dieß und die drückende HnnzcrSnoth, herbeigeführt durch Sextns, welcher das Sicilische, und durch Cneus Domitius Ahenobarbus, welcher das Ionische Meer beherrschte, brachte Cäsar in nicht geringe Verlegenheit. Domitius war irämlich einer der Mörder Cäsars, und hatte, aus der Schlacht bei Philipps entkommen, eine kleine Flotte gesammelt, mit der er einige Zeit das Ionische Meer behauptete, und den Feinden großen Schaden that. 8. Zu diesen Verlegenheiten für Cäsar kam noch, daß er in den Streitigkeiten, in welche die Soldaten mit den Senatoren und den übrigen Güterbesitzern gericthen, und die, bei der Wichtigkeit des Streitgegenstandes, sich immer wiederholten, ohne Gefahr keiner Partei beitreten konnte. Beide» konnte er nicht zu Willen seyn: denn die Einen fuhren mit Uebermuth darein, die Andern wollten sich Nichts gefallen lassen, die Einen griffen nach fremdem Gute, die Andern wollten sich das Ihrige nicht nehmen lassen. Denn wo er sich für den einen, oder den andern Theil entschied, wozu er sich hin und wieder genöthigt sah, so verfeindete er sich mit den Andern, und hatte von Jenen nicht so viel Dank, 823 Acht und vierzigstes Buch. als er sich ron Diesen Haß zuzog. Jene glaubten, Alles, was für sie geschehe, sey man ihnen schuldig, ohne dafür, als für eine Wohlthat, Dank zn wissen; die Andern aber grollten ihm, weil sie ihres Eigenthums beraubt wurden. So mußte er denn immer bei Diesen oder Jenen anstoßen, und bald als Volksfreund, bald als Soldatenfreund sich schellen lassen. Ais er dadurch Nichts richtete, und durch die Erfahrung sich überzeugte, daß er mit Waffengewalt sich die Ergebenheit der Beeinträchtigten nicht verschaffen konnte, sondern, Was sich nicht fügen wollte, nothwendig vernichten mußte, Liebe aber gegen Einen, den man nicht mag, nicht erzwungen werden kann: so ging er, selbst wider Willen, in etwas von seinem Plane ab, und ließ nun selbst den Senatoren Nichts mehr nehmen. Denn Anfangs wollte er auch die Güter aller Dieser an die Soldaten vertheilen, indem er bei ihnen umfragte: „Woher sollen wir den ausgedienten Soldaten ihre Belohnungen bezahlen?" — als ob ihn Jemand hätte Krieg führen und den Soldaten geheißen so viel zn versprechen! Auch Frauen ließ er für ihr Beigebrachtes zugeschriebene Ländcreien, oder Denen, die nicht so viel Land besaßen, als einem Soldaten gegeben wurde, das Ihrige nicht mehr entziehen. 9. Hierdurch wurden die Senatoren und alle Diejenigen, die Nichts mehr verloren, für Cäsar günstiger gestimmt; die Soldaten aber, welche in dieser schonenden Rücksicht eine Entehrung und Bestrafung für sich sahe», wurden, als bekämen sie selbst weniger, unzufrieden, und ermordete» Viele von den Centurionen und anderen Freunden Cäsar's, welche sie keinen Tumult machen hießen, und wenig fehlte, so hätten 824 Cassius Dio's Römische Geschickte. sie ihn selbst umgebracht, wozu sie gerechte» Grund zu haben meinte». Auch waren sie nicht eher befriedigt, als bis auch ihren Verwandten und den Vatern und Kindern der in den Schlachten Gefallenen das Land, das sie schon besaßen, belassen wurde. Jetzt waren ihm die Soldaten mehr wieder zugethan; das Volk aber ward eben dadurch von Neuem über ihn aufgebracht: man wurde handgemein, und häufige Kämpfe fielen vor, so daß von beiden Seiten Viele verwundet wurden oder anf dem Platze blieben. Die Einen siegten durch Waffen und Kriegserfahrung, die Andern durch die Ueberzahl und durch Steine, die sie von den Dächern warfen ; so kam es, daß viele Häuser in Brand gesteckt wurden, und die Hausmiethc, die sich in Rom auf zweitausend Se- stertien belief, ganz, im übrigen Italien zum vierten Theile auf ein Jahr erlasse:-: werden mußte: denn in allen Städten, in welchen sie hinter ciuander gerietheu, fielen dergleichen blutige Auftritte vor. 10. Während Dieß geschah, machten die Soldaten, welche von Cäsar nach Spanien vorausgeschickt wurden, einen Aufstand bei Placeutia, und wurden nicht eher beruhigt, als bis sie von den Umwohnern Gelder bekamen; auch wurden sie von Calenus und Ventidins, welche das jenseitige Gallien behaupteten, am Uebergange über die Alpen verhindert. Cäsar befürchtete üble Folgen und wünschte sich mit Fnloia und dem Consnl auszusöhnen. Als er aber für sich und durch seine Vermittler Nichts richtete, nahm er seine Zuflucht zu den alten Soldaten und betrieb durch sie die Aussöhnung. Dadurch stieg Diesen der Muth, sie zogen die ihrer Güter Beraubten auf ihre Seite, und Lucius ging überall umher, 825 Acht und vierzigstes Buch. sammelte fle und zog sie von Cäsar ab. Fulvia aber besetzte Präneste und gewann eS für sich, indem sie Senatoren und Ritter in ihrem Gefolge hatte. Sie hielt Berathungen mit ihnen und sandte überall hin die nöthigen Befehle. Wer sollte sich auch darob wundern? Umgürtete sie sich doch mit dem Schwerte, gab den Soldaten die Loosung, und hielt häufige Reden unter ihnen ! Auch Dieses schadete dem Cäsar. 11. Als er keine Möglichkeit sah, sich ihrer zu. entledigen (denn er stand ihnen an Macht und an Gunst bei den Andern bei weitem nach, da er Viele verletzte, Jene aber Allen Hoffunug machten), so lies; er ihnen mehrmals durch Freunde Vergleichsvorschläge machen. Als er aber Nichts bewirkte, schickte er aus der Zahl der ausgedienten Soldaten Gesandte an sie ab. Auf diesem Wege hoffte er am meisten bei ihnen zn erreichen, und die Sachen für den 'Augenblick in Ordnung zn bringen, in Zukunft aber wieder an Macht zu gewinnen. Wenn er aber auch keine» Vergleich zu Stande brachte, so glaubte er, die Schuld der Zwietracht würde wenigstens nicht ihm, sondern der Gegenpartei zu Last fallen; und so geschah es denn auch. Als er nämlich auch durch die Soldaten Nichts richtete, so ordnete er Senatoren an sie ab, legte ihnen seine Verträge mit Antvnins vor und machte sie zu Schiedsrichtern ihrer Streitigkeiten. Wie aber auch so keine Ausgleichung zu Stande kam, da Jene unter Anderm Bedingungen machten, auf welche sich Cäsar nicht einlassen konnte, und überall vorgaben, aus Befehl des Marcus An- tonius so zn handeln, so wandte er sich von Neuem an die ausgedienten Soldaten. ir. Diese kamen hierauf in Schaaren zn Rom an, unter 826 CassiuS Dio's Römische Geschichte. dem Verwände, daß sie Senat und Volk Etwas vorzubringen hatten, thaten aber Nichts dergleichen, sondern versammelten sich auf dem Capitvlium, ließen sich den Vertrag des Cäsar und Antonius vorlesen, bestätigten sie und warfen sich nun zu Schiedsrichtern über die Streitpunkte auf. Sie schrieben ihre Verhandlungen aus Tafeln, besiegelten sie und gaben sie in Gewahrsam der Vestalinnen. Dem Cäsar legten sie mündlich, den Andern aber durch Botschaft die Verpflichtung auf, an einem bestimmten Tage zur richterlichen Entscheidung ihrer Sache nach Gabii zu kommen. Cäsar war natürlich ganz bereit, sich dem schiedsrichterlichen Spruche zu fügen, Jene aber versprachen zwar zu erscheinen, kamen jedoch nicht, sey es aus Furcht, oder weil sie es unter ihrer Würde hielten. Sie verhöhnten sie nun und nannten z. B. den Rath, weil er Halbstiefeln trug, wie man im Kriege thut, nur den Stiefelrath. Man erklärte jetzt Lucius und Fulvia für schuldig und entschied zu Gunsten Cäsars. Hierauf pflegten sie noch weitere Berathungen, nahmen den Krieg wieder auf und rüsteten sich ganz- offen zu demselben. Hierfür trieben sie überall, besonders aber von den Tempeln, Gelder ein. Denn sie nahmen überall, theils im übrigen Italien, so weit es in ihrem Bereiche war, theils in Rom selbst die Wcihgeschenke, die man zu Gelde maclren konnte, weg nnd bezogen aus Gallia Togata, das damals schon zu Italien geschlagen war, damit Keiner unter dem Vormunde der Statthalterschaft dort ein Heer unterhalten konnte, Gelder und Soldaten. 15 . Während der Rüstungen Cäsars suchten sich auch Fulvia und Lucius in gehörigen Stand zu seyen und zogen 827 Acht und vierzigsten Buch. Streitkräfie zusammen. Von beiden Seiten wurden nach allen Richtungen Soldaten und Kriegstribnnen abgeordnet „nd besetzten die einen Platze , oder wurden von andern abgewiesen. Diese Einzelheiten, besonders wo Nichts von Be-- dcntnng geschah, übergehe ich, und berichte nur kurz das Wichtigste. Cäsar zog gegen Nursla im Sabinerlandc, warf die dortige Besatzung, welche gegen ihn ausrückte, in die Flucht, wurde aber von der Stadt selbst durch Tisienus Kallas abgewiesen. Hierauf ging er nach Umbrien und belagerte die Scntinaten, konnte aber ihre Stadt nicht erobern. Lucius hatte nämlich während dieser Zeit unter allerlei Verwänden in Geheim Soldaten zu seinen Freunden in die Stadt geschickt, war plötzlich selbst erschienen und hatte die Reiterei, welche gegen ihn ausgerückt war, besiegt, das Fußvolk aber zurück in die Stadt getrieben, hierauf diese selbst, da seine vorausgeschickten Soldaten sich gegen die Vertheidiger kehrten, in seine Gewalt bekommen, während Lepi- dus, dem der Schutz der Stadt anvertraut war, vermöge seiner angeborenen Trägheit keine Anstalten traf, und auch der Cousul Scrvilins sich nicht rührte. Auf diese Nachricht ließ Cäsar den Quintus Salvidicnus Rusus vor Scntinm zurück und eilte selbst nach Rom. Als er diese Kunde erhielt, machte sich Lucius noch vorher aus der Stadt, nachdem er sich zuvor den Befehl zum Auszuge in den Krieg ausgewirkt hatte, und hielt im Kriegsgewand eine Rede an das Volk, Was vor ihm noch Keiner gethan hatte. So wurde denn Cäsar ohne Schwertstreich in die Stadt aufgenommen, sehte Jenem nach, kehrte, als er ihn nicht erreichen konnte, zurück und setzte die Stadt selbst in bessern Verthei- 828 Cassius Dio's Römische Geschichte. ! dignngsstand. Inzwischen hatte Rufus, sobald Cäsar von Sentinm aufgebrochen war, weil Casus Fnrnins, der Befehlshaber des Platzes, sich im Verfolgen Cäsars zu weit " entfernt hatte, die Städter unversehens angegriffen, die Stadt ! eingenommen, geplündert und niedergebrannt. Die Nursiber I ergaben sich auf die Bedingung, daß sie in Nichts zu Setzn- ^ den kämen, als sie aber die im Kampfe gegen Cäsar Gefallenen beerdigten, schrieben sie auf die Grabsteine, daß sie im Kampfe für die Freiheit gefallen wären, und wurden mit einer so hohen Geldstrafe belegt, daß sie lieber Stadt und Land verließen. Hier nun ging es so. 14 . Als Lucius aus Rom abzog und nach Gallien eilte, wurde ihm der Weg vertreten, und er warf sich in die Etrns- cische Stadt Perusia, wo er erst von den Legaten Cäsavs, sodann von Diesem selbst belagert wurde. Ais sieti aber die Belagerung in die Länge zog, da der Play von Natur fest und mit allen Bedürfnissen reichlich versehen war. so entlief er die Reiterei vor ihrer völligen Einschließung äus der Stadt, und diese that den Belagerern großen Schaden; auch kamen von allen Seiten viele eifrige Anhänger zu ihrer Unterstützung herbei. - Viele Gefechte wurden Diesen und gegen die Stadt selbst geliefert. Obgleich aber Lucius in denselben meist die Oberhand behielt, so zwang sie endlich doch der l Hunger zur Uebergabe. Er erhielt zwar gut Andern Begnadigung, die meisten Senatoren und Ritter aber wurden niedergemacht, und zwar nicht auf die gewohnte Weise, sondern dreihundert Ritter, und unter andern Senatoren ! auch Tiberius Cannntius, der früher als Volkstribun die Menge für Cäsar Octavianus in die Waffen gerufen hatte, 829 Acht und vierzigstes Buch. wurden vor einen dem ältern Cäsar geweihten Altar geführt und diesem als Sühnopfer abgeschlachtet. Die Perusincr und die Andern, welche in ihre Hände fielen, wurden zum größten Theile getödtet und die Stadt selbst bis aus den Tempel des Vnlcanus und die Bildsäule der Juno niedergebrannt. Letztere, welche durch Zufall gerettet ward, wurde in Folge eines Traumes, den Cäsar gehabt hatte, nach Rvm gebracht. Er erlaubte, die Stadt wieder als Colonie zu bevölkern; freilich erstreckte sich ihr Gebiet nicht über achte- halb Stadien. 15. Nach der Eroberung Perusia's, welche geschah, als Cnens Caloiuus und Asinins Pollio (Jener zum zweiten Male) Consuln waren, fiel auch daS übrige Italien theils gezwungen, theils freiwillig dem Cäsar zu; weßhalb Fulvia sich mit ihren Kindern zu ihrem Manne flüchtete und viele der angesehensten Römer sich theils ebenfalls zu Jenem, theils zu Sextus nach Stellten begaben. Die Mutter der Antonier, Julia, begab sich für's Erste eben dahin und wurde von Sextns sehr freundlich aufgenommen, später aber von ihm an ihren Sohn Marcus abgesendet, um eine Versöhnung mit ihm. durch eigene Fürsprache und durch die mitgebrachten Gesandten *) vermitteln zu helfen. Mit Denen, welche damals aus Italien zu Antonins abgingen, floh auch Tibe- rius Claudius Nero. Er befehligte in irgend einem festen Platze Campauiens und entfloh, als Cäsar die Oberhand gewann, mit seiner Gattin Livia Drusilla und seinem Sohne Ich lese auf Reiske's Borschlag statt Div Cafsius. 7s Bdch». 5 850 Cassuis Dio's Römische Geschichte. ' Tiberius Claudius Nero, eben dahin. Hierin zeigte sich eine ^ der sonderbarsten Launen deL Schicksals: eben diese Livia, j die jetzt vor Cäsar floh, ward später seine Gemahlin, und > dieser TiberiuS, der jetzt mit seinen Aelrern landflüchtig > ward, folgte ihm auf dem Kaiserthrone. Doch Dieß gehört ! iu eine spätere Zeit. ' 16. Jetzt legte mau in Rom das FriedenSgewand, das man ohne förmliche Verordnung, von der Menge gezwungen, abgelegt hatte, wieder an, beging Freudenfeste, holte Cäsarn im Trinmphgewand in die Stadt ein, erkannte ihm die Lorbeer- krone mit der Bestimmung zu, daß, so oft Einer einen Triumph halten sollte, auch Cäsar jene tragen dürfe. Alt ^ Cäsar Italien zur Ruhe gebracht hatte, und aus dem Ionischen Meere, aus welchem DomilinS, nicht hoffend, längeren nachdrücklichen Widerstand leisten zn können, zu Antoinus mit seiner Flotte abgegangen war, sich nicht mehr behindert sah, so schickte er sich an, den SextuS zu bekriegen. Als er aber von seiner Macht Kunde erhalten und erfahren hatte, daß er mit Antonins Lurch dessen Mutter und durch Gesandte in Unterhandlungen getreten sey, so befürchtete er, er möchte mit Beiden zu thun bekommen, und schickte deßhalb, weil er den SextuS für redlicher und selbst für mächtiger als den Antonins hielt, seine Mutter Mucia an ihn ab, und ! nahm die Schwester des Lucius Scribonius Libv, der des SextuS Schwiegervater war, zur Gemahlin, in der Hoffnung, durch diese Gefälligkeit und durch die neuen Verwandtschafts- bande ihn sich zum Freunde zn machen. 17. Eextns hatte nämlich in Folge des Vertrags mit ^ Lepidns Hispanicn verlassen und ward dann als Befehlshaber 63t Acht und vierzigstes Buch. ! der Flotte bestellt; von Cäsar war er des Oberbefehls ent- I seht, gab aber die Flotte nicht ab, und wagte sogar gegen Italien selbst sich heranzumachen. Als Cäsar mit seinem ! Anhange in Italien die Oberhand gewonnen und er die Nachricht bekommen, daß er unter den Mördern seines Vaters mit verurtheilt worden sey, so ging er zwar nickt mehr an's Land, sondern schiffte an den Inseln umher, und beobachtete den Gang der Dinge, indem er sich Unterhalt ohne Bedrückungen zu verschaffen wußte. Da er keinen Antheil an der Ermordung gehabt hatte, so hoffte er anfangs, von Cäsar die Erlaubniß zur Rückkehr in die Stadt zu erhalten; als er aber gleichfalls auf die Aechtungsliste geschrieben worden war und erfahren hatte, daß ein Preis auf seinen Kopf gesetzt sey, so gab er die Hoffnung auf die Rückkehr auf und rüstete sich zum Kriege. Er ließ Dreiruder bauen, nahm die Ueberläufer bei sich auf, zog die Seeräuber an sich und gewährte Schutz den Verbannten. So wurde er in kurzer Zeit mächtig, herrschte auf dem Meer um Italien, fuhr in seine Häfen ein, nahm die Schiffe weg und plünderte. Als seine Unternehmungen ihm glückten, und er Leute und Schätze gewann, so schiffte er nach Sicilien und nahm die Städte Mylä und Tyndaris ohne Schwertstreich weg, ward aber von Meffana von Pompejus Bithynicus, dem damaligen Statthalter von Sicilien, zurückgewiesen. Er gab jedoch die Hoffnung auf ihren Besitz noch nicht ganz auf, sondern fnhr an der Küste ab und zu, hinderte die Zufuhr von Lebensmitteln und wußte Diejenigen, welche der Stadt zu Hülfe kamen, theils durch Androhung eines gleichen Schicksals, 5 ^ 832 CassiuS Dio's Römische Geschichte. oder dadurch, daß er sie aus einem Hinterhalte überfiel, auf seine Seite zu bringen; auch bekam er den Quästor mit seinen Geldern in seine Gewalt und brachte endlich die Stadt Meffana und den Bithynicus dahin, daß sie sich unter der Bedingung ergaben, daß Dieser mit gleicher Gewalt neben ihm über die Insel gebieten sollte. Diesem that er jetzt Nichts ^ zu Leide, die Bewohner von Meffana mußten aber die Waffen abliefern und eine Geldstrafe zahlen. Hierauf unterwarf er sich Syracus und einige andere Städte und verstärkte durch sie seine Land - und Seemacht; auch schickte ihm Quin- tus Cornificius Truppen aus Africa. So wuchs des SertuS Macht. 18 . Bisher hatte ihn Cäsar noch nicht beachtet, weil er ihn für zu unbedeutend hielt und er durch nähere dringendere Angelegenheiten beschäftigt wurde. Als aber durch die Hungersnoth eine große Sterblichkeit in der Stadt entstand, und Septus selbst auf Italien Angriffe machte, so begann er eine Flotte auszurüsten und sandte Rufus Salvidienus mit starker Heeresmacht nach Rhegillm voraus. Dieser trieb den Sextus von Italien ab und versuchte, als er nach Sici- lien sich zurückgewendet hatte, lederne Schiffe, wie sie die Anwohner des Oceans gebrauchen, zu fertigen. Innen hielt er sie durch leichte Stäbe auseinander, außen aber spannte er die rohe Haut eines Ochsen darüber her, so daß sie die Form runder Schilde erhielten. Als man ihn aber damit awslachte und er befürchtete, die Üeberfahrt auf ihnen über die Meerenge mochte mit Gefahr verbunden seyn, so ließ er davon ab, und versuchte mit der Flotte, die indessen fertig geworden und angekommen war, hinüber zu schiffen; allein 833 Acht und vierzigstes Buch. es gelang ihm nicht: denn trotz der Ueberzahl und Größe seiner Schiffe war er doch dem erfahrnen und kühnen See- volke des Gegners nicht gewachsen. Cäsar war Augenzeuge der Seeschlacht (denn sie fand gerade während seines Feldzuges nach Macedonien Statt), und wurde sehr ungehalten, daß er in der ersten Schlacht, die er lieferte, besiegt werden sollte. Er wagte es also, obgleich vergrößere Theil seiner Flotte gerettet wurde, noch nicht, mit offener Gewalt überzusetzen; unter der Hand aber machte er mehr als Einen Versuch, weil er hoffte, wenn er einmal auf der Insel wäre, mit seiner weit stärkeren Landmacht leicht Herr zu werden. Wie es ihm aber bei der allseitigen und nachdrücklichen Ueberwachnng der Küsten nicht gelingen wollte, so überließ er die Beobachtung Siciliens Andern, stieß selbst zu Anionius in Brun- dusium und setzte von dort aus mit Hülfe der Schiffe über das Ionische Meer. 19. Nach diesen Vorgängen bemächtigte sich Sextus der ganzen Insel, den Bithynicus aber tödtete er, sangeblichs weil er ihm nach dem Leben getrachtet hätte, gab Siegesspiele und ließ zur Verspottung des Rufus im Angesicht« Rhegiums, so daß es die Feinde sehen mußte», von den Ge- > fangenen eine Seeschlacht aufführen, in welcher hölzerne Fahrzeuge mit ledernen kämpfen mußten. Hierauf ließ er noch mehr Schiffe bauen, beherrschte durch sie das Meer umher, indem er sich mit dem Ruhm und der Ehre umgab, der Sohn des Neptunus zu seyn, weil sein Vater die Herr- j schaft über das ganze Meer gehabt hatte. Dieß geschah, als I es noch gut mit Brutus und Cassius stand. Nacb ihrem i Tode flüchteten sich Viele zu ihm, unter Anderen auch Lucius 8Z4 Cassius Dio's Römische Geschichte. Statins sMurcusf. Pompejtts nahm ihn Anfangs freundschaftlich auf, denn er führte ihm noch Truppen zu, die er unter sich gehabt hatte; da er aber einen unternehmenden Mann in ihm fand, der nach hohen Dingen strebte, so ließ er ihn todten, indem er ihn der Verrathet ei beschuldigte. Durch Vereinigung der Neuangekommenen Schiffe mit seiner Flotte und durch die Ankunft einer Menge Sclaoen aus Italien wuchs seine Macht ungemein: denn,das Ausreißen der Sclaven nahm so überhand, daß die Vestalinnen bei ihrem Gottesdienste feierliche Gebete thaten, die Göttin möchte dem Entlaufen der Sclaven Einhalt thun. Sü. Deßhalb und weil Sextus die Verbannten'bei sich aufnahm, und mit Antonius Freundschaft schließen wollte, auch Italiens Küsten verheerte, wünschte Cäsar sich mit ihm zu versöhnen. Als es ihm aber nicht geglückt, so übertrug er den Krieg gegen ihn Marcus Vipsanius Agrfppa und ging selbst nach Gallien ab. Auf die Kunde davon erlauerte Sextus die Zeit, da Agrippa die Apollinarischen Spiele beging : denn er war Prätor und zeigte, als vertrauter Freund Cäsars, die höchste Pracht, gefiel sich sehr in den zwei Tage nacheinander gegebenen Circensischen Spielen und ließ das sogenannte Spiel Troja's von edelgebornen Jünglinge» auf's Glänzendste aufführen. Während er aber sich damit beschäftigte, kam Jener nach Italien herüber, und plünderte so lange darauf los, bis Jener herbeieilte; ließ sodann in einigen festen Plätzen Besatzungen und fuhr wieder davon. Cäsar versuchte Anfangs, Gallien, wie schon erwähnt wurde, durch Andere für sich zu gewinnen; als ihm Dieß aber nicht gelang, weil Calenus und die andern Anhänger des AntoniuS 8Z5 Acht und vierzigstes Buch. ihm den Weg vertraten, so unterwarf er sich dasselbe selbst, da Calenus gerade an einer Krankheit gestorben war und sein Heer jetzt ohne viel Mühe zu ihm übertrat. Den Lepi- dus, der indessen über- die Entziehung des ihm zukommenden Theils an der Herrschaft ungehalten war, stellte er damit zufrieden, daß er ihu nach Africa schickte, um ihn durch eine Statthalterschaft, die er von ihm allein und nicht zugleich von Antenius bekäme, sich mehr zu verbinden. 2l. In Africa waren, wie oben gezeigt wurde, zwei Römische Provinzen, wo vor der Verschwörung der Trium- virn in Numidien Titns Sextius, im andern Afrika Cvrnificins und Decimus Lälins Statthalter waren; Jener ein Anhänger des Antonius, Dieser aber Cäsar's Freund. Sextius erwartete, daß sie ihn mit überlegener Macht in seiner Provinz angreifen würden, und rüstete sich, sie gehörig zu empfangen. Als sie aber zögerten, setzte er Zweifel in ihren Muth, und ließ sich noch, wie man sagt, durch eine Kuh, die ihu mit menschlicher Stimme in seinem Vorhaben bestärkte, so wie anch durch einen Traum bestärken, in welchem ihm ein in der Stadt Tucca vergrabener Stier den Rath gab, seinen Kopf zu nehmen und auf einer Stange umher- zutragen, weil Dieß ihm den Sieg verleihe. Er zögerte nun nicht mehr, znmal da er an der Stelle, die das Traumgesicht bezeichnete, wirklich den Stier fand, sondern kam ihnen mit einem Einfall in Africa zuvor; und bekam sogleich Adrume- tnm und einige andere Städte, die er unversehens überrumpelte , in seine Gewalt. Durch diese Erfolge sicher gemacht, wurde er aber von dem Quästor in einen Hinterhalt gelockt und mußte mit großen Verlusten nach Numidieu 836 Cassius Dio's Römische Geschichte. zurückkehren, schob jedoch seine Niederlage anf den Umstand, daß er den Stierkopf nicht mit sich genommen hatte, und rüstete ! sich zu einem neuen Zuge. Die Feinde aber kamen ihm mit einem Einfall in sein eigenes Gebiet zuvor und während die Andern Cirta belagerten, ging der Quästor mit seiner Reiterei aus ihn selbst los, und nach einigen glücklichen Gefechten gelang es ihm, den Quästor des Sextius anf seine Seite zu bringen. Sextius aber bekam Verstärkungen, begann von Neuem den Kampf und besiegte jetzt den Quästor, den Lä- ^ lins aber, der das Land umher plünderte, schloß er in seinem Lager ein, benahm dem Cornificins durch die falsche ! Nachricht von des Lälius Gefangennehmnnz den Muth, besiegte ihn und tvdtete nicht nur ihn selbst in der Scblacht, sondern auch den Lälius, der ans dem Lager gebrochen war, nm ihm in den Rücken zu fallen. 22. Durch diesen Sieg bekam er Africa in seine Gewalt, und herrschte unangefochten in beiden Provinzcir, bis Cäsar in seinem Vertrage mit Antonius und Lcpidns sie zugetheilt erhielt und den Casus Fnfieius Fango als Statthalter dahin schickte, worauf denn Sextius freiwillig abtrat. Als aber nach der Schlacht gegen Brutus und Cassius Cäsar und Antonius sich in die Provinzen theilten, und Caiar Numidien, Antonius aber Africa bekam tLcpidus herrschte, wie ich schon berichtete, nur dem Namen nach mit und sein ^ Name ward oft nicht einmal in den Verordnungen beigesetzt), so hatte ihm Fnlvia die Statthalterschaft in Africa übertragen: denn er hielt sich immer noch in Africa anf, wie er ^ vorgab, wegen des stürmischen Wetters, im Grunde aber, ! weil er eine neue Wendung der Dinge voraussehen konnte, j 837 Acht und vierzigstes Buch. Den Fango konnte er nun in Gutem nicht dazu bringen, ihm die Provinz abzutreten, die Einwohner aber wußte er auf seine Seite zu bringen. Denn Dieser hatte früher unter den Söldnern gedient, und war später, wie Viele seines Gleichen, Römischer Senator geworden. Als solcher wurde er Statthalter und drückte das Land. Fango zog nun nach Numidien, und spielte den Cirtensern, die ihm nicht genug Ehre erweisen mochten, übel mit, auch vertrieb er den Ara- bion, einen Fürsten der benachbarten Barbaren, der früher dem Lälins geholfen, später aber sich zu Sextius geschlagen hatte, aus seinem Lande, da er ihm seine Hülfe versagt hatte. Dieser flüchtete zu Sextius, und als er seine Auslieferung verlangte und diese ihm abgeschlagen ward, gerieth er in Leidenschaft, fiel in Africa ein und hausete übel in einem Theile desselben; als aber Sextius ihm entgegeuzog, so verlor er viele, wenn auch nicht bedeutende Treffen gegen ihn und zog wieder nach Numidien ab. Sextius rückte nun seinerseits wider ihn heran und durste hoffen, seiner, besonders mit Hülse der Reiterei des Arabion, in Kurzem Meister zu werden. Weil er aber gegen Letztem Verdacht schöpfte und ihn hinterrücks umbringen ließ, so richtete er vorerst Nichts : denn seine Reiter, welche über die Ermordung ihres Führers sehr ungehalten waren, verließen ihn, und gingen meist zu Fango über. 25. Jetzt schloffen sie, als wäre die Ursache ihrer Ver- uneiuignng gehoben, Freundschaft; Fango aber benutzte die Sicherheit des Sextius in Folge des Verkommnisses, und fiel unversehens in Africa ein. Es kam zur Schlacht und Beide siegten und wurden besiegt. Bei dem Einen hatte die Nu- 838 Cassins Dio's Römische Geschichte. midische Reiterei, bei dem Andern hatte» die Römischen Legionen den Ausschlag gegeben. Jeder plünderte das Lager des Andern, unbekannt mit dem Schicksale der Streitgenosse». Als sie auf dem Rückzüge ihren Irrthum ersahen, erneuerte» sie den Kamps, die Numidier wurden in die Flucht geschlagen und Fango entkam vorerst in die Gebirge; als aber in der Nacht eine Heerde Büffel daher gelaufen kam, meinte er, es wäre die feindlich: Reiterei und stieß sich das Schwert in die Brust. So bekam Jener denn Alles ohne Mühe in seine Gewalt, Zama aber hielt sich lange und konnte erst durch Hunger bezwungen werden. So war er wieder Statthalter über beide Provinzen, bis Lepidus kam. Diesem nämlich. der, wie ihm däuchte, mit des Antoniiis Willen erschien, oder über weit überlegene Streitkrästc gebot, widersetzte er sich nicht, sondern gab sich, aus der Noth eine Tugend machend, zufrieden. So herrschte denn Lepidus über beide Provinzen. Hier erging es aus diese Weise. 24. Um eben diese Zeit kam nach der Schlacht bei Philipp! Marcus Antonius auf Asiens Festland und trieb bei den Städten, indem er theils selbst umherzog, theils Andere i schickte, Gelder ein und verhandelte die Fürstenthümer. Auf diesem Wege lernte er die Cleopatra in Cilicien kennen, verliebte sich in sie, und hatte jetzt keinen vernünftigen Gedanken mehr, sondern war der Aegppterin ganz hingegeben, und j lebte einzig ihrer Liebe. Darüber machte er sich nicht nur vieler andern Unbilden schuldig, sondern ließ auch in Ephe- sus die Brüder der Cleopatra aus dem Dianatempel weg- ! schleppen und umbringen. Endlich ließ er den Plancus in ! Asien, den Saxa in Syrien als Statthalter zurück, und j 839 Acht und vierzigstes Buch. segelte nach Aegypte» ab. Dieß gab die Loosung zu Unruhen: die Aradier, Inselbewohner, gaben Denen, die an sie gesandt wurden, um Gelder bei ihnen einzutreiben, nicht nur kein Gehör, sondern tödteten sogar einige; die Parther aber, welche schon früher nicht ruhig waren, erhoben sich jetzt um so mehr gegen die Römer. An ihrer Spitze standen Labienus und Pacorus. Der Letztere war ein Sohn des Königs Orodes, Jener des Titus Labienus. Die Veranlassung seiner Ankunft in Parthien und seiner Verbindung mit Orodes ist folgende. Er war von der Partei des Brutus und des Casflus und wurde vor -er Schlacht an Orodes abgesandt, ihn um Hülfe zu bitten. Hier wurde er lange hingehalten, da Orodes sich weder anschließen mochte, noch ihn auch abzuweisen getraute. Als hierauf die Nachricht von ihrer Niederlage kam, und es das Ansehen hatte, als ob die Sieger keinen ihrer Gegner verschonen wollten, so blieb er bei den Parthern, und zog ein Leben unter den Barbaren dem Tode in der Heimath vor. Als dieser Labienus von dem zerflossenen Leben des Antonius, seiner Liebschaft und Fahrt nach Negypteu horte, so rieth er dem Parther, die Römer anzugreifen: denn ihre Heere seyen entweder aufgerieben, oder geschwächt, die noch übrigen im Aufstande und im Krieg unter sich begriffen. Deßhalb forderte er ihn auf, Syrien und die Gränzländcr zu unterwerfen, während Cäsar in Italien und mit Se.rtus jPomxejnsj die Hände voll zu thun hätte und Antonius in Aegypten seinen Liebeshändeln nachginge. Er erbot sich, den Oberbefehl zu übernehmen und viele Völker, die den Römeru schon wegen den beständigen Bedrückungen aussätzig wären, zum Abfalle zu vermögen. 840 Cassius Div's Römische Geschichte. 25. Durch diese Rede» bewog er ihn Krieg anzufangen, ! und ihm eine große Heeresmacht mit seinem Sohne Pacorus ! anzuvertrauen. So fiel er in Phönicien ein und griff Apa- ! m«a an, wurde nun zwar von dieser Stadt abgewiesen, bekam aber die übrigen Besatzungen in der Gegend mit ihrem Willen in seine Hand: denn sie waren vorn Heere des Brutus und Cassius. Antonius hatte sie unter seine Legionen gesteckt, und ihnen jetzt die Bewachung Syriens, weil sie des Landes kundig wären, übergeben. Diese nun gewann Labie- , nus, der ihnen befreundet war,-mit leichter Mühe; nur mit ihrem Befehlshaber Saxa wollte es ihm nicht gelingen. Denn Dieser, ein Bruder des Oberbefehlshabers und Quästor, trat allein nicht zu ihm über. Diesen Befehlshaber, den Sara, besiegte er nun in offener Feldschlacht durch die Ueberzahl und Tapferkeit seiner Reiterei, und als er hierauf bei Nacht aus dem Lager entronnen, verfolgte er ihn. Saxa nämlich, welcher befürchtete, seine Leute möchten durch die fliegenden i Zettel, welche Labienus an Pfeilen in das Lager schießen ließ, verführt werden, machte sich auf die Flucht. Labienus ' holte sie ein, hieb die meisten nieder und, als Saxa sich nach Antiochia geworfen hatte, ergab sich an ihn Apanv-a, das Jenen todt glaubte und nun keinen weiteren Widerstand lei- ^ stete. Hierauf bekam er auch Antiochia, das Dieser verlassen hatte, in seine Gewalt, verfolgte den Fliehenden nach Citieren, holte ihn ein und tödtete ihn. 26. Nach Saxa's Tode unterwarf sich Pacorus mit Ausnahme von Tyrus ganz Syrien. Dieses hatten die noch übrigen Römer und ihnen gleichzesinuten Eingebornen noch vorher beseht, und konnten weder auf dem Wege der Güte, 84L Acht und vierzigstes Buch. noch, da dir Feinde keine Flotte hatten, durch Gewalt zur Uebergabe gebracht werden. Tyrus allein also blieb unbesiegt 5 das ganze übrige Syrien eroberte Pacorus, fiel dann in Palästina ei» und entsetzte den Hyrcanns, der damals in jenen Landen von den Römern als Statthalter bestellt war, wogegen er seinen Brnder Antigonns, nach der Sitte jenes Volkes, zum Fürsten machte. Labieuus eroberte mittlerweile Cilicien und die übrigen Städte Asiens bis auf Stratouicsa (denn Plancus hatte sich vor ihm auf die Inseln geflüchtet), die meisten ohne Kampf, Mylassa aber und Alabanda machten ihm viel zu schaffen. Diese nahmen zwar Besatzungen von ihm ein, tödteten dieselben jedoch an einem Feste und empörten sich wieder, weßhalb er die Alabandser, als er ihrer Meister geworden war, zur Strafe zog und Mylassa, von den Einwohnern verlassen, zerstörte. Vor Stratonicäa lag er lange Zeit, konnte es aber nicht in seine Gewalt bekommen. Er brandschatzte aber das Land umher und plünderte die Tempel. Jetzt ließ er sich Imperator, und zwar gegen alle Römmersitte, Parthicus nennen, da er sich von Denen, die er gegen die Römer führte, benannte, als hätte er sie, und nicht seine Mitbürger besiegt. 27. Antonius erfuhr sowohl Dieß, als auch, Was in Italien vorging: denn Nichts entging seiner Kenntniß; er kam aber nirgends zur rechten Zeit zu Hülfe, und dachte vor Liebeshändeln und Zechgelagen weder an die Bundesgenossen noch an die Feinde. So lange er noch niedriger stand und nach der Obergewalt strebte, bot er all seiner Thatkraft auf; nun er aber im Besitze der Macht war, kümmerte er sich; um Nichts dergleichen mehr, sondern schwelgte mit Cleopatra 812 Cassins Dio's Römische Geschichte. und den andern Aegyptern, bis er unrettbar verloren war. Spät erst raffte er sich nothgedrungen auf und fuhr nach Tyrus, um hier Hülfe zu bringen. Als er schon Alles in der Gewalt der Feinde fand, fuhr er weiter, indem er den Krieg gegen Se.rtus sPompejns) zum Vorwande nahm, und daß er hierher so spät kam, daran mußten die Parther die Schuld seyn. So geschah es denn, daß er weder den Bundesgenossen, weil er den Kampf gegen Diesen dringlicher finde, noch Italien wegen des Schutzes, den er diesen gewähren müßte, zu Hülfe kam. Er fuhr also an den Küsten Asiens hin und setzte nach Griechenland über. Hier kam er mit seiner Mutter und seiner Gattin zusammen, machte sich den i Cäsar zum Feind und schloß Freundschaft mit Sextus. Bon ; da segelte er nach Italien, eroberte Sipunt und belagerte ^ Brundusium, das sich ihm nicht ergeben wollte. ! 28. Mittlerweile war Cäsar aus Gallien zurückgekehrt, sammelte Streitkräfte und schickte den Publins ServiliuS ! Rullns nach Brundusium, den Agripxa gegen Sipunt. Die- > ser erstürmte die Stadt, den Servilius aber überfiel Anto- nins, hieb ihm Diele nieder und vermochte Andere, zu ihm überzutreten. Als auf diese Weise der Krieg zwischen Bei- , den ausgebrochen war, und sie durch Gesandtschaften an die I . Städte und durch Aufruf an die ausgedienten Soldaten ihre Macht zu verstärken suchten, gerieth ganz Italien und vor i Allein Rom selbst in neue Verwirrung. Bereits nahmen ^ die Einen Partei, die Andern zögerten unentschlossen, die noch Unentschiedenen sowohl als Diejenigen, die schon Partei genommen hatten, waren in ungeduldiger Erwartung, I als Fulvia in Sicyvn, wo sie sich aufhielt, plötzlich starb. 845 'Acht und vierzigstes Buch. Diesen Tod gab man dem Antonius Schuld, weil ihr dessen Liebe zu der wollüstige» Cleopatra das Herz gebrochen habe. Auf diese Nachricht legten Beide die Waffe» nieder und versöhnten sich; sey es nun, daß wirklich Fulvia zum Kampfe aufgehetzt hatte, oder daß sie ihren Tod zur Bemäntelung ihrer Furcht vor einander nahmen, weil sie an Macht und Hoffnungen einander gleich waren. Sie verglichen sich dahin, daß Cäsar Sardinien, Dalmatieu, Spanien und Gallien, Antonios aber alle jenseits des Ionischen Meeres gelegene» Römischen Provinzen in Europa und Asien bekommen sollte : denn die Provinzen in Afeiea hatte Lepidns, Sicilien aber Seriös jPompcjnss im Besik. 29. Das Reich halten sie nun auf solche Weise getheilt; den Krieg gegen Sertus übernahmen sie aber gemeinschaftlich, obgleich sich Antvnius mit Diesem zum Kriege gegen Cäsar durch Gesandte eidlich verpflichtet hatte. Dieß war ein Hauptgrund für Cäsar, warum er Allen im Kampfe gegen den Lucius, den Bruder des Antvnins, zu Sextus Ueber- getrctenen, unter Diesen selbst einigen der Mörder Cäsars, z. B. Domitius, ferner Allen, die auf der Aechtungsliste gestanden , oder unter Brutus und Cassius qekämxft hatten, und nachher zu des Antonius Partei übergegangen waren, Verzeihung und Sicherheit zusagen ließ. Dieß ist eben bei Ausständen und Kriegen das seltsame Spie! des Schicksals, daß Diejenigen, welche die Hauptrolle spielen. Nichts nach dem Recht, sondern nach dem Vortheil und der Nothwendigkeit des Augenblicks Freund und Feind abschätzen, und dieselben Personen, so wie es der Augenblick erheischt, bald als Feinde, bald als Freunde nehmen. 844 Cassius Dio'S Römische Geschichte. so. Nachdem sie in ihren Lagern vor Prundusinm diese Uebereinkunft getroffen hatten, gaben sie einander Gelage, Cäsar nach soldatischer und Römischer, Antonins nach Asiatischer und Aegyptischer Sitte. Nachdem sie sich auf solche Weise dem Scheine nach versöhnt hatten, umstanden die Soldaten, welche damals unter Cäsar dienten, den Antonins und forderten von ihm die Gelder j die man ihnen wegen der Schlacht bei Philipxi verheißen hatte, da er ja eben deßhalb nach Asien abgeschickt worden wäre, um sie in reichlichem Maße beizutreiben. Auch hätten sie sich an ihm, der Nichts geben konnte, vergriffen, wenn sie nicht Cäsar durch anderweitige Hoffnungen beschwichtigt hätte. Um weitere Aufstände zu verhüten, sandte man die alten Soldaten in Colvnien ab, und schickte sich zum Kriege an: denn Sextns war in Folge der mit Antonins geschlossenen Verträge nach Italien herüber gekommen, um mit ihm gegen Cäsar den Krieg zu führen. Auf die Nachricht von ihrer Versöhnung aber kehrte er selbst nach Sicilien zurück, befahl jedoch seinem Freigelassenen Namens Mcnas *), dem er am meisten traute, mit einem Theile der Flotte an den Küsten hinzufahren und die feindlichen Küsten zu beunruhigen. Dieser richtete auch in Etrurien große Verheerungen an »nd bekam den Marcus Titius, den Sohn eines Titius, der mit andern Verbannten damals in des Sextus Heere war, gefangen. Jener hatte auf eigene Rechnung eine kleine Flotte gesammelt und lag im Bereiche des Narbonnesischen Gebietes vor Anker. Sextus that ihm Nichts zu Leide, sondern begnadigte ihn '') Zusammengezogen aus Menodorus, wie er bei Aprian heißt. 845 Acht und vierzigstes Buch. wegen 'eines Vaters, nnd weil seine Soldaten des Sextus Namen auf ihren Schilden führten. Er vergalt ihm aber spater für diese Schonung mit Undank, führte die Waffen gegen ihn und ward sein Morrer; wird aber auch dafür als ein Beispiel der schändlichsten Treulosigkeit in der Geschichte aufgeführt. MenaS schiffte hieraus nach Sardinien und lieferte dem dortigen Statthalter Marcus Curius eine Schlacht, ward anfangs in die Flucht geschlagen, wandte sich aber unerwartet gegen den Verfolger um und besiegte ihn. Dieser verliest nun die Insel, er aber bekam das ganze Land in seine Gewalt bis auf Caralis, das er belagern mußte, weil sich Viele aus der Schlacht dahin geflüchtet hatten. Unter den Gefangenen, die er hier machte, entließ er außer Andern einen Freigelassenen lind Liebling Cäsars, Helenas, ohne Lvse- geld, um sich dadurch die Ginnt Cäsars zu verdienen, und sich für den Fall, daß er es bedürfte, eine Zuflucht zu bereiten. Doch geling von Menas. 51 . Die Rcmer aber welche Sardinien verloren, die Küste verheert, die Zufuhr abgeschnitten sahen, und durch Hunger und viele und mancherlei Auflagen, auch durch besondere Steuern, welche den Sclaveiibesiyern auferlegt worden, gedrückt waren, hielten sich nickt länger ruhig: so sehr sie sich anfangs über die Beisöhnnng zwischen Cäsar und AntoniuS gefreut hatten, weil sie in ihrer Eintracht das Ich lese statt das im Texte steht, Caralis ist nach Florus die angesehenste Stadt auf Sardinien; eine Stadt Aradis findet sich aber nicht auf dieser Insel, sondern in Afrika. Dio Casiius. 7s Bdchn. 6 846 Cassius Dio's Römische Geschichte. Pfand eines allgemeinen Friedens sahen, so sehr wurden sie jetzt böse über ihren Krieg gegen Sextns. Hatte man sie kurz vorher zu Pferde wie im Triumph eingeholt und sie mit dem Gewand Triumphirender geschmückt, als wenn sie wirklich einen Triumph gehalten hätten, und ihnen erlaubt, den Schauspielen auf den curulischen Stühlen anzuwohnen, und Cäsars Schwester Octavia, nach dem Tode ihres Gemahls, noch von ihm schwanger, dem Antonius verlobt: so wurde jetzt Alles anders; man rottete sich zusammen, oder sammelte si'ch aus Veranlassung eines Schauspiels, ermähnte sie zum Frieden, und wurde dabei oft gar sehr laut. Als es aber Nichts half, wandte man sich von ihnen ab und begünstigte Sextns, ließ sich auf jede Weise zu seinem Lobe vernehme», empfing bei den circensischen Spielen das Bild Neptuns, das mit aufgefahren kam, mit vielem Beifallklatschen und bezeigte großes Wohlgefallen daran. Als es aber einige Tage nicht mit aufgeführt wurde, vertrieb man die Beamten mit Steinwürfen von dem öffentlichen Platz und warf die Standbilder Jener zu Boden; als aber Alles Nichts half, drang man mit Ungestüm auf sie ei», um sie um das Lebeu zu bringen. Cäsar zerriß, obgleich seine Begleiter verwundet wurden, sein Kleid und bat flehentlich ab; Antonius aber, welcher heftiger darein fuhr, erbitterte so sehr das Volk, daß schlimme Folgen zu befürchten waren und man sich endlich genöthigt sah, dem Sextus Friedensanträge zu machen. 52 . Inzwischen ließen sie, obgleich das Jahr schon zu Ende ging, die Prätoreu und Cvnsuln vom Amte trete», und wählten andere an ihre Stelle, indem sie sich nicht darum kümmerten, daß ihre Würde nur wenig Tage dauern werde. 847 Acht und vierzigstes Buch. > sie l Einer der nunmehrigen Consuln war Lucius Cornelius Bal- kurz b„s, aus Gades, der an Reichthum und Hochsinn über allen mit seinen Zeitgenossen stand, und bei seinemz.Tvde den Römern ürk- z niiinniglich ein Geschenk von fünfundzwanzig Denaren testa- den ! mentlich hinterließ. Damit begnügten sie sich nicht, sondern und wählten, als ein Aedil mit Tode abging, noch am letzten Tage hli, des Jahres einen neuen auf wenige Stunden. Zu dieser Zeit >rde wurde auch der Julische Canal in die Stadt geleitet, und M die Spiele, welche für den glücklichen Erfolg des Kriegs ge- M gen Cäsars Mörder gelobt worden waren, von den Consuln >ber > abgehalten. Weil keiner der sieben Priester, die den Opfer- igte ^ schmaus zu besorgen hatten, erschien, wurde ihr Amt von den Oberpriestern versehen, Was auch schon früher öfters das geschehen war. be- l zz. Außer diesen Begebenheiten ist noch zu erwähnen, lagt daß Cäsar seinen Lehrer und Freigelassenen Sphärus feierlich mit begraben, den SalvidienuS Rufus aber, der ihm nach dem and- Leben stand, hinrichten ließ. Dieser stammte aus dem nied- 'ang rigsten Geschlechte; als er aber das Vieh hütete, brannte mit l zu einem Mal eine Flamme auf seinem Haupt. Er wurde von udei Cäsar so emporgehoben, daß er sogar, ohne vorher Senator >ber, gewesen zu seyn, zum Consul gewählt ward. Auch hatte er daß seinem Bruder, welcher früher starb, auf einer eigens hierzu dlich ^ erbaute» Brücke den Leichenzug über die Tiber halten lassen. Aber so unbeständig ist das Menschenglück, daß er jetzt von ' zu j Cäsar selbst vor dem Senate angeklagt, und als Cäsars nnd Neu, > des ganzen Volkes Feind ums Leben gebracht ward. Auch nun wurden feierliche Dankgebete angestellt, und den Triumvirn u'de. 6 " 848 Cassius Dio's Römische Geschichte. der Schutz der Stadt mit der gewöhnlichen Formel anbefoh- ! len, sie sollten Sorge tragen, daß sie nicht zu Schaden komme. ^ Aus dem frühern Jahre ist nachträglich noch zu berichte«, j daß die Ritter bei den Apollinarischen Spielen wilde Thiere ! in dem Circns gegeneinander kämpfen ließen, und daß um gegen die Regel einen Tag einschaltete, um den ersten Tag des neuen Jahrs nicht auf den mit jedem neunten Tage gewöhnlichen Markttag fallen zu lassen, Was man von jeher zu vermeiden suchte. Dagegen ward ein anderer ausgeworfen, damit die Zeit mit der Einrichtung des älteren Cäsar im Einklang bliebe. Einem gewissen Castvr wurde die Herrschaft des Attalns und Deiotarus über Galaticn nach ihre» Tode übertragen. Auch wurde das Falcidische Gesetz, bat noch jetzt bei Erbschaftsantritten in Kraft ist, und den Erbe«, , der sich im Testamente beschwert findet, berechtigt, den vierte» ^ Theil der Erbschaft für sich zu nehmen, und auf das klebrige ! zu verzichten, von dem Volkstribun Publius Falcidins i« Vorschlag gebracht. Dieß die Geschichte der zwei Jahre. St. Im folgenden Jahre, das den Lucius Marcus rmi Cajus Sabinus zu Consuln hatte, wurden alle Verfügungen der Triumvirn seit ihrer Verbündung zur Oberherrschaft, vom Senate bestätigt; auch wurden von ihnen einige neue Auflagen eingeführt, da weit mehr Aufwand als unter dem ältern Cäsar gemacht wurde. Am meisten kosteten sie die ^ Soldaten, und doch schämten sie sich, auf diese allein so viel, zu verwenden. Daß Cäsar sich zum erstenmale den Bart ^ abnehmen ließ, war freilich für ihn ein triftiger Anlaß zu« ! Fest und mußte von dem Volke durch einen öffentlichen Schmaus ^ gefeiert werden. Auch für die Zukunft behielt er das Kim Acht und vierzigstes Buch. >s I« unt 11 g!» haft, neu- hei» e die i > diel. Bart 1 M ^ naus ^ Kirn 849 glatt, wie die Andern: denn schon begann er um Livia sich zu bewerben, und entließ deshalb an demselben Tage die Scribonia, obgleich sie ihm ein Töchterlein geboren, hatte. Da die Ausgaben weit höher stiegen als früher, und die Einnahmen ohnedieß nicht zureichen wollten, auch durch die Bürgerkriege sich vermindert hatten, so führten sie neue Steuern ein/ und nahmen nicht etwa nur Bundesgenossen oder auch Soldaten, sondern Söhne von Freigelassenen, und selbst Sclaven in den Senat auf. Einen gewissen Maximus, der sich um die Quiiflnr bewarb, erkannte sein Herr und führte ihn heim. Der kam noch ungestraft davon, daß er es wagte, um ein Staatsamt zu werben; einen Andern aber, der wirklich Prätor geworden, *) aber als Sclave erkannt ward, stürzte man vom Capitolinischen Felsen, nachdem man ihn jedoch, um seiner Strafe Würde zu geben, zum freien Mann erklärt hatte. 55. Verwand zur Vergrößerung der Zahl der Senatoren gab des Antonius beabsichtigter Feldzug gegen die Parther; und eben dieß gab Anlaß, daß man auch andere Staatsämter auf mehrere Jahre, das Consulat sogar auf acht Jahre im Voraus vergab, theils um Anhängern zu vergelten, theils um Andern sich für die Zukunft zu verbinden. Man wählte aber nicht mehr, wie gewöhnlich, nur zwei Consuln auf ein Jahr, sondern damals kam es zum erstenmal auf, an den Wahltagen sogleich mehrere zu wählen. Auch früher kam es vor, daß Einer oder der Andere an die Stelle eines Eonsuls trat, wenn diese auch nicht gestorben, oder durch eine ent- ') Für lese ich 850 Casstuö Dio's Römische Geschichte. ehrende Handlung oder auf anderem Wege vom Amt gekom- ^ E men waren; aber Diese waren doch nach dem Willen der auf ^ das ganze Jahr Gewählten, eingetreten. Jetzt aber wurde ^ d Keiner auf ein ganzes Jahr gewählt, sondern der Eine aus ' diesen, der Andere auf jenen Theil des Jahrs bestimmt. Die 2 Ersten behielten, wie es auch noch jetzt geschieht, das ganze ^ Jahr den Consulnamen, die Andern -aber wurden in Rom st und dem, übrigen Italien nur während der Zeit ihres Amtes b Consulu genannt, wie man es auch noch heut zu Tage hält. b .Die Menge kannte die Letzter» gewöhnlich gar nicht, oder nur s einige; weshalb man sie denn auch die kleineren Consulu 2 nannte. Dieß geschah in der Stadt. h 36. Mit Sextus traten -sie zuerst durch Freunde über die Art und die Bedingungen des Vergleiches in Hinterhand- > lung; später aber kamen sie selbst mit ihm bei Misenum zu > einer Unterredung zusammen. S i e standen auf dem Lande, i er aber auf einem Damme, der rings oom Meere nmfloffen, > und unfern von ihnen aufgeworfen worden war. Dem Eine» ^ stand die ganze Flotte, dem Andern ihr Landheer, und zwar ^ völlig zum Kampfe gerüstet, zur Seite, so daß Allen auffallen mußte, daß sie durch gegenseitige Furcht, und die Einen vom Volke, der Andere durch seine Anhänger gezwungen, sich vertrugen. Die Bedingungen waren folgende. Die entflohenen Sclaven sollten frei seyn, die Verbannten, mit Ausnahme > von Cäsars Mördern, zurückkehren dürfen. Diese nahmen > sie aus, weil wirklich einige zurückkommen wollten: denn f auch Sextus schien zu ihnen zu gehören; alle Andern also sollten, bis auf Diese, mit völliger Sicherheit zurückkommen können und den vierten Theil ihres Vermögens zurückerhalten. Acht und vierzigstes Buch. 851 Einige von ihnen sollten sogleich Vslkstribnne, Prätoren ! oder Priester werden, Sextus selbst aber das Consulat und . die Angurwürde, von seinem väterlichen Vermöge» aber sieb- ^ zehn und eine halbe Million Drachmen, außerdem auf sünf Jahre die Statthalterschaften über Sieilien, Sardinien und Achaja erhalten; dafür aber keine Ucberläufcr annehmen, seine Flotte nicht vergrößern, keine festen Plätze in Italien besetzen, dieses von der See her beschützen, und jährlich eine bestimmte Menge Getreide in die Stadt verabfolgen. Sie sehten die Zeit von fünf Jahren fest, weil sie selbst sich das Ansehen gaben, als ob sie ihre Macht nicht für immer behalten wollten. 57. Nachdem sie diesen Vergleich abgeredet und schriftlich aufgesetzt hatten, legten sie ihn in die Hände der vesta- lischen Jungfrauen nieder, und bestätigten ihn durch Handschlag und Freundeskuß. Als Dieß geschehe», erhob sich ein lauter, unendlicher Jubel vom Lande und von den Schiffen: denn die ganze Masse von Soldaten und Bürgern, welche den Krieg verwünschten und sich nach Frieden sehnten, erhob plötzlich ihren Freudenrnf. Die Berge widertvnten so furchtbar davon, daß sie Schauer und Entsetzen überlief, Viele vor Schrecken todt zu Boden sanken, Viele im Gewühl unter die Füße getreten oder erdrückt wurden. Wer auf den Fahrzeugen war, konnte es nicht erwarten, bis er aus Land kam, und sprang in das Meer, Andere rannten dagegen von dem Land in das Meer hinein. Schwimmend grüßten und umhalsten sie sich, so daß es für Aug und Ohr die manchfaltig- sten Auftritte gab. Die Einen sahen ihre entfernten Verwandten und Freunde unerwartet noch am Leben und mit leiblichen 852 Casstns Div's Römische Geschichte. Auge», und wurden von unbeschreiblicher Freude ergriffen; die Andern erblickten die Todtgeqlaubten unverhofft, staunten betäubt und sprachlos auf sie hin, mißtrauten ihren Augen, und wünschten doch, ihnen tränen zu dürfen. Sie überzeug- ten sich nicht eher von der Wirklichkeit, bis sie sich mit Namen riefen und die bekannte Stimme vernahmen. So freuten sie sich denn und feierten ihr Anfcrstehungsfest, und das Uebermaß der Wonne lockte Frendenkhränen in die Augen. Andere, die den Tod geliebter Fre.unde nicht wußten, und sie lebend und gegenwärtig glaubte», gingen umher, sie aufzusuchen, und fragten Jeden, der ihnen begegnete. So lange sie nichts Gewisses erfuhren, glichen sie Wahnsinnigen, und wußten .sich nicht zu rathen, noch zu helfen; sie hofften, sie noch zu finden, und fürchteten, sie auf immer verloren zn haben, zu eifrig, um nicht weiter zn fragen, zu hoffnungsvoll, um ganz zn verzweifeln. Wenn sie nun volle Gewißheit erhielten, so rauften sie sich die Haare aus, zerrißen die Kleider, riefen sie mit Namen, als ob sie noch hören könnten, sie wehklagten nur sie, als ob sie jetzt eben stürben, und todt vor ihren Augen lagen. Auch Andere, die nicht dabei bctheiligt waren, nahmen Theil an dem Schicksale der klebrigen, freuten sich mit den Freuenden und trauerten mit den Trauernden. Unberührt von eigenem Leid, oder eigener Lust, konnte man im Kreise der Andern nicht gleichgültig bleiben. Der bunte Wechsel ließ weder Ueberdrnß, noch Scham über Mitgefühl bei der Wiederkehr ähnlicher Auftritte aufkommen; den ganzen Tag und einen Theil der Nacht trieb man sich so in unruhigen Gefühlen umher. 853 Sicht und vierzigstes Buch. 58. Hierauf lud man einander ein, und selbst die Heerführer kamen zu frohem Gelage zusammen, zuerst auf des Sextus Feldherrnschiff, dann bei Cäsar und bei Antonius auf dem Lande. So sehr war Sextus den Andern an Streitkräften überlegen, daß er nicht eher das Land betrat, als bis Jene zu ihm auf das Schiff gekommen waren. Hier hätte er sie Beide mit wenigen Begleitern, wozu ihm auch Menas rieth, todten können; er wollte aber li cht. Obgleich er zu Antonins, der sein väterliches Hans in den Carinen besaß, welchen Namen eine Gegend der Stadt Rom führte, in feinstem Scherze sagte, er gebe ihnen jetzt in den Carinen einen Schmaus (da carina bei den Römern Schiffskicl heißt), so that er doch Nichts, um für erlittene Unbilden Rache zu nehmen. Auch er ward am andern Tage zu einem Schmause geladen, und verlobte seine Tochter an Marcus Marcellns, Cäsars Schwestersohn- So war denn dieser Krieg wenigstens hinausgeschoben. 59. Der Krieg mit Labienus und den Parthern hatte folgende» Verlauf. Antonius kehrte von Italien nach Griechenland zurück und hielt sich daselbst längere Zeit auf, indem er seine» Lüsten fröhnte und die Städte aussog, um sie so schwach als möglich an Sextus kommen zu lassen. Hier that er nicht nur vieles Andere, das sich nicht mit der väterlichen Sitte vertrug, sondern nannte sich auch den neuen Bacchus, und ließ sich so von Andern nennen. Als die Athener ihn deswegen und aus andern Gründen mit der Minerva vermählten, so ließ er sich die Partie gefallen, verlangte aber, daß sie sie mit einer Million Drachmen ausstatten müßten. Er nun trieb sich mit solchen Dingen um, den Publius Ven- 854 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. tidins aber schickte er nach Asien voraus. Dieser kam denn auch dem Labienus auf den Hals, ehe er von seinem Anrücken Kunde erhielt, und sehte ihn durch seine plötzliche Ankunft so in Bestürzung, daß er, der keine Parther, sondern nur in Vorderasien zusammengezogene Soldaten hatte, ihm mit seinen Leuten nicht Stand hielt, sondern die Flucht ergriff. Jener verfolgte ihn mit seinen leichtesten Truppen nach Syrien, holte ihn bei dem Taurus ein und ließ ihn nicht weiter ziehen. Hier standen sie nun einander mehrere Tage ruhig in ihren Lagern gegenüber, während Labienus auf die Parthcr, Ven- tidins aber auf die Ankunft der Legionen wartete. 40. Beide Verstärkungen langten fast zu gleicher Zeit an, Ventidins aber hielt sich aus Mangel an Reiterei auf den Höhen, wo er ein Lager bezogen hatte. Die Parther, im Vertrauen anf ihre Zahl und die früheren Siege, verachteten den Feind, sprengten mit Tagesanbruch, ohne sich mit Labienus zu vereinigen, die Anhöhe hinan und gelangten, da ihnen Niemand entgegen zog, bis an den Gipfel. Jetzt stürzten die Römer auf sie los, und warfen sie ohne Mühe den Abhang hinab. Viele kamen im Handgemenge um, Mehrere dadurch, daß sie auf einander anprallten, indem die Einen hinabstürzten, die Andern aber hinausjagen wollten. Die klebrigen aber flohen nicht zu Labienus, sondern nach Cilicien. Ventidins verfolgte sie bis an das Lager, und hielt rniie, als er hier den Labienus erblickte. Dieser stellte sich, als ob er ihm ein Treffen liefern wollte, als er aber merkte, daß seine Leute durch die Flucht der Barbaren cntmuthigt waren wagte er nicht, sich mit ihm zu messen, sondern wollte bei Nacht entfliehen. Ventidins erfuhr Dieß durch Ueberläufer, 855 Acht und vierzigstes Buch. und tödtete Viele aus einem Hinterhalt; die Uedrigen traten, vonLabienus verlassen, zn ihm über. Dieser war verkleidet entkommen, und hielt steh eine Zeitlang in Cilicien verborgen, wurde jedoch später von Demetrius gefangen genommen. Der Letztere war ein Freigelassener des älteren Cäsar, und jetzt von Antonins znm Statthalter von Cvpern bestellt;'der ließ ihn, als er den Ort erfuhr, wo er sich versteckt hielt, aussuchen und bekam ihn in seine Gewalt. 41. Hierauf unterwarf.Ventidins Cilicien und schickte, während er Alles in Ordnung brachte, den Popedius Silo mit Reiterei nach dem Gebirge Amanus voraus. Dieses bildet die Grenze zwischen Cilicien und Syrien, und hat einen so-engen Paß, daß man in demselben wirkliche Pforten mit Mauern anlegte und die Gegend darnach benannte. Silo konnte jedoch des Paffes nicht Meister werden, und wäre von dem Unterfeldherrn des Pacorus, Pharnapates,-dcr den Durchgang bewachte, beinahe aufgerieben worden, wenn ihm nicht Ventidins noch zu guter Stunde zn Hülfe gekommen wäre. Dieser griff die Feinde mit überlegenen Streitkräften »«vermuthet an, und Pharnapates blieb mit vielen Andern auf dem Platze. So fiel ihm denn Syrien, das von den Parthern verlassen ward, bis auf Aradus ohne Schwertstreich zu, nnd auch Palästina kam durch die Bestürzung des Königs Antigonns ohne Schwierigkeit in den Besitz desselben. Hier verweilte er und trieb überall, besonders aber auch von An- tigvnus, Antiochus und dem Nabatäerkönig Malchus große Summen ein, weil sie dem Pacorus geholfen hatten. Er selbst erhielt, weil er nicht Imperator, sondern nur Unter- feldherr war, von dem Senate keine Auszeichnung, Antouius 856 Cassius Dio's Römische Geschichte. aber wurde belobt, nud es wurden ihm zu Ehren Dankfeste angestellt. Die Aradier, welche befürchtete»^ für Das, was sie sich gegen Antonius erkühnt hatten, znr Strafe^ gezogen zu werden, ergaben sich nicht, obgleich sie einige Zeit oon ihm belagert wurden. Erst später wurde ihre Insel von Andern mit vieler Beschwerde erobert. Um dieselbe Zeit kam ! es auch bei den Parlhinern, einer Völkerschaft in Jllyrien, " zu einem Aufstande, der aber von Pollio nach einigen Schlachten unterdrückt ward. 4r. Das Gleiche geschah in Spanien von den Ceretanern, die jedoch Calvinus wieder unterwarf. Sein Legat hatte an- i fangs glücklich gegen sie gekämpft, aber dann das Unglück gehabt, von den Feinden in einen Hinterhalt gelockt und von seinen eigenen Soldaten verlassen zu werden. Er griff deshalb die Feinde nicht eher an, als bis er diese zur Strafe gezogen hatte. Er rief sie unter einem andern Vorwande zusammen, umstellte sie mit dem übrigen Heer, und ließ von zwei Centurien je den zehnten Mann das Todcsloos ziehen, auch viele andere Centurionen, vor allen aber den sogenannten Primipilaren mit dem Tode bestrafen.' Nachdem er sich hierdurch, wie Marcus Craffus durch eine ähnliche Bestrafung, den gleichen Beinamen verdient hatte, zog er gegen die Feinde und besiegte sie mit leichter Mühe. Er erhielt die Ehre des Triumphs, obgleich Spanien dem Cäsar als Provinz zuge- ^ theilt war: denn auch Untergeordnete konnten mit Bewilligung des Oberfeldherrn solche Auszeichnungen erhalten. Das Gold aber, welches von den Städten beigesteuert zu werden pflegt, erhob er nur von den Hispanischen Städten und verwandte es eines Theils auf die Feierlichkeit des Triumphs, zum 857 Acht und vierzigstes Buch. großem Theile aber anf den Wiederaufbau der Haltens Kv- nigsburg. Das abgebrannte Gebäude baute er wieder auf und weihte es 'ein, indem er es sowohl auf andere Weise zierte, als auch durch Standbilder, die er von Cäsar mit dem Versprechen, sie wieder zurückzugeben, darin aufstellen ließ. Die Zurückgabe, um die er später angegangen wurde, wußte er auf eine feine Art abzuschlagen.. „Ich habe," erwiderte er, „nicht Diener genug, lasse sie selbst abholen." Jener mochte nicht zum Tempelrauber werden., und ließ sie dort aufgestellt. Solches sind die Begebenheiten dieses Jahrs. 43. Unter den Consuln Appius Claudius und Casus Nvrbanus, den ersten, die je zwei Quästoren erhielten, fing das Volk einen Aufstand gegen die Zolleinnehmer an, die das Volk aufs Härteste bedrückten, und wurde mit denselben, ' ihren Dienern und den zur Beitreibung des Geldes verwendeten Soldaten handgemein. Prätoren wurden dieses Jahr siebenundsechzig, immer einer an des andern Stelle, gewählt. Einer, der zum Ouästor ernannt ward, nahm erst Tags darauf das Männerkleid; ein Anderer, in den Senat gewählt, bekam Lust, dem Volk seine Fechterkünste zu zeigen. Es wurde ihm jedoch nicht gewährt und dann die förmliche Verordnung erlassen, daß kein Senator als Gladiator auftreten, kein Sclave Lictvr werden, und keine Leiche innerhalb fünfzehn Stadien von der Stadt verbrannt werden dürfe. — Viele Wunderzeichen geschahen um diese Zeit: eine Oelquelle sprang an der Tiber aus der Erde, welcher bald andere folgten; die Hülle des Romulus verbrannte bei Gelegenheit eines Opfers, das die Oberpriester verrichteten; das Standbild der Virtus, das vor einer HTempel-Wforte stand, fiel 858 Cassius Dio's Römische Geschichte. auf das Gesicht. Einige von der Mutter der Götter Begeisterte verkündeten, daß dieselbe dem Römervolke zürne. Die Sibyllendücher wurden darob zu Rathe gezogen, und als sie ein Gleiches meldeten, und das Standbild derselben nach dem Meere zu bringen und in demselben zu reinigen befahlen, erhob sich die Göttin selbst, ging die weite Strecke nach dem Meere, blieb lange darin und kehrte erst spät aus demselben zurück. Auch darüber gerieth man in nicht geringe Furcht, und wurde nicht eher wieder beruhigt, als bis vier Palm- banme um den Tempel der Göttin und auf dem öffentlichen Platze hervorwuchsen. Damals vermählte sich Cäsar mit der Livia. 44. Diese war die Tochter des Livius Drusus, welcher gleichfalls auf der Aechtungsliste stand und sich nach der Niederlage in Macedonien selbst das Leben genommen hatte, Sie war die Gattin des Nero, mit dem sie, wie oben berichtet wurde, aus Italien floh, und von demselben im sechsten Monate schwanger. Als Cäsar Anstand nahm und deshalb die Oberxriester befragte, ob es erlaubt sey, eine Schwangere heimzuführen, so antworteten sie: „wenn die Schwangerschaft zweifelhaft wäre, so müßte die Vermählung aufgeschoben werden; da sie aber einbekannt sey, so könne diese immerhin vor sich gehen." Viell.eicht stand es so in ihren Büchern; sie würden aber, wenn sie es auch nicht darin gefunden hätten, so gesprochen haben. Ihr eigener Mann stattete sie aus, als wenn er ihr Vater wäre^ Ein lustiger Auftritt fand bei dem DermäkliMgsschmause statt. Einer der plauderhalten Knaben, welche die Damen nackt zur Augenweide um sich zu haben pflegen, lief, als er sah, daß Livia neben Cäsar, und 859 Acht und vierzigstes Buch. entfernt von ihr Nero mit einem Andern zu Tische lag, ^auf Livia zu und sagte: „Was treibst du hier, Gebieterin? dein Gemahl ist ja dort!" — er zeigte nach ihm hin. Als wirkliche Gemahlin Cäsars gebar sie den Claudius Drusns Nero. Cäsar hob ihn auf die Arme "), schickte ihn dann seinem Vater, und schrieb in sein Tagebuch: „meine Gemahlin Lioia gebar heute ein Kniiblein, und ich, Cäsar, ließ es seinem Vater Nero übergeben." Nero starb bald darauf und bestellte noch sterbend diesem Söhnchen und dem Tiberius den Cäsar selbst als Vormund. Die böse Welt wußte über dieses Verhältniß viel Scherzhaftes zu sagen. Unter Anderem ist der Scherz: „der Glückliche wird schon im dritten Monat Vater," sogar zum Sprichworte geworden. Dieß geschah in Rom. 45. Um dieselbe Zeit kam der Mauritanier Bogud auf Befehl des Antonins, oder aus eigener Entschließung, mit einer Flotte nach Svanien herüber und that und erlitt vieles Unheil. In seiner Abwesenheit empörten sich die Tingitaner wider ihn, er mußte Spanien verlasse», und blieb nicht mehr Herr in dem eigenen Reiche. Die Anhänger Cäsars in Spanien schlugen ihn mit Hülfe des Bvcchus. Bogud begab sich zu Antonins, Bocchus besetzte sogleich sein Reich und erhielt es später von Cäsar bestätigt z den Tingitanern aber wurde das Römische Bürgerrecht ertheilt. Während dieser Zeit, oder eigentlich noch früher, brach ein Krieg zwischen Sextus und Cäsar aus. Da sie nicht freiwillig und aus freiem Entschlüsse, sondern gezwungen Frieden geschloffen hatten, so war dieser auch nicht von Dauer. Er wurde sogleich ge- ") Zeichen der Anerkenntnis bei den Nömern. 860 Cassius Dio's Römische Geschichte. l brechen und sie waren wieder die alte» Feinde. Auch ohne , Verwand hatten sie wieder Krieg angefangen; der Anlaß ! war aber folgender. Menas, welcher noch als Statthalter ! in Sardinien war, kam wegen der Freilassung des Helenus «nd wegen einer Unterredung mit Cäsar bei Sextus in Verdacht, der ron den andern Befehlshabern, die ihm seine Macht beneideten, genghrt werden mochte. Se.rtus beschied ihn zu sich, weil er über Getreide und Gelder, die er zu verwalte» hatte, mit ihm abrechnen müßte. Menas aber erschien nicht, sondern ließ die an ihn Abgesandten greifen und todten, unterhandelte mit Cäsar und übergab ihm Insel, Flotte, Heer und sich selbst. Cäsar nahm ihn freundlich auf; da er dem Sextus Schuld gab, daß er gegen ihre Uebereinkunft Ueber- läufer bei sich aufnehme, Dreiräder baue, und in Italien, wie vorher, feste Plätze besitze. Deshalb weigerte er sich denselben auszuliefern und hielt ihn überdieß in großen Ehren, beschenkte ihn mit goldenen Ringen und erhob ihn in den Ritterstand. Mit den Ringen verhält es sich folgender Maßen: Bei den alten Römern war es, wie ich schon früher angegeben habe, keinem Freigelassenen, ja nicht einmal einem Freigebornen, erlaubt, einen goldenen Ring zu tragen, wenn er nicht Senator oder wenigstens Ritter war. Deswegen kann auch der Machthaber Freigelassenen, denen er wohl will, l wenn sie auch sonst goldenen Schmuck tragen dürfen, dadurch, daß. er ihnen zur Auszeichnung den Ring zn tragen erlaubt, sie damit für besser als Freigelassene und für würdig des Ritterstandes erklären. 46 . Sextus aber, der dem Cäsar nicht nur Obiges, sondern auch die Ausbeutung Achaias und die Nichterfüllung 86L Acht und vierzigstes Buch. der Zusagen für ihn selbst und die ander» Zurückberufenen zum Vvrwnrf machte, sandte den Menecrakes, aucü einen seiner Freigelassenen, nach Italien, der sowohl andere Städte Campa iens, als auch Vvltuninm, oerbeerte. Auf diese Nachricht forderte Cäsar oon den Vestalinnen den Friedensvertrag zurück und beschjrd Amouius und Lepidns nach Italien. Le- xidns beeilte sich nicht eben, der Einladung z» folgen; Aniv- nias bingcgen, der sich »och in Griechenland aufhielt, kam zwar nach Brunduslum; ehe er aber mit Cäsar, der in Etrurien war, zusammenlas, stürzte ein Wolf in sein Feldberrnzclt und zerfleischte einige Soldaten. Dieß »ahm er als üble Vo.bedeutung und fnkr wieder nach Griechenland ab, indem er die Dringlicbke t des PartkerkriegS zum Vvrwande nahm. Cäsar sah nun weht, daß ihm die ganze Last des Kriegs aufgebürdet werde, gab aber seinen Aerger darüber nicht offen kund. Septus seinerseits sprengte überall aus, daß auchAn- tonins den Krieg für ungerecht halte, und begann denselben nur mit größerem Eifer. Er schiffte jetzt mit seiner Flotte gegen Italien heran und that den Feinden großen Schaden, hatte aber auch seine bedeutenden Verluste. Indessen fiel auch bei Cumä ein Seetreffcn zwischen Menecrates und Cal- risius Sabinns vor, in welchem ein Theil der Schiffe Cäsars durch die im Seekrieg erfahrenern Gegner verloren ging; dagegen wog der Verlust des Menecrates, der sich mit seinem Nebenbuhler Menas schlug und fiel, die gewonnenen Vortheile auf; lo daß er sich den Sieg nicht zuschreibe» und Cäsar sich über seine Niederlage trösten konnte. 47. Cäsar war gerade in Nhegium; dieLeute desSextus Dio Sassius. 7s Bdch». 7 862 Cassius Dio's Römische Geschichte. aber fürchteten, er möchte nach Sicilien übersetze», und, auch , durch Menecrate-.' Tod etwas entmukhigt, verließen sie Cumä. ^ Sabinus verfolgte sie und kam glücklich bis zu Scylläum, dem Vorgebirge Italiens. Als er aber eben dasselbe umfuhr, überfiel ihn ein heftiger Sturm, der viele seiner Schiffe an das Vorgebirge warf, andere auf hoher See in den Abgrund versenkte, alle aber zerstreute. Als Sextus Dieß erfuhr, schickte er unter den Befehlen des Apollophanes seine Flotte gegen ste aus. Dieser stieß auf Cäsar, wie er eben vorüber- fuhr, um mit Sabinus nach Sicilien überzusetzen, und machte Jagd auf ihn. Cäsar aber sammelte seine Schiffe, stellte die Soldaten in Ordnung und wies anfangs die Angriffe der Feinde aufs Tapferste ab. Seine Schiffe, mit dem Vordertheile gegen die Feinde gerichtet, ließen diese keinen sichern Angriff thun: .denn bei ihrer großem Masse und Hohe thaten sie den Angreifern mehr Schaden, als sie litten, und die Soldaten, welche den Feinden zu Leibe gingen, waren bei Weitem im Vortheil. Weil aber Apollophanes die Verwundeten und Erschöpften in andere in Bereitschaft stehende Schiffe aus dem Kampfe bringen und andere frische Truppen an ihre Stelle treten ließ, und immer seine Angriffe erneuerte, auch znndgnde Geschoße in Anwendung brachte, so wurde Cäsar > dennoch geschlagen, floh an das Land und suchte einen Hafen ! zu gewinnen; als ihn aber die Feinde auch hierher verfolgten, so kappten einige seiner Schiffe die Ankertaue und fuhren wieder »»vermuthet auf sie los. Dieß und die einbrechende Nacht verhinderte, daß Apollophanes die Schiffe verbrannte oder eroberte. 86L Acht und vierzigstes Buch. 48. Hieraus überfiel am andern Tage die an einer Stell« beisammen vor Anker liegenden Schiffe des Cäsar und Sabi- nus ein so gewaltiger Slurm, daß der frühere Unfall klein dagegen war. Die Flotte deS Sabinus litt dabei weniger: denn Menas, ein erfahrener Seemann, sah den Sturm voraus und fuhr mit den Schiffen sogleich auf die offene See, ließ die Anker schlaff fallen, daß sie nicht bei zu großer Spannung rißen, segelte wider den Wind, so aber, daß kein Seil angespannt wurde, uyd er immer auf einer Stelle blieb, indem er immer dahin, wo ihn der Wind fortgetrieben hatte, zurückrndern ließ. Die Andern aber, welche Tags zuvor schon viel ausgestanden hatten und sich auf den Scedicnst nicht verstanden, wurden auf die nahe Küste geworfen, so daß viele Schiffe zu Grunde gingen. Wie die Nacht ihnen Tags zuvor sehr zu Gute gekommen war, so machte sie jetzt ihr Unglück noch größer. Denn der Sturm wüthete fort, riß die Schiffe von den Ankern und warf sie auf die Klippen, wo sie zn Grunde gingen. Die Matrosen und Soldaten, die in der Finsterniß Nichts sehen, und vor dem Lärm und dem Widerhalle von den Bergen, und da der Wind ihnen gerade entgegenschlug, Nichts hören konnten, kamen elendiglich in den Wellen um. Deshalb verzichtete jetzt Cäsar auf Sicilien und begnügte sich, das Küstenland bewachen zu las» sen. Sextus bildete sich jetzt noch viel mehr ein, und glaubte in Wahrheit, Neptuns Sohn zu seyn; er zog ein meerfarbe- nes Gewand an, und ließ sogar Pferde und , wie Einige berichten, Menschen lebendig *) in die Meerenge werfen. Er Als Opfer für seine» Vater Neptunus. 7 " 864 Cassius Dio's Römische Geschichte. selbst plünderte Italiens Küsten, nach Africa aber schickte er > de» Apollophanes. Menas fuhr Diesem nach, holte ihn ein und that ihm Schaden. Als jedoch die Bewohner der Inseln um Sicilien zu Sertus abfielen, so überfiel Cäsar die Liparer, schleppte sie aus der Insel weg nach Campanien und ließ sie dort in Neapel nach geendigtem Kriege wohnen. 49. Indessen ließ er fast in ganz Italien Schiffe bauen, und brachte für den Matrosendienst Sclaven erst von seinen Freunden, die sie gerne gaben; dann auch von den Ander», Senatoren, Rittern und wohlhabenden Plebejern auf, hob Soldaten aus, und trieb von den Bürgern, Bundesgenossen , und Provinzen inner- und außerhalb Italien Gelder ein. Dieses und das folgende Jahr verwendete er auf den Ban der Schiffe, und auf die Sammlung und Einübung der Matrosen, so daß er zwar persönlich überall Aufsicht hatte, und ! alles Andere in Italien und Gallien, wo neuerlich Unruhen ! entstanden waren, in Ordnung brachte, dem Agrippa aber die ^ Einrichtung der Flotte übertrug. Diesen, der eben die empörte» G-llier bekämpfte, und zu dem Ende, der zweite Römer, mit einem Heere über den Rhein gegangen war, rief Cäsar jetzt zurück, beehrte ihn mit einem Triumph und beauftragte ihn mit der Herrichtung und Einübung der Flotte. Den Triumph nahm er, der gerade mit Lucius Gallus Consul war, nicht an, indem er es für unrecht hielt, bei Cäsars Verluste sich j erheben zu wollen; der Besorgung der Flotte aber widmete sich mit größtem Eifer. An allen Küsten Italiens wurden Schiffe gezimmert, da sich aber nirgends ein sicherer Hasen fand, wo man sich hätte sammeln können (denn die meisten Theile des dortigen Festlandes hatten damals fast gar keinen 865 Acht und vierzigstes Buch. Haftn), so ersann er einen großartigen Plan, den er auch in Ausführung brachte. Da ich diesen weitläufer zu beschreibe» gedenke, so will ich auch das Andere, welches Bezug darauf hat, mehr anschaulich machen. 50. Bei Cumä in Campanien liegt zwischen Misenum und Pnteoli eine Gegend in tzalbmondsgestalt. Sie ist bis aus Weniges mit niedrigen, nackten Bergen nmgeben, und das Meer bildet hier drei Bnsen. Der erste ist außen in der Nähe der Städte, der mittlere nur durch einen geringen Abstand vorn erster« getrennt, der dritte liegt weiter landeinwärts und hat das Ansehn eines Landsees. Der letzte heißt der Avernische, der mittlere der Lucrinische und der erstere der Tyrrhenische. In diesem Meere zwischen den beiden andern ließ er den Zwischcnraum zwischen dem Lucrinische» Busen und dem Meer, wo damals nur sehr enge Einfahrten waren, auf beiden Seiten an dem Festlands durchbohren, und bildete so die trefflichsten Häfen. Während daran gearbeitet wurde, fing ei» über dem Avernische» See stehendes Standbild, sey »s der Calypso, der man diese Gegend geheiligt hatte, wohin auch Odyffeus gekommen seyn soll, oder einer andern Halbgöttin, über und über zn schwitzen an. Wie dieß zuging, weiß ich nicht anzugeben, will aber berichten, Was ich sonst Merkwürdiges in jener Gegend gefunden habe. 51. Auf den Bergen an jenen mehr landeinwärts gehenden Meerbusen findet man Quellen von vielem Feuer und Wasser gemischt. Keines wird gesondert getroffen, so daß man bloßes Feuer und kaltes Wasser hätte; sondern durch ihre Vermischung wird das Wasser erwärmt, und das Feuer gefeuchtet. Jenes läuft vom Fuße der Berge nach dem 866 CassiuS Dio's Römische Geschichte. Meer in Cisternen, und sein Dampf wird in hochgelegenen Wohnungen durch Röhren geleitet, wo damit geheizt wird: denn je weiter der Dampf über die Erde emporsteigt, desto trockener wird er. Auf beiden Seiten sind prächtige Gebäude aufgeführt, und zum Aufenthalte für Gesunde und Kranke aufs Geeignetste eingerichtet. Diese Eigenthümlichkeiten hat das Gebirg, und überdieß ist das Erdreich folgender Maßen beschaffen. Obgleich das Feuer nicht die Kraft zu verbrennen hat, weil jede Flamme durch das beigemischte Wasser erlischt, so kann es dennoch die Stoffe, welche es berührt, durchdrungen und schmelzen; daher wird die Fettigkeit der Erde von ihm aufgezehrt, und das Spröde und so z» sagen Horuartige bleibt zurück. Daher sind die Erdklöße nothwendig höhlicht, und zerfallen, ins Trockene gebracht, zu Staube; wenn aber Wasser mit Kalk beigemischt wird, so werden sie dicht und versteinern. Dieß kommt daher, daß sie, au sich spröde, durch das gleichartige Feuer noch mehr ausgedehnt und ausgedörrt, durch die Beimischung von Feuchtigkeit aber abgekühlt und so in ihren innern Theilen zusammengedrückt lind zu einer unauflöslichen Masse werden. Dieß ist Bajä, denn so wird der Ort genannt. Sobald die Einfahrten vollendet waren, versammelie Agrippa hierher die Schiffe und Matrosen, ließ jene bedecken und Diese auf Ruderbänken sich in dem Rudern üben. 52 . In Rom wurde man durch neue Wunder-zeichen geschreckt, die von versckuedenen Seiten her gemeldet wurden. Schaarcn von Delphinen kämpften bei der Afrikanischen Seestadt Clypea gegen einander und vernichteten sich gegenseitig. In der Nähe der Stadt regnete es Blut, daS von den Vögeln 867 Acht und vierzigstes Buch. na» alle» Seiten hingetragen wurde. Auch daß bei den sogenannten Römischen Spielen kein Senator auf dem Ca- pitolium speiste, wie es sonst gewöhnlich war, galt für ein Götterzeichen. Was der Lioia begegnete, machte ihr zwar Vergnügen, die- Ander» aber versetzte es in Furcht und Schrecken. Ein Adler ließ ein weißes Huhn, mit einem Lorbeerzweig, an dem noch die Frncht hing, im Schnabel, in ihren Scl'vos herab. Sie hält Dieß für ein wichtiges Zeihen, und ließ das Huhn Pflegen, den Lorbeer aber in die Erde pflanzen. Dieser schlug Wurzeln und wuchs, so daß er noch lange nachher de Triunuhir nden mit Lorbeerkränzen versah. Für Luia sollte Dieß bedeuten, daß Cäsars Macht in ibrem Schoose lag und daß sie völlige Gewalt über ihn haben würde. 5Z. Außer diesen Vorzeichen beunruhigte die Römer auch der häufige Aemterwechsel. Denn nicht nur Consuln und Prätoren, sondern auch Quästoren traten fast mit jedem Tage vvm Amte und wurden durch andere ersetzt. Dieß kam daher, weil Allen nicht sowohl um das Amt in der Stadt, sondern darum zu thun war, daß sie durch die Bekleidung desselben auf Posten und Kriegsämter in den Provinzen Ansprüche hatte». Sie wurde» also nicht mehr auf bestimmte Zeit gewählt, sondern nur, damit fle den Namen eines Beamten härten, und traten dann, nach Belieben der Machthaber, wieder ab. Einige traten sogar an einem und demselben Tage ein und ab; auch gab es Solche, welche aus Mangel an Mitteln ihre Aem er verließen. Der Anhänger des Sextns, die unter einem Scheine von Recht mit Ehrlosigkeit belegt wurden, will ich nicht einmal gedenke». Als unter 868 Cassius Dio's Römische Geschichte. Andern Einer Namens Marcns Oppius, der, wie sein Vater, anf der Aechtungsliste gestanden, ans Armuth sei» Aedilc»- amt niederlegen wollte, so gab es das Volk nicht zu sondern legte nicht n»r zu Bestreitung seines Hausbedarfs, sonder» auch zu dem in seinem Amte erforderlichen Aufwand« Geld znsammen. Man erzählt sogar, einige Schelme seyen, als Schauspieler maskirt, in das Theater gekommen, um so für ihn beizusteuern. Dieser Mann wurde im Leben so von dem Volke geliebt, und als er bald darauf starb, auf das Marsfeld getragen, wo man ihn verbrannte und seine Asche beisetzte. Der Seuat aber, unwillig über die Anhänglichkeit des Volks an denselben, keß anf den Nach der Overpriester seine Gebeine, weil sie nichr an einem geweibten Orte liegen dürften, wieder ausgraben, obgleich er viele Andere vor und nachher auf demselben begraben ließ. 54. Um dieselbe Zeit kam Antonins wieder nach Italien ans Syrien, vorgeblich, um wegen der Verluste Cäsars in Gemeinschaft mit ihm den Krieg gegen Sextns ,u fuhren, im Grunde aber mehr, um auszuspähen, als um thätig einzugreifen. Deshalb blieb er nicht da, sonder» überließ ihm Griffe und versprach noch mehrere zu schicken, nahm aber dagegen Fußvolk, und fuhr nun wieder ab, indem er den Krieg gegen die Partker vorschützte. Vor seiner Anfahrt machten sie sich erst turch Freunde dann persönlich, gegenseitig Vorwürfe, versöhnten sich aber, da Keiner Zeit z»m Kriege hatte, wieder durch Vermittlung der Octavia. Um durch neue Bande der Verwandtschaft ihr gutes Vernehmen z» bestärken, verlobte Cäsar seine Tochter an des Antonins 869 Acht und vierzigstes Buch. Sohn Antyllus"), und Dieser seine Tochter, die ihm Octavia geboren, an Domitius, obgleich Dieser unter Cäsars Mördern und mit auf der Aechtungsliste gestanden war. Dieß war aber bei Beiden nur Verstellung. Keiner dachte daran, Wort zu halte», da nur die Umstände ihn dazu nöthigten. Schon von Corcyra schickte Antonius die Octavia zurück, weil er ste nicht den Gefahren des Partherkriegs aussehen wolle. Damals also versöhnten sie sich wieder, den Scxtus aber erklärten ste der Priestcrwürde und des Consnlats, die ibm zugesagt waren, verlustig. Sich selbst verlängerten ste die.Obmacht, da die ersten fünf Jahre zu Ende gingen, auf fünf weitere Jahre. Hierauf eilte Antonius nach Syrien zurück, Cäsar aber schickte sich zum Kriege wider Sextus an. Alles ging ihm hier nach Wunsche, nur daß Mcuas, ein Mensch von im zuverlässigem Charakter, der es immer mit dem Mächtigeren hielt, auch überdieß unwillig war, weil er keinen eigenen Oberbefehl erbielt, sondern dem Sabiuus untergeordnet wurde, wieder zu Sextus überging. Dieß geschah im Winter, während Lucius Gellius und Coccejus Nerv» das Consnlat bekleideten. *) Sin Soli» von Antonius, dieses Namens, kommt sonst nirgends vor. Sollte start nicht zu lesen seyn l Vo«-.«? Dann wäre der bekannt« Sohn des Triumvir und der Fulvia, Julus Antonius, gemeint. Red. Inhalt des neun und vierzigsten Buchs Cäsar besiegt den Sertus und entsetzt den Lepidus seiner Würde. Cap. I —18. Veutidius besi'gt und lödtet den Pacorus, die Partlier aber treibt, er über den Cuphrat zurück, bar. 18 — 21 . Antonius wird von den Partbern besiegt, bar. 22 — 33. Cä^ar un'erwirft die Pannvnier. bar. 34—38. Antonios bekommt den ^ König der Armenier. Artavaedes, in seine Gewalt. Cap. 39—41. ! Einweihung des Aemilischen Säulengangs. b. 42. Das bei §ä- ^ sarea liegende Mauritanien kommt i» die Gewalt der Nömer. ! bar. 43. 44. Der Zeitraum begreift vier Jahre, i» welche» Folgende Con- suln waren: Vor Chr. Nach Erb. Noms. 36. 718. Lucius Gellins Poplicola. des Lucius Sohn, lind Cocoejus Nerva. 35. 719. Lucius Cornificius, des Lucius Solm, und Sertus Pompejus. des Sertus Sohn. 34. 720. Marcus Antonios, des Markus S-bn, zum zweiten Mal. und Lucius Scribo- nius Libo. des Lucius Sohn. 33. 721. Cäsar zum zweite» Mal und LuciusVol: catius Tullus. Neun und vierzigstes Buch. 1. Als Cäsar seine Flotte beieinander hatte »nd der Frühling heranrückte, ging er von Bajä ab, und fuhr an Italien hin, in der Hoffnung, Licilien von allen Seiten einzuschließen: er selbst hatte viele Schiffe, und die des Antonius waren schon in der Meerenge angekommen; auch Lepidus versprach, wiewohl ungern, ihm Beistand zu leiste». Am meiste» aber vertraute er auf die Höhe und Festigkeit seiner Schiffe: denn sie waren sehr fest und geräumig gebaut, so daß sie sehr viel S.l'iffsoolk ausiteh en konnten; auch hatten sie Thürme, damit seine Leute von oben herab, wie von einer Mauer, kämpfen und die Schiffe dem Angriff der Feinde besser widerstele» und mit stärkerem Nachdruck aus die andern zustoßen könnten. Mit diesem Gedanken eilte er anf Sicilic» zu; als er aber nm das Vorgebirge Palinnrus herumfuhr, überfiel ihn ein heftiger Sturm, der ihm viele Schiffe zu Grnnde richtete, und Meuas fiel über die andern, welche zerstreut umherfuhren, her, verbrannte sie oder nahm sle weg, und, wäre er nicht durch versprochene B gnadignng und andere Vortheile bewogen, von Neuem zu Ca ar übergegangen, und hätte die Dreiruder, welche sich stellten, als ob sie zu ihm übergingen, bei sich aufgenommen nnd so die unter seinen Befehlen stehende Flotte verrathen, so wäre auch dieser Seezug des Cäsar gescheitert. Dieß that aber Menas, weil ihm 872 Casflus Dio's Römische Geschichte. Sextus nicht auch den Krieg gegen Lepidus auftrug und überhaupt nicht recht trauen wollte. Casar nahm ihn zwar aufs Freundlichste auf, traute ihm aber ebenfalls nicht. Alt er aber die beschädigten Schiffe ausgebessert und die Sclaven auf den Dreirudern mit der Freiheit beschenkt hatte, that er die Ueberzäkliqen (Viele hatten sich von den im Schiffbruche zu Grunde gehenden Schiffen durch Schwimmen gerettet) auf die schwach bemannte Flotte des Antonius, »nd kam so an die Insel Lipara. Lsier ließ er Agrippa mit den Schiffen und kehrte nach dem Festlande zurück, um das Landyeer bei günstigem Winde nach Sicilien überrnschiffen. 2. Auf diese Nachricht legte sich Sextus bei Meffana vor Anker, um auf seine Ueberfabrt zu lauern, Demvcharet aber ließ er den Agrippa im Auge behalten. Diese lieferten sich zwar gelegentlich kleine Gefechte, wollten sich aber lange Zeit in keine entscheidende Schlacht einlassen: denn sie kannten ihre gegens itige Streitkräfte nicht, weil sie auf beiden Seiten als größer und furchtbarer geschildert wurden, als sie in der Wirklichkeit waren. Endlich fuhr Agrippa, welcher einsab, daß längere Iögerunq für ihn nicht zuträglich se? (während die Leute des Sextus, im eigenen Lande, sich nicht zu beeilen brauchten), mit den besten seiner Schiffe gegen Mylä »m die Stärke der feindlichen Flotte auszukundschaften. Da er aber nicht alle Schiffe sehen konnte, und man sich niclck gegen ihn rührte, so bekam er eine geringe Meinung von den Feinden, und rüstete sich bei seiner Rückkunft, am andern Tage mit seiner ganzen Flotte einen Angriff auf Mvlä zu machen. Er dielt die erschienenen Schiffe für die ganze Flotte, und da sie wegen ihrer Größe nur sehr schwer- 875 Neun und vierzigstes Buch. fällig fuhren, schickte er in der Nacht an Sextus und bereitete sich gleichfalls zu einem Angriff auf Lipara. Es tagte nnd beide Theile fuhren aus, in dem Wahn, einen schwächeren Feind zn finden. 3. Als fie sich einander näherten und beide Theile ihren Gegner stärker fanden, als sie vermeinten, wurden beide bestürzt, und wandten sich zum Theil gar znr Flucht. Weil sie aber die Flucht mehr snrel'ten mußten, als die Schlacht, und in dieser sogar zu siegen hoffen durften, durch jene aber allgemeines Verderben befürchteten, so fuhren sie auseinander los und die Seeschlacht begann. Die Einen waren gegen die Andern durch die Zahl der Schiffe, die Andern durch die Erfahrung im Seedienst im Vortheil. Den Einen that Vorschub die Höhe der Schiffe, die Dicke der Steuerbalken und die Thürme; den Andern half, daß sie in schnellen Angriffen durch die feindliche Flotte hinfahren konnten, und gegen die Stärke der Schiffsmannschaft Cäsars wog ihre Kühnheit ant. Da die meisten Ueberlänfer aus Italien waren, so kämpften sie mit verzweifeltem Muthe. Dieß machte, daß sie gegen einander bald im Vortheile, bald im Nachtheile waren, stellte ihre Kräfte einander gleich und bewirkte, daß die Schlacht lange unentschieden blieb. Die Leute des Sextus sevten ihre Gegner durch das Rauschen sihrer Schiffe und Ruderi in Schrecken, und mit Gewalt auf sie zustürzend beschädigten sie dieselben an den Vorder- und Hintertheilen. Da sie den Geschvßen von den Thurme» beim Handgemenge ausgesetzt und durch die Haken der eisernen Hände geentert waren, so wog ihr Verlust den zugefügten Schaden auf. Die Cäsaria- ner hatten, sobald sie handgemein wurden und i» die Schiffe 874 Cassius Dio'S Römische Geschichte. der Gegner übersprangen, viel voraus. Dagegen waren Diese, weil sie aus den sinkenden Schiffen ins Meer springen konnten, und durch ihre Uebung im Schwimmen und ihre leichtere Rüstung ohne Mühe andere Schiffe erreichten, im Vortheil. So hielt die Schnelligkeit der Schiffe der Festigkeit der . Schiffe von der andern Seite und die Schwere der letztem die Leichtigkeit der erster» im Gleichgewicht. 4. Erst spät und gegen die Nacht behielten die Cäsaria- ner die Oberhand, verfolgten aber Niemand, wie es mir scheint und es wahrscheinlich ist, weil sie sie nicht einholen konnten, und sie auf den ihnen unbekannten Untiefen an der Küste zu stranden fürchteten.. Einige sagen, Agrippa, der nicht für sich, sondern für Cäsar focht, habe sich damit begnügt, die Feinde zum Weichen zu bringen. Er pflegte nämlich im Kreise ganz vertrauter Freunde zu äußern, daß die meisten Machthaber von Keinem übertreffen werden wollen, ! sondern das Meiste, das einen leichten Sieg gewährt, selbst ^ ausführen, das Schwierigere und Gefährlichere aber Andern überlassen; wenn sie sich je einmal genöthigt sähen, Andern minder gefährliche Unternehmungen zu übertragen, so sey ihnen der Ruhm, den sie ciiiärnten, ärgerlich und unangenehm; zwar wünschten sie nicht, daß sie den Kürzern ziehen und unglücklich seyen, gönnte» ihnen aber doch auch nicht den Ruhm, Etwas glücklich durchzuführen. Jeder also, dem sein Glück lieb sey, müsse Schwierigkeiten und Gefahren zu beseitigen suchen , die glückliche Ausführung aber Jenen vorbehalten. Daß Dieß in der Welt so zu gehen pflegt, und daß Agrippa sich Dieß zum Grundsätze machte, daran zweifle ich nicht» daß es aber im vorliegenden Falle der Grund der > Neun und vierzigstes Buch. 87L ich, Nichtverfolgung war, möchte ich doch nicht behaupten: denn „,n- hätte er es auch gewünscht, so würde er sie doch nicht einten geholt haben. heil. 5. Während der Seeschlacht hatte Cäsar auf die Nachher richt, daß Sextus Mcssana verlassen habe, »nd daß die Meer- tem enge frei und rffen sey, den günstigen Augenblick nicht versäumt, sondern war auf den Schiffen des Antonius nach ,ria- Tanromenium übergesetzt. Das Glück war ihm aber nicht mir günstig. Zwar fand er bei der Ueberfahrt und der Landung öle» , keinen Widerstand, sondern konnte ruhig und ungestört sein her Lager aufschlage». Als aber Sexrus, gleich nach der See- der schlecht nach Messana zurückgeeilt, seine Ankunft erfuhr, so be- bemannte er, so schnell er konnte, seine Schiffe mit frischen >nni- Truppen und griff Cäsar zumal zu Land und zu Wasser an. die i Gegen die Landtruppen rückte er gar nicht aus, hoffte aber lle», der feindlichen Florte, die so unbeträchtlich und erst kürzlich elbst besiegt war, obzusiegen, verlor jedoch den größten Tbeil seiner der» Flotte und hätte beinahe selbst das Leben eingebüßt. Zu dem seinen Leuten in Sicilien konnte er nickt gelangen und mußte sey also froh seyn, sich »ach dem Festlande Italiens zu retten, hm; Er selbst war geborgen, daß aber sein Heer auf der Insel und abgeschnitten war, empfand er als eine» harten Schlag, von den > dem er sich nicht eher ermannte, als bis ein Fisch aus dem sein Meere auffuhr und zu seinen Füßen niederfiel. Dieß und be- die Deutung der Wahrsager, daß er sich das Meer unter- yor- werfen werde, stärkte wieder seinen Muth. daß ; 6- Agrippa wurde eilig zu Hülfe gerufen; das Landheer ich aber war eingeschlossen. Als sie anfingen, an Lebensmittelu der Mangel zu leiden, und sich nirgends Hülse zeigen wollte, so 876 Cassius Dio's Römische Geschichte. befürchtete Cornificins, der die Truppen befehligte, bei längerem Zuwarte» durch den Hunger zur Uebergabe gezwungen zu werden, weil die Feinde sich mit ihm, der an schwerbewaffnetem Fußvolke denselben überlegen war, in keine Schlacht einlassen würden; rückte er aber vor, so müßten sie ihn angreifen und würden ihm unterliegen; wollten sie Dieß aber nicht thun, so könnte er sich an einen sichern Ort zurückziehen, wo er sich Lebensmittel verschaffen und von Cäsar oder Agrippa Hülfe erwarten könnte. Er verbrannte daher die Schiffe, welche von der Seeschlacht entkommen, oder an die Küste, wo er im Lager stand, verschlagen waren, und sekte sich in der Richtung von Mylä in Marsch. Die feindlichen Reiter und Leichtbewaffneten wagten sich nicht in die Nähe, sondern neckten ihn aus der Ferne und sehten ihn in große Verlegenheit. Jeden günstigen Augenblick benutzten sie zu Angriffen, und zogen sich wieder schnell zurück: sie, als Schwerbewaffnete, konnten ihrer schweren Rüstungen wegen sie nicht verfolgen und hatten noch die Unbewaffneten, welche sich von der Flotte zu ihnen geflüchtet hatten, zu decken. So erlitten sie vielfache Verluste, ohne den Feinden Etwas anhaben zn könne». Denn wenn sie auch auf sie losgingen und sie in die Flucht trieben, so konnten sie dieselben nicht weiter verfolgen, und wurde» von ihnen bei der Umkehr, dnrch tbeilweise Angriffe vereinzelt, sehr zu Schaden gebracht. Schon auf dem Zuge selbst, noch viel mehr aber beim Ueber- setzen über die Flüsse, wurden sie hart mitgenommen. Hier umstellten sie die Feinde und hieben, da sie eilig und ohne Glied zu halten über den Fluß gingen und sich nothwendig blvßgeben mußten, die Vereinzelten nieder und schoßen auf Neun,und vierzigstes Buch. 877 sie, wen» sie entweder im Schlamme stecken blieben oder von der Strömung fortgerissen wurden. 7. So bedrängt wurden sie drei Tage lang; am schlimmsten aber erging es ihnen am lcyten, da Sextus mit dem schwerbewaffneten Fnßvolke ankam. Man bedauerte nicht mehr die Gefallenen, sondern hielt es für Gewinn, die Leiden überstanden zn haben, nnd hoffnungslos wünschten sie selbst unter der Zahl der Todten zn sey»; die Verwundeten, deren Zahl die der Gefallenen bei weitem überstieg (denn durch Steine und Wurfspieße aus der Ferne getroffen, und nicht im Handgemenge verwundet, hatten sie zwar viele aber nicht immer gefährliche Wunden), litten nicht nur selbst ihre Schmerzen, sondern wurden den klebrigen noch lästiger, als selbst die Feinde. Trug man sie, so sehten sie die Träger selbst größere» Gefahren aus, ließ man sie zurück, so machten sie durch ihr Wimmern das Heer nur noch mißmnthiger. Sie wären Alle aufgerieben worden, wenn nicht die Feinde gegen .ihre» Willen von ihren Angriffen abgezogen worden wären. Agrippa nämlich war auf seinen Sieg znr See nach der Insel Lipara zurückgefahren; weil er aber erfuhr, Sextus sey nach Meffana geflohen, und Demvchares anderswohin entronnen, so sehte er nach Sicilien über, nahm Mylä und TyndariS weg und schickte dem Corniflcius Lebensmittel und Truppen. Sextus, welcher meinte, Agrippa selbst sey angekommen, zog sich noch vorher in solcher Eile zurück, daß er selbst Geräth- schasten und Lebensmittel im Lager zurückließ, wodurch die Leute des Cornificius wieder reichlich mit Mundvorrath versehen waren nnd sich zu Agrippa retten konnten. Cäsar er- Dio SassiuS. 7s Vbchn. 8 878 Cassius Dio's Römische beschichte. theilte ihnen Lobsprüche und Geschenke, so sehr er sich auch das Ansehn gegeben hatte, als ob er durch Agnppa's Siez den Krieg beendigt hatte und für sie unbesorgt seyn könnte. Cvrnificius that sich auf die Rettung des Heeres so viel zu Gute, daß er, so oft er in Rom außer dem Hause speiste, , auf einem Elephanten nach Hause ritt. 8. Cäsar kam jetzt selbst nach Sicilien, und Sextus bezog gegen ihn ein Lager. Zwar kam es nicht sogleich zu einer Hauptschlacht, aber sie lieferten einander mehrere Reiterscharmützel. Während sie so in ihren Lagern einander gegenüber standen, trafen bei Sextus Gallus Tisienus und bei Cäsar Lepidus mit Verstärkungen ein. Lepidus, von dein schon erwähnten Sturme befallen, war auf DemochareS gestoßen und hatte gegen ihn viele Schiffe verloren; er kam nicht sogleich zu Cäsar, sondern legte bei Lilybänm an, sey es wegen der erlittenen Verluste, oder um Cäsar den Kamps allein bestehe» zu lassen, oder endlich, um den Sextns von Cäsar abzuziehen. Hier griff ihn Gallus, von Sextns abgeschickt, an; als sie aber einander Nichts abgewannen, kamen sie Beide nach Artemisium. Gallus verstärkte das Heer des ^ Sextus; Lepidus aber zerfiel mit Cäsar, weil er in Allem gleiche Gewalt mit ihm ansprach, Dieser hingegen ihn blos als Legaten behandelte, neigte sich aus die Seite des Sextus und , trat sogar in geheime Unterhandlung mit demselben. Cäsar vermuthete dergleichen, ließ es sich aber nicht merken, um ihn sich nicht offen zum Feinde zu machen; da er aber ohne Gefahr seinen Verdacht nicht verheimlichen konnte (denn ihn zlt keiner Berathung zu ziehe», mußte Argwohn erwecken, > ihn in Alles einzuweihen, schien ihm gefährlich), so beschloß j 879 Neun und vierzigstes Buch. er so bald als möglich eine entscheidende Schlacht zu liefern, ehe Jener förmlichen Verrath spinnen könnte: obgleich er sonst flcl, nicht mit dem Kampfe beeilt haben würde; denn Septus gebrach es an Geld und an Lebensmitteln, weshalb er in Kurzem ohne Kampf seiner Meister zu werden hoffen durfte. Mit diesem Entschlüsse stellte er sein Heer vor dem Lager in Schlachtordnung auf; Agrippa kam mit der Flotte heran und legte sich vor Anker: Sextus aber, der weit schwächer war, als sie Beide, rückte ihnen nicht entgegen. Dieß geschah mehrere Tage hindurch. Am Ende aber befürchtete er, die Bundesgenossen möchten das Vertrauen auf ihn verlieren und von ihm abfallen, und ließ seine Flotte wenigstens, anf die er noch größere Hoffnung setzte, gegen sie auskaufen. 9. Das Zeichen zur Schlacht ward gegeben, die Trompete erscholl und beide Flotten fuhren in der Nähe des Landes anf einander los, beide Landheere standen am Ufer in Schlachtordnung und gewährten so einen höchst sehenswürdigen Anblick. Das Meer war weit umher mit Schiffen bedeckt, da sie ihrer Menge wegen sich weithin auf der Meeresfläche ausgedehnt» hatten; das nahe Land war von Bewaffneten, weiterhin von dem Trosse der beiden Heere besetzt. Zwar kämpfte man blos zur See, im Grunde aber nahmen Alle daran Theil. ' Den Muth des Seevolks befeuerte der Gedanke, daß sie unter den Augen der Zuschauer kämpften, und bei diesen, obgleich sie nicht miteinauder stritten, bewirkte der Anblick Dessen, Was vor ihnen vorging, daß sie gewisser Maßen auch den Kampf mitmachten. Da die Schlacht sich lange nicht entschied, da sie ganz wie die frühern geliefert wurde. 880 Cassius Div's Römische Geschichte. so blieb' sich auch die Stimmung der Zuschauer gleich. Sie ! hofften, dieser Kampf werde dem ganzen Krieg ein Ende machen, und wenn auch nicht, so meinten wenigstens die Einen, wenn sie auch diesen Sieg gewännen, nicht mehr viel Arbeit übrig zu haben; die Andern, wenn auch früher besiegt, , hofften nicht wieder zu unterliegen und waren guten Muths. Deswegen hielten sie sich stille, um den Gang der Schlacht desto aufmerksamer zu beobachten und die Kämpfenden nicht abzukehren. Nur mit kurzem Zuruf ermunterten sie die Fechtenden, riefen die Götter um Schuh an, lobten die Ihrigen, wenn sie obsiegten, oder schalten sie, wenn sie de» Kürzern zogen. Häufiger Ruf der Anfeuerung erscholl, die Einen schrien auf die Andern zu, um von ihren Leuten besser j vernommen zu werden, und damit die Feinde weniger die , Ihrigen hören könnten. ! 10. Dieß geschah, so lange der Sieg noch nicht entschie- ^ den war, ja man gab sich sogar Zeichen mit dem Körper, , als ob man sie von den Schiffen aus sehen und verstehen ! könnte. Als aber die Leute des Sextus wichen, da jubelten die Einen allesammt mit einemmale auf, die Andern erhoben ein Geheul; Diese, als wären sie mit besiegt, zogen nach Meffana ab. Cäsar empfing diejenigen der Besiegten, welche ans Land flohen, ging selbst in das Meer vor und verbrannte alle Schiffe, welche auf die Untiefen gerathen waren. Wer noch See hielt, war nicht geborgen, da Agrippa sie verfolgte, und Wer ans Land fuhr, kam durch Cäsar um, so daß nur Wenige sich nach Mgssana flüchteten. In diesem Treffen ward Demochares gefangen und gab sich selbst den Tod, Apollophanes aber, der auf unversehrtem Schiffe noch Neun und vierzigstes Buch. 881 . entkommen konnte, ging zu Cäsar über. Dasselbe thaten auch Andere, unter ihnen Gallus mit allen seinen Reitern und in der Folge auch Einige vom Fußvolke. 11 . Sextns gab nun vorerst alle Hoffnung aus und backte auf Flucht. Er brachte bei Nacht Tvckter, Familie, Gelder und andere Kostbarkeiten auf die geretteten Schiffe, welche am besten segeln konnten und fuhr davon, ohne von Jemand verfolgt zu werden: denn er ging heimlich ab und Cäsar war eben in großen Sorgen. Lepidns war über Mes- sana hergefallen, hatte dasselbe erobert, geplündert und zmn Theil abgebrannt. Als Cäsar auf diese Nachricht herbeieilte, um ihm Einhalt zu thun, getraute er sich nicht, die Stadt zu halten, bezog aber ein Lager auf einer festen Anhöhe, und brachte nun seine Klagen vor, indem er aufzählte, um Was er verkürzt worden sey. Er forderte Alles heraus, was ihm bei ihrer erste» Verbündung zugetheilt worden war, und sprach den Besitz von Sicilien an, um das er ja gleichfalls mitgestritten habe. Dieß warf er dem Cäsar durch Zwischenträger vor und forderte ihn zur Erörterung ihrer Sache auf. Er hatte alle die Truppen, welche er aus Afrika gebracht, zu seiner Verfügung, und überdies diejenigen, welche in Meffana geblieben waren: denn er war zuerst in die Stadt gekommen und hatte ihnen Hoffnung auf Verbesserung ihrer Lage gemacht. 12. Cäsar gab keine Antwort, sondern glaubte die Sache für sich selbst und mit Gewalt der Waffen zn Rechte zu bringen, weil er ihm an Streitkräften überlege» war. Deshalb rückte er sogleich mit wenig Mannschaft gegen ihn, in der Hoffnung ihn, den unrührigen Schwächling, durch seine plvtz- 882 Cassius Dio's Römische Geschichte. liche Ankunft in Schrecken zu setzen nnd seine Soldaten auf seine Seite zu dringen. Er wurde in das Lager eingelassen, weil man aus seiner geringen Begleitung schloß, daß er Frie- densvorschläge machen wolle. Als er sich aber nicht nach ihrem Sinne äußerte, so wurden sie aufgebracht, machten sich über ihn her und tödtcten einige seiner Leute. Durch schnell herbeieilende Hülfe entging er selbst der Gefahr, rückte hierauf mit seinem ganzen Heere heran und schloß sie in ihrem Lager ein. Weil nun die Eingeschlossenen befürchteten, daß sie von Cäsar überwältigt werden würde», so empörten sie sich aus Scheu vor Lexidus zwar nicht offen, verließen ihn aber in einzelnen Rotte» und gingen zu Jenem über, so daß er sich gezwungen sah, sich im Gewände der Trauer als Flehender an die Gnade desselben zu wenden. Er wurde jetzt aller Gewalt entsetzt und erhielt, nicht ohne Bewachung, seinen Aufenthalt in Italien. Von den Anhängern des Septus wurden die Ritter und Senatoren, bis auf Wenige, hingerichtet. Die Soldaten wurden, soweit es Freie waren, unter Cäsars Legionen gesteckt, die Sclaven aber ihren Herren zur Bestrafung übergeben, und Diejenigen, die keine Herren mehr hatten, ans Kreuz geschlagen. Die Städte, welche sich freiwillig ergeben hatten, wurden begnadigt, die widerspenstigen aber zur Strafe gezogen. iz. Während Dieses vor sich ging, empörten sich Cäsars Soldaten. Auf ihre Menge pochend wurden sie übermüthig. Weil sie wußten, daß sie bei Gefahren und Hoffnungen den Ausschlag gaben, forderten sie übertriebene Belohnungen, rotteten sich zusammen und begehrten, Was Jeden gelüstete. Als aber ihr Geschrei Nichts richtete, weil Cäsar, von keiner 88Z Neun und vierzigstes Buch. Gefahr bedroht, aus ihnen sich nicht viel machte, so fingen sie an zu toben, rückten ihm vor, welche Beschwerden sie ausgestanden hätten, brachten frühere Versprechungen in Erinnerung und stießen allerlei Drohungen aus, indem sie glaubten, daß er ihnen Nichts abschlagen konnte. Als sie Nichts ausrichteten, so verlangten sie ihren Abschied, weil fle ihre Kräfte im Dienste erschöpft hätten, und erhoben ein wüthendes Geschrei, nicht als ob es ihnen mit ihrem Abschiede Ernst gewesen wäre (sie standen meist noch im kräftigsten Alter), sondern weil sie einen Krieg mit Antonius voraussahen und deshalb ihre Wichtigkeit zu hoch anschlugen. Was sie mit Bitten von ihm nicht erlangten, Das hofften sie durch die Drohung, ihn zu verlassen, ihm abzubringen. Allein auch Dieß gelang ihnen nicht: denn Cäsar gab, obgleich auch er mit Gewißheit einen Krieg voraussah, und ihre Absicht wohl durchschaute, doch nicht nach, weil er von dem Grundsape ausging, daß der Feldherr sich Nichts von den Soldaten dürfe abnöthigen lassen, da sie gleich wieder mit neuen Forderungen kommen würden. 14. Cäsar erklärte also ihre Bitte scheinbar für recht und billig und entließ vorerst Diejenigen, welche bei Mutina unter ihm gegen Antonius gekämpft hatten, und, als auch die Andern darauf drangen, noch weiter alle Diejenigen, die zehen Jahre gedient hatten; nm aber die Andern abzuschrecken, fügte er bei, daß er Keinen derselben, wenn er es auch noch so sehr wünschte, wieder in seine Dienste nehmen werde. Auf diese Erklärung ließen sie Nichts mehr hören, sondern fingen an, sich wieder ernstlich zu fügen, da er erklärte, er werde 884 Cassius Dio's Römische Geschichte. j! den Entlassenen, mit Ausnahme der Ersteren "), nickt Alle», sondern nur den Würdigsten, nicht nur die versprochenen Belohnungen, sondern auch noch Ländereien vertheilen; Alle» ließ er je fünfhundert Drachmen, Denen aber, welche den Sieg zur See miterfochten hätten, einen Kranz von Oelzwei- gen geben. Dann machte er auch den Andern gute Hoffnung, besonders aber versprach er den Centurionen, sie in ihren Vaterstädten in den Rath aufzunehmen. Seinen Unterfeldherrn gab er verschiedene Auszeichnungen, dem Agrippa verlieh er eine goldene Krone mit Schiffsschnabeln, eine Belohnung, welche Keinem vor oder nach ihm zu Theile ward. Selbst der Senat bestätigte ihm diese Ehre und erlaubte ihm, so oft die Triumphirenden den Lorbeerkranz zu tragen pflegte», sich der Schiffskrone zn bedienen. So brachte er damals § seine Soldaten zur Ruhe- und ließ das Geld sogleich, die Grundstücke aber später unter sie vertheilen. Weil die damaligen Staatsländereien nicht zureichten, so kaufte er unter - andern in Campanien von Capua's Bürgern, deren Stadt damals sehr entvölkert war, viele an, und gab ihnen dafür die Iulische Wasserleitung, auf die sie ganz besonders stolz sind, sowie auch das Knoflsche Gebiet, von dem sie noch heut z» Tage die Nutznießung haben. Doch Dieß geschah später. Nachdem er jetzt in Sicilien die nöthige» Anordnuiigen ge- ^ troffen hatte, nahm er auch beide Afrika durch Statilius s Taurns in Besitz; dem Antonius aber schickte er für die verlorenen die gleiche Zahl anderer Schiffe zurück. 15 . Der Ausstand in Etrurien ward durch die Nachricht von seine m Siege alsbald gestillt. In Rom aber wurden j ") Wohl der Kämpfer bei Mutina; s. Anf. des Capitels. 885 Neun und vierzigstes Buch. dem Cäsar einstimmig Lobeserhebungen, Bildsäulen, Ehrensttz bei den Schauspielen, feierlicher Einzug zu Pferde durch eine Ehrenpforte und der beständige Gebrauch des Lvrbeerkranzes zuerkannt und sein Siegcstag zu einem jährlichen Dankfeste für alle Zeiten erhoben, an dem er mit Gemahlin und Kindern in dem Tempel des Jupiter auf dem Capital sollte speisen dürfen. Dieß geschah sogleich nach dem Siege. Die erste Kunde daoon gab ein Soldat, der an jenem Tage, von einem Gotte begeistert, viel Seltsames sprach und that, am Ende aber auf das Capital lief, und sein Schwert zu Jupiters Füßen niederlegte, weil man desselben nicht länger bedürftig wäre. Hierauf liefen auch andere Nachrichten von Cäsar ein. AIS er endlich selbst ankam, versammelte er nach hergebrachter Sitte das Volk außerhalb des Zwingers, entschuldigte sich wegen des Vorgefallenen, verbat sich einige der Ehrenbezeigungen, erließ die Vermögenssteuer' und diejenigen Schuldreste, welche noch vor die,ein Bürgerkrieg in den Staatsschatz gezahlt werden sollten, hob einig« Auflagen auf, und nahm das ihm übertragene Amt eines Erzpriesters, das Le- pidns bekleidet hatte, nicht an, da man dasselbe Einem bei Lebzeiten nicht abnehmen durste; zumal da sie ihm noch viele andere Auszeichnungen beschlossen hatten. Einige waren der Meinung, er habe sich so großmüthig gezeigt, um Anto- nius und Lepidus in ein gehässiges Licht zu stellen, und die Schuld der früheren Unbilden auf Jene allein zu schieben; Andere aber, da die Schuldreste auf keine Weise beizutreiben gewesen seyen, so habe er aus dem Unvermögen der Schuldner Veranlassung zu einer wohlfeilen Gnnstbewerbnnq beim Volke genommen. Dieß wird jedoch ohne Grund behauptet. 886 Cassius Dio's Römische Geschichte. Noch beschloß man, daß er ein dem Staate gehöriges HauS bewohnen solle, weil er den zu neuen Gebäuden auf dem Palatinus P angekauften Platz, weil ein Blitz in denselben niedergeschlagen, dem Apollo geweiht hatte. Außer der Verordnung wegen des Hauses wurde noch beschlossen, daß mini , durch Wort und That nicht die ihm schuldige Achtung ver- > letzen dürfe, wie Dieß bei den Bolkstribunen gehalten wird. Auch wurde ihm das Recht ertheilt, überall unter diesen ! Staatsbeamten Platz zu nehmen. 16. Diese Ehrenbezeigungen wurden dem Cäsar von ! dem Senate zuerkannt. Er selbst ließ den Valerius Meffala, den er früher aus der'Aechtnngsliste zum Tode verurtheilt hatte, unter die Augurn über die gewöhnliche Zahl.aufnehmen. Den Uticensern gab er das Römische Bürgerrecht. Den Purpur durfte hinfort außer den Senatoren und den Beamten Niemand tragen: bereits nämlich hatte sich dessen der Nächste Beste bedient. In diesem Jahre gab es keinen Aedil aus Mangel an wählbaren Männern; die Prätoren und Volkstribunen versahen indessen die Stelle der Aedilen. Auch kein Stadtpräfect ward für das Lateinerfest gewählt, sondern einige Prätoren versahen ihr Amt. Alles Andere in der Stadt und im übrigen Italien ging jetzt und lange Zeit später durch die Hände eines Ritters mit Namen Casus Mäceuas. 17. Sextus war indessen von Meffana abgefahren, und hatte, weil er fürchtete verfolgt und von seinen Begleitern verrathen zu werden, seinen Leuten gesagt, er wolle die hohe P Statt des im Terte stehenden lese ich 77a-.«r. Dieses Schildkrötendach wird auf folgende Weise gebildet: der Troß und die Leichtbewaffnete» nächst den Reitern stellen sich in der Mitte des Heere« auf. Bon dem Fußvolks werden die mit länglichten, rinnenförmig gehöhlten Schilden Bewaffneten außen im Viereck ausgestellt, blicken gegen den Feind und -ecken sich und die Andern mit ihren Waffen. Die Andern drängen sich mit ihren breitern Schilden in der Mitte zusammen, indem sie dieselben über sich und die Andern emporhalten, so daß man die ganze Phalange entlang nicht« als Schilde sieht, und Alle durch die gedrängte Stellung gegen die Geschosse gedeckt werden. Das Ganze ist so fest, daß Einzelne'darüber weggehe», und selbst Pferde und Wagen bei hohlen und engen Stellen oben hinfahren können. Dieß ist die Form dieser Stellung und sie hat, eben wegen des festen, sicheren Daches, den Namen Schildkröte bekommen. Man macht davon in zwei Fällen Gebrauch, einmal, wenn man sich einem festen Platze nähern will. und oft über jenes Dach Andere aus die Mauer steigen läßt; sodann, wenn man sich von Pfeilschiiyen rings umgeben sieht. In diesem Fall werfen sich Alle zugleich auf die Kniee nieder (selbst die Pferde sind so abgerichtet, daß sie niederhocken und sich ducken); so daß sie dem Feinde den Schein der höchsten Erschlaffung gebe»; wenn sie aber nahe kommen, s» springen sie plötzlich anf und seyen sie in Furcht und Bestürzung. Dieß der Gebrauch des Schildkrötendach«. soo Cassius Dio'ö Römische Geschichte. 51. Jetzt blieb Antonius von den Feinden unangefochten, litt aber desto mehr durch empfindliche Kalte: denn eS war bereits Winter, und Armenien auf den Gebirgen, wo er allein sicher ziehen konnte, ist ohnedieß immer mit Eis bedeckt. Eine solche Witterung machte die Wunden der Soldaten (und es waren Viele verwundet) noch schmerzlicher. So starben denn Diele, Viele wurden dienstunfähig, und Antonius mochte die einzelnen Berichte darüber gar nicht mehr hören, verbot vielmehr, ihm dergleichen weiter zu melden. So sehr er auf den Armenier, der ihn im Stiche gelassen hatte, erboßt war, und so gern er ihn zur Strafe gezogen hatte, so schmeichelte er ihm doch jetzt und that ihm schön, um Lebcnsmittel und Gelder von ihm zu erhalten. Als endlich die Soldaten, zumal im Winter, einen weiteren Marsch nicht aushalten können, und sich ohne Noth weiteren Strapazen hätten aussetzen müssen, da er doch wieder gleich darauf nach Armenien zurückzukehren gedachte, so suchte er durch Schmeicheleien und Versprechungen die Erlaubniß von ihm zu gewinnen, in seinem Lande die Winterquartiere zu beziehen, weil er ja doch mit dem Frühlinge wieder gegen die Parther ziehe. Auch von Cleopatra erhielt er jetzt Gelder, so daß er den Soldaten der Legionen je fünfnnddreißig Drachmen und auch den Andern das ihnen Zukommende geben ließ. Als aber die übersandten Summen nicht zureichten, so befriedigte er die klebrigen aus seinen Mitteln, indem er seine eigenen Kosten nicht in Rechnung brachte, sondern asten Dank der Cleopatra zuschob. Auch seine Freunde mußte» Vieles beisteuern, und Viel trieb er bei den Bundesgenossen ein. Hierauf fuhr er nach Aegypten ab. 901 Neun und vierzigstes Buch. ZL. In Rom wußte man alle Einzelheiten seines Feld- zuges, nicht als-ob er selbst den wahren Hergang berichtet hätte (denn alles Ungünstige verschwieg er), oder er wußte cS so zu wenden, daß gerade das Gegentheil herauskam und er sogar als Sieger erschien. Die Gerüchte hatten die Wahrheit verkündet, und Cäsar mit seinen Freunden machte sich ein Geschäft daraus, den wirklichen Thatbestand unter die Leute zn bringen. Oeffentlich aber wurde er nicht Lügen gestraft, man stellte vielmehr Opfer und Dankfeste an. Weil auch Cäsar gegen SextuS nicht glücklich gewesen war, so wäre ein Tadel unschicklich und nicht am Orte gewesen. Nach diesen Vorgängen vergab Antonins an Amyntas, obgleich er nur Schreiber des Deiotarus gewesen war, Galatien, wozu er noch einige Bezirke von Lykavnien und Pamphylien schlug, an Archelans Cappadocien, nachdem er den Ariarathcs daraus vertrieben hatte. Dieser Archelaus stammte zwar von des Vaters Seite von jenen Archelaus her, die gegen die Römer- Krieg geführt hatten, seine Mutter aber war die Buhldirne Glaphyra. Doch darüber verlor Antonios Nichts in den Augen seiner Mitbürger» denn diese Schenkungen gingen nicht aus ihre Kosten: sein Verhältniß zn Cleopatra ward ihm dagegen nachgetragen, daß er von ihr erst Zwillinge, Alexander und Cleopatra, und zuletzt einen weiter« Sohn Ptolemäus hatte, der den Beinamen Philadelphns erhielt, und an Diese einen großen Theil Arabiens, Nabatäa's, das dem Malchus gehörte, und Ztnräa's, dessen König Lysanias er, obgleich er ihn selbst dazu bestellt hatte, unter dem Vor- wande, daß er es mit Pacorus hielt, hatte umbringen lassen, ferner ganze Striche von Phvnicien, Palästina, sogar einen 902 Cassnis Dio's Römische Geschichte. . Theil von Creta, Cyrene und Cypern vergab. Solche Verfügungen traf er nun damals. zz. Im folgenden Jahr, unter den Consuln Pompejus und Cornificins, beschloß er einen Feldzug gegen den König von Armenien, indem er nicht geringe Hoffnung auf den Medcrkönig sehte. Dieser war nämlich mit Phraates zerfallen, weil er von demselben nicht genug von der Beute erhalten hatte, auch sonst geringschätzig behandelt worden war; auch wollte er sich an Armeniens König dafür rächen, daß er die Römer herbeigezogen hatte, und schickte deßhalb den Polemo an ihn, um ihm Freundschaft und Bundsgenoffen- schaft anzubieten. Darüber war Antonius so erfreut, daß er ein Bündnis; mit ihm schloß, und dem Polemo später zum Lohne für seine Bermittelung Kleinarmenien gab. Den Armenier entbot er erst unter dem Scheine der Freundschaft, um ihn dort ohne viele Umstände aufgreifen und umbringen zu lassen, »ach Aegypten. Als Dieser aber Argwohn schöpfte und nicht erschien, so ersann er ein anderes Mittel, ihn zu berücken. Er ließ sich offen Nichts merken, um ihn sich nicht zum Feinde zu machen, sondern ging. um ihn unter dem Verwände eines Zuges gegen die Parther unvorbereitet zu überraschen, von Aegypten ab; als er aber unterwegs erfuhr, Octavia komme von Rom, so reiste er nicht weiter, sonder» kehrte zurück, obgleich er ihr den Befehl ertheilt, unverweilt nach Rom zurückzukehren, und die von ihr mitgebrachten Geschenke und die Soldaten, welche sie eben für seinen Feldzug von ihrem Bruder erbeten hatte, in Empfang nehmen ließ. Hier in Aegypten aber ließ er sich nur noch mehr von der Liede und den Reizen der Cleopatra bestricken. Neun und vierzigstes Buch. S03 54. Cäsar kam indessen, da nach desSextus Tode noch die Angelegenheiten in Africa zn ordnen waren, nach Sici- lien, um dorthin überzusetzen, wurde aber durch Stürme lange hingehalten, und so kam es gar nicht zur Ueberfahrt: den» die Salaffcr, Taurisker, Liburner und Japyden, die schon längere Zeit gegen die Römer feindlich gesinnt waren und keinen Tribut mehr zahlten, vielmehr hin nnd wieder in die Nachbarländer einfielen und plünderten, hatten, seine Abwesenheit benutzend, sich förmlich empört. Er kehrte deßhalb zurück und rüstete sich zu einem Zuge gegen sie: da ließen sich einige entlassene Soldaten, welche keine Schenkungen erhalten hatten, und nun wieder Dienste nehmen wollten, wider ihn auf. Diese that er in eine Legion zusammen, daß sie hier von den Andern gesondert und auf sich selbst gewiesen, die klebrigen nicht verführen möchten, und, wenn sie unruhig würden, sogleich sich als solche herausstellen müßten. AlS sie auch so nicht zur Besinnung kamen, so ließ er einige der Aeltesten aus ihnen durch's Loos ausheben und als Pflanzbürger nach Gallien abführen, in der Hoffnung, er werde die Andern durch Aussichten, die er ihnen eröffnete, wieder beruhigen. Da sie aber immer noch auf ihrem Sinne beharrten, so ließ er Einige am Leben strafen. Als die klebrigen hierdurch erbittert wurden, so berief er sie, wie zu anderem Zwecke, zusammen, umstellte sie mit dem Heer, entwaffnete sie und entließ sie des Dienstes. Als sie so ihre Unmacht und Cäsars entschiedenen Willen sahen, besannen sie sich eines Bessern, und baten ihn flehentlich, sie doch wieder anzunehmen. Cäsar, welcher Soldaten brauchte und befürchten mußte, Antonios würde sie auf seine Seite ziehen, ließ ihnen Verzeihung 904 Cassius Dio's Römische Geschichte. «»gedeihen, und hatte sich nun in Allem der besten Dienste von ihnen zu erfreuen. Doch Dieß gehört in spätere Zeiten. 55. Die andern Völkerschaften ließ er jetzt von Unter- befehlshabern zu Paaren treiben; gegen die Japyden aber zog er selbst. Diejenigen, welche diesseits der Gebirge näher am Meere wohnten, machten ihm nickt so viel zu schaffen, die auf den Bergspitzen und dem anf beiden Seiten derselben liegenden Hochlande Wohnenden bezwäng er dagegen mit großer Anstrengung. Sie hatte» die größte ihrer Städte, Metulum, befestigt, schlugen viele Angriffe der Römer ab und verbrannten ihnen viele Maschinen; er selbst auch wnrde, wie er von einem hölzernen Thurme auf ihre Mauer hinüber- springen wollte, verwundet. Als er aber gleichwohl nicht abließ, sondern noch weitere Streitkräfte an sich zog, erklärten sie sich zum Frieden bereit und nahmen Besatzung in ihre Burg auf. In der Nacht aber machten sie dieselbe nieder und brannten ihre Häuser ab. Die Einen tödteten sich, die Andern erst ihre Weiber und Kinder und dann sich selbst, so daß die Römer keine Beute machen konnten. Aber nicht nur sie, auch die Gefangenen gaben sich bald darauf selbst den Tod. 56. Nachdem Diese so umgekommen, und die Anderen, ohne weiter eine denkwürdige That zu verrichten, unterworfen waren, zog er gegen die Pannonicr. Zwar konnte er keinen Verwand anführen, da sie ihm Nichts zu Leide gethan hatten; er that es vielmehr blos in der Absicht, seine Soldaten in Uebung zu erhalten und aus fremden Mitteln zu beköstigen, da. seiner Meinung nach, der in den Waffen Stärkere sich gegen den Schwächer» Alles für erläubt halten durfte. 905 Neun und vierzigstes Buch. Die Pannonier wohnen neben Dalmatien an dem Isterfluß, und gränzen anf der einen Seite anNoricum, auf der andern an Europäisch Mysien. Sie fuhren das kümmerlichste Leben von der Welt, da sie weder guten Boden, noch günstiges Clima haben und kein Oel, keinen Wein, oder nur sehr wenig und von geringer Güte bauen, weil den größten Theil des Jahres die grimmigste Kälte bei ihnen herrscht. Gerste und Hirsen ist ihnen Speise zugleich und ihr Trank; dagegen sind sle das tapferste Volk, das wir kennen; sie sind sehr jähzornig und mondsüchtig, da das Leben ihnen überhaupt nicht viele Reize bietet. Dieß habe ich nicht blos vom Lesen und Hörensagen, sondern aus eigener Erfahrung, da ich ihr Statthalter gewesen bin. Nach meiner Statthalterschaft in Africa wurde ich nämlich über Dalmatien, wo früher auch mein Vater Statthalter war, und über Oberpannvnien gesetzt, so daß ich von ihren Verhältnissen aufs Genaueste unterrichtet bin. Sie heißen aber Pannonier, weil sie ihre mit Aermeln versehenen Unterkleider aus Stoffen, die sie nach ihrer Landesfltte zuschneide» und panni (Bann) nennen, zusammennähen. So heißen sie, mögen sie nun aus diesem oder .einem andern Grunde so genannt werden; einige Griechen aber nannten sie irrthümlich Päonier, Was allerdings ein alter Name ist, der sich aber nicht hier findet, sondern einer Völkerschaft zukommt, die in der Gegend des Berges Rhv- dvpe, neben dem jetzigen Macedonien bis zum Meere wohnt; weßhalb ich denn Jene Päonier, Diese aber, wie sie unter sich selbst und bei den Römern heißen, Pannonier nennen werde. 37. Gegen dieses Volk nun ging Cäsar zu Felde, ohne vorerst zu verheeren und zu plündern, obgleich er die Dörfer 906 Cassius Dio's Römische Geschichte. in der Ebene verlassen fand: er hoffte nämlich, daß sie sich gutwillig unterwerfen würden. Als er aber bis nach Siscia vorrückte, und sie ihm dort einige Verluste beibrachten, wurde er böse, verheerte ihr Land und plünderte, wo er nur konnte. Wie er sich ihrer Stadt näherte, ließen sie sich anfangs von den Angesehenern überreden, in Unterhandlung zu treten und Geißel zu geben; dann aber schloßen sie die Thore und hielten sich aus eine Belagerung gefaßt. Sie hatten nämlich starke Mauern und vertrauten auf den Schuh ihrer zwei schiffbarewFlüsse. Der Colvps umfließt ihre Mauern, ergießt sich in die nahe Sau, und schließt jetzt die ganze Stadt rings umher ein, da Tiberius ihn durch «inen mächtigen Kanal wieder in sein altes Bett znrückgeleitet hat. .Damals floß der Colvps an den Mauern hinab, und die Sau nicht unweit vorbei, so daß zwischen beiden Flüssen noch ein kleiner Zwi- schenraum blieb, den sie mit Pallisaden und Gräben befestigt hatten. Cäsar nahm Schiffe von den Bundesgenossen umher, führte sie auf dem Ister in die Sau und durch diese in den Colops hinauf und griff so die Stadt zumal zu Wasser und zu Lande an; auch lieferten sie sich einige Gefechte auf dem Flusse. Die Feinde konnten ihm zwar blos aus einem Stamm gefertigte Kähne entgegenstellen, wagten aber doch ihr Heil, und tödteten ihm in dem Flüße nicht nur viele andere Mannschaft, sondern auch des Sextus Freigelassenen Menas, und wehrten sich auch zu Lande aufs Tapferste. Auf die Nachricht aber, daß ein von ihren Verbündeten gesendeter Entsatz in einen Hinterhalt gefallen und aufgerieben worden sey, verloren sie den Muth und ergaben sich. Ihrem Beispiele folgte ganz Pannonien. 907 Neun und vierzigstes Buch. Z8. Hierauf ließ er daselbst den Fufius Geminus mit Truppen, er selbst kehrte »ach Rom zurück. Den Triumph verbat er sich zwar für jetzt, der Octavia und der Livia errichtete er aber Standbilder, gab ihnen die Erlaubniß, ihre Geschäfte ohne Vormund zu verwalten und gleiche Sicherheit und Unverleylichkeit wie den Vvlkstribunen. Als er aber, um seinem Vater nachzuahmen, einen Feldzug »ach Britannien unternahm und nach dem Winter, in welchem Antonius zum zweitenmal und Lucius Libo Consul» waren, bis nach Gallien vorgerückt war, so standen einige der Neubesiegten, und mit denselben die Dalmatier, wieder auf. Die Pannonier unterwarf Geminns, obgleich er aus Siseia hatte weichen müssen, nach einige» Schlachten wieder, die Salasser aber und die Andern, welche sich mit ihnen empört hatten, trieb Va'erius Messala zu Paaren; gegen die Dalmatier zog erst Agrippa, sodann noch Cäsar selbst zu Felde. Die Meisten derselben unterwarfen sse, wen» gleich erst nach mehreren Verlusten auf ihrer Seite: Cäsar selbst wurde verwundet, einigen Soldaten wurde statt deS Walzens Haber vorgesetzt und Andere, welche die Glieder verlassen hatten, mußten um Leben und Tod loosen. Gegen die noch klebrigen setzte Tau- rus Statilins den Krieg weiter fort. 59. Antonius legte an demselben Tage, an welchem er das Consnlat antrat, dasselbe wieder nieder und ließ dafür den Lucius Sempronius Atratinns eintreten, weßhalb denn auch Einige Diesen, nicht Jenen, in dem Verzeichnisse der Consuln nennen. Er hatte nämlich all sein Absehen darauf gerichtet, sich ohne viel Anstrengung an dem Armenier zu rächen; er ließ deßhalb um seine Tochter zur Gemahlin für seinen 908 Cassins Dio's Römische Geschichte. Sohn Alexander bitten, indem er den Quintus Dellius, der früher sein Lustknabe gewesen, an ihn abschickte und ihm graste Ancrbictungcu machte. Endlich kam er auf einmal mit Anfang des Frühlings nach Nicopolis Pompeji und beschick» ihn dahin, um seinen Rath und seine Hülfe gegen die Parthcr in Anspruch zu nehmen. Als Dieser aber Verrath merkte und wieder nicht kam, schickte er abermals den Dellius an ihn ab, zog hingegen selbst in Eilmärschen nach Artaxata, und lockte ihn endlich, theils durch Zureden seiner Frcuilde, theils du»ch den Schrecken seiner Waffen, während er ihn schriftlich und thätlich ganz als Freund behandelte, in sei» Lager. Jetzt bemächtigte er sich seiner, ließ ihn aber anfangt nicht fesseln, und führte ihn selbst an den festen Plätzen, i» welchen seine Schätze aufbewahrt waren, umher, ob er sie nicht vielleicht ohne Kampf in seine Gewalt bekäme, indem er vorgab, das; er ihn nur gefangen hielte, um die Armenier für seine Rettung und Wiedereinsetzung in seine Königswnrde zu Geldopfern zu vermögen. Als aber die Schatzwächtn nicht auf ihn hörten, und das Heer seinen ältesten Sohn Altares statt seiner zum Könige wählte, so ließ er ihm silberne Fessel» anlegen, weil er es, wie es scheint, für eine Schande hielt, einen König mit eiserne» Ketten zu fesseln. > 40 . Hierauf bekam er ganz Armenien theils durch freiwillige Uebergabe, theils durch Waffen in seine Gewalt: den» als Artaxes in einer Schlacht besiegt worden, zog Dieser sich nach Parthien. Nach diesen Vorgängen und nach der Verlobung seines Sohns mit der Tochter des Mederkönigs, wodurch er ihn noch mehr mit sich befreunden wollte, ließ er sein Heer in Armenren und kehrte nach Aegypten zurück, 909 Neun und vierzigstes Buch. indem er außer der übrigen reichen Beute auch den König Armeniens mit Gemahlin und Kindern mit sich führte. Er ließ sie mit andern Kriegsgefangenen bei einer Art von Triumph in Merandricn seinem Wagen vorangehen und ließ, außer andern Auszeichnungen, mit welchen er die Cleopatra beehrte, den Armenier mit den Seiniqen in goldenen Ketten vor sie führen. Sie aber saß inmitten des Volks auf einer versilberten Bühne und einem vergoldeten Throne. Die Feinde jedoch flehten sie nicht an, noch wollten sie vor ihr niederfallen, obgleich man sie theils durch Drohungen, theils durch Versprechungen von allen Seiten dazu vermögen wollte. Sie wurden ob diesem Hochsinne gepriesen, mußten aber dnrch harte Behandlung empfindlich dafür büßen. 4l. Hierauf bewirthete Antonins die Alexandrier, ließ die Cleopatra mit ikren Kindern neben sich in der Volksversammlung sitzen und befahl in einer Anrede an das Volk, Jene die Königin der Könige, den PtolemäuS aber, den sie Cäsarion nannten, den König der Könige zu nennen; auch gab er ihnen Aegypten und Cypern, indem er eine andere Eintheilung machte. Er gab sie für die Gemahlin des ältern Cäsar, und ihn für den wahrhaften Sohn desselben aus, und stellte sich, als ob er Dieß zu Ehren Cäsars thäte, im Grunde aber, um den Cäsar Octavianus als nur angenommenen, nicht wirklichen Sohn des Cäsar, herabzusetzen. An sie vertheilte er Dieß; von den Kindern aber, welche er mit Cleopatra gezeugt hatte, gab er dem Ptolemäns Syrien und alle dieffeit des Euphrat bis an den Hcllcspont gelegenen Länder, der Cleopatra das Cyrenaische Asrica, ihrem Bruder Alexander Oio CasssuS. 7S Bdchn. 10 910 Cassius Dio's Römische Geschichte. , aber versprach er Armenien und die Länder jenseit des Eu- phrat bis nack Indien zu geben, denn er verfügte darüber, als ob es schon erobert wäre. Dieß aber erklärte er nickt blos in Alepandrie», sondern schrieb es auch nack Rom, damit es dort bestätigt würde. Es wurde jedoch Nichts davon öffentlich rorqelescn, denn Doinitius nnd Sossins, welche damals schon Consnln waren, seine eifrigsten Anbänger, wollten, obgleich Cäsar sekr darauf drang, eS nicht allgemein bekannt werden lassen. Als sie Dieß durchsetzten, so bestand dagegen Cäsar daraus, daß anck von Dem, was er über Armeiuen schrieb, Nichts verönentlicht werden sollte. Denn er hatte Mitleid mit dem Armenier, da er mit ihm ingeheim gegen Antonius im Einverständniß stand, nnd diesem seinen Triumph beneidete. Obgleich sich Antonius Solches herausnahm, so konnte er doch noch an den Senat schreiben, er wolle seine Gewalt niederlegen, und Alles wieder dem Volk in die Hände geben, nickt als ob er Etwas der Art im Sinne gehabt hätte, sondern um damit den Cäsar, der in der Stadt war, zu nöthigen, die Waffen niederzulegen, oder ihn, im Falle der Weigerung, verhaßt zu machen. 42. Ueberdieß wurden die feierlichen Spiele zu Ehren der Venus Genitrix von den Consnln gefeiert, und bei'm Lateinerfeste von Cäsar »»bärtige Jünglinge aus dem Ritter-, nicht aus dem Seuatorenstande, zn Stadtpräfecten bestellt. Den Panliscken Sänlengang baute Aemilius Lepidns Paulus auf eigene Kosten vollends aus, und weihte ihn in seinem Consulate, das er einen Theil dieses Jahrs bekleidete, ei». Aqrippa stellte die durch Verfall der Kanäle eingegangene Marcische Wasserleitung aus eigenen Mittel» wieder her und führte sie durch viele Stadttbeile hin. Diese Männer, obgleich sie ihr eigenes Vermöge» so edel anwendeten, blieben dennoch in den Gränzen der Bescheidenheit und Mäßigung; Andere dagegen, welche die winzigste Stattkaltersckaft bekleidet hatten, ließen sich tkeils dnrck Antonius, theils durch Cäsar die Ehre von Triumphe» zuerkennen, und trieben unter Neun und vierzigstes Buch. 91.1. tiefem Verwände von den einzelnen Völkerschaften vieles Gold zu den Kronen ein. ") 45. Im folgenden Jahre erbot sich Agrippa freiwillig zu dem Aedilenamt und ließ alle öffentlichen Gebäude und alle Straßen obne allen Zuschuß von öffentlichen Geldern wiederherstellen, auch die Kloaken wieder reiniaen, so daß er in einem Schiffe durch sie hin in die Tiber fuhr. Weil er sah, daß bei den circensischen Spielen die Leute oft über die Zahl der Wettgänge im Irrthum waren, so ließ er die Delphine und die eiförmigen Kugeln aufstellen, um an ihnen sogleich zu sehen, wie oft Einer herumgefahren wäre. Auch ließ er Oel und Salz an alle Bürger »ertheilen und die Bader dieses Jahr für Männer und Weiber unentgeldlich eröffnen. Damit bei den vielen und kostbaren Spielen, die er gab, so daß selbst die Se- uatvrensöhne das Ritterspiel Troja aufführten, die Leute gar keinen Aufwand hätten, bezahlte er selbst die Barbiere; auch warf er Zettel von oben herab aufs Theater, auf denen der Eine Geld, der Andere ei» Kleidungsstück u. s. w. angewiesen bekam; auch ließ er eine Menge Waaren öffentlich hinstellen und dem Volke preisgeben. Dieß that Agrippa; auch ließ er die Sterndeuter und andere Gaukler aus der Stadt treiben. Zugleich erging um jene Zeit das Verbot, einen Senator der Seerauberei wegen vor Gericht zu stellen, wodurch Denjenigen, welche damals sich dergleichen zu Schulden kommen ließen, freie Hand gegeben und für die Zukunft auch Andern Straflosigkeit zugesichert wurde. Cäsar trat von seinem Consulaie, das er mit Lucius Tullus nun zum zweitenmal bekleidete, nach dem Vorgänge des Antonius, noch am ersten Tage ab, und nahm auf Beschluß des Senats mehrere vom Volke unter die Patricier auf. Als ein gewisser Lucius Asellins wegen längerer Krankheit von der Pratur abtreten wollte, so wählte er dessen Sohn an seine Stelle; und als *) Das sogenannte »urum eoronurium, eine eigene Abgab« der Provinzen an die Proconsuln, die an die Stelle der goldenen Siegeskränze, die sie ihnen früher verehrte», getreten war. 912 Cassius Div's Römische Geschichte. ein anderer Prätor am letzten Tage seines Amtes starb, so bestellte er einen netten aus die noch nbngen Stunde». Ali Bocchus ') starb, gab er sein Reich keinem Andern, sondern trug es unter die Zahl der Römischen Provinzen ein. Nach gänzlicher Beilegung der Dalmatier verwandte er die von ihnen gemachte Beute auf Säulengänge und Bibliotheken, die er »ach seiner Schwester die Octavischen benennen lieh. 44. Um diese Zeit zog Antonins bis an den Araxes, als wollte er gegen die Parthcr zu Felde ziehen, begnügte sich aber, mit dem Mederkönige Bnnvsgenoffenschast zu schließen. Sie versprachen einander Hülfe zn leisten, der Eine gegen die Parther, der Anvere gegen Cäsar, wofür Jeder dem Ändern Soldaten überliest. Der Weder bekam einige Theile des neneroberten Armeniens, Antonins aber des K"nigS Tochter Jotape für seinen Sohn Alexander und die Feldzeichen, welche in der unglücklichen Schlacht des Statianns genommen worden waren. Hierauf gab Letzterer, wie oben berichtet wurde, Kleinarmcnien an Polemo; den Lucius ClnviuS ließ er an einem Tage das Consulatantreten und davon abtreten (weil er bei ihm blieb), und ging sodann nach Griechenland ab, den Krieg gegen Cäsar zn beginnen. Der Mederkömg schlug die Parther und den Artaxes, welche ihn angriffen, mit Hülfe der Römer; als aber Antonins seine Soldaten an sich zog, und dazu noch die des Meders behielt, so wurde Jener dagegen besiegt und gefangen, und so ging Armenien mit Medien verloren. *) König von Mauretanien. Griechische Prosaiker i n neuen Übersetzungen. Herausgegeben von G. L. F. Tafel, Professor zu Tübingen, C. N. v. Osiander, Professor r» Stuttgart, und G. Schwab, Pfarrer zu Gomaringeu, bei Tübingen. Hundertfünfund siebenzig stes Bündchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Meyler'schen Buchhandlung. Für Oestreich.«» Commission von Mörschuer und Haspe« in Wien. Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von v. Leonhard Tafel, Oberreallehrrr an dem Gymnasium zu Ulm. Achtes Bäudcheu. Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mörschner und Jasper in Wien. 18 5 8 . Cassms Dio's Römische Geschichte Inhalt, des fünfzigsten Buchs. Anfang des Kriegs zwischen Cäsar «nd AntouiuS. Cap. I- 14. Cäsar besiegt den Antonius bei Actium. Cap. 15—35. Der Zeitraum begreift zwei Jahre- in welche» Folgende Sousuln waren: Dv« Chr. Nach Erb. Roms. 722. Cneus Domitius Ahenobarbus. des Cneus Sohn, und Cajus SoffluS. des Ca- jus Sohn. 723. Cajus Cäsar Octavianus zum drittenmal. und Marcus ValeriuS Messala Corvinus, des Marcus Sohn. rr- ri. Fünfzigstes Buch. z. Die Römer hatten zwar die Volksgewalt eingebüßt, waren aber noch nicht unter förmliche Alleinherrschaft gekommen: Antonius «nd Cäsar besaßen gleiche Gewalt, da sie die meiste» Provinzen durch das Loos unter sich getheilt St8 Cassius Dio'ä Römische Geschichte. hatten, und das Uebrige dem Namen nach gemeinschaftlich besaßen, im Grunde aber Jeder, wie er nur konnte^ an sich zu ziehen suchte. Als aber einerseits Sextns umgekommen und der König ArmenienS in Gefangenschaft war, und die Völker, welche gegen Cäsar sich aufgelehnt hatten, Ruhe hielten, andererseits der Parther sich nicht rührte; so kehrten sie ihre Waffen gegen einander selbst, und das Volk gerieth jetzt in völlige Dienstbarkeit. Ursachen und Borwände zum Kriege hatte» sie folgende. Antonius warf dem Cäsar vor, daß er den Lepidus seiner Würde entsetzt und dessen Land und Leute, sowie die des Sextns, in welche sie sich gemeinschaftlich hätten theilen sollen, für sich behalten habe, weß- halb er die Hälfte davon für sich ansprach, sowie auch vo» den Soldaten, die er in dem ihnen gemeinschaftlichen Italien geworben hatte. Cäsar machte ihm dagegen znm Vorwürfe, daß er sowohl andere Länder, als auch Aegypten, ohne Ver- loosung innc habe, den Sextns gelobtet, den er selbst gerne am Leben gelassen hätte, und den König von Armenien durch Betrug in seine Gewalt bekommen, und zur Schande für das Römische Volk gefangen halte; schließlich forderte er noch die Hälfte aller Beute, die er gemacht hatte; vor Allem aber rückte er ihm Cleopatra, und die Kinder, die er mit ihr gezeugt hätte, und die an sie gemachten Schenkungen vor, hauptsächlich aber, daß er Clevpatra's Sohn Cäsario nenn«, und ihn der Cäsarischen Familie aufdringen wolle. 2. Dreß warfen sie einander vor und suchten das Schuldgegebeue theils in Privatbriefen, theils öffentlich von sich abzulehnen, Cäsar mündlich, schriftlich Antonius. Unter diesem Vorwande schickten sie unaufhörlich Gesandte 919 Fünfzigstes Buch. an einander, nm ihren Beschuldigungen den Schein der uneigennützigsten Gerechtigkeit zu geben, und zugleich einander auszukundschaften. Mittlerweile brachten sie scheinbar für andere Zwecke Gelder zusammen, und machten ihre Rüstungen, wie wenn sie Anderen gälten. Als aber Cneus Domi- tius und Cajus Sosflns, beide von der Partei des Antonios, Consuln wurden, so brachen die Feindseligkeiten nnverholen und offen zwischen ihnen aus. Die Sache nahm folgenden Gang. Domitins that, durch vielfaches Unglück gewitzigt, keine offene, entschiedene Schritte; Sossius aber, der die Uebel des Bürgerkriegs noch nicht geschmeckt hatte, sprach sogleich am ersten Januar Viel zum Lobe des Antonios, und tadelte heftig den Cäsar; auch hätte er sogleich einen Beschluß wider ihn beantragt, wenn nicht der Vvlkstribun Nvnius Balbns es verhindert hätte. Cäsar, der sich dessen von ihm versah und es nicht hingehen lassen konnte, aber auch nicht durch unmittelbare Schritte dagegen den Schein haben wollte, als hätte er den Krieg angefangen, ging nicht in den Senat; ja er blieb nicht einmal in der Stadt, sondern ging unter irgend einem Verwand auf das Land, theils schon deßhalb, theils aber auch, um hier in Muße zu Rathe zu gehen und nach reiflicher Erwägung seinen Entschluß zu fassen. Einige Zeit nachher kam er in die Stadt zurück, versammelte den Senat, erschien, umgeben von einer Leibwache von Soldaten und Freunden, die ingeheim mit Dolchen bewaffnet waren, nahm zwischen den Consuln auf einem curulischen Stuhle Platz, und sprach von seinem Sitze aus bescheiden von sich, brachte aber gegen Sossius undAntoniu« viele Beschuldigungen vor. Als Niemand, selbst keiner der 920 Cassius Div's Römische Geschichte. Consuln, ihm zu widersprechen wagte, so hieß er sie an einem bestimmten Tage wieder zusammenkommen, weil er ant Briefen darthun wolle, daß Antonins Unrecht habe. Dir Consuln aber, welche nicht zu widersprechen wagten und zu schweigen nicht über steh vermochten, verließen heimlich die Stadt, und begaben sich hierauf zu Antonins, wohin ihnen > auch nicht wenige Senatoren folgten. Als Dieß Cäsar erfuhr, s gab er vor, sie hätten sich mit seinem Willen entfernt, damit l es nicht den Anschein hätte, als wären sie, wegen ungerech- ! ter Behandlung von seiner Seite, entwichen, und erlaubte ! auch jedem Andern, wann er wollte, ohne Gefährde, zu Jenem abzugehen. 3. Ihre Entfernung ersetzten Andere, die von Anto- «ius entwichen und zu Cäsar kamen, unter ihnen vornehmlich Titius und Plancus, obgleich sie von Antonins in hohe» Ehre» gehalten wurden und um alle seine Geheimnisse wußten. Als nach diesem Schritte von Seiten der Consuln Cäsar auch in ihrer Abwesenheit den Senat versammelte, ihnen das Erforderliche vorlas und vortrug, Was er für gut fand, versammelte Antonius, auf die Nachricht davon, aus den Anwesenden auch eine Art von Senat, trug ihnen die Gründe für und gegen «inen Krieg vor, entschloß sich zum Kriege und sagte sich von seiner ehelichen Verbindung mit Octa- l via los. Jene beiden Männer nahmen entweder hieran Aergerniß, oder waren über Cleopatra ungehalten und verließen seine Partei. Cäsar nahm sie mit offenen Armen anf und erfuhr von ihnen, nicht nur Alles, was Antonins that und vorhatte, sondern auch, daß er ein Testament gemacht und Wer dasselbe in Händen habe: denn sie selbst 92t Fünfzigstes Buch. hatten es besiegelt. Cäsar wurde dadurch noch vielmehr aufgebracht, snchte desselben auf jede Weise habhaft zu werden, und nahm keinen Anstand, es vor den Senat und hierauf vor die Volksversammlung zu bringen und vorlesen zu lassen. Der Inhalt war von der Art, daß er, obgleich diese Veröffentlichung ganz ungesetzlich war, von Niemand darob getadelt wurde. Antonius hatte in demselben den Cäsarion für einen leiblichen Sohn des sälternj Cäsar erklärt und seinen Kindern von der Aegypterin übermäßige Schenkungen ausgesetzt, auch verordnet, daß seine Leiche in Alexandrien neben der Cleopatra beigeseht werde» solle. 4. Dieß erregte allgemeinen Unwillen, und man schenkte jetzt auch allen andern Gerüchten, die über ihn im Umlaufe waren, Glauben, daß er nämlich, wenn er obsiege, Rom selbst der Cleopatra schenken, und die Regierung nach Ale- xandria verlegen wolle. So sehr gerieth Alles in -Wuth gegen ihn, daß nicht nur seine Gegner, oder Diejenigen, die es bisher mit keinem von Beiden gehalten hatten, sondern selbst seine besten Freunde in den bittersten Tadel gegen ihu auöbrachen. Sie entsetzten sich über den Inhalt Dessen, was man ihnen vorlas, und stimmten, um Cäsars Verdacht gegen sie zu besiegen, in die allgemeinen Verwünschungen ein. Das Consulat, für welches er schon bestimmt worden war, so wie jede Gewalt, ward ihm abgesprochen. Zwar erklärte man ihn nicht förmlich für einen Feind des Vaterlandes, da man noch Bedenken trug, und die Mitbürger, welche sich in seiner Umgebung befanden, wofern sie ihn nicht verließen» sogleich hätte auch für Feinde erklären müssen; durch die That aber wurde er unverkennbar dafür erklärt. Seinen 922 Cassius Dio'S Römische Geschichte. Anhängern sicherte man, wenn sie ihn verließen, Straflosigkeit und selbst Belobung zu. Der Cleopatra erklärte man aber offen den Krieg, und wechselte die Kleider, als ob er schon begonnen hätte. Man zog nach dem Tempel der Bel- lona, und Cäsar mußte als Fetialis alle vor einem Kriege gebräuchlichen Förmlichkeiten verrichten. Obgleich alles Dieß vorgeblich nur der Cleopatra galt, so war es in Wirklichkeit doch auch auf Antonius abgesehen. 5. Diese hatte Jenen so zu ihrem Sclaven gemacht, I daß er aus ihr Zureden ihr Gymnastarch wurde, «nd sie Kö- ^ nigin und Gebieterin nannte; ja daß ste Römische Soldaten unter ihrer Leibwache hatte, die alle ihren Namen aus ihren Schilden führen mußten. Sie erschien mit ihm auf dem Markte, ordnete mit ihm feierliche Spiele an, sprach mit > ihm Recht und ritt mit ihm spazieren. In den Städten ließ sie sich auf einem Sessel tragen, während ihr Antonius zu Fuße mit den Eunuchen folgte. DaS Prätorinm hieß er Königszelt, und gürtet« sich oft den Persischen Säbel um. Auch trug er fremde Tracht, und erschien auf einem übergoldeten Sessel und Wagen öffentlich. Er ließ sich mit ihr malen, und sein Standbild neben dem ihrigen ausstellen, indem er sich für den Osiris und Bacchus, Jen« sich aber für die Luna und Isis ausgab, Was den Glauben veranlaßte, daß er durch ein Zaubermittcl von ihr verrückt worden sey. Nicht blos ihn, sondern Alle, welche bei ihm Etwas galten, wußte sie so berücken und an sich zu fesseln, daß sie sich der Hoffnung, einst über die Römer zu herrsche», hingab, und ihr höchster Schwur war : „so gewiß ich künftig auf dem Ca- pitolium Recht sprechen werde." 923 Fünfzigstes Buch. 6. Gegen Cleopatra beschloß man nnn deßhalb den Krieg, gegen Antonius dagegen gab man Nichts dergleichen zu erkennen, indem man wohl wußte, daß man ibn auch ohnedem zum Feinde bekomme, denn es war nickt gedenkbar, daß er sich von ihr lossagen und zu Cäsar übertreten würde; auch wollte man ihm noch die Schuld zuschieben, ohne besondere Beleidigung von Seiten der Seinigen, gegen sein Vaterland für die Aegypterin die Waffen ergriffen zu haben. Don beiden Theilen wurde überall eiligst Mannschaft g«, worden, Geld beigetrieben und alle Kriegsbedürfnisse herbeigeschafft. Die Rüstungen zu diesem Kriege übertrafen alle früheren, wie mau schon aus der Zahl der Nationen, die beiden Theilen in diesem Kriege halfen, entnehmen kaun. Auf Cäsar's Seite war Italien (denn alle Colonistcn, welchen Antonius ihre Pflanzorte angewiesen, hatte er durch Drohungen, weil ihrer wenige waren , oder durch Wohlthaten für sich gewonnen, und unter andern nach Benonia neue Pflanzbürger geschickt, um sich selbst die Urheberschaft dieser Colonisirung beimeffen zu können). — Italien, sage ich, Gallien, Spanien, Illyrien, ganz Afrika, soweit es theils schon früher unter Römischer Herrschaft stand, theils das unter Bvgud und Bacchus gestandene, bis auf daö Gebiet von Eyrcne, Sardinien und Sicilien mit den Inseln, welche diesen Ländern nahe liegen; dem Antonius aber halfen alle den Römern unterworfenen Provinzen Asiens, Thracien, Griechenland, Macedonicn, Aegypten, Cyrene mit den Nachbarländern, die nahen Inseln, fast alle Könige und Fürsten, die dem Römischen Reiche, so weit es unter Antonius stand, benachbart waren, theils persönlich anwesend, theils durch 924 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihre Befehlshaber. Mit solchem Eifer betrieben beide Theile ihre Zurüstungen, daß sie ihre Verbündeten sogar den Eid der Treue schwöre» ließen. ^ 7. Beide suchten auf diese Weise ihre Streitkräfte zu j verstärken, Antonius schwor seinen Soldaten, einen Krieg ^ auf Leben und Tod führen zu wollen, und versprach, zwei t Monate nach dem Siege seine Gewalt in die Hände des Se- ^ nats und Volkes niederzulegen. Nur mit Mühe vermochte man ihn zu der Erklärung, Dieß erst nach sechs Monaten thun zu wollen, um die öffentlichen Angelegenheiten in Muße i» Ordnung zu bringen. Diese Zusagen, welche er jedoch nicht zu erfüllen gesonnen war, that er, in der zuversichtlichen Hoffnung, obzusiegen. Er war auch seinen Gegnern a» Menge weit überlegen, und hoffte sie noch durch Bestechungen zu schwächen. Ueberall hin schickte er Geld, besonders aber nach Italien und Rom, setzte Alles in Bewegung und suchte für seine Partei zu werben. Cäsar machte sich deßhalb die strengste Wachsamkeit zur Pflicht und theilte Geld unter seine Soldaten aus. K. Während sie ihre Rüstungen mit solchem Eifer be- ! trieben, kamen vielerlei Gerüchte in Umlauf und viele augenfällige Götterzeichen geschahen. Ein Affe gerieth während eines Opfers in den Cerestempel und warf Alles unter ein- ! ander; eine Eule flog erst auf den Tempel der Eintracht, dann fast auf alle die heiligsten Tempel umher und setzte sich, überall aufgejagt, auf den Tempel des Genius des Römischen Volkes, konnte nicht gefangen werden und entfernte sich erst spät. Der Prachtwagen des Jupiter brach bei den circensi- schen Spielen zusammen. Eine Fnckel, welche mehrere Lage ! Fünfzigstes Buch. 92L über dem Griechischen Meere hing, fuhr empor. Stürme richteten große Verheerungen an: ein Siegeszeichen anf dem Aventinischen Berge stürzte zu Boden, und die Bildsäule der Siegesgöttin fiel von der Bühne auf das Theater; auch brach die hölzerne Brücke ganz zusammen. Auch das Feuer richtete Vieles zu Grund, und aus dem Aetna ergoß sich viele Lava, welche Städte und Dörfer beschädigte. Diese Ereignisse brachten jenen Drachen wieder in Erinnerung, da auch er die damaligen Zeiten vorbedentete. Im Etruskischen ließ sich nämlich plötzlich ein zweiköpfiger Drache von fünf und achtzig Fuß Länge sehen und wurde, nachdem er viel Schaden gethan, von, Blitze erschlagen. Diese Vorzeichen nun galten Alle»: denn Römer standen auf beiden Seiten und ihrer Viele sollten umkommen, die Ueberlebcuden aber alle- sammt dem Sieger dienstbar werden. Daß Antonius unterliegen würde, legten die Knaben in Rom an den Tag: sie hatten sich aus eigenem Antrieb in zwei Parteien getheilt, von denen sich die Einen Antonianer, die Andern Cäsarianer nannten, und zwei Tage lang mit einander gekämpft, bis die Ersteren den Kürzern zogen. Seinen Untergang verkündete auch eine Bildsäule desselben, die auf dem Albanischen Berge stand: obgleich sie von Holz war, so schwitzte sie doch Blut in Menge. g. Alles war darob in gespannter Erwartung, es geschah jedoch Nichts mehr in diesem Jahre. Cäsar war vollauf beschäftigt, sich in Italien, zumal da er hörte, daß An- totzins Gelder dahin gesendet habe, auf sichern Fuß zu setzen, und konnte vor dem Winter ihm nicht entgegenrücken. Antonius rückte zwar aus, um, ehe man es vermuthete, den 926 Cassins Div's Römische Geschichte. Krieg nach Italien selbst zn spielen; bei seiner Ankunft i» Corcyra erfuhr er aber, daß Schiffe, welche Cäsar der Kundscbaft wegen vorausgeschickt hatte, an dem Ccrauni- schen Vorgebirge vor Anker liegen, und kam auf den Glauben, Cäsar sey mit seiner ganzen Flotte im Anzüge. Deßhalb fuhr er, da es schon spät im Herbste war, nicht weiter, svnderu segelte in den Peloponues zurück, wo er iu Paträ seine Winterquartiere bezog, seine Soldaten aber nach verschiedenen Ortschaften umher verlegte, damit sie theils die festen Plätze bewachen, theils ihren Unterhalt leichter finden möchten. Den Winter über traten von beiden Seiten Senatoren und Andere über: auch wurde von Cäsar ein Kundschafter, Lucius Mcssins, aufgefangen. Obgleich er aber einer von den früher in Pcrusia Gefangenen war, so so ließ er ihn doch, nachdem er ihm alle seine Streitkräfte gezeigt batte, wieder loS; dem Antonius aber schrieb er, er solle sich so weit vom Meere entfernen, als ein Pferd in einem Tage durchlaufen könnte, so würde er ohne Weiteres mit seiner Flotte kommen und sich innerhalb fünf Tagen mit ihm schlagen; oder sollte Antonius auf dieselben Bedingungen nach Italien herüber kommen: nicht als ob er meinte, Antonius werde darauf eingehen, (Dieser lachte darüber: da ja Niemand Richter wäre, wenn die Bedingungen nicht eingehalten würden), sondern um seinen Leuten mehr Selbstvertrauen und den Gegnern Furcht einzuflößen. 10. Für das folgende Jahr waren zwar Cäsar und Antonius, zur Zeit, da man die Aemter auf die acht kommenden Jahre voraus besetzte, zu Consuln bestimmt worden, und das letzte Jahr ging zn Ende. Weil aber Antonius 927 Fünfzigstes Buch. s seiner Würde entsetzt worden war» so wurde Valerius Missal«, den sie vorher, wie ich schon früher Herichtete, geächtet hatten, statt seiner Consul mit Cäsar. Um diese Zeit sprang ein Rasender, während der Circenstschen Spiele, in das Theater, riß dem sBilde Hess ältern Cäsar den Kranz vom Kopfe , und setzte sich denselben auf, ward aber von den Umstehenden in Stücke zerrissen. Ein Wolf drang in den Tempel der Felicitas, ward aber ergriffen und zu Tode geschlagen. Ein Hund zerriß während des Rittergefechts in dem Circus einen andern und fraß ihn auf. Auch das Feuer that großen Schaden und verzehrte unter andern einen großen Theil des Circus, den Ccrestcmpel und einen Tempel der Hoffnung. Die Freigelassenen standen im Verdachte, dasselbe angelegt zu haben: denn alle ihres Standet in, Italien mußten, wenn sie Zweimalhunderttausend Sestertie» oder darüber besaßen, den achten Theil davon bezahlen. Dieß veranlaßte an viele» Orten Ausstände, Mordthaten und Brandstiftungen; auch wurden sie nicht «he, zur Ruhe gebracht, als bis man sie durch Waffengewalt zu Paaren trieb, Was die Folge hatte, daß auch die Freigebornen, welche in Italien Grundeigenthum hatte», aut Furcht sich ruhig verhielten. Von ihnen ward nämlich der vierte Theil ihres jährlichen Einkommens als Steuer gefordert. Sie wollten sich gleichfalls dagegen auflassen, wagten sich zeht aber nicht mehr, sondern zahlten, wiewohl ungern, ohne daß man Waffengewalt anzuwenden brauchte. Obgleich man nun den Freigelassenen Schuld gab, daß sie das Feuer absichtlich eingelegt hatten, so glaubte man es doch, da eS so häufig vorkam, ganz be- ^ sondert unter die zeitigen Schrecklichen rechnen zu müssen. 928 Cassius Dio's Römische Geschichte. 11. Trotz diese» augenfälligen Götterzeichen ließen sie sich dennoch nicht einschrecken, sondern beharrtcn auf dem Kampfe. Den Winter über beobachteten sie jedoch blos ein. ander, und fügten sich hin und wieder Schaden bei. Cäsar fuhr einmal plötzlich von Brundiflum aus und kam bis Cor- cyra, um die bei Actium aufgestellten Feinde zu überfallen, gerieth aber in einen Sturm, kam sehr zu Schaden und kehrte wieder heim. Nun kam der Frühling und Antonius rührte sich nicht: denn seine Leute auf der Flotte, aus allerlei Völkerschaften gemischt, hatten sich, weil sie fern von ihm in den Winterquartieren lagen, nicht in dem Seedienst geübt, und waren durch Seuchen und Ausreißer geschwächt; Agrippa dagegen hatte die Stadt Methone angegriffen und weggenommen, auch in ihr den König Bogud getödtet, und ausgespäht, wo man mit Lastschiffen landen könnte; er landete auch wirklich bald da, bald dort an den Griechischen Küsten und setzte die Feinde in großen Schrecken. Cäsar bekam dadurch Muth, wollte der Kampflust seines herrlich geübten Heeres so schnell als möglich ein Feld eröffnen, und den Kampf lieber nach Griechenland und die Nachbarländer, als nach Italien und in Rom's Nähe spielen. Er versammelte deßhalb all« Soldaten, die zum Kriege tauglich waren, sowie auch alle angesehenern Senatoren und Ritter um sich her zu Brundusium, die Einen, um sie zum Kampfe zu verwenden, die Andern aber, damit sie nicht, sich selbst überlassen, sich zu feindliche» Schritten wider ihn verführe» ließen, vor Allem aber, um der Welt zu zeigen, daß die Masse und der Kern der Römer auf seiner Seite stünde. Hieraus befahl er Allen, eine bestimmte Anzahl Soldaten zu stellen, 929 s Fünfzigstes Buch. und sich selbst, mit Ausnahme der Soldaten, zu beköstigen; dann fuhr er mit der gesammten Macht durch das Ionische Meer hin. ir. Er fuhr aber nicht nach dem Peloponnes, noch un- ^ mittelbar gegen Antonios, sondern auf Actium zu, wo der größte Theil der feindlichen Flotte stand, um zu versuchen, ob er sie nicht durch Güte oder Waffengewalt zur Uebergabe vermöchte. Zu diesem Zwecke setzte er seine Landtruppen unterhalb des Ceraunischen Gebirgs an das Land und ließ sie dahin ziehen. Er selbst aber besetzte das von den Feinden verlassene Corcyra und hielt in dem sogenannten süßen Hafen (der daher seinen Namen bekam, daß er von dem in ihn sich ergießenden Flusse süßes Wasser hat), machte diese Insel zum Sammelort und fuhr von da nach Actium ab. Als aber Niemand weder zur Schlacht noch zu gütlicher Besprechung ihm entgegen kam, obgleich er sie zu dem Einen oder dem Andern auffordern ließ, die Feinde aber das Eine, weil sie nicht traute», das Andere aus Furcht nicht thaten; so besetzte er einen Platz, auf welchem jetzt Nicopolis steht, und lagerte sich daselbst auf einer Anhöhe, von der er das ganze l Meer umher, sowohl das äußere um die Paxusinseln, als ! auch das innere Ambracische, und das in der Mitte liegende ' mit den Buchten um Nicopolis übersehen konnte. Hier befestigte er sich und zog einen Wall von da bis an den äußern Hafen Comarus, von wo er Actium beobachten und zu Wasser und zu Land einschließen konnte. Zwar finde ich erzählt, daß er über zeiie» Wall Dreiruder aus dem äußern j Meer in den Busen geschafft habe, indem er als Unterlagen Dio CassinS. 8s Vdchn. 2 930 Cassius Dio's Römische Geschichte. mit Otl bestrichene frisch abgezogene Thierhäute gebrauchte. Da ich aber nicht anzuführen vermag, wozu diese Schiffe in dem Meerbusen gedient haben sollten, so kann ich der Sage keinen Glauben schenken. Denn es war keine kleine Arbeit, über einen so gekrümmten, unebenen Boden Dreiruder hinüber zu schaffen. Doch erzählt man die Sache auf diese Weis«. Actium ist ein Tempel Apollo's und liegt vor der Mündung der nach dem Ambracischen Busen führenden Meerenge, den um Nicopolis befindlichen Buchten gegenüber. Die Meerenge läuft in gleicher Breite weit hin fort, und ist sowohl selbst, als anch die vor ihr liegenden Buchten zur Aufnahm« von Schiffen und zu Stationen geeignet. Diese hatten die Antonianer vorher besetzt und an der Mündung auf beiden Seiten Thürme aufgeführt, und den dazwischen liegenden Kanal mit Schiffen besetzt, um sicher ein- und ausführen zu können, sie selbst aber auf der einen Seite der Meerenge bei dem Tempel auf einer breiten Ebene «in Lager bezogen, die sich jedoch mehr zu einer Schlacht, als zu einem Standlager geeignet hätte: denn sie wurden im Winter und noch mehr im Sommer grünlich von Seuchen heimgesucht. ir. Sobald Antonius die Ankunft des Cäsar erfuhr, so eilte er unverzüglich mit seiner Umgebung nach Actium, und kam nicht lange nach diesem an, ließ es aber nicht sogleich zur Schlacht kommen, obgleich derselbe jedesmal seine Land- truppen vor dem Lager in Schlachtordnung stellte, zu wieder- *) «Hr«,? ögl/o» gibt keinen vernünftigen Sinn, ich folg« also in Ermangelung einer bessern ter von Reimarus vorgeschlagenen Lesart ovrai or-oa-oss. 931 . Fünfzigstes Buch. holten Malen mit seiner Flotte Heranfuhr und auf seine Lastschiffe Jagd machte, um sie. ehe all« Strcitkräfte des Antonius versammelt wären, zur Schlacht zu vermögen. Aus demselben Grunde wollte Antonius keine entscheidende Schlacht liefern, sondern ließ mehrere^ Tage in leichten Scharmützeln die Kräfte der Feinde versuchen, bis seine Truppen beisammen waren. Jetzt setzte er, zumal da Cäsar nicht mehr so hitzig war, über die Meerenge, und bezog in seiner Nähe ein Lager. Hierauf ließ er die Reiterei um den Meerbusen herumfahren, um den Cäsar von beiden Seiten anzugreifen. Cäsar aber blieb selbst ruhig, ohne zu einer Entscheidung aufzufordern, schickte dagegen einige Truppen nach Griechenland, um den Antonius dorthin zu locken. Solche Bewegungen machten Beide. Während dessen aber überfiel Agrippa die Insel Leucas und die daselbst aufgestellten Schiffe und nahm sie, desgleichen Paträ, besiegte den Quintus Nastdius in einem Seetreffen und nahm hierauf Besitz von Corinth. Zu gleicher Zeit machten auch Marcus TitinS und Statilius Taurus einen unerwarteten Angriff auf die Reiterei des Antonius, schlugen sie in die Flucht und brachten Paphlagoniens König Philasius auf ihre Seite. Auch trat Cuens Domitius, der mit Cleopatra aus irgend einem Grunde zerfiel, zu Cäsar über, und war zwar demselben von keinem unmittelbaren Nutzen, da er gleich darauf erkrankte und starb; weil er diesen Schritt aber aus Verzweiflung an dem endlichen Siege seiner Partei gethan zu haben schien, so folgten auch viele Andere seinem Beispiel» Hierdurch ward Antonius kleinmüthig, wurde mißtrauisch 2 * SZ2 CassiuS Dio's Römische Geschichte. gegen Alle und ließ unter Andern Jamblichus, den König einer Arabischen Horde, zu Tode foltern, den Senator Quintus Postumius aber in Stücke zerreißen. Am Ende besorgte er, auch Quintus Dellius und der Galater Amyn- tas, welche er, um Miethtruppen herbeizuführen, nach Makedonien und Thracien abgeschickt hatte, möchten sich auf die Seite Cäsars schlagen, und zog ihnen nach, unter dem Verwand, ihnen beizustehen, wenn sie etwa von Feinden angegriffen würden. 14 . Während dessen fiel ein Seetreffen vor: Sosflus nämlich fuhr plötzlich gegen Lucius AruntiuL, der mit wenigen Schiffen ihm gegenüber vor Anker lag, in der Hoffnung, einen glücklichen Schlag auszuführen, wenn er ihn vor Agrippa's Rückkunft, dem der Oberbefehl über die Flotte anvertraut war, angreifen würde. Er segelte deßhalb gegen Morgen, unter dem Schutze eines dicken Nebels, damit er die Zahl der Schiffe nicht überschauen und fliehen möchte, auf ihn los, schlug ihn auch beim ersten Angriff in die Flucht, und verfolgte ihn, bekam ihn aber nicht in seine Gewalt. Denn da Agrippa zufällig auf ihn stieß, so ärntete Jener nicht nur keine Früchte seines Sieges, sondern verlor noch mit Tarcondimotus und vielen Andern das Leben. Dieß und daß er bei seiner Rückkunft in einem Neiterscharmützcl mit der Vorhut des Cäsar den Kürzeren zog, bestimmte den Antvnius, mit dem Lager hier aufzubrechen, und bei Nacht seine Linien dem Feinde gegenüber zu verlassen.. Er zog sich auf die andere Seite der Meerenge, wo sein Hauptheer im Lager stand. Als er aber Mangel an Lebensmitteln zu leiden begann, weil er nicht auf Fütterung ausgehen konnte, Fünfzigstes Buch. 93L st hielt er einen KriegSrath, ob er bleiben und «ine Hauptschlacht liefern, oder sich anders wohin wenden und den Krieg in die Lange ziehen sollte. 15. Als hier die Meinungen getheilt waren, drang Cleopatra damit durch, daß fle rieth, in die wichtigsten Plätze Besatzungen zu legen und mit dem übrigen Heere nach Aegypten zurückzukehren. Auf diese Entschließung wurde sie durch Echreckzeichen gebracht: es hatten nämlich an ihrem Zelte und auf dem Feldherrnschiff, auf dem sie gekommen war, Schwalben genistet; Milch und Blut quoll aus Wachs hervor; Bildsäulen, welche die Athener in Gvttergestalt auf der Burg aufgestellt hatten, warfen Blitze anf das Theater herab. Diese Vorgänge und die daraus entstandene Klein- müthigkeit und Verzagtheit der Soldaten setzten Cleopatra in Furcht, und sie theilte diese auch dem Antouius mit. Um sich aber nicht den Schein der Flucht zu geben, wollten sie nicht heimlich und auch nicht- ganz offenbar davon segeln, um die Verbündeten nicht in Furcht zu setzen. Man rüstete sich daher wie zur Seeschlacht, um sich, wenn man Widerstand fände, durchzuschlagen. In dieser Absicht las man die besten Fahrzeuge aus, da die Zahl des Schiffsvolks durch die gehabten Verluste und durch Ausreißer zusammengeschmolzen war, und verbrannte die übrigen. Als bei Nacht die Kostbarkeiten alle auf die Schiffe gebracht waren, und Alles vorbereitet war, rief Antouius die Soldaten zusammen und hielt folgende Rede an sie. 16. „Alles, Soldaten, was ich zur glücklichen Führung des Krieges thun konnte, ist zur Genüge geschehen. Ihr seyd in großer Zahl aus der Blüthe der Provinzen und der 934 Cassius Div's Römische Geschichte. Bundesgenossen erlesen und für jede Art des Kampfes, die man bei uns kennt, aufs Trefflichste eingeübt, so daß jede Art von Streitern für sich schon dem Feinde furchtbar seyn müßte. Ihr seht selbst, wie zahlreich, wie trefflich geübt unsere Flotte ist, wie viel Schwerbewaffnete, Reiter, Leichtbewaffnete, Schleuder», Pfeilschütze» zu Fuß und zu Pferd wir besitzen. Die meisten dieser Waffengattungen haben unsere Gegner schon gar nicht; und Was sie besitzen, kann sich an Zahl und Geschick mir den Unsern nicht messen. Auch ihre Geldmittel sind gering, und das Wenige, das sie haben, ist gewaltsam erpreßt und reicht nicht aus, auch haben sie die Beisteuernden mehr zu uusern, als zu ihren Freunden gemacht, so daß dieselben ihnen nicht nur überhaupt nicht ergeben sind, sondern in offenen Empörungen sich gegen sie erheben. Wir haben alle Bedürfnisse aus den eigenen reichlichen Mitteln geschöpft, die Keinen drücken, vielmehr zu unserem gemeinsamen Heile verwendet werden." 17. „Bei all diesen so großen nnd so vielen Vortheile», die wir vor Jenen besitzen, würde ich anstehen, über mich selbst ein Wort des Lobes zu sprechen; da es aber beim Kriege den Ausschlag gibt, und bei allen Völker» hoch angeschlagen wird, daß ein Heer, das mit glücklichem Erfolge kämpfen soll, «inen tüchtigen Führer haben muß, so fordert mich der jetzige Augenblick auf, Einiges von mir selbst zu sprechen, damit ihr wisset, daß, wenn ihr Krieger seyd, die selbst ohne guten Führer zu siegen vermöchten, ich ein Feldherr bin, der selbst mit schlechten Soldaten des Siegs versichert wäre. Ich bin in einem Alter, in welchem die Menschen an Geist und Leib am kräftigsten sind, und weder durch 935 Fünfzigstes Buch. jugendliche Unbesonnenheit, noch durch Schwäche des Alters zu Fallt kommen, sondern, zwischen beide» inne stehend, die meiste Thatkraft besitzen. Zudem bin ich durch Natur und Uebung befähigt, überall das Benvthigte zu ersehen, und am leichtesten Andern mitzutheilen. Ueberdieß habe ich durch Theilnahme an allen Arten von ktaatsgeschäften, und durch alle Stufen des Dienstes im Heere jene Erfahrung gewonnen, welche selbst beschränkten und ungebildeten Menschen einen Grad von Tüchtigkeit verleibt. Von Jugend auf bis zu dem heutigen Tage habe ich mich in Beiden, geübt, bin oft unter Anderer Befehl gestanden, und habe selbst oft den Oberbefehl geführt, so daß ich sowohl zu befehlen versteh«, als auch weiß, wozu der Untergeben« verpflichtet ist. Ich war in Bedrängniß, ich vertraute der Gegenwart, Beides lehrte mich, nicht leicht zu verzagen, und im Glücke nicht hie Besonnenheit zu verlieren. Glück und Unglück habe ich erlebt und daraus nicht verzweifeln und mich im Glücke nicht überheben gelernt." 18 . „Ich spreche zu Männern, die Dieß wissen, und darf mich auf euer Zeugniß berufen, nicht aus eitler Ruhmredigkeit — euer Bewußtseyn bezeuget meinen Ruhm — sondern damit ihr daraus ersehet, um wie viel besser wir vorbereitet sind. Wenn unsere Gegner schon durch Anzahl der Streiter, der Geldmittel, und Mannigfaltigkeit der Rüstung gegen uns im Nachtheil sind, so sind sie es doch am meisten durch die Jugend und Unerfahrenheit ihres Führers. Ueber ihn brauch« ich nicht inS Einzelne zn gehen, sondern erwähne blos, Was euch selbst bekannt ist, daß er sehr schwächlichen Körpers ist, und nie eine namhafte Schlacht 93S Casstus Dko's Römische Geschichte. zu Land oder Wasser gewonnen hat. Ja auch bei Philipp! ward er geschlagen in demselben Kampf, in dem ich Sieger war. So sehr ist Einer vom Andern unterschiede». In der Schlacht aber darf sich den Sieg versprechen, Wer am Besten vorbereitet ist. Wenn auch die Feinde einige Stärke besitzen, so findet sich diese höchstens in den Legionen und der Landmacht; mit der Flotte aber werden sie es nicht mit uns aufnehmen wollen. Seht nur selbst, wie groß und stark gebaut unsere Schiffe sind; waren Jene den unseren auch gleich an Zahl, so könnten sie denselben, weder vorn mit den Schnäbeln, noch von der Seite Schaden thun, da schon die Stärke ihres Baues, und ihre Höhe selbst ohne Vertheidiger, sie sicher stellten. Wie will sie aber Jemand angreifen, wenn noch so viele Pfeilschützcn und Schleuderer aus ihnen daher- schiffen und man noch von den Thürmen herab schießt? Sollte endlich auch eines nahe kommen, würde es nicht schotz durch die Menge der Ruder in die Tiefe gestoßen? nicht überallher von den Verdecken und den Thürmen beschossen und in den Grund gebohrt?" 19. „Glaubt nicht, daß sie zur See etwas vermögen, weil Agrippa bei Sicilien siegte. Sie kämpften hier nicht gegen Sextus selbst, sondern gegen seine Sclaven, nicht gegen eine Flotte gerüstet, wie die unsrige, der sie bei weitem nachstehen müßten. Wollte man ihnen aber ihr dortiges Glück auch hoch anrechnen, so muß man dagegen die Niederlage, welche Cäsar durch Sextus selbst erlitt, in Rechnung bringen, und wird finden, daß wir ihnen nicht nur gleich, sondern weit überlegen sind. Was will Sicilien gegen unsere Länder, was die Macht des Sextus gegen die unsrige 9Z7 Fünfzigstes Buch. heißen? Sollte da Einer sich vor Cäsar's Macht, welche dieselbe !lieb, und weder großer noch besser wurde, ihres Glückes wegen fürchten, und nicht vielmehr ihrer späteren Verluste wegen sich den Sieg über sie versprechen dürfen? Dieß erwog ich und beschloß daher, nicht zuerst auf dem Lande mich zu schlagen, weil sie hier einige Stärke zn besitzen scheinen, damit Keiner von euch, wenn wir hier etwa in Nachtheil kämen, den Muth verliere, sondern zur See, wo wir am stärksten und den Gegnern schon durch die Zahl der Schiffe bei weitem überlegen sind, damit wir, nach einem Siege zur See, auch in ihrer Landmacht eine leichte Arbeit finden. Ihr selbst wisset es, daß die Entscheidung des ganzen Kriegs für Beide auf der Flotte beruht. Siegen wir hier, so haben wir von den Andern nichts mehr zu fürchten, wir schließen sie dann, da Alles umher unser ist, wie in einem Inselchen ab, und bringen sie, ohne das Schwert zu zücken, schon durch den bloßen Hunger in unsere Gewalt." ro. „Daß aber der Preis des Kampfes kein geringer, kein nichtsbesagender sey, den wir durch Tapferkeit erringen, und daß wir durch Lässigkeit das Schlimmste zu gewarten haben, darüber glaube ich kein Wort verlieren zu dürfen. Wie würden sie mit uns verfahren, wenn sie Sieger wären, da sie fast alle angesehene Männer, die mit Sextns waren, gelobtet, und selbst viele Derer, die mit Lepidus früher ihnen geholfen, mit dem Tode bestraft haben? Doch, Was sage ich? Haben sie nicht den Lepidus selbst, der ihnen nichts zu Leide gethan, ja für sie gefochten hat, aller Macht entsetzt, und halten ihn jetzt in Gewahrsam, wie einen Kriegsgefangenen? 938 Cassius Div'S Römische Geschichte. Hoben sie nicht alle Freigelassenen in Italien, und hernach auch die übrigen Grundbesitzer so gebrandschatzt, daß sie einen Theil zwangen, zu den Waffen zu greifen, lind davon Anlaß nahmen, Diele umzubringen? Ist es gedcnkbar, daß sie unser schonen, sie, die sich selbst an den Bundesgenossen vergriffen? Werden sie sich unserer Habe ^enthalten, da sie selbst den Besitz den Ihrigen durch Abgaben verkümmerten? Werden sie als Sieger Menschlichkeit zeigen, die schon vor dem Siege sich Solches erlaubten? Doch ich will euch nicht länger damit verweilen, was Andern geschah, ich sprecht ja von Dem, was sie sich gegen uns erfrechten. Wer weiß nicht, daß ich mit Cäsar zu gleicher Ehre und Macht erb», ben ward, daß ich die Verwaltung des Staates mit ihm theilte, dieselben Ehren und Aemter mit ihm bekleidete, und so lange Zeit in deren Genusse war, und jetzt alles Dessen, so viel an ihm ist, beraubt, Privatmann aus einem Feldherrn, aus dem Consul ein Feldherr geworden bin? Nicht durch den Willen des Volks oder des Senats, — wie war es auch möglich, da die Consuln und Andere geradezu aus der Stadt flohen, um nicht dazu stimmen zu müssen — nein, von ihm selbst und seinen Genossen, die nicht einsehen, daß sie ihn damit zum Alleinherrscher zuerst über sie selber sehen! Er, der die Frechheit hatte, mein Testament bei meinen Lebzeiten, während ich so große Macht besitze, die Armenier besiegte, aufzuspüren, den Inhabern es mit Gewalt zu entreißen, es zu eröffnen und öffentlich vorzulesen, wie glaubt ihr, daß er euer, oder irgend Eines schonen würde? Wenn er gegen mich, den Freund, den Tischgenossen, den Verwandten so gehandelt hat, wie sollteu Andere, die nicht in Fünfzigstes Buch. 939 so inniger Verbindung mit ihm standen, noch menschliche Behandlung von ihm erwarten dürfen?" Li. „Darf ich aber einen Schluß aus seinen Verordnungen ziehen: so droht er euch unoecholen, hat die meisten von euch geradezu für Feinde erklärt; gegen mich dagegen hat er nichts dergleichen ausgesprochen, obgleich er Krieg gegen mich führt, und thut nicht blos, als hätte er mich schon besiegt, sondern selbst schon umgebracht. Wenn er nun schon gegen mich, den et noch nicht zum Feinde haben will, sich solcher Dinge vermißt, so wird er mit euch, die er offen für Feinde erklärt, wenig Umstände machen. Was soll es denn wohl heißen, daß er, der die Waffen gegen uns Alle kehrt, in dem Beschlusse sagt, er bekriege nur die Einen, und nicht auch die Andern? Beim Jupiter, nicht weil er unter uns einen Unterschied zu machen gedenkt, oder, als Sieger die Einen so, die Andern anders behandeln will, sondern, um uns selbst unter uns in Zwiespalt zu setzen und dadurch zu schwächen. Denn wohl weiß er, daß er, wenn wir zusammenhalten und in Uebereinstimmung Handel», nie und auf keinerlei Weise unser Herr werden kann; wenn wir uns aber entzweien und die Einen Dieß, die Andern Jenes thun, vielleicht uns obsiegen dürfte. Und deßhalb benimmt er sich gegen uns auf solche Weise." rr. „Wie nun ich und die andern Römer mit mir, obgleich man uns nach dem Genatsbeschlnffe Sicherheit verspricht, die uns drohende Gefahr voraussehen und seine Hinterlist gewahren, auch euch nicht eurem Schicksal überlassen und auf unsern eigenen Vortheil bedacht sind: so müßt auch ihr, die er selbst als seine Feinde, als seine tödlichsten Feinde 940 Cassius Dio's Römische Geschichte. erkennt, Ließ Alles beherzigen, Gefahren und Hoffnungen mit uns theilen, und auf jede Weise unsre Sache zu fördern trachten, euch zu gleichem Eifer beleben lassen, indem ihr stets vor Augen habt, Was wir, beilegt, zu erdulden hätten, und Was unser wartet, wenn wir Sieger bleiben. Ein großer Vortheil ist es schon, wenn wir nicht besiegt'und dem Uebermuth und der Habsucht der Sieger ausgesetzt werden, der größte aber, wenn wir als Sieger all unsre Wünsche befriedigen können; der größte Schimpf, wenn wir, so zahlreich, so tapfere Krieger, im Besitze von Waffen, Geldern, Schiffen und Pferden, das Schl.mmere statt das Bessere wählen, und während wir sjetzts auch Jenen die Freiheit erkämpfen, lieber mit ihnen in Knechtschaft leben wollen. Dean der große Unterschied ist zwischen uns Beiden, daß Cäsar über euch als Alleinherrscher gebieten, ich aber nicht nu» euch, sondern auch den Feinden Freiheit erkämpfen will, wie ich denn diesen meinen Entschluß durch Eide bekräftigt habe. So gehen mir denn in die Schlacht, um für Beide zu kämpfen» um Allen die gemeinsamen Güter zu erringen, um für jetzt zu siegen, und durch den Sieg uns dauerndes Gluck zu erstreiten." 2Z. Nach dieser Rede ließ Antonius alle vornehmen Römer die Schiffe besteigen, damit sie nicht, sich selbst überlassen , wie Dellius und Andere, von ihm abfallen und zu den Feinde» übergehen möchten, auch besetzte er die Schifft mit einer Menge von Pfeilschützen, Schleuderern und Schwerbewaffneten : denn da Sertus vornehmlich durch die Größe der Schiffe und die starke Bemannung Cäsars besiegt worden war, so ließ er Schiffe bauen, die noch viel größer, als 941 Fünfzigstes Buch. die feindlichen waren, nur wenige mit dreien, die andern mit vier, fünf bis zehen Ruderbänken. Auf denselben hatte er hohe Thürme aufführen, und sie mit vieler Mannschaft besehen lassen, so daß sie wie von Mauern herab kämpften. Cäsar sah, wie sie sich rüsteten, und sehte sich gleichfalls in Bereitschaft. Als er von Dellins und den Andern seinen Plan erfuhr, so versammelte auch er sein Heer und sprach zu ihm folgende Worte: 24. »Da ich aijs fremder und eigener Erfahrung weiß, Soldaten, daß in den meisten und wichtigsten Kriegen, sowie überhaupt in den menschlichen Dingen, das Glück auf Seite Deren ist, die am rechtlichsten und frommsten denke» und handeln, so rufe ich Dieß mir selbst immer vor Augen, und gebe es euch vor Allem zu bedenken. Zwar haben wir «in so zahlreiches und starkes Heer, daß Einer auch, selbst bei einer minder gerechten Sache, auf Sieg hoffen dürfte, und doch habe ich noch größeres Vertrauen im Gedanken an die Veranlassung des Kriegs, als an die Stärke des Heeres. Denn daß wir Römer, die Herren des größten und besten Theils der Erde, von einem Aegyptischen Weide gehöhnt und mit Füßen getreten werden, ist unwürdig unserer Vater, die den PyrrhuS, den Philippus, den Persens, den Antio- chus bezwängen, die Numantier und die Karthager vernichteten, die Cimbern und Ambroncn vertilgten; unwürdig unser selbst, welche die Gallier unterwarfen, die Panuonier bändigten, bis zur Donau vvprückten, über den Rhein setzten und selbst nach Britannien überfuhren. Welchen Verdruß empfänden nicht alle jene Männer, welche die vorbenannten Thaten verrichtet haben, wenn sie uns zu den Füßen einer 942 Cassills Dio's Römische Geschichte. Pest von einem Weibe erblickten! Wie müßten wir unt nicht schämen, wenn wir, die wir Alle an Tapferkeit übertreffen, den Uebermuth dieser Leute geduldig hinnehmen wollten! Sie, diese Alexandrier, Aegypter (das treffendste und ärgste Schimpfwort, das ich finden kann), welche kriechende und andere Thiere als Götter verehren, und ihre Leichen, im Wahne, ihnen Unsterblichkeit zu gebe», einbal- samiren, die mit dem Maule die Tapfersten, und wenn es darauf ankommt, die Feigsten find, und die, Was das ärgste ist, einem Weibe, statt eines Mannes, sclavisch untergeben find, die eS wagen, nach unsern Gütern fich gelüsten zu lassen. und sie durch Römer selbst zu erlangen trachten, so daß wir freiwillig unser Glück an fie abtreten sollten." rz. „Wen sollte es nicht empören, daß Römische Soldaten ihrer Königin Leibwache find? Wen entrüstet es nicht, wenn er kört, daß Römische Ritter und Senatoren, ihr wie Verschnittene, ihre Gunst abschmeicheln! Wer sollte nicht weinen, wenn er hört und steht, wie Antonius, der zweimal Consnl, öfters-Imperator, mit mir an der Spitze der Verwaltung des Staates gestellt war, unter dessen Befehlen so viele Städte, so viele Heere standen, wie dieser Mann jetzt alle vaterländisch« Sitte verläugnet, und fremder Barbaren- fltte huldigt, uns, die Gesetze, die väterlichen Götter für nichts mehr achtet, und jenes Weib als JfiS, als Luna verehrt, ihre Kinder Sol und Luna heißt und endlich auch sich seltst Ofiris und Bacchus nennt, und, als dürfte er als solcher über Erde und Meer nach Willkühr schalten, ganze Inseln und Länder des Continents verschenkt? Unglaublich und wunderbar muß euch Dieß, ich weiß es, Soldaten, 943 Fünfzigstes Buch. erscheine»; aber nur um so empörender ist es, wenn Das, was idr unglaublich findet, wirklich sich so verhalt; und daß er. Was jeder Andere nicht ohne den bittersten Schmerz vernimmt, im üppigsten Leichtsinne begeht, muß eS eure Entrüstung nicht aufs Aeußerste steigern?" rs. „Ich war Anfangs so sehr für ihn eingenommen, daß ich ihm Theil an der obersten Gewalt gab, ihm mein« Schwester vermählte und Legionen an ihn abtrat. Auch später noch war ick so schonend, so rücksichtsvoll für ihn geblieben. daß ich, obgleich er meine Schwester verhöhnte, von den mit ihr gezeugten Kindern gar nichts wissen wollte,-der Aegyxterin den Vorzug gab, au ihre Kinder euer Eigenthum verschenkte, und so vieles Andere that, daß ich, sage ich, ihm doch nicht den Krieg erklärte. Dieß that ich, einmal, weil ich glaubte, daß Antonius nicht auf gleiche Weise mit der Cleopatra behandelt werden dürfe: Jene nämlich, als Ausländerin, sey wegen ihres Betragens sogleich für einen Feind zu erklären, dieser aber, als Mitbürger, könne noch znr Besinnung kommen. Sodann hoffte ich, daß er, wenn auch nicht freiwillig, so doch gezwungen durch die gegen ihn gefaßten Beschlüsse auf andere Gedanken kommen werde. Aus diesen Gründen habe ich ihm nicht den Krieg angekündigt. Nun er aber alles Dieß nicht achtet, sondern von sich flößt, die Schonung, die wir ihm anbieten, und das Mitleid, das wir ihm zollen, verwirft, und in seiner Unbesonnenheit oder Derückung (das Letztere habe ich gehört und glaube es, daß er nämlich von dem verruchten Weibe verhext ist) unsere Güte und Nachsicht nicht anerkennt, und lieber für das Weib, dessen Fesseln er trägt» sich freiwillig den Gefahren 944 Cassius Dio's Römische Geschichte. des Krieges ausseht und gegen uns und das Vaterland kämpfen will: Was bleibt uns noch übrig, als gegen ihn und Cleopatra auf gleiche Weise Zu verfahren?" L7. „Halte ihn Keiner mehr für einen Römer, sondern für einen Aegypter, nenne ihn nickt mehr Antvnius, sondern Serapion. Jeder vergesse, daß er einmal Consul, Imperator gewesen, und sehe in ihm nur noch den Gymnasiarchen: denn diese Namen hat er ja durch freie Wahl jenen vorgezogen, hat die vaterländischen Ehrentitel von sich geworfen und ist ein Zimbclschläger des Canopus geworden. Auch darf flch jeht Niemand mehr vor ihm fürchten, und meinen, er werde im Kriege noch irgend von Bedeutung seyn. Er war nie viel Schatzes werth, wie ihr selber wisset, die ihr ihn bei Mutina ans dem Felde schlüget; wenn er aber auch in unserer Gemeinschaft einigen Muth bewiesen, so hat er diesen durch seinen seitherigen'Lebenswandel rein eingebüßt. Wie sollte auch Einer, der schwelgt, wie ein König, und in weibischer Ueppigkeit schmachtet, noch einer männlichen Gesinnung oder Handlung fähig seyn? Denn nothwendig sind unsere Handlungen das treue Abbild der Neigungen unseres Lebens: einen einzigen Krieg hat er in dieser ganzen Zeit geführt, einen Feldzug unternommen, und wie viele Bürger hat er nicht in den Schlachten verloren, wie schimpflich ist er von Praaspa abgezogen, wie viel Leute hat er auf der Flucht noch eingebüßt! Ja, wo es lächerliche Sprünge und ungesittete Tänze gilt, da würde man gewiß gegen ihn den Kürzern ziehen: denn darauf ist er eingeübt. Wenn es aber zur Schlacht und an die Waffen, kommt, was sollte man da an ihm noch fürchten? Seine Körperkraft? — Er Fünfzigstes Buch. 945 ist verblüht und zum Weide geworden; Die Stärke seines Geistes? Sein Geist ist erschöpft und verhärt. Seine Ehrfurcht vor unsern Göttern? Er kämpft ja gegen sie und das Vaterland. Seine Treue gegen die Bundesgenossen? Wer weiß nicht, wie er noch vor Kurzem den Armenier durch Hinterlist zu Falle gebracht? Seine Güte gegen Freunde? Wer weiß nicht, wie Viele er deren umgebracht? Seinen Ruhm bei den Soldaten? Haben nicht auch diese ihn aufgegeben? Täglich treten Viele zu uns über; und ich glaube, baß Dieses alle unsere Mitbürger thun werden, wie es auch früher geschah, als er von Brundustum nach Gallien ging. So lange sie hofften, bei ihm sich ohne Gefahr zu bereichern, so lange hielten sie gerne bei ihm aus; gegen uns, ihre Landsleute, für Solche zu fechten, die sie nichts angehen, haben sie keine Lust, zumal da ihnen bei uns Leben und Glück gesichert sind." 28 . „Aber er hat, wird mau sagen, viele Verbündete und Geld im Ueberstusse. Wie? Daß es an der Tagesordnung ist, daß wir die Bewohner des Festlandes Asien besiegen, ist Zeuge Scipio, der Asiatiker, Sylla, der Glückliche, Lucnll, Pompejns, mein Vater Cäsar, ihr selbst, die ihr die Heere des Brutus und Casfius schlüget. Wenn Dem so ist, und ihr sie viel reicher als uns sehet, so müßt ihr um so eifriger darnach trachten, ihre Schätze euch zu eigen zu machen. Um den kostbarsten Preis zu erringen, verlohnt es sich auch, die meisten Kräfte aufzubieten. Doch köuute bei euch irgend ein Preis höher stehen, als den Ruhm eurer Vorfahren zu behaupten, dem eigenen Muthe Ehre zumachen, Dio Cassius. 8S Bbchn. 5 S46 Cassius Dio's Römische Geschichte. die Empörer zu züchtigen, den Uebermuth zu bestrafen, über die ganze Welt zu siegen und zu herrschen, nicht zu dulden, daß ein Weib sich Männern an die Seite stellt? Oder hättet ihr, die ich hier vor mir sehe, gegen die Tauriskcr, Iapyden, Dalmaticr und Panuvnier um ein Paar schlechte Schanzen und eine Handvoll Land mit so großem Muthe in mehreren Schlachten gefochten und sie, die anerkannt streitbarsten Völkerschaften, zu Paaren getrieben, mit Sextus bloß um Sicilien und mit Antonius selbst einzig um Mutina mit gleichem Nachdruck gekämpft und den Sieg errungen; und solltet gegen ein Weib, das auf all euren Besitzthum lauert, und gegen ihren Mann, der das Eurige an ihre Kinder verschenkte, und gegen ihre sauberen Genossen und Schmarotzer, die sie selbst Dreckvögel nennen, weniger Muth beweisen? Und warum? ihrer Menge wegen? Nie fragt die Tapferkeit nach der Zahl der Feinde. Wegen ihrer Kampfweise? Sie sind mehr auf's Lasttragcn *), als aufs Kriegen eingeübt. Wegen ihrer Uebung im Seedienst? Sie verstehen sich mehr auf's Rudern, denn auf den Seekampf. Ich schäme mich, daß wir mit solchen Leuten kämpfen sollen, bei denen der Sieg keine Ehre, und besiegt zu werden, die größte Schande bringt." 29. „Glaubt doch ja nicht, daß die Größe ihrer Schiffe und die Derbheit ihrer SchiffsgebäuLe eurer Tapferkeit die Stange hält. Wo hat ein Schiff je Einen verwundet oder getödtet? Werden sie nicht eben ihrer Höhe und Dicke wegen für das Ruder unbehülflicher, für den Steuermann nn- lenksamer seyn? Welchen Vortheil haben die Streiter auf "j Die Aeg optischen Sclaven diente» als Lastträger. 947 Fünfzigstes Buch. ihnen, wenn sie weder zwischen durch, noch umher fahren können, wie es beim Seekampfe geschehen muß? Sie werden uns auf dem Meere nicht wohl eine Landschlacht liefern wollen, noch auch, wie in Mauern verschlossen, sich von uns belagern lassen: das wäre für unS allerliebst, sie in ihren hölzernen Verschanzungeu anzugreifen: denn wenn ihre Schiffe wie angenagelt immer auf einer Stelle bleiben, so können wir sie mit unsern Schiffschnäbeln durchbrechen, mit unsern Wurfmaschincn von weitem beschädigen, durch Feuer und feurige Wurfgeschosse anzünden. Wenn sie sich aber auch in Bewegung zu setzen versuchen, so holen sie bei der Verfolgung keines unserer Schiffe ein, und können ihnen auf der Flucht nicht entgegehen. Sie sind zu langsam wegen ihrer Schwere, und wegen ihrer Masse am meisten im Falle beschädigt z» werden." „Was brauch' ich aber weiter Worte darüber zu verlieren, da wir uns schon mehr als einmal mit ihnen gemessen haben, ihnen bei Leucas und neulich erst hier nicht nur nicht unterlegen sind, sondern vielmehr obgesiegt haben. Deßhalb vertraut nicht sowohl meinen Worten, als vielmehr euern Thaten, und fasset den festen Entschluß, dem Kriege ein für. allemal ein Ende zu machen: denn ihr wißt ja wohl, daß unS, wenn wir heute sie besiegen, nichts mehr zu thun übrig bleibt. Denn es liegt einmal so in der Natur der Menschen, wenn sie in den ersten Kämpfen nicht glücklich sind, so verlieren sie den Muth für die übrigen. Nun sind wir unstreitig dem Feinde an Landmacht überlegen, so daß wir sie auch, bei nngeschwächten Kräften, besiegen müßten. Z- S48 EassiuS Dw's Römische Geschichte. Auch wissen sie Dieß selbst gut, daß sie (ich will euch nicht verhehlen, Was ich hörte) über ihre bereits erlittenen Verluste den Muth verloren und die Hoffnung aufgeben, in die Länge hier bleiben zu können, und sich nur irgend wohin zu retten suchen, und mit diesen Rüstungen nicht die Absicht haben, eine Seeschlacht zu liefern, sondern sich irgendwohin durchzuschlagen. Da sie nun selbst das Geständnis ihrer Schwäche ablegen und auf ihren Schiffen die Belohnungen für unsern Sieg führen, so lassen wir sie nicht anders wohin entkommen, sondern besiegen sie hier auf der Stelle, um ihnen alle ihre Schätze abzujagen!" 51 . So sprach Cäsar, und nun wollte er die Feinde vorbeifahren lassen, um sie auf der Flucht von hinten anzufallen : denn da seine Schiffe schnell segelten, so hoffte er sie nkcht nur bald einzuholen, sondern rechnete darauf, daß, so bald es kündbar würde, daß sie kommen wollten, die Uebri- gen ohne einen Kampf zu wagen zu ihm übergehen würden. Agrippa brachte ihn aber davon ab, indem er befürchtete, die Feinde mochten die Segel beisetzen und einen Dvrsprung gewinnen; auch glaubte er, daß der Sieg ihm nicht schwer werden würde, weil gerade ein starker Regenguß mit einem heftigen Sturme verbunden über des Antonius Flotte kam und die Schiffe gegen einander trieb. Er stand also davon ab, brachte sehr viele Mannschaft auf die Schiffe, alle seine Freunde aber hieß er Beischiffe besteigen, um schnell umher zu schiffen, den Kämpfendeu die nöthigen Befehle zu überbringen und ihm die gehörige Meldung zu machen. So erwartete er ihre Ausfahrt. Als sie auf das Zeichen mit der Trompete hersorsegelten, und sich vor der Meerenge in dicht S4S Fünfzigstes Buch. geschlossenen Reihen in Schlachtordnung aufstellten, aber nicht weiter vorgingen, so fuhr Cäsar auf sie los, um sie auch in dieser Stellung anzugreifen oder zum Rückzüge zu nöthige». Da sie ihm aber weder entgegenfuhren, noch auch Miene machten, umzukehren, sondern auf ei »er Stelle blieben, und nur ihre Linie dichter schloffen, so war er erst unschlüssig, ließ die Ruder ins Wasser senken und wartet« eine Weile, dann aber ließ er auf ei» gegebenes Zeichen plötzlich beide Flügel im Bogen vorrücken, in der Hoffnung, sie entweder zu umflügeln, oder wenigstens ihre Linie zu durchbrechen. Antonius aber, welcher befürchtete, sie mochten ihn durch diese bogenförmige Bewegung einschließen, rückte, so schnell er konnte, auf sie los und ließ sich so, selbst wider seinen Willen, in das Treffen ein. zr. So war die Schlacht eröffnet, und von beiden Seiten ertönte der Ruf der Ermunterung, daß sie alle Kunst und Kraft entwickeln sollten, und auch vvm Lande her wurden sie durch den Ruf der Ihrigen zum Kampfe angefeuert. Sie kämpften aber nicht ausgleiche Weise: die Leute Cäsars, welche kleinere, schneller segelnde Schiffe hatten, fuhren mit rauschendem Rnderschlage heran, griffen, überall gegen Verwundung gedeckt, au, und versenkten entweder ein feindliches Schiff, oder fuhren wieder davon, ehe es zum Handgemenge kam. Dann fielen sie plötzlich dasselbe Schiff wieder an, oder wandten sich von diesem zu einem andern. Wenn sie auch dieses, so viel sie in Eile konnten, beschädigt hatten, so kehrten sie sich gegen andere, um sie unverhofft anzufallen. Denn der Menge der Geschosse aus der Ferne, und dem Kampf in der Nähe suchten sie gleich sehr zu entgehen, 950 Cassius Dio's Römische Geschichte. und deßhalb möglichst schnell heranzukommen und einen Angriff zn thun, um von ihnen nicht beschossen zu werden, sie beschädigten oder schreckten auch nur und zogen sich, um nickt ergriffen zu werden, aus dem Bereich der Geschosse zurück. Die Feinde aber empfingen die Andringenden mit einem Hagel rvn Steinen und Geschossen und faßten sie, wenn sie sich heran machten, mit eisernen handförmigcn Hacken. Wurden sie ihrer Habhast, so waren sie verloren ; verfehlten sie aber den Handgriff, so wurden ihre Schiffe so beschädigt, daß sie versanken, oder gaben sich, wenn sie sich abwendeten, nm Dieß zu vermeide», den Angriffen anderer Schiffe blos. Zwei oder drei Schiffe fielen zumal ein und dasselbe Schiff der Feinde an und thaten ihm möglichste» Schaden , oder erlagen ihm auch. Auf der einen Seite hatten die Steuerleute und Ruderer, auf der andern die Soldaten mehr Arbeit und Mühe zu bestehen. Die Einen glichen Reitern, die bald heransprengen, bald sich zurückziehen, da Angriff und Abkehr von ihrem Willen abking; die Andern Schwerbewaffneten, welche die Nahenden erlanern und ihrer habhaft zu werden suchen. So hatten beide Theile ihren Vortheil, die Einen fuhren geschwind an den Seiten der Schiffe hin oud brachen die Ruder ab, die Andern konnten durch Steine und Wurfgeschosse die Schiffe der Gegner in den Grund versenken. Aber auch ihren Nacktheit hatten Beide: die Einen konnten den Nahenden nichts anhaben, die Andern, wenn sie beim ersten Angriffe das Schiff nicht versenkten, wurden von diesem erfaßt und kämpften nicht mehr mit gleichen Kräften. 55. Als die Schlacht so lange unentschieden blieb, und 951 Fünfzigstes Buch. kein Theil dem andern obsiegen konnte, gab endlich Cleopatra den Ansschlag. Sie lag hinter der Reihe der Kämpfenden vor Anker und konnte es nicht ertragen, daß die Entscheidung so lange zögerte. Als Weib und Acgypterin wurde sie endlich, so lange zwischen Furcht und Hoffnung schwebend, von peinlicher Besorgniß bewältigt, wandte sich zur Flucht und ließ auch ihren Leuten das Zeichen geben. Sie spannten plötzlich ihre Segel auf und fuhren, da gerade ein günstiger Wind blies, in die weite See, und Antonius, welcher glaubte, daß sie nicht auf Befehl der Cleopatra, sondern aus Furcht, als hätte sich der Sieg entschieden, die Flucht ergriffen, eilte ihnen nach. Durch diesen Vorfall entmuthigt gerieehen die klebrigen in Verwirrung und wollten gleichfalls entkommen. Die Einen setzten die Segel bei, die Andern warfen die Thurme und Geräthschaften über Bord, um leichter entfliehen zu können. Während sie damit beschäftigt waren, wurden sie von den Gegnern angefallen. Die Fliehenden wurden zwar nicht verfolgt, da sie sdie Siegers ohne Segel waren und sich nur znr Schlacht vorgesehen hatten, aber, die zurückgeblieben , wurden einzeln von Vielen theils aus der Ferne, theils in der Nähe angegriffen, so das; der Kampf sehr hitzig wurde und von beiden Seiten die mannigfaltigsten Scenen bot. Die Einen suchten ringsumher die untern Theile der Schiffe zu beschädigen, brachen die Ruder ab, rissen die Steuerruder aus, stiegen auf das Verdeck, faßten die Gegner und zogen sie herab, stießen sie, und kämpften mit Anderen, da sie jetzt einander an Anzahl gewachsen waren. Dagegen trieben die Andern die Nahenden mit Stangen ab, hieben mit Aexten um sich, warfen Steine und S52 Cassius Dio'S Römische Geschichte. andere Lasten, die zu diesem Zwecke bereit lagen, hinab, und erwehrten sich der Hinansteigenden, oder rangen mit ihnen, wenn sie schon über Bord gekommen waren. Man könnte, wenn man Kleines mit Großem vergleichen will, sagen, es sey gewesen, wie wenn Mauer» oder auch viele dicht neben einander gelegene Inseln erstürmt werden sollten. So suchten die Einen die Schiffe zu ersteigen, wie auf dem Festland einen Wall, und versuchten alle Mittel, diesen Zweck zu erreichen; die Andern suchten sie auf jede Weise abzuwehren. 54. Als sich so die Schlacht noch immer nicht entscheiden wollte, wußte Cäsar keinen Rath mehr, als Feuer aus dem Lager kommen zu lassen. Zuerst wollte er sich dessen nicht bedienen, um sich den Besitz ihrer Schätze zu retten. Als er aber keine andere Möglichkeit des Sieges sah, so nahm er zu dem einzigen Mittel, das ihm blieb, seine Zuflucht. Jetzt gewährte die Schlacht ein ganz anderes Schauspiel. Cäsar's Leute fuhren von allen Seiten heran, schössen feurige Pfeile auf die feindlichen Schiffe, warfen Brände aus freier Hand, und schleuderten Töpfe voll glühender Kohlen und Pech aus Maschinen. Auf der feindlichen Flotte suchte man sich ihrer zu erwehren, fiel auf die Schiffe und zündete, wie Dieß daselbst so leicht geschieht, das Holzwerk an, so löschte man erst mit dem Trinkwasser, das man an Bord hatte; als Dieß aber ausging, so schöpfte man Wasser auS dem Meer. In gehöriger Menge that Dieß nun wohl seine Wirkung; da es aber nicht überall anging, weil sie nicht viel große Schöpfeimer hatten, und sie oft in der Angst nur zur Hälfte füllten, so löschten sie nicht nur nicht damit, sondern verstärkten noch die Flamme: denn wenn man ssr Fünfzigstes Buch. weniges Meerwaffer in ein Feuer gießt, so lodert es nur um so stärker auf. Wie auch Dieß Nichts half, so suchten ste das Feuer durch dichte Kleidungsstücke und selbst durch Leichname zu dämpfen. Auf Augenblicke ward es auch unterdrückt, und schien zu erlöschen, als aber ein heftiger Wind zu wehen begann, so schlug eS, durch jene Stoffe nur noch genährt, um so heftiger auf. So lange das Schiff nur aus einer Seite brannte, suchte man noch immer zu helfen, sprang selbst in das Feuer, riß ein, flüchtete, Was man konnte, nach andern Theilen, und warf es in die See, oder auf die Feinde, UNI ihnen damit Schaden zu thun; Andere zogen sich auf den noch unversehrten Theil des Schiffes, strebten mit den eisernen Haken und den langen Spießen aus Leibeskräften das feindliche Schiff heranzuziehen, um hinüberzu- steigen, oder dasselbe wenigstens mit zu verbrennen. 55. Wenn die Feinde nun aber nicht herankamen, indem fle Dieß eben vermeiden wollten, und das Feuer die Schiffwände riugs umher ergriffen hatte, und bis in den Boden hinabdrang, geriethen sie in die äußerste Noth. Die Einen, und zwar hauptsächlich die Matrosen erstickten in dem Rauch, bevor noch die Flamme ihnen nahte; Andere, in der Mitte des Schiffes stehend, wurden wie in einem Ofen gebraten; wieder Andere wurden von ihren Waffen, welche Feuer fingen, .versengt; Andere warfen, ehe sie Solches erlitten, oder halbverbrannt, die Waffen weg und wurden nun von Geschossen aus der Ferne verwundet. Andere stürzten sich in das Meer und ertranken, oder wurden von den Feinden mit Stangen zu Tode geschlagen oder von See- thieren zerfleischt. Am leichtesten wurden von ihren Leiden 954 Cassius Dio's Römische Geschichte. Diejenigen befreit/ welche, ehe sie Achnliches erduldeten, sich selbst unter einander, oder mit eigener Hand den Tod gaben, und ohne sich einer dieser Qualen auszusetzen, todt, wie auf einem Scheiterhaufen, mit sammt ihren Schiffen verbrannten. Als Dieß Cäsar's Leute sahen, so nahten sie sich so lange nicht, als sich noch Einige wehren konnten. Wenn aber das Feuer die Schiffe ergriff, und die Leute darauf sich selbst nicht mehr helfen, geschweige denn einem Feinde noch Etwas zu Leide thun konnten, fuhren sie eilig heran, um vielleicht noch die Schätze zu retten, und suchten nnn selbst das von ihnen erregte Feuer zu löschen. So gingen denn sogar viele von Diesen theils durch die Flammen, theils auch die Enterhaken ergriffen mit den Schiffen zu Grunde. Inhalt des einundfünfzigsten Buches. Cäsar sitzt bei Actium und trifft die nöthigen Einrichtungen Cap. I - 4. Antonius und Ckeopatra's Schicksals und ihre Maßregeln «ach der Niederlage Cap. 5—8. Antonius, in Aegyxten besiegt, entleibt sich. Cap. S—14. Cäsar unterwirft Aegyxten. Sax. 15—18. Cäsar kommt nach Rom und feiert Triumphe. Cap. 19—21. Die Julische Curie w-rd eingeweiht. Cap. 22. Mysien wird Römische Provinz. Cap. 23 — 27. Der Zeitraum begreift den Rest des Jahres, in welchem Cäsar das dritte Mal Consul war und den Marcus Balerius Missal» Cvrvinus zum Amtsgenoffen hatte und noch weitere zwei Jahre, in welchem Folgende Consuln waren: Bor Chr. Nach Erb. Roms. 2 «. 724. Cäsar zum viertenmal und Marcus Lici- nius Craffus, des Marcus Sohn. 29. 725. Cäsar zum fünstenmal und Sertus Apu- lejus, des Sertus Sohn. Elnundfünfzigsies Buch. 4. Dieß war ungefähr der Verlauf der Seeschlacht zwischen Cäsar und Antonius am zweiten September s724 nach R. Erb.f. Nicht ohne Grund gebe ich hier, Was ich sonst nicht gewohnt bin, den Lag an, weil an ihm Cäsar Allein- 9ü6 Cassius Dio'S Römische Geschichte. Herrscher wurde und man die Jahre seiner Alleinherrschaft von diesem Tage an zu zählen pflegt, und zum Andenken an > ihn Cäsar selbst dem Actischen Apollo Schiffe mit drei, vier bis zeheu Reiben Ruderbänken aus der Zahl der eroberten als Weihgeschenk dort aufbewahren ließ, seinen Tempel er- > weiierte, und alle fünf Jalrre theatralische, amphitheatrali- ^ sche und circensische Spiele unter dem Namen Actische feierlich begehen hieß: denn feierliche oder heilige nennt man diejenigen, welche mit einem Opferschmanse verbunden sind. Auch gründete er eine Stadt an dem Orte, wo sein Lager stand '), indem er theils neue Bürger dorthin schickte, theilt Leute aus der Nachbarschaft dahin verpflanzte. Die Stadt selbst nannte er Nicopolis. Die Stelle, wo sein Zelt stand, ließ er mit Quadersteinen belegen, mit den eroberten Schiff- schnäbeln zieren und daselbst dem Apollo eine offene Kapelle errichten. Doch dieß geschah erst in späterer Zeit. Jetzt sandte er einen Theil der Flotte ab, um Antonius und Cleopatra zu verfolgen. Man that es, konnte sie aber nicht «ehr einholen und kehrte zurück. Mit dem übrigen Theile seiner Truppen nahm er das feindliche Lager, woZsich, wegen der geringen Zahl der Zurückgebliebenen, Niemand znr Wehr setzte. Den Rest des feindlichen Heers, der nach Macedonien abziehen wollte, holte er ein und brachte sie, ohne Schwertstreich , auf seine Seite. Bereits aber waren die Römischen Großen zu Antonius entkommen, und die Bundesgenossen in *) Nach Suetonius weihte Cäsar diese Stell», welche er: mit den später benannten Schifffchnäbeln zierte, nicht dem Apollo, sondern dem MarS und dem Neptun. 9t7 EinundfünfzigsieS Buch. ihre Hrimath abgegangen. Doch widersetzten sich diese dem Cäsar nicht weiter, sondern hielten sich ruhiq, und sie svwoh als alle Völkerschaften, die vorher auf der Seite der Römer waren, schloffen sich theils sogleich, theils später an Cäsar an. r. Dieser strafte die Städte durch Geldbußen und Entziehung der Rechte, die sie bisher noch in den Volksversammlungen ausgeübt hatten, allen Fürsten und Königen aber nahm er bis auf Amyntas und Archelans sämmtliche Länder wieder aber ab, die sie von Antonins erhalten hatten; Phi- lopaior, dem Sohne des Tarcondimotus und dem Lycomedes, König über einen Theil des Cappadrcischen Pontus und Alexander, dem Sohne des Iamblichns, nahm er ihre Reiche. Letztem, welcher sein Land als Lohn für seine Schmähung auf Cäsar bekomme» hatte, führte er im Triumphe auf und ließ ihn sodann hinrichten. Das Land des Lycomedes gab er einem gewissen Metzens, weil er noch vor der Seeschlacht die Mysier in Asien zum Abfalle von Antonius vermochte nnd mit denselben Diejenigen bekriegte, die es noch mit Diesem hielten. Den Cvdoniern und Lampäern schenkte er die Freiheit, weil sie ihm Hülfe geleistet hatten; Letztem half er sogar ihre Stadt, die zerstört worden war, wieder aufbauen. Senatoren, Ritter und andere angesehenere Männer, die dem Antonius in etwas Vorschub gethan hatten, strafte er meist an Geld, oder ließ sie hinrichten; Einige jedoch begnadigte er. Unter Letztem verdient besonders Sos- sius genannt zu werden, der wiederholt die Waffen gegen Cäsar getragen, jetzt landflüchtig und versteckt, später aber aus seinem Schlupfwinkel gezogen wurde und dennoch mit dem Leben davon kam; ferner ein gewisser Marcus Scaurus, 958 Cassius Dio's Römische Geschichte. ein Bruder des Sextiis fPompejuss von mütterlicher Seit,) der schon zum Tode geführt, hierauf aber aus Rücksicht f«, seine Mutter Mucia freigegeben wurde. Unter den Hinze richteten sind besonders zu nennen die beiden Aquilius Floroj und Curio. Dieser, weil er der Sohn jenes Curio war, der dem ältern Cäsar so wichtige Dienste geleistet hatte; di, beiden Florus, weil Cäsar sie loosen ließ, welcher sterbe« sollte, und dennoch Beide, der Vater und der Sohn, den Tod fanden. Jener stellte sich, ohne zu loosen, freiwillig dem Henker, Dieser aber fühlte solchen Schmerz, daß er sich selbst das Leben nahm. ^ z. So starben diese Männer; die Masse der Soldaten des Antonius ward aber unter Cäsar's Heer gesteckt. Hiev! auf entließ er von beiden Theilen die geborn«, Römer, wem sie nicht mehr das gehörige Alter zum Dienste hatten, ohne ihnen besondere Belohnungen zn geben, nach Italien, die ^ Andern aber verlegte er in verschiedene Länder. Da sie ihr, > früher in Sicilien nach dem Siege furchtbar geworden, so fürchtete er einen neuen Aufstand, und eilte daher, ehe sie Etwas anfangen konnten, die Einen ganz zu verabschieden, von den Andern aber nicht zu Viele beisammen zu lassen. Den Freigelassenen, welchen er immer noch nicht traute, erließ er die Entrichtung des vierten Theils von ihrem Vermögen, den sie noch schuldig waren. So dachten denn Diese nicht mehr an ihren gehabten Verlust, sondern freuten sich vielmehr als über ein Geschenk, daß der Rest ihnen erlassen wurde. Diejenigen, welche noch im Dienste waren, wurden durch ihr« Obern in Ordnung gehalten und verhielten sich, besonders in der Aussicht auf die Schätze Aegyptens, ruhig. Die ' und lohn, trau! nas, gege halb nach mrd an der, »m sich aus lief ger des ein bei an ge B zu la ei A 959 >t sii ^ »ittzt- loriij war, ; di, erden du, villiz c sich , rate« hier- - veno oh« die, ihm ^ - s- e sik stco, ffen. mte, Ler- >iese sich iffen edel sich- H'S- Einundfünfzigstes Buch. Die Andern aber, welche ihm seine Siege erfechten geholfen und entlassen wurden, waren ungehalten, daß sie keine Belohnung-erhielten, und empörten sich bald darauf. Cäsar traute ihnen nicht und besorgte, sie möchten sich dem Mäce» nas, unter dessen Befehle damals Rom und ganz Italien gegeben war, weil er bloßer Ritter war, nicht fügen; deßhalb schickte er den Agrippa unter einem andern Borwande nach Italien, und gab ihm und dem Mäcenas solche Vollmacht, daß sie selbst die Briefe, welche er an den Senat und an Andere schrieb, vorher lesen, und nach Gutdünken abändern durften. Zu dem Ende erhielten sie seinen Siegelring, um sie wieder versiegeln zu können. Das Siegel, dessen er sich damals meist bediente, hatte er doppelt verfertigen und auf jedes eine Sphinx ganz ähnlich stechen lassen. Später ließ er sein Brustbild in sein Petschaft graben und siegelte gewöhnlich damit. Auch die folgenden Kaiser bedienten sich desselben mit Ausnahme Galba's, der sein Geschlechtspctschaft, einen rom Vorderschiff hervorblickenden Hund, zu führen beliebte. UebrigenS pflegte Cäsar, wenn er an sie, oder an andere ganz vertraute Freunde schrieb, und ihnen Etwas in- geheim zu verstehen geben wollte, immer den nächstfolgenden Buchstaben statt dessen, den er meinte, zu setzen. 4. Als wäre gar Nichts mehr von den Verabschiedeten zu befürchten, ordnete er jetzt die Angelegenheiten Griechenlands, und ließ sich in den Geheimdienst der beiden Götter') einweihen. Sodann fuhr er nach Asien, machte dort seine Anordnungen, und, erwartete Kundschaft von AntoniuS. ') Leres uud Prvserpin«. 960 Cassius Div's Römische Geschichte. Denn noch hatte er nichts Zuverlässiges von der Richtung, die Dieser auf seiner Flucht genommen hatte, erfahren, und setzte sich in Bereitschaft, sich gegen ihn aufzumachen, wem er sichere Nachricht von ihm bekäme. Indessen war Lot wirklich ein Aufstand sunter den verabschiedeten Soldaten) ausgebrochen, da sie ihn ferne von sich beschäftigt wußten, und Cäsar mußte befürchten, sie möchten einen Anführer bekommen und Unheil stifte». Er übertrug deßhalb Andern, den Antonius aufzuspüren, und eilte selbst nach Italien in der Mitte des Winters, in welchem er zum viertem»«! nebst Marcus CraffuS Consul war. Dieser Mann bekleidete nämlich, obgleich er früher auf Seiten des Sextus sPompejutf und dann des Autonius gestanden war, ohne vorher Präto gewesen zu seyn, jetzt mit ihm das Cvnsulat. Er kam ab« uicht weiter, als nach Brundusium: denn auf die Kunde von seiner Ankunft zur See gingen ihm der ganze Senat bis auf die Volkstridunen und die beiden Prätoren, die in Folge eines besondern Beschlusses bleiben mußten, die Ritterschaft, der größere Theil des Volkes und Andere, theils entboten, theils aus freiem Antriebe in großer Menge dahin entgegen, so daß Keiner theils wegen seiner Ankunft, theils wegen der sich kund gebenden Ergebenheit der Masse, sich zu rühren wagte. Selbst jene Schreier trafen theils aus Furcht, theils von Hoffnung getrieben, theils besonders dahin berufen, in Brundusium ein. Die Einen derselben stellte er mit Geld zufrieden, Andern, die alle Feldzüge mit ihm gemacht hatten, gab er noch Grundstücke dazu. Denn die Völkerschaften Italiens, die es mit Antonius gehalten hatten, vertrieb er von Haus und Hof, und vertheilte ihre Städte und 961 Einundfünfzigstes Buch. Felder an die Soldaten, wies ihnen jedoch zum größere» Theile Dyrrhachium, Philippi und andere Plätze als Wohnsitze an. Den Ucbrigen gab oder versprach er Geld für ihr Grundeigenthnm. Zwar hatte er in Folge des Sieges über Viel zu verfügen, brauchte aber noch viel mehr. Deßhalb ließ er seine und seiner Freunde Güter öffentlich zum Kaufe ausbieten, daß jeder Liebhaber sie kaufen oder an Zahlungsstatt hinnehmen könnte. Es wurde jedoch Nichts verkauft oder an Zahlungsstalt genommen: denn Wer hatte gewagt, dergleichen Etwas zu thun? Indessen erhielt er so eine ehrenvolle Frist für die Befriedigung der eingegangenen Verbindlichkeiten, deren er sich später mittelst der Ägyptischen Beute entledigte. 5. Nachdem er diese und andere dringende Geschäfte abgethan und den Begnadigten, welche früher nicht nach Italien kommen durften,, den Aufenthalt daselbst gestattet, so fuhr er, ohne weiter davon Kenntniß zu nehmen, daß nur ein Theil des Volkes in Rom sich bei ihm eingefunden hatte, dreißig Tage nach seiner Ankunft, wieder nach Griechenland ab, ließ seine Flotte der Winterstürme wegen über den Isthmus des Pelvponneses ziehen und kam so schnell in Asien an, daß Antonius und Cleopatra seine Abfahrt und Rückkehr zur selben Zeit erfuhren. Aus der Seeschlacht entronnen, waren Beide zusammen nach dem Peloponnes gekommen. Hier entließe» sie diejenigen ihrer Leute, denen sie nicht trauten; Anders verließen sie gegen ihren Wunsch. Cleopatra eilte jetzt nach Argypten, damit dort aüs die Nachricht von ihrem Unfälle nicht etwa eine Empörung ausbrechen Die Cassinö. 8s Ddchn. 4 962 Easjuiö Dio's Römische Geschichte. möchte. Um sicher landen zu können, hieß sie die Vorder- thcile der Schiffe, als hätte sie gesiegt, mit Kränzen schmücken, und ihre Feldmusik Siegeslieder blasen. Sobald sie aber in Sicherheit war, ließ sie viele der Acgyptischen Großen, die ihr immer entgegen waren, und über ihre Niederlage frohlockten, unter dem Beile bluten , und brachte, aus den eingezogenen Gütern derselben und aus öffentlichen und heiligen Kassen, ohne selbst die heiligsten Tempel zu schone», große Summen aus, zog Skreitkräfte zusammen und sah sich nach Bundesgenossen um. Den König von Armenien ließ sie tödten nnd seinen Kops dem Mederkönig überbringen, in der Hoffnung, ihn dadurch zum Beistände geneigter zn machen. Antonius hatte sich nach Afrika gewandt, wo Pinarius Scarpus ein Heer zum Schuhe Aegyptens versammelt hielt; als dieser ihn aber nicht aufnahm H, und sogar einige Soldaten, die er au ihn vorausgeschickt hatte, niedermachen, ja selbst einige von seinen eigenen Leuten, die darüber ungehalten waren, am Leben strafen ließ, so ging Antonius, unver- richtcter Dinge, »ach Aegypten ab. 6. Unter andern Maßregeln, die sie hier für den nahen Krieg trafen , war anch die, daß Cleopatra den Cäsarion, Antonius den Antyllns welchen er von der Fnlvia hatte, *) Statt ist, wenn man keine Lücke annehmen will, zu lesen. ") Aus dem hier und Cap. 15. Gesagten geht hervor, daß dieser Sohn nicht Julus Antonius gewesen seyn kann, wonach unsre frühere Vermuthung zurückzunehmen ist. Er hieß ohne Zweifel Xntullus, was ein Diminutiv von A,mc>- niaa seyn kann. Ob ihn aber hier und früher Dio nicht doch mit Julns verwechselt? 963 Einundfünfzigfies Buch. für volljährig erklärten, damit die Aegypter, weil sie jetzt einen männlichen Beherrscher hätten, Muth bekämen, und die Andern, falls ihnen selbst ein Unfall zustöße, mit diesen Führern an der Spitze im Kampfe aushalten möchten. Den Jünglingen selbst aber gereichte eben dieses später znm Verderben: denn Cäsar lieh, weil sie als Männer galten, und gewissermaßen Regenten waren, keinen von Beiden am Leben. Jene aber rüsteten sich, um in Aegypten den Krieg zu Land und zur See zu führen, und riefen die benachbarten Völker und die verbündeten Könige znm Beistande auf; auch machten sie Anstalten, im Falle der Noth piach Spanien zu segeln und die dortigen Völker durch ihre großen Schätze zum Aufstäube zu reizen, oder auch nach dem rothen Meere sich zu wenden. Um ihre Plane so lange als möglich zu verdecken und den Cäsar zu täuschen, oder auch wohl meuchlings aus dem Wege zu schaffen, schickten sie Gesandte an ihn ab, die dem Cäsar Friedensvorschläge, seinen Freunden aber Geldgeschenke machen mEen. Zu gleicher Zeit übersandte ihm Cleopatra, ohne Vermissen des Antonins, einen goldenen Scepter, eine goldene Krone und einen goldenen Thron, um ihm damit die Herrschaft zu überantworten, und ihn, wenn er aucb feindlich gesinnt gegen Jenen bliebe, zum Mitleide gegen sie zu stimmen. CäsarMahm die Geschenke als gute Vorbedeutung an, gab Antonins keine Antwort, gegen Cleopatra sprach er in einem offenen Schreiben zwar drohend genug, daß er, wenn sie die Waffen und die Regierung niederlege, mit sich zu Rathe gehen werde, Was mit ihr anzufangen sey: ingeheim aber fschrieb er ihrf, daß sie, 4 2 964 Cassius Dio's Römische Geschichte. wenn sie den Antonius umbringen ließe, Lebe» und Thron unverkümmert behalten sollte. 7. Während der Zeit verbrannten anf Anstiften des Quintns Didius, Statthalters von Syrien, die Araber die Schiffe, welche zur Fahrt in das rothe Meer von ihnen im 'Arabischen Meerbusen erbaut worden waren und die Städte und Fürsten verweigerten alle die nachgesuchte Hülfe. Merkwürdig ist, daß, während viele Andere, die von ihnen viele Wohlthaten erhalten hatten, sie im Stiche ließen, doch die Gladiatoren, welche unter der Hefe des Volkes aufgewachsen, so guten Willen für sie zeigten, und auf's tapferste kämpften. Diese übten sich nämlich in Cyzicum für die feierlichen Spiele bei dem Triumphe, den man über Cäsar zu halten hoffte, und zogen, sobald sie das Vorgefallene erfuhren, eiligst nach Aegypten ab, um dem Antonius zu Hülfe zu kommen. Sie machten dem Amvntas in Galatien und den Söhnen des Tarcondimotus in Cicilien, welche ihnen früher befreundet, jetzt aber auf die Seite des Feindes getreten waren, so wie auch dem Tidius, der ihnen den Durchzug verwehrte, viel zu schaffen, konnten jedoch nicht bis nach Aegypten vordringen; wollten aber, von allen Seiten eingeschlossen, sich gleichwohl nicht ergeben, so vortheilhafre Bedingungen ihnen auch Didius machte, sondern schickten an Antonius und meinten, unter seinen Befehlen leichter in Syrien den Krieg zu führen. Als jedoch weder er selbst kam, noch auch eine Botschaft sandte, glaubten sie, er wäre umgekommen, und ergaben sich, wiewohl ungern, an Didius unter der Bedingung, nicht mehr als Gladiatoren verwendet zu werden. Er wies ihnen einstweilen, bis an Cäsar berichtet wäre, Daphne, die 965 Einundfünfzigsies Buch. Vorstadt von Antiochia, zum Wohnsitz an. Vvn-Meffala wurden sie später, unter dem Verwände, daß sie den Legionen einverleibt würden, nach verschiedenen Seite» hin entsandt, und bei schicklicher Gelegenheit aus dem Wege geräumt. 8. Als Autvnius und Cleopatra Cäsar's Antwort von den Gesandten vernommen hatten, schickten sie neue an ihn ab, sie, um ihm große Schätze zn versprechen, er, um ihn an die frühere Freundschaft und Verwandtschaft zu mahnen; auch entschuldigte er sich wegen seines Umgangs mit der Acgyxterin, stellte ihm vor, wie sehr sie sich gelicb.t, und welche Jugendstreiche sie mit einander verübt hätten; auch lieferte er ihm den Publius Turullius, einen von Cäsar's Mördern, der aber damals als befreundet bei ihm lebte, aus, und erbot sich, sich selbst das Leben zu nehmen, wenn dadurch Cleopatra gerettet würde. Cäsar ließ den TnrulliuS am Leben strafen, und es hatte das Ansehen, als wenn der Gott Aesculap, in dessen Hain auf der Insel Cos derselbe früher Holz für die Flotte hatte hauen lassen, Rache an ihm nähme, weil er dort gerade hingerichtet wurde; dem Anto- nius aber gab er auch jetzt keine Antwort. Er schickte also eine dritte Gesandtschaft und seinen Sohn Anryllus fNntul- lusf mit einer großen Summe Goldes an ihn ab. Cäsar nahm das Geld an, schickte Jenen aber unverrichteter Dinge und ohne Antwort zurück. An die Cleopatra ließ er aber, wie das erste und zweitemal, einerseits heftige Drohungen ergehen, andrerseits machte «r ihr viele Versprechungen. ,Da er aber dessenungeachtet befürchten mußte, sie würden, an der Verzeihung verzweifelnd, sich ermanne», und mit ihren eigenen Krieg-mitteln siegen, oder nach Spanien und Gallien 966 Cassius Div's Römische Geschichte. fahren, oder die unermeßlichen Schätze, die sie, der Sage nach, desiyen sollten, vernichten (Cleopatra hatte nämlich in dem Grabmal, das sie sich in der königlichen Burg hatte bauen lassen, Alles znsammengchäuft, und gedroht, beim geringsten Unfall sich mit den Schätze» zu verbrennen), einen seiner Freigelassenen, Namens Thyrsns, an sie ab, ließ der Königin viel Freundlnb-es melden, und wie er von Liebe für sie brenne: damit hoffte er, sie^ welche im Wahne stand, daß ihren Reizen Niemand widerstehen könnte, zu vermögen, den Antonius umbringen zu lassen, und sich und ihre Schätze zu retren. Er hatte nicht falsch gerechnet. 9. Noch ehe Dieses vorfiel, erfuhr Antonius, daß Cornelius Gallus das Heer des Scarpus übernommen und mit demselben im Vorbeiziehen Parätouium überrumpelt habe, stand deßhalb von seinem Zuge nach Sprien, wohin er auf die Botschaft der Gladiatoren sich begeben wollte, ab, und wandte sich gegen Jenen, in der Hoffnung, die Soldaten ohne viel Mühe auf seine Seite zu bringen, da sie, die früher unter ihm gedient hatten, noch einige Anhänglichkeit an ihn zeigten; wofern es ihm aber nicht gelänge, mit Gewalt der Waffen ihrer Meister zu werden, da er viele Land - und Seemacht mit sich führte; allein er konnte nützt einmal mit ihnen sprechen, obgleich er sich der Mauer näherte und ihnen laut zurief: denn Gallus ließ alle seine Trompeter zusammen- blasen, so daß Niemand Etwas verstehen konnte. Er litt überdieß Schaden durch einen plötzlichen Ausfall und auch seine Flotte war unglücklich. Gallus hatte nämlich Nachts quer über die Einfahrt des Hafens unter dem Wasser Ketten 'ziehen lassen, und ließ denselben nirgends bewachen, sondern 967 Einundfünszigstes Buch. die Schiffe mit großer Zuversicht und Verachtung seiner Streitkräfte Hereinsegeln. Als sie aber innen waren, ließ er die Ketten durch Maschinen anziehen, umringte sie zugleich von allen Seiten, vom Lande, den Häusern und der See aus, und verbrannte die einen, die andern aber versenkte er. Zu gleicher Zeit hatte auch Cäsar Pelusium, vorgeblich mit Sturm, iu der That aber durch Verrath der Cleopatra, eingenommen. Sie hatte sich nämlich, da Niemand zu Hülfe kam und sie sah, daß jeder Widerstand gegen Cäsar vergeblich sey, vor Allem aber, aus die ihr durch Thyrsus gemachten Anträge Cäsar's, wirklich dem Wahne hingegeben, daß sie von ihm geliebt werde und zwar für'- Erste, weil sie wollte, und dann, weil sie seinen Vater und den AntoniuS auf gleiche Weise durch ihre Reize gefesselt hatte. So machte sie sich nicht nur auf Begnadigung und Erhaltung der Herrschaft über Aeavptcn Hoffnung, sonder» sah sich bereits als Roms Beherrscherin an: daher gab sie dem Cäsar die Stadt Pelusium Preis. Als er vor die Stadt ruckte, verhinderte sie ingeheim, daß sie gegen ihn auszogen, so laut sie dieselben dazu aufzufordern schien. iv. Auf die Nachricht von der Einnahme Pelnsiums kehrte Antoaius von Parätonium zurück, stieß vor Alcxan- drien auf Cäsar, der von dem Marsche erschöpft war, und besiegte ihn mit seiner Reiterei. Dieser Sieg und daß er den Soldaten Cäsar's auf fliegenden Blättern, die um Pfeile gewunden, in Cäsar's Lager schießen ließ, je fünfzehnhnndert Denare verbeißen hatte, machte ihm Muth: er lieferte ihm auch mit seinem Fußvolk eine Schlacht und wurde besiegt. Cäsar hatte nämlich den Soldaten selbst diese Blätter 968 Cassius Dio's Römische Geschichte. vorgelesen, den Antonius geschmäht, ihnen die Schande des Verrathes vorgestellt und sie zu ausdauernder Ergebenheit gegen ihn aufgefordert, so daß sie deßhalb und aus Unwille» über die Versuchung, um nicht den Verdacht zu erregen, alt wollten sie die Schlacht geflissentlich verlieren, auj's Tapferste kämpften. Wie Jener so gegen Erwarten besiegt wurde, seyte er nun seine Hoffnung auf seine Flotte und machte Anstalt, eine Seeschlacht zu liefern oder mit ihr nach Hispanien zu fahren. Als Cleopatra Dieß sah, so veranlaßte sie dse Flotte, zu Cäsar überzugehen, und eilte plöhlich in ihr Grabmal, vorgeblich aus Furcht vor Cäsar, nm sich vorher freiwilliz den Tod zu geben, im Grunde aber in der Absicht, den Am touius dahin zu locken. Dieser ahnte zwar Verrath, verblendete Liebe ließ es aber nicht zur Ueberzeugung kommen, so daß er sie mehr als sich selbst bedauerte. Dieß wußte sie wohl und hoffte, er würde auf die Kunde von ihrem Tode sie nicht überleben wollen, sondern sich sogleich selbst das Leben nehmen. Zu dem Ende eilte sie mit einem Verschnittenen und zwei Zofen in ihr Grabdenkmal und ließ ihm von hier aus die Nachricht von ihrem Tode bringen. Auf diese Kunde zögerte Autonius nicht länger, sondern wünschte, ihr ini Tode zu folgen. Deßhalb bat er einen der Anwesenden, ihn zu todten; als aber Jener daS Schwert zog und sich selbst entleibte, so eiferte er ihm nach und brachte sich eine Wunde bei. Er fiel auf das Gesicht und die Umstehenden glaubten, daß er gestorben sey. Als darob Lärm entstand, erfuhr es Cleopatra und schaute aus ihrem Grabmale hervor. Denn die Thüren, einmal verschlossen, konnten, vermöge einer Vorkehrung nicht mehr geöffnet werden; oben auf dem 969 Einundfünfzigftes Buch. Dache aber war noch nicht Alles ausgebaut. Als sie hier heraussah, bemerkte» sie Einige und schrieen auf, so daß es dem Antonius zu Ohren kam. Auf die Nachricht, daß sie noch am Leben je», richtete er sich auf, und meinte noch leben zu können. Er hatte aber zu viel Blut verloren und verzweifelte an seiner Rettung, flehte jedoch seine Umgebung an, ihn nach dem Grabmal zu bringen und an den Seilen, welche zum Hinaufziehen der Steine herabgelassen wurden, hinaufzuziehen, und starb so in den Armen Cleopatra's. 1t. Sie, welche einige Hoffnung auf Cäsar sehte, ließ diesem des Antonius Tod sogleich melden, ohne sich jedoch ganz banger Erwartungen zu entschlagen. Sie blieb also in ihrem Grabmal, und glaubte, wenn jedes Rettungsmittel vergeblich wäre, durch Furcht vor dem Verlust ihrer Schätze Leben und Thron von ihm zu erkaufen. So sehr suhlte sie sich, bei all ihrem Mißgeschick, als Königin, daß sie lieber als solche mit ihrer Würde sterben, als derselben beraubt, länger leben wollte. Zu dem Ende hatte sie Feuer in der Nähe ihrer Schätze und Nattern und andere Schlangen in Bereitschaft, mit denen sie vorher an andern Menschen die Probe gemacht hatte, um ihre Kraft zu tödten an ihnen zu erforschen. Cäsar wünschte nun, sich in den Besitz ihrer Schätze zu setzen und sie selbst lebendig in seine Gewalt zu bekommen, um sie im Triumphe mit aufzuführen; wollte aber, weil er ihr selbst einige Zusagen gemacht hatte, nicht den Schein haben, als ob er betrügerisch an ihr gehandelt hätte. Um sie also als Gefangene und mit Gewalt Bezwungene behandeln zu können, sandte er den Ritter Casus Proculius ») *) Aus PlutarchS Auto», ist hier Proculejus z» restituiren. 970 Cassius Div's Römische Geschichte. und seinen Freigelassenen Exaphrvditus z» ihr, denen er angegeben hatte, Was fle zu sprechen und zu thun hätten. Ei« ^ kamen mit Cleopatra zusammen und besprachen sich freundschaftlich mit ihr, ergriffen sie aber plötzlich, ehe man sich über Bedingungen vereinigt hatte. Man schaffte setzt Allee, womit sie sich etwa das Leben nehmen konnte, bei Seite, gestattete ihr aber einige Tage zn bleiben, wo sie war, bis die Leiche des Antonios völlig einbalsamirt wäre. Hierauf führte man sie in ihren Palast, ohne ihr an ihrem Gefolge und ihrer gewöhnlichen Bedienung Etwas abgehen zu lassen, um sie immer noch in einiger Hoffnung zn erhalten, damit sie sich Nichts an dem Leben thäte. Sie wünschte Cäsar selbst zn sehen »nd zu sprechen, Was ihr denn auch gewähre wurde; und um fle noch mehr zu täuschen, versprach er, selbst zu ihr kommen zn wollen. 12. Ihr Gemach hatte sie aufs geschmackvollste verziert und das Ruhepolster mit den kostbarsten Decken überdeckt, sie selbst aber saß, nachläßig gekleidet (im Trauergewande nahm sie sich jedoch aufs Bortheilhafteste aus) auf dem Bette, umgeben von einer Menge der verschiedensten Bilder des ältern Cäsar, und hatte alle Briefe von Cäsar in den Busen gesteckt. Als Cäsar eintrat, sprang sie errathend auf mit den Worten: „Willkommen, mein Geliebter! Dir gaben die Götter, Was sie mir nahmen. Aber sieh hier Deine» Vater, ganz so, wie er war, wie er oft bei mir eintrat. Gewiß vernahmst Du, wie er mich ehrte, und mich zur Königin von Aegypten machte. Damit Du aber auch Etwas von ihm über mich vernehmest, nimm, lies die Briefe, die «r mir mit eigener Hand geschrieben.« So sprach sie und 971 Emundfünfzigstes Buch. laS ihm mehr denn Eine zärtliche Stelle daraus vor. Bald weinte sie und küßte die Briefe, bald stürzte sie vor einem ter Bilder nieder, als wäre er ein Gott, schlug schmachtend die Augen zu Cäsar aus, und erhob eine klangreiche Klage; bald sprach sie in schmähendem Tone: „Was helfen mir seht deine Briefe, Cäsar's" Dann wieder: „aber in diesem Manne lebst du mir wieder auf." Dann wieder: „v wär' ich doch ror dir gestorben!" sodann: „doch wenn ich Diesen habe, hab' ich dich." Mit solchen Sckmeichelworten und Schmei- chclgebärden verband sie süße Blicke und Reden. Cäsar merkte, daß sie ihn rühren und zur Liebe reizen wollte, nahm sich aber zusammen, heftete die Augen zur Erde und sprach nur die Worte: „sey getrost, Königin, und guten Muths, es wird Dir Nichts zu Leide geschehen." Aber sie, tief gekränkt, daß er sie keines Blickes würdigte, Nichts von ihrer Herrschaft, auch nichts Zärtliches sprach, fiel ihm zu Fuße» und sprach weinend: „Ich will und kann, o Cäsar, nicht länger leben, aber beim Andenken an Deinen Vater -eh' ich Dich um die Gnade, mich mit Antonins, den ein Dämon mir zugeführt hat, auch sterben zu lassen. Ach wär' ich damals doch mit Cäsar gestorben! Da aber dieses Leid das Schicksal mir bestimmte, so sende mich dem Antonius nach, beneide mir das Grab an seiner Seite nicht, daß, wie ob ihm ich sterbe, ich auch im . Schattenreiche mit ihm wohne. 1Z. So sprach sie, um auch hierdurch noch das Mitleid Cäsars zu erregen; er aber erwiederte Nichts darauf. Weil er aber fürchtete, sie mochte sich selbst das Leben nehmen, sprach er ihr wieder Muth ein, entzog ihr ihre Bedienung nicht nnd behandelte sie mit Auszeichnung, damit sie seinen 972 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. Triumph verherrlichen möchte. Sie selbst argwohnte Dieß, und da sie solch ein Schicksal sür tausendfachen Tod hin,, begehrte sie wirklich den Tod und ließ Cäsar mehr als einmal bitten, ihr auf irgend eine Weise das Leben zu nehme«, und sann selbst auf vielfache Weise darauf. Als es ihr aber nicht gelang, so stellte sie sich, als käme sie auf andere Gi-! danken, und sehe große Hoffnung auf ihn und auch ach Livia. Sie freute sich, wie sie sagte, auf die Abfahrt, legn Kostbarkeiten zu Geschenken zu Rechte, damit sie sie glaube, machte, daß sie sich nicht mehr ums Leben bringen wollte, um, weniger bewacht, sich den Tod geben zu können. W aber sowohl die Andern, als auch Epaphroditns, dem ihn Bewachung besonders aufgetragen war, glaubten, daß dies wirklich ihre Stimmung sey, bewachten sie sie nicht mehr so streng, -und so bereitete sie sich einen möglichst schmerzlose« Tod. Sie gab einen versiegelten Brief an Cäsar, in welchem sie ihn bat, ihr ein gemeinschaftliches Grab mit Antonins j>> gönnen, dem Epaphroditns, um ihn, der einen andern D ! halt vermuthete, durch Bestellung desselben von sich zu entfernen, und schritt nun zur That. In ihrem schönste» Kleide und in der anständigsten Stellung legte sie sich ani das Polster und starb in ihrem vollen königlichen Schmucke. 14. Zuverläßig läßt sich die Art ihres Todes nicht angeben: denn man fand nur leichte Stiche an ihrem Arme umher. Die Einen sagen, sie habe sich eine Natter, die man ihr in einer Urne oder unter Blumen gebracht, angelegt. Die Andern berichten, sie habe die Nadel, womit sie ihr Haar aufzustecken pflegte, mit einem Gifte bcstrichen, das sonst ganz unschädlich für den Körper sey; aber, auch 97S hikli, kiii- niie», abn Gi-j « «iij legt« liik, ollti, Ali ihn dick hrs» jlosio lchkU IS D > D > eol- -njie» - M nicke, t so- , Arm , die anseilt in ^ ichen, . auch Eimindfünfjigstes Buch. „ur znm geringsten Theile dem Blute beigemischt, plötzlichen, jedoch ganz schmerzlosen Tod herbeiführe, diese habe sie bisher im Haare getragen, jetzt aber, nachdem sie den Arm vorher geritzt, in das Blut getaucht. Auf diese oder auf ähnliche Weise starb sie mit ihren beiden Zofen. Der Verschnittene hatte sich sogleich bei ihrer Gesangennehmunq von den Schlangen stechen lassen und war in den für ihn bereit gehaltenen Sarg gesprungen. Als Cäsar ihren Tod erfuhr, erschrak er, besah die Leiche und ließ Arzneimittel und Psyllen holen, um sie wieder ins Leben zurückzubringen. Diese Psyllen sind Männer (kein Weib versteht sich darauf) und können jedes Gift von jeder Schlang«, wenn der Gebissene noch nicht gestorben ist, Heraussaugen und haben selbst von keinem Schlangenbiß Etwas zu befürchten. Sie pflanzen sich unter sich selbst fort, und Macken mit den Neugebornen eine Probe, indem sie sie sogleich selbst unter Schlangen hinlegen oder ihre Windeln ihnen unterwerfen. Dem Kinde thun sie Nichts zu Leide, unter dessen Bekleidung aber crstar-. ren sie. Mit ihnen verhält es sich nun auf diese Weise. Als sie aber Cäsar durch keine Mittel wieder ins Leben zu bringen vermochte, so konnte er ihr seine Bewunderung und sein Mitleid nicht versagen und wurde sehr verdrießlich, als ob mit ihr aller Glanz seines Sieges erloschen wäre. 15 . Antonius und Cleopatra, welche über Aegypten und Rom viel Unheil gebracht, führten so den Krieg und nahmen ei» solches Ende. Sie wurden auf dieselbe Weise einbalsamirt und in einem Sarge beigesetzt. Folgendes war Beider Charakter und Schicksal: Antonius konnte sich an Einsicht mit Jedem messen, beging aber viel tolle Streiche; 974 Cassilis Dio's Römische Geschichte. einigemal bewies er ausgezeichnete Tapferkeit, wurde »in häufig aus Feigheit in seinen Unternehmungen unglücklich oft war er hochsiunig, oft aber auch in gleichem Grade nie derträchtigz fremdes Gut riß er an sich, das eigene rm schwendete er; Vielen verzieh er ohne Vorbedacht, Mehrere bestrafte er ungerecht. Nachdem er so aus dm Schwächsten der Mächtigste, aus dem Aermsten der Reichst, geworden, kam ihm keines von beiden zu Statten, und n, der nach der Alleinherrschaft über die Römer gestrebt, mußt, sich selbst das Leben nehmen. Cleopatra, unersättlich in du Wollust, wie in der Habsucht, besaß viel Ehrgeiz und Ruhmsucht, und zeigte oft frechen Uebermuth. Die Herrschaft über Aegypten hatte sie durch ihre Bahlerkünste erhalten und machte sich Hoffnung zur Herrschaft über Rom, gewann aber diese nicht und verlor noch jene dazu. Die zwei größten Römer ihrer Zeit trugen die Fesseln ihrer Liebe und ob dem Dritten gab sie sich den Tod. So waren Beide und nahmen ein solches Ende. Von ihren Söhnen wurde Aa- tyllus, 6) obgleich mit Cäsars Tochter verlobt, und in die Kapelle seines Vaters, welche Cleopatra erbaut hatte, geflüchtet, ohne weiteres umgebracht. Cäfario wurde auf seiner Flucht nach Aetbiopien aufgegriffen und gleichfalls nmt Leben gebracht. Cleopatra fdie Tochters aber wurde dem Zuba, des Juba Sohn, vermählt. Diesem Inba, der in Rom erzogen worden war und mit Cäsar dessen Feldziige mitgemacht hatte, gab dieser die Cleopatra und das Reich *) In den frühern -stellen heißt dieser Antuüus ein Sohn des Antoilius von der Fulvia. 975 Einundfünfzigstes Buch. seines Vaters, auch begnadigte er ihnen zu Lieb den Alexander und Ptvlemäus. Seinen Nichten, welche Oetavia von Anlonins gehabt und selbst erzogen hatte, gab er einen Theil des väterlichen Vermögens und des Antonins Sohn von der Fulvia Julus mußten dessen Freigelassene Alles, was sie ihm gcscyüch bei ihrem Tode hinterlassen hatte», sogleich geben. 1S. Die bisherigen Anhänger des Antonins ließ er theils umbringen , theils begnadigte er sie aus freiem Antrieb, oder Freunden znlieb. Da sich aber viele Kinder von Fürsten und Königen theils als Geißel bei ihm vorfanden, theils aus Uebermnth an seinem Hofe zur Bedienung verwendet wurden, so schickte er dieselbe nach Hause, oder ver- heirathete sie niirer einander oder behielt sie bei. Von Allen will ich nur zwei nennen. Jvtape gab er dem Mcderkönige, weil er nach der Beilegung des Antonins zu ihm übergetreten war, aus freien Stucken zurück, dem Artares aber schickte er, obgleich darum angegangen, seine Bruder nicht zurück, weil er die in Armenien zurückgelassenen Römer getödtet hat So verfuhr er mit diesen Andern. Die Acgyptcr «nd Alexandrier begnadigte er alle, so daß Keiner das Leben verlor. Der Grund davon war, daß er ein Volk, das so zahlreich war, und Rom in mancher Hinsicht gute Dienste leisten konnte, nicht verderben wollte; zum Vorwande nahm er aber ihren Gott Serapis, Alexander, den Gründer ihrer Stadt, und zum dritten ihren Mitbürger Anus, den er als Philosoph und Freund in seinem Gefolge hatte. Die Rede, in welcher er ihnen Verzeihung ankündigte, trug er in griechischer Sprache vor, um besser von ihnen verstanden zu 976 Cassius Dl'o's Römische Geschichte. ' werden. Hierauf sah er die Leiche Alexanders sdes Großes und befühlte sie, so daß ihm, wie man sagt, ein Stück von l seiner Nase in der Hand blieb. Als ihm die Alexandriner ! durchaus die Leichen der Ptvlemäer zeigen wollten, lehnte er es mit den Worten ab: „einen König, keine Leichen wollte ich sehen." Aus demselben Grunde wollte er auch den Apis ' nicht sehen und sagte, nicht Stiere, sondern Götter pflege er anzubeten. 17 . Er machte aber Aegyptcn zinsbar und gab dem Lande Cornelius Gallus zum Statthalter. Wegen der starken Bevölkerung in den Städten und auf dem Lande, wegen der Unbeständigkeit und des Leichtsinns des Volkscharakters ! und wegen der Frucht- und Geldsendungen wagte er es nickt, Lieft Provinz einem Senator anzuvertrauen, und gestattete seinem Solchen) nicht einmal, ohne ausdrückliche Erlaubniß, sich länger dort aufzuhalten. Auch sollten sie nicht in Rom Senatoren werden können, ja die Alexandriner durften nicht einmal selbst einen Senat haben, weil er ihrem unruhigen Sinne zu wenig traute. Diese Anordnungen sind zum Theil in voller Wirksamkeit, doch habe» sie seit der Regierung des Kaisers Severus auch in Alcxaudricn einen Senat, und uu- «r seinem Sohne Antoniuus sCaracalla) wurden zuerst Aegoo- ter auch in Rom Senatoren. So wurde denn für jetzt Ae- gypten unterjocht, und Alle, die sich noch eine Ieit lang widersetzten, wurden unterworfen, ein Schicksal, das die Götter unverkennbar durch Vorzeichen angedeutet hatte». An Orten Aegyptens, wo sonst kein Tropfen Regen fiel, regnete es nicht nur Wasser, sondern selbst Blut, und in denselben Wolken, die den ^ Regen sendeten, wurden auch Waffen erblickt. Von ander» ^ S77 EinllndfünfzigsteS Buch. Seiten her ließ sich Pauken- und Zimbelnschall, oder Flöten-' und Trompetenklang vernehmen. Auch erschien plötzlich ein mächtiger Drache und zischte fürchterlich. Auch Kometen kamen zunz Vorschein und Gestalten von Verstorbenen wurden geschaut; die Götterbilder sahen finster drein, und der Apis brüllte fürchterlich, und vergoß sogar Thränen. Solche Vorzeichen hatten die Aegypter. In dem Palaste aber sah man unermeßliche Schätze. Cleopatra hatte nämlich aus den heiligsten Tempeln sogar die Weihgeschenke weggenommen «nd den Römern eine Beute zusammengehäuft, daß sie sich nicht selbst an den Heiligthümeru zn vergreifen brauchten, und von allen Beklagten viele Gelder erpreßt. Auch alle klebrigen, denen man kein Verbrechen Schuld geben konnte, mußten ein Sechstheil ihres Vermögens steuern. Von diese» Summen erhielten alle Soldaten ihren rückständigen Sold und diejenigen, welche jetzt bei Cäsar waren, noch weitere zweihundert und fünfzig Denare,*) um die Plünderung der Stadt zu verhüten. Die Gläubiger bekamen ihre volle Bezahlung und die Senatoren und Ritter, welche den Feldzug mitgemacht hatten, reichliche Geschenke. Ueberhaupt gewann der Römische Staat an Reichthum und ihre Tempel an Schmuck. 18 . Cäsar traf diese Vorkehrungen; auch gründete er auf der Stelle, wo die Schlacht geliefert ward, gleichfalls eine Stadt, und gab ihr denselben Namen mit denselben feierlichen Kampfspielen, wie der früheren. Die Kanäle *) Etwa 100 fi. Dio Cassius. 8s Dich«. 8 978 Casstus Dio's Römische Geschichte. schlämmte er, ließ auch neue graben und traf sonst noch die nöthigen Verfügungen. Von da begab er sich durch Syrien nach der Provinz Asien, überwinterte daselbst und brachte die Angelegenheiten der unterworfenen Völker und der Parther in Ordnung. Als sie sich nämlich empörten, und ein gewisser Teridates sich gegen Phraates auflehnte, so entschied er sich Anfangs, so lange ihm noch Antonius nach der Seeschlacht widerstand, für keine der Parteien, obgleich ihn beide um seinen Beistand baten, und gab ihnen keine Antwort, als daß er die Sache in Ueberlegung nehmen wolle, vorgeblich, weil er noch mit Aegyptern zu thun habe, im Grunde aber, damit sie sich beide durch Kampf erschöpfen möchten. Als aber Antonius todt war, und Teridates besiegt nach Syrien flüchtete, der Sieger Phraates seinerseits Gesandte an ihn schickte, so antwortete er diesen freundschaftlich, versprach dem Teridates keine Unterstützung, gestattete ihm aber, sich in Syrien aufzuhalten. Von diesem erhielt er nun aus Dankbarkeit einen Sohn des Phraates zugeschickt, nahm ihn mit nach Rom und behielt ihn als Geisel. 19. In dieser Zeit und schon früher hatten die Römer ihm wegen der gewonnenen Seeschlacht mehrere Ehrenbezeugungen zuerkannt. Er sollte einen Triumph über Cleopatra halten, und in Brundnsinm, sowie auf dem Römischen Marktplatz einen Triumphbogen bekommen. Das Geländer der Julischen Kapelle sollte mit den Schnäbeln der eroberten Schiffe geziert und ihm zu Ehren alle fünf Jahre ein Fest mit feierlichen Spielen begangen werden, an seinem Geburtstage und dem Tage des Sieges sollten feierliche Dankfeste seyn, »nd ihm bei seinem Einzüge in Rom Vestalinnen, Senatoren 979 Einundflmfjigstes Buch. und Volk mit Weid und Kind entgegen gehen. Daß sie Gelübde für ihn, Bilder, Ehrensitz im Schauspiel und andere dergleichen Auszeichnungen zuerkannten, ist wohl iiberflüßig anzuführen. Alles dieß wurde Anfangs für ihn beschlossen, auch die Ehrenzeichen des Antonius theils abgerissen, theils verwischt. Der Tag seiner Geburt wurde für einen Unglückstag erklärt, und keiner von seiner Familie sollte künftig den Dornamen Marcus führen. Auf die Nachricht von seinem Tode, welche einlief, als gerade Cicero, Cicero's Sohn, in diesem Theile des Jahres Consul war, sahen Manche darin eine göttliche Schickung, da Antonius' die Hauptschuld der Ermordung seines Vaters trug. Auch beschloß man dem Cäsar jetzt noch weiter Kronen, Dankfeste auf mehrere Tage, und einen Triumph über die Aegypter; die Namen des An- touins und der andern Römer, die mit ihm besiegt worden waren, wurden nicht genannt, da man es nicht für recht hielt, über Bürger Siegesfeste zu begehen. Der Tag der Einnahme Aegyptens sollte künftig ein Glückstag seyn und in AegYPten die Zeit nach ihr gerechnet werden. Cäsar sollte lebenslänglich die Gewalt eines Bolkstribuns haben, und denen, welche sich auf ihn beriefen, innerhalb der Ringmauer und außerhalb derselben bis auf tausend Schritte zu seinem Rechte verhelfen dürfen, ein Recht, daS bisher kein Dolkstribun besessen hatte"); auch sollte er bei allen Rechtsfallen, wie die Minerva mit seiner Stimme den Ausschlag Dieses Recht hatten die Volkstribunen schon lange vor ihm. Dio hat sich also entweder geirrt, oder muß es heißen: über tausend Schritte. L » 980 'Cassius Dio's Römische Geschichte. geben. Die Priester nnd Priestermnen sollten ihn in ihre Gebete für Volk und Senat einschließen. Endlich mußte bei ! öffentlichen sowohl als Prioatgastmalcru I dermann ihm ein , Trankopfer bringen. Diese Beschlusse wurden damals gefaßt. rv. Als er zum fünftenmal Cousu! war mit Sextus - Apulejus, wurden alle seine Verfügungen am ersten Januar feierlich durch Eide bestätigt, und als Berichte über Parthien kamen, so wurde beschlossen, daß sein Name in die Lobgesänge der Götter aufgenommen, und eine Tribns nach ihm die Julische genannt werden, er auch be allen Feierlichkeiten den Lorbeerkranz tragen sollte. Auch sollte» die Senatoren, welche den Feldzng mit ihm gemacht, ihn beim Triumphe in purpurverbrämtcn Gewändern begleite» dürfe». Der Tag seines Einzugs in' die Stadt sollte vom ganzen Volke mit Opfern gefeiert, und für alle Zeiten festlich begangen werden. Priester zu wählen ward ihm selbst über die Zahl, so viel er wollte, gestattet. Diese Macht, von ihm auf seine Nachfolget übergegangen, wurde in solcher Ausdehnung ausgeübt, so daß man ihre Zahl nicht mehr genau bestimmen kann. Alle diese Ehrenbezeugungen nahm Cäsar bis auf wenige an, daß aber alle Römer ihm entgegenkommen sollten , verbat er sich ausdrücklich. Am meiste» aber freute ihn, daß die Pforten des Janustempels, als ob jetzt alle ihre ^ Kriege beendigt wären, geschlossen wurden, und das Augu- rium der Salus gehalten ward, Was man bisher aus den oben angeführten Gründen unterlassen hatte. Zwar waren damals noch dieTreoirer, die sich mit den Celten*) verbunden *) Hierunter sind die am Rhein wohnenden Deutschen zu ver- > stehen. 981 Einundfünfzigstes Buch. hatten, die Cantabrcr. Baceäer und Astuner unter den Waffen. Diese wurden von Statilius Taurus, jene von Nonius Gal- lus unterworfen. Auch an andern Orten gab es noch Unruhen; da aber niehis Besonderes vorfiel, so nahm man auch nicht an, d.ß man mir ibaeu nn Kriege begriffen wäre, und ich weiß nichts Merkn nrd'ges davon zu berichten. Unter andern Berichten, die Cäsar U! vieler Zeit an den Senat brachte, gestattete er auch. daß ein T mpei der Roma und seinem Vater Cäsar, den er ten Halbgott Julius nannte, in Ephe- sns und Nieäa err chtet weroen dui sten: diese Städte nämlich waren damals >n Auen und Bithynien vor allen angesehen. Jene Tempel bestimmte er nur für die daselbst wohnenden Römer, die Fremden aber, welche er unter dem Namen Hellenen begriff, durften ihm selbst in der Provinz Asien in Pergamns and in der bitkynischen Stadt Nieome- dien erbauen. Dieß nahm damals seinen Anfang und wurde auch unter ander» Kaisern nicht nur in Hellenischen Provinzen, sonder» auch in den andern Rom unterworfenen Ländern so gehalten. In Rom und dem andern Italien nahm sich Keiner, der als Mensch Etwas gelten wollte, dergleichen heraus; nach ihrem Tode aber wurden auch hier tüchtigen Kaisern theils andere Ehren als Halbgöttern erwiesen, theils auch Kapellen erbaut. Solches geschah noch im Winter, und die Pergamener durften außer der Ehre, ihm einen Tempel zu erbauen, auch die sogenannten feierlichen Spiele begehen. ri. Im Sommer ging Cäsar nach Griechenland und Italien hinüber. Als er in die Stadt kam, opferte, wie schon berichtet wnrde, nichb nur das ganze Volk, sondern auch der Consul Valerius Potitus. Cäsar war nämlich dieß 982 Cassius Dio's Römische Geschichte. s ganze Jahr, wie die beiden früheren, Consul, dem Sepkus war aber Potitns gefolgt. Dieser nun opferte öffentlich im Namen des Römischen Volks und Senats wegen glücklicher Anknnft des Cäsar, eine Ehre, die vor ihm noch-Niemand zu Theil geworden war. Cäsar lobte und belohnte nun seine t Unterfeldherrn nach hergebrachter Sitte. Agrippa ward außer > andern Ehren als Sieger in der Seeschlacht auch mit einer ineerfarbenen Flagge beschenkt. Anch die Soldaten bekamen das Ihrige; den Bürgern vertheilte er je 40 Denare, erst nur den erwachsenen, dann aber, aus Rücksicht für seinen Schwestersohn Marcellns, auch den Kindern. Darüber nnn, und daß er von den Italischen Städten das gewöhnliche Kronen- gvld Nicht annahm, alle eigenen Schulden bezahlte, und die fremden nicht eintrieb, wie ich schon berichtete, vergaßen die Römer alle Unbilden und sahen seinen Triumph mit Vergnügen, als gälte« nur dem Sieg über fremde Feinde. So viel Geld kam ^ jetzt in der ganzen Stadt in Umlauf, daß die Grundstücke im ^ Werthe stiegen und die Kapitalien« welche man früher kaum zu zwölf vom Hundert erhalten konnte, jetzt zu vier vom Hundert zu haben waren. Am ersten Tage trinmxhirte er über die Pannonier, Dalmatier, Iapydcn und ihre Granz- Nachbarn, anch über einige Celtisctze und Gallische Völkerschaften. Cajus Carinas hatte nämlich die Moriner und andere Völkerschaften, die sich mit ihnen empörten, unterworfen und die Snoven, welche in feindlicher Absicht über den Rhein gekommen waren, zurückgetrieben. Deßhalb theilte Dieser jetzt selbst die Ehren des Triumphs, obgleich sein Vater von Sulla °) Etwa je 40 Gulden. Einundfünfzigstes Buch. 983 zum Tode verurtheilt, und er selbst früher bei der Bewerbung um ein Staatsamt mit seinen andern Leidensgenossen abgewiesen worden war. Aber auch Cäsar feierte den Triumph mit, weil die Ehre des Siegs ihm als dem Ober- fcldherru gebührte. Dieß waren die Feierlichkeiten des ersten Tages; am zweiten Tage wurde über den Sieg bei Actium, am dritten über das eroberte Aegypten Triumph gehalten. Glänzend waren nun zwar auch die Feierlichkeiten der ersten Tage durch die in letzterem Lande gemachte Beute geworden Größe deiner Macht, der Ueberfluß an Schätzen, die Schaar der Trabanten, der Haufe von Dienern! Wer große Macht ' besitzt, hat auch viele Sorgen. Wer viel besitzt, muß auch viel Anfwand machen. Mit der Zahl der Diener wächst auch die Zahl der heimlichen Feinde. Die Schmeichler beschleunigen mehr das Verderben, als daß sie es abwehren. All diese Güter dürften deßhalb dem Mann, der bei gesunder Besinnung ist, keine Lust zur Alleinherrschaft machen. tl. Wenn aber Einer deßhalb die Alleinherrschaft wün- schenswerrh findet, daß er Andere bereichern und beglücken, ja selbst auch ungestraft drücken und ihnen Ueblcs anthun kann, so täuscht er sich gewaltig. Wie schmählig, ja gefährlich, wie Göttern und Menschen gehässig es ist, seinen Begierden zu sröhnen und Ueblcs zu thun, brauch' ich dir nicht zu sagen, da dieß nie dein Fehler war und du deßhalb gewiß nicht wünschest, Monarch zu seyn. Ich bin darum nicht gemeint, all das Unheil aufzuzählen, das ein böser Fürst begehe» kann, sondern nur davon zu reden, Was selbst der beste zu thun und zu leiden gezwungen ist. Was aber den andern Punkt betrifft, so ist allerdings die Macht, mit reichlicher Hand überall Wohlthaten zu spenden, aller Bestrebung werth, bringt aber nur, wenn der Privatmann es thut, Lob, Ehre, Glanz und Sicherheit, in Monarchien dagegen wiegt es die vielen mit denselben verbundene» Uebel nicht auf, so daß Einer geneigt sey» sollte, diese zu übernehmen, um jene zu erlangen, da er die Annehmlichkeiten 1002 Cassius Dio's Römische Geschichte. immer nur Andern gewährt, für fleh aber nur das Unange- genehme behält. ir. Aber auch Jenes ist nicht leicht, wie man glaubt: denn man kann nickt Allen , die um Etwas bitten, zu Willen seyn. Alle halten sich nämlich für würdig, von Jenem eine Gunst zn erlangen, wenn man ihnen auch gleich keine Wohlthat zu verdanken hat. Selbstgefälligkeit ist dem Menschen angeboren, und Jeder glaubt, den nun um eine Gefälligkeit angehen zu dürfen, der ihm eine erweisen kann. Was aber gewährt w rden kann (ich meine Ehren, Würden und wohl auch Geld), ist bei einer so großen Anzahl von Bittenden nicht zu zählen; dann aber hat er mehr Feindschaft von Denen, die er mit ihren Bitten abweisen mußte, als Liebe von den Beglückten zu erwarten. Denn die Einen glaubten, man sey ihnen Das, was fle erhielten, schuldig gewesen, und wissen dafür dem Geber keinen großen Dank, weil sie nickts Anderes erwartet hatten, ja sie nehmen sogar Anstand, sich dankbar zu erweisen, damit es nicht scheine, als hätten sie die erwiesene Wohlthat nicht verdient. Die Abgewiesenen dagegen fühlen sich auf doppelte Weise gekränkt: einmal, weil sie gleichsam ihres Eigenthums beraubt worden sind, da Jeder, der Etwas wünsckt, dasselbe immer schon als fein Eigenthum betrachtet; sodann, weil sie sich selbst der Unwürdigkeit zeihen würden, wenn sie die Abweisung nicht übel nähmen. Der weise Geber sieht nämlich natürlich vor Allem auf die Würdigkeit des Bittenden, zieht den Einen vor und seht den Andern zurück, so daß er durch dieses sein Urtheil allein schon bei dem Einen Stolz, bei dem Andern Unwillen erregt: weil Jeder sich schon selbst 1003 Jweiundsünfzigstes Buch. ras Urtheil von seinem Werthe gesprochen hatte) fürchtet sich Einer davor, und erweist seine Wohlthaten ohne Unterschied, so macht er das Uebel noch ärger. Die Schlechten würden noch schlimmer, da fle wie die Guten gelobt, oder wie Gefährliche geschmeichelt erscheinen, die Rechtschaffenen aber, die nicht mehr als Jene erlangen, sondern ihnen gleich gesetzt werden, würden durch diese Gleichstellung mehr gekränkt, als sie sich darüber sreueten, daß sie eine Wohlthat erhielten. Die Folge davon konnte seyn, daß sie in dem Strebe» nach dem Bessern nachließen und selbst den Schlechteren nachahmten. So würden durch alle solche Ehren die Geber für sich Nichts gewinnen, die Empfänger aber schlimmer werden; so daß dir gerade Das am lästigsten würde, was Andern an den Monarchieen als das Angenehmste erscheinen dürfte. 15. Dieß und das früher Gesagte überdenke reiflich, so lang eS noch Zeit ist und gib dem Volke die Waffen die Provinzen, die Staatsämter und die Kassen zurück. Wenn du es jetzt aus freien Stücken thust, so erwirbst du dir den größten Ruhm unter den Sterblichen und genießest die höchste Sicherheit; wenn du aber wartest, bis mau etwa Gewalt gegen dich braucht, so setzest du deine Ehre und selbst dein Leben auf das Spiel. Beispiele sind Marius, Sylla, Metellns, und auch anfänglich Pompejus; obgleich sie die höchste Macht in Händen hatten, strebten sie doch nicht nach Alleinherrschaft und kamen deßhalb auch nicht in Gefahr. Als aber Cinna, Earbo, der jüngere Marius, Sertvrius und selbst Pompejus später nach Alleinherrschaft trachteten, 1004 Casjms Dio's Römische Geschichte. stürzten sie sich ins Verderben, denn nicht so leicht ist eS, daß diese Stadt, welche so viele Jahre eine freie Verfassung genoß und über so viele Menschen gebietet, sich unter das Joch eines Einzigen zu beugen entschlieffe. Du weißt selbst, wie man den Eamillus, weil er seinen Trimphwagen mit weißen Pferden bespannte, über die Gränze wies, wie man den Scipi» zu Falle brachte, als man ihn beargwohnte, daß er höhere Macht sich anmaße; du weißt, Was deinem Vater begegnete, weil man ihn im Verdacht hatte, daß er nach Alleinherrschaft strebe; und doch waren dieß die vortrefflich, sten Männer von der Welt. Ich rathe dir jedoch nicht, alle Gewalt sogleich aus der Hand zu geben, sondern vorher das Wohl des Gemeinwesens zn beschicken, und uns durch Beschlüsse und Gesetze in die gehörige Verfassung zu bringen, wie es auch Sylla that, dessen Einrichtungen, wenn auch später theilweise wieder aufgehoben, Loch nach ihrem größern und wichtigern Theile noch fortbestehen. Wende nicht dagegen ein, daß es bei allem dem noch unruhige Auftritte geben werde; ich müßte dir darauf entgegnen, daß sie, wenn Dieß der Fall ist, noch weit weniger sich einen Alleinherrscher gefallen lassen würden. Bringen wir auch alle Fälle, welche eintreten könnten, in Anschlag, so wäre gewiß ganz widersinnig, wenn wir die aus der Bolksherrschaft möglicher Weise entspringenden Uneinigkeiten mehr fürchten wollten, als die Tyrannei, welche die Herrschaft eines einzigen Mannes im Gefolge hat. Ueber die Gräuel der leytern spreche«, ist nicht meine Absicht, da ich eine Sache, die soviel schlimme Seiten hat, nicht in ihrer vollen Schändlichkeit darstellen will, sondern nnr zu zeigen mir vornahm, daß sie von der Art Zweillndfülifzigstes Buch. 1005 ist, daß nicht einmal rechtschaffene Männer*)-ssic erträglich finden)." 14. sAns der Rede des Mäcenas.) „Buch können sie wegen der Redefreiheit die Andersdenkenden nicht überzeugen, und nicht mit Erfolg zur Ausführung schreiten, da sie dieselben nicht von der Rechtlichkeit ihrer Ansicht überführen konnten. Wenn dir daher das Wohl des Vaterlandes am Herzen liegt, für das Du so viele Kriege geführt hast, für daS Du dein Leben nnt Freuden hingeben würdest, so bilde eL aus und führe es zur Besinnung zurück. Die Freiheit, Alles, was man will zu reden und zu thun, führt, wenn man sich verständige Männer denkt, zu allgemeiner Wohlfahrt, wenn aber Thoren, zum Verderben. Wer diesen Letztem freien Spielraum läßt, gibt dem Kinde oder dem Wahnsinnigen das Schwert in die Hand; Wer aber Jenen sie ertheilt, der rettet nickt nur sie, sondern selbst die Thoren wider ihren Willen. Ich rathe dir also, dich nicht durch glänzende Worte täuschen zu lassen, sondern immer die Dinge, wie sie sind, ius Auge zu fassen, die Frechheit des Pöbels im Zaume zu halte», und die Verwaltung des Ganzen dir und den verdienstvollsten Männern vorzubehalten, aus daß die Verständigsten zu Rathe gehen, die Erfahrensten Feldherren die Heere befehligen, die Kräftigsten und Bedürftigsten im Heere dienen und den Sold erhalten. So werden Alle ihre Pflichten erfüllen, einander die erforderliche Hilfe Hier ist eine Lücke, welche Stur; aus die obige Weise zum Theil ergänzt. Was er und MäcenaS etwa gesagt haben mochten, findet man von Freiusheiin zu seiueu Suvvle- meuteu u LiviuS aufgeführt. 1006 Cassius Dio's Römische Geschichte. leisten, Keiner empfinden, daß ihm Etwas abgebt, und All, die wahre Volksgewalt, gesicherte Freiheit, erlangen. Die gewöhnliche Freiheit der Menge ist die bitterste Sclaverei der Bessern und stürzt beide Theile ins Verderben. Diese Freiheit dagegen, welche dem Besonnenen überall den Vortritt gibt, und Allen unxartheiisch das Ihrige gewährt, macht Jeden, der sie genießt, des Glückes theilhaftig. ts. Glaube nicht, daß ich dir rathe, den Tyrannen zu spielen, und Volk und Senat in Knechtschaft zu stürzen, - ein Rath, den ich nicht zu geben, und du nicht auszuführen dir herausnehmen würdest. Gut und heilsam aber wird ej für dich und die Stadt seyn, wenn du selbst mit Beiziehung der würdigsten Männer das Nötbigc beschließest, ohne daß Jemand vom Pöbel widersprechen oder widerstehen darf; - wenn die Kriege nach euern Rathschlägen geführt werden, und die Andern eure Befehle zu vollziehen haben; wenn die Wahl der Beamten von euch abhängt; wenn Auszeich-' nungen und Strafen von euch bestimmt werden; — wenn Alles, was du mit den Großen für gut befindest, zum Gesetze wird; wenn die Feinde unerwartet und zur geeignetsten Zeit angegriffen werden; wenn bei Besetzung der Aemter Verdienst, nicht Loos oder Gunst entscheidet; wenn die rechtschaffenen Bürger, ohne Neid, ihre Belohnung und die Bösen, ohne Widerstand, ihre Strafe finden. Auf diese Weise werden die Angelegenheiten am besten verwaltet, ohne unter die Menge zu kommen, oder öffentlich berathen, von den Rednern behandelt oder aus Ehrgeiz preisgegeben z» werden. So werden wir die Güter des Glucks in Ruhe genießen» und weder gefährliche Kriege, noch ruchlose Zwistigkeite« 1007 Zmeiundfnnfzigstes Buch. im Innern haben; — lau'er Uebel, die wir in den Freistaaten finden, wo die Mächtigern, nach der Obergewalt strebend, die Schwächer» bestechen und das Unterste zu Oberst kehren. So wurde eS bisher bei uns gehalten und wurde kein Ende nehmen. Zum Beweise dient, daß wir seit langer Zeit nach aussen Kriege führen und in Bürgerkämpfen leben; und Schuld daran ist die Größe der Bevölkerung und der weile Umfang des Reichs. Denn da Jene sdie Bevölkerung^ nach Herkunft und Denkungsart so verschieden ist, so hat sie auch verschiedene Wünsche und Bestrebungen; Dieses aber ist zu einer solchen Größe angewachsen, daß cS äusserst schwer zu verwalten ist." 16 . „Daß ich die Wahrheit rede, bezeugt mir die Geschichte. So lange wir unser noch nicht so viele waren, und vor unsern Gränznachbarn nicht eben viel voraus hatten, lebten wir glücklich und eroberten fast ganz Italien; seit wir aber dessen Gränzen überschritten und nach vielen Ländern und Inseln übersetzten, und Meer und Land mit unserem Namen und dem Ruf unserer Waffen erfüllten, da ist an kein Glück mehr zu denken. Es traten daheim und innerhalb der Mauern die Parteien wider einander auf, dann trugen wir diese Pest auch in die Lager über. So kam es denn, daß unsere Stadt, wie ein großes Lastschiff, mit allerlei Volke gefüllt, schon mehrere Geschlechter hindurch von Stürmen bewegt ohne Steuermann auf dem Meere daher treibt und schwankt von einer Seite auf die andere, als hätte es den Ballast eingebüßt. Ueberlaß es nicht mehr dem Sturme; du siehst, wie vieles schon Wasser gesogen. Laß es uicht an den Klivpen zerschellen, schon ist es wurmstichig, und 1008 CassiuS Div's Römische Geschichte. kann sich nicht mehr lange halten. Nnn die Götter sich der Stadt erbarmten, Dich zum Schiedsrichter unt Lenker derselben bestellten, verrathe Dein Vaterland nicht, daß es, wie ihm jetzt durch Dich einige Erholung vergönnt ward, so auch hinfort in Glück und Ruhe fortgedeihe." 18 . „Mein gewiß begründeter Rath, dem Staat eim monarchisch- Verfassung zu geben, ist nicht neu; schon längst glaube ich Dich von dessen Richtigkeit überzeugt zu haben. Wenn dem so ist, so fasse Muth und übernimm bereitwillig die Obergewalt, oder vielmehr, lege sie nicht nieder. Denn es handelt sich nicht darum, wie du Etwas erst erlangen, sondern wie du es nicht verlieren und Dich damit selbst in Gefahr setzen sollest; denn von Wem dürftest Du Schonung erwarten, wenn Du die höchste Gewalt dem Volke, oder einem Lindern übergäbest, da so Viele durch Dich sich verletzt glauben und Alle nach der Allcinhcrrschaft streben? Alle würden sich für Das, was Du gethan hast, an Dir rächen wollcn, und sich des immer noch gefährlichen Nebenbuhlers zu entledigen suchen. Einen Beleg hierfür liefert Pompcjus; als er sich der Obergewalt begab, ward er verachtet und von tückischen Feinde» verfolgt, konnte sich nicbt wieder erheben und stürzte in sein Verderben. Dein Vater Cäsar, welcher auch damit umging, fand gleichfalls vorher seinen Tod. Das Gleiche wäre dem Marius und dem Sulla begegnet, wenn sie nicht vorn Tod übereilt worden wären. Von Sulla sagten sogar Einige, daß er eben aus Furcht davor sich selbst das Leben genommen habe. Gewiß ist es, daß bereits viele seiner gesetzlichen Bestimmungen bei seinen Ivos Zweiundfünfzigsteö Buch. Ledzeiten ausser Geltung kamen. Und so dürftest auch dir aus viele Lepidus, Sertorius, Brutus und Cassius rechnen." 18. „Durch diese Vorgänge gewarnt und alle Gründe dagegen bedenkend, setzte nicht dich und das Vaterland der höchsten Gefahr aus, nur um den Schein zu vermeiden, als hättest du die Absicht gehabt, die Herrschaft an dich zu reißen! Denn gesetzt auch, man habe die Vermuthung, so liegt ein solches Streben ganz in der menschlichen Natur und der kühne Muth, darnach zu streben, wird für rühmlich erachtet. Wer kennt nicht ferner die Nothwendigkeit, die dich so weit trieb? Wenn je Einer Schuld dabei hat, so trifft diese am billigsten die Mörder deines Vaters. Denn wenn diese ihn nicht so ungerecht, so plötzlich umgebracht hätten, so hättest du nicht die Waffe» ergriffen, keine Heere gesammelt, nicht mit Antonius und Lepidus dich verbunden, nicht am Ende dieser selbst dich erwehrt. Daß du Alles dieß mit Fug und Recht gethan hast, erkennt Zedermann. Und wenn man auch in Etwas zu weit gegangen ist, so können wir es ohne Gefahr nicht mehr anders machen. Um unser selbst und des Staates willen laßt uns also dem Glücke vertrauen, das dir nun einmal die Alleinherrschaft geben wollte. Großen Dank sind wir ihm schuldig, daß wir nickt nur der Uebel der Bürgerkriege satt geworden sind, sondern daß er auch die neue Gestaltung des Staates in deine Hände gelegt hat, daß du durch pflicht- getreue Sorge für denselben aller Welt zeigest, daß von'den Unruhen und Uebeln, die wir erlitten, die Schuld Andere tragen, daß aber du der wahre Freund des Vaterlandes Dio Cassius. gL Vdchn. 7 1010 Cassius Dio's Römische Geschichte. bist. Fürchte dich nicht vor dem Umfange der Herrschaft. Je größer das Reich ist, desto mehr Hülfsquellen hat ei auch; und weit leichter ist es, Etwas zu behaupten, als es zu erlangen. Fremdes sich anzueignen heischt Mühen und Gefahren, zur Erhaltung desselben reicht mäßige Sorgfalt aus. Fürchte nicht, daß du immer in Sorgen leben, und aus alle Genüsse des Menschenlebens verzichten müssest, wenn du bei Verwaltung des Reichs meinen Rath befolgst. Halte es .nicht für unnütze Abschweifung von dem Gegenstand unserer Berathung, wenn ick mich darüber etwas weiter auslaste. Denn nicht Redseligkeit ist es, die mich dazu verleitet, sonder» der Wunsch, dir zu zeigen, daß es dem verständigen Manne möglich, ja leicht werden müsse, mit Ruhm und Sicherheit zu regieren." 19. „Fürs erste rathe ich dir, sogleich den ganzen Senat zu lichten und neu zu wählen, da in Folge der Bürgerkriege mehrere Unwürdige darin sitzen; behalte die Tüchtigen: die andern aber streiche von der Liste. Den Armen, wenn er nur ein rechtschaffener Mann ist, schließe nicht aus, gib ihm vielmehr selbst so viel, daß er standesgemäß leben kann. An die Stelle der Andern wähle Männer, die sich durch Geburt, Verdienst und Reichthum auszeichnen, nicht blos aus Italien, sondern auch aus der Mitte der Bundesgenossen und aus den Provinzen. So gewinnst du an ihnen viele Gehülfen, uud bist gegen die Häupter aller der Völkerschaften sichergestellt. Letztere werden sich nicht empören, da sich kein angesehener Mann au ihre Spitze stellt, und ihre Großen werden dich lieben, weil du sie an der Regierung Theil nehmen lässest. Dasselbe thue auch mit den Rittern. 1011 Zweiundfünfzigstes Buch. Alle diejenigen, welche überall durch Geburt, Verdienst und Reichthum den zweiten Rang einnehmen können, wähle in den Ritterstand; unter Beide aber wähle so viel, als du für gut findest, ohne dich ängstlich an eine bestimmte Zahl zu binden. Je mehr du anmsehene Männer um dich versammelst, um so leichter wirst du das Ganze in Ordnung halten, und den Unterthanen die Ueberzeugung gewähren, Laß du sie nickt als Sclaven oder als schlechter denn uns anstehst, die vielmehr an allen Vortheilen, die wir genießen, und selbst an der Regierung Theil nehmen lässest,- damit sie dieselbe als ihre eigene betrachten möchten. Und weit entfernt, daß ich hiermit etwas nicht Ziemliches verlangte: ich spreche sogar für Alle das Römische Bürgerrecht an; damit sie, mit uns gleich berechtigt, uns treue Bundesgenoffenschaft halten, als ob sie eine Stadt mit uns bewohnten, und unsere Stadt als die Hauptstadt, ihre Heimath dagegen nur als das Land.und als Dörfer betrachten. Doch wollen wir diesen Punkt noch in weitere Berathung ziehen, auf daß wir ihnen nicht zu viel auf einmal bewilligen." 2v. „Unter die Ritterschaft müßte man nur Solche wählen, die schon achtzehn Jahre alt stnd: denn in diesem Alter zeigt sich vornehmlich, Wer an Körper und Geist die meiste Tüchtigkeit bestpt, in den Senat aber Fünfundzwanzig- jährige. Wäre es nicht unziemlich und sogar gefährlich, jungen Männern, denen man vor diesem Alter nicht einmal die Verwaltung des eigenen Vermögens anvertraut, die Verwaltung der Staatsangelegenheiten zu übergeben? Wenn ste dann Quästoren, Aedilen oder Volkstribunen gewesen 7 - 1012 Cassius Dio's Römische Geschichte. sind, mögen sie im dreißigsten Jahre Prätoren werden. Diese Aemter, das Consulat mit eingeschlossen, besetzest dn allein mit Römern in der Stadt, um das Andenken an die althergebrachte Verfassung zu ehren, und nicht den Sche u zu geben, als wolltest d» nichts mehr beim Alten lassen. Sie alle ernennest du, und überlässest ihre Wahl nicht der Menge, oder dem Volke, was nur zu Unruhen führen wurde, noch auch dem Senat, was zu anderweitigen Umtrieben Anlaß gäbe. Die mit diesen Aemtern bisher verbundene Gewalt behältst du nicht bei, Was den alten Unfug verewigen hieße, sondern lässest ihnen nur die Ehre, nimmst ihnen aber von ihrer Macht so viel, als sich mit ihrem Amtsansehen verträgt, auf daß sie nicht mehr im Stande seyen, Unruhen anzufangen. Dieß wird dir leicht, wenp du unter Anderem bestimmst, daß ihre Gewalt sich nur auf den Bereich der Stadt erstreckt, und ihnen weder zur Zeit ihres Amtes, noch unmittelbar darauf Waffen in die Hand gibst, sondern erst nach einiger Zeit, deren Bestimmung dir selbst überlassen bleibt. So^verhütest du, daß sie nicht, auf ihren Amtsrang pochend, sich wider dich auflehnen, sondern, erst durch längere Entfernung vom Amte geschmeidigt, an die Spitze der Heere treten. Diese mögen denn auch die öffentlichen Spiele, wenn es ihnen zukommt, geben und Alle die Rechtssachen, nur nicht über Mord, erledigen, so lange sie ihr Stadtamt bekleiden. Auch besondere richterliche Commissionen mögen, aus den übrigen Senatoren und den Rittern bestehend, niedergesetzt werden, den Vorsitz aber müßten die eigenthümlichen Staatsbeamten führen." Zweiundfünfzigstes Buch. 21. Auch dürfte es zweckmäßig seyn, aus der Mitte der angeseheneren Männer Einen, der alle Staatswürden bekleidet hat, zum Stadtpräfecteu zu ernennen, nicht um swie bisher geschah^ in Abwesenheit der Consuln die Staatsgeschäfte zu besorgen, sondern um die Stadtpolizei zu handhaben und in Rechtssachen, bei denen von den vorbenannten Beamten Berufung auf eine höhere Instanz stattfindet, desgleichen in peinlichen Fällen, außer den nächst zu benennen- den, in der Stadt sowohl als bis auf hunderttausend Schritt« von derselben zu entscheiden. Einen Andern von gleichem Range bestelle dazu, daß er die Herkunft, das Vermögen und die Aufführung der Senatoren und der Ritter, der Männer sowohl als ihrer Frauen und Kinder und ihrer Angehörigen prüfe und beaufsichtige, auch Alles, was zwar noch keine Bestrafung verdient, aber, außer Acht gelassen, von sehr Übeln Folgen seyn kann, abzuthun, in wichtigeren Fälle» aber an Dich zu berichten habe. Dieses Amt müßte ein Senator, und zwar der meistverdiente nach dem StaLtprä- fecten, lieber als Einer aus dem Ritterstande, erhalten; und man dürfte ihu, da Du Obercensor bist und in derlei Dingen immer die Oberaufsicht haben mußt, Untercensor nennen. Diese Aemter müßten lebenslänglich seyn, wofern nicht Einer seine Pflicht vergäße, oder durch Krankheit oder Alter untauglich würde. Von einer längeren Amtsführung hast Du hier deßhalb Nichts zu besorgen, weil der eine gar keine, der andere nur geringe Militärgewalt hat, und Was er thut, immer nur unter Deinen Augen thut. Ueberdieß wer- ') Statt «vrot? lese ich 1014 Cassttis Dio's Römische Geschichte. den sie sich wohl in Acht nehmen, Andern zn viel zn thnu, oder ihre Gewalt zu mißbrauchen, da sie befürchten müßten, ihres Amtes entsetzt zu werden und Anders auf ihren Posten erhoben zu sehen. Theils wegen ihrer Mühewaltung, theils zur Erhöhung ihres Ansehens müßten sie besoldet werden. Ueber sie ist mein Rath dieser. Die oom Amte abgetretenen Prätoren aber mögen eine Statthalterschaft in den Provinzen erhalten; vor verwalteter Prätur halte ich es für unzulässig. Vorher mögen Jene unter Führern, von denen ich sCap. 22.^ sprechen werde, ein- oder zweimal Unterfeldherrn seyn, dann, wenn sie sich tüchtig erwiesen haben, Con- suln werden, und hernach wichtigere Statthalterschaften erhalten." rr. „Diese aber rathe ich Dir auf folgende Weise zn bestellen. Ganz Italien, so weit es über hunderttausend Schritte von der Stadt abliegt, und Alles, was sonst an Inseln oder festem Lande zn unserem Reiche gehört, vertheile so nach so vielen Volksstämmen, Nationen und Städten, als je ein Mann unter sich haben kann. Lege Soldaten in diese Statthalterschaften, mit den gehörigen Führern, seye über sie einen gewesenen Consul und zwei abgetretene Prätoren, von denen der Eine, der jedesmal neu aus der Stadt kommt, die Rechtsstreite zwischen Einzelnen und die tzerbeischaffnng der Lebensmittel zu besorgen hat; der Anders aber, der Dieß bisher versehen hatte, übernimmt die Verwaltung der Angelegenheiten der Städte, befehligt die Truppen, nur hat er nicht über Leben und Tod zu richten. Darüber sollte allein der Consular entscheidend; aber auch dieser über Centurionen in den ordentlichen Legionen und über die Gemeinen der 1015 Zweiundfunfzigstes Buch. ersten Ordnung in jeder Classe nicht aburtheilen dürfen. Denn diese zn bestrafen solltest Dn Dir selbst vorbehalte», bannt sie ihre Befehlshaber nicht zu sehr fürchten und so Dir selbst gefährlich werden könnten. Wenn ich aber einem der beiden Prätoren den Oberbefehl über die Truppen gebe, so verstehe ich es so: wenn nur wenige Truppen in fremden Städten liegen oder auch nur eine Legion stark sind, so bleibt es bei meinem Vorschlage) wenn' aber zwei Legionen von Bürgern in einer und derselben Legion in den Winter- Quartieren stehen, (und mehr als zwei rathe ich nicht einem Manne anzuvertrauen) so müssen beide Prätvren die Legionen und die übrigen Geschäfte, mögen sie nun ganze Staaten oder nur Einzelne betreffen, unter sich theilen. DerConsu- lar hat auch außer den bereits benannten Geschäften die durch Berufung von den Prätoren au ihn gelangenden Rechtsstreite abzuurtheilen. Du darfst es nicht auffallend finden, daß ich selbst Italien in solche Theile zerstückle: es ist groß und bevölkert und kann deßhalb nicht wohl von den Beamten in der Stadt verwaltet werden. Die Obrigkeiten müßen immer den Untergebenen nahe seyn und dürfen denselben nicht mehr zumuthen, als sie zn leisten vermögen." 2Z. „Alle Beamten außerhalb der Stadt sollten Besoldungen erhalten, größere die höheren, geringere die niedrigern, mittlere die mittleren. Von eigenen Mitteln können sie doch wohl im Auslande nicht leben, sollen aber auch den unge- meffenen, unbeschreiblich großen Aufwand, den man heut zu Tage zn machen pflegt, nicht machen. Sie sollen (wofern Einer sich keine Psiichtwidrigkeit erlaubt) nickt weniger als drei und nicht länger als fünf Jahre im Amte seyn. Einmal, 1016 Cassius Dio's Römische Geschichte. weil man sich bei der so kurzen Amtsdauer von einem Jahre kaum recht in den Amtskreis finden kann und ihn wieder verläßt, ehe man etwas Tüchtiges leisten konnte. Bei längerer Dauer derselben aber erhebt man sich zu leicht und will sich unabhängig machen. Aus diesem Grunde finde ich e- anch nicht rathsam, einem Manne mehrere wichtige Statthalterschaften nacheinander zu geben. Ob Einer in derselben Provinz oder in mehreren nacheinander über die gehörige Zeit in Macht und Amt gestanden sey, ändert im Ganzen Nichts; sie sind bessere Beamte, wenn sie einige Zrit aussehen und ohne Aemter leben. Die Senatoren wären nun auf die obige Weise im Dienst zu verwenden." 24. „Zwei der würdigsten Ritter ließe ich an deiner Stelle die Leibwache befehligen. Einem Manne diesen Oberbefehl anzuvertrauen ist gefährlich, und Mehrern gäbe nichts als Verdrießlichkeiten. Zwei also seyen Befehlshaber deiner Leibwache, auf daß, wenn Einer unpäßlich würde, für deine Sicherheit gehörig gesorgt wäre. Sie seyen aber Männer, di- schon mehrere Feldzttge mitgemacht und auch schon andere Aemter bekleidet haben. Ihre Gewalt erstrecke sich nicht bivs auf die Leibwache, sondern über alle Soldaten in ganz Italien, so daß sie selbst Strafen über sie verhängen dürfen, mit Ausnahme der Centurionen und der Andern, welche unter den Befehlen von Beamten des Senatorenranges stehen. Diese sollen Letztere richten, damit sie, die sie zu strafen und zu ehren befugt sind, auf unbedingten Gehorsam rechnen können. Ueber die andern Soldaten in Italien sollen jene Befehlshaber, welche wieder Unterbefehlshaber hätten, sowie auch über die Hofbedienten des Cäsar, sie mögen nun wirklich bei Zmciundfünfzigsies Buch. 1017 Hofe Dienst haben, oder anderswo verwendet werden, zu verfügen haben. Diese Gewalt gebührt und genügt denselben: denn würde man ihnen noch mehr Geschäfte, als sie versehen könnten, aufbürden, so würden sie die nöthigen nicht besorgen können und allen zusammen nicht gewachsen seyn. Diese sollten wie der Stadtpräfect und der Untercensor ihr Amt ledeiislanglich bekleiden. Ein Oberbeamter der Nacht- polizei und ein Oberaufseher über die Lcbensmittel und die Märkte wären gleichfalls aus den Rittern, die würdigsten nach Jenen, zu ernennen, jedoch nur auf bestimmte Zeit, gleich den Beamten auS dem Senatorenstande." rs. „Die Verwaltung der Kassen, sowohl der Staatskasse als des Fiscns in Rom, Italien und den Provinzen stehe unter den Rittern. Diese und alle Andern aus der Ritterschaft, welche ein öffentliches Amt verwalten, sollen je nach Verhältniß des Ranges und der Geschäfte theils größere, theils geringere Besoldungen beziehen : einmal, weil sie weniger bemittelt als die Senatoren, selbst wenn sie in Rom ihre Aemter bekleiden, nicht von ihre» eigenen Mitteln leben können; sodann würde es für Dich selbst weder thunlich, noch rathsam seyn, wenn derselbe Stand ausschließlich über die Streitkräfte und die Gelder zu verfügen hätte. Zudem ist es überhaupt gut, wenn die Staatsgeschäfte durch mehrere Hände gehen, daß Diele dabei ihren Vortheil haben und Erfahrung in den Geschäften erhalten. Dieß wird dir bei den Untergebenen größere Anhänglichkeit verschaffen, da sie auf vielerlei Wegen an den Vortheilen des Staates Antheil neh° wen, und du wirst eine Menge geschickter Leute für alle Zweige der Staatsverwaltung haben. Uebrigens genügt in 1018 Cassius Dio'ü Römische Geschichte. derStadt für jeden Zweig der Finanzverwaltunq, und draußen in jeder Provinz, je ein Ritter, der dann je nach Bedarf noch weitere Unterbeamten aus der Ritterschaft oder der Zahl deiner Freigelassenen hat, denn auch von solchen mußt du billige mit anstellen, daß der Dienst in deiner Nähe ein Preis des Verdienstes sey und du Leute habest, von denen du bei etwaigen Veruntreuungen den Thatbestand selbst durch Zwangsmittel erheben kannst. Wenn eiu Ritter mch- > rere Aemter verwaltet und sich des Senatorstandes würdig gemacht hat, so hindere ihn sein Alter nicht, in den Senat aufgenommen zu werden. Selbst solche mögen ihm zuge- l theilt werden, die Offiziere in Römischen Legionen gewesen, und nicht als gemeine Soldaten daselbst gedient haben. Solche freilich, die erst noch Faschinen und Schanzkörbe ge- j tragen haben, in den Reihen der Senatoren sitzen zn sehen, > ist unziemlich und entwürdigt den Stand derselben. AuS Denen dagegen, die gleich Anfangs Centurionen waren, die würdigsten unter die Senatoren herüber zu nehmen, dürfte keinen Anstand finden." 26 . „Dieß wäre mein Rath in Betreff der Senatoren und Ritter; aber ich muß noch weiter beifügen, daß man darauf zu sehen hat, daß sie als Knaben die Schulen besuchen, und als Jünglinge sich im Reiten und im Waffendienste üben, wofür man besoldete öffentliche Lehrer anzustellen hätte. Wenn fle sogleich von Kindheit an, in Dem, was sie alS Männer zu leisten haben, gelehrt sind und sich eingeübt haben, so werden sie für alle.Geschäfte brauchbarer seyn. Der gute Regent, der für das Ganze heilsam wirken will, muß nicht nur selbst seine Pflichten streng erfüllen, sondern auch 1019 ZweiundfünfzlgstcS Buch. Hzfür sorgen, daß die Andern so gilt als möglich werde». Dieß erreichst du aber nicht, wenn dn sie erst thun läßt, Was fle wollen, und ihnen hinterher Vorwürfe machst, wenn sie ihre Pflicht versäumen. Nein, du mußt sie, ehe sie sich verfehlen, lehren, wie sie sich vorznüben haben, um künftig sich selbst und Dir nützlicher zu werden; du darfst Keinem, Wer er auch sey, die Ausrede gestatten, daß Reichthum, vornehme Gehurt, oder irgend ein anderer Dorzng ihm das Recht gebe, sich dem Leichtsinn, der Weichlichkeit odersi sonst einer zweideutigen Lebensart hinzugeben. Viele nämlich befürchten, ob solchen Vorzügen beneidet und verfolgt zn werden, und thun Vieles, was ihrer unwürdig ist, um darin mehr Sicherheit zu finden. Sie selbst werden darob bemitleidet, weil man glaubt, es geschehe ihnen ebendeßhalb Unrecht, weil man sie Zwinge, weniger rechtschaffen zu leben, als sie wünschen. Der Fürst aber kommt dadurch in doppelten Nachtheil: einmal beraubt er sich vieler tnchliger Männer, sodann leidet sein Ruf durch solche Beschuldigung. Richte also hierauf ein besonderes Augenmerk, und besorge »M, daß Männer, auf die von mir bezeichnete Weise erzogen und gebildet, sich gegen dich auflehnen werden. Im Gegentheile, vorn unwissenden Leuten und Wollüstlingen haft Du am meisten zn fürchten. Diese sind immer bereit, Alles, selbst das Schändlichste »nd Verderblichste gegen sich selbst vnb gegen Andere zn wagen. Wer aber eine sittliche und wissenschaftliche Bildung und Erziehung genossen bat, wird sich nicht gegen Andere, und am wenigsten gegen Den, der für seine Erziehung und Bildung Sorge trug, etwas Unrechtes erlauben. Schlägt aber auch Einer um und erweist sich 1020 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. gegen -ich undankbar, so stellst du ihn nicht an einen Posten , wo er dir gefährlich werden könnte, »nd läßt er sich! doch gegen dich auf, so werde er seines Verbrechens übn- ^ wiesen und bestraft. Fürchte nicht, daß man Dieß zu hart finden werde, wenn du thust, wie ich dir angerathen hab«, > du wirst durch die Bestrafung des Bösewichts in den Auge» ! der Welt so wenig Unrecht thun, als der Arzt, wenn er Einen brennt oder schneidet. Jedermann wird sagen, daß ihm Recht geschehen, wenn er, der gleiche Erziehung und Bildung mit den Andern genoß, dir nach dem Leben trachtete. — So wünschte ich, daß es mit den Senatoren und de» Rittern gehalten würde." 27. „Wir müssen stehende Heere, aus Bürgern, Verbündeten und Leuten der Provinzen bestehend, hier ein stärkeres, dort ein schwächeres, je nach den Umständen, unterhalten. Sie müssen immer unter den Waffen seyn und ununterbrochen ihre Kriegsübuuzen treiben. An den geeignetsten Puncten halten sie Winterquartiere und dienen eine bestimmte Anzahl Jahre, so aber, daß sie vor eintretendem Alter noch einige Zeit Ruhe haben. Wir können nicht erst im Nothfalle mehr Hülfsvölker aufbieten^ da die Grenzen unseres NeichS so weit auseinandergerückt sind, und Feinde uns rings umwohnen. Wenn wir aber Allen, die das Alter haben, die Waffen in die Hand geben, und sie sich im Kriegswesen einübe» lassen, so nehmen Empörungen und Bürgerkriege bei uns kein Ende. Wenn wir es ihnen aber wehreu und dann im Fall der Noth ihre Hülfe in Anspruch nehme», so werden wir nie erfahrne und eingeübte Soldaten bekommen. Deßhalb ist mein Vorschlag: wir lassen die Andern 1021 Zweiundfünfzigstcs Buch. ohne Waffen und nicht in das Lager kommen, nehmen nur starke Leute, die am meisten fremden Unterhalts bedürfen, am sie in den Waffen zu üben. Sie selbst werden tüchtiger für den Krieg seyn, wenn sie sich einzig dem Kriegsleben widmen, die Andern aber mit mehr Bequemlichkeit den Ackerbau, die Schifffahrt und die andern Hanthierungen des Friedens treiben, wenn sie nie zum Kampfe aufgeboten werden and Andere zu Beschützern haben. Der kräftigste und stärkste Schlag Menschen, der sonst vom Raube zu leben gewohnt war, gewinnt so auf unschädliche Weise Brod, und die Andern leben ohne Sorgen und Gefahr." 28 . „Woher aber für sie und zur Deckung der andern Auslagen die erforderlichen Summen anftreiben? Auch hierfür will ich die Quellen angeben, zuvor aber noch die kurze Bemerkung machen, daß wir selbst, wenn wir die republikanische Verfassung beibehalten, durchaus Geld haben müssen. Ohne Soldaten können wir uns nicht erhalten, und ohne Sold bekommen wir keine. Wir wollen uns aber darüber nicht beklagen, als ob die Monarchie allein Geldanflagen nöthig mache, und wegen dieser uns nicht von jener abwendig machen lassen, sondern bedenken, daß bei jederlei Regie- rungsfvrm Geldbestcuerung nothwendig sey. Bor allen Dingen rathe ich dir, die Staatsgüter, die, wie ich sehe, in Folge der Kriege sehr zahlreich sind, bis auf wenige, welche für dich sehr nützlich und unentbehrlich sind, zu verkaufen und das erlöste Geld zu mäßigen Zinsen auszuleihen. So würden die Grundstücke ergiebiger werden, wenn sie Besitzen, anheimfallen, die sie mit eigener Hand bebauen. Diese aber werden, die Gelegenheit benutzend, zu größerem 1022 Cassius Dio's Römische Geschichte. Wohlstände kommen; der Staat wird dafür einerseits hinlängliche, nicht versiegende Einkünfte haben. Bringe« wir nun diese, so wie die anderen Posten, die von den Bergwerken nnd andern sichern Einkünften eingehen, in Einnahme, in Ausgabe aber die Auslagen für die Heere nicht nur, sondern auch für die übrigen Erfordernisse einer guten Staatsverwaltung, ferner die nöthigen Summen für »lösliche Kriege und andere Anklagen, die der Augenblick fordert> so müssen wir, nm das Fehlende einzubringen, auf Alles, was dem Bescher Gewinn abwirft, eine Auflage legen, rast im ganzen Reiche Steuern einführen. Denn es ist recht inid billig, daß kein Privatmann oder Volk steuerfrei sey, wen» sie, gleich den Andern, die Vor-theilc der Besteuerung genießen. Es sind daher überall Steuereinnehmer zu bestellen , um die i» den anberaumten Fristen fälligen Einkünfte beizutreibe». Fristen erleichtern diesen das Geschäft, und sind selbst für die Steuernden von großem Vorheil, ich meine nämlich, wen» sie das zu Bezahlende in kleinen Posten abtragen und nicht die durch längere Nachsicht angewachsenen Summen aus einmal bezahlen müssen." 2b. „Wohl weiß ich, daß diese Abgaben und Steuer« Manchen lästig seyn werden; aber ich weiß auch, daß sie, wenn sie nicht weiter bedrückt werden und sich durch die That überzeugen, daß sie alles Dieß zu ihrem eigenen Beste« beitragen, daß ferner das Meiste davon nicht in fremde Hände kommt, sondern daß sie es selbst wieder theils als Beamte, theils als Steuereinnehmer, theils als Soldaten beziehen, daß, sage ich, sie es dir gar sehr Dank wissen werden, daß sie so wenig von dem Vielen, das sie ohne weitere 1025 i ZweiunvflmfzigsteS Buch. Beeinträchtigung genieße», abgeben sollen, zumal wenn sie scheu, daß du Alles weise zu Rathe hältst und keine un- nöthigen Ausgaben machst. Wer wollte auch nicht gerne beisteuern, wenn er steht, daß du in deinem Hause die größte Sparsamkeit, für das öffentliche Wohl aber die edelste Freigebigkeit bethätigst? Wer würde nicht gerne einen Reichthum vermehren helfen, in dem er für sich selbst eine Quelle der Sicherheit und des Wohlstandes sieht? Richtest du eS auf solche Weise ein, so werden dir immer große Summen zu Getote stehen." 5». „Im U-brigen könntest du es meiner Ansicht nach auf folgende Weise einrichten: Unsere Stadt umgicb mit aller Pracht, und laß sie die glänzendsten Volksfeste feiern. Wir, die Herren so Vieler, müssen uns in Allem vor Allen auszeichnen, und äußerer Glanz erwirbt uns die Achtung der Bundesgenossen und seht unsere Feinde in Furcht. Außerhalb Rom würde ich es folgendermaßen halten. Fürs Erste sollen die Provinzen in keinem Stück eigenmächtig handeln, sollen keine Volksversammlungen halten dürfen. Dadurch würde nichts Erkleckliches ausgemacht und das Ganze nur zu Unordnungen führen. Deßwegen rathe ich auch, unser Volk weder zu richterlichen Aburtheilungen, noch zu Wahlen, noch überhaupt zu Volksversammlungen zusammenzubernfen, in denen Etwas verhandelt werden soll. Fürs Zweite sollen sie nicht zu viele, noch zu große Häuser bauen, und ihr Geld nicht au zu viele und zu mancherlei kostspielige Spiele verschwenden, damit sie sich sticht durch eitle Bausucht erschöpfen, und durch unsinnigen Wetteifer einander um ihr Vermögen bringen. Einige Volksfeste und auch.Schauspiele mögen sie 1024 Cassius Dio's Römische Geschichte. habe», nur keine Circensischen Spiele, die nur bei uns fin Rom) gehalten werden dürften, jedoch nicht so, daß sie das eigene oder das Staatsvermögen dabei zusetzten, noch einen Fremden zwingen können, bei ihnen uniiöthigeu Aufwand zu machen, und nicht Alle», die in irgend einem Wettkampfe siegen, sogleich lebenslänglichen Unterhalt auszusetzen brauchen. Es ist unvernünftig, Reiche zu zwingen, außerhalb ihres Vaterlandes ihr Vermögen aufzuwenden; und für die Wettkämpfer genügen die Siegerpreise, die jedesmal ausgesetzt sind; es müßte denn Einer in den Olympischen, Pythischen oder in anderen dergleichen auftreten wollen. Diese allein mögen verköstigt werden, damit die Städte nicht ohne Roth mit beschwerlichen Ausgaben angelegt werde», auch soll sich einer nur in des Sieges würdigen Kampfarten üben, da er sonst etwas für ihn selbst und das Gemeinwesen Nützlicheres treiben könnte. Ueber derlei Dinge ist dieß meine Anficht. Was aber die Ritterspicle betrifft, die außer jenen gymnastischen Spieler? gehalten werden, so glaube ich, daß sie keiner andern Stadt sals Rom) gestattet werden sollten, damit nicht zu viel Geld unnöthig verschwendet und das Volk zu Ausschweifungen verleitet werde, und, worauf ich ein Haupt- Gewicht lege, unsern Heeren nicht die besten Pferde entzogen werden. Aus diesem Grunde würde ich sie überall außer Nom verbieten. Mit den übrigen wäre ich nicht so streng, damit sie wohlfeile Genüsse für Auge und Ohr erhalten und dabei besonnen und ruhig bleiben. Sie sollen keine besondere Münzen, Gewichte oder Maße haben, sondern überall sich der unserigen bedienen. Sie sollen keine Gesandtschaften an dich schicken, außer wenn eine Sache Deiner Entscheidung 1025 Jweiundfünfzigstes Buch. bedarf, sondern ihre Wünsche ihrem Statthalter vortragen und durch ihre Anliegen, wenn er sie statthaft findet, an Dich gelangen lassen: den so dringen sie sich weder in Kosten, noch setzen sie ihr Gesnch durch schlechte Mittel durch, sondern bekommen ihren Bescheid aus der ersten Quelle ohne Aufwand und Mühe. 51. „Zm klebrigen würdest dn so am besten fahren, daß Dn fürs Erste die von den Feinden, von verbündeten Königen oder Städten ankommenden Gesandtschaften in den Senat führen lässest: denn überhaupt gibt es dem Ganzen mehr Würde und Nachdruck, wenn der Senat die höchste Gewalt zu haben scheint und dem, der die Verhältnisse nicht genauer kennt, dem Scheine nach viele Gegner entgegentreten. Dann aber sollten alle Gesetze durch den Senat erblassen werde»; du selbst bring nichts vor das Volk, wen» es nicht schon im Senate zuvor beschlossen worden ist: denn so wird das Ansehen der Regieonug noch mehr befestigt, und die durch die Gesetze entstandenen Obliegenheiten werden von Allen klar und deutlich erkannt werden. Zum Dritten: Wenn wirkliche Senatoren, ihre Kinder oder Frauen eine schwere Schuld, welche Entehrung, Verbannung oder den Tod nach sich zieht, begangen haben, so führe sie, ohne vorher selbst darüber abgesprochen zu haben, vor den Senat, und überlaß ihm die volle Entscheidung, damit die Schuldigen, vor Ihresgleichen untersucht, zur Strafe gezogen werden, ohne Haß gegen dich zu erregen, die Andern aber, welche Dieß sahen, gebessert werden, aus Furcht, gleichfalls entdeckt zu werden. Hierunter verstehe ich solche Vergehen, gegen welche Dio CassiuS. 8S Bbchn. 8 I 1026 Cassius Div's Römische Geschichte. Gesetze bestes,en, und welche nach Gesehen abgeurtheilt werde». Wenn Einer dich schmäht, oder etwas Ungebührliches über dich sagt, brauchst du weder auf den Angeber zu höre», noch Rache zn nehmen. Es brächte keine Ehre zu glaube«, daß Einer dich, der du Keinem Etwas zn Leide thust, vielmehr Allen Wohlthaten erweisest, beschirmst habe: dich ! thun blos schlechte Regenten: ihr böses Gewissen läßt iie ! die Wahrheit des Gesagten glauben. ES ist unklug sich über solche Dinge z» ärgern, die, wenn sie wahr sind, man nicht thun, und von denen man, wenn sie falsch sind, keine Kenntniß nehmen sollte. Wie Mancher hat sich schon dadurch. noch viel schlimmere Nachrede zugezogen! Dieß ist meine 1 Ansicht über Verunglimpfungen Anderer, die dir zn Ohre« I kommen. Du mußt dich selbst höher schätzen, und, öder ' alle Schmähung erhaben, weder selbst glaube», noch Andere, t glauben lassen, daß man gegen dich freveln könne: damit ! sie, wie j von den Göttern, so auch von dir denken, d« seyest hehr und unantastbar. Wenn aber wirklich Einer angeklagt wurde, daß er dir nach dem Leben getrachtet habe, Was denn doch geschehen könnte, so greife Du dein Richter nicht vor; denn es ist unrecht, in derselben Sacke Ankläger und Richter seyn, sondern lade den Angeklagten vor den Senat, wo er sich vertheidigen mag. Wird er überführt, so laß ihn so gelind als möglich bestrafen, daß man an sein Verbrechen glaubt. Denn die Menge läßt sich schwer überzeugen, daß der Unbewaffnete dem Bewaffnete« nachzustellen wage. Du kannst allein diese Ueberzeugung bewirken, wenn du weder in der Leidenschaft, noch nutz« großer Strenge, wenn es nur irgend möglich ist, ein«» Zweiundfünfzigstes Buch. 1027 solchen Verbrecher bestrafst. Davon schließe ich jedoch Denjenigen aus, der an der Spitze eines Heeres sich wider dich auflehnt. Ein solcher darf nicht auf dem Wege des Rechtes gerichtet, sondern muß als offenbarer Feind bestraft werden." ;r. „Diese, so wie die meisten andern und die wichtigsten den Senat betreffenden Angelegenheiten, verweise an den Senat. Angelegenheiten der Staatsgesellschaft muffen gemeinschaftlich berathen werden. Und es ist dem Menschen angeboren, sich zu freuen, wenn ihn der Mächtigere auf gleiche Stufe der Ehre mit sich selbst erhebt; und Alles, was er mit Jenem beschlossen hat, lobt und preist er, wie sein eigenes Werk. Bor den Senat wärm also meiner Meinung nach alle Gegenstände dieser Art zn bringen, und bei diesen Dingen müßte jedes der anwesenden Mitglieder stimmfähig seyn. Wird aber Einer aus ihrer Mitte angeklagt, so dürften nicht Alle stimmen, außer wenn der Angeklagte noch nicht wirklicher Senator, oder erst Quästor gewesen wäre. Es wäre nämlich ungebührlich, wenn Männer die noch nicht Dolkstribunen oder Aedilen waren, über Männer, die solches gewesen, oder diese über gewesene Prätoren, oder Letztere über Consularen als Richter sitzen dürften. Nur die Letzter» sollten das Recht haben, über alle Andern zu stimmen, die Andern nur über ihres Gleichen und solche niedrige» Ranges." 5Z. Du aber entscheide in allen Fällen, wo an Dich Berufung stattgefunden hat, möge die Sache nun von deo höheren Beamten oder von deinen Ptocnratoren, von dem Stadtpräfäkten, dem Untercensor, von den Befehlshaber» 8 » 1028 Cassius Dio'S Römische Geschichte. der Leibwache, von den Oberaufsehcrn über die Lebcnsmittel oder von dem Direktor der Nachtxvlizei an dich gelangen. Keiner darf so unumschränkter Richter oder Beamter seyn, daß von ihm keine weitere Berufung stattfinden konnte. Entscheide Du, so wie auch über Ritter, Centurionen nnd Gemeine der ersten Ordnung bei der Legion, wenn es sich um Todesstrafe oder Ehrloserklärung handelt. Dieß bleibe Dir allein vorbehalten, und kein Anderer soll anS den vor- benannten Grüüdeu hier für sich selbst urtheilen. Du kannst immerhin die angesehensten Senatoren, Ritter oder auch andere, die schon Prätoren oder Consuln waren, abwechselnd zu Rathe ziehen, theils um ihren Charakter zum Vorans genauer kennen zu lernen und sie sodann später aufs Geeig. netste verwenden zu können, theils auch, daß sie mitDeinen Grundsätzen und Ansichten vertraut die Statthalterschaften über die Provinzen antreten. Ihre Gutachten dürfen sie in wichtigeren Fälle» nicht mündlich, sondern müssen sie schriftlich abgeben, damit sie nicht aus Rücksichten für Andere sich nach ihrer Meinung bequemen, und sich scheuen, frei die ihrige zu sagen. Du allein liesest sie und lässest sie dann sogleich vernichten, damir kein Anderer davon Kenntniß erhalte. Aus diesem Wege wirst du Eines Ansicht ausS zu- vcrläßigste erfahren, wann er glauben darf, daß sie zn keines Andern Kenntniß gelange.' Zu richterlichen Entscheidungen, zn Briefen , zu Bescheiden au Städte, zu Gesuchen Einzelner, und was sonst für Geschäfte bei der Verwaltung vorkommen, nimmst du dir Gehülfen und Diener aus dem Ritterstande. So wird Alles leichter von Statten gehen: Du wirst keine Mißgriffe thun, indem d» Alles blos nach 1029 Zweiundfünfzigstes Buch. Deiner Ansicht bemissest, noch dich zu sehr in Geschäfte» erschöpfen, wenn du Alles mit eigener Hand thun wolltest. Jedem, der da will, gestatte, dir seinen Rath mit allem Freimnlh zu geben. Gefüllt dir, Was er sagt, so kannst du darvn vielfachen Nutzen ziehen; überzeugt er dich nicht, so schadet es dir Nichts. Trifft Einer das Rechte, so lob' und ehre ihn, denn die Ebre ihres glücklichen Fundes fällt auf dich selbst zurück. Hat Einer nicht Recht, so beschäme und schilt ihn nicht. Man muß auf die Absicht sehen, und nicht tadeln, wenn Einer das Rechte nicht getroffen hat. Ebenso halte es auch im Knege: zürne Keinem, wenn er ivider Verschulden unglücklich war, und beneide nicht den Glücklichen: auf daß Alle willig und mit Freuden für dich in die Gefahren gehen in der Voranssicht, daß sie für eine nuglückli e Unternehmung keine Strafe, und für eine glückliche keine Nachstellungen und Tücken zu fürchten haben. Schon Mancher, der sich vor dem Neide der Machthaber fürchtete, ließ sich lieber schlagen, als daß er siegen mochte. Er ging so für seine Person sicher; seinen Herrn aber brachte er zu Schaden. Wenn nun also BeideS, das Schlimme, wie das Gute auf Dich zurückfällt, so laß dir nicht beige- hen, dem Scheine nach Andere, im Grunde aber dich selbst zu beneiden." 51. „Zu Allem, was du willst daß die Leute unter Deiner Regierung denken und thun möchten, gehst Du ihnen mit Wort und That roran. So bildest du sie mehr, als wen» du sie mit dem Zwang der Gesetze schreckest: das Eine erweckt Eifer, Las Andere Furcht. Lieber ahmt Einer das Bessere nach, das man durch die That vor sich steht, L 050 Cassius Dio's Römische Geschichte. als er das Schlechte meidet, das er durch Worte verbieten hört. Halte dich selbst an die genaueste Beobachtung deiner Pflicht, ohne dir das Geringste nachzusehen und sey überzeugt, daß Alles, was du sprichst und thust, im Augenblick unter die Leute kommt. Vor der ganzen Welt stehst du wie auf offener Bühne da, auch den geringsten Fehler, den du hegest, kannst du nickt verbergen. Du handelst nie allein, sondern immer in Vieler Gegenwart. Alles ist immer darauf aus, sich um die Handlungen der Machthaber zu bekümmern. Finden sie ein Mal, daß du Anderes befiehlst, als du selbst thust, so fürchten sie nicht mehr deine Drohungen, sondern ahmen deine Handlungen nach. Der Andern Leben behalte im Auge, ohne zu genau nachzuspüren. Wird Etwas von Andern bei dir angebracht, nun so rickte darüber; wenn aber kein Kläger da ist, so thue, als wüßtest du es nicht, außer wenn sich Einer gegen den Staat vergeht: denn hier muß, wenn auch Niemand klagt, die gebührende Ahndung eintreten. Don Privatvergehen nimm zwar Kenntniß, damit du nicht an einen ungeeigneten Diener gerathest, aber zu bestrafen brauchst du sie nicht. Menschliche Schwachheit verleitet Manchen zur Uebertretnng der Gesetze,'wollte man es da zu genau nehmen, so würden Wenige oder Niemand ungestraft bleiben. Wenn man aber die menschlichen Schwächen berücksichtigt und Milde mit der Strenge der Gesetze verbindet, so sind sie vielleicht noch zu- recht zu bringen. Denn wenn auch das Gesetz nothwendiger Weise strenge Strafen auferlegt, so kann sie doch die Natur nicht immer bezwingen. Einige aber können, wenn sie glauben, daß man um ihre Fehltritte nicht wisse, oder 1031 . Zweiimdfünfzigftes Buch. Iris« zurecht gewiesen, sich noch bessern, sey es, um sich eine» besihämendcn Verweis zu ersparen, oder weil sie sich ror sich selbst scheuen, eine» Fehler wieder z» begehen. Werden sie aber an den Pranger gestellt »nd so behandelt, daß sie das Erröthcn verlernen, oder zu strenge bestraft, so bin- ! den sie sich an gar kein Geseh mehr, treten alle Ordnung I mit Füßen, und fröhnen nur den wildeu Trieben ihrer Leidenschaft. Man kann also nicht wohl Alle bestrafen, darf aber auch zu offenkundige Vergehen nicht unbestraft lassen. Wenn ich Dir nun rathe, gegen die Fehler der Menschen, mit Ausnahme der unverbesserlichen, so zu verfahren, so mußt du dagegen gute Handlungen selbst über Verdienst ^ belohnen. Durch menschenfreundliche Nachsicht bringst du die Menschen am besten dazu, daß sie sich des Bösen enthal- § ten, durch Freigebigkeit aber, daß sie nach der Tugend stre- « den. Fürchte nicht, daß es dir an Geld oder andern Be- f lohnungen fehlen werde, Denen, die eine gute Handlung gethan haben, zu vergelten (viel eher glaube ich, daß es i Dir, der Du über so viel Land und Meer gebietest, an ! Mensche» fehlen wird, die Deiner Wohlthaten würdig sind); » oder daß sich Einige nach solchen Wohlthaten gegen Dich » undankbar erweisen möchten. Nichts fesselt, nichts macht so ^ z» eigen, wenn Einer selbst Freund, ja sogar Feind gewesen ist, als wenn ihm nicht nur nichts zu Leide geschieht, sondern sogar noch Wohlthaten erwiesen werden." 55. So ist mein Rath, daß du dich gegen die Anderen benehmest, dir selbst aber laß weder von Andern, noch von dem Senat eine auffallende, übermäßige Ehre durch That oder Wort erweisen. Andern bringt es Ehre, von Dir 1032 Casflus Dio's Römische Geschichte. ausgezeichnet zu werde», dir selbst aber kann nichts Höheres zu Theil werden, als was du bereits besitzest, und eine solche Ehrenbezeugung muß immer den V-rdackt der Unredlichkeit erwecken. Man nimmt eben an, daß Keiner an- ^ freien Stücken für den Mach-Haber der Art Etwas in Antrag bringe: wenn Dieser aber so in den Augen der Menge ! sich selbst eine Auszeichnung gibt, so wird er darob nicht nur nicht gelobt, sondern seht sich wohl gar dem Spotte aiii. Willst du noch weiter» Glanz, so geschehe es durch rühmliche Thaten. Goldene oder silberne Standbilder laß dir nirgends errichten: sie sind nicht nur sehr kostspielig, sondern werden auch leicht gestohlen und dauern nur ant kurze Zeit; baue dir vielmehr durch Wohlthaten unvergängliche, ewig dauernde Denkmale in den Gemüthern der Menschen. Auch keinen Tempel laß dir bauen: große Summen werde» j aus solche Weise unnütz verschwindet, die man besser a»s andere wirkliche Bedürfnisse verwendet; denn der Reichthum ^ wird nicht sowohl durch große Einnahmen, als vielmehr durch mäßigen Aufwand erworben. Dein Ruhm gewinnt durch solche Dinge Nichts. Das Verdienst hat schon Diele den Göttern gleich gemacht, durch die Stimmen der Minze t ist aber noch Keiner zum Gotte geworden. Dir ist, wenn l du deine Pflicht erfüllst und gut regierst., jedes Land ein Altar, jede Stadt ein Tempel, das Herz jedes Bürgers eine Ehrensänle: dort wird dein Name sich den wahren Ruhm erwerben. Wer aber so nicht regiert, dem bringt Alles dieses, und stände er auch in jeder Stadt, keine Ehre, sondern vielmehr Schande: denn es sind Tropiien feiner Schlechtig- ^ Zweiundfiliifzigstes Buch. 1025 keit und Denkmäler seiner Ungerechtigkeit. Je länger sie Lauern, desto langer auch lebt seine Schande fort." 56 . „Willst du dich in Wahrheit unsterblich machen, so wirst du so handeln müßen. Verehre selbst die Götter, wo du auch bist, wie sie das Vaterland verehrt, und halte die Andern dazu an. Wer fremden Götterdienst einführen will, den hasse und bestrafe, nicht blos der Götter wegen, da deren Verächter auch sonst Niemand in Ehren hält, sondern auch deßhalb, weil solche Leute mit fremden Göttern, die sie einführen, Viele auch zu fremden Sitten verfuhren. Hierdurch entstehen Verschwörungen, Partciungen und sge- heimes Gesellschaften, lauter Dinge, die der Monarchie nicht frommen wollen. Dulde daher keinen Verächter' der Götter, keinen Wunderthäter. Vorherverkündung der Zukunft ist nothwendig, deßhalb mußt du Opferbeschaucr und Augnrn haben, und diese mag zu Rathe ziehen, wer da will; die Magier aber darf man nicht dulden. Schon Viele sind durch solche Leute, die bald Wahres, bald Falsches prophezeien, zu kühnen Unternehmungen verleitet worden. Dasselbe thun auch Viele, die sich den Namen von Philosophen Heben; auch mit Diesen muß man sich in Licht nehmen. Wenn du in Arius und Athenodorus wackere Männer gefunden hast, so darfst du darum nicht auch in allen Andern, die sich für Philosophen ausgeben, gleiche Männer voraussetzen. Unzähliges Unheil haben schon Leute, die sich diesen Namen geben, über ganze Städte, wie über Einzelne gebracht." 57. „Zwar mußt du ganz friedfertiger Gesinnung seyn, und nicht mehr begehre», als du schon besitzest, aber den« 1034 Casstus Dio's Römische Geschichte. noch jederzeit zum Kriege bereit seyn, damit Keiner sich gelüste» lasse, sich gegen dich zu verfehlen, und, thut er es dennoch, sogleich die verdiente Strafe empfange. Wenn eS aber nothwendig wird, das; du aus diesen und andern Gründen Leute hältst, die mit Augen und Ohren über Alles wachen, was deiner Herrschaft zu Gute kommt, damit dir ^ Nichts entgehe, was deine Wachsamkeit und Abhilfe erfordert, so darfst du ihren Berichten doch nicht unbedingten Glauben schenken, sondern mußt Alles genau untersuchen lassen. Viele gibt es, die aus Haß, oder um sich in Besitz von fremdem Eigeuthnme zu setzen, oder ans Gefälligkeit gegen einen Dritten, oder aus Rache, daß ihnen Gelder, die sie verlangten, nicht verabfolgt wurden, Andere verlaumden, als ob sie gefährliche Pläne schmiedeten, oder feindselige Absichten und Reden gegen den Machthaber sich zu Schulden f kommen ließen. Man darf Jenen also nicht so leicht glaube», sondern muß Alles genau zu ergründen suchen. Wenn d» ! nicht zu schnell Glauben schenkst, so wird dir das nicht viel schaden; du kannst aber durch Uebereilnng einen Mißgriff thun, der nicht wider gut zu machen ist. Jeden Rechtschaffenen in deiner Umgebung, sey er nun Freigelassener, l oder sonst dir befreundet, zu ehren heischt Klugheit und I Pflicht. Dieß bringt dir Ehre und befestigt Deine Sicherheit. Doch sollen sie nicht zu.großen Einfluß haben und in den Schranken der Bescheidenheit bleiben, auf daß si« dich nicht in üble Nachrede bringen: denn Alles, was sie Gutes oder Schlimmes thun, kömmt sonst auf Deine Rech- , nung; und das Urtheil über dich selbst wird nach dem bemessen, was du Jenen zuZthnn gestattest. Die Mächtigen ^ L0Z5 Zweiundfünfzigsces Buch. kß nie Andere übervvrtheilen oder rcrlänmden; doch gereiche die Macht allein auch nicht zum Vorwürfe, wenn ein Solcher sich in Nichts verfehlt. Wenn Geringere Unrecht erlitten, so schuhe sie nachdrücklich, schenke aber nicht jeder Klage zu leichtes Gehör, sondern untersuche die Handlungen ohne Rücksicht der Person, indem du nicht gegen den Mächtige» zu viel Mißtrauen zeigst und dem Schwächeren nicht unbedingt glaubst. Die Handwerker und die sich auf nützliche Künste legen, halte in Ehren, die Müßigen aber und die sich mit schlimmen Handeln befasse», züchtige; so werden die Eine» durch die gebotenen Vortheile aufgemuntert, die Andern aber durch Strafen im Zaume gehalten, bessere Haus- wirthe und nützlichere Bürger werden. Schön ist es ferner, wenn die Rechtshiindel der Einzelnen so viel als möglich verringert und möglichst schnell geschlichtet werden; am schönsten aber, den Ergebenheitsbczeugungen der Städte zn wehren lind nicht zu gestatten, Andere für Erfüllung eines für Deine Regierung, Gesundheit und Dein Glück gethanen Gelübdes znzwingcn über ihr Vermögen zu steuern und Aufwand zn machen. Ihre Feindschaften und Eiftrsuchts- händel müssen aufhören und keine eitle Zunamen, noch sonstige Veranlassungen zu Anfeindungen dürfen ihnen gestattet werden. Willig werden sich Alle sowohl in diesem Punkte, als auch in den andern, die theils Einzelne, theils Mehrere betreffen, dir fügen, wenn du bei Keinem eine Ausnahme gestattest, denn Ungleichheit beugt auch das bestgefngte Gebäude aus den Fngen. Deßwegen darfst du bei Dingen, die du nicht gewähren willst, auch nickt einmal «ine Bitte gestatten. Darauf mußt du aufs Strengste 1036 Cassius Div's Römische Geschichte. kalten, daß man dich nm Nichts bittet, was verboten ist. Dieß ist über diese Gegenstände meine Ansicht." 58. „Ueberhauxt aber rathe ich dir, nie deine Gewalt zu mißbrauchen, und sie darum nicht für geschmälert z» halten, wenn du nicht Alles thust, Was du kannst. Ze mehr du Alles, was du willst, durchsehen kannst, best« mehr mußst du nur immer Das wollen, was du wollen darfst. Immer geh mit dir selbst zu Rath, ob du an dem, was du thust, reckt thuest, oder nicht, um das E.ne zu thun und das Andere zu unterlassen. Du darfst noch nicht glauben, du habest in den Augen der Andern Deine Pflicht gelben, wenn du Keinen über dich klagen hörst. Glaube nickt, daß Einer so unbesonnen seyn werde, daß er dich ins Gesicht tadeln werde. Das wür^e Keiner thun, wenn er auch noch so sehr Unrecht litte. Im Gegentheil sehen sich Viele gezwungen, Bedrückungen öffentlich gut zu hecheu, um nicht als unzufrieden zu erscheinen. Der Regent darf nicht aus der Rede der Andern auf ihre Gesinnung schließen, sonder» aus Dem, was sie wahrscheinlicher Weise denken werden." 59. „So möchte ich dich rändeln sehen. Ich übergehe noch Vieles, weil ich nicht im Stande bin, Alles in meiner Rede zusammenzufassen. Eines habe ich noch zu bemerken, was der Inbegriff ron Allem ist, das ich gesagt habe und hätte sage» können. Wenn du Alles aus freien Stücken thust, was d» wolltest, daß ein Fürst gegen dich hätte, wirst du keinen Fehlgriff thun, und dich in Allem des glücklichsten Erfolges erfreuen, und das angenehmste und glücklichste Leben von der Welt haben. Werden dich nicht Alle als ihren Vater, als ihren Retter betrachten und lieben, ZweiundfünszigsteS Buch. 1037 wenn fle in dir den anspruchlosen, rechtschaffenen, trefflichen Mann in Krieg und Frieden erblicken? wenn dir Keinen übermüthig behandelst, Keinen übcrvortheilst? wenn du deine Bürger wie deines Gleichen behandelst, wenn du nicht selber reich bist, noch von Andern Reichthümer forderst? wenn du nicht selbst in Ueppigkeit schwelgst, während Andere in Elend schmachten? wenn dn nicht selbst den Wollüsten sröhnst nnd gegen Andere den Sittenrichter machst? wenn dn in Allem auf gleichem Fuß mit ihnen lebst? - dann wirst du in dem Bewußtsein, Keinem Unrecht gethan zu haben, die größte Beruhigung finden, — dann, glaube mir, wird Keiner dich halsen, Keiner dir nach dem Leben trachten. Ist dem aber so, so mußt du das glücklichste Leben führen : denn was gibt es Angenehmeres, Glücklicheres auf der Welt, als wenn man tugendhaft ist nnd alle Güter der Erde genießen und Andere glücklich machen kaun?» 4v. „Wenn dn nun Dieß und alles bisher Gesagte bedenkst, so folge mir, und stoße das Glück nicht von dir, das Dich vor Allen erkor und voranstellte. Wenn du Alleinherrschaft dem Wesen nach willst, aber den Namen des Königs als dem Volke verhaßt anzunehmen dich bedenkst, so übernimm unter dem Namen Cäsar die Regierung des Staats. Verlangst du noch einen wettern Ehrentitel, so gibt das Vo^k dir den eines Imperators, wie ihn auch dein Vater erhalten hat, und zeichnet dich noch mit irgend einem andern Namen aus, so daß du alle Vortheile des Königthums, ohne den Neid erweckenden Namen zu führen, genieße« kannst." 4t. So beschloß Miicenas seine Rede. Cäsar aber er» 1058 Casstns Dio's Römische Geschichte. theilte beiden Männern über ihre große Einsicht, Berih samkeit und Freimüthigkeit das größte Lob; doch gab n dem Rathe des Mäcenas den Vorzug. Er that jedoch Mj sogleich Alles, was Dieser ihm rieth, indem er befürchten, nicht dur-zureichen, wenn er mit einem mal Alles M- wandeln wollte. E-nige Aenderungen traf er sogleich, anim später; noch andere überließ er seinen Nachfolgern, da iil im Verlause der Zeit besser inS Leben treten würden. Ach! half ihm Azrippa, obgleich er der entgegengesetzten AM gewesen war, in Allem aufs Willigste, als ob er selbst daz« gerathen hätte. Dieß und das früher Berichtete that CD in Einem Jahre; da er zum fünftenmal Consnl war m! den Titel eines Imperators annahm. Hierunter verstehe ch nicht den Jmxeratortitel in dem Sinne, in welchem »W ihn nach althergebrachter Sitte zu ertheilen pflegt (dem in diesem Sinne erhielt denselben unser Cäsar theils früh»,, theils später, im ganzen einundzwanzigmal», sondern «li I Abzeichen der höchsten Gewalt im Staate, wie er sei» ^ Vater Cäsar und dessen Kindern und Nachkommen zuerkannt worden war. 42. Hierauf war er Censor mit Agrippa und reinigte ^ unter andern Verbesserungen, die er anordnete, auch te» Senat: denn viele Ritter, selbst viele Legionäre hatten snd l unverdienter Weise zur Zeit der Bürgerkriege in die Mb der Senatoren eingedrängt, so daß die Zahl der Senatom auf tausend angewachsen war. Diese wünschte er entfernt, strich jedoch keinen derselben, sondern forderte sie im Bewußtsein ihrer Abkunft und früheren Lebensweise selbst j» ! Richtern über sich auf und veranlaßte so zuerst fünfzig s«i-! L0Z9 Zweiundftmfzigsies Buch. willig anszntreten, hierauf nöthigte er »och weitere hundert und vierzig ihrem Beispiele zu folgen. Keinen derselben erklärte er für ehrlos, doch ließ er die Namen der Letzteren öffentlich anschlagen. Weil di,-Ersteren nicht gesäumt, sondern sogleich, ihm gehorcht hatte» , so erließ er ihnen die Beschämung, ihren Namen öffentlich bekannt gemacht zn sehen. Diese begaben sich freiwillig ihres Ranges, den Quintns Statilins aber, der schon zum Lolkstribnn ernannt war, schloß er, obgleich er sich dagegen sperrte, vom Amte aus. Einige aber nahm er in den Senat auf, und schrieb unter die Zahl der Consularcn einen Cajus Cluvius und Cajus Fnrnins, die zwar zn Consuln designirt worden waren, aber von Andern verdrängt, ihr Amt nickt hatten antreten können. Auch die Zahl der Patricier vermehrte er mit Zustimmung des Senats, da der größte Theil derselben umgekommen war: denn die Geschlechter der Patricier werden in den Bürgerkriegen am meisten mitgenommen »nd doch hält man sie für die Begehung der vaterländischen Gebräuche für durchaus nothwendig. Dieß that er und fügte noch das Verbot bei, daß kein Senator ohne sein Geheiß, oder seine Erlaubniß Italien verlassen dürfte, und Dieß wird anf den heutige» Tag so gehalten: denn kein Senator darf Italien verlassen, es sey denn er r-isete nach Sicilien oder dem Narbonenüschen Gallien. Dahin dürfen, wegen der Nähe, und weil die Bewohner immer ruhig und im Frieden sind, diejenigen, welche dort Güter besitzen, ohne Anfrage gehen, so oft sie wollen. Weil er sferners bemerkte, e«ß noch viele Senatoren und ehemalige Ai,Hänger des Antonius ihm nicht ganz trauten, und er befürchten mußte, sie mochten Unruhen 104V CassiuS Dio's Römische Geschichte. stiften, so erklärte er, daß er alle in diesen Koffern vorgefundenen Briefschaften verbrannt hatte. Auch hatte exi wirklich einige vernichtett aber die meisten bewahrte er sorgfältig anf, und trug kein Bedenken, später davon'Gebrauch zu machen. -15. Auch schickte er nach Carthago neue Pstanzburger, weil Lepidus einen Theil derselben weggeführt und der Är.- siedlung dadurch die Kolonierechte genommen zu haben schien. Den Antiochns von Conmagcne beschied er vor sich, weiter einen Gesandten, den sein Bruder wegen eine» Streitet mit ihm nach Rom geschickt hatte, meuchlings hatte umbringen lassen, stellte ihn vor den Senat und ließ ihn, nachdem er vernrtheilt worden war, hinrichten. Die Insel §a- prcä tauschte er von den Neapolitanern, denen sie gehört hatte, gegen ein anderes Stück Landes ein. Sie liegt unfern dem Festlande von Surrcnt und enthält gerade nichts Merkwürdiges, ist jedoch noch bis auf diesen Tag durch deu Aufenthalt des Tiberius berühmt. Dieß geschah um diese Zeit. Griechische Prosaiker i n neuen Übersetzungen. Herausgegeben »o» , T. L. F. Tafel, Professor zu Tübingen, C. N. v. Osi ander, Professor zu Ältttgark, und G. Schwab, Pfarrer i» Gvmaringen, bei Tübingen. 5?u n d er t sechs und sieb enz ig stes Däudchen. Stuttgart, Verlag -er I. B. Meyler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Cvmmisnvii rou Mörschuer und Iasper iu Wien. 1 8 L 8. Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von 0. Leon hart» Tafel, Lberreallehrer an d«m Gymnasium zu Ulm. Neuntes Bändche». Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mörschner und Iäsper in Wien. 1 8 5 8 . -.--i ^:- ' .*e " . » » ^^5 r. -^ . ^ A Inhalt des dreiundsiinfzigsten Buchs. Einweihung deS Axollotempels auf dem palatinischen Berge. Cap. 1, 2. Cäsar kalt eine Rede in dem Senat, in welcher er sich stellt, als ob er die Alleinherrschaft niederlegen wollte, und theilt hierauf die Provinzen mit demselben. Cap. 2 — 12. Bestellung der Statthalter in den Provinzen. Cap. 13 — 15. Cäsar erhält den Beinamen Augustus. Cap. 16 . Ueber die Namen, die man den Kaisern gibt. Cap. 17—22. Einweihung der Sexta in dem Circus. Cap. 2Z, 24. Cäsars Krieg mit den Aftrrrier» und Santabrieru. Cap. 25. Gallien wird Römische Provinz. Cap. 26. Sinweihung von des Neptnnus-Säulrngang und dem Bad« des Agrixpa. Cap. 27. Einweihung des Pantheon. Cap. 27. Augustus soll künftig nicht mehr an die Gesetze gebunden seyn. Cap. 28. Feldzug »ach dem glücklichen Arabien. Cap. 29-33. Der Zeitraum begreift sechs Fahre, in welchen Folgend« Sonsuln waren: Bor Cbr. Nach Erb. Roms. 28. 726. Cäsar znm sechStemnal und Marcrrs MpsaniuS Agrippa zu», zweitenmal. 27. 727. Cäsar zum siebenter»»»! und Agrixpa znm drittenmal. 26. 728. Cäsar Augustus zum achtesmak, und TituS Statilins Taurus. 23. 729. Augustus zum neunter,mal und Markus Junius Silanus. 24. 730. Augustus zum zehnteamal und Casus Norbanus Flaccus, des CajuS Sohn. 23. 731. Augustus zum «ilfteninal und Cneus Ealpurnius Piso, des Cneus Sohn. 1046 Cassius Dio'S Römische Geschichte. Dreiundfünfzigskes Buch. 1. Im folgenden Jahre war Cäsar znm sechStenmal Evusnl »nd hielt sich nicht nur im klebrigen nach der altber- gebrachten Sitte, sondern gab auch seinem Collegen Agrippa die ihn treffenden Fascen »nd begnügte sich mit den übrigen. Am Schlüsse seines ConsulatS schwur er den gewöhnlichen Bmtseid. Ob er Dieß anch später gethan habe, weiß ich nicht anzugeben. Den Agrippa ehrte er nämlich auf jede Weise: er gab ihm ,k, -ch tz- n- cr ls be r- -s n l- ll t Dreiundfünfzigstss Buch. tvstS zu lade», sondern sogar alle Sterblichen an Ruhm zu übertreffen." 4. „Daß es in meiner Willkür steht, die Herrschaft über euch für immer zu behaupten, seht Ihr selbst. AlleS, waS mir entgegenstand, ist entweder durch Strafe zur Ruhe gebracht, oder durch Begnadigung zur Besinnung gekommen. Alle, die mir halsen, sind Lurch Wohlthaten mir verbunden und durch Theilnahme an der Verwaltung an meine Sache gefesselt, so daß Keiner an Empörung denkt; und dächte er, so würde ich noch bereitwilligeren Beistand aller Orten finden. Meine Heere strotzen von Kraft; Liebe. Macht, Reieh- ilnnn, BnndeSgeuoffen umgeben mich; vor Allem aber seyd Ihr und daö Volk so gegen mich gesinnt, daß ihr mich mit Freuden an der Spitze der Regierung sehet. Um euch aber nicht länger in Erwartung zu lassen, und damit Kei. ee sage, daß ich alles Bisherige nur deßhalb gethan habe, um die Alleinherrschaft an mich zu reißen, lege ich alle Herrschaft nieder, und gebe euch Alles, Waffen, Gesetze, Provinzen und nicht blos Das zurück, was ihr mir übergebe» habt- soudern was ich in der Folge noch weiter erobert habe, daß ihr durch die That selbst erkennet, daß ich von jeher nicht nach der Herrschaft streite, sondern bloß meinen jämmerlich hiligemordetc» Vater rächen, und den Staat von den große» unaufhörlichen Uebeln befreien wollte." 5. „Hakte ich doch nie unter solchen Umständen an die Spitze der Regierung treten müssen! Oder vielmehr hätte der Staat meiner nie zu solcherlei Dienste bedurft! Könnten wir vielmehr iu Frieden und Eintracht, wie unsere Väter ehedem, unsere Tage beginnen und durchleben! Da uns aber l050 Cassius Div's Römische Geschichte. Las Schicksal in die Lage brachte, daß ihr meiner, des noch so jungen Mannes bedurftet, und es mit mir versuchen wölb tet, so habe ich so lange als die Umstände meine Hülse heischten. Alles willig und über meine Jahre gethan und glücklicher ausgeführt, als meine Kräfte erwarten ließen. Nichts konnte mich abschrecken, euch in eurer Gefahr beiznstehe», nicht Anstrengung, nicht Furcht, nicht Drohungen der Feinde, nicht Bitten der Freunde, nicht die Menge der Aufrührn, nicht die Wuth der Widersacher. Ich weihte mich eurem Dienste für alle Vorkommenheiten, und that und litt, War ihr Alle wisset. Durch Dieses Alles habe ich nichts gewonnen, ^ als daß das Vaterland gerettet ist; ihr aber seyd wohl be- ^ halten und zur Besinnung gekommen. Da euch nun die Gunst des Glückes -harmlosen Frieden und ungestörte Eintracht durch mich geschenkt hat, so nehmet denn aus meine» Handen Freiheit und Volksgcwalt, Heere und Provinzen zurück, und lebt als freie Bürger, wie in früheren Zeiten." 6. „Wundert euch nicht, daß ich solche Gesinnung hege, wenn ihr die Milde, Sanftmnth lind Ruhe meines Charakters betrachtet, und noch dazu nehstlet, daß ich nie übertriebene Auszeichnung, die mich über Andere erhob, so oft mir auch dergleichen zuerkannt wurde, angenommen habe. Scheltet mich keinen Thoren, daß ich, bei völliger Macht über euch zu herrschen und die Regierung über ei» so großes ^ Reich zu behaupten, es dennoch von mir weise. Betrachtet man die Sache von Seiten der Gerechtigkeit, so ist es ihr ganz gemäß, daß ihr, was Euch gehört, auch selbst verwaltet. — Faßt man den Vortheil ins Auge, so gibt es für mich nichts Vortheilhaftercs: denn so entgehe ich den Sorgen, 1051 Dreiundfünfzigstes Buch. »ein Neide, der Nachstellung; Ihr aber könnt im Genusse der Freiheit in Ruhe und Eintracht miteinander leben. Lieht man auf den Rnhm, wegen dessen so Viele oft Kriege end Gefahren wagen. — wie sollte nicht der höchste Rnhm meiner warten, wenn ich mich der Herrschaft über ein solches Reich freiwillig begebe, wenn ich von der Höhe einer solchen Macht freiwillig in den Stand eines einfachen Bürgers zurücktrete? Wenn aber Einer unter Euch ist, der die Aufrichtigkeit einer solchen Absteht bei jedem Andern in Zweifel zieht, so muß er doch bei mir die meinige anerkennen. Denn ^ so viele und große Beweise von meiner und meines Vaters ^ hiebe zn euch ich auch anführen könnte, ob denen ihr uns auch vor allen andern Sterblichen lieben und ehren solltet, so berufe ich mich doch auf keinen andern, bin auf keinen andern mehr als darauf stolz, daß er die Alleingewalt, ob- ! gleich ihr sie ihm antrüget, nicht annahm, und Ich, im Besitze derselben, sie freiwillig niederlege." 7. „Wer könnte mit dieser Wohlthat die Eroberung Galliens, die Unterjochung Mysiens, die Unterwerfung Ae- gyptens und Panuoniens in Vergleichnng bringen ? Oder rielleicht jene Siege über den Pharnaees, den Iuba, den Maates, den Zug nach Britannien, den Uebergang über den Rhein? Und doch sind diese Thaten so viel und wichtig, daß aller unserer Bäter Thaten in der ganzen Vorzeit nicht damit in Vergleichnng kommen. Dennoch läßt sich keine dieser Thaten mit dieser unserer Entschließung vergleichen: nicht einmal, daß wir die so gefährlichen und wechselvollen Bürgerkriege mit Ruhm dnrchgefochten, so menschenfreundlich beigelegt haben, daß wir die uns Widerstehenden als 1052 Cassms Dio's Römische Geschichte. Feinde besiegten, die sich Unterwerfenden aber als Freund, behandelten; so daß,, wenn das Schicksal unser Vaterland noch einmal mit dieser Pest heimsuchen sollte, wir sie auf so glückliche Bedingnngen wünschen müßten. Wenn wir also bei solcher Macht, von Muth und Glück so sehr. begünstigt , daß wir, ihr möchtet wollen oder nicht, eure Hemn seyn konnten, uns nicht erhoben, nicht der Alleinherrschaft begehrten, jener die angebotene von sich wies, ich, im Bi- - sitze derselben, sie freiwillig niederlege, ist mehr als man m k Menschen verlange» kann. Nicht sage ich es aus lemr I Prahlerei, (ich Hütte kein Wort darüber gesprochen, wenn ich auch nur den geringsten Vortheil davon hätte) sondern, ti- ^ mit ihr wisset, daß wir, bei so vielen und großen Verdienst!» ' um den Staat und persönlichen Vorzüge», doch unstn > höchste Ehre darein seyen, auf Das, was Andere oft mitG,- walt zn erringen streben, freiwillig zu verzichten." 8. „Wer könnte mit mir (von meinem verewigten Liter will ich gar nicht reden) an Edelmnth wetteifern, w,r glücklicher gepriesen werden als ich, der ich, beim Jupiter lnid Hercules, so viele und so kräftige Soldaten besitze, der ich Bürger und Bundesgenossen habe, die mich lieben, der ich fast über alles Meer diesseits der Hercnlischen Säulen herrscht, auf allen Festländern Städte n»d Provinzen besitze, der ich weder draußen noch im Innern einen Feind mehr habe, dir ich, während ihr Alle in Frieden und Eintracht und im ^ Wohlstände lebet, und was das Wichtigste ist, mir freiwilligen Gehorsam schenket, aus freien Stücken, auf eigenen A»> tri b eine so große Herrschaft niederlege, auf so große Geldmittel verzichte ? Wen» ein Horatius, ein Mucius, ei» 1053 Dreiundfnnfzigstes Buch. Cnrtius. ein Regulus, beide Decius, Gefahren, ja selbst dem Tode entgegengingen, um den Ruhm schöner und großer Thaten zu erlangen: warum sollte ich nicht noch mehr begehren, Solches zu thun, daichdamit nicht nur Jene, sondern alle Sterblichen zugleich r.ech bei meinen Lebzeiten an Ruhm übertreffe? Glaube Keiner von Euch, daß nur die allen Römer nach Verdienst und Ruhm gestrebt haben, daß aber jeyt in unserem Staate alle Männlichkeit ausgestvrben sey. Ferne sey jedoch der Argwohn, daß ich im Sinne habe, euch Preis z» geben, euch schlechten Menschen und einer Pöbel- I Herrschaft (die noch nie gut war und immer nur alles Un- , heil über die ganze Welt gebracht hat) in die Hände liefern j will — Such, Euch, den vortrefflichsten, verständigsten Männern überantworte ich den Staat. Jenes würde ich niemals thun, Und wenn ich auch tausendmal sterben oder Alleinherrscher seyn müßte; aber Was ich jeyt thue, ist heilsam für mich und für den Staat. Ich selbst habe Mühe und Arbeit gehabt und bin an Körper und Geist erschöpft. Ich sehe Neid und Haß, die auch die verdienstvollsten Männer nicht verschonen, und in Folge derselben Nachstellungen für mich voraus, »nd will daher lieber mit Ehren Privatmann, als unter Gefahren Alleinherrscher seyn. Auch dürste das Gemeinwesen, von Dielen zumal berathen, besser besorgt werden, als wen» eS von dem Wille» eines einzigen Mannes ^ abhängt." 9. „Deßhalb bitte ich Euch angelegentlich, meinen Entschluß zn lobe» und gut zu heißen, und zu bedenken, Was ich im Kriege und im Staate bereits celeistet habe; und für .Alles dieses begehre ich jeyt keinen weiter» Dank, als daß 1054 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihr mich jcyt in Ruhe leben lasset. Ihr möget dann«: sehen, daß ich ebenso gnt zu gehorchen, als zu herrschen iveß, nnd Alles, was ich Ander» befahl, selbst , zu befolgen v« mag. Was ich vor Allem erwarte, ist, daß ich in Sicbechii leben kann nnd von Niemand durch That oder Worte augo fochten werde; und Euer Wohlwollen, von dem ich uiH auf das Vollkommenste überzeugt habe, ist mir hierfür die sicherste Bürgschaft. Sollte mir aber auch begegnen, M schon Vielen geschah (denn wer will bei so vielen auswärts- gen und.Bürgerkricgen und in so vielfältigen Geschäften« Alle» recht machen), so zöge ich dennoch vor, selbst vor dn Echicksalsstunde als Privatmann zu sterben, als unsterbliij. und Regent zu seyn. Mir aber wird Ruhm schon Dieß bei«: gen, daß ich nicht nur kein Blut vergoß, um die Herrschest zn erlangen, sondern lieber gestorben, denn AUeinherrsth« geblieben bin. Den aber, der mich zu tödten erfrechte, träft Eure und der Götter Strafe, wie es bei meinem Vater ge- schah. Er ward unter die Götter und zu ewigen Ehren erhoben, seine Mörder aber fanden einen jämmerlichen Tod. - Auf Unsterblichkeit dürfen wir freilich nicht hoffen; wir können sie aber gewissermaßen durch ein ruhmvolles Leben und! einen ruhmvollen Tod erwerben: weßhalb anch ich, im Besitze des Eine» und auf das Andere hoffend, Euch Heere, Provinzen, Einkünfte und Gesetze zurückgebe und nur die Bitte hinzufüge, daß ihr nicht durch die Schwierigkeit dn Geschäfte geschreckt, den Muth verlieret, noch dieselbe», , im Wahne, sie seyen gering und leicht zu versehen, veruach- ! lässsget.« s ia. »Doch stehe ich nicht an, euch iu den wichtigste» I Pnu Für' oracl stehe siän! Was blos öffe! der haft übe: sie, Jen das Es big V» tet st« mü we' Ho Fr dos ha «u de zu ue Dreiundfünszigstes Buch. 1055 Punkten den Weg vorzuzeigen, den ihr einzuschlagen habt. Für's Erste habt ihr die bestehenden Gesetze streng zu bedachten, ohne das Geringste daran abzuändern. Das Bestehende, wenn es auch minder gut wäre, ist nützlicher, als beständige Neuerungen, wenn sie auch noch so gut scheinet,. Was diese euch gebieten oder verbieten, das haltet nicht blos dem Worte, sondern auch der That nach, nicht blos öffentlich, sondern auch daheim auf's Genaueste, um nicht der Strafen, sondern der Ehren, die sie rerheissen, theilhaftig zu werden. Die Aemter des Friedens und des Kriegs übertraget immer den besten verständigsten Männern, ohne sie zu beneiden, und streitet nicht darüber, daß dieser oder Jener bevorzugt werde, sondern setzet euer» Ehrgeiz darein, das Glück und den Wohlstand des Staates zu befördern. Solche haltet in Ehren, die Anderen aber züchtiget! Euer Eigenthum bringt dem Staate zum Opfer, das gemeine Gut aber betrachtet wie ein fremdes. Was ihr besitzet, haltet zu Rath und lasset euch nicht nach fremdem Gute gelüsten. Seyd gegen Bundcsgcnoffeu und Provinzen nicht übermüthig und bedrucket sie nicht, die Feinde aber müßt ihr weder reizen noch fürchten. Habt immer die Waffen zur Hand, gebrauchet sie aber nicht gegen einander noch gegen Friedfertige. Den Soldaten reichet genügsamen Unterhalt, daß sie nicht aus Mangel an fremdem Gute sich vergreifen, haltet aber den Krieger in Ordnung und Zucht, daß er nicht aus Frechheit Andern Uebles thue. Aber was soll ich mich deS Weiter» verbreiten über Das, was ihr zu thun oder zu lassen habt. Alls dem Gesagten könnt ihr leicht entnehmen, WaS ihr im klebrigen zu thun habt. Nur Eines 1056 Casslus Dio's Römische Geschichte. noch bemerke ick: we»u ihr den Staat so verwaltet, sl werdet ihr glücklich seyn und mir Freude bereiten, der iif denselben durch innere Unruhen zerrüttet übernahm und alt den glücklichsten jeyt darstelle. Solltet ihr aber »iciin» Rath nicht befolgen können, so werdet ihr mich meiner Schritt bereuen machen, -den Staat aber in viele K>iege und große Gefahre» stürzen.* 11. Als Cäsar Dieses las, versetzte er die Senatom in verschiedenartige Stimmung. Wenige nur kannten seine wahre Absicht und stimmten ihm deßhalb bei; die Andern ! aber waren im Zweifel, wie sie seine Rede zu nehmen hätten, oder tränten ihr; Beide aber bewunderten gleich sehr, die Einen seine Schlauheit, die Andern seinen Entschluß, und die Einen ärgerten sich über seine Verschmitztheit, die Ander» über seine Sinnesänderung. Schon gab es nämlich Solche, welche die Boiksgewalt als die Quelle der Unruhen haßten, und eine Umwandlung der Verfassung gerne sahe», dem Cäsar aber geneigt waren. So verschieden aber auch ihre Gesinnung war, so äusserten sie sich doch auf dieselbe Weise. Die Einen, welche glaubten, daß eö ihm Ernst damit seo, konnten sich nicht freuen, weil Einige, die Solches wnns»- ten, die Furcht; Andere, welche es nicht wollten, Besorgniß wegen Vereitelung ihrer Hoffnungen zurückhielt. Die Ander» die ihm nicht trauten, wagten nicht, ihn zu tadeln oder ihm Dvrwüife zu machen, die Einen, weil sie Furcht hatten, die Andern, weil sie nicht wollten. Deßhalb sah n sich Alle gezwungen ihm zu glaub n, oder stellten sich wen qstens so, «>d wagten entweder nicht ihn zu lobe», oder wollten es nicht. Viele unterbrachen in w-hrend des Ablesend deich 1057 Dl-eilindfiinfzigstes Buch. lauten Zuruf, Viele nach beendigter Rede, und bestürmten ihn mit Bitten» die Herrschaft zu behalten und Was dergleichen mehr war, bis er sich endlich angeblich gezwungen sah, Alleinherrscher zu bleiben. Sogleich beschloß man, seiner Leibwache den doppelten Sold zu geben, um gehörig für seine Sicherheit zu sorgen. So hatte er denn sscheinbar^ an Tag gelegt, wie sehr ihm daran liege, die Alleinherrschaft niederzulegen. 1S. Ec hatte sich also auf diese Weise seine Herrschaft bestätigen lassen. Da er aber doch der Mann des Volkes fern wollte, so übernahm er zwar die Sorge und Aufsicht über das Ganze, weil es eine eingetheilte Aufmerksamkeit erfordere» wollte aber nicht selbst über alle Provinzen herrschen und auch über diejenigen, die er sich auscrsah, nicht für immer. Die schwächeren als die friedlicheren, in denen kein Krieg zu befürchten war, gab er dem Senat zurück, die mächtigeren dagegen, weil schwierig und Gefahr drohend, da sie entweder Feinde zu Nachbarn hatten, oder für sich selbst sich auflehnen konnten, behielt er selbst, damit der Senat, (so gab er vor) ungestört den angenehmern Theil der Regierung, er selbst aber die Mühen und Gefahren hätte; im Grunde aber, um jenen unter diesem Verwände Waffen - und wehrlos zu machen, selbst aber die Waffen zu führen und die Soldaten halten zu können. Es wurde demnach bestimmt, daß Afrika mit Numidien, Asien mit Hellas und dem Epirus, Dalmatien, Macedonicn, Sicilicn, Creta nebst dem xyrenäischen Lybicn, Bithynien nebst dem benachbarten Pontus, Sardinien und Bätica dem Volke und Dio Casims. 9s Bdchn. 2 » 1058 Casssus Dio's Römische Geschichte. dem Senate, das übrige Hispanicn, nämlich das Tarrace- nenstsche nebst Lusitanien, ganz Gallien, das Narbonensisch, sowohl als das Lugdunenflsche, das Aguitanisch« und Celti- sche nebst allen Coloniecn derselben dem Cäsar zufallen sollte». Ein Theil der Celten nämlich, die wir Germanen nenne», hatten das ganze Celtenland am Rheine in Brich gcnommi» und veranlaßt, daß man eS Germanien; von der Quelle de> Rheins herab Obergcrmanien; unten bis zum brirtische» Meere Untergermanien nannte. Die vorgenannten Landet nun, so wie auch Cölesyrien, Phönizier,, Cilicien, Cyper» und Aegypten wurden für jryt zu Cäsar'S Antheil geschlagen. Cäsar dagegen gab Cypern und das Narbvnenstsche Gab lien an das Volk ab und nahm dafür Dalmatien. Dieß geschah später auch mit andern Provinzen, wie der Verlanf der Geschichte zeigen wird. Ich führte die einzelnen deßhalb auf, weil sie jetzt unter besonderen Statthaltern stehe», während sievvrdem je zu zwei oder drei einen Statthalter hatte»; der übrigen erwähnte ich nicht, weil sie theils erst erobert, theils, wenn auch damals schon unterworfen, doch noch nicht eigentliche Römische Provinzen waren, sondern ihre eigene» Gesetz; behielten oder auch unter eigenen Königen stände». Wenn eines derselben später zum Römischen Reiche geschlagen wurde, so habe ich es bei dem jedesmaligen Kaiser angemerkt. Die Provinzen wurden also auf diese Weise vertheilt. 1Z. Um jedoch auch so bei den Römern den Gedanke» nicht aufkomme» zu lasten, daß er es auf wirkliche Alleinherrschaft abgesehen habe, erklärte er, die Regierung der ihm übertragenen Lgnder nur auf zehn Jahre übernehme» 1059 Dreiundfünfzigstes Buch. zu wollen. In dieser Zeit meinte er sie zur Ruhe bringen zu können, „und, setzte er mit jugendlichem Muthwillen hinzu, gelingt es mir schneller, so gebe ich auch sie um so früher zurück." In Folge dessen bestellte er in beiderlei Provinzen Senatoren zu Statthaltern, Aegypten ausgenommen, über das er aus schon berührten Gründen einen Ritter setzte. Hierauf bestimmte er, daß sie jedes Jahr wechseln und durchs Loos gewählt werden sollten, wofern nicht zahlreiche Familie oder Verheirathnng eine Abweichung von der Regel rathsam machte. Sie sollten unmittelbar aus der Senats- Versammlung abgehen, ohne das Schwert zu umgürten, oder das Feldherrngewand anzulegen; nicht blos die beiden vom Amte getretenen Consnln, sondern auch die anderen, welche nur Prätoren gewesen oder unter die Zahl derselben erhoben worden wären, sollten Proconsuln heißen, Lic- toreu aber beiderlei Statthalter haben, soviel die Gesetze in der Stadt zu haben gestatten, die Amtzeichen endlich gleich vor der Stadt anlegen und nicht vor ihrer Rückkunft ablegen. Die andern aber sollten von ihm selbst gewählt und Legaten und Proprätoren genannt werden, wenn sie auch früher das Consulat bekleidet hätten. Von den beiden früher zur Zeit der Vvlksherrschaft üblichen Namen gab er den einen, nämlichPrätor *), den svon ihmsf Gewählten weil er ursprünglich das Kriegsamt bezeichnete, nur hieß er sie Proprätoren; den Namen Consnln aber den Andern, da sie mehr Friedensge- ") kraelor für ziraeilor, (Herzoge), weil sie das Heer anführten. So hießen ursprünglich die Lonsuln, daher noch kraetorium das Cvnsulzelt hieß. 2 t 1060 Div's Cassius Römische Geschichte. schäfte hatten, und nannte sie Proconsnln. Die Name» PLLtor und Consul behielt er in Italien bei, die aussen halb dieses Landes Befindlichen aber, weil sie nur Jener Stelle verträten, nannte er Prvcvnsuln und Proprätoren. Die von ihm Gewählten also ließ er den Titel Proprätor führe» und länger als ein Jahr, so lange er selbst es für gut hielt, ihre Posten bekleide». Liese sollten das Feldherrngewand tragen, und, wenn sie zugleich das Strafrecht über die Soldaten halten, auch das Schwert führen dürfen. Kein Pro- consul, Proprätor oder Prokurator durfte das Schwert führen, wenn ihm nicht auch bei den Soldaten das Urtheil über Lebe» und Tod gesetzlich zuerkannt war. Steht einem Senat», oder selbst einem Ritter Dieses zu, so ist ihm auch Jenes gestattet. So verhält es sich damit. Alle Proprätoren ohne Unterschied haben sechs Lictoren, auch wenn sie früher keine Consnln gewesen waren, und werden von der Zahl der Beile sU-Elk'-iki? ScchsbeiligeZ benannt. Die Abzeichen ihrer Würde legen sie an, sobald sie in die für sie bestimmte Provinz gelangen, und legen sie wieder ab, sobald die Zeit ihres Amtes vorüber ist. "14. Solche Bestimmungen wurden denn für Diejenige» getroffen, welche aus der Mitte der vom Amte getretene» Prätoren und Consnln in die beiderlei Provinzen abgesendet wurde». Auch schickte sie oft der Kaiser wohin und war» er wollte; selbst im Amte befindliche Prätoren und Consul» erhielten die Statthalterschaften über Provinzen, Was auch jetzt noch zuweilen geschieht. Dem Senat, und zwar »a< i mentlich den gewesenen Consuln wies er Afrika und Wen, den gewesenen Prätoren aber die übrigen Provinzen an; 106t Dreiundfünfzigstes Buch. Allen aber insgesammt verbot er. Jemand vor dem fünften Jahre nach dem in der Stadt verwalteten Amte losen zu lassen. Eine Zeitlang losten Alle, wenn ihrer auch mehr waren, als die Provinzen; später aber, als Einige ihr Amt nicht zum Besten verwaltet hatten, wurde dem Kaiser auch die Entscheidung über sie anheimgegeben, und so ertheilte er auch diesen gewisser Maßen ihre Stellen. Er laßt nämlich nur so viele losen, als Provinzen lind, und bestimmt Diejenigen, welche losen dürfen- Einige Kaiser schickten sogar von ihnen Gewählte dahin und ließen denselben ihre Aemter länger als ein Jahr, oder »ergaben die Statthalterschaften an Ritter statt an Senatoren. Diese Bestimmungen wurden damals über die Senatoren getroffen, die in ihren Provinzen das Recht über Leben und Tod halben. Es werden nämlich in die von dem Volk nnd Senat zu vergebenden Statthalterschaften auch solche gesandt, denen Dieses nicht zusteht, Quästoren, die das Lovs bestimmt, und die Beisitzer der höheren-Beamten, denn so nenne ich Letztere mit Recht, nicht als ob ste diesen Namen wirklich führten, sondern weil er ihren Geschäftskreis am besten bezeichnet. Andere geben auch ihnen den griechischen Namen Prcsteuten jLegatcus von denen ich schon oben znr Genüge gesprochen habe. Diese Beisitzer wählt Jeder sich selbst, je Einen die gewesenen Pratoren aus ihren Standesgenossen oder einen N edrigern, drei die gewesenen Consnln gleichfalls aus ihrem Rang, wenn der Kaiser sie tüchtig findet. Auch mit ihnen gab es nachher eine Veränderung, da sie aber von kurzem Bestand war, so will ich sie an ihrem Ort aufführen. 15. Mit den Provinzen des Volkes wird es nun auf 4062 Cassius Dio'S Römische Geschichte. diese Weise gehalten. In die übrigen Provinzen, welche Kaiserliche heißen, und mehr als Eine Römische Legion haben, werde» vom Kaiser selbst, meist aus der Zahl der gewesenen Prätoren, zuweilen auch der vom Amte getretenen Quä- storen oder der andern niederen Beamten gewählte Statthalter geschickt. Mit den Senatoren verhält es sich nun so. Ans der Ritterschaft schickt der Kaiser selbst die Krigsiri- bunen und die früher im Senate Gesessenen, sowie auch die Andern, deren Unterschied ich oben angegeben habe, theils blos'in die Römischen') theils auch in die Nichtröniischen Städte, wie es damals von Cäsar selbst bestimmt worden war. Auch schickt der Kaiser die Proeuraloren, so nennen wir die Beamten, welche die öffentlichen Einkünfte in Empfang nehmen und die Ausgaben machen, zu denen sie angewiesen werden, in alle Provinzen, mögen sie nnn ihm oder dem Volke zugkhören, theils aus der Zahl der Ritter, theils auch. seiner Freigelassenen; nur daß die Proconsuln in den Orten, wo sie Statthalter sind, die Abgaben selbst eintreiben. Auch gibt er den Proeuratoren, Proconsuln und den Proprätoren besondere Verhaltungsbcfehle. Dieß und daß sie sowohl als auch die Andern Gehalte beziehen sollten, wurde gleichfalls damals festgesetzt. Früher hatten besondere Personen mit dem Staatsschätze Verträge gemacht, kraft deren sie Alles, was die Statthalter brauchten, liefern mußten, unter Cäsar aber bezogen sie zuerst bestimmte Sum- ") Stadt« im Römischen Gebiet, oder deren Einwohner das Römische oder das Recht katiums hatten, die Nichtrömischeii waren StLdr« im übrigen Italien und in den Provinzen. 1063 Dreiundfi'lnfzigstes Buch. ine», doch nicht alle gleich große, sondern wie sie die Verhältnisse forderten. Die Prokuratoren wurden sogar nach dem Betrage der Besoldungen, die sie erhielten, benannt. ') Folgende Bestimmungen aber galten für alle Statthalter ohne Unterschied: Sie sollten keine Truppen werben und nicht mehr Geld, als die festgesetzten Abgaben eintreiben dürfen, es müßte denn der Senat oder der Kaiser eS ausdrücklich befohlen haben. Wenn Einer einen Nachfolger erhält, so soll er sogleich dir Provinz verlassen, und sich auf dem Rückwege nicht verweilen, sondern wenigstens in einer Zeit von drei Monaten wieder in Rom seyn. 16 . Diese Anordnungen wurden als» damals von Staats wegen getroffen. Der That nach aber verfügte Cäsar durchaus über Alles, da ihm nicht nur die Heere, sondern auch die Geldmittel zu Gebote standen: denn dem Scheine nach waren die Staatsgelder von den seinigen geschieden, im Grunde aber wurden auch diese nach seinem Willen verwendet. Als die ersten zehn Jahre abgelaufen waren, wurde ihm die Alleinherrschaft auf fünf weitere, dann wieder auf fünf, dann anf zehen, dann wieder auf zehen Jahre durch fünf besondere Eenatsbeschlüsse übertragen, so daß er durch diese wiederholte» Decenuien sei» ganzes Leben hindurch Alleinherrscher blieb. Daher kommt es, daß die folgenden Kaiser, obgleich sie nicht mehr auf bestimmte Zeit, sondern sogleich aus Zeit ihres Lebeus gewählt wurden, doch alle zehen Jahre Feste feierten, als ob ihnen jedesmal ihre *) 8«»ßev»rü, oentevsrii, ckucensrii, wenn sie sechzig, hundert- oder zweimalhunderrtaustnd Sestertien bezogen. L064 Cassius Dio's Römische Geschichte. Herrschaft von Neuem bestätigt würde, WaS sich bis aus die jetzigen Zeiten erhalten hat. Cäsar erhielt s»on früher, als er die Herrschaft niederlegen zu wollen vorgab, und über die Vertheilung der Provinzen im Senate sprach, viele Auszeichnungen, unter andern auch die, daß ihm, dem beständigen Besieger der Feinde und Erhalter deS Baten s landes zu Ehren, die Lorbeerbäume vor seinem Palaste gepflanzt und über diesem ein Eichenkranz aufgehängt werde» sollte. Seine Wohnung aber wird Palatium genannt, nicht weil ihm durch eine eigene Verordnung dieser Name beigelegt ward, sondern weil Cäsar anf dem Palatium wohnte und dort sein Prätorium hatte; auch bekam sein HauS von dem ganzen Berge, weil Romulus der Sage nach daseldsi gewohnt hatte, einige» Glanz. Deßhalb erhält die Wohnung des Kaisers, wenn er auch anderswo sich aufhält, gleichfalls den Namen Palatium sPalast.s Nachdem aber - Cäsar Alles, was er verheißen, ins Werk gesetzt hatte, wurde ihm von dem Volk und Senat der Ehrennamen Äugn stns beigelegt. Man wollte ihm nämlich einen ausgezeichneten Namen geben, und der Eine schlug diesen, der Andere jenen vor. Cäsar wünschte zwar seines Theils Romains genannt zu werden, da er aber merkte, daß er dadurch in den Verdacht komme, als ob er nach der Königswürde strebe, so bestand er nicht darauf und erhielt deuu den Namen Augustus,*) als ob er ein hehres, übermenschliches Wesen wäre. Denn der Begriff des Würdigsten und Augustus wahrscheinlich vom griechischen »fixc-t-u, av/aaeär, glänz reich, vom Götkerglanz umgeben. 1065 Dreinndfünfzigftes Buch. Heiligsten wird mit diesem Worte verbunden. Weßhalb sie ihn auch anf griechisch Sebastos, gleichsam V e rehrungs- würdig, von dem Zeitwort vk/Scktks verehren, nannten. 17. So giug denn alle Gewalt des Volkes und des Senats anf Augustns über und mit ihm beginnt eine förmliche Alleinherrschaft. Denn dieß war es im eigentlichsten Sinne, wenn auch später zwei oder drei zugleich regierten. Der Name der Alleinherrschaft war den Römern zwar so verhaßt, daß sie ihre Kaiser weder Dictatoren noch Könige, noch anf ähnliche Weise benannten; da aber doch die Obergewalt in ihren Händen ruht, so ist nicht abzusehen, warum man nicht sagen darf, daß sie mit Königen beglückt sind. Denn die Obrigkeiten werden zwar bis anf die Censur ganz nach den Gesehen beseht; Alles aber wird ohne Unterschied vollzogen und verwaltet, wie der jedesmalige Kaiser will. Um «beb den Schein zu haben, als ob sie Nichts aus Will- kiibr, sondern Alles den Gesehen gemäß besthen, so haben sie Alles, was unter der Volksherrschast bei den Römern mit ihrem Willen von Gewicht war, mit denselben Namen, die Dictatar ausgenommen, in sich vereinigt. Consnln werden sie sehr oft, und Procvnsuln heißen sie, sobald sie die Ringmauern der Stadt verlassen. Den Namen Imperator aber führen sie durchaus nicht nur die, welche einen Sieg erfochten haben, sondern auch alle Andern, zur Bezeichnung ihrer unbeschränkten Macht, statt sich König oder Dictator heißen zu lassen. Die Namen selbst nehmen sie zwar nicht mehr an, da sie in dem Staate geächtet sind, das Wesen derselben aber sichern sie sich in dem Imperatortitel. Unter diesem Namen heben sie Truppen aus, treiben Gelder ein, er- 1066 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. ! klären Krieg» schließen Frieden, schalten überall ohne Unter- I schied über Provinzen und Bürger, so daß sie innerhalb - der Ringmauern selbst Ritter und Senatoren mit dem Tode ! bestrasrn können und üben alle Gewalt aus, die sonst tie Consuln oder Andere mit unumschränkter Machtvollkommenheit bekleidete Obrigkeiten zu handhaben berechtigt waren. Kraft ihrer Censorwürde haben sie die Aufstcht über unsern . Lebenswandel und unsere Sitten, vollziehen die Schätzung. ! nehmen unter die Ritterschaft und den Senat auf, oder ^ schließen davon aus, wie sie es immer für gut finden mögen. Dadurch aber daß sie Mitglieder aller Priesterkvllegien find, und überdieß die Stellen an denselben nach Willkühr vergeben, auch immer wenigstens Einer. Oberpriester ist, wenn zwei oder drei Kaiser sind, haben sie selbst alle weltliche und geistliche Macht in Händen. Die Volkstribunengewalt, welche z» den besten Zeiten der Volksherrschaft in Kraft war, gibt ihnen die Bcfugniß, jedem Senatsbeschluß, der ' ihnen nicht zusagt, entgegenzutreten, und sichert ihre Un> verletzlichkeit, so daß sie Jedem, der sich durch Wort oder That im Geringsten gegen sie verfehlt zu haben scheint, ohne Urtheil und Recht als Verbrecher das Leben nehmen können. Das Volkstribunat wirklich zu bekleiden, halten sie, als Patricier, nicht für zuläßig, eignen sich aber alle Macht der Volkstribuncn in ihrer vollsten Ausdehnung a», auch lassen sie ihre Regierungssachen darnach berechne», als ob sie alle Jahr das Tribnnat sich mit den jedesmaligen Volkestribnnen erneuern ließen. Diese einzelnen Gewalten aus der Zeit der Volksherrschaft, so wie sie vordem üblich waren, haben st« ! unter denselben Namen beibehalten, damit sie Nichts der- ^ Dreiundfünfzigstes Buch. 1067 gleichen ohne eine Uebertragnng von Seiten der Bürger auszuüben scheinen möchten. 18 . Aber noch ein weiteres Vorrecht wußten sie sich zu verschaffen, weiches keinem der alten Römer früher eingeräumt wurde, und durch welches sie allein schon Dieß und alles Andere zu thun ermächtigt werden. Sie sind nämlich von den Gesehen entbunden. Was der lateinische Ausdruck sle-ikus rolnus besagt; d. h. sie sind nicht nothwendig an den Zwang der Gesetze gebunden, und an kein geschriebenes Gesetz gehalten. So haben sie sich mit all der Macht umgeben, welche bei der Volksgewalt früher üblich war, und sind in Wahrheit Könige, ohne den gehässigen Titel zu führen: denn die Beinamen Cäsar und Augustus legen ihnen keine besondere Gewalt bei, sondern bezeichnen theils die Nachfolge des Geschlechts, theils den Glanz ihrer Würde. Die Benennung Vater gibt ihnen vielleicht eine Gewalt, die einst die Vater über die Sohne ausübten, über uns Alle; hatte aber eigentlich diese Bedeutung nicht, sondern ward ihnen zur Ehre und Aufmunterung ertheilt, daß sie die Unterthanen wie Kinder lieben, endlich sie wie Vater scheuen sollten. Dieß sind alle die Namen, welche die Machthaber, nach den Gesetzen oder dem Herkommen zu führen pflegen. Jetzt werden sie ihnen meist zumal, den Censvrnamen ansge» nommen, ertheilt; früher aber zu verschiedenen Zeiten einzeln zuerkannt. Das Censvramt nämlich nahmen Einige Kaiser nach althergebrachter Sitte an, Domitian aber führte diesen Titel auf Lebenszeit, doch geschieht Dieß heut zu Tage nicht mehr. Da sie diese Gewalt ihrem Wesen nach besitzen, so werden sie nicht mehr besonders zur Censur gewählt uud 1068 Cassius Dio's Römische Geschichte. führen Liesen Titel blos, wenn sie wirklich die Schätzn»; halten. 19. Eine solche Umwandlung zum Besser» und Hess samer» erfuhr damals die Staatsversaffuug; denn die Volki- herrschaft zu behaupten war schlechterdings nicht mehr möglich. Dieß hat auch auf die Gcschichtserzählung den Einfluß, daß nicht mehr Alles, wie früher berichtet werden kann: denn früher wurde Alles, selbst wenn es in den entferntesten Landern geschah, vor das Volk und den Senat gebracht; ; so daß es Alle erfuhren und der Nachwelt überliefern könn- ! teu. Wenn also auch Einzelne bei ihren Berichten sich von Furcht oder Gunst, von Freundschaft oder Haß leiten ließen, so konnte die Wahrheit theils bei Denen, welche dieselben Dinge berichteten, theils aus den öffentlichen Urkunden erhoben werden. Von jetzt an aber wurde das Meiste als StaatS- geheimniß verschwiegen, und findet, wenn eS auch zu öffentlicher Kunde gelangt, da man der Wahrheit nicht auf den Grund kommen kann, keinen allgemeinen Glauben mehr, da man vermuthet, daß Alles, was gesprochen und gethan wird, fleh nach dem Willen der Machthaber und Derer, die sie an ihrer Herrschaft theiluchmen lassen, bequemen muß. So kommt es, daß Vieles, das nie geschah, als geschehen verbreitet wird. Vieles aber, das wirklich geschehen ist, nicht zur Kenntniß der Andern kommt, oder wenigstens anders, als es geschehen ist, berichtet wird. Aber auch die Größe des Reichs und die Menge der Thatsachen machen die Begründung derselben äusserst schwierig. So geschieht Vieles in Rom in den Provinzen und in Feindesland immer und tagtäglich, wovon Niemand ausser den dabei Betheiligten 1669 Dreiundfünfzkgires Buch. etwas Genaues erfährt; ja die Meisten wissen nicht einmal, daß es überhaupt vorgefallen ist. Daher kann ich auch in der Folge Was ich berichten muß, nur so berichten, wie es allgemein bekannt geworden ist, ohne dafür zu stehen, daß es sich wirklich so begeben hat. Ich werde jedoch auch, so weit es angeht, meine Ansieht mit einstießen lassen, wo ich durch Aufschlüsse, die ich las, horte oder sah, von Dem, was allgemein bekannt wurde, abweichen muß. »0. Als Cäsar den Beinamen Augustus erhalten hatte, begab sieh ihm sogleich in der folgenden Nacht ein beben» tungsvolles Zeichen. Die Tiber trat über ihre Ufer und überschwemmte aste Niederungen Roms, so daß man daselbst auf Kähnen fahren konnte. Die Wahrsager prophezeiten ihm daraus, daß er zu hoher Macht gelangen und die ganze Stadt in seiner Gewalt haben werde. Alle, die jetzt Cäsarn im Uebermaß ihre Ergebenheit bezeugt n, überbot ein gewisser Sextus Pacuvius, oder wie ihn Andere nennen, Apudius. Er weihte sich ihm nach der Art der Hispanier feierlich im Senat, und rieth den Andern das Gleiche zu thun. Als Augustus es ihm wehrte, sprang er zu der aussen stehenden Menge hervor (er war nämlich Volkstribun), und zwang nicht nur Diese, sondern auch die Andern, die er auf den Straßen und in de» Gäßchen traf, sich gleichfalls dem Augustus zu weihen. Daher schreibt sich, daß wir noch jetzt, wen» wir einem Herrscher unsre Glückwünsche darbringen, die Worte sprechen: wir weihen nns Dir. Er setzte auch durch, daß man diese Weihung mit einem Opfer feierte und erklärte einmal öffentlich, daß er den Augustus mit seinem Sohne zu gleichen Zeiten als Erben einsetze, nicht weil er 1070 CassiuS Dio's Römische Geschichte. eben Diel hatte, sonder» weil er »och mehr bekommen wollt,: Was denn auch geschah. S1. Augustus that nicht immer alles Andere, was dit , Verwaltung betraf, mit größtem Eifer, weil ihm so willig,, j Gehorsam wurde, sondern gab auch viele Gesetze. Ich werdest ^ aber nicht alle im Einzelne» anführen, sondern nur diejenige,, I die von Belang für meine Geschichterzählung sind. Dasseli, > werde ich auch bei Dem thun, was in der Folge geschah, m nicht durch Aufzahlung all der Verfügungen, um die sich dü- jenigen, die eS am meisten sollen, am wenigsten bekümmern, die Leser zu ermüden. Jedoch folgte er nicht in Allem sei«,, eigenen Ansicht, sondern brachte Einiges selbst vor das Volk um zu erfahren, was etwa nicht Beifall fände, und eS dann abzuändern. Er forderte nämlich einen Jeden auf, ihm sein«, Rath zu geben, ob er vielleicht etwas Besseres wüßte. Er gestattete, sich mit aller Freimüthigkeit auszusprechen, »ab nahm auch Mehreres zurück. Gemeiniglich aber zog er dir Consuln, oder wenn er selbst Consul war, seinen Mitconsul von den übrigen Beamten, je einen und aus der Zahl drr übrigen Senatoren fünfzehn Glieder, die durchs Loos bestimmt wurden, auf sechs Monate als Räthe bei, so daß es den Anschein hatte, als ob er in ihnen gewissermaßen Alle an seinen Berathungen Theil nehme» ließe. Er brachte nämlich Einu ges auch vor den gesammten Senat, hielt es aber doch für besser, das Meiste und Wenigste mit Wenigen nach Mnüe in Betrachtung zu nehmen, auch saß er zuweilen in Gemeinschaft mit diesen zu Gerichte. Zwar hielt auch der gesammtr Senat für sich allein Gericht, wie früher, und hörte Gesandtschaften und Abgeordnete von Völkern und Königen, und das 1071 Dreiundflinfzigstes Buch. Volk versammelte sich zu Wahlen; es geschah jedoch Nichts, das nicht seinen Beifall hatte. Zu Aemtern wählte und empfahl er selbst die betreffenden Männer, Andere jedoch ließ er von, ganzen Volk und dem Bürgerstande nach herkömmlicher Weise wählen, und sorgte nur dafür, daß kein« Untüchtige durch Umtriebe, Ränke oder Bestechung bezeichnet wurde». Aus solche Weise leitete Angustus die Verwaltung des Ganzen. 22. Doch ich komme wieder auf das Einzelne der Begebenheiten zurück, bei denen ich mich an die Jahre der Cvn- suln, unter denen sie vorfielen, halten muß. Da er fand, daß die Straßen außerhalb der Stadt durch Vernachlässigung im schlechtesten Zustande waren, so übertrug er in dem vorgenannten Jahre den Senatoren, dem Einen diese, dem Ander» jene auf eigene Kosten auszubessern. Die Flaminische übernahm er selbst, weil er auf ihr mit dem Heere ausziehen wollte. Diese ward auch sogleich hergestellt, wcßhalb ihm auch auf der Tiberbrücke und in Ari- minum Bildsäulen auf Ehrenpforten errichtet wurden. Die andern wurden später, da die Senatoren nicht gerne Summen aufwendeten, auf Kosten des Staats, oder wenn man lieber will, des Angustus in Stand gesetzt. Ich kann nämlich die verschiedenen Kassen nicht genau unterscheiden, selbst wenn es auch wahr ist, daß Angustus einige von Freunden und Bürgerschaften ihm zu Ehren gegossene silberne Bildsäulen einschmelzen und in Münze umprägen ließ, um den Schein zu haben, als ob >ec Alles aus eigenen Mitteln bc- streite. Deßwegen biu ich auch nicht gemeint, im einzelnen Falle anzugeben, ob der jedesmalige Machthaber eine Ausgabe LV72 Cassins Div'6 Römische Geschichte. aus -er Staatskasse oder aus -er eigenen bestritten habe: -eun oft geschah beides zugleich. Wie sollte man auch dergleichen Posten als Anlehen oder Geschenke aufführen, da Volk und Kaiser so oft dergleichen gemeinschaftlich bestreiten? Dieß that nun damals AugustuS, und rückte dann mit dem Heere ins Feld gegen Britannien, blieb aber vorerst in Gallien, da Jene zu Unterhandlungen geneigt, die Gallier aber wegen der gleich nach ihrer Bezwingung entstandenen Bürgerkriege noch nicht zur Ruhe gekommen waren. Er führte daher eine Schätzung bei ihnen ein und ordnete ihre Lebensweise und Regierungsform. Von da ging er nach Hispanicn *) und stellte auch hier die Ordnung her. 2Z. Im folgenden Jahr übernahm er zum achtem»«! daS Consulat mit Taurus Statilius und Agrippa, weihte die sogenannten Sexta**) ein, da er sich nicht mit Straßenbau befassen mochte. Diese befanden sich auf dem Marsfcld und waren für die Tributcomitien von Lepidus mit Säulengängen rings umgeben, von Jenem nun mit steinernen Platten ausgelegt und mit Gemälden geschmückt, zu Ehren des AugustuS aber Sexta Julia benannt. Dieß erregte jedoch so wenig Neid, daß er vielmehr sowohl bei AugustuS selbst, als auch bei alle» Andern darob hoch geehrt wurde. Es kam Dieses daher> daß er ihm bei Allem, was er Menschenfreundliches, Rühmliches und Nützliches that, mitrieth und half, ohne sich daraus ein Verdienst zu machen, die von AugustuS übertragenen Ehrenstellen nicht zn eigenem Vortheil oder Genuß, *) Dieß geschah erst im folgenden Jahr. **) Ein mit Schranken umgebener Platz. 1073 Dreiundfünfzigstes Buch. sondern zn des Augustus und des Staates Wohl verwaltete, währaud Cornelius Galsus durch Auszeichnungen sich zur Ungebühr verleite» l»s>. Er erlaubte sich nämlich viel eitles Geschwätz über Augustus und l eß sich viele Vergehen zn Schulden kommen. Er ließ Bildsäulen von sich in ganz Aegypten ausstellen und seine Thaten aus die Pyramide» schreiben. Darüber ward er von Dalerins Largus, einem seiner Freunde und Gesellin-after, angeklagt, von Augustus seiner Ehrcnstellen entsetzt, und durfte nicht in dessen Provinzen sich aushalten. Als dieß geschah, traten auch viele Andere gegen ihn auf und brachten viele Klagen wider ihn vor. Der Senat beschloß ihn in Untersuchung zu ziehen uud mit Verlust seines Vermögens in Verbannung zu schicken, dem Augustus das Legiere zuzusprechen und ihm ei» feierliches Opfer zu brinqer. G llus grämte sich hierüber so sehr, daß er sich selbst das Leren nahm. 24. Der Fall des Gallns zeigte, wie unzuverlässig die Gesinnung so vieler Menschen ist. Sie, die ihm bisher geschmeichelt hatte», bewiesen sich jetzt so gegen ihn, daß er sich selbst den Tod geben mußte, und wandten sich dem Largus zu, dessen Einfluß im Singe» begriffe» war, gleich bereit, ihm wenn er in einen ähnlichen Fall käme, ebeuso mitzuspielen. Proculejus*) wenigstens legte deutlich an Tag, Was er von ihm hielte: als er ihm mit seinen Freunden begegnete, hielt er sich mit der Hand Mund und Nase zu, indem er dadurch zn verstehen gab, daß man in seiner Gegenwart H Im Terte: Pracnlius. S. jedoch oben St. 1l. Dio Cassius. Ss Vbchn. 3 L074 Cassius Dio'S Römische Geschichte. ohne Gefahr nicht athmen dürfe. Ein Anderer, der ihm ganz unbekannt war, trat mit Zeugen auf ihn zu und fragte ihn, ob er ihn kenne. Als er es verneinte, so ließ er ei förmlich zu Papier bringe», als ob der Schlechte nicht auch Einen, den er nicht kannte, anschwärzen könnte. Immer sind jedoch die Menschen geneigter, Andere in ihren, wem ^ auch schlechten Handlungen nachzuahmen, als sich durch ihr j Unglück warnen zu lassen. Einen Beleg hierfür gab MarcuS Egnatius Rufus, der als Aedil theils Andern Dienste leistete, theils auch bei einem Brande viele Häuser mit Hülfe seiner Sclaven und anderer gedungener Leute gerettet hatte und dafür die mit seinem Amte verbundenen Kosten vom Volke zurückerhielt, und selbst gegen die Gesetze zum Prätor ernannt wurde, dadurch aber so aufgeblasen ward, daß er sich selbst höher als Augustus dachte, pnd in einem öffentlichen Anschlage bekannt machte, daß er die Stadt unbeschädigt und unverletzt seinöm Nachfolger »hergeben habe. Darüber ärgerten sich nun alle andern vornehmen Römer, am meisten aber Augustus. Um ihm eine Witzigung zu geben, sich nicht über Andere zu erheben, verordnete er gleich darauf den Aedilen, sie sollten die Stadt vor Feuersgefahr bewahren, und wenn Feuer auskomme, solches schleunigst zu löschen suchen. 25. In demselben Jahre wurde der König Polemo in Pontus unter die Freunde und Bundesgenossen des Römischen Volkes aufgenommen, den sRömischenj Senatoren aber in seinem ganzen Reiche bei allen' Schauspielen der erste Sitz eingeräumt. Des AugustuS Feldzng gegen Britannien, mit dem die Unterhandlungen keinen Erfolg hatten, vereitelte die Empörung der Salasser nnd ein offener Krieg mit den 1075 Dreiundfünfzigsleö Buch. Cantabern und Asturicrn. Jene wohnen ani Fuße der Alpen, wie schon früher angegeben wurde, die beiden Letzter» aber bewohnten den von der Natur geschütztesten TheilHispanieus an den Pyrenäen und die von diesen beherrschten Niederungen. Angnstns, der bereits zum neuntenmal mit MarcuS Silanus Conseil war, sandte den Terentius Darro gegen die Salasser. Dieser rückte damit sie sich nicht vereinigen und schwieriger zu bezwingen seyn möchten, von mehreren Seiten in ihr Land, besiegte sie, da sie sich ihm nur in kleineren Haufen entgegenstellten, mit leichter Mühe und zwang sie zur Unterwerfung. Er verlangte nun, als sollte ihnen sonst nichts zu Leid geschehen, eine bestimmte Summe von ihnen. Hierauf schickte er, vorgeblich zur Eintreibung des Geldes nach allen Seiten Soldaten hin, ließ die jungen Leute aufgreifen und verkaufte sie unter der Bedingung, daß Keiner von ihnen vor zwanzig Jahren in Freiheit gesetzt werden sollte. Den besten Theil des Landes gab er an einen Theil der Prätoria- ner, und es ward Augusta Prätorianorum gegründet. Augustus selbst führte zumal gegen di-eAsturier und die Cantabern Krieg. Als sie sich aber nicht unterwarfen, da sie im Vertrauen auf ihre von Natur festen Berge, an Streitkräfteu nicht gewachsen und blos aus Pseilschüycn bestehend, nicht handgemein wurden, durch die Besetzung der Anhöhen und durch Hinterhalt in Thälern und Wäldern aber viel zu schassen machten: so wußte er nicht, wie er sich helfen sollte. Mühe und Sorgen warfen ihn in Tarraeona, wohin er sich ") Jetzt Aosi a. 3 « 1078 CassiuS Dio's Römische Geschichte. begeben batte, auf das Krankenlager. Cajus Antistius sehte indessen den Krieg fort und erkämpfte mehrere Vortheile, nicht als ob er ein besserer Feldherr als AugustuS gewesen wäre, sondern weil die Feinde, die, sich zu. wenig aus ihn, machend, ihm zu Leibe gingen und geschlagen wurden. So nahm er selbst einige Plätze und Titus Carisius nach ihn, Lancia, die grüßte Stadt der Asturier, die von den Einwohnern verlassen worden war, und machte noch viele andere Eroberungen. 2ö. Nach Beendigung dieses Krieges entließ Augustui die älteren Soldaten und ließ sie in Lusttauien eine Stadt August« Emerita") gründen. Den jüngern Soldaten lief er durch Marcellus und Tiberius, welche die Stelle der Aedi- len vertreten mußten, mitten im Feldlager Schauspiele geben. Dem Juba gab er für sein väterliches Reicht) einige Bezirke Gätuliens (da die andern grvßtenthcilS schon Römisch waren) nebst den Ländern des Bacchus und Bo- gud. Nach dem Tode deS Amyntas ss) ließ August dessen Reich nicht seinen Söhnen, sondern machte sie zur Römischen Provinz. So erhielt Gakatien und Lycaonten eine» Römischen Statthalter; die Städte Pamphyliens, weiche früher dem Amystas zugetheilt worden waren, kamen wieder zur früheren Statthalterschaft. Um dieselbe Zeit hatte Markus Viuicius an Celtische Völkerschaften, weil sie Römische *) Jeizt Mcrida. ") Numidie». "*) Beide Maurikanien. t) König von Gaiaricn und einem Tdeilc von Lrcaonirn und Pamphplieu, früher Schreiber des KöuigS Deiotarus. Dremndfünfzkgstes Buch. 1077 Bürger, die des Handels wegen in ihr Land gekommen waren, ergriffen und umgebracht hatten, Rache genommen und dem Angnstus den Jmperatortitel verdient. Zwar wurde ihm auch ein Triumph, theils hierüber, theils wegen anderer damals verrichteter Thaten, zuerkannt; weil er sich ihn aber verbat, so wurde ihm ein Triumphbogen auf den Alpen errichtet und erlaubt, an jedem N-ujahrstage eine Triumphkrone und ein Triumphgewand zu tragen. Diese KriegSthaten verrichtete August und ließ den während dieser Zeit geöffneten Janus- Lempe! wieder schließen. 17. Agrippa verschönerte indessen die Stadt auf eigene Kosten- So erbaute er den sogenannten Sciulengang Neptuns zum Andenken an die erfochtenen Seesicge und schmückte ihn mit einem den Argvnautenzug vorstellenden Gemälde, und richtete das Laconische Schwitzbad ein, das er das Laconische Gymnasium nannte, weil die Lacedämonier damals noch diejenigen waren, die sich vor Andern bei den Kampfübungen zu entblößen und mit Oel zu salben pflegten, Auch baute er das Pantheon aus. Es wird aber so genannt, vielleicht weil bei den großen Abbildungen des Mars und der Venus viele kleinere Götterbilder angebracht waren; wie ich aber glaube, weil es kuppelförmig gebaut dem Himmelsgewölbe gleicht. Auch den Angnstus wollte Agrippa zuerst darin aufstellen und das Ganze nach ihm benennen; als dieser aber Beides nicht annahm, so stellte er dort die Bildsäule des ältern Cäsar, in dem Vorhofe aber die des Angnstus und seine eigene auf. Weil dieß nicht aus einem Streben, sich dem Augnstus gleichzustellen, sondern aus großer Anhänglichkeit «n ihn und aus einem Elfer für da« gemeine Beste hervor- 1078 Cassins Dio's Römische Geschichte. ging, so hatte Augustns nicht nur Nichts dagegen, sondern ehrte idn darob nur noch mehr. Als er wegen Krankheit die Vermählung seiner Tochter Julia mit seiner Schwester Sohn Marcellus nicht selbst feiern konnte, so ließ er die Feierlichkeiten durch ihn besorgen. Als das Haus auf dem Palattnischen Berg, das früher dem Anronrus gehörte, später aber dem Agrixpa und dem Messala svonAngustus^ geschenkt worden war', so beschenkte er den Messala mit Geld, den Agrippa aber nahm er zu sich in das Palatium anf. Natürlich war es, daß Agrippa sich auf diese Ebre riel zn Ente that. Auch Cajns Tboranius wurde nicht darob getadelt, daß er als Volkstribun seinen Vater, einen Freigelassenen, mit sich ins Theater nahm und neben sich auf dem tribunieischen Sitze Platz nehmen ließ. Publins Scrrsilius machte sich dadurch einen Namen, daß er als Prätor dreibnndert Bären und ebensoviel andere Thiere aus Afrika dem Volke bei einem Thiergefccht zum Besten gab. 28. Hierauf war Augustus zum zehntenmal Consul mit baju« Nprbanus, und am Nenjcthrstage schwor ihm derbe- nat den Eid der Treue und bestätigte seine Verfügungen. Als er sich der Stadt näherte (seine Krankheit verzögerte seine Ankunft) und dem Volke männiglich hundert Denare zu schenken versprach, sein Schreiben aber nicht eher anschlage» hieß, als bis auch der Senat seine Zustimmung gäbe, sprach man ihn von allem Zwange der Gesetze frei, damit er, wie schon berichtet wurde, als unumschränkter Herr seiner selbst, Was er wollte, thun, und Was er nicht wollte, lassen könnte. Diese Machtvollkommenheit, wurde ihm noch in seiner Abwesenheit zuerkannt. Bei seiner.Ankunft geschah theils 1079 Dreiundfünfzigstess Buch. Anderes z»r Feier seiner Genesung und Ankunft, theils wurde Marcellns mit Senaeorenrang in den Senat aufgenommen- und ihm die Erlaubniß ertheilt, zehn Jahre vor der gesetzlichen Zeit. sich um das Cvnsulat zu bewerben, Tiberius sollte fünf Jahre früher um jedes Amt, anzuhalten ermächtigt seyn. Auch wurde dieser sogleich zum Quästor, Jener aber zum Aedil erwählt. Als es aber an Quastoren in des Provinzen fehlte, wurden Alle, welche seit zehn Jahren von der Stadtquästnr nicht in die Provinzen abgegangen waren, zur Verloosnng zugelassen. Dieß sind die merkwürdigen Begebenheiten , die sich damals in der Stadt selbst zutrugen. 2g. Die Cantabern und Asturier hatten nicht sobald vernommen, daß Augustus aus Hispanien abgegangen sey, und den Lucius Aemilius zum Statthalter über dasselbe bestellt habe, als sie sich erhoben. Ehe sie aber dem Aemilius über ihre Absichten etwas kund thaten, ließen sie demselben sagen. Laß sie seinem Heere Getreide nnd andere Bedürfnisse zum. Geschenke machen wollten. Als hierauf viele Soldaten abgeschickt wurden, um sie abzuholen, führten sie diese in feste Plätze und machten sie nieder. Doch dauerte ihre Freude nicht lange: ihr Land wurde verheert und mehrere Städte niedergebrannt, den Gefangenen aber, Was die Hauptsache war, die Hände abgehauen, so daß sie sich schnell zur Unterwerfung bequemen mußten. Zur selben Zeit begann nnd endete ein neuer Feldzug: Aelius Gallus, der Statthalter Aegyptens, that einen Einfall in das sogenannte glückliche Arabien, über welches Sabos König war. Anfangs ließ sich Niemand sehen, sein Zug aber war nicht ohne Beschwerden. Die Wüste» , die Sonnenhitze und das ungesunde Wasser 108 t) CassiuS Dio's Römische Geschichte. brachten sein Heer in solche Roth, das; der größte Theil zu Grunde ging. Es befiel sie eine Seuche, die von den gewöhnlichen ganz verschieden war. Den ersten Anfang siitltk man in dem Kopf, den sie ganz rern vcknete und wodurch sie die meisten sogleich hinraffte. Bei den Ueberlebenden übersprang das Uebel den übrigen Körper, sehte sich in die Beine und richtete sie kläglich zu. Nichts half dagegen, wenn Einer nicht Oel mit Wein vernm'a t trank nud sich die Haut damit beftrich. Dieß konnten aber nur Wenige thun: denn das Land bringt keines von beiden hervor, und Jene hatten nicht viel bei sich. I,: dieser Noth fielen auch noch die Feinde, welche Anfangs, so oft sie ihre Angriffe erneuerten, den Kürzern gezogen und selbst einige f sie Plähe eingebüßt hatten, über sie her, und na men ihnen unter dem Beistande der Krankheit nicht nur das Verlorene wieder ab, sondern trieben auch die noch übrigen Römer ens dem Lande. Dieß waren die ersten, oder, wie-ich glaube, die einzige» Römer, welche als Feinde so weit in d es,m Theile Arabi nS rordrangen, denn sie waren nach Athlnli, einer ansehnlichen Stadt gekommen. ZO. In seinem eilsten Eonsnlate, das er initEalpnrnius Piso angetreten hatte, erkrankte Anqiistn- von Neuem und Jedermann verzweifelte an seinem Auskommen. Er selbj! traf in Erwartung des Todes die nöthigen Verfügungen, ließ die Staatsbeamten und die vornehmsten Senatoren »nd Ritter vor sich kommen, und ernannte uvar keinen Nachfolger, obgleich alle erwarteten, daß Marcellus hierfür vor den Ankern von ihm bestimmt werden würde, sprach aber in Gegenwart der Versammelten einige Worte über die Staats- j08il DreiundfünfzigsteS Buch. Angelegenheiten, übe gab dem Piso ein Derzeichniß derKriegs- macht und der Staatseinkünfte, demAgrippa dagegen seinen Siegelring. Schon w>>r er nicht mehr im Stande, Anderes als nnr das Nöthigste zu thun, als ihm ei» gewisser Anto- nius Mnsa durch kalte Waschungen und durch kalter Getränke das Leben rettete, wofür er von Angustus und dem Senat große Geschenke an Geld und die Erlaubniß! goldene Ringe zu tragen (denn er war ein Freigelassener) und für sich und seine Kunstgeroffen Steuerfreiheit für jetzt und aus ewige Zeiten erhielt. Ihm aber, der in das Walten des Glücks und des Schicksals eingreife» wollte, sollte die Beschämung auf dem Fuße folgen. Angustus wurde auf diese Weise gerettet; als nun gleich daraus Marcellus erkrankte, und oon demselben Mnsa auf gleiche Weise behandelt wurde, mußt' er sterben. Ihm hielt 'Angustus ein feierliches Leichenbegäng- niß und ließ ihn, nachdem er ihm selbst die herkömmliche Lobrede gehalten, in der Gruft des oon Cäsar angefangenen Theaters beisetzen, und dieses nach ihm das Marcellische nenne». Auch verordnete er, daß ein goldenes Bildniß desselben mit einer goldenen Krone und einem cnrillischen Stuhle bei den feierlichen Spielen auf das Theater gebracht und in der Mitte der dieselben besorgenden Beamten aufgestellt werden sollte. Doch diese Verordnung gehört in die spätere Zeit. Zt. Nach seiner Genesung brachte Angustus sein Testament in den Senat und wollte es vorlesen, um aller Welt zu zeigen, daß er Keine» darin zum Nachfolger bestimmt hätte. Es kam jedoch nicht dazu, da man es nicht geschehen Damit ist die Ausnahme in den Ritterstand bezeichnet. 1082 Casiins Dio's Römische Geschichte. ließ. Man wunderte sich jedoch allgemein, das; er dem Man cellus, den er doch als Schwiegersohn und Neffen so sehr liebte, den er außer andern Auszeichnungen, bei seiner Agilität zu den Spielen, die er zu geben hatte, ausS glänzendste unterstützte, zu welchem Ende er den Markt den ganzen Sommer über mit Vorhängen überspannte, auch einen sRö- misckens Ritter als Tänzer und eine vornehme Dame als Tänzerin auftreten ließ, dennoch die Alleinherrschaft nicht anvertraute, sondern dem Agrippa den Vorzug gab. Er sehte, wie es scheint, noch nicht genug Vertrauen in die Umsicht des jungen Mannes und wollte daher entweder dem Volke die Freiheit wiedergeben, oder den Agrippa die Herrschaft übernehmen lasse». Er wußte nämlich wohl, daß Jener beliebt war und wollte doch nicht den Schein haben, daß er sie ihm übertragen hätte. Z2. Als er wieder genas und merkte, daß MarcclluS deßhalb mit Agrippa gespannt war, so schickte er sogleich den Agrippa nach Syrien, damit sie nicht, i» beständiger Berührung lebend, miteinander in Reibungen und Händel gerathen möchten. Agrippa ging auch sogleich von Rom ab, begab sich aber nicht nach Syrien, sondern schickte, indem er noch größere Mäßigung zeigte, nur seine Legaten dahin und verweilte selbst in Lesbos. Hierauf beschränkte Augustns die Zahl der Prätoren auf zehn, da er mehrerer nickt mehr bedurfte, und dieß wurde mehrere Jahre so gehalten. Don dielen sollten acht die bisherigen Geschäfte besorgen, zwei aber je die Schatzkammer unter sich haben. Nun legte Au- gustus, als er ins Albanische ging, l»m dort daS Latinersest zu Haltens das Consulat nieder. Weil er, seitdem der Staat 1083 Dreiundfünfzigstes Buch. die neue Verfassung erhalten hatte , mit den mcistenlAndcrn das Consulat das ganze Jahr hindurch bekleidete, und er hierin eine Aenderung beabsichtigte, damit Mehrere dieß Ehrenamt bekleiden konnten, so that er es außerhalb der Stadt, um nicht in seinem Vorhaben behindert zu werden. Schon darob wurde er gelobt, noch mehr aber, daß er den Lucins Sextius an seiner Statt wählte, der immer ein Freund des Brutus und dessen beständiger Begleiter in seinen F-ldzügcn gewesen war, auch dessen Andenken immer noch ehrte und Bildnisse von ihm in seinem Hanse hatte, und nie anders als mit Ehren von ihm redete. Er haßte den Mann ob seiner Freundschaft nicht nur nicht, sondern zeichnete ihn noch durch jene Ehrenbezeugung aus. Deßhalb bestimmte der Senat, daß Augustus auf Lebenszeit Bolkstribnn seyn, und in Senatsflhung, auch wenn er nicht Conftil wäre, über einen beliebigen Gegenstand einen Antrag zur Berathung halten, und auf immer proconsularische Gewalt haben sollte, ohne sie mit seinem Eintritt in die Ringmauern niederlegen, oder später wieder erneuern lassen zu müssen. Auch sollte er in den Provinzen höhere Gewalt als die jedesmaligen Statthalter haben. Von dieser Zeit an war sowohl er, als auch jeder seiner Nachfolger gewissermaßen berechtigt von diesen Vorrechten und der Gewalt der Volkstribnnen Gebrauch zu machen: den Titel eines Bolkstribuns nahm jedoch weder Augustus noch irgend ein anderer Kaiser 'an. 55. Diese Auszeichnungen scheint man ihm jedoch damals nickt aus Schmeichelei, sondern aus wahrer Hochachtung zuerkannten haben. Er behandelte nämlich die Römer stets als freie Bürger, und als Teridates persönlich, Phraates 1084 Cassius Dio's Römische Geschichte. aber durch Gesandte ihre Klagen gegeneinander in Nun, anbrachten, so stellte er sie vor den Senat. Als dieser ihm die Entscheidung überließ, so lieferte er zwar den Teridaket dem Phraates nicht aus, schickte diesem aber seinen Sohn, den er von ihm als Geisel hatte, unter der-Bedinzung zurück daß die Gefangenen und die Feldzeichen, welche in bin unglücklichen Kämpfen des Craffns und des BntoniuS in seine Gewalt gekommen waren, zurückgesendet würden. In demselben Jahre starb ein plebejischer Acdil und sein Nachfolger wurde Cajns Calpuruius, der zuvor Curulädil gewesen war, wovon sich sonst nirgends ein Beispiel findet. Während des Latinerfestes waren an jedem Tage zwei Stadtprä- fekte, von denen jedoch Einer noch nicht einmal in das Iüng- ! lingsalter eingetreten war. Den Tod des Marcellus gab man der Livia Schuld, weil er ihren eigenen Söhnen vorgezogen wurde; weil aber dieses und das folgende Jahr sehr ungesund war und Viele hinwegraffte, so blieb es bei dem bloßen Verdacht. Immer werden dergleichen Ungiückefäll« durch Vorzeichen angekündigt: so wurde damals^em Wolf in der Stadt aufgegriffen, und Feuer und Sturm that an Gebäuden vielen Schaden; auch trat die Tiber aus, riß die hölzernen Brücken weg und machte, daß man drei Tage lang in der Stadt auf Kähnen fuhr. Inhalt deS vierundfünfzigstcn Buchs. Angustus verbittet sich die ihm angetragene lebenslänghiche Dictatur und C-nsorwürde. Cap. z— 4 . Krieg gegen die Cantabern, Asturier und Aethioxier. Cap. L. Agrippa wird Stabtpräfeet. Cap. 6. AugustuS trifft besondere Einrichtungen in Eicilien, Griechenland und in anderen Provinzen» und bestellt aus der Zahl der vom Amte getretenen Prä- toren Aufseher über die Straften und die Lebensrnittel. Cap. I., 8.. 17. Agrippa kriegt in Gallien und Hispanien. Cap. II. AugustuS über nimmt die Alleinherrschaft auf neue zehn Jahre, ehrt den Agrixpa noch höher, mustert den Senat, gibt Geseye über den Luxus, feiert die hundertjährigen Spiele und gebt nach Gallien. Cap. 20—24. Noricum, Rhätien und die Anwohner der See- Alpe» werden bezwungen. Cap. 25 — 27. Das Theater des Balbus und das des Marcrlluö wird eingeweiht und der Senat gemustert. Cap. 28—20. Agrippa stirbt und der Taurische Eliersones fallt dem AugustuS zu. Cap. 31 — 33. Tiberius und DrusuS verrichten graste Thaten. Augnstalien und andere Einrichtungen. Cap. 34 — 36. Der Zeitraum begreift dreizehn Jahre, in welchen Folgende Consuln waren: Vor Chr. Nach Erb. RomS. 22. 732. WarcuS Claudius Mareellus Aescrnnuus. des Marcus Sohn, und Lucius Aruntius. des Lucius Sohn. 2,. 733. Warcus Lollius und Luintns Lepidus. 20. 734. Marcus Apulejus, des Serkus Sohn, und 1086 Inhalt des vierundfünfzigsten Buches. Vor^Shr. Nach Erb. Roms. Publius Silius Nero«, des Piibliui Sohn. 19. 735. Scntius Saturninus, des Casus Sohn. und Ouiinus Lucretius Vespills, des Casus Sohn. 18. 7Z6. Cneus Cornelius Lcntulus. des Lucius Sohn, und Publius Cornelius Marceili- nus, des Publius Sohn. 17. 737. Casus Furnius, des Casus Sohn, und Casus Junins Silanus, des Casus Sohn. 16. 738. Lucius Dvmitius Aenobarbus, des Cüeus Sohn, des Circejus Enkel, und Publius Cornelius Scivio, des Publius Sohn, icl Publius Enkel. 15. 739. Marcus Drusus Libo, des Lucius Sohn, und Lucius Calpnrnius Piso, des Lucius Sohn. ' ' 14. 74V. Marcus Licinius Crassus, des Marcus Sohn. und Cneus Cornelius Leutulus, des Cneus Hohn. > 13. 741. Tiberius Claudius Nero, des Tiberius Sohn, und Publius Quintilius Varui. des Sertus Sohn. 12. 742. Marcus Valerius Mcffal« VarbatuS, des Marcus Sohn, und Publius Sulpi- cius Ouirinus, des Publius Sohn. 11 . 743. Paulus Fabius Marimus,' des O.uintus Sohn, und Quiutus Aelius Tubero, d-S Ouizltus Sohn. 10 . 744. Julius AntoniuS, des Marcus Sohn, und Ouintus Fabius Africanus, des Luintus Sohn. »1 ES fehlen hier nach dem Inhalte des griechischen Textes viele Stücke, die von dem lieberseher ergänzt worden sind. Die Ergänzungen sind gesperrt gedruckt. Vierundfünfzigstes Buch. 1087 Vierundfünfzigstes Buch. t. Im folgenden Jahr, in welchem Marcns Marcellns und Lucius Aruntius Consuln waren, würd? die Stadt durch das Austrcten des Flusses abermals unter Wasser gesetzt; auch richtete der Blitz viel Schaden an, unter Anderem traf er die Bildsäule im Pantheon, so daß selbst der Spieß der Hand des Augustus entfiel. Von Krankheiten und Hungers- uoth heimgesucht (in ganz Italien nämlich herrschten Seuchen und Niemand bebaute das Land, und dieselbe Noth war, wie ich glaube, auch außerhalb Italien) kamen die Römer auf den Glauben, daß daran Nichts anderes Schuld sey, als daß Augustus nicht Consul wäre. Sie wollten ihn deßhalb zum Dictator haben, schloßen den Senat in der Curie ein und nöthigten ihn zu diesem Beschluß, indem sie ihm drohten, ihn mit dem Hause zu verbrennen. Hierauf bemächtigten sie sich der der vierundzwanzig Fascen, zogen dem Augustus zu und baten ihn, er möchte sich zum Dictator und Aussehet über die Lebensmittel, wie einst Pompejus, wählen lassen. Nothgedrungen nahm er Letzteres an und ließ je zwei Männer aus der Zahl, der fünf Jahre vorher von» Amte getretenen Prätoren jährlich zur Bert-Heilung des Getreides wählen. Die Dictatur schlug er jedoch aus, ja, er riß sich, als er sie anders weder durch Gründe, noch durch 1088 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. Bitten beschwichtigen konnte, das Gewand sdie Toga) M der Brust. Er befaß Gewalt und Ehre, welcbe die b,r Dictatur bei Weitem überwog, und handelte weife, eine» Namen nickt anzunehmen, der ihm nur Neid und Haß erwecken mußte. 2. Dasselbe that er, als man ihn auf Lebenszeit zina Censor machen wollte. Er nahm das Ehrenamt nicht an, sonden wählte sogleich zwei andere Censoren, Paulus Leipi- liuS LexidnS und Lucüis Munatius Planend. Dieser war ein Vrnder jenes Plancus, der anf der Aecktungsliste stand, nnd Lepidns war sogar zum Tode vcrurtheilt worden. Dieß war das letzte Beispiel, daß zwei Privatleute Censoren wurden , waS auch sogleich rorbedeutet ward. Das Tribunal, auf welchem-sie Amtsbeschäste verrichteten, brach am erste» Tage ihrrS Amtantritts zusammen und zerfiel in Stücke. Nack diesem Vorfalle wurden nie mehr zwei Männer wie sie zu Censoren gewählt. Dock that auch damals, obgleich sie shon gewählt waren, Angustns Vieles, Was in ihre» Amtskreis gehörte. Die Gastgebote hob er theils gänzlich auf, theils beschränkte er sie aus größere Mäßigkeit. Die Abhaltung aller Spiele übertrug er den Prätoren, wies ihnen jedoch einen Zuschuß anS der Staatskasse an. Keiner sollte ferner aus eigenem Vermögen mehr als der Andere bezahlen, und ohne Geheiß deS StnatS oder öfter als zweimal deS Jahres Spiele geben, nnd nicht mehr alS hnndertnndzwan- zig Gladiatoren auftreten lassen. Den Cnrulädilen übertrug I er die Lösckanstalten , wenn Feuer auskam, nnd stellte sechs- ! hnndert Sklaven zu ihrer Verfügung. Da Ritter und an- ! gesehene Frauen auch damals noch auf der Bühne aufträte», ! 1089 Dierundfünfzigstes Buch. so verbog er nicht blos den Söhnen der Senatoren, Was auch früher schon geschehen war, sondern auch ihren Enkeln und den Rittern, dergleichen Etwas zu thun. Wenn er in diesen Dingen nach Form und Wesen als Gesetzgeber und Alleinherrscher auftrat, so zeigte er sich in Anderem wieder so bürgerlich gesinnt, daß er für Freunde sogar vor Gericht erschien. Als ein gewißer Marcus Primus darüber ausklagt war, daß er als Statthalter Mace- doniens die Odrysen bekriegt habe, und sich bei seiner Vertheidigung theils auf Augnst's, theils auf des Marcellus Gutheißen berief, so erschien er unaufgefordert vor Gericht, und verneinte auf Befragen des Prätors, ob er ihm den Krieg befohlen habe, die Wahrheit der Aussage. Als aber Liciuius Murenr, der Rechtsfrennd des Primus, sich auch im klebrigen ungebührliche Ausfälle gegen ihn erlaubte und namentlich ihn fragte: „Was thust Du hier? Wer hat Dich rufen l ssen?" so gab er nur zur Antwort: „der Staat." Darob perdiente er sich den Beifall der Gutdenkenden und man gestatlele ihm, so oft er wollte, den Senat zusammenzurufen, während er in den Augen Anderer verlor. Nicht Wenige erklärten den Primus für unschuldig und Andere machten sogar Anschlage gegen sein Leben. Ein gewißer Faunius Cäpio war das Haupt der Verschwörung; es »ahmen aber auch Andere daran Theil; auch Muren» war, wie mau, sey cS nun mit Recht oder auch nur verleumderischer Weise sagte, mit unter den Verschworenen; wenigstens erlaubte er sich gegen Jedermann die rücksichtsloseste Freiheit, die keine Gränzen mehr kannte. Als sie sich vor Dio Cassius. 9s Bdchn. 4 1090 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. ! Gericht nicht stellten, so wurden sie abwesend verurtheilt, und bald darauf hingerichtet. Den Muren« konnte nicht retten, daß Proculejus sein Bruder, und Mäccnas seiner Schwester Gemahl waren und Beide bei Augustus in hohen Ehret . standen. Als aber auch sie einige Richter freisprachen, s« machte er zum Gesetze, baß die Richter bei Anklagen Solcher, die sich nicht vor Gericht stellten, nicht geheim abstimmen and Solche einstimmig für schuldig erklärt werden sollte». Daß er diese Bestimmung nicht in der Hitze machte, sonder» weil er es dem gemeinen Besten für zuträglich hielt, bewiei er auf eine augenfällige Weise., Als nämlich der Vater bei Cäpio einem seiner Sklaven, die mit seinem Sohne geflohen waren, die Freiheit schenkte, weil er sie vom Tode errette» wollte, einen andern aber, der ihn verrieth, mitten über de» Marktplatz mit einem Zettel, auf dem der Grund seiner Verurtheilung stand, führen und darauf an's Kreuz schlage» ließ, so war er barob nicht ungehalten. Auch hätte er wohl bei Denen, die mit dem Vorgefallenen nicht zufrieden waren, alle Nachrede beseitigt, wenn er nicht darüber, wie über einen Sieg, hätte Dankopfer beschließen und darbringen lassen. 4. Damals geschah es auch, daß er Cypern und da! Narbonensische Gallien dem Volke zurückgab, weil sie seine! Waffenschntzes nicht mehr bedürften; und es wurden seitdem nun auch Proconsuln in diese Provinzen geschickt. Auch weihte er einen Tempel des Donnerers Jupiter ein. Ma» erzählt davon folgende zwei Umstände: es habe während der Weihung gedonnert; und hierauf habe August folgende» - Traum gehabt. Da die Leute theils wegen der Neuheit de< 1091 DierundsünfzigsteS Buch. Namens und des Bildes, theils, weil Augustus es aufgestellt hatte, vvrnämlich aber, weil man bei einem Gang aufs Caxitolium, zuerst zu diesem kam, da eintraten und beteten, so kam es dem Angustus im Traume vor, als ob der Jupiter im großeiz Tempel zürne, daß er so aruf den zweiten Rang gesetzt werde, und er habe, wie er sagte, darauf geantwortet: daß der Donnerer sein Wächter seyn sollte. Sobald es Tag ward, hängte er, um der Weisung des Traumes zu folgen, eine Schelle um: denn die Leute, welche bei Nacht die be- nachbarten Häuser bewachen, fuhren Schellen, um damit im Nothfall einander Zeichen zu geben. Dieß geschah in Rom selbst. L. Um dieselbe Zeit empörten sich die Cantabern und Asturier wieder, diese wegen der Ueppigkeit und Grausamkeit des Carisius, die Cantabern aber, durch das Beispiel derselben ermuthigt, und weil sie den Casus Furnius, da er noch Renting und mit dem Stande der Dinge noch nicht bekannt wäre, nicht glaubten fürchten zu dürfe». Aber fle tauschten sich in ihm: beide Völkerschaften wurden von ihm» der dem Caristus zu Hülfe kam, besiegt und dienstbar gemacht. Von den Cantabern wurden jedoch nur Wenige z» Gefangenen gemacht. Da sie nämlich nicht hoffen durften, ihre Freiheit zu behaupten, wollten sie auch nicht mehr lebe», sondern stürzten sich, nachdem sie ihre Bergvesten in Brand gesteckt hatten, in ihre Schwerter, oder verbrannten sich freiwillig mit jenen, oder tranken, nach freier Beschlußnahme der Gemeinde, Gift, so daß auf diese Weise der größte.und wildeste Theil des Volkes zu Grunde ging. Die 4 * L092 Cassiuö Dio'S Römische Geschichte. Asturier aber waren nicht so bald von der Belagerung einet festen Platzes vertrieben und i» einer Schlucht geschlagen worden, als sie auf weiter» Widerstand verzichteten und unterwürfen wurden. Um dieselbe Zeit rückten auch die über Aegypteu wohnenden Acthiopier unter Anführung der Caudace bis zur Stadt Elephantine und verwüsteten Alles, waS auf ihrem Wege lag. Als sie aber hier erfuhren, baß ihnen der Statthalter von Aegyptcn Casus Petronius entgegenrücke, zogen sie wieder ab, in der Hoffnung, sich durch die Flucht zu retten, wurden aber auf dem Wege noch eingeholt und besiegt, und lockten so den Feind in ihr eigenes Land. Auch hier kämpfte er auf's rühmlichste und eroberte außer andern Städten auch ihre Hauptstadt Tanape.') Dieses wurde geschleift, in einem andern festen Platze ab» «ine Besatzung zurückgelassen: denn Petronius konnte wegen des Sandes und der Hitze nicht weiter vorrücken, noch auch füglich mit dem ganzen Heere in dem Lande bleiben uub zog daher mit dem größten Theile wieder ab. Als aber die Aethiopier die Besatzung angriffen, zog er wieder gegen sie zu Felde, befreite seine Leute und zwang die Landn» zum Frieden. 6. Während dieß geschah, kam Augustus nach Sicilien, um auf dieser Insel und in allen Provinzen bis nach Syrien Alles in gehörige Verfassung zu setzen. Während seines Hierseyns kam es in Rom bei der Consulwahl zu unruhigen Auftritten: ein neuer Beweis, daß die Römer die VolkS- ') Bei Strabo und Andern Nataveu Psi StephanuS ist Napatä eine klein« Stadt, nach des Plinius Zeugniß Leoooa Schritte von der Insel Me.ro« entfernt. Dierundfünfzi'gsteS Buch. 1035 Herrschaft nicht mehr ertragen konnten: sie hatten die geringe Macht, die ihnen bei bei, Wahlen und der Bcseyung der Aemter verblieben war, gleich wieder zu Unruhen mißbraucht. Die eine Stelle des Eonsulats ward dem AugusiuS vorbehalte», so daß Marcus Lvllius zu Ansauge des Jahres allein Consul war; als aber Jener das Consulat nicht annahm , so traten Quintns kepidus und Lucius SilanuS als Bewerber auf, und brachten Alles in solche Verwirrung, daß verständige Männer den Augustus bitten ließen, zurückzukehren. Da er aber dieß nicht mochte, so entließ er die beiden Bewerber, welche zu ihm gekommen waren, mit einem derben Verweis und befahl, die Wahl in seiner Abwesenheit vorzunehmen. Sie gaben sich jedoch nicht zur Ruhe, sondern fingen wieder neue Unruhen und Händel an, bis endlich Le- pidus im Wahlkampfe obsiegte. Augustus war darob sehr ungehalten und suchte, da er nicht immer i» Rom bleiben, noch auch die Stadt ohne höhere Obmacht zu lassen rath- sam fand, ihr einen Statthalter zu geben, und fand hierfür den Agrippa arn geeignetsten. Da er ihn aber mit höherem Ansehen zu umgeben wünschte, um ihm sein Amt zu erleichtern , so entbot er ihn zu sich, zwang ihn, sich von seiner Gattin, obgleicht sie seine Nichte war, zu scheiden und sich mit der Julia zu vermählen, und sandte ihn sogleich nach Rom, die Vermählung zu feiern uud die Verwaltung der Stadt zu übernehmen. Zu diesem Entschluß hatte ihn unter Anderem Mäcenas gebracht, der ihm erklärt haben soll: „Du hast den Mann so hoch erhoben, daß er entweder Dein Eidam oder aus dem Wege geschafft werden muß." Agrippa, der in der Stadt noch Alles in Gährung fand, stellte die 1094 Cassius Dio'S Römische Geschichte. Ruhe wieder her, unterdrückte wieder den Aegyxtischen Töl- terdienst, der sich von Neuem in der Stadt eingeschliclm hatte, und verbot ihn selbst in der Vorstadt auf tauseiit Schritte weit. Da sieb über die Wahl eines Stadtpräseete» auf die Zeit des Latinerfestes ein neuer Tumult erhob, ml von ihm nicht beigelegt werden konnte, so wurde diese Stelle für dieses Jahr unbesetzt gelassen. Dieß die Maßregel», welche Agrixpa ergriff. 7. Nachdem Augnstus die Angelegenheiten Sicilieiü geordnet, unter Anderem auch Syracus und andere Stätte für Römische Colvnien erklärt hatte, fuhr er nach Grieche»: land hinüber. Die Lacedämouier beschenkte er mit der Insel Cythere und ehrte sie durch feine Gegenwart bei ihren gemeinschaftlichen Mahlzeiten, weil Livia, als sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn aus Italien entfloh, dort sich abgehalten hatte. Den Athenern dagegen nahm er, wie Einige berichten, Aegina und Eretria, von den sie die Nutzn»; gezogen hatten, weil sie es mit dem Autonius gehalten hatten; auch verbot er ihnen, das Bürgerrecht in ihrer Stack um Geld zu verkaufen. Dieß schien ihnen durch das rorde- deutet zu seyn, was sich mit der Bildsäule der Minerva Z»- ! getragen hatte. Sie, die bisher auf der Burg gegen Oste« gestauden war, drehte sich gegen Westen und spie Blm. Nachdem Augustus die Angelegenheiten Griechenlands abgi- than hatte, ging er nach Samos, blieb den Winter a»f der Insel, fuhr im Frühling des Jahres, in welch» Marcus Apulejus und Publius Silins Consuln waren, nach - der Provinz Asien über und brachte dort und in Bithyaie» ^ Alles in Ordnung, indem er diesen und den vorerwähnte» 1095 DierundfünszigsteS Buch. Provinzen darum, daß sie dem Volke gehörten, nicht geringere Fürsorge schenkte, sondern er nahm sich ihrer Aller an, als ob sie die seinigen wären. Er brachte überall Alles in gehörige Ordnung und unterstützte die Einen mit Geld, während er den Andern die Steuern erhöhte. Die Eyzicener, welche hei einem Aufstand einige Römische Bürger gegeißelt und getödtet hatten, machte er zu Sclaven; dasselbe that er, als er nach Syrien kam, wegen öfterer Aufstände, auch den Tyriern und Sidouiern. 8. Um diese Zeit schickte auch Phraates, welcher fürchtete, Auqustus möchte gegen ihn zu Felde ziehen, weil er seine Verbindlichkeiten noch nicht erfüllt hätte, die Feldzeichen und die Gefangenen bis auf Wenige, welche sich aus Scham um's Leben gebracht hatten, oder im Lande versteckt hielten. Augusius aber that sich auf ihre Rückgabe so viel zu Gut, als ob er den Parther im Krieg überwunden hätte; denn oft äußerte er: was Andere in den Schlachten verloren, das habe er, ohne ein Schwert zn zücken, wieder gewonnen. Ja er ließ selbst Dankovfcr und die Erbauung eines Tempels für den Rächer Mars auf dem Capital, als Gegenstück zn dem des Jupiter Feretrius zur Aufhängung der Feldzeichen durch den Senat beschließen und führte letzteren auch wirklich auf. Auch zog er deßhalb auf einem Renner in die Stadt ein und ward mit einem Triumphbogen beehrt. Doch Dieß geschah erst später. Jetzt wurde er zum Aufseher in den Umgebungen Roms gewählt, errichtete die sogenannte goldene Meilensäule und bestellte sich zu Gehülfen bei dem Straßenbau zwei vorn Amte getretene Prätoren, die zwei Lictorea vor sich hertreten ließen. Damals gebar auch Julia den 1096 Casjius Dio's Römische Geschichte. CajnS und man verordnete, das, sein Geburtstag jedes durch feierliche Opfer begangen werden sollte. Dieß geiidch zu Folge eines Senatsbeschluffes, wie andere dergleisu« Ehrenbezeugungen. Für sich jedoch begingen dieAediln, de, Geburtstag des Rngiistus mit Ritte» spielen und Thiergefechte«. Dieß geschah in der Stadt. 9. Aligustns stellte die Provinzen ganz auf Römisch,« Fuß, den Verbündeten aber ließ er ihre eigenen Verfasse gen und begehrie Nichts von ihren Gebieten znm Römm- Reiche zu schlagen oder weitere Eroberungen zn, machen; vielmehr glaubte er, man hätte sich mit dem bereits Erobern« zu begnügen und äußerte sich auch so in einem Schreiben er den Senat. Er führte also keinen Krieg, schenkte aber dm Jrmblichus, Sohn des Iamblichns, den von seinem Vater besessenen Theil Arabiens, Lew Tareondimotns, Lohne dcsTar- condimotus, die Herrschaft über Cilicien, die s°tn Vater de- seffe» hatte, bis auf einige Bezirke an dem Meere, die er bei» Archelans nebst Kleinarmenien gab, weil der frühere Kiniiz Medns g stürben war. Dem Hervdes gab er die Tetrarcbü eines gewissen Zenodorns, einem Muhridates Coinmagciu, obgleich er noch ein sehr junger Mensch war, weil der König des Landes dessen Vater hatte umbringen lassen. Da bat Volk von Großarmcnicn gegen Artabazes Klage führte, und und seinen Bruder Tigranes, der sich damals in Rom aufhielt, zum Könige begehrte, so schickte Augustus den Tilu- rius, um jenen a»S dem Reiche zn treibe», diesen aber aus den Thron zu sehen. Obgleich aber T benns Nichts roll- brachte, was so großer Rüstungen bedurft hätte, da die Armenier den Artabazes schon vorher um's Leben gebracht 1097 Dierundfünfzigstes Buch. hatten, so wurde» dennoch Dankopfer darod verordnet, und Tiberins verweinte, eine große Heldenthat vollbracht zu haben. Schon fing er an, sich mit dem Gedanken an Alleinherrschaft zu tragen, weil ihm bei seinem Marsche nachPhi- lippi anS der Gegend des Schlachtfeldes «in Lärm wie an« einem Lager entgegenscholl, und auf den Altären, die Antv- nius ehedem in dem Lager errichtete, von selbst ein Feuer anflcdevte. Darauf bildete sich TiberiuS Großes ein. An- gufiuS aber kam nach SamoS zurück und überwinterte wieder daselbst. Als Lohn für gute Bewirthnng schenkte er den Saiweru die Freiheir und traf auch sonst noch viele Anordnungen : denn viele Gesandtschaften trafen dei ihm ein; ja selbst die Jndier schloffen mit ihm jetzt Freundschaft, die sie ihm früher hatten anbieten lassen, indem sie ihm unter Anderem Tiger zum Geschenke sandten, die damals in Rom, ich glaube selbst in Griechenland, zuerst gesehen wurden. Auch brachten sie ihm einen jungen Menschen, der wie unsere Hermen ohne Arme war, aber trotz diesem Gebrechen allen D'.'nst der Hände mit den Füßen versah. Er spannte mit ihnen den Dogen, schoß Pfeile ab und trompetete, wie? weiß ich nickt; ich berichte eben, wie man es erzählt. Einer von den Indiern, NamenS Za-maroS, entschloß sich, scy'S aus Ruhmsucht, weil er aus der Kaste der Weisen war, oder wegen hohen Alters nach LandcSsitte, oder um sich vor An- gustns und den Athenern (denn zu diesen kam er) setzen zu lassen, zu einem freiw.lügen Tode. Vorher ließ er sich noch in die Mysterien der Göttinnen P einweihen. Obgleich ') Ceres und lvroserpina. 1098 Cassllis Dlv's Römische Geschichte. damals nickt die rechte Zeit dafür waa', weihte man ihn, m man sagt, aus Rücksicht für Angnslns, der sich gleichsaht einweihen ließ, dennoch ein, und er stürzte sich sodann leidig in das Feuer. in. In dem Jahre, in welchem Dieß geschah,') « Casus Seutius Cousul. Da man auch ihm einen AmtSp noffen zugegeben hckte (auch seht hatte nämlich Augustur in ihm vorbehaltene Steile nicht angenommen) so entstand» wieder Unruhen in Rom lind es kam zu blutigen Auftritten, so daß die Senatoren dem Sentius die Wahrung der essnt- lichen Sicherheit auftragen mußten. Weil dieser aber die ihm übertragene Gewalt nicht annehmen wollte, so schickten sie Abgeordnete, jeden mit zwei Lictoren, an Angusui ab. Als dieser die Kunde vernahm und fand, daß das Uebel kein Ende nehmen wollte, so benahm er sich nicht mehr wie zuvor, sondern ernannte einen der Abgeordneten, Quintui Luerctins, obgleich er früher auf der Aecktnngsliste gestanden war, zum Consul und eilte selbst nach Rom zurück. Wegen sei ner Rückkehr und der anf seiner Reise getroffenen Einrichtung gen wurden ihm vielerlei Ehrenbezeugungen zuerkannt; er »ahm aber keine derselben an und gestattete allein, daß der Fortuna Redux ein Altar errichtet, der Tag seiner Ankunft »a- tcr die glücklichen gerechnet und Augusialia benannt wurde. Da dessenungeachtet die Obrigkeiten und das Volk sich anschickten, ihn einzuholen, so kam er bei Nacht in die Stadt, und gab am folgenden Tage dem Tiberius den Rang der ; So ergänze ich mit Neiniarus die offenbare Lücke im Terte 1099 Dierundfünfzigstes Buch. rvm Amte getretenen Prätoren und dem Drnsus die Erlaubniß, fünf Jahre früher, als es die Gesetze bestimmten, um Aemter sich zu bewerben. Da aber Das, was während der Unruhen, mit Demjenigen, was in semer Gegenwart aus Furcht verordnet worden war, nicht zusammenstimmte, so wurde er auf fünf Jahre zum Sittenrichter und auf eben so lange zum Censor gewählt und erhielt die Consularische Gewalt auf Lebenszeit, so daß er immer und überall die zwölf Fasces sich vortragen lasse» und zwischen den Cvnsuln auf dem curulischen Stuhle sitzen sollte. Nach diesen Beschlüssen begehrten sie von ihm, er sollte Alles wieder in Ordnung bringen und die ihm beliebigen Gesetze erlassen. Die von ihm zu erlassenden Gesetze nannten sie von jetzt an Augustische, und erboten sich, ihnen Gehorsam zu schwören. Diese Bestimmungen nahm er als nothwendig an, erließ ihnen aber den Eidschwur, denn er wußte wohl, daß sie, wenn es ihnen mit ihren Beschlüssen Ernst wäre, dieselben auch ohne besondere Verbindlichkeit halten werden, im andern Falle aber selbst an Tausende von Eidsclnvüren sich nicht binden würden. Dieß nun that Augustns. Ein Aedil aber trat a»s Armuth freiwillig von seinem Amte ab. 11. Als Agrippa, aus Sicilic» nach Rom gesandt, die nöthigen Anordnungen getroffen hatte, wurde er als Statthalter nach Gallien geschickt, dessen Bewohner unter sich selbst in Händeln lebten und von den E.-lte» viel zu leiden hatten. Nachdem er hier Ruhe geschafft hatte, ging er nach Hispanien über. Die Cantabern nämlich, welche >m Kriege gefangen genommen und verkauft worden waren, ermordeten ihre Herren, kehrten in dieHcimath zurück und verleiteten viele zum 1100 CassiuS Dio'ö Römische Geschichte. Abfalle. Mit ihnen nahmen sie feste Plätze in Besitz, schanzten sich und machten auf die Römischen Besatzuuge, Jagd. Gegen sie zog denn Agrippa zu Feld, hatte aber v»v erst gegen seine eigenen Soldaten eine» harten Stand. Ei, waren nämlich großenlhcils schon alt und durch die beständigen Feldznge erschöpft, und wollten sich gegen die Landaben, Sie sie als schwer zu besiegende Feinde fürchteten, nicht gern« führen lassen. Er brachte sie jedoch durch Ermahnungen, Vertröstungen oder Drohungen bald zu ihrer Pflicht zurück, erlitt aber durch die Cantabern mehrere Verluste. Sie hüten in Römischer Dienstbar!,it mancherlei Erfahrungen gewonnen und kämpften mit dem Muthe der Verzweiflung, bi sie bei neuer Gefangenschaft nichts als den Tod zu gewarte» hatten. Am Ende hatte er, nachdem er riele seiner Leute verloren, viele an der Ehre gestraft, weil sie sich besiegen ließen , namentlich einer ganzen Legion den Ehrentitel du Äugn frischen genommen hatte, die waffenfähige Jugend der Eantabern fast ganz aufgerieben, den noch übrigen du Waffen abgenommen und sie von den Gebirgen iuldie Niederungen verpflanzt. Doch sandte er keinen Bericht an den Senat und nahm den Tiumph, der ihm auf Befehl des Augu- stuS selbst zuerkannt worden war, nicht an, sondern zeign auch hier dse gewohnte Mäßigung; sowie er denn auch von dem Eonsul über dessen Bruder um seine Ansicht gefragt, sich alles Urtheils enthielt. Das sogenannte Jungfraüeu- Wasser führte er auf eigene Kosten in einer besondern Wasserleitung in die Stadt und nannte es das Augustische. Dieser freute sich darob dermaßen, daß ,r einmal, als Mangel an Wein entstand und die L Ute wild durcheinander riefe», Merundfimfzigstes Buch. LlOk sagte, Agrippa habe hinlänglich dafür gesorgt, daß man in Rom nicht vor Durst sterben dürfe. 12. Dieß war der Charakter dieses Mannes. Andere dagegen, die keine solche Thaten verrichteten, sondern entweder Räuber auffingen, oder aufrührerische Städte züchtigten, strebten gierig nach Triumphen und erhielten sie: denn Augu- stus war anfangs sehr freigebig und ehrte Viele durch öffentliches Leichendegängniß. ' Jene bildeten sich darauf Großes ein, Agrippa ward aber von Bugustus gewissermaßen znr Herrschaft selbst erhoben. Weil der Staat nämlich sorglicher Pflege bedurfte, und er fürchtete, man mochte ihm, wie es unter dergleichen Umständen zu geschehen pflegt, nach dem Leben trachten, (daß der Brustharnisch, den er oft, selbst wenn er in den Senat ging, unter dem Unterkleids anzulegen Pflegte, ihm wenig oder nichts helft, glaubte er selbst) so verlängerte er sich selbst die Obergewalt, da die zehn Jahre zu Ende gingen, unter dem Consulate des Publius und des Cneus Lentulns, auf fünf weitere Jahre, und stellte den Agrippa nicht nur in Anderem sich gleich, sondern gab ihm auch tribunicische Gewalt auf dieselbe Zeit. Mit so viel Zeit glaubte er, wie er sagte, auszureichen. Bald darauf jedoch nahm er auf weitere fünf Jahre die Obergewalt eines Imperators an, so daß es wieder zehn Jahre wurden. 1Z. Hierauf musterte Augustus den Senat. Noch immer schien ihm die Zahl der Senatoren zu groß, und er haßte nicht blos. die wegen Schlechtigkeit Berüchtigten, sondern auch offenbare Schmeichler. Als dießmal Keiner freiwillig abtrat, und er für sich allein das Gehässige der Ausscheidung nicht tragen wollte, so wählte er dreißig der 1102 bassius Dio's Römische Geschichte. würdigste» Mitglieder aus und bekräftigte eidlich, daß nm Würdigkeit ihn bei der Wahl geleitet habe. Diese aber seih ten, nachdem ste denselben Eid geleistet hatten, je fünf weitere auf Tafelchen schreiten, unter denen jedoch kein Verwandter seyn durfte. Aus diesen fünf ließ er nun wieder je einen durch dasLoos bestimmen, so daß dieser nicht nur selbst Senator war, sondern weitere fünf Mitglieder unter denselben Bedingungen wählen durfte, ^o mußten dreißig vm Andern gewählte durchs Loos herauskommen. Da aber Einige von ihnen verreist waren, so looste man Andere für ste heraus, die ihre Stelle vertreten mußten. So ging es mehrere Tage fort; weil aber einige Umtriebe mitunterliefen, st überließ er die Täfelchen nicht mehr den Quästoren und liest die jedesmaligen fünf Männer nicht mehr durch das Loos bestimmen, sondern setzte die Wahl nun selbst fort und wählte die noch Fehlenden, bis es im Ganzen sechzig Mitglieder waren. 14 . Anfangs wollte er nach alter Sitte nur dreihundert wählen, indem er glaubte, froh seyn zu dürfen, wenn erst viele fände, die würdig wären, im Senate zu sitzen. Weil aber Alle damit unzufrieden waren, da weit Mehrere ausfallen mußten, als sitzen blieben, und die Besorgniß, unter die gemeinen Bürger zurückkehren zu müssen, großer war, als die Hoffnung, unter der Zahl der Neugewählten zu seyn, st setzte er die Zahl auf sechshundert fest. Aber auch dabei blieb es nicht. Auch dießmal waren wieder mehrere Untüchtige Senatoren geworden. Ein gewisser Licinius Regulni war sehr ungehalten, daß er Übergängen wurde, obgleich sein Sohn und viele Andere, die er an Verdienst zu über- 1103 VierundfünfzigsieS Buch. treffen glaubte, gewählt waren, zerriß mitten im Senate die Toga, entblößte den Leib, zählte seine Felbzüge auf und zeigte seine Wunden. Arliculejus Petus, der wieder Senator wnrde, bat hingegen, feinem Vater, der aus der Liste gestrichen war, seine Stelle abtreten zu dürfen. Augnstus nahm deßhalb eine abermalige Musterung vor, strich mehrere und nahm dagegen Andere, wieder auf. Weil aber auch so noch Diele ausfielen und zum^Thcile auch Beweise, an denen es in solchen Fällen nicht zu fehlen pflegt, für ihre Unschuld anzuführen wußten, so erlaubte er ihnen, bei den Schauspielen und bei öffentlichen Gastmahlen unter den Senatoren inSe- natorentracbt zu sitzen und sich später auch um Staatsämter wieder bewerben zu dürfen. Die Meisten von ihnen kamen hernach auch w rklich wieder in den Senat und nur Wenige blieben ein Mittelding zwischen den Senatoren und gemeinen Bürgern. 15 . Diese Maßregeln hatten zur Folge, daß Viele, sey eS mit Recht oder fälschlich, bezüchtigt wurden, als ob sie ihm und Agrippa nach dem Leben trachteten. Genaue Aufschlüsse kann darüber nur Derjenige geben, der in die Zeit- Grschicdte eingeweiht ist. Viele Strafen nämlich, welche der Machthaber wegen feindseliger Absichten selbst oder durch den Senat verhängt, werden, wenn sie auch noch so gerecht sind, so angesehen, als ob sie durch Chikanen herbeigeführt wären. Ich habe mir also zum Grundsätze gemacht, von allen dergleichen Dinge» nur zu belichten, Was allgemein bekannt ward, ohne über Das, was das allgemeine Gerücht gibt, viel nachzugrübeln und zu raisonniren, ob Etwas mit Recht »der Unrecht geschehen, ob wahr oder falsch erzählt sey, es 1104 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. müßte den klar zu Tage liegen. So werde ich es auch i» der folgenden Geschfchtserzählung halten. In dem jetzige» Falle nun sah sich Augnstus veranlaßt, an Einigen Strch zunehmen. Den Lepidus haßte er zwar, zumal da sei« Sohn verderblicher Plane gegen sein Leben überwiesen inib bestraft worden war, wollte ihn aber doch nicht todten, sachte ihn jedoch bald auf diese, bald auf jene Weise zu vei höhne», Sr schickte ihm den Befehl zu, von'dem Lande in die Statt zu ziehen und den Sitzungen des Senates beizuwohnen, um ihn, der so viele Macht und Ansehen eingebüßt hatte, dem Gesxötte und Hohngelächter Preis zu geben, und behandelte ihn hier nicht nur überhaupt als eine unbedeutende Person, sondern forderte ihn auch unter allen Cvnsulare» zuletzt auf, seine Stimme zu geben. Die Andern fragte er in der gebührenden Ordnung; nur bei den Consularen riefer den ersten besten, dann den zweiten, dritten, vierten und ft fort auf, wie es ihm in den Sinn kam. Diesem Vorgang! folgten dann auch die Consnln. So benahm sich August gegen Lepidus. Als Antistius Labes*) ihn, da Jedem freistand z» wählen, wen er wollte, nnter die künftigen Senatoren schrieb, so warf er ihm zuerst vor, daß er seinem Eid zuwider handle, und drohte ihn zur Strafe zu ziehen. Antistius cittgegncte:" „Was habe ich Unrechtes gethan, wenn ich einen Mann im Senat behalten will, den du selbst noch Erzpriester seyn läßst, ohne ihn abzuschaffen ?" Und Augnstus zürnte ihm nicht weiter. In der That war dem A!g»stus theils von Einzelnen, theils öffentlich diese Priestetwitrde angeboten worden, *) Wegen seines kühnen Krcimuthes berühmt. 410ü Vierundfüiifzigstes Buch. und Augustus erklärte es für gesetzwidrig, sie bei Lebzeiten des Lepidus anzunehmen.. Diese Rede des Antistius war also ganz am Orte. Als man ferner im Senate einmal daran sprach, slo sollten der Reihe nach die Leibwache bei Au- guslnS übernehmen, so wagte Labeo weder zu widersprechen, noch wollte er anch seine Zust mmnng geben und erklärte: „Ich schnarche und kann füglich nicht in seinem Vorzimmer schlafen." 16. Außer andern Gesetzen gab Augustns auch dieses, daß, wer sich bei der Bewerbung um ein Amt Bestechungen zu Schulden kommen lasse, fünf Jahre zur Bekleidung derselben unfähig würde. Auf Ehelosigkeit setzte er für beide Geschleckter harte Strafen an, bestimmte dagegen Belohnungen auf Berbeirathung und Kindererzielung. Weil aber das männliche Geschlecht der Freigebornen das weibliche an Zahl bei weitem übertraf, so durfte außer den Senatoren Jeder eine Freigelassene heirathen, ohne daß die Kinder darum ihre Reckte als Bürger verloren. Als im Senat über die Unge- bundenheit der Weiber und der jungen Leute sich laute Klagen vernehmen ließen, indem man dieß als Entschuldigungs- gruud anführte, warum man sich nicht gerne zum Heirathen entschließe, so bat man ihn auch hierin um Abhülfe, während man ihn damit stillschweigend höhnte, daß er mit mehreren Frauen zu thun hatte. Er antwortete, er habe bereits die nöthigsten Bestimmungen getroffen, und könne nickt allen die gleiche Aufmerksamkeit schenken. Als man aber immer mehr in ihn drang, sprach er endlich: „Gebt ihr selbst euern Gattinnen die Weisungen nnd Befehle, die ihr geeignet findet, Dio Cassins. Ss Bbchn. " 5 11.06 CassiuS Dio's Römische Geschichte. wie ich gleichfalls thue." Als man Dieß vernahm, setzte man ihm erst recht zu und wünschte zu wissen, Was er seiner Livia ans Herz zu legen pflege. So mußte er denn wenigstens Etwas über Kleiderpracht und Putz, über öffentliche Abgänge und Sittsamkeit sprechen, ohne sich jedoch daran zu kehren, daß er es mit der That nicht auch bekräftige. Als Censor begegnete ihm etwas Aehnliches. Es stellte ihm Einer einen jungen Mann vor, der mit einer Frau im Ehebrüche gelebt und sie dann geheirathet hatte, und brachte noch viele andere Beschuldigungen wider ihn vor. Hierdurch kam Aii- gustus nun sehr ins Gedränge, da er die Sache nicht ringe- rügt lassen, noch auch bestrafen durfte. Er faßte sich jedoch ' am Ende und sprach : „Die Bürgerkriege haben viel Unheil > gestiftet; deßwegen lasset uns vergessen, Was geschehen ist, für die Zukunft aber uns vorsehen, daß Nichts dergleichen ! mehr geschieht." Weil sich Manche mit Kindern verlobten, und so auf die Belohnungen der Verheiratheten Anspruch machten, den Zweck derselben aber nicht erfüllten, so bestimmte er, Laß keine Verlobung gelten sollte, wenn nicht - nach zwei Jahren die wirkliche Ehe erfolge, und die Der- j lobte wenigstens zehn Jahre alt seyn müsse, wenn Einer jene Belohnungen ansprechen wolle. Im zwölften Jahre nämlich ! werden die Mädchen als mannbar angenommen. 17. Ferner setzte er fest, daß Jeder der oberen Staati- Beamten je einen vor drei Jahren vom Amte getretenen Prätor zur Vertheilung des Getreides vorschlagen, und von ihnen Vier, durch das Loos bestimmt, diese Vertheilung nacheinander vornehmen sollten; daß für das Latinerfest nur ein Stadtpräfekt gewählt werden; daß die Sibyllensprüchc, die 1107 Viernndfünfzigftes Buch. die durch die Länge der Zeit außer Ansehen gekommen, von den Oberpriestern eigenhändig abgeschrieben werden sollten, damit kein Anderer sie zu lesen bekäme. Jedem, der hunderttausend Denare") vermochte und die anderen gesetzliche» Eigenschaften besaß, erlaubte er, Aemter zu suchen. So viel Vermögen mußte Anfangs ein Senator besitzen, nachher aber erhöhte er den Census auf zweimalhundert und fünfzig- tausend.Mehreren gut gesinnten Männern, welche unter hunderttausend, später unter zweimalhundert und fünfzig- taussnd Denaren besassen, ergänzte er das Fehlende aus seinen eigenen Mitteln. Deßhalb gestattete er auch den Prätoren, wenn sie wollten, dreimal so viel, als sie gewöhnlich aus der Schatzkammer für die Schauspiele bekamen, aufzuwenden. Wenn es auch daher nicht au Leute» fehlte, die über die Härte seiner Gesetze unzufrieden waren,,so vergaß man doch darüber und über die Jurückberufung eines Pantomimen Pylades, der wegen Umtrieben aus der Stadt getrieben worden war, wieder Alles. Sehr treffend bemerkt« daher dieser Pylades, als er ihm einen Verweis darüber gab, daß er mit Bathyll, seinem Kunstgenosseu und einem Freunde des Mäcenas Händel anfing: „Es ist gut für dich, Cäsar, daß sich das Volk mit uns die Zeit vertreibt. Dieß die Begebenheiten dieses Jahres. 18 . Unter dem Consulate des Casus Fnrnius und des Casus Silanns wurde dem Bgrippa ein zweiter Sohn geboren, der den Namen Lucius erhielt. ' Slugustus adoxtirte ihn ") Sttva 40,000 Gulden. "H'IOS.ooo Gulden. 5 - L 108 Cassius Dio'S Römische Geschichte. sogleich mit seinem Bruder Casus, ohne ihr mannbares Alür abzuwarten, und erklärte sie z» seiue» Nachfolgern, um m Nachstesiungen mehr gesichert zu seyn. Die Feste der Diitoi und des Honor verlegte er auf die jetzigen Tage. Die Trum« phirenden mußten zum Andenken an ihre Thaten von der Beute irgend ein Monument auffuhren. Er selbst beging die Eäcularfeier **) zum fiiuftenmal. Den Rednern verbot er unter Androhung eines fünffachen Ersatzes Geld für ihre Bemühungen anzunehmen, den durchs Loos bestellten Richter« aber, in dem Jahre ihrer Amtsführung zu Jemand in t«i Haus zu gehen. Da die Senatoren sebr säumig in den Sitzungen erschienen, so erhöhte er die Strafen für diejenige«, die für ihre verspätete Ankunft keine erhebliche Entschuldigung hatten. 19. Hierauf begab er sich unter dem Consulate tes Lucius Domitius und des Publius Scipio nach Gallien, iudei« er die dort ausgebrochenen Kriege zum Vonvande nahm, Er war nämlich durch seine längere Anwesenheit in der Stadt Vielen lästig geworden, hatte Mehrere, welche sich gegen die von ihm gemachten Verordnungen verfehlten, durch Strafen vor den Kopf gestoßen, bei Andern dagegen durch Nachsicht seinen eigenen Gesetzen Eintrag gethan, nud sau« tS daher rathsam, gewissermaßen gleich Lolon außer Landet zu gehen. Einige vermutheten dagegen, er habe wegen der Gemahlin des Mäcenas, Terentia, die Stadt verlassen, um , *) 12,500 Thaler. Die Feier des Geburtstages der Stadt Nein, die alle llv Jahre begangen wurde. L1V9 !!t«r en ttaj UD ! du di« Bh in« de» l«i, ldi- km um >m, , der sich rch rch >>« uj ur , uy DierundfünfzigsteS Buch. sie ohne viel Aufsehen in dem Auslande ungestörter genieße» z» können, da über sein Verhältniß zu ihr in Rom viel Gerede war. Er war nämlich so sehr in sie verliebt, daß «r ihr sogar einmal erlaubte, sich mit der Livia in einen Wettstreit über die Schönheit einzulassen. Vor seiner Abreise weihte er noch den von ihm neu erbauten Quirinustempel ein. Ich führe dieses deßwegen an, weil er ihn mit sechs- uiidsiebzig Säulen zierte, und ebensoviel Jahre lebte, WaS Einigen Veranlassung zu der Behauptung gab, daß Dieß nicht von Ungefähr, sondern geflissentlich geschehen sey. Außer dieser Weihung ließ er auch mit Bewilligung des Senats durch Tibcrius und Drusns Gladiatorenspiele geben. Er übertrug nun die Aufsicht über die Stadt und Italien dem Statilius Taurus, (denn den Agrippa hatte er nach Syrien gesandt, und gegen Mäcenas war er seiner Gemahlin wegen kälter geworden) und ging in Begleitung des Ti« derius, obgleich derselbe gerade Prätor war, aus der Stadt ab. Er bekleidete die Prätur, obgleich er den Rang eines Prätors schon vorher hatte; und sein ganzes Amt bekleidete Drusus i» Folge eines Senatsbeschlusses. In der Nacht, die auf ihre Abreise folgte, brannte der Tempel der Juven- taS ab. Deßhalb und durch andere Vorzeichen geschreckt sei» Wolf war auf der heiligen Straße auf das Forum gekommen und hatte einige Menschen zerrissen, Ameisen hatten sich in der Nähe*) des Forums auf einen Haufen gesammelt, eine Fackel hatte sich von Mittag gegen Mitternacht die ganze Nacht Hinduich am Himmel sehen lassen) thaten st« vffent- *) Statt -rösHa» lese ich os 1110 Cassius Dio's Römische Geschichte. liche Gelübde für die glückliche Rückkehr des Augustus. Auch feierte man z» dieser Zeit die Fünsjahrspiele wegen sei,,« Regierung, wozu Agrippa von den Qniiidecünvirn, welch«! der Reihe nach diese Spiele zu geben oblag, in ihr Collegim aufgenommen, die Kosten hergab. 20. Auch anderwärts gab es damals Bewegungen. Du Cammunier und Denier sVenvnenj, Alpenvölkcr, griffen zu den Waffen, wurden aber oon Publiuö Silius besiegt und unterworfen. Die Pannouier drangen in Gemeinschaft mit den Norikern in Istrien ei», erlitten aber durch SiliuS und dessen Legaten Verluste, baten wieder um Frieden und brachten so auch die Noriker in Dienstbarkcie. Unruhen i« Dalmatie» und Hispanien wurden in kurzer Zeit gestillt. Macedonien wurde oon den Denthelete» und Scordiskern' verheert. In Tbracien hatte schon vorher Claudius") Mai- cellns, von Rhömetalecs, dem Oheim und Vormunde der Söhne des Evttys zu Hülfe gerufen, die Besser unterworfen; jetzt besiegte Casus Iunins die Sanromaten und trieb iie über den Ister zurück. Der wichtigste Krieg, dendieNönnr damals hatten, und der rielleicht den Augnstus auch anü der Stadt rief, war mit den Celten sDeutschenf zu führen. Die Sygambern, Uflpeten und Tenchthercr halten nämlich die Feindseligkeiten damit begonnen, daß sie einige Römische Bürger in ihrem Lande aufgriffen und aus Kreuz schlugen. Hierauf waren sie über den Mein gegangen und hatten in Deutschland und Gallien Räubereien verübt, die ihnen H Statt Lc> llius lese ich Claudius. Statt Lucius lese ich Junius d. h, SilaiitiS. 1111 Dierundfünfzigstss Buch. entgegenrückende Römische Reiterei in einen Hinterhalt ge, lockt, und waren sodann auf der Verfolgung derselben unverhofft über Lollius hergefallen und hatten ihn besiegt. Auf die Kunde davon rückte Augustns gegen sie in das Feld, fand aber nichts mehr zu thun. Denn die Feinde zogen auf die Nachricht, daß Lollius sich gegen si- lanfs Neue) rüste, und Augustus heranrücke, wieder in ihre Heimat!) ab, gaben Geisel und machten Frieden. 21. Krieg zu führen brauchte also Augustus nicht mehr, brachte alzer dieses und das folgende Jahr, in welchem Mar- cus Libo und Ealpurnius Piso Consuln waren, mit Ordnung der Angelegenheiten Galliens zu, das theils von den Celten sDeutschens, theils von einem Licinnius viel zu leiden hatte, was denn, wie mir scheint, durch ein Meerungehener vorbe- deutet wurde. Es war dasselbe zwanzig Fuß breit, sechzig lang, glich, auscr dem Kopfe, einem Weibeund war aus dem Ozean auf das Land gesprungen. LicinuiuS, ursprünglich ein Gallier und in Römische Gefangenschaft gerathen, hatte Cäsarn als Sclave gedient und war von ihm freigelassen , von Augustus aber zum Procurator Galliens bestellt worden. Dieser, mit der Habsucht des Barbaren die Gewalt des Römischen Statthalters verbindend, drückte Alles, was früher über ihm stand, zu Boden, und ließ Jeden, der für den Augenblick von Bedeutung war, seine Macht empfinde»; Große Summen trieb er für den Bedarf seines Amtes, gleich große aber für sich und die Seinigcn ein. Ja er trieb seine Schlechtigkeit so weit, daß er, weil einige Abgaben monatlich entrichtet wurden, das Jahr in vierzehn Monate theilte, indem er erklärte: der Monat December sey erst der zehnte 1112 Casfius Dio's Römische Geschichte. Monat, sie müßte» »och zwei Augustische, von denen er dir einen den eilften, den andern den zwölften Monat nannt,, dazurechnen, und die auf sie faltenden Abgaben bezahle«. Dieser Betrug wäre ihm beinahe schwer zu stehen gekomnm, l Die Gallier wandten sich an Augustus und führten z?,> schwerde, so daß Augustus über Einiges mit ihnen aufz,- bracht war. Anderes aber zu entschuldigen suchte, Andern nicht zu wissen vorgab, bei Anderem sich auch stellte, als» er es nicht glauben könnte, Manches aber auch nicht anfg,- deckt haben wollte, indem er sich schämte, einen solchen Statthalter aufgestellt zu haben. Licinnius ersann eine List, «e- durch er sich im Falle sah, Alle auszulachen. Daß Augnstaj ihm zürne und eine Strafe zugedacht habe, merkte er; u führte also den Augustus in sein Haus, zeigte ihm da grcßi Schätze an Silber und Gold und ganze Hansen anderer Kostbarkeiten mit den Worten: „Mit gutem Vorbedacht, oHerr, habe ich alles Dieß für Dich und die andern Römer aufzi- bracht, damit die Gallier nicht, im Besitz solcher Schätze, vs» dir abfallen möchte». Ich habe Alles für dich aufbewahrt > und übergebe es dir jetzt." So rettete sich Lieinnius, da n ^ ,a angeblich dem Augustus zu Lieb die Barbaren ausgesage» , hatte. i 22. Drusus und Tiberins hatten indessen folgende Ua- ' ternehmungen ausgeführt. Die Rhätier, welche zwischenN«- ricum und Gallien an den Tridentinischen, Italien benachbarten Alpen wohnen, unternahmen in das angrenzendeGal- lien wiederholte Streisereien und thaten auch Raubzüge ia das Italienische Gebiet hinüber, auch überfielen sie Römer und Römisch« Bundesaenosse», die durch ihr Land reise» VierundfünszigsteS Buch. 1118 wollt!,. Da Dieß von Seiten nickt verbündeter Völker geschah, so hätte eS sich noch mit ihrer hergebrachten Lebensweise entschuldige» lassen. Allein sie todtem, 'Alles, was unter den Gefangenen männlich war, nicht nur das schon Geborene, sondern auch, wenn sie das Geschleckt durch ihre Wabisagereien bestimme» in können glan ten, die Knaben tm Mutterleibe. Auqiistns sandte erst den Drnsus gegen sie, der an dem Tridenti»rche» Gebirge auf ste stiel!, sie schnell in die Fluckt schlug, und stch damit den Rang eines Prätors verdiente. Da sie aber, von Italien znrückgetri be», Gallien heimsuchten, schickte er rock den Tiberius nach. Beide fielen nun von mehreren Leiten theils persönlich theils mittelst ihrer Legaten zugleich in das Land ein, (Tiberius fuhr sogar auf Schiffen über den See") und seyte sie dadurch in Schrecken, indem sie ihre einzelnen tzeerth'ile anar ffen, und ihrer, wenn sie handgemein wurden, weil ihre Str,itk>äste getheilt waren, mit leichter Mühe Meister wurden, auch die Anderen, dadurch geschwächt und entmnkhigt, unterwarfen. Weil die Völkerschaft aber -ahlreick und eine neue Empörung zu erwarten war, so führte man den größten und kräftigsten Theil ihrer jungen Mannschaft aus dem Lande, und ließ nur so viel zurück, als das Land bebaue», aber keine Unruhen mehr anfangen konnten. 25. 2n diesem Jahre starb auch Vedius Pcllio, ein Mann, der nichts Denkwürd'ges von sich ant,»weisen bat (denn er war Freigelassener, ward sodann Ritter und that Nichts, was ihn vor Andern ausgezeichnet hätte) sich aber ") Den Bodensee. 1114 Cassius Dio's Römische Geschichte. durch seinen Reichthum und seine Grausamkeit einen Na« gemacht hat, der sogar in der Geschichte prangt. Um M mit Mehrerer», was er that, die 8-ser zu ermüden, erM ich nur Folgendes. Er hielt in seinen Fischteichen Muränen, die Menschenffeisch frassen, und ließ ihnen Sclaven, die « zum Tode verdammte, vorwerfen. Bei einer Bewirthunz des Augustus befahl er, seinen Mundschenken, der einen krystallenen Pokal zerbrochen, ohne sich vor seinem Gaste zu scheuen, in den Fischteich zu werfen. Als sich der Junge dem Augustns zn Füßen warf und ihn um Schutz flehte, «ersuchte dieser, den Pollio zn vermögen, Nichts dergleichen z» thun. Als er Nichts richtete, so sagte Augustns: „Laß alle deine Kelche, die du von der Art hast, oder auf die du sonst einen Werth legst, bringen, daß ich wenigstens einen davon zum Trinken habe." Als sie kamen, ließ Augustns sie all« zusammenschlagen. Pollio ärgerte sich nun zwar darüber, ^ durfte aber doch über den Einen Pokal bei dem Verluste so ^ vieler anderer seinen Zorn nicht merken lassen, noch auch über den Diener eine Strafe verhängen, die Augustus noch viel mehr verdiente, und verhielt sich unruhig. Dieser Mau» starb jetzt und setzte unter vielen Vermächtnissen an Andere auch den Augustns zum Erben eines großen Theils von seinem Vermögen und seines Landgutes Pausilypum zwischen Neapel und Puteoli ein, verlangte dagegen, daß dieser dem Volke zu Ehren ein prachtvolles Werk aufführe. Augustus aber ließ unter dem Vorwande jenes neuen Baues, damit kein Gedächtniß an ihn in der Sradt blicke, sein Haus abbrechet, ! und «inen Säulengang errichten, den er jedoch nicht nach ! Pollio, sonder» nach der Livia benannte. Dieß geschah ! Merundfünszigstes Buch. 1115 übrigens erst später. Für jetzt gründete er viele Pflanzstädte in Gallien und tzispauie» und gab den Cyzikenern die Freiheit zurück. Die Bewohner der Insel Paphos, welche durch ein Erdbeben gelitten hatte, unterstützte er mit Geld und gestattete ihnen durch einen Senatsbescbluß, ihre Stadt Augusts zu heißen. Dieß führe ich besonders an, nicht als ob Augu- stus und der Senat niedt auch vielen andern Städten bei ähnlichen Unfällen früher und später unter die Arme gegriffen hätten; (wollte ich alle besonders erwähnen, so würde ich gar kern Ende finden,) sondern um zu ze.geu, daß auch der Senat den Städten als Auszeichnung besondere Namen gab, und nicht, wie jetzt, denselben erlaubt war, sich nach Belieben eine Menge Beinamen beizulegen. 24. Im folgenden Jahre waren Marcus Craffus und Cneus Cornelius Consuln. Die Curulädilen, die wegen der bei ihrer Wahl nicht.günstig erfundenen Auqurien ihr Amt niederlegten, ließen sich, gegen die bisherige Ordnung, in andern Consilien von Neuem wählen. Der Paulis! c Säulen- gang brannte ab, und das Feuer verbreitete sich nach dem Vestatempel, so daß die andern Bestalinnen (ihre Oberprie- sterin war blind geworben) die Heiliqtknmer aus den Palatinischen Be>g brachten und im Hanse des Jnpiterpricsters in Verwahrung gaben. Der Sänlengang ward später dem Namen nach von Aemilins, der von dem ersten Erbauer abstammte, in der That aber von Angustns und den Freunden des Paulus wieder aufgebaut. Jetzt standen die Pannonier auf und wurden wieder gebändigt: die Seealpsn, welche die bis jetzt noch freien Ligurier, Cvmati genannt, bewohnten, wurden unterjocht) auch-wurden die auf dem Cimmerischen 1116 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. Bosporus entstandenen llnrnhen gedämpft. Ein gewiss« Seribonius nämlich, der sich für einen Enkel des Muhnd,- tcS ausgab, und nach Asanders Tod die Herrschaft von Ao- gnstns erbaltcn haben wollte, hatte sich mit der Wittwe der selben, Dyuamis, einer Tochter des Pharnaces und Enkelii des Mikkridates, ron ihrem Gemahl zur Thronfolgen« hn stellt, vermählt, und von dem Bosporus Besitz genommen Auf die Nachricht davon sandte Agrippa Polenio, den Kons des Eappatoeie» benachbarten Poutus, gegen ihn. Dies» aber traf den Scridonins nicht mehr am Leben (die Borp»- raner hatten ihn, auf die Kunde des ihnen gespielten Trugs schon vorher getödtet); weil sie ihm aber, aus Furcht an ihm einen neuen Herrscher zu bekommen, Widerstand leisteten,« kam es zum Kampfe, i» dem er sie besiegte. Er konnte in aber nicht völlig ^bezwingen, bis Agrippa »ach Sinope kern, um gegen sie ins Feld zu rücken. Jetzt erst legten sie tu Waffen nieder und ergaben sich an Polemo, d,r dann du Dvnamis mit Bewilligung des Angustus zur Gemahlin »ahm. Hierüber wurden dann Dankopfer auf den Namen Agrippa« dargebracht, aber einen Triumph hielt er nicht, obgleich der Senat ibm denselben zuerkannte. Er berichtete hierübn gar nicht an den Senat; woher es denn k mmen mag, bei auch die späteren Feldherren sein Beispiel sich zum GesclN machten, und weder an den Senat Bericht erstatteten, not auch den Triumph annahmen; weßwegen auch, wie it glaube, keinem Andern seines Ranges weiter Dieß zu tlnui gestaltet, sondern blos die Auszeichnung der triumphalifche» Ehren zuerkannt wurde. rs. Augustus kehrte, nachdem er in Gallien, Deutschland 1117 Dierundsünfzigftes Buch. und Hispanien Alles in gehörige Verfassung gebracht, auf einzelne Stätte selbst große Summen verwendet, von ander» große erhoben, den einen Freiheit und Bürgerrecht gegeben, andern genommen, den Drusns aber in Deurschland zurückgelassen hatte, unter dem Consulate des Tiberins und des Quintilius Varus nach Rom zurück. Die Nachricht von seiner bevorstehenden Ankunft kam gerade zu der Zeit in die Stadt, da Cornelius Balbns das noch jetzt nach ihm benannte Theater einweihte und Schauspiele gab. Deßhalb, und weil Tibelias ihn, um ihm wegen des Theaters eine Ehre zu erweisen, beim Abstimmen im Senate zuerst aufrief, schmeichelte sich nun Balbns mit der Hoffnung, den Angnstus einholen zn dürfen, obgleich er selbst wegen der ausgenebenen Tiber, welche die Stadt unter Wasser setzte, weht anders als auf einem Kahne in sein Thearer gelangen konnte. Der Senat versammelte sich sogleich und beschloß unter Anderm, in der Curie selbst zur Dankbarkeit für die glückliche Zurückkauft des Angnstus cinen Altar zu errichten und Jedem zu erlauben, ihn innerhalb der Ringmauer um eine Gnade zu bitten. Er nahm aber keines von Berten an, sondern wich auch dicßmal der Einholung dcs Volkes aus, indem er bei Nacht irr der Stadt eintraf. Er pflegte es fast immer so zn kalte», er mochte nun in die Nähe der Stadt oder anderswohin verreisen oder zurückkommen, um Niemand lästrg zu fallen. Tags darauf begrüßte er das Volk vorn Palatinm aus, begab sich auf daS Capitol, nahm den Lorbeer von seinen Fasce» ab .und legte ihn dem Jupiter in den Schock, dem Volke aber gab er an jenem Tage unentgeltlich Bad und Barbiere. Hierauf versammelte er den 1118 Casstus Dio'S Römische Geschichte. Senat, und sprach zwar selbst wegen Heiserkeit nichi, lies aber den Qnästor einen schriftlichen Vertrag von ihm rer- lcsen, in welchem er die von ihm get-offenen Verfügung,» anfzählte, die Dienstjahre der Römischen Bürger und di, Summen bestimmt, die sie nach Ablauf der Dienstzeit stall der Grundstücke erhalten sollten, auf daß sie beim Einschrei- den in die Dienstlisten bestimmte Belohnungen zu erwartn hätten, und keine Veranlassung zu Aufstanden bekämen, Di, Zahl der Dienstjahre ward für die Leibwachen auf zwölf, sät die Andern auf sechzehn, bei den Einen aber geringere, tu Anderen größere Summen Geldes festgesetzt. Dieß erregte vorerst weder besondere Freude noch auch Unzufriedenheit, da sie so weder Alles erhielten, was sie wünschten, noch'auch ganz verkürzt wurden. Die Andern aber durften jetzt der Hoffnung leben, daß sie nicht mebr um ihren Besitz gebracht werden würden. 26. Hierauf weihte er das Theater des Marcellus ei» und bei den dabei veranstalteten feierlichen Spielen ritt unter andern jungen Patriciern auch sein Enkel Cajus in dein Ritterspieke Troja. Afrikanische Thiere fielen dabei sechshundert an der Zahl. Den Geburtstag August'S beging Zulus, der Sohn des Antonius, als Prätor mit Rittm'xi«- len und Thierkämpfen, und gab ihm und dem Senat in Folge eines besondern Senatsdeschlnsses auf dem Capitvliuin ein feierliches Gastgebot. Hierauf wurde wieder eine Musterung des Senates vorgenommen. Weil Anfangs, da Viele durch die Bürgerkriege um ihr väterliches Erbgut gekommen waren, die Schätzung auf Hunderttauland Denare gesetzt, in der Folge aber, wo die Leute wieder mehr Vermögen erworben 1119 Viernndfünfzigstes Buch, hatten, auf zweimalhundertundfünfzigtausend erhöht worden war, so fand sich nicht leicht Einer, der noch gerne Senator werde» wollte. Ja selbst Söhne und Enkel von Senatoren, von wirklicher Armuth gedrückt oder durch Unglücksfälle ihrer Vater herabgestimmt, fühlten keinen Ehrgeiz mehr, in dem Senate zu sitzen, ließen sich vielmehr, schon darein gewählt, ihrer Verbindlichkeit entbinden. Deßwegen war schon früher während der Abwesenheit August's durch einen Senatsbeschluß bestimmt worden, daß die Zwanzigmänner aus den Rittern gewählt werden sollten, von denen jedoch Keiner im Senate sitzen durfte, wenn er nicht vorher ein dazu berechtigendes Amt bekleidet hatte. Die Zwanzigmänner sind die früheren Scchsundzwanzigmänner. Drei von ihnen hatten die Todesstrafen zu vollziehen, drei andere das Münzgeschäft zu besorgen, vier die Straßen in der Stadt im Stande zu halten, und zehn waren Beisitzer bei dem Centumviralgericht. Die Stellen der zwei Aufseher über den Straßenbau außerhalb der Stadt, und der vier nach Campanicn zu schickenden waren eingegangen. Außer dieser in Cäsars Abwesenheit getroffenen Bestimmung des Senats ward noch weiter beschlossen, daß, da sich nicht leicht Jemand mehr um das Volkstribunat bewarb, aus der Zahl der vom Amte getretenen, noch nicht vierzig Jahr alten Quästoren einige durch dasLovs dezn bestimmt werden sollten. Jetzt aber musterte Augustns selbst den ganzen Senat und nahm es mit den über sünfuiid- dreißigJahre Alten eben nicht sehr genau, die Jüngeren aber, welche das erforderliche Alter hatten, zwang er in dem Senate zu erscheinen, eS müßte denn Einer ei» körperliches Gebrechen gehabt haben. Körperliche Fehler untersuchte er 1120 Cassius Div's Römische Geschichte. selbst, über das Vermögen aber ließ er die Angaben eidlich erhärte», Jede» selbst mit Zeugen in S-id nehmen, und üdn Dürftigkeit und Lcbensait Nast Weisung geben. 27. Aber nicht nur in Sachen des Gemeinwesens « Augustus so streng, um desto nachsichrlicher im Privatleben zu seyn, rielmekr verwies er dem Tibevius, daß er bei du zu Ehren seiner Rückkehr gefeierten Spielen den Casus m> den steh hatte sitzen lassen, d,m Volke aber, daß es denselben mit Händeklatschen und Lvhsprüchen empfangen hgtte. W «r nach dem Tode des L- pitus zum Erzpriester ernannt wurde, und der Senat ihm Ehrenhezeng >ngen votircn wollte, s« wies er Alles zurück, und als man dennoch darauf bestärk, so erhob er sich und verließ die Versammlung. So uutrr- blieben >e»e; auch bezog er keine dem Staate gehörige Wohnung, und da der Erzpriester durchaus in einem öffentlicher Gebäude wohnen mußte, so erklärt« er einen Theil seines Häuser für ein Eigenthum des Staats. Die Wohnung bei Rex Sacroruni wies er den Vestalinnen an, weil-sie obin- di-ß an die ihrige stieß. Einem Senator, Cornelius Eisen»«, machte man über die Aufführung seiner Gattin Vorwürstz dieser aber erklärte in dem Senne, daß er mit Vorwiffe« und auf Anraihen deS AugustnS sie geheirathet habe. Darüber wurde dieser in höchstem Grade aufgebracht, sprach »ist that aber nichts Unrechtes, sondern entfernte sich nur schlick aas dem Senat, kam aber gleich darauf wieder zurück, inst gestand nachher seinen Vertrauten, er habe lieber Liesen, wem *) Statt lese ich auf Reiinaus Vorschlag 112t Nierundfünfzigsteö Buch. auch sonst ungebührlichen Ausweg ergreifen, als dazubleiben, und sich von der Leidenschaft zu etwas Schlimmem hinreißen > .zu lassen. 28. Als hierauf Agripxa aus Syrien zurückkehrte, so verlieh er ihm zur Auszeichnung die Volkstribunengewalt auf weitere fünfIah» und schickte ihn nach Pannonicn, wo wieder ein Krieg auszubrechcn drohte, indem er ihm eine Macht eiuraumte, die ihn über die Statthalter in den einzelnen Provinzen stellte. Agripxa zog nun, unter den Con- suln Marcus Valerius und Publius Sulpicius, obgleich der Winter schon vor der Thüre warr, ins Feld. Da die Pan- nonier aber, durch seine Ankunft in Furcht gesetzt, sich wieder zur Ruhe gaben, kehrte er zurück und erkrankte in Campa- ^ nie». Sobald Augustus davon Kunde erhielt, eilte er, obgleich er gerade an dem Minervenfest im Namen seiner Söhne einen Gladiatorenkampf gab,' zu dem Kranken, traf ihn aber nicht mehr am Leben. Er ließ nun die Leiche nach Rom abführen und auf dem Forum aufstellen. Er selbst hielt ihm die Leichenrede, doch so, daß er ein Tuch vor der Leiche aufspannen ließ. Warum er Dieß that, weiß ich nicht. ! Die Einen meinen, weil er Erzpriester, Andere, weil er Censor war. Beide aber haben Unrecht. Dem Erzpriester war nicht verboten, eine Leiche zu sehen, ebensowenig dem Censor, außer wenn er nach gcendigter Schätzung die letzte Feierlichkeit beging. Sieht er da einen Todten, so, ist Alles, was er als Censor verfügte, ungültig. Nachdem er die Rede gesprochen, hielt er ihm ruf gleiche Weise, wie später bei seinem eigenen Tode geschah, das Leichenbeganguiß, und ließ ' Dio Cassius. 9s Bdchu, 0 1122 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihn in seiner eigenen Gruft beisetzen, obgleich dem Agchpi eine besondere auf dem Marsfelde zugeflandcn war. 2S. So starb Agrippa, der beste Mann seiner Zeit»«» der die Freundschaft des Augustus zu dessen eigenem Weil und zum Besten des Gemeinwesens benutzte. So sehr er die Anderen an Verdienst übertraf, so freiwillig trat er dem vor Augustus zurück. Während er Diesen die Früchte sein» Einsicht und Tapferkeit ärnten ließ, wandte er alle von ib» verliehene Ehre Und Macht nur zum Wohle der Andern «i> und bewirkte dadurch, daß er dem Augustus nicht im Lichte stand und von den Andern nicht beneidet wurde. Jene» sicherte er die Alleinherrschaft, als ob er wirklich diese W gierungsweise begünstigte, während er, als der größte Volle- freund, durch Wohlthaten die Liebe des Volkes gewann, s« vermachte er dem Volke seine Gärten und das nach ihm le- nannte Bad, so daß es unentgeltlich baden konnte, indem» hierfür noch dem Augustus einige Grundstücke zur VerfügW überließ. Dieser gab sie nicht nur dem Volke zu eigen, se» dern ließ noch, als geschähe es auf dessen Anweisung, an jeden Bürger hundert Denare vertheilen. Augustns war iiä«- sich Haupterbe seiner Berlassenschaft, zn welcher auch der Chersones am Hellespont gehörte. Wie jedoch Agrippa ji diesem Besitze kam, weiß ich nicht anzugeben. Sei» Verb»! ging dem Augustus sehr nahe, was ihn dem Volke noch kiel theurer machte. Zum Andenken an ihn ließ er auch düi Sohn, der ihm nach seinem Tode noch geboren wurde, di» Nanien Agrippa gebe». Auch durfte sich Niemand den herkömmlichen Feierlichkeiten entzieh«!, obgleich die vornehme« Römer dem Leichenbegängnisse nicht anwohnen wollten. Er 1125 Bierundfüiifzigftes Buch. selbst gab die Gladiatorenspiele, die oft ohne seine Gegenwart gegeben wurden. Dieser Todesfall war nickt nur ein Verlust für das Haus des Agrippa, sondern für den ganzen Staat, und Vorzeichen, die von jeher die Vorboten großer Unglücksfälle waren, ereigneten stch auck dießmal. Schuh» kamen in Sckaaren in die Stadt, ein Blitzstrahl traf das Haus auf dem Albanerberg, in dem die Consnln bei dem Latiner- fest ihre» Abstand zu nehmen pflegten. Ein Comet ließ sich mehrere Tage über der Stadt sehen und löste sich in Feuer- brcinee auf. Viele Grbäude in der Stadt brannten ab, unter andern auch die Hütte des Romulus, da Raben von einem Altar gerauhte Stücke Fleisches, an denen Feuerbrände hingen, auf dieselbe fallen ließen. So viel von Dem, was Agrippa betraf. ;n. Hierauf wurde Angustus znm Sittenaufseher und Sittenrichter auf weitere fünf Jahre ernannt: denn auch dieses Amt hatte er, wie die Alleinherrschaft, nur auf bestimmte Zeit übernommen. Als solcher befahl er den Senatoren, so oft Sitzung war, in dem Saale Weihrauch zu opfern und verbot v »selben, ihn daselbst zu begrüßen. Das Eine that er, um sie zur Verehrung der Götter anzuhalten, das Andere, > m ihnen bei den Versammlungen keine Unbequemlichkeit zu machen. Da sich sehr Wenige um das Volkstribu- uat bewarben, weil dessen Gewalt erloschen war, so letzte er sest, daß jeder Staate be mte je Einen us dem Ritterstande, der jedoch, nicht unter zrreinialhurdert und fünf igta neud Denare Vermögen besäße, vorschlagen, a-.s diesen aber das Volk so viele, a:s fehlten, wähnn, und denselben dann frei stehen 6 * 4124 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. sollte, in dem Senat ihren Sitz zu nehmen, oder wieder i« den Ritterstand zurückzutreten. Für die Provinz Asten, die in Folge von Erdbeben der Unterstützung bedurfte, zahlte er den Tribut von einem Jahr aus eigenen Mitteln in den Staatsschatz, und bestellte daselbst einen Statthalter duM Loos, keinen von ihm selbst gewählten, aber auf die Zeit»« zwei Jahren. — Als einmal Apulejus und Mäcenas ist« einen Ehebruch zu Gerichte standen lind angefochten würd«, nicht weil sie selbst sich dergleichen zn Schuld kommen ließe», sondern weil sie dem Angeklagten angelehentlich das Wort redeten, so erschien er selbst in dem Gericht, setzte sich auf den Sich des Prätors und erlaubte sich zwar keinen Machtspruch, nnlei- sagte aber dem Ankläger, seine Verwandte» »nd Freunde z» beschimpfen und stand wieder auf. Wegen dieser und andern Handlungen legte man Geld zusammen, »m ihm zu Ehre» Bildsäulen aufzustellen, und gestattete den Ehelose» an seinen Geburtstage mit den Andern im Theater nnd bei den Gemahlen zu erscheinen, Was ihnen bisher verboten war. ->l. Nachdem Agrippa, den er seiner Verdienste und keiner andern Verbindlichkeit wegen geliebt, gestorben war, bedurfte er für die Staatsgeschäfte eines Gehülfen, der den ander» an Rang nnd Macht vorging, und im Falle der Noth ohne Neid und Gefahr der Verwaltung vorstehe« konnte. So nahm er, da seine Enkel noel'Kinder waren, dni Tibcrins, selbst gegen seine Neigung, sich an die Seile. Dieser miistts sich also von seiner Gnnabli», obgleich sie.eine Tochter Agrippa's aus einer andern Ebe war, schon ein Knsi von ibm halte und mit dem andern schwanger ging, trenne«, und sich mit Jiilia vermählen, worauf er dann gegen dir 1,125 Vienindfünfzigstes Buch. Pannonier zu Felde zog. Diese waren nämlich bis dahin aus Furcht cvor Agrippa ruhig geblieben, und erhoben sich jetzt, da er gestochen war. Tiberins zwang sie durch Verheerung ihre« Landes und durch harte Maßregeln zur Unterwerfung, wobei ihm ihre Gränznachbarn, die Scordisker, welche gleiche Waffen mit ihnen führten, sehr gute Dienste leisteten. Er nahm ihnen die Waffen ab, n»d verkaufte den größten Theil ihrer Jugend, um ins Ausland in Sclaverei geführt zu werden. Der Senat erkannte ihm darauf einen Triumph zu, Augustus über erlaubte ihn nicht, gestattete ihm jedoch die Trinmphehrenzeichen. 52. Gleiches Glück hatte Drnsus. Da die Sigambrer und ihre Bundesgenossen wegen der Abwesenheit des Aügu- stus und der Abneigung der Gallier gegen Dienstbarkeit von Neuem Krieg anfingen, so versicherte er sich erst der Provinz Gallien, indem er die angesehensten Männer, unter dem Verwand eines Festes, das man noch jetzt in Lugdnnum an dem Altar des AugnstuS begeht, zu ffch lud. Jetzt lauerte er auf die Celten, wie sie über den Rhein kamen, und trieb sie zurück. Dann ging er in das Land der Usipeter, das an der Insel der Bataver liegt, hinüber, drang sodann in Sigambrien ein und verheerte einen großen Theil des Landes. Hierauf fuhr er auf dem Rhein in den Ocean, unterwarf die Friesen, und kam bei einer Fahrt über den See nach dem Lande der Chauker in Gefahr, da seine Schiffe bei der Ebbe auf das Trockene gerietbe», ward aber von den Friesen, die zu Lande an dem Feldznge Theil »ahmen, gerettet, und ging, weil es Winter war, nach Rom zurück, wo er unter dem Consulatr 1126 Cassius Div's Römische Geschichte. des Quintns Aelius und des Paulus Fabius Aedil war!, obgleich er schon den Rang eines Prätors hatte. zz. Zu Anfang des Frühlings rückte er wieder ins Fell, setzte über den Rhein und unterwarf die Usipeter, schlugst- dann eine Brücke über den Lnpia fLippess, fiel ins Land tn Sigambrer. und rückte durch dasselbe in das Cherusker!« bis an den Visurgis sWeserch Dieses würd«! ihm dadurch möglich, daß die S'gambrer, aufgebracht gegen die Chaüt», die einzige Völkerschaft unter ihren Nachbarn, weiche kcki Hulfstruppen gesendet hatte, mit ihrer ganzen Heere-mM gegen sie zu Feld« gezogen waren. Solchem Umstände m- dankte er es, daß er nnangesochten durch ihr Land kam. E< hätte auch über die Weser gesetzt, wenn ikm nickt die d- bensmittel ausgegangen märe» und der Winter sich ringe s stellt hätte. Auch hatte sich ein Bienenschwarm in seinen Heere sehen lassen. *) Dieß hielt ihn von weiterem Vordringen ab , und auf der Rückkehr in Frenndeslaud kam er in große Gefahr. Die Feinde legte» sich nämlich überall in Hinterhalt und thaten ihm großen Schade»; einmal schloßt» sie ik» in eine ov» Bergen umgebene, nur durch EngoD s zugängliche Gegend em und hätte» ihn beinahe zu Grinidr > gerichtet. Er wäre auch mit dem ganzen Heere ohne M- ^ tnng verloren gewesen, wenn nicht die Feinde, ihrer Saüt zn gewiß, als wären die Römer schon in ihrer Gewalt Mld bednifte es nur noch eines Schwertstreichs zu ihrer Vernichtung. ohne Ordnung auf sie eingedrungen w>ren. Dadurch wurden sie besiegt und entmuthigt, so daß sie sie nur noch , *) Eine der schlimmsten Vorbedeutungen. 1127 Viernndfünfzigftes Buch. aus der Ferne beunruhigten, aber ihnen nickt mehr zu Leibe z» gehen wagten. Dieß gab dem Drnsns seinerseits den Muth, da»wo der Lupia und der Aliso» sdie Alme) zusammenfließen, ein Castcll anzulegen und ein zweites an dem Rhein in dein Lande der Chatten. Deßhalb gestattet- man ihm die Jnsignien des Triumphes und einen Einzug zu Pferde in die Sradt, sowie auch nach beendigtem F-Idzu-e den Rang eines Prvconsnls. Den Namen eines Imperators erhielt er zwar von den Soldaten, wie früher Tiberins, aber Augustus Erlaubte ihm nicht, ihn zu führen, obgleich er selbst durch beide Kriegsthaten zwei weitere Zahlen seinem Jmperatvrtitel beizufügen sich nicht entblödete. 54. Während Drusus diese Thaten verrichtete, wurden die Spiele, die ihm als Prätor zu geben zukamen, auf's Prachtvollste begangen, und der Geburtstag des Augustus auf dem Ciicns und an andern Orten der Stadt mit Thierkämpfen gefeiert. Dieß, obgleich nicht rom Senate des Glossen, geschah fast jedes Jahr durch einen der jedesmaligen Prätoren. Die Augustalien dagegen, welche man noch jetzt feiert, wurden damals in Folge eines Senatsbeschluffes abgehalten. Tiberins unterwarf die rebellirenden Dalmatier und die Pannonier, welche später, weil er und der größte Theil des Heeres abwesend war, ebenfalls aufstanden, indem er gegen beide Völker zu gleicher Zeit kriegte und sich bald zu diesem, bald zu jenem wandte, so daß er sich neben mehreren anderen auch die Auszeichnungen wie Drnsns verdiente. Von nun an ward auch Dalmatien, weil es an sich schon und wegen der Nachbarschaft der Pannonier nothwendig machte, ein Heer daselbst zu halten, der Obhut des Augustus 1128 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. übergeben. Dieß thaten Drusus und Tiberins. Um dieselbe Zeit wußte sich Vologäsus, ein Thracier aus der Völkn- schaft der Besser, als Priester ihres Nationalgot Mj Bacchnt durch vorgebliche Begeisterung einen Anhang zu verschaffe,,, fing mit denselben eine Empörung an, besiegte und todten den Rhescupvris, den Sshn des Cvttys. Sodann entlockn er dessen Oheime Rhömetalces ohne Schwertstreich sein H«, durch bloße Vorspiegelungen von Begeisterung, und ziv.inz ihn zur Flucht; hieraus fiel er, ihn versetzend, in den Eden ? soues ein und richtete dort große Verheerung au. Gegen 'i Diesen und die Sialeser, welche Macedonien beunruhigten, j wurde Lucius Piso, der Statthalter von Pamphylien, den- ^ dert. Weil die Besser aber aus die Nachricht von seiner Annäherung nach Hause gingen, so rückte er in ihr Land, und j ward erst von ihnen geschlagen, gewann aber wieder die ^ Oberhand und verwüstete nun ihr und ihrer Granznachbarn Land, die mit ihnen ausgestanden waren. Zeht ergaben sie sich ihm theils sreiwillig, theils aus Furcht; Andere beilegte ! er in förmlichen Schlachten und unterwarf sich ganz Tlm- cien. Als ein Theil sich wieder empörte, so wurde er von Neuem unterjocht. Zhm wnrden dafür Dankseste und die Inifignien des Triumphes zuerkannt. . 55. Indessen hat.« AugustnS in Rom Schayung gehalten und auch sein Vermögen wie jeder Privatmann, angegeben, sodann den Senat gemustert. Da er sah, daß nicht immer Viele im Senat erschienen, so veranlaßte er den Beschluß, daß auch von weniger als vierhundert Anwesende» Verordnungen gemacht werden könnten. Bisher konnte unter dieser Zahl kein rechtskräftiger Beschluß gefaßt werden. L129 Dienindfittifzigstes Buch. Als aber von Neuem Senat und Volk Geld zu Bildsäulen von ihm zusammenschoß, n, so li>ß er keine rv» sich, wohl aber von d»r Salus Publca, der Concordia und der Friedensgöttin errichten. Dieß thaten sie fast immer und bei jeder Gelegenheit. Endlich kam man dabin,, daß man am Nenjahrstage nicht mehr nur zusammenschoß, sondern daß Einzelne sich zn ihm begaben, und ihm bald kleinere, bald größere Geschenke machten. Er aber machte nicht nur den Senatoren, sondern auch den Andern Gegengeschenke von gleichem oder noch höherem Werthe. Weiter habe ich gehört, daß er in Folge eines Orakelsprnchs oder eines Traumes an einem Tage im Jahr die nächsten Besten, die ihm in den Weg kamen, um eine Getdgabe angebettelt habe. Glaube es, Wer da will, ich berichte, wie ich es angegeben finde. In demselben Jahre vermählte er die Julia an Ti- berins und ließ seine Schwester Ottavia. welche starb, in dem Jnli.schen Tempel öffentlich ausstelle». Er selbst hielt wieder, gleichfalls bei vorgezogenem Vorhang, eine L-ichen- rede, und Drnsus einen Lvrtrag anf der Rednerbühne. (Die Trauer war öffentlich, denn die Senatoren hatte» die Gewänder gewechselt.) Ihre Schwiegersöhne geleiteten die Leiche weiter, die ihr zuerkannten Ehren nahm jedoch AngnstuS nicht alle an. 56. Zn derselben Zeit ward auch der. erste Jnpiters- Priester nach Merula wieder gewählt, den Quästoren aber aufgetragen, die jedesmaligen Senatsbeschlüffe in Verwahrung zu nehmen, weil die Volkstribunen und Aedilen, welche früher damit beauftragt waren, es durch Diener beso>g-n ließen, wodurch nicht selten Jrrihum und Verwirrung ent- 1130 Casfius Dio's Römische Geschichte. stand. Zwar wurde nun beschlossen, den Tempel des Ianut Geminus, welcher derzeit geöffnet war, zu schließen, da di, Kriege überall beendigt wären; es kam aber nicht dazu: dem die Datier gingen über den zugefrorne» Jster und trieben Beute aus Pannonien weg, und die Dalmatier griffen übcrderEiu- trcibung des Tributs wieder zu den Waffen. Gegen diese wurde Tiberius von Augustus von Gallien aus, wohin er mit demselben gekommen war, geschickt und brachte sie zur Ruhe. Den Celten sDeutschensl und besonders den Chatteu, die das ihnen von den Römern angewiesene Land verlasse» und sich mit den Sigambrern verbunden hatten, brachte Drusus theils Verluste bei, theils bezwäng er sie. Hierauf kehrten Beide mit Augustus, der sich meist im Lugdunenß- schen aufgehalten hatte, um die Celten mehr im Auge zu haben, nach Rom zurück, und sie vollzogen nun Alles, ivat ihnen ihrer Siege wegen zuerkannt oder sonst Brauch »ud Sitte war. Dieß geschah unter den Consuln Julus sAute- »iussl und Fabins Maximus. Inhalt des fünfundfünfzigften Buches. Drusus stirbt. Cap. 1., 2 . Gesetze und Anordnungen August's. Cup. 3—8. Mäcenas stirbt. Cap. 7. Eine Kapelle der Livia, das Agrippinische Feld und das Diribitorium werde» eingeweiht. Cap. 8. August ist mit seinen Enkel» unzufrieden, Tiberius entweicht nach Rhodus. Ausschweifungen der Julia, Sap. S-13. August's Enkel sterbe». Tiberius wird adoptirt. Eap. 14 — 22. Livia's Ermahnung an Augustus, milder zu regieren. Cap. 14 — 22. Ueber die Legionen und die Bestellung von Verwaltern der KriegSkaffen. Cap. 23 — 25. Einführung der nächtlichen Schaarwachen. Cap. 27. Tiberius bekriegt die Dalmaticr und die Pannonier. Cap. 28^34.") Der Zeitraum begreift siebzehn Jahre, i» welchen Folgende Consuln waren: Vor Chr. Nach Erb. Roms. s. 745. Claudius Nero Drusus, des Tiberius Sohn. und 'Titus Quintius Crispinus, des Tktus Sohn. 8. 746. Cajus Martins Censorinus und Casus Asinius Gallus, des Cajus Sohn. 7. 747. Tiberius Claudius, des Tiberius Sohn zum zweitenmal und Cneus Calpuriiius Piso, des CneuS Sohn. znm zweitenmal. 8 . 748. Decimus Lälius Balbus, des Decimus *- Auch hier ist in der Inhalt-anzeige Mehreres ergänzt, das nicht in dem griechischen Tepte steht. 1132 Inhalt des füiifundfünfzigsten Buches. Vor Chr. Nach Erb. Rims. Svb», und Cajus Antistius Veter, des Casus Svb». v 5. 749. Augustus zum zwLlstcnmal und Lucius Syllg. 4. 750. Casus Calvisius Sabinus zum zweitenmal und LueiuS Passienus Nosus. z. 751. Lucius Cornelius LeutuluS. des Lucius Sohn, uud Marcus ValcriuS Messal» oder MessalinuS, des MarcuS Sohn. 2. 7L2. Augustus zu», dreizehntenchal und Markus Plautius Silvanus, des Marcus Soh». 1. Nach Chr. 753. Cvssus Cornelius Lentulus. deS Cueus Soli», und Lucius Ealpuruius Piso, des Cueus Sohn. 1. 754. Cajus Cäsar, des Augustus Sohn, uud Lucius Aemilius Paulus, des Lucius Sol>». 2, 755. Publius Vinicius oder Minucius, des MarcuS Sohn, und Pndlius Aifeuus oder Alfinius Varus, des Puolius Sohu. 3. 758. Lucius Aelius Lainia, des Lucius Sohn, svlarcus Seroilius, des Marcus Sohn. 4. 757. . Sertus Aemilius Catus, des Quiutus Soh», und Cajus Sentius SaturniuuS, des Casus Sohn. 5. 758. Lucius Valcrius Mcffala Balesus, des Pokitus Sohn, und Eneus Cornelius Einna Magnus, des Lucius Sohn. 6. 759. Marcus Aemilius Lepidns, des Lucius Sohn, und Lucius Arruntius, des Lucius Sohn. 7. 760. Aulus Licinius Nerva Silanus und Quintus Cäeilius Metellus Sreticus. Inhalt des füufundfünszigften Buches. 1135 Nach Chr. Nach Crb. Roms. 8 . 76j. Marcns Furius Camillus, des MarcuS Sohn, und Scrius Nonius O.uintilia- „us, des Lucius Sohn. Fünsundfünfzigstes Buch. 1- Im folgende» Jahre war Drnsus mit CrispinuS Cvnsul, und hatte keine günstigen Vorbedeutungen. Unter vielen andern Verheerungen, welche Stuim und Blitze anrichteten, gingen auch riete Tempel zn Grunde, ja selbst der des Jupiter Capitrlinns ward mit andern daranstvßenden Gebäuden beschädigt. Allein Di usus kehrte sich nicht daran, sondern siel in das Land der Cbatten ein und drang bis nach Schwabenland vor, in dem er Alles, was -sich ihm entgegenstellte, nicht ohne Mühe bezwäng und der Feinde nicht ohne eigene Verluste Meister ward. Von da wandte er sich nach dem Cheruskcrland, setzte über die Weser und rückte, Alles verheerend, bis an die Elbe vor. Auch über diesen Fluß, welcher aus den Vandalische» Gebirgen entspringt und sich in großer Breite in die Nordsee ergießt, wollte er setzen; da es ihm über mißlang, so errichtete er Siegeszeichen, und trat den Nü.kweg an. Es trat ihm nämlich eins Franen- gestelt 'ron übermenschlicher Höbe entgegen und sprach: „Wohin eilst dn in all r Welt, unersättlicher Drnsus ? Alles Dieß gtt schatten ist dir von! Schicksal nicht bestimmt. Eile von hinnen;.deiner Thaten und Tage Ziel ist nahe." Zwar 1154 Cassius Dio's Römische Geschichte, mag eine solche Weisung der Gottheit an einen Sterblich» wunderbar erscheinen; ich sehe aber keinen Grund, ihr bell Glauben zu verweigern, da sie alsbald in Erfüllung ging: er eilte zurück, ward aber unterwegs, noch ehe er denRhei» erreichte, von einer Krankheit befallen und starb. Ein«, Beweis dafür gibt auch die Angabe, daß Wölfe gegen die die Zeit seines Todes um sein Lager herumliefen und heulten und zwei Jünglinge mitten über seine Schanzlinieu dahin reitend gesehen wurden, auch Wehklagen von Weibern sich höre» ließ und Sterne an dem Himmel hin und her fuhren. Dieß geschah denn auf die erwähnte Weise. 2. Auf die Kunde von seiner Krankheit schickte Angnstns, der sich in der Nähe aushielt, den TiberiuS in aller Eile zu ihm. Dieser traf ihn noch am Leben und brachte dann seine Leiche nach Rom, indem sie Anfangs bis zn dem Winter- Lager des Heeres die Centurionen und Kriegstribunen, von da aber die vornehmsten Männer jeder Stadt tragen mußten. Sie ward auf dem Marktplätze aufgestellt und eine doppelte Leichenrede gehalten. Tiberius lobre ihn hier und Augustus auf dem Flaminischen Circus. Er kam von einem Feldzuge zurück, und durfte die beim Eintritt in die Ringmauer gewöhnlichen Obliegenheiten wegen der Kriegsthaten noch nicht erfüllen. Die Leiche ward sodann von den Rittern, die auf diese Würde die vollsten Ansprüche hatten, und Denen, die aus Senatorischen Familien stammten, getragen, dem Feuer übergeben und dann in der Gruft des Augustus beigesetzt Er erhielt mit seine» Söhnen den Beinamen Germaniens nnd die Ehre von Standbildern, einem Triumphbogen mnd einem Kenotaphium am Rheiue selbst. 1135 Fülrfulidfiliifzigsieö Buch. Tib-rius aber besiegte die Dalmatier und Pannonier, welche noch bei Lebzeiten des Drusus neue Unruhen angefangen hatten, hielt den kleinen Triumph zu Pferd und speiste daS Volk auf dem Sapitolium und an mehrere» anderen Orten. Auch bewirthete die Livia mit der Julia die Römerinnen. Gleiches erwartete den Drusus. Es sollte ihm zu Ehren das Latinerfest noch einmal gefeiert werden, um seinen Triumph an demselben zu feiern; allein der Tod vereitelte Alles. Um die Livia zu trösten beschloß man, ihr Standbilder zu errichten und die Vorrechte der Mütter, die dreimal geboren haben, einzuräumen. Denn wem der Himmel, sey's Mann oder Weib, nicht drei Kinder schenkt, diesen verleiht zuweilen das Gesetz, früher durch den Senat, jetzt aber durch den Kaiser, das Recht solcher Frauen, die dreimal Mütter wurden, so daß sie nicht nur nicht in die Strafen der Kinderlosigkeit verfielen, sondern auch fast aller Belohnungen Derer theilhaftig wurden, welche eine zahlreiche Familie haben. Und Dieß erstreckt sich nicht nur auf die Menschen, sondern auch auf die Götter, damit sie Sterbende beerben können. Mit diesen Dingen hat es nun die vvrbenannte Bewandtniß. Z. Augustus setzte fest, daß die Senatssiyungen an bestimmten Tagen stattfinden sollten. Vorher bestand darüber keine Bestimmung, und deßhalb waren Viele weggeblieben. Jetzt setzte er auf bestimmte Monatstage Hauptsitzungen an, so daß denselben Jeder, den das Gesetz dazu berief, beiwohnen mußte. Damit aber auch keine andere Entschuldigung des Wegbleibens übrig bliebe/ sollten auf jene Zeit auch keine Gerichtssitzungen oder andere dergleichen Versammlungen verlegt werden können. Die zur Gültigkeit eines Senats- 1136 Cassius Dio's Römische Geschichte. beschluffes nöthige Zahl der Stimmen bemaß er, um mich allgemein auszudrucken, nach der größeren oder geringerm Wichtigkeit der Gegenstände; auch erhöhte er die Strafe» für Solche, dre aus keinem erheblichen Grunde die Sitzungen nicht besuchten. Weil diese Strafen wegen der Menge der Schuldigen gewöhnlich nicht vollzogen werden, so bestimmte er, daß für den Fall, daß Viele straffällig würden, jeder durch, das Loos bestimmte fünfte Mann wenigstens die Strafe erlegen mußte. Er ließ die Namen sämmtlicher Senatoren in ein Verzeichniß eintragen und öffentlich anschlagen. Was seitdem noch jährlich zu geschehen pflegt. Durch dieses Miß tel suchte er sie zum Besuche der Sitzungen anzuhalten. Wenn es sich nun traf, daß nicht die gehörige Zahl zusammenkam, (so oft der Kaiser gegenwärtig war, und in den andern Tagen sowohl damals als später wurde die Zahl der Anwesenden gemeiniglich genau überzählt) so hielten sie zwar ihre Berathungen, und das Ergebniß derselben wurde niedergeschrieben, galt aber blos als Willensmeinung Oueeori- tss), und gab nur die Ansicht der anwesenden Mitglieder z« erkennen: denn Dieß besagt die Bedeutung des Worts: denn mit einem griechische» Ausdruck wußte ich es nicht zu gebe». Dasselbe geschah, wenn sie sich an einem nicht gesetzlichen Orte, nicht znr gesetzlichen Zeit oder auch ohpe gesetzliche Ansage in der Eile versammelte», oder- die BolkStribnnen Einsprache thaten. In diesem Falle war der Senatsbeschlnß nicht rechtsgültig , und doch wollte dieser sein Gutachten nicht unterdrücke wissen. Es könnte auch später völlige Recht-gültigkeit und den eigentlichen Namen eines Senatsbeschlnffes erhalten. Auf diese Bestimmung wurde ehedem aufs Strengste l ! LLL7 Fmifundfünfzigftes Buch. gehalten; sie ist aber bereits, wie die über die Prätoren, außer Kraft getreten. Diese nämlich fanden es mit ihrer Stellung nicht verträglich, daß sie, die doch den Volkstribunen dem Range nach vorgingen, nicht das Recht haben sollten, in dem Senate zn referiren, und bekamen zwar damals von August die Befugniß, verloren sie aber mit der Zeit wieder. 4. Diese und andere Gesetzesbestimmungen, die er damals machte, ließ er auf einer Tafel im Sitzungssaal anschlagen, ehe er einen Vertrag darüber hielt, und gestattet« den Senatoren, so wie sie einzeln eintraten, sie zu lesen, um zu sagen, ob ihnen Einzelnes nicht gefiele, oder ob sie einen bessern Vorschlag zu machen hätten. Er wollte durchaus für einen Volksfreund gelten; als ihn daher einer seiner früheren Kriegsgefährten um seinen Beistand vor Gericht bat, und er sich Anfangs mit Geschäften entschuldigte, aber einem seiner Freunde übertrug, sich desselben anzunehmen; Jener dagegen aufgebracht wurde und sagte: „so oft du meines Ar- ! mes bedurftest, schickte ich dir keinen Andern statt meiner, ! sondern theilte immer Persönlich jede Gefahr mit dir," so ging er mit ihm vor Gericht und half ihm selbst. Als einer seiner Freunde angeklagt wurde, so stand er ihm nach Ver- ^ nehmung des SenatS über die Sache bei, und rettete ihn ! nicht nur, sondern verargte es auch seinem Ankläger nicht, ^ obgleich er sehr freimüthig gesprochen hatte, sprach diesen vielmehr frei, da man ihn seines Betragens wegen belangt hatte, indem er erklärte, daß Freimüthigkeit bei der Verderbnis so Vieler sehr vounvthen sey. Andere dagegen, die Dio^CassmS. Ss^Vdchn. 7 L1L8 Cassins Dio'S Römische Geschichte. ihm nach dem Leben trachteten, ließ er auf geschehene Anzeige zur Strafe ziehen. Damals bestellte er auch Qnäß«- ren an der Seeküste Roms und an andern Orten Jralieiij, wollte aber, wie ich schon erwähnte, wegen Ablebens des Drusus, noch immer uicht die Stadt betreten. 5. Zm folgenden Jahr, in welchem Asinius GallnS nnd Casus Marcius Cousuln waren, hielt er seinen Einzug in Rom, überbrachte gegen das Herkommen einen Lorbeerzweiz dem Jupiter Feretrius, hielt aber für sich kein Festgeprängk, da er dirkch den Tod des Drusus mehr rerloreu, als durch die Siege gewonnen zu haben meinte. Die Cousuln dagegr» thaten Alles, was bei dergleichen Gelegenheiten zu geschehn, pflegt und ließen unter Anderem auch Gefangene miteinander kämpfen. Als hierauf nicht nur sie, sondern auch du andern Beamten durch Bestechung ihre Stellen erhalten zu haben beschuldigt wurden, so untersuchte Augnstus es nicht nur uicht, sondern wollte überhaupt keine Kenntniß davon nehmen: denn er mochte weder bestrafen noch Ucdee- wiesene begnadigen, traf aber die Bestimmung, daß die Be- werber um Aemter vor der Wahl bestimmte Summen alt Unterpfand hinterlegen mußten, deren sie verlustig wurden, wenn etwas dergleichen über sie aufkam. Diese Maßregel fand allgemeinen Beifall. Als er aber den bisherigen Gebrauch, keinen Sclaven zu peinlicher Frage über seincnHmn zu ziehen, dahin abänderte, daß, so oft die Umstände dieß forderten, ein solcher zuvor an den Staat oder an ihn verkauft werden sollte, damit er zur Zeit, des Fvlterns nicht mehr Eigenthum des Beklagten wäre, so fanden die E»m Liese Verfügung ungerecht, weil durch einen solche» Wechsel 11ZS Fünfundfünfzigstes Buch. des Herrn das Gesetz alle Kraft verliere; Andere dagegen fanden sie nothwendig, weil Viele unter dem Schuhe dieses Gesetzes sich zu Freveln wider ihn und die Obrigkeiten verleiten ließen. 6. Als hierauf die zehn Jahre der Obergewalt zum zweitenmal zu Ende gingen, und er sich stellte, als ob er sie- niederlegen wollte, so ließ er sich, nothgedrungen, aufs Neue damit bekleiden und unternahm einen Feldzug gegen die Celten sDeutschenj. Er selbst blieb zwar zu H»use, Tibe- rius aber ging über den Rhein. Aus Furcht vor ihnen baten die Feinde, mit Ausnahme der Eigambrer, um Frieden, erhielten ihn aber weder jetzt, noch spater, da August sich ohne den Beitritt der Sigambrer auf Nichts einlassen wollte. Zwar sandten auch Diese später Gesandte, richteten aber Nichts aus, vielmehr fanden Letztere, die Vornehmsten ihres Volkes, so viele ihrer waren, allesammt den Tod. Augustus ließ sie nämlich aufgreifen und in die Städte vertheilen, wo sie aus Lebensüberdruß sich selbst ums Leben brachten. Alsdann hielten sie sich eine Zeitlang ruhig, vergalten aber dann den Römern ihre» Schmerz in reichem Maße- Hierauf ließ Augustus unter die Soldaten Geld austheilen, nicht als sie eine Schlacht gewonnen hätten, obgleich er den Titel eines Imperators annahm, und denselben auch dem Tiberius zu führen erlaubte, sondern weil Casus damals in ihrer Mitte seine ersten KriegSübungcn anstellte. Den Tiberius erhob er an der Stelle des Drusns zu der Würde eines Feldherrn, beehrte ihn mit dem Namen Imperator und ernannte ihn wieder zum Consul. Auch ließ er ihn nach hergebrachter 7- 1140 Cassius Dio's Römische Geschichte. Sitte vor dem Antritte seines Amtes ein Edikt erlassen und einen Triumphzug halten. Er selbst mochte keinen halten, ließ sich jedoch die Ehre gefallen, daß an seinem Geburtstage auf alle Zeiten Ritterspiele gefeiert würden. Auch erweiterte er den Kreis der Ringmauer und nannte den Monat Sextilis August. Während dir Andern den September, in dem er geboren war, so nennen wollten, zog er selbst bissen vor, weil er in ihm zuerst znm Consul erwählt worden und seine nBisten und wichtigsten Schlachten gewonnen hatte. Darüber war denn Augustus hoch -erfreut. 7. Der Tod des Mäcenas ging dagegen dem Augnstus sehr nahe. Er hatte auch viele Verdienste um ihn (weßhalb er ihm auch, obgleich er nur Ritter war, die Aufsicht über die Stadt lange Zeit überließ), besonders aber, wenn er seine Leidenschaft wollte gewähren lassen. Immer gelang es ihm, seinen Zorn zu bändigen und ihn milder zn stimmen. Bei einer gerichtlichen Untersuchung stand er zum Beispiel einmal in seiner Nähe und sah, wie er im Begriffe stand, Vielen das Tvdesurtheil zu sprechen. Er suchte daher durch die Umstehenden sich zu ihm hinzudrängen, und da er Dieß nicht vermochte, so schrieb er auf ein Täfelchen die Worte: „So steh doch einmal auf, du Henker!" und warf es, als ob es etwas Anderes enthielte, ihm in den Busen. Dieß hatte zur Folge, daß Augnstus Niemand znm Tode verurtheilte, sondern sogleich den Richterstuhl verließ. Solcherlei nahm er auch nicht nur nicht übel, sondern freute sich vielmehr, daß die Härte, zu der ihn Temperament und Drang der Umstände oft über die Gebühr hinrissen, durch die freimüthigen Vorstellungen seiner Freunde gemildert wurde. Der stärkste LL4t Fünfundfünfzigstes Buch. Beweis für die Verdienste des Mäccnas ist wohl der, daß er, obgleich er den Ausbrüchen seiner Leidenschaft trotzte, doch die vertraute Freundschaft des Augustns genoß und allgemein beliebt war. Obschvn er aber solchen Einfluß hatte, daß er Vielen Würden und Ehrenstellen verschaffte, überhob er sich dennoch nicht, sondern blieb, so lang er lebte, Ritter. Dieß Alles machte dem Augustns den Verlust des Mäcenas sehr schmerzlich, zumal da er ihn, obgleich ihm wegen seiner Gattin gram, znm alleinigen Erben eingesetzt und bis auf wenige Vermächtnisse freistellte, ob er Kincm seiner Freunde Etwas geben wollte oder nicht. Dieß war der Charakter des Mäcenas und sein Benehmen gegen August. Er war der Erste, der in der Stadt warme Bader errichtete, und gewisse Zeichen für Geschwindschreiber erfand, worin er durch seinen Freigelassenen Aquila Viele unterrichten ließ. 8. Tiberius versammelte am ersten Tage des Jahres, an welchem er mit Cneus Piso das Cousulat antrat, den Senat in der Octavischen Curie, weil sie außerhalb der Ringmauer lag, und übernahm sodann die Wiederherstellung des Concordientemxels, der seinen und des Drusus Namen führen sollte. Hierauf hielt er seinen feierlichen Trinmph- Einzug und weihte mit seiner Mutter die Capelle der Livia ein, bei welcher Gelegenheit er dem Senat auf dem Ca- pitolium, fle aber die Frauen irgeudanderswo bewirthete. Als bald darauf in Deutschland Bewegungen vorfielen, so rückte er wieder zu Felde. Die zur Feier der Wiederkehr des Auguflus gelobten Sxiele hielt an seiner Statt Casus mit Piso ab; das Agrixpische Feld mit Ausnahme des Säulen- gangs nnd das Diribitorium weihte Augustus selbst zum 1142 Casstus Dio'S Römische Geschichte. öffentlichen Gebrauche ein. Das letztere Gebäude, (das größte Haus, das je unter ein Dach gebracht wurde, jetzt aber, weil das zerfallene Dach nicht wieder zusammengefügt werden konnte, oben offen steht) hatte Agrippa bei feinem Tode unvollendet gelassen, Augustus aber vollends ausgebaut. Der Sänlengang auf dem Felde, den dessen Schwester Polla gebaut, die auch die Rennbahn angelegt hatte, war noch nicht vollendet. Zu dieser Zeit wurden auch Gladiatorenspiele zu Ehren des verstorbenen Agrippa gehalten, denen in dunkler Kleidung das Volk und selbst die Sohne Augusts, nur dieser nicht so, anwohnten, und wobei die Gladiatoren «rst Man» gegen Mann, hernach in ganzen Schaaren in gleicher Zahl miteinander kämpften, und zwar in den Sepien, um auch hierdurch den Agrippa zu ehren, zugleich weil hiele Gebäude um den Markt abgebrannt waren. Man glaubte, die Schuldner hätten das Feuer eingelegt, um wegen der großen Verluste einen Schnldennachlaß zu erhalten; sie erreichten jedoch nicht ihren Zweck. Die Straßen dagegen bekamen Aufseher aus dem Volke, die man auch Stra- ßenmeister nannte, denen man verbrämte Togen und zwei Victoren in den ihnen zugewiesenen Straßen an bestimmten Tagen zugestand, und denen auch die Sclaven, die denAedi- ien für den Fall von Feuersbrünsien zur Verfügung standen, zugeordnet waren, obgleich die Aedilen, die Volkstribunen und die Prätoren über die Stadt im Ganzen, die in vierzehn Regionen eingetheilt war, die Oberaufsicht behielten, und diese unter sich verloosten, Was noch jetzt geschieht. Dieß ist Alles, was sich in diesem Jahre begab. In Ger- Manien fiel Nichts vor, das bemerkt zu werden verdiente. 1143 Fünfundfünfzigstes Buch. 9. Im folgenden Jahr, in dem Casus Antistius und Lälius Balbus Cvnsuln waren, bemerkte Augustus, daß Casus und Lucius, in der Alleinherrschaft aufgewachsen, sich gar nicht nach seinem Muster bildeten und sich nicht nur einem üppigen Leben Hingaben, sondern auch frech und übermüthig wurden. So kam Lucius einmal aus freiem Antriebe in das Theater und wurde von allen Römern in der Stadt theils aus wirklicher Zuneigung, theils aus Schmeichelei mit Beifall aufgenommen. Hierdurch wurde er aber nur noch übermüthiger und nahm sich heraus, den Casus, der noch nicht aus den Iünglingsjahren getreten war, zum Consul vorzu- ftt-laqen. Augustus ward darüber aufgebracht, und flehte die Götter, es möchte »immer die unglückliche Zeit kommen, deren Noth er selbst erfahren, wo Einer Consul wurde, der noch ni 't zwanzig Jahre alt war. Als sie aber dennoch in ihn drangen, so sprach er: „es müsse Einer dieses Amt bekleiden, der nickt nur selbst sich nicht verfehle, sondern auch den Wünschen des Volkes kräftigen Widerstand leisten könne." Doch erlaubte er ihm hernach, ein Priesteramt zu bekleiden, den Senat zu besuchen, unter den Senatoren im Theater zu siyen und ihren Gastgebote» beizuwohnen. Da er sie jedoch etwas zur Bescheidenheit zurückführen wollte, so ertheilte er dem Tiberins die tribnnicische Gewalt auf fünf Jahre und schickte ihn in das im Aufstand begriffene Armenien. Er erreichte jedoch seine Absicht nicht, da er bei Jenen und bei Tibe- rius damit anstieß; bei Jenen, weil sie sich zurückgesetzt glaubten, bei Diesem aber, weil er ih en Unwillen fürchtete. Ja Ti- berius wurde nach Rhvdns geschickt, um sich weiter auszubilden, wie es hieß, und durfte weder andere Gesellschaft, 1144 Cassius Dio's Römische Geschichte. noch selbst seine ganze Dienerschaft mitnehmen, nm denselben -nrch seinen Anblick und seine Handlungen kein böses Beispiel zu geben. sEr machte die Reise ganz als Prioü- mann, nur daß er die Parier zwang, eine Bildsäule der Vesta an ihn zu verkaufen, um sie in dem Concordientenipel ausstellen zu lassen. Als er auf die Insel kam, so fiel er ihnen nicht durch Wort oder That znr Last. Die angegebene Veranlassung ist wohl der wahreste Grund seiner Entfernung.^ * **) ) Es geht aber auch die Sage, er habe es wegen seiner Gemahlin Julia gethan, weil er ihre Aufführung nicht länger mit ansehen mochte. Wenigstens ließ er sie in Rom zurück. sAndere meinten auch, es habe ihn verdrossen, daß er nicht in die Cäsarische Familie adoptirt worden se». Nach Anderen wäre er von Augustus selbst ausgewiesen worden, weil er seinen Söhnen nach dem Leben stand. Daß er nicht aus einem Drang höherer Wiffenschastlichkeit, noch aas Verdruß über die Beschlüsse sich entfernte, geht schon ani seinen nachmaligen Handlungen hervor, daß er noch vor seiner Abreise sein Testament eröffnete und es seiner Müller und dem Augustus vorlas. Doch Jeder suchte sich über die Thatsache seine eigene Vorstellung zu machen.s Im folgenden Jahre, in welchem Augustus zum zwöls- tenmal Consul war, nahm er den Casus unter die Mauer auf, fuhrt« ihn zugleich in den Senat «in und erklärte *) So vervollständigt aus den Peiresc. Excerpten. **) Hier ist «ine Lücke in Dio, welche Zonaras zum Theil ohne , Zweifel aus Dio selbst unmittelbar ergänzt mit dein ia ! Klammern Eingeschlossenen. Fünfundfünfzigstes Buch. 1145 ihn zum Ersten unter der Jugend und zum Führer einer Reiterschwadron. Ein Jahr darauf erhielt Lucius dieselben Auszeichnungen, die seinem Bruder zu Theil worden waren. Weil aber das Volk einmal sich zusammenthat, auf die Abänderung jener Anordnungen drang und deßhalb die Volkstribunen an Augustus sandte, so kam er selbst und nahm die Sache mit ihnen in Berathung. Dieß fand dann allgemeinen Beifall. 10. Uebrigens beschränkte Augustus die Unzahl von Leuten, die sich bei den öffentlichen Getreidevertheilungen angaben, auf zwcimalhunderttauseud. Einige berichten, daß er Jedem sechzig Denare gab... fAls der Tempel des Mars (Dlror) auf demselben (dem Forum des Augustus) eingeweiht wnrvej") so, baß er und seine Nachfolger, so oft sie wollten, auch Diejenigen, die aus dem Knabenalter unter die Zahl der Jünglinge trete», dort sich versammeln, die in die auswärtigen Statthalterschaften zu Schickenden von dort abgehen sollten, auch der Senat in ihm über die Triumphe seine Beschlüsse zu fassen, und die Feldherren nach gehaltenem Triumphe diesem Mars einenScepterund eineKrone als Weihgeschenk zu überbringen hätten, und Diesen so, wie *) Eine» Theil dieser Lücke in dem Venet. Coder füllten nach Sturz die Worte: ,,,§ ö ,aöe ö er (nämlich är die in den Klammer» übersetzt sind. 1146 Cassius Dio's Römische Geschichte. Denjenigen, welche die Triumphinslgnien erhielten, eherne Bildsäulen auf dem Markte errichtet, den Feinden abgenvnu mcn« Fahnen herbcigebracht und in dem Tempel ausgehängt, öffentliche Spiele vor den Stufen desselben von den jeweil- gen Führern der Reiterqeschwader gehalten werden, Männer, die das Eensoramt bekleidet hätten, einen Nagel schlagen sollten; auch die Lieferung der für dar Wettrennen bestimmten Pferde, und die Bewachung des Tempels sollte« übernehmen dürfen, wie es bei den Tsmpeln des Apollo mit des bapitolinischc» Jupiter bestimmt worden war. Zenet Gebäude weihte ferner Augnstns, obgleich er alle diese Feierlichkeiten dem Cajus undLncius, die nach alter Sitte Consu- larische Würde genossen, zu begehen ein für alle Mal überlassen hatte. Auch den Ritterspirlen standen ste damals vor, und in dem sogenannten Trojaspicle ritten die Knaben der ersten Römer mit ihrem Bruder Agrippa. Anf dem Circus wurden zweihnndertundsechzig Löwen niedergestochen. Ein Gladiatvrenspiel war in den Sepien gehaltn und an einem Orte, wo man jetzt noch Spuren davon zeigt, eine Seeschlacht zwischen den Persern und Athenern abgehalten, denn diese Namen legten sich die Kämpfenden bei; und es siegten auch da die Athener. Hierauf ward in den Flaminischen Circns Wasser geleitet und in demselben ftchsnnd- dreißig Krokodile erlegt. Doch spielte nicht alle diese Tag« Augustus den Consul, sondern trat einem Andern den T>t«l dieser Würde ab. Zu Ehren des Mars geschah also Dieß; zu Ehren des Augnstns aber selbst war zu Neapel in Cain- panien die Abhaltung eines feierlichen Wettkampfes beschloss««, dem Vorwande nach; weil er die durch ei» Erdbeben und L147 Fünsundfünfzi'gsteS Buch. einen Brand verfallen« Stadt wieder aufbauen ließ, im Grunde aber, weil sie allein unter ihren Nachbarn der Griechensitte treu geblieben waren. Auch wurde ihm nach förmlicher Berathung vom Senat der Ehrenname Vater des Vaterlandes zuerkannt; früher war er nämlich nur auf unordentlichen Zuruf ohne förmlichen Beschluß so benannt worden. Damals bestellte er auch znm erstenmale Befehlshaber der Leibwache in der Person des Quintus Ostorius Scapula und des Publius Calvins Aper. Exarchen nenne auch ich sie allein unter allen Befehlshabern, die auf diesen Namen Anspruch haben, da der Sprachgebrauch es einmal so bestimmt hat. Auch der Schauspieler Pylades gab Spiele, trat jedoch wegen hohen Alters nicht selbst dabei auf, sondern lieferte den tzauptapparat und trug die Kosten. Der Prätor Quintus Crispinus gab ebenfalls dergleichen, was ich jedoch blos deßhalb anführe, weil er angesehene Frauenzimmer auf die Bühne brachte. Doch daraus machte sich Augu- stus Nichts; aber über die freilich zu spät gemachte Entdeckung , daß seine Tochter Julia ihre Ausschweifungen so weit trieb, daß sie Nachts auf offenem Markt und auf der Rednerbühne Unfug trieb und Trinkgelage mitmachte, war er über alle Maßen aufgebracht. Scbvn früher hatte er Andeutungen, daß sie nicht in allen Züchten lebte, konnte es aber immer nicht glauben. Denn Fürsten erfahren Alles eher, als was im eigenen Hause getrieben wird; und während Nichts von Dem, was sie selbst thun, ihren Umgebungen entgeht, kommt doch Nichts von Jenem zur Kenntniß derselben. Da er nun aber Alles erfuhr, ward er so darüber entrüstet, daß er sich nicht auf häuslichen Kummer L148 Cassius Dio's Römische Geschichte. beschränkte, sondern die Sache, wie sie war, dem Senat««, legte. Sie ward also anf die bei Campanien gelegene U Pandateria verwiesen und ihre Mutter schiffte sich freiM; mit ihr ein. Diejenigen angesehenen Männer aber, vM mit ihr zu thun gehabt hatten, büßten mit dem Leben, nil« ihnen Jnlus Antonios, dem man dabei Absichten a»f t» Ällleinherrschaft Schuld gab, die übrigen wurden auf M verwiesen. sDa unter ihnen auch ei» Volkstribun war, i wurde dieser erst nach seinem Abgänge vorn Amte vor K richt gezogen.) Zwar wurden noch viele andere Frauen ch eher Ausschweifungen bezüchtigt: er ließ aber nicht alliii Untersuchung kommen, sondern nahm eine bestimmte A von Jahren an, so daß das vorher Geschehene nicht iniie bestraft wurde. Bei der eigenen Tochter kannte er kein Schonung, verfuhr aber schonend gegen die Andern und« aus: „Wäre ich doch lieber Phöbe's, als Julia's Vater!' Diese Phöbe nämlich war eine Freigelassene und HelferG ferin der Julia, kam aber der Strafe dnrch einen sro willigen Tod zuvor; und darob lobte sie auch Anz»M 1l.-Andere, welche von Aegypten aus gezei sie zu Felde zogen, wehrten sie ab, und wichen nicht rhn, als bis ein Kriegstribun von den Prätorianern gegen fiep schickt ward. Dieser sehte sodann ihren Einfällen ein M, so daß lange Zeit kein Senator über jene Städte Stattfü ter wurde. Hier also wie auch im Celtcnland ^Deutschland) gab» neue Bewegungen. Tomitius nämlich, bis auf diese Z«! Stat, nmn! lassen wies an. schloj und auf < bann ihm die c -Lücke. 1149 >at v l, «ck f ti, Zoslii », ii :or U en z!» allii, le A iviilc r lm, i»d»i ferstll « D lziisltz, g-j!I t tfil, , ße p tatlsil gaiis! se ! ' FüiifundfiriifzMes Brich. Statthalter über die Gegenden am Ist"-, nahm die Hermunduren, die aus irgend einem Grund« ihre Heimath verlassen hatten und um>andere Wohnsitze umherzogen, auf und «ieS ihnen einen Theil von dem Lande der Marcomannen an. Er setzte sodann ohne allen Widerstand über die Elbe, schloß em Freundschaftsbündniß' mit den dortigen Deutschen und setzte an diesem Fluß einen Altar dem Augustns. Hierauf ging er nach dem Rhein« zurück und versuchte einige verbannte Cherusker in ihr Vaterland zurückzuführen, es glückte ihm aber nicht und bewirkte im Gegentheil, daß ihn auch die anderen Deutschen verachteten. *) In jenen, Jahre that ") Hiehcr gehört wahrscheinlich, was Zonaras ohne Zweifel aus Div selbst anführt: Als die Armenier sich empörten und die Parther gemeinschaftliche Sache mit ihnen machten, war Augustns darvb sehr bekümmert und wußte nicht, was er anfange» sollte. Er selbst war wegen hohen Alters nicht mehr im Stand, ins Feld z» rücken, und Tiberius war, wie schon berichtet wurde, von Rom weggegangen und einen andern der Großen wagte er nicht zu schicken. Casus und Lucius waren noch zu jung und in den Geschäften unerfahren. Weil aber die Noth sehr drängte, so entschied er sich für Cajus, gab ihm Gewalt eines Prvconsuls und eine Gemahlin, damit er auch dadurch einiges Ansehen erlange, und gab ihm Rathgeber bei. Er ging ab und wurde überall als des Kaisers Enkel und adoptirter Sohn istit Ehren empfangen. Tiberius kam nach Chios und machte ihm seine Aufwartung. Er bezeigte sich aber nicht nur gegen Casus, sondern auch gegen dessen Begleitung sehr demüthig und unterwürfig. (Hier folgen in den andern Codices die Worte Liphilins Seite 208. Zeile 33—40. Lck. 8)-Ib. bei Reimarus die Ursi». Lroerpta Seite 3S6„ welche folgendermaßen lauten: 1150. Cassius Dio's Römische Geschichte. er nichts weiter; da nämlich ein Krieg mit den Parthm bevorstand, so wurde Nichts gegen Jene unternommen.- Es kam jedoch nicht zum Kriege gegen die Parther: den, Phrataces, welcher erfuhr, daß Casus als Procoiisul")i, Syrien war, und auch auf die Treue seiner Unterthan« nicht glaubte sich verlassen zu können, schloß dahin ein« Frieden, daß er Armenien verließ und daß seine Bruder M Die Feinde hatten nicht sobald von dem Feldzuge m Cajus gehört, als Phraates fPdratacesl bei Augustus D durch Gesandt« wegen des Vorgefallenen entschuldigen W und mit den Römern gegen Zurückgabe seiner Müder Frieden zu halten versprach. Augustus antwortete ihm ai nannte ihn blos Phraates, ohne den Königstitel beizuseW, befahl ihm sogar, siel, dieser Benennung künftig zu entl» ten, und aus Armenien in sein Land abzuziehen. Damit schreckte er einen Partherkönig nicht ein; er schrieb in lüden« Tone zurück, nannte sich einen König der Könige, tu Augustus dagegen blos Cäsar. Tigrane« schickte nicht st- gleich Gesandte, weil aber Arbaccs bald darauf erkraM nnd starb, so glaubte er seinen Gegner los zu seyn mst sandte Geschenke an Augustus mit einem Schreit», in welchem er den Königstitel seinem Namen nicht beigv fügt hatte und angelegentlich um Frieden bat. August»! ließ sich bewegen, und nahm aus Furcht vor einem Krieg! init den Parthern die Geschenke an und hieß ihn, getrcsti» Muthes nach Syrien zu Casus gehen. Phraates selbst lief sich nachher heran, daß er sich erbot, Armenien zu verlasse», einmal wegen der Ankunft des Casus in Syrien, sodam aus Besorgniß, seine eigenen Unterthanen möchten ausHaß gegen ihn sich empören. Kurz darauf, noch vor dein Tote des Cajus und des Lucius kam Tiberius aus Nhodus zurück. *) Stakt o»r« ürrceror lese ich ar l>v7i»rv». 1L5I. Fünfundfünfzigstes Buch. seits des Meere« bleiben sollten. Die Armenier aber griffen, obgleich Tigraues in einem Kriege mit Barbaren eine Niederlage erlitten und Erato die Regierung niedergelegt hatte, als sie unter den Zepter eines Meders Ariobazanes, der früher mit Tirieates zu den Römern gekommen war, gestellt wurden, im folgenden Jahre, da Publuis Vinicius und P»b- lius Barns Cousuln waren, gegen sie zu den Waffen. Doch geschah von ihnen nichts von Bedeutung. Ein gewisser Addon, welcher Artagira» inne hatte, lockte nun den Caju» an die Mauer, als wollte er ihm die Geheimnisse des Parthcrtöuigs entdecken und verwundete ihn. Er wurde hierauf belagert und hielt sich lange Zeit. Als aber endlich die Stadt eingenommen wurde, nahm nicht nur Augustns, sondern auch Casus den Titel eines Imperator'« an. Armenien erhielt dann AriodarzaueS, und nach seinem bald darauf erfolgten Tode sein Sohn Artabazus von Augu- stus und dem Senat. CajuS erkrankte an der Wunde, und da er überhaupt keine gute Gesundheit genoß, verlor er allen Muth uns verfiel in völligen Stumpfsinn, so daß er sich seiner Stelle begeben und in Syrien irgendwo in der Stille leben wollte. Angustus war darob sehr bekümmert, theilte dem Senat seine» Entschluß mit und forderte ihn auf, nach Italien zu kommen und dort zu treiben, Was er wollte. Er legte nun sogleich sein Feldherrnamt nieder, fuhr auf einem Frachtschiffe nach Locicu und fuhr dort in Cimyra ein. Noch vor ihm war Lueius in Massilia gestorben. Auch er war bald dahin, bald dorthin geschickt worden und hatte sich in den Geschäften geübt, auch die Briefe des Cajus, so oft er in Rom war, dem Senate vorgelesen. Er starb aber plötzlich 1152 Casstus Dio's Römische Geschichte. an einer Krankheit, und wegen Beider Tod hatte man die Livia im Verdacht, besonders da um eben diese Zeit Tiberiut ron Rhodus nach Rom zurückgekehrt war. Er war nicht nur selbst in der Sterndenterci sehr erfahren, sondern hatte den Thrasyllus, einen in alle Geheimnisse dieser Kunst eingeweihten Mann bei sich, so daß er nicht nur seine, sondern auch ihre Schicksale aufs Genaueste voraus wußte- Es geht .auch die Sage, daß er einst in Rhodus im Sinne hatte, den Thrasyllus, da dieskr allein nm alle seine Plane wußte, von der Mauer zu stürzen. Als er ihn niedergeschlagen sah, st fragte er ihn, Was seinen Blick so umwölkt habe. Jener antwortete: „es drohe ihm, wie er glaube, Gefahr." Tiberius verwunderte sich und stand von seinem Vorhaben ab. So genan wußte dieser Thrasyllus um Alles, daß er, bei dein Anblicke des Schiffes, das dem Tiberius von seiner Mutter und Augustus die Botschaft znr Rückkehr brachte, »och in weiter Ferne dessen Bestimmung voraussagte. 12. Die Leichen des Lucius und des Cajns wurden von den Kriegstribunen und den ersten Männern jeder Stadt bis nach Rom gebracht, und die goldenen Schilde und Lanzen, die fle bei Anlegung der Männertoga von den Rittern erhalten, wurden in der Curie aufgehängt. Als Augustus von dem Volke mit dem Namen Herr begrüßt wurde, so verbot er nicht nur, ihn so anzureden, sondern hütete sich auch sehr vor dieser Benennung. Als das dritte Jahrzehend seiner Alleinherrschaft zu Ende ging, ließ er sich szum Scheines nöthigen, sie znm viertenmal zu übernehmen. Er war indessen milder geworden und bei seinem hohen Alter weniger geneigt, sich mit Senatoren zu verfeinden, oder Einen aus Fi'mfundfünfzkgstes Buch. ihrer Mitte vor den Kopf zu stoßen. Als eine Feuersbrunst seine Wohnung in Asche legre und ihm Viele Geschenke niach- ^ ten, so nahm er von Beamte»') nur ein Goldstück, von Privatleuten aber einen Denar. Ein Goldstück nenne auch ich nach Römischer Währung die Münze, welche fünfundzwanzig Denare gilt. Buch einige Griechen, deren Schriften wir wegen der Attischen Mundart lesen, nannten es so. Augn- stus ließ sein Haus wieder aufbauen, machte es aber zu einem öffentlichen Gebäude, sey es nun wegen der vom Volke geleisteten Beisteuer, oder weil er Erzpriester war, damit er so zugleich in einem öffentlichen und Privathanie wohnte. iZ. Als das Volk dem Auqnstus sehr anlag, seiner Tochter die Rückkehr in die Stadt zu gestatten, so erklärte er: eher soll sich Feuer mit Wasser vermischen, als sie wieder nach Rom kommen. Nun warf zwar das Volk viele Feuerbrände in die Tiber, richtete aber damalsNickts. Spä ter drang es ihm die Erlaubniß ab, daß sie von der Insel auf das Festland zurückkommen dürfte. Den Tiberius nahm er jetzt an Kindesstatt an und schickte ihn gcgeu die Celten sDeutschenf, indem er ihm die Volkstribungewalt auf zehen Jahre gab. Da er aber nicht ohne Besorgnis; war, Jener möchte übermüthig werden und sich gegen ihn selbst erheben, so ließ er ihn den G-rmanieus ob er gleich selbst einen Sohn hatte, an Kindesstatt annehmen. Dieß gab ihm wieder ') Statt lese ich Etwa ein Caeolin. Soli» des DrusliS, Neffe des Titcrius. D>° Casi-uS. gs Vdchn. 8 L154 Cassius Dio's Römische Geschichte. I Vertrau««, da er ja wieder Nachfolger und Stützen im» Herrschaft hatte, und er wollte nun wieder eine Musterung d daß es so ist, und daß man dagegen kein Mittel auffinden kann." > „Aber," erwiederte Livia, „wenn es nun immer Leute geben wird, die Unrecht thun wollen, so müßen wir eben gegen diese auf der Hut seyn. Wir haben aber auch viele Solisten, die wir theils den Feinden entgegenstellen, theils zu unserem Schutze verwenden, und große Dienerschaft, so daß nm daheim nnd draußen in Sicherheit leben können." AngnM 1157 » Fünfundfünfzigstes Buch. t entgegnete: „Daß schon Viele durch die Hand ihrer eigenen » Freunde fielen, brauche ich Dir nicht anzuführen. Außer » andern Uebeln trifft die Alleinherrschaften auch das, daß sie f nicht blos, wie die Andern unsere Feinde, sondern selbst unsere Freunde zu fürchten haben. Schon viel Mehrere sind von Solchen, (da sie bei Tag und bei Nacht, selbst wenn wir entkleidet sind und schlafen, um uns sind und mit Speise und mit Trank uns bewirthen, die sie selbst uns zubereitet haben,) zu Falle gebracht worden, al» von Denen, die uns Nichts angehe». Jenen können wir Diese entgegenstellen, gegen Diese selbst aber haben wir keine Bundesgenossen. Deßhalb ist uns bedenklich die Einsamkeit, bedenklich auch die Gesellschaft, gefährlich keine Wachen zu haben, am gefährlichsten aber sind uns die Wächter selbst. Verderblich E werden uns die Feinde, noch verderblicher aber die Freunde; und wir müssen sie Freunde heißen, so weuig sie es sind. Trifft man auch gute, so darf man ihnen doch nicht so trauen, daß mau mit gau- offener, sorgloser, unbefangener Seele mit ihnen umgehen kann. Am schlimmsten aber ist - es, daß wir gegen Solche, die uns nachstellen, mit Strenge verfahren müssen. Denn strafen und züchtigen müssen ist j für den rechtlichen Mann immer äußerst schmerzlich." 1». „Du hast Recht," antwortete Livia, „ich wüßte aber einen guten Rath für dich, wenn du ihn annehmen und mich nicht schelten wolltest, daß ich als Frau mir herausnehme, dir einen Rath zu geben, den dir selbst deine vertrautesten Freunde nicht geben würden, nicht als ob sie es nicht vermöchten, sondern weil es ihnen an gehöriger Freimüthigkeit gebricht." „Sprich," versetzte Auzustus, „Was es auch innrer L158 CassiuS Div's Römische Geschichte. ist." „So will ich dir denn," sprach Livia, „unverhclenniM Gedanken sagen, da ich Glück und Unglück mit dir theil,, und ick, wenn du mir erhalten bleibst, so lange seilst auch mithecrsche und, wenn etwas Schlimmes begegnet, was bi, f Götter verhüten wollen, mit dir verloren bin. Es gilt i» merhin Menschen, die sich zum Schlechtlhun hingetiielm fühlen, und es hält schwer, ihnen Einhalt zn thun. löst es gibt scheinbare Vortheile im Leben, die, (um von off» barer Schlechtigkeit der Menge nicht zu reden) auf Abnnz, leiten. Vorzüge der Geburt, Stolz auf großen NeirbthM, hohe Ehren, Kühnheit im Bewußtseyn persönlicher Tapste kcit, hohe Gewalt führen Viele vom rechten Wege ab. Nu kann man freilich nicht den Edelgebornen znm Niedergehen neu, den Tapfern nicht feig, den Kluge» nickt zum Schwach- ^ köpfe machen, was durchaus unmöglich wäre. Einem, in sich nicht vergeht, das Vermögen zu beschneiden oder du Ehrgeiz niederzudrücken, wäre ungerecht. Will man «in solchen Versuchen zuvorkommen und Rache nehmen, so brich Dieß Verdruß und üble Nachrede. Wohlan denn, so laß mt einen andern Weg einschlagen, und gegen Eine» von ihim Schonung beweisen. Mir scheint es, als ob man weit »ich mit Milde als mit Grausamkeit richte. Wenn Einer Lm ^ zeihung übt, so liebt ihn nicht nur der Begnadigte, md sucht ihm zu vergelten, sondern auch alle Anderen scbach , und verehren ihn, so daß sie es nicht über sich vermögen, ihm Etwas zu Leide zu thun. Wer hingegen unversöhnlich zürnt, den hassen nicht nur Alle, die sich vor ihm fürchten, sondern auch alle Anderen sind mit ihm unzufrieden, nist Fünfundfünfzigstes Buch. 1159 suchen dann durch verderbliche Anschlage auf sein Leben sich vor gleichem Schicksale sicher zu stellen." 17 . „Siebst du nicht, daß auch die Aerzte zum Schneiden und Brennen äußerst selten ihre Zuflucht nehmen, um das Uebel nicht noch mehr zu reizen, sondern durch Balsame und gelinde Mittel das Uebel zu lindern pflegen. Glaube nicht, daß es einen Unterschied macht, daß hier der Körper, dort die Seele leidet. So »»körperlich auch die Seele ist, so hat sie doch oft äußerst viel mit dem Körper gemein. Sie zieht sich durch Furcht zusammen und schwillt durch Leidenschaft auf; Schmerz stimmt sie herab, und Kühnheit bläst sie auf. Der Unterschied ist also sehr gering, und deßhalb sind auch die gleichen Heilmittel anzuwenden. Ein freundliches Wort an Einen gerichtet schlägt alle Bitterkeit nieder, sowie eine harte Rede auch die Sanftmnth selber in Leidenschaft fetzt. Verzeihung bricht den trotzigsten Sinn, wie Strafe auch den Mildesten erbittert. Alle gewalttbätigen Handlungen bringen auf, die gelinden aber besänftigen. Daher kommt es, baß man auf gütliche Bcredung sich oft die unangenehmsten Dinge lieber, als gezwungen gefallen läßt. Es liegt in der Natnr lebendiger Wesen, daß selbst vernnnft- lose, nicht mit Denkkraft begabte Geschöpfe, wenn sie auch noch so wild und kräftig sind, durch schmeichelndes Behandeln gezähmt und durch Futter, das ihrem Gaumen behagt, gebändigt, viele der furchtsamsten und schwächsten dagegen durch Verwundung und Drohung aufgeschreckt und in Wuth versetzt werden." 18. „Ich sage damit nicht, daß man Alle ohne Unterschied begnadigen soll. Jeden Verwegenen, jeden unruhigen 1160 Cassius Dio's Römische Geschichte. j Kopf, jeden boshaften, böswilligen, unverbesserlichen, durch » und durch verdorbene» Menschen mußt du aus dem Weg, I schaffen, wie man unheilbare Gliedmaffen dcö Körpers aui- M ' zuschneiten pflegt. Wenn sich aber Einer aus jugeudäidir 's Unbesonnenheit, aus Irrthum oder Unwissenheit, durch ei« ' besonderes Zusammentreffen von Umständen, auf cigenenAn- irieb, oder durch Verführung verfehlen sollte; so muß m», sie mit Worten zurechtweisen oder durch Drohungen aus l andere Gedanken bringen, wohl auch mäßige Strafen empfinden lassen, wie man auch in andern Fällen bald härtere, bald gelindere Strafen zu verhängen pflegt. So kannst mich du ohne Gefahr Milde vorwalten lassen, und die Einen mit Verbannung, Andere mit Ehrlosigkeit, oder Geld bestrafe», Andern in festen Plätzen oder in Städten ihren Aufenthalt anweisen. Oft reichten schon fehlgeschlagene Hoffnung, oder vereitelte Wünsche hin, Einen zur Besinnung zu bringe». Oft haben schon schmachvolle Sitze oder Stellungen, oder Furcht vor Schmerz oder Strafe bei Vielen Besserung bewirkt. Lieber wäre'oft ein Man» von edler Abkunft, oder ! Einer, der Muth in sich fühlt, gestorben, als daß er dergleichen über sich ergehen ließe. Damit wird für sie die Strafe nicht gelinder, sondern noch empfindlicher; wir dagegen ersparen uns üble Nachrede, und können in Sicherheit leben. So aber läßt man uns die Einen aus N-id, Andere aus Begierde nach ihren Schätzet!, Andere aus Furcht vor ihrem Muthe, Andere endlich wegen des Glanzes ihrer Geburt zum Tode verdammen. Denn nickt leicht läßt man sich überzeugen, daß Einem, der solche Macht und Gewalt besitzt wie dn, von einem wehrlosen Privatmanne Gefahr 116 L Fimfundsi'uifzigsies Buch. drohen könne. Vielmehr führen die Einen solche Reden, die Andern oder meinen wir nehme», weil wir so viel Unwahres hören, gerne loses Gerede als Wahrheit an: Späher und Anfhvrcher trägen rins dergleichen aus Feindschaft oder Aerger zu, oder weil sie von den Feinden der Anzuklagenden Geld, oder von diesen selbst Nichts bekommen hätten. Letztere brauchen Nichts gethan zu, haben, Nichts im Sinne zn haben; ein Wort genügt, das so gedeutet werden kann; schon das; sie bei dergleichen Reden schwiegen, lachten oder weinten, wird ihnen zum Verbrechen gemacht." 19. „Tausenderlei Dinge der Art könnte ich anführen, die, wenn sie auch wahr wären, wenn man unter einem freien Volke lebt, nicht untersucht oder dir berichtet werden sollten. Verschwiegen, würden sie dir nicht schaden, zu deiner Kenntniß gebracht, müßten sie selbst unwillkürlich deinen Unwille» erregen. Dieß sollte nirgends, zumal bei ei-rcm Fürsten nickt geschehen. So finden nach der Meinung der Menge die Einen ohne Urtheil und Recht, die Andern durch einen tückisch vorbereiteten Spruch der Richter ihren Tod. Zengcnverhöre, peinliche Aussagen, welche die Wahrheit ans Licht stellt, finden bei ihnen keinen Glauven. Dieß sind die Urtheile, welche, so ungerecht sie anch oft find, bei jedem Tobcsurtheile von Munde zu Munde gehen. Du darfst, Augnstns, nicht unr nicht ungerecht seyn, sondern mußt auch den Schern davon meiden. Für den Mann anßer Amt und Gewalt ist es genug, wenn er sich kein Unrecht zu Schuld kommen läßt, der Fürst aber darf nicht einmal den Schein, als ob er es thäte, aufkommen lassen. Du herrschest über Menschen, nicht über Thiere; nur so kannst du dich der Liebe 1162 Cassiiis Div's Römische Geschichte. deiner Untergebenen versickern, wenn d» sie überall und in All,m Was dn thust, zu überzeugen suchst, daß du weder mit »och obre Absiebt Einem Unrecht tbnst. Furcht kann man sich wobl anck' durch Zwang verschaffen, Liebe aber ist ein Weit der Ueberzeugung. Diese gewinnt Einer dadurch, daß man sich und Anbei e mild behandelt siebt. Wen» man aber dem Verdachte Raum gibt, d ß ein Anderer unschuldig mit dem Tode bestraft wurde, furchtet man ein gleicht- Seü-cksal und füvlt sich uim Haffe des Tbäters gezwungen. Idaß der Unterrba! en ist aber a» sich nilt gut und m»ß die schlimmsten Folgen nach sich zieh n. Die Menge glaubt immcr, der Privatmann müße sich gegen Jeren, der ihm zn nabe trete, zur Wehr s mn, damit er nicht verhöhnt und beeiinra 1 tigt werde; der Fürst aber Diejenige», die sich ani Gemeinwesen vergreifen, zur Strafe ziehen, Beleidigung!» gegen die eigene Perlon dagegen übersehen können, weil ihn weder Verachtung, noch gewaltsamer Angriff treffen könne, da ihm so viele Mittel dagegen zu Gebote stehen." 2«. »Wenn ich nun alles Dieß höie und betrachte, se fühle ich mich versucht, dir durchaus ab.uratbe», irgend Zn wand aus den angeführten Gründen mit dem Tode zn dn strafen. Die Regierungen werden zum Wohle der Bürger bestellt, daß die leyrern weder durch sich selbst, noch durch Fremde zn Schaden kommen, nicht daß sie se bst von Jenen Schaben nähmen. Der größte Ruhm besteht doch wohl nicht dann, daß mau viele der Bürger zu Grunde richtet, sondern alle, so es möglich wäre, am Leben und im G ück erhält. Man muß sie durch Geseye, Wohlthaten und Zurechtweisungen dahin leite», daß sie in den Schranke» dcrPfiicht bleibe», muß tie; Fiinfundfünfzigstes Buch. sie Huten lind bewahren das; sie, wenn sie es auch wollten, Unrecht zn thun nicht im Stande sind; »nd wenn sich irgendwo ein Gebrechen zeigt, diesem aus irgend eine Weise abzn- helsen und es zn heilen suchen, damit nicht das Ganze z» Grunde gehe. Die Unbilden der Menge tragen, zeugt rvn Hochmuth und Mach't; wenn Einer aber ohne Weiteres all-' Vergehen der Art sirasen wollie, so wird er, ebne daß er es bedenkt, eine Menge Menschen m glüellich machen. Dcßlalb rathe ich dir, wegen solcher Vrrgeden Niemand am Leben zu strafen, sondern den Euiz>lnen auf irgend eine Weise so z»- recht zu bringen, daß er sich n cbts mehr dergleichen zu Schulden kommen läßt. Was könnte wohl Einer noch schaden, wenn er auf eine Insel »erwiesen oder aus dem Lande, oder in irgend eu er Stadt ohne den Dunst seiner Solaren und den Gebrauch seiner Schätze, und, wenn man es nöthig fände, selbst unter Bewachung lebe» mußte? En anderer Fall wäre freilich, wenn Feinde in der Nabe wären, oder man einem Theile des Meeres nicht ganz tränen dürste, da der Gefangene zu dem Feinde entkommen »nd uns schaden könnte; wenn wir in Italien selbst feste Pläye hättet,, die Einer besetzen »nd uns gefährlich werden körnte. Nun aber ist hier Alles waffenlos und nicht zum Kriege vorgesehen; die Feinde sind weit von ihnen entfernt, riel Meer und viel Land mit uniibcrsteiglicheii Gebirgen und schwer zu übersetzenden Flüßen liegen in der Mitre, wie sollte man also diesen oder Jenen furchten, der ohne Rüstung, ohne Amt und Ansehen hier im Herzen deiner Herrschaft und ron deinen Waffen gleichsam umschlossen ist ? Ich meines Theils glaube, Laß Keiner sich so etwas in den Sinn kommen läßt, oder liess CasstuS Dio's Römische Geschichte. wenn er wirklich so rerrückt ist, nicht das Mindeste ausrichten könnte." 21. „Macken wir gerade mit den jetzt Angeklagten zum erstenmal den Versuch! Viell-ich: kommen sie auf bessere Gesinnungen »nd wirken wohlttglig aus die Andern ein. Cornelius ist, wie du siehst, oo» edler Geburt und wohl angesehen: und Dieß darf menschlicher Weise wohl in Erwägung kommen. Nickt Alles vermag das Schwert auszurichten! ja selbst eine Wohlthat wäre Dieses, wenn es Eine» zur Besinnung bringen, überzeugen, oder selbst zur Liebe zwingen könnte; so aber zerstört es nur den Körper und enrfremdet uns die Seelen Anderer: denn Strafe» gegen Andere befördern Ergebenheit nickt, verfeinden vielmehr, da sie Haß und Furcht erzeugen. So nnläugbar Dieses ist, so gewiß ist es auch, daß Solcke, denen man verzeiht, andern Sinnes werden und sich schämen, an ihren Wohlthätern sich weiter zu vergreifen; ja sie erweisen ihnen vielmehr Dienste, indem sie auf weitere Gunstbezengungen hoffen. Wenn Einer von t dem Andern, den er beleidigt hat, Verzeihung erhält, so darf er von ihm, wenn er ihm zum Willen lebt, Alles erwarten. Folge mir also, Bester, und ändere deinen Entschluß. So bewirkst du, daß man auch alles andere Gehässige, daS du früher gethan, auf Kosten der Nothwendigkeit schreibt; denn ein solcher Staat, wie der nnserige, kann, wenn er von der Bolksgewalt zur Alleinherrschaft übergeht, ohne Blutvergießen nicht gerettet werden. Wenn du aber bei deinem einmal gefaßten Vorsätze bleibst, so glaubt man, du habest auch Jenes mit Vorbedacht gethan." 22. Durch diese Vorstellungen der Livia ließ sich Angustus 1165 Fünftmdfünfzigstes Buch. bewegen und entließ alle Angeklagten mit einem gelinden Verweise, den Cornelius ernannte er sogar zumCvusul. Dieß hatte die Folge, daß er auch die Anderen sich so zu eigen machte, daß Keiner später sich feindseliger Absichten gegen ihn schuldig machte, oder auch nur die Vermnthmig dazu gab. Livia allein, welche jept am meisten zur Begnadigung des Cornelius beitrug, sollte später selbst den Verdacht, des Au- gustus Tod befördert zu habe», auf sich laden. Damals ereigneten sich unter dem Consulate des Cornelius und Vale- rius Messala schreckliche Erdbeben, auch nahm die Tiber die Brücke weg und sehte die Stadt sieben Tage laug unter Wasser. Die Sonne war zum Theil verfinstert und eine Hungersnoth trat ein. In demselben Jahre wurde dem Agrippa das Männerkleid ertheilt, ohne daß er jedoch dieselben Auszeichnungen wie sein Bruder erhalten hätte. Den Circensischen Spielen wohnten die Senatoren und die Ritter, beide unter sich und vom Volke getrennt, bei, Was noch jetzt so gehalten wird. Weil die Römischen hochadeligen Geschlechter nicht gerne Töchter zum Bestadienste gaben, so wurde durch ein Gesetz bestimmt, daß auch Tochter von Freigelassenen dieses Amt bekleiden dursten. Da Mehrere sich darum stritten, so wurde darüber-in Gegenwart ihrer Vätcr in dem Senate geloost, aber dann doch Keine dieses Standes wirklich dazn gewählt. 25. Da die Soldaten wegen der geringen Belohnungen für geleistete Dienste jetzt, wo neue Kriege bevorstanden, Unzufriedenheit.äußerten, und Keiner über die gesetzte Zeit dienen wollte, so ward bestimmt, baß die Prätoriancr fünftausend Denare für sechSzehn, die Anderen aber dreitausend 1166 Cassius Dio'S Römische Geschichte. für zwanzig Dienstjahre erhalten sollten.") Damals wurde» dreiundzwanzig, oder wie Andere berichten, fünfundzwanzig Legionen gehalten. Jetzt sind davon nur noch neunzehn übrig, nämlich: die z w ei teA ug u st i fch e, die in Oderbritannien ihr Standquartier hat, drei unter dem Namen der dritten, von denen eine in Phönicier« liegt, die Gallische, eine in Arabien die Cyrenäi setze, eine in Nu- midieu dieAugostische, die vierte dieScythische in Syrien, die fünfte, die Makedonische in Dacien, zwei unter dem Namen der sechsten, von denen die eine, in Niederbritanuien die siegreiche, die andere in Zudäa, die eiserne genannt; die siebente in Obernrysten, welche auch die Claudianische heißt, die achte, die Augusts sch e, die in Oberdeutschland steht. Die zehnte, aus zwei L-gionen, und deßhalb die doppelte genannt, die eine in Oberpannonien, die andere in Iudäa; die eilfte in Unter- myllen, die Cla udi a u ische: denn so wurden die beiden Legionen von Claudius genannt, da sie bei dem Aufstande des Camillns ihm treu geblieben waren; die zwölfte oder die donnernde, in Cappadocien; die dreizehnte oder doppelte in Dacien; die vierzehnte oder doppelte in Ober- ' pannonien; die fünfzehnte oder Apollinarische in Cappa- doeien; die zwanzigste oder Valerisetze, auch die sieg- reiche genannt, in Oberbritannien, welche mit der den Beinamen der zwanzigsten führenden, die in Oberdeutschland im Standquartiere steht, ob sie gleich nicht bei Allen die Balerische heißt und auch jetzt diesen Namen nicht ') Stwa rooo und raoo Sulden. 1167 Fünfundfünfzigstes Buch. mehr führt, von Augustus übernommen und beibehalte» worden ist. So viele sind noch von den Legionen des Augustus übrig; die andern wurden entweder völlig aufgelöst, oder von ihm selbst oder den ander» Kaisern unter andere gcstos- sen, woher sie denn auch den Namen der doppelten erhielten. 24 . Da ich einmal auf die Legionen zu sprechen komme, so will ich anck gleich von den übrigen berichten, wie sie von den auf Augustus folgenden Kaisern «ab und nach aufgestellt wurden, damit Derjenige, der sich darüber belehren will, Alles an einem Orte beisammen finde. Nero stellte die erste, die Italische genannt, in Niedermysten »um Ueberwintern auf, Galbadie erste Helfende') in Niederpannonien, und die siebente in Hispauien; Despasian die zweite Helfende, in Niederpannonien, dierierte, dieFlavische in Syrien , Domit ian die erste Mine> viscbe in Niederdeutschland; Trojan die zweite Aegvptische »nd die dreißigste Deutsche, die er nach sich"") benannte; Marcns Antvninus die zweite in Noricum, und die dritte in Rbälien, welch« auch den Namen der Italischen führen; Severus die Parthischen, die erste und dritte in Mesopotamien, die zweite aber in Italien. Jetzt haben wir so viel bü>ge> liebe Legionen außer den städtischen und den Leibwachen. Zu des Augustus Zeiten wurden damals dreiundzwanzig oder fünfundzwanzig ") Die zweite Trajana, die dreißigste Ulpia. 1168 CassruS Dio's Römisch« Geschichte. Legionen gehalten, hierzu kam noch das Fußvolk und die Reiterei der Bundesgenossen, Leren Zahl ich nicht genau angeben kann. Die Leibwache war zehntausend Mann stark und in zehn Cohorten eingetheilt, die Besatzung der Stadt aber sechstausend Mann und war in sechs Cohorten getheilt Hierzu kam »och die fremde Reiterei, die von, den Bataver», den besten Reitern weit uud breit, auf einer Insel im Rhenie die Batavischc heißt. Ihre Zahl jedoch kann ich ebenso wenig , als diejenige der Evvcaten bestimmen. Diese führte Augnstus ein, als er die KriegSgenossen seines Vaters wieder gegen Antonius unter die Waffen rief und in der Folge beibehielt. Sie bilden einen eigenen Heertheil, und haben, gleich den Centurionen das Recht, Stöcke zu tragen. Weil AugustuS hierfür nicht genug Geldmittel hatte, so machte er in dem Senate den Vorschlag, auf immer eine hinlängliche Abgabe festzusetzen, die ohne weiter» äußern Zwang erhoben würde, um die Ausgaben fug den Unterhalt und die Belohnung der Soldaten damit zu decken. Dafür ging man denn zu Rath. — Als Keiner Aedil werden wollte, so mußten die vorn Amte getretenen Quästoren uud Vvlkstribnncn durch's Loos dazu gewählt werden, was auch sonst oft der Fall war. 2.5. Als man unter dem Cvnsulate des Acmilius Lepidut und des Lucius Arruntius immer noch über keine annehmliche Beschatzung übereingekommen war, vielmehr Alle ohne Unterschied sich durch die Forderung überhaupt beschwert fühlten, so legte Augnstus für sich und Tibenns zuerst eine bestimmte Summe in eine Kriegskasse nieder und gab sie einigen dnrchs Loos gewählten, vom Amte getretenen Prätore» auf drei Jahre zu verwalten, und erlaubte ihnen, sich zwei Flliifuiidflinfzigsteö Buch. 116 S Lictoren vortreten zu lassen und die erforderliche Bedienung anzunehmen. Dieß geschah denn auch mehrere Jahre nach einander. Jetzt aber werden sie von den jedesmaligen Kaisern gewählt, «nd haben keine Lictoren mehr. Augustus gab denn seinen Beitrag und versprach Dieß jedes Jahr zu thun; auch hatte er von Königen und Städten Zusagen erhalten. Von Privatleuten, deren jedoch Viele, wie sie wenigstens sagten, nicht abgeneigt waren, erhielt er Nichts. Weil diese Beiträge mit dem nöthigen Aufwande in keinem Verhältnisse standen und eine stehende Abgabe nothwendig wurde, so trug er den Senatoren auf, daß Jeder für sich auf einen Plan sinnen und ihm denselben schriftlich mittheilen sollte, nicht als ob er selbst keinen wüßte, sondern um sie wo möglich auf den fciuigen hinzuleitcn. Als aber der Eine Dieß, der Andere Jenes vorschlug, und Nichts seinen Beifall erhielt, so sehte er fest, daß von den Erbschaften und Vermächtnissen, mit Ausnahme der nächsten Verwandten und der ganz Armen, jeder den zwanzigste» Theil entrichten sollte. Diese Bestimmung gab er vor in Cäsars Papieren gesunden zu haben. Wirklich war diese Aufgabe auch schon früher eingeführt worden, später aber wieder in Abgang gekommen und wurde jetzt aufs Neue in Gang gebracht. Während er so die Einkünfte vermehrte, ließ er die Ausgaben von drei durch'« Lovs bestimmten Con- sularen herabsetzen, zum Theil auch ganz.abstellen. 26. Schon Dieß drückte die Römer, noch mehr aber eine große Theuerung (in Folge deren man die Gladiatoren und die zum Verkaufe bestimmten Sclaven über hundert Meilen von der Stadt entfernte und Augustus und Andere Div Casfius. SS Ddch». 9 tt7o Cassius Dio's Römische Geschichte. d tioneu nicht nur an Männerkrafr, sondern aued au Männerzahl, H Dessen eingedenk sollten wir uns für die Sterblichkeit unserer i Sechsundfünfzigstes Buch. 11.37 Natur durch ewige Geschlechterfolge, die Fackel des Lebens einander reichend, schadlos kalten und so, das Einzige, was uns vvm Glücke der Götter abgeht, »ufere sterbliche Natur unsterblich machen. Zu diesem Ende hat wohl vornehmlich der Gott der uns schuf, das Menschengeschlecht in das männliche und das weibliche geschieden, Beiden aber die Liebe und den Trieb zur geschlechtlichen Gemeinschaft eingepflanzt und derselben Fruchtbarkeit verliehen, um durch den jedesmaligen Nachwuchs das Sterbliche gewissermaßen zu verewigen. Ja unter den Göttern selbst sind, wie man annimmt, die Einen männlichen', die Andern weiblichen Geschlechts) und die Ueberlieferung stellt uns di? Einen als Erzeuger, die Andern als Erzeugte dar. So haben selbst die Götter, die doch Dessen nicht bedürfen, in der Ehe und Kiudcrerzeugung etwas Schönes gefunden." 3. „So ist es denn rühmlich von euch, daß ihr euch die Götter zum Muster »ahmet, rühmlich, daß ihr euer»Vatern nacheifern wolltet, und so, wie Jene euch erzeugten, wieder-' um Andern das Leben schenktet, damit, wie ihr Jene für eure Stammvater haltet und als solche aufführet, auch Andere in euch ihre Vorfahren sehen und verehren, damit, wie Jene den Ruhm ihrer Großthaten auf euch vererbten, ihr denselben wieder auf Andere fortpflanzet, und die Güter, die ihn von Jenen überkämet, auch wieder auf euere Sprößlinge bringet. Welches Glück geht über den Besitz einer züchtigen Gattin, welche euer Haus bestellt, eure Habe zu Rathe hält, eure Kinder erzieht? .die euch in gesunden Tagen erheitert, in kranken verpflegt? die sich mit dem Glücklichen freut, deu 1.2 1188 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. Unglücklichen tröstet? die das aufbrausende Feuer der Jugend dämpft, die zu große Härte des Alters ermäßigt? Wie lieblich ist es, in den Kindern ein Abbild beider Liebenden zu erkennen, sie groß zu ziehen, heranzubilden, ein Ebenbild tei Leibes, ein Ebenbild der Seele, seine eigene Persönlichkeit in ihnen neugeboren zu erblicken? Ist es nicht als ein Glück zu preisen, bei dem Scheiden aus diesem Leben einen Nachfolger und Erben seines Besitzes und Geschlechts im eigenen Sprößling zu hinterlassen, und nach seiner sterblichen Hülle zwar aufgelöst zu werden, durch solche Nachfolger aber fortzuleben ? nicht wie im Kriege Andern anheim zu fallen oder wohl gar zu Grunde zu gehen? Dieß sind die Vortheile, die Einer für sich genießt, wenn er heirather und Kinder zeugt Sollte es aber nicht für den Staat, dem wir selbst gegen unsere Neigung viele Pflichten schuldig find, gut, ja nothwendig seyn, wenn Städte und Staaten bestehen sollen; wem ihr Beherrscher anderer Länder bleiben und Unterthanen behalten wollt, daß eine große Volksmenge im Frieden dai Land bebaut, Sifffahrt treibt, sich auf Künste und Handwerke legt, im Kriege um so lieber den Besitz für die Familie vertheidigt und den Verlust der Gebliebenen durch Andere ersetzen kann? — Euch also, ihr Männer, — denn nur ihr verdienet diesen Namen — euch, ihr Vater, — diese rühmliche Benennung habt ihr mit mir gemein — liebe und schäye ich; euch gebe ich hiermit die von mir festgesetzten Belohnm- gen, und werde euch noch durch andere Ehren und Aemter t Auszeichnung verleihen, so daß ihr reichliche Früchte darm 1 ärnten und nicht geringere euer» Kindern hinterlassen sollt, r Und so wende ich mich denn zu den Andern, die nicht daß 118S Sechöundfünfzigstes Buch. Gleich« wie ihr gathan und deßhalb auch das Gegentheil zu gewarten haben, auf daß ihr nicht blos durch Worte, sondern auch durch die That euch überzeuget, wie viel ihr vor Jenen voraushabt." 4. Nach diesen Worten gab er Einigen sogleich Belohnungen, Andern versprach er solche, und wandte sich dann an die Andern, gegen welche er sich folgendermaßen verneh« nie» ließ: „Ich weiß nicht, wie ich daran bin mit euch, wie soll ich euch nennen? Männer? — Ihr habt'euch noch nicht als Männer gezeigt. — Bürger? So viel an euch ist, gibt es bald keinen Staat mehr. Römer? Ihr legt es darauf an, diesen Namen zu vernichten. Was ihr nun auch seyn möget und wie ihr heißen wollt, so erscheint mir euer Betragen höchst auffallend. Ich thue znr Vermehrung der Bevölkerung eurer Stadt Was ich kann, und jetzt, da ich euch einen Vorhalt zu machen habe, sehe ich zu meinem Verdruße, daß euer so viele sind! Wären doch Deren, zu denen ich vorher sprach, so viele, als ich Euch vor mir sehe! Lieber wollte ich, ihr stündet auf jener Seite, oder würdet gar nicht existireü, die ihr, der Vorsehung der Götter und der Fürsorge eurer Väter uneingedenk, euer ganzes Geschlecht eingehen und aussterben lassen, das ganze Römische Volk aber vom Erdboden vertilgen wollt: denn wo bliebe noch menschlicher Samen übrig, wenn Jeder es wie ihr machen wollte? Da ihr hierzu das Beispiel gabt, so würdet ihr nicht unbillig die Schuld des allgemeinen Unterganges tragen. Wenn euer Beispiel aber auch wenig Nachfolger fände, verdientet ihr ebendeßhalb noch mehr gehaßt zu werden, daß ihr mißachtet, Was jeder Andere schätzt, daß ihr 1190 Cassills Dio's Römische Geschichte. gleichgültig gegen Das seyd. was jeder Andere sich befand»« angelegen seyn läßt? weil ihrSittcn und Gewohnheiten einführet, durch deren Annahme Alle zn Grunde gingen, durch deren Verwerfung aber sie zugleich über Euch das Verdnin- mungsurtheil sprechen. Sind wir etwa gegen Mörder nachsichtiger, weil nicht Alle morden? Sprechen wir deßhalb Tempelschänder von ihrer Schuld frei, weil nicht Alle sich Dellen oer- Meffeu? Pflegen wir nicht vielmehr Jeden, der über einer vn- botene» Handlung betroffen wird, ebendeßwegen zu strafen, daß er allein oder mit Wenigen thut, was kein Anderer zu thun sich untersteht?" S. „Manonenne uns aber die größten Verbreche», so sind-sie nichts gegen Das, was von euch geschieht, nicht mir Einzelnes gegen Einzelnes gestellt, sondern Alle zusammen mit dem Einen verglichen. Ihr begeht einen Mord, daß ihr Denen das Leben nickt gebet, die von euch erzeugt werden sollten; ihr ladet eine Sünde auf euch, daß ihr die Namen und Würden eurer Vater mit euch absterben lasier; ihr handelt ruchlos, daß ihr eure Geschlechter, deren Reihenfolge von den Göttern vorgezeichnet war, vernichtet, das ekelste Geschenk, das den Göttern geweiht werden kann, dieMenschcn- natnr verderbet, und damit ihre Tempel und Altäre umstürzet. Ader auch die Bande des Staates löset ihr, an dessen Geseye ihr euch nicht binden wollet, und begehet Verrath an dem Vaterland-, das ihr öde und unfruchtbar machet; '-hr untergrabet seine Grundvesten, indem ihr ihm seine.künftigen Glieder entzieht. Der Staat besteht aus Menschen, nicht aus Häusern, Sänlengängen, menschenleeren Marktplätzen. Bedenket, wie gerechten Unmuth unser Stammvater Romulus 11S1 Sechsundfünfzigstes Buch. haben mich, wenn er die Zeit, in der er gebore» ward, mit der enrigen vergleich«, wie ihr aus gesetzlichen Eben nicht einmal Kinder erzeugen möget. Wie müßen euch nicht seine Römer zürnen, wenn ihr, während sie selbst die fremden Dirnen raubten, nicht einmal eure eigenen Mitbürgerinnen lieben wollet ? Während sie mit Weibern der Feinde Kinder erzeugten, verschmähet ihr die Ehen selbst mit Eingebornen? Welchen Unwillen muß nicht Curtius empfinden, der sein Leben daran setzte, auf daß nicht die Männer der Frauen be- raudr würden? Welchen Unwillen Herfilia, die ihrer Tochter nachfolgte, und uns die Hochzeitgebräuche lehrte? Unsere Vater führten der ehrlichen Verbindungen willen Krieg mit den Sabinern, und Weiber und Töchter vermittelten den Frieden, den Jene durch feierlichen Schwur bestätigten. Si« schloffen Bündnisse darauf, und ihr wollt diese so heiligen Bande zerreißen. Und warum Das? Damit ihr stets wei- berlos bleiben könnet, wie die oestaljschen Priesterinnen den Umgang mit Männern verschwören? Da mußtet ihr aber in dieselbe Strafe verfallen, wenn ihr das Gelübde derKeufch heit verletztet. 6. „Wohl weiß ich, daß meine Rede hart und bitter scheinen wird, aber bedenket für's Erste, daß auch die Aerzte, wenn andere Heilmittel nicht anschlagen, bei manchen Uebeln brennen und schneiden müssen; sodann, daß ich selbst zu euch nickt aus Vergnügen, soneern notbg-Lrnngcn also spreche; und gerade das mache ich euch zum größten Borwurf, daß ihr mich zu solchen Rede» nöthigt. Wenn euch aber meine Reden nicht gefallen, nun so thut nicht mehr, worüber ich euch Vorwürfe machen müßte. Wenn mein« Worte euch 1192 Cassius Dio'S Römisch« Geschichte. kränken, wie viel mehr müssen mich und jeden Römer eure Handlungen kränken? Wenn euch aber wirklich meine Worte zu Herzen gehen, nun so ändert euer Leben, damit ich euch lobe» und belohnen könne. Daß Härte nicht in meinem Charakter liegt, daß ich vielmehr Alles, was ein guter Gesetzgeber thun kann, mit möglichster Schonung gethan habe, iß euch selbst nicht unbekannt. Auch früher war es nicht gestattet,^Ehe und Kinderzengung zu vernachlässigen, und zugleich mit der Gründung unseres Staates sind hierüber die gemessensten Bero-dnungen ergangen und von Senat und Volk viele Bestimmungen getroffen worden, welche auszuzählen ich für üderflüßig halte. 7>lh schärfte die Strafen für die Uebertreter, auf daß ihr aus Furcht vor denselben euch eines Bessern besinnen möchtet; ich habe aber auch für die Folgsamen so viele und reichliche Belohnungen ausgesetzt, als gewiß kaum eine andere verdienstliche Handlung sich zu erfreuen hat, damit ihr, wenn Alles frncbtlvs bliebe, dadurch wenigstens euch zur Ehe und Fortpflanzung bewegen ließet. Ihr aber strebtet weder »ach diesen, noch fürchtetet ihr euch vor jenen, sondern verachtetet Alles, tratet Alles mit Fußen, als ob ihr in keinem Staate lebtet. Bei eineni Leben ohne Meid und Kind, sagt ihr, könne man frei und »»gehindert seinen Stab weiter seyen, wann und wohin man wolle, und bedenket nicht, daß ihr damit Nichts vor Räubern und den wildesten Thiere» voraushabt." 7. „So strenge Einsiedler seyd ihr denn doch nicht, daß ihr ohne Weiber lebet; auch speist und schläft Keiner unter ench allein; ihr wollt nur nicht gebunden seyn und immer in Wollüste» und Ausschweifungen schwelgen. Ich hab« euch täSZ SechSundfünfzigftes Buch. -je Verlobung mit ganz jungen, noch unmanubaren Mädchen gestattet, damit der Bräutigamsname» euch zu Einrichtung eigener Wirthschaften oermögte. Auch erlaubte ich euch, (nur Senatoren nicht) Freigelassene zu ehelichen, um Einem, wenn ihn Liebe oder längerer Umgang an eine solche fesselte, bei seiner Wahl kein Hinderniß in den Weg zu legen. Und auch hierin übereilte ich euch nicht, sondern habe euch zur Einrichtung erst drei, später zwei Jahre gestattet. Aber weder Drohungen, noch Ermunterungen, noch Fristen, noch Bitten haben angeschlagen. Ihr sehet selbst, wie eure Zahl die der Verhcirathrte» bei weitem übersteigt und ihr hättet dem Staate bereits ebensoviel oder no» viel mehr Kinder schenken sollen. Wie können den» sonst Geschlechter fortdauern? Wie kann der Staat auf andere Weise bestehen, wenn ihr rückt Weiber nehmet und Kinder zeuget? Ihr werdet doch wohl nicht erwarten, daß die künftigen Erben eurer Güter und des'Staates, wie die Fabel sagt, aus der Erde heroorschießen werden? Aber Undank gegen Götter und Schande vor Menschen ist es, daß ihr euer Geschlecht untergehen, den Namen der Römer aussterbe» und Griechen oder wohl gar Barbaren von eurer Stadt Besitz nehmen lasset. Oder lassen wir gar Sclaven zn dem Ende frei, um dnrch ihre Kinder die Zahl unserer Bürger zu ergänzen; geben wir den Bundesgenossen das Bürgerrecht, um unsere Zahl zu vermehren; ihr selbst hingegen, die ihr ursprünglich Römer seyd, die ihr Quinctier, Valerier, Julier unter euren Ahnen zählet, wollet mit euch eure Geschlechter und Namen erlöschen lassen ?" 8. »Ich schäme mich, daß ich darüber sprechen mußte, 1194 CassiuS Dio's Römische Geschichte. und daß ihr euch dergleichen zu Schulden kommen lasset, r« steht denn einmal von euren unsinnigenVeririuiigrn al>, »ist bedenkt, daß unser Staat bei der Menge Derer, die täglich an Krankheiten sterben oder in Kriegen hingerafft werde», unmöglich fortbesteh-n kaun, wenn seine Bevölkerung nicht durch neuen Nachwuchs ergänzt wird. Ihr dürft nicht glauben , daß ich die Beschwerden und Ungelegenheken nicht kenne, die im Gefolge der Ehe und einer zahlreichen Familie sind; aber ihr habt dagegen zu bedenken, daß wir auch kein anderes Gut besitzen, dem nicht irgend ein Ungemach beigemischt wäre, und daß, je großer IeneS ist, desto großer immer auch Dieses sey» werde. Und wenn ihr diese oermeide» ! wollet, so müßt ihr auch auf Jene verzichten. Bei j-dem ! Verdienste, bei jedem Vergnügen, daS wir rein besitzen wol- > len, mnß man vor., nach und mit demselben auf Mühe . nud Anstrengung rechnen. Nicht brauche ich jedoch Alles ^ ins Einzelnste zu verfolgen. Wenn also auch' das Heirathe» und Äindererzeugen seine Unannehmlichkeiten hat, so bringt seine Vortheile in Gegenrechnuug, und ihr werdet finde», daß diese letzter.! auch die zahlreicheren und die zuvcrläßig- stcn sind. Außer den andern Güter», die in der Natur dieser Verbindungen liegen, sollten noch die durch die Gesetze festgesetzten Belohnungen (für deren geringste Spende Viele j ihr Leben daran zn wagen bereit sind) euch männiglich antreiben, meinen Ermahnungen nachzukommrn. Welche Schande wäre eS, wenn ihr für DaS, wofür Andere ihr Leben zu opfern bereit sind. nicht einmal Weiber nehmen und Kinder erzem gen wolltet!" 9. „Ich habe euch Männern und Bürgern (denn ich ! 1195 SechsundfünszigsteS Buch. »»sehe mich N»II zu euch, daß ich euch vermocht bade. den Namen von Bürgern zu behaupten und den Namen von Männern und Vatern zu verdiene») diesen Vorhalt gemacht, nicht aus Vergnügen, sondern au« Liebe zu euch, und weil ich wünsche, recht Viele zu besitzen, die euch gleichen, auf daß wir, Herren gesetzlicher Herde und Vater zahlreicher Familien mit Weibern und Kindern vor die Götter treten und mit unsern Mitbürger» unsere Tage so verleben, daß wir zu ledem Bedürfnisse des Staates daÄ Unselige beitragen und Hoffnung auf den Mitgeuuß aller von ihm gebotenen Güter genießen. Wie könnte ich wobl mit Ehren über euch herrschen, wenn ich gleichgültig zusehen würde, wie euer immer weniger werde» ? Wie köuute ich mit Recht mich euren Vater, nennen lassen, wenn ich euch nicht vermöchte, und Kinder zu erzieht«? Wenn ihr mich also in Wahrheit liebet und mir den Namen Vater nicht au« Schmeichelei, sonder» anS Achtung gäbet, so entschließet euch auch, Ehemänner undBäter zu werden, aus daß ihr euch selbst diese» Namen verdienet, und ich diesen Namen mit Grund der Wahrheit führen kann." 10. Nachdem er an beide Theile obige Worte gesprochen hatte, erhöhte er die Belohnungen Derer, wc!ch>eKinter hatten, und machte in Ansehung der RechtSnachtbeile zwischen früher Verhciratheten und nie Verheiratheten einen Unter schied. Beiden gab er noch ein Jahr zu, innerhalb welcher Frist sie durch Befolgung deS Gesetzes den Strafen entgingen. Einige Frauen enthob er von den Folgen des Boconi- schen Gesetzes, »ach welchem kein Frauenzimmer mehr alL süufuudzwanjigtausend Denare erben durfte, den Vestalinuen 1196 Cassius Dio's Römische Geschichte. aberrä umte er alle Rechte Derer ein, die Mütter von drn Kindern waren. Hierauf wurde von Marcus Papius Mo- tilus und Qnintns Poppäus Secundus, welche in jenem Theile des Jahres Consuln waren, das Papisch-Poppäisibl Gesey erlassen. Es traf sich nämlich, daß Beide nicht nur ! keine Kinder, sondern nicht einmal Frauen hatten — ein neuer Beweis, wie nothwendig ein solches Gesetz geworden war. > 11. Während Dieß in Rom geschah, nahm Germaniens außer andern festen Plätzen in Dalmatien auch Splaumnni ein, obgleich es von Natur fest war und dicke Mauern hatte, auch von einer zahlreichen Besatzung vertheidigt wurde. Weder mit Maschinen, noch durch Stürmen konnte er der Stadt Etwas anhaben, bekam sie aber durch folgenden Zufall in ! seine Gewalt. Ei» Celtischer sDeutschers Reiter, Namenr Puflo P, schleuderte einen Stein auf die Mauer und erschütterte eine Zinne dergestalt, daß sie mit dem Hstanne, der sich an sie lehnte, plötzlich herabstürzte. Hierdurch wurden die Andern so in Furcht und Schrecken gesetzt, daß sie die Mauer eiligst verließen und auf die Burg flüchteten, dieselbe aber später gleichfalls übergaben. Von da rückt»» die Römer vor Nhätinum, hatten hier aber nicht gleichen Erfolg. Die Feinde, von der Uebermacht getrennt, glaubten den Römern *) Die Ausgaben setzen dafür Pulio. Der Venet. Codec gibt Pusio. Vielleicht ward er so von den Römische« Soldaten genannt, weil er kleiner als die ander» Deutsche» war. Stur;. ") Diese Stelle wird von den andern Editoren unter dem Allsten Capitel des fünfmidfünszigsten Buches aufgeführt. > Sturz aber fand sie in dem (Docker Venet. in dieser Stelle. j SechsundfünfzigfteS Buch. 1197 nicht gewachsen zu sey» und legten an dem Wall und in den nahe gelegenen Häusern ringsum Feuer an, indem sie dabei so behutsam zu Werke gingen, daß es nicht sogleich hervorbrach, sondern längere Zeit nur verborgen fortglimmen konnte. Nach diesen Vorkehrungen zogen sie sich auf die Burg zurück. Die Römer, unbekannt mit dem, Was vorgefallen war, stürzten nach und glaubten im ersten Angriff freie Hand zur Plünderung zu erhalten. Schon waren sie innerhalb des Feuers, und hatten Auge und Sinn auf die Feinde gerichtet, bis die Flamme rings um sie aufschlug. Jetzt war ihre Lage höchst bedenklich: von oben herab wurden sie von den Feinden beschossen, und außenher von der Flamme bedroht, so daß sie weder mit Sicherheit bleiben, noch auch ohne Gefahr sich davon machen konnten. Suchten sie sich aus der Schußweite zurückzuziehen, so wurden sie ein Opfer der Flammen; und wenn sie dieser entsprangen, so fanden sie durch die Geschoße der Feinde ihren Tod. Andere starben in engen Stellen eines zweifachen Todes, indem sie, von der einen Seite durch Pfeile verwundet, von der andern in den Flammen verbrannten. Ein solches Schicksal hatten die Meisten, welche in die Stadt gedrungen waren. Nur Wenige warfen die Leichname in die Flamme, eilten, über sie, wie über eine Brücke weg, und entkamen. Das Feuer hatte nämlich so sehr um sich gegriffen, daß die Feinde es selbst auf der Burg nicht aushalten konnte», sondern dieselbe Nachts verließen und sich in Gemächer unter der Erde verkrochen. 12. Dieß geschah hier. Seretium aber, das TiberiuS vergeblich belagert hatte, eroberten die Römer und bekamen 1198 Cassius Dio's Römische Geschichte. sofort auch andere Plätze leichter in ihre Gewalt. Weil die Andern aber immer noch Wicderstand leisteten, nnd der Krieg sich in die Länge zog, auch in Italien selbst deßhalb Theuerung einstand, so schickte Augustus wieder den Tiberini nach Dalmatien. Als er sah, daß die Soldaten keinen weiteren Verzug ertragen nnd dem Kriege selbst auf die eine oder die andere Weise ein Ende zu machen wünschten, aber besorgte, sie möchten, beisammen gelassen, Ausstände anfangen , so vertheilte er sie in drei Heertheile und gab die Eine» unter die Befehle des Silvanus, die Andern unser die des Marcus Lepidus, gegen Bato aber zog er nebst Germaniens mit dem andern Theile des Heeres. Jene nun besiegten die Feinde, die sich ihnen entgegenstellten, in mehrereii Schlachten und unterwarfen sie; Bato selbst aber irrte im ganzen Land umher, indem er sich bald nach dieser, bald nach jener Gegend wandte. Als sich derselbe endlich in die Feste Anderim» flüchtete, die in der Nähe von Salona lag, so belagerte er ihn dort und gerieth in große Noth. Die Beste war nämlich auf einem wohl befestigten, schwerzugänglichen Felsen angelegt, und von tiefen Schluchten und reißenden Wald- strome» umgeben. Die Besatzung halte sich vorher mit allen Bedürfnissen zum Voraus versehen, und bezog noch weitere Vorräkhe, über die Gebirge, deren sie Meister waren. Auch legten sie sich in Hinterhalt und schnitten den Römern die Zufuhr ab, so daß Tiberius der sie belagerte, im Grunde als Belagerter erschien. 15. Als er nicht wußte,, wozu er sich entschließen und Was er thun sollte, (denn eine weitere Belagerung wurde vergeblich und selbst gefährlich, ein Abzug aber mußke als IkIS SechsnndflttiszigsteS Buch. schimpflich erscheinen) so erregten seine Soldaten einen Aufruhr, und schrieen so furchtbar durch einander, daß die Feinde, welche unter der Beste lagerten, -n Furcht gerietben und daran liefen. Tibemus, welcher sich über Ersteres ärgerte, über Letzteres aber ergötzte, benutzte den Borfall und berief seine Leute zu einer Versammlung, in der er sie theils schalt, theils lobte, wagte jedoch Nichts aufs Gerathewohl, zog aber auch nicht ab, sondern verhielt sich immer noch ruhig, bis Dato, der an dem Erfolge weiteren Widerstandes verzweifelte, (denn das Land war bis auf wenige Punkte unterworfen, und die ihm gegenüberstehende Kriegsmacht der scinigen überlegen) ihm Friede» anbieten ließ. Und da er die andern Führer seines Volkes nicht auch zum Frieden bewegen konnte, sa sagte er sich von ihnen los und kam ihnen, obgleich Viele ihn darum baten, nicht mehr zu Hülfe. Tiberius, welcher nun mit der Besatzung ohne Mühe fertig zu werden hbffte und ohne Blutvergießen ihrer Meister zu werden glaubte, kehlte sich nicht weiter an die Festigkeit des Platzes, sondern rückte gegen die Beste heran. Weil aber nirgends eine ebene Stelle war, und die Feinde nicht gegen ihn herabzogen, so sehte er sich auf einer ringsum sichtbaren Anhöhe, um.AlleS, was vorging beobachten zu können, und die Soldaten'zum Kampfe zn ermuthigen, und wo eS ' Noth that, zu rechter Zeit Beistand zu leisten. Zn dem Sude behielt er einen Theil des Heeres, das freilich dem Feinde bei Weitem überlegen war, zurück; die Andern rückten erst in dicht geschlossene»! Viereck langsam bergan, als sich aber der Berg'steil, und uneben, von Schlichten und Schluchten durchschnitten, zeigte, konnten sie sich nicht mehr in Reih 1200 Cassius Dio's Römische Geschichte. und Gliedern halten, und die Einen klommen schneller, die Andern langsamer hinan. 14. Als dieß die Dalmatier gewahrten, so stellten sie sich außerhalb der Beste auf der Anhöhe auf, von wo sie eine Menge Steine ^theils aus Schleudern aus sie warfen, theils herabwälzten. Andere ließen Räder, Andere ganze Wagen mit Steine» gefüllt, wieder Andere runde Kisten, nachLandcsart gefertigt, gleichfalls voll mit Steinen, aus sie los. Alles Dieß rollte zumal mit großem Ungestüm herab, fuhr nach allen Richtungen hin, sprengte die Römer noch mehr auseinander und zersplitterte, Was ihm begegnete. Andere schoßen auch Pfeile oder schleuderten Wurfspieße, wodurch sie Viele erlegten. Jetzt entstand ein großer Wettstreit unter den Kämpfenden, indem die Einen hinanstürmten und die Höhen zu gewinnen suchten, die Andern dagegen sich beei- ferten, die Feinde abzuwehren und von den Felsen hinabzustürzen. Gleiche Theilnahme bezeigten Diejenigen, welche von der Mauer herab dem Verlaufe des Kampfes zuschauten oder in der Umgebung des Tiberius waren. Beide Theile riefen den Ihrigen theils in Masse, theils einzeln zu, um sie, wenn sie sich tapfer hielten, anzufeuern, oder Diejenigen, welche wichen, zn schmähen. Die, welche die An- * dern überschrieen, riefen zugleich die Götter um Schuh für die Kämpfenden, und nm Freiheit oder Frieden für die Zukunft an. Gewiß wären die Römer, welche zumal mit der Lage des Orts und dem Widerstände der Feinde zu kämpfen hatten, bei diesem kühnen Wagestück unterlegen, wenn nickt Tiberius sie durch Nachsendung immer neuer Truppen jedesmal wieder am Fliehen gehindert und die Feiude 1201 . Sechsundfünfzigstes Buch. dadurch daß er von einer andern Seite auf einem Umwege einen andern Heerestheil auf die Anhöhe schickte, in Schrecken gesetzt hätte. Dieß brachte sie zum Weichen, sie konnten die Beste nicht mehr gewinnen, sondern warfen, nur ihre Flucht zn erleichtern, die Waffen weg, und zerstreuten sich in das Gebirge. Ihre Verfolger aber, welche dem Kriege mit Einem mal ein Ende machen und sie durch neue Vereinigung nicht wieder gefährlich werden lassen wollten, drangen hinter ihnen her, spürten die Meisten, welche sich in die Wälder versteckt hatten, auf, und erlegten sie, wie wilde Thiere; worauf sich denn auch die übrige Besatzung in der Festung auf Bedingungen ergab. Tiberins behandelte sie mild und hielt die Uebereinknnft gewissenhaft. 15. Germaniens wandte sich nun gegen Diejenigen, welche noch Widerstand leisteten, da Ueberläufer, die sich bei ihnen befanden, es nicht zu Fridensunterhandlungen kommen ließen. Zwar eroberte er das feste Arduba, würde Dieß ober mit seinem Heere, obgleich er den Feinden an Zahl weit überlegen war, nicht vermocht haben. Der Play war nämlich stark befestigt, und ein reißender Fluß umströmt es nuten, bis auf eine kleine Strecke. Die Uebcr- läufer aber entzweiten sich mit den Eingebornen, da dies« Frieden wünschten, so daß es zu Thätlichkeiten kam. Die Frauen i,i der Stadt, welche gegen den Wille» der Männer auf B-Hauptnnq der Freiheit bestanden, und selbst das härteste Schicksal der Sklaverei vorzogen, traten auf ihre Seite; es kam zu eiiur» hitzigen Kampfe; Jene wurden besiegt und wichen, mid entkamen auch zum Theil. Die Wri- Dio Cassins. los Vdch». 2 1202 Casfius Dio's Römische Geschichte. der aber ergriffen ihre Kinder und stürzten sich mit denselb«, l in die Flammen oder in den Fluß hinab. Nach der Eroberung der Beste ergaben sich die Umgebungen derselben freiwillig an den Germaniens. Di>ser kehrte sodann zu T>- berius zurück und Postumius vollendete hieranf die Unter werfung des übrigen Landes. ' 16. Um diese Zeit schickte auch Bato seinen Sohn Skeuas an Tiberius und bot ihm gegen Begnadigung seine und all der seinigen Unterwerfung an. Als man ihm Dieß ! zusagte, so kam er Nachts in sein Lager und ward am fol- i gendcn Tage vor den auf dem Rickterstuhlc sitzende» Ti- derrus geführt. Hier bat er nicht für sein Leben, hielt vielmehr sein Haupt zum Abschlagen hin, sprach aber Vielei zur Entschuldigung der Seinigen. Als ihn TrberiuS fragte: Wie kämet ihr dazu, von uns abzufallen und so lange gegen uns Krieg zu führen? sagte er dasselbe, was er früher gesprochen : „die Schuld traget ihr, ihr schicket zu eueren Heer- den als Wächter nicht Hunde oder Hirten, sondern Wölfe." Ein solches Ende nahm dieser zweite Krieg, der die Römer viel Volk und noch mehr Geld kostete. Viele Legionen wurde» für denselben in Sold genommen und die Beute war sehr gering. 17. Die Botschaft von dem Siege überbrachte auch jetzt Germanicus. Dem Augustrrs und Tiberius wurde deßhalb der Jmperatorstitel, ein Triumph und unter ander» Ehrenbezeugungen auch zwei Triumphbogen in Pannonie» bewilligt. Dieß allein »ahm Augustus von den vielen Auszeichnungen an. Dem Germaniens wurden die Triumphm- signien, was andern Befehlshabern schon bewilligt worden 1205 Sechsundfünfzigstes Buch. war, überdieß aber der Rang eines Prätors zuerkanyt, und die Erlaubniß, seine Stimme im Senat gleich nach de» Consnlaren abzugeben, und sich früher, als nach den Gesetzen erlaubt war, »m das Consulat zu bewerben. Auch dem Drusus, dem Sohne des Tiberius, ward, obgleich er am Kriege keinen Theil genommen hatte, das Rechr zu erkannt, noch ehe er Senator wäre, in den Senat zu kommen, und nach verwalteter Quästur gleich nach den vvm Amte getretene» Prätoren zu stimmen. 18- Kaum waren diese Beschlüsse gefaßt, als eine Trauerbotschaft aus Deutschland die Abhaltung der Siegesfeste verhinderte. Zu einer und ebenderselben Zeit hatte sich nämlich im Celtenlande Folgendes zugetragen. Die Römer besaßen einige Bezirkt in Deutschland, nicht beisammen, sondern wie sie gerade erobert worden waren, weß- halb ihrer auch die Geschichte nicht erwähnt. Sie überwinterten daselbst und legten Städte an. Auch fügten sich die Deutschen bereits'nach Römischer Sitte, kamen auf die Marktplätze und pflegten friedlichen Umgang mit ihnen, konnten aber doch ihrer Vater Sitten, ihre Landesgebräuche, ihre ungebundene Lebensweise, ihre Waffenmacht nicht vergessen. Bis jetzt sollten sie sich nur allmählig und unter Anwendung großer Behutsamkeit derselben entwöhnen, fände« sich auch uumerklich in ihre neue Lebensweise, und hatten die mit ihnen vorgehende Veränderung selbst nicht gefühlt. Als aber Qnintilius Varus, nach seiner Statthalterschaft in Syrien, Deutschland zur Provinz erhielt, so stimmte er einen zu hohen Ton an, wollte Alles zu rasch umforme», 2 « 1204 Casfius Dio'6 Römische Geschichte. behandelte ffe herrisch und erpreßte Tribut wie von Unter- ! thauen; und Dieß wollten sie sich nicht mehr gefallen lasse». Die Häupter des Volkes strebten nach der frühern Herrschaft; die Menge fand die hergebrachte Regierungsweisi besser als fremde Zwingherrschast. Weil fle aber am Rhein , und im eigenen Lande die Streitkräfte der Rimer zu stark fanden, so empörten sie sich vorerst nicht offen, empfingen vielmehr den Varus, als ob sie alle seine Forderungen er- ^ füllen wollten, und lockten ihn vorn Rheine ab in das Land ! der Cherusker und an die Weser. Hier lebten sie mit ihm auf völlig friedlichem, freundlichen Fuße und ließen ihn glauben, daß sie selbst ohne Gewalt der Waffen seinen Befehlen demüthigst nachkommen würden. 19. So geschah es, daß Varus nicht, wie er in Fein- l bestand hätte thun sollen, seine Truppen zusammenhielt und viele seiner Leute auf Ansuchen der Schwächeren, bald zum Schuhe gewisser Plätze, bald um Räuber aufzugreifen, bald um die Zufuhr von Lebensrnitteln zu decken, uach verschiedenen Seiten hinsandte. Die Häupter der Verschwörung, der tückischen Nachstellung und des Krieges der sich nun entspann, waren unter Andern Arminins und Segimer, die immer um sie waren und oft an seiner Tafel schmausten. Als er nun so ganz zuversichtlich wurde nud sich zu u'chts , Argem versah, vielmehr Allen, welche Das, was vorging, argwöhnten, und ihm zur Vorsicht riethen, nicht nur Nickis glaubte, sondern sogar »»zeitige Aengstlichkeit Schuld gab, , und sie der Verläumdung zieh, so empörten sich verabredeter Maßen zuerst einige entfernte Stämme, in der Absicht, den , Varus, wenn er gegen Diese, wie durch Feindesland, zöge, Sechsiilidfi'mfzigstes Buch. 1205 desto eher in die Falle zn locken, damit er nicht, wenn Alke zumal sich znm Kriege wieder ihn erhüben, seine Vorsichtsmaßregeln träfe. Und so ging eS denn auch: sie ließen ihn roranSziehen und geleitete» ihn eine Strecke, blieben dann aber zurück, unter dem Vorwande, daß sie die Landestruppen zusammenziehen und ihm zu Hülfe kommen wollten. Nun fielen sie mit ihren schon bereit gehaltenen Streitkräften über die früher erbetenen Truppen her und machten sie nieder, worauf sie dann ihm selbst, der bereits in umwegsame Wälder gedrungen war, zu Leibe gingen. Ieyt erschienen die vermeintlichen Unterthanen plötzlich als Feinde und versetzten das Heer in die mißlichste Lage. SO. Die Gebirge waren voller Schluchten und Unebenheiten, und die Bäume dicht und hoch gewachsen, so daß die Römer schon vor dem Anfalle der Feinde, mit dem Fällen der Bäume, dem Wegbahnen und dem Schlagen von Brücken, wo es nöthig ward, volle Arbeit hatten. Sie führten auch viele Wagen und Lastthiere, wie im Frieden, nach sich, auch Kinder, Weiber und Dienerschaft in Menge folgten ihnen, so daß sie' schon deßhalb sich auf dem Inge ausdehnen mußten. Ein heftiger Regenguß und Sturmwind überfiel und trennte sie noch mehr, und der .Boden und die Wurzeln und Stamme der Bäume schlüpfrig geworden, machten ihre Tritte unsicher, die Gipfel der Bäume brachen ab und vermehrten durch ihren Fall die Verwirrung. In dieser Noth fielen die Feinde auS den dichtesten Wäldern von allen Seiten über die Römer her, indem sie, der Wege kundig, sie umffügcltcn, und anfangs aus der Ferne sie beschrße», dann aber, als sich Niemand zur Wehr setzte und Viele verwun- 1206 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. det wurden, ihnen zu Leibe gingen. Da sie nämlich in keiner Ordnung, sondern mit Wagen und Unbewoffneten untermengt einherzogen, konnten sie nicht leicht ihre Glieder schließen, und litten, den jedesmaligen Angreifenden selbst an Zahl nicht gewachsen, großen Verlust, ohne Jenen Etwas anhaben zu können. 2k. Als sie einen, so weit es in dem Waldgebirge möglich war, tauglichen Platz fanden, schlugen sie ein Lager, verbrannten die meisten Wagen und anderes entbehrliche Geräthe, oder ließen es zurück, und zogen dann am andern Tage in größerer Ordnung weiter und waren zwar so glücklich, auf einen lichten Ort vorzudringen, doch geschah auch Dieß nicht ohne Verluste. Als sie von da aufbrachen, ge- riethen sie in nene Waldungen, und wehrten sich zwar gegen die Andringenden, erlitten aber dadurch neuen Schrecken: denn wenn sie an engen Stellen sich zusammen thaten, um in geschlossenen Gliedern, Reiter und Fußvolk, gegen sie auszufallen, wurden sie durch sich selbst und die Bäume gehindert. Es war der dritte^) Tag, daß sie so daherzogen; ein heftiger Regen und starker Wind überfiel sie wieder, und ließ sie weder weiter zieben noch auch sicheren Fuß fassen, ja setzte sie sogar außer Stand, von ihren Waffen Gebrauch zu machen: denn Pfeile, Wurfspieße und. Sck-ilde waren durchnäßt und nicht gut zu gebrauchen. Die Feinde dagegen, meist leicht bewaffnet, hatten, da sie ungehindert vordringen oder zurück weichen konnten, weniger davon zu leiden. Ueber- dieß waren sie auch an Zahl weit überlegen, (denn auch die früher Bedenklichen hatten sich jetzt, wenigstens um Beute O Statt röre lese ich auf den Vorschlag bei Reimarns 1207 Sechsnndfirnszigstes Buch. zn machen, gleichfalls eingefunden) und umringten nun die schwächeren Römer, welche nun in den vorangegangenen Kämpfen schon viel Leute verloren hatte» , um so leichter, und machten sie nieder, so daß Barus und die angesehenste» Führer, aus Furcht lebendig gefangen zu werden, oder durch die Sand ihrer verhaßtesten Feinde zu fallen, (denn verwundet waren ste schon) den traurigen, aber durch die Noth gebotenen Entschluß faßten, sich i» ihre eigenen Schwerter zu stürzen. 22. Sobald Dieß verlautete, so setzte sich Keiner, wenn er auch noch Kräfte hatte, weiter znr Wehr: die Einen ahmten das Beispiel ihres Anführers nach, die Andern warfen die Waffen weg und ließen sich von dem nächsten Besten niedermachen, denn an Flucht war, wenn man auch wollte, nicht zu denken. Es wurde nun, ohne weitere Gefahr, Mann und Roß niedergestoßen.'') fAm ersten und "*) Aonaras, der bisher dem Dio folgte, zeigt uns, daß hier Einiges ausgefallen ist: denn nach den Worten e--o?rro»ro fährt er folgender Mafien fort: Die Feind« hatte» sich aller festen Plätze bis auf Einen bemächtigt. Bei diesen hielten sie sich auf und setzten deßhalb nicht über den Rhein und fielen nicht in Gallien ein. Sie konnten aber desselben nicht Meister werden, da sie sich nicht auf das Belagern verstanden, und die Römer viele Bogenschützen hatten, von denen st« zurückgetrieben wurden, und dabei sehr viele Mannschaft verloren. Als st« hierauf erfuhren, daß die Römer den Rhein bewachten und Tiberius mit einem mächtigen Heere nn Anzüge sey, so zogen sie zum größten Theile ab, die Inrückgelassene» aber entfernten sich weiter von dem Platze, um nicht durch unerwartete Ausfälle Schaden zu nehme», besetzte» aber 1208 Casstus Dio'S Römische Geschichte. zweiten Wachposten kamen ffe glücklich vorbei. Als sie ab» an den dritten kamen, wurden sie entdeckt : denn die Frauen und Kinder riefen wegen Erschöpfung, Furcht, Finsterniß oder Kälte unaufhörlich den Soldaten zu.j") Alle wäre» rimgekommen oder in Gefangenschaft gerathen , wenn >M die Feinde zu hitzig auf die Beute gewesen wären. Denn so gewannen die Kräftigste» einen weiten Voisxrung, mit die Trompeter, welche sich unter ihnen befanden, blühn, zum Eilmarsch und brachten (es war Nacht geworden »»d kein Theil sah den Ander») die Feinde auf die Vermuthung, daß sie von Asprena« kamen. Deßhalb ließen ste im Verfolgen nach, und Asprenas kam ihnen, sobald er ron ihrem Unfall hörte, nun auch wirklich zu Hülfe., Auch später kamen einige Gefangene, von den Ihrigen losgekauft, wieder zurück. Es wurde ihnen jedoch nur unter der Bedingn»- gestattet, daß ste außerhalb Italiens lebten. Doch Dieß geschah erst später. Sä. Augustus soll auf die Nachricht von der Niederlage des Varus die Toga zerrissen und großen Kummer über die Gefallene» und die von Deutschland drohende G>- die Wege, indem sie hofften, sie durch Mangel an kebeus- inittel» in ihre Gewalt zu bekommen. Die Römer aber hielten sich, so lange sie Lebensmittel besassen, und erwarteten Hülse. Als Niemand zu Hülfe kam, und sie Rudis wehr zu leben hatte», so benüyten sie ein« stürmische Nacht, verließen (nur wenig« Soldaten, meist wehrloses Volk) den Platz »nd kamen glücklich am ersten und zweiten Wachposten vorbei. Das in Klammern Gesetzte gibt Sturz aus dem Venet. Coden 1209 SechsundfünszigsteS Buch. fahr geäußert, vor 'Allem aber die Besorgniß ausgesprochen haben, daß sie über Italien selbst und über Rom hereinbrechen möchten. Römische waffenfähige Mannschaft war nicht mehr viel vorhanden, und die Kräfte der Bundesgenossen, die noch zu brauchen gewesen wären, waren sehr ers vpft. Doch traf Augnstus alle Vmkehrunge», welche die Umstände gestatteten. Als aber von dem dienstfähigen Alter Niemand Dienste thu» wollte, so ließ er sie loosen, und bestrafte von Denjenigen, welche noch nicht fünf und dreißig Iabr alt waren, je den fünften, von den Aelteren aber je den zehnten mit Einziehung des Vermögens und Ehrlosigkeit, und endlich, weil auch so sehr Viele seinen Befehlen nicht Folge leisteten, ließ er selbst Einige am Leben strafen. Nun hob er aus den gedienten Soldaten und den Freigelassene» so viele aus, als er konnte, und ließ sie wgleich in Eilmärschen unter den Befehlen des Ti- berins nach Deutschland abgehen. Weil aber viele Gallier und Deutsche sich in Rom aufhielten, und zum Theil unter der Leibwache dienten, so befürchtete er, sie möchten Unruhen anfangen und ließ die Lenkern auf Inseln bringen, Erstere aber »»bewaffnet die Stadt verlassen. ri. Dieß nahm Augnstus ganze Thätigkeit in Anspruch; alles Andere schien zu ruhen, und selbst die Spiele wurden nicht gefeiert. Als er jedoch erfuhr, daß ein Theil des Heeres gerettet und Deutschland bewacht werde, die Feinde sich aber nicht einmal an den Rhein wagen, so schwand auch sein Schrecken, und ruhigere Gesinnung trat an die Stelle. Dieß so große und vielfache Unglück schien ihm nickt ohne besondere Ungnade der Götter gekommen zu seyn, auch 1210 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. mußten die Cchreckzeiche» vor und nach der Niederlage diese seine Vermuthung ganz augenfällig bestätigen, Der Mars- tempel auf dem Marsfelde ward vvm Blitze getroffen; Schaaren oder Heuschrecken flogen in die Stadt und wurden von den Schwalben aufgefressen ; die Gipfel der Alpen schienen in einander zu stürzen nnd drei feurige Säulen auS ihnen aufzusteigen; der Himmel schien an vielen Stellen zu brennen, und viele Kometen ließe» sich zu gleicher Zeit am Himmel sehen; feurige Lanzen fuhren von Norden der und schienen auf das Römische Lager zu stürzen; Bienen hatte» sich an die Altäre im Lager angelegt; -ine Bildsäule der Siegesgöttin in Deutschland, welche nach dem Lande der Feinde hinschaute, hatte sich gegen Italien gekehrt; auch hatte sich nm die Adler im Lager, alS wären die Feinde eingedrungen, unter den Soldaten selbst leerer Kampf und Streit entsponnen. Dieß die Begebenheiten seiner Zeit. rs. Im folgenden Jahr wurde der Concordientenipel von TiberiuS eingeweiht, und auf die Inschrift sein und seines verstorbenen Bruders DrusuS Namen gesetzt. Unter den Cvnsnln MarcnS AcmiliuS und StatiliuS TaurnS sielen TiberiuS nnd Germanien«, damals Proeonsul, in Deutschland ein, und durchzogen einige Gegenden desselben, ohne jedoch eine Schlacht zu gewinnen (eS zog ihnen Niemand entgegen), oder^ein Volk zu unterwerfen. AuS Furcht nämlich, sie möchten wieder eine Schlappe bekommen, entfernten sie sich nicht allzuweit vom Rheine, sondern blieben daselbst, ohne ihr Lager zu verändern, bis zum Herbste, und kehrten, nachdem sie dort den Geburtstag des August»« gefeiert und von Centurionen ein Ritterspiel hatten aufsüh- 1211 SechSnndfünfzigstes Buch. ren lassen, wieder über den Rhein zurück. In Rom war zu dieser Zeit Drusus Cäsar, des Tiberius Sohn, Quästor, und sechzehn Prüderen standen im Amte, da sich so Viele darum bewarben, und Augustus unter so bewandten Umständen Keinen vor den Kovf stoßen wollte. Doch galt dieß nicht auch für die kommenden Jahre, in welchen lauge Zeit nur zwölf Prätoreu dieß Amt bekleideten. Außerdem verbot Augustus den Wahrsagern, Jemand allein oder in Gegenwart von Andern seinen Tod vorauszusagen, obgleich er über sein eigenes Schicksal so beruhigt war, daß er in einem öffentlichen Anschlage Jedermann die Constellakio» . unter der er geboren war, zu wissen that. Außer diesem Verbote ließ er den Provinzen noch bedeuten, daß sie keinem Ihrer Statthalter während der Zeit seines Amtes, noch innerhalb sechzig Tagen nach ihrem Abgang eine Ehrenbezeugung erweisen sollten, weil sich Einige rühmende Zeugnisse von denselben zu verschaffen gewußt und damit Mißbrauch trieben. Den Gesandtschaften gaben auch damals drei Senatoren Audienz. Den Rittern wurde, Was sonderbar erscheinen muß, erlaubt, als Gladiatoren aufzutreten. Grund dazu gab, daß Einige die damit verbundene Unehre für nichts anschlugen; weil denn Verbote Nichts fruchteten, und sie eine größere Strafe zu verdienen schienen, oder weil man glaubte, auf diese Weise noch am ehesten davon abzubringen, gestattete man's ihnen. So erlitten sse denn statt der Schande den Tod: denn sie traten darum nicht weniger auf. Das Vergnügen, womit ihre Kämpfe von dem Volke aufgenommen wurden, machte sie nur noch eifriger, so daß selbst Augustus es geschehen ließ, daß die Pratoren sie zuließen. 1212 Cassius Div's Römische Geschichte. L6. Germaniens trat hierauf das Consulat an, ohne vorher wirklicher Prätor gewesen zu seyn, nicht sowohl seiner hohen Geburt wegen, sondern weil dasselbe schon vor ihm Andere thaten. Er war nämlich bei dem Volke sehr beliebt, besonders auch, weil er siir Andere nicht nur vor andern Richtern, sondern ror Augustus selbst als Recbtt- beistand auftrat. So stand er auch einem Quästvr bei, der wegen Mordes angeklagt war. Weil Germaniens ihn vertheidigen sollte, so fürchtete der Ankläger, er möchte vor gewöhnlichen Richtern dadurch in Nachtheil kommen, und apoellirte deßhalb an Angnstus, Was jedoch nnnöthig wurde, da Jener auch von diesem keinen günstigen Spruch erhielt. Doch that Germaniens als Consul nichts Denkwürdiges, aoßer daß er auch jeyt für Einige als Redner auftrat. Sei» Amtsgenosse Cajus Capito kam nämlich gegen ihn gar nicht in Betracht. Angnstus, die Bürde des Alters fühlend, empfahl ihn dem Senat, und diese» dem Tiberins in einem Schreiben, las dasselbe aber nicht selbst vor, da er nicht mehr laut genug sprechen konnte, sondern ließ es wie gewöhnlich, und zwar dieß mal von Germanicus, vorlesen. Hiermit verband er unter dem Vorwande des Krieges mit Deutschland die Bitte, ihm nicht mehr die Aufwartung -« machen, und es nicht übel zu nehmen, wenn er au den Gajt- geboten nicht mehr Antheil nehme. Denn sehr gewöhnlich, besonders aber, wenn Senatsstynng war, zuweilen im Senate selbst, wenn er kam oder ging, später selbst in seiner Wohnung auf dem Palatium, machten ihm nicht nur die Senatoren, sondern auch die Ritter und selbst viele Männer aus dem Volke ihre Aufwartung. j.215 Sechsundfünfzigftes Buch. L7. Er versah jedoch die Staatsgeschäfte darnni nicht läßiger. So erlaubte er den Rittern, sich um das Vvlks- tribunat zu bewerben. Da er erfuhr, daß auf einzelne Personen Schmähschriften geschrieben werden, so lies; er Untersuchungen anstellen, die in der Stadt vorgefundenen von den Aedilen, außerhalb der Stadt aber von den jeweiligen Ortsobrigkeiten verbrennen, und einige der Verfasser sogar zur Strafe ziehen. Weil viele Verbannte außerhalb der Orte, auf welche sie verwiesen waren, sich aufhielten, und zum Theil zli üppig lebten, so verbot er Allen, denen Wasser und Feuer zu reichen untersagt war, sich auf dem Festlande, oder auf einer unter dreihundert Stadien von di.sem abgelegenen Insel aufzuhalten, mit Ausnahme jedoch der Inseln Cos, Rbodns, Sardinien und Leobvs. Aus welchem Grunde er letztere ausnahm, weiß ich nicht. Außerdem verbot er ihnen irgend anders wohn zu fahren, oder mehr als ein Frachtschiff von tausend Tonnen und zwei Boote zu besitzen, oder über zwanzig Sclaven oder Freigelassene zu haben oder ein Vermögen von mehr als hundert und fünf und zwanzig tausend Denarien'°) zn besitzen, und bedrohte im Uebertre- tungsfalle sowohl sie, als Andere, die ihnen Vorschub leisteten, mit Strafen. Dieß waren seine gesetzlichen Bestim- mnnqen, die von dem Gesch chtschreiber erwähnt zn werden verdienten. Anch ist noch zn bemerken, daß damals ausser- gewöhnliche Spiele von Schauspielern und Rittern q-ge^en wurden. Die Martialischen Spiele wurden, da die ausgetretene Tiber das Marsfeld übe,schwemmt halte, auf dem ') Etwa ss,ooo ff. 1214 Cassius Dio's Römische Geschichte. Markte des Augustus durch ein Pferderennen und eine Thier- heye, dann aber noch einmal auf die gewohnte Weise gefeiert, wobei Germaniens zweihundert Löwen in dem CircuS znm Besten gab. Auch wurde der Livianische Säulengang, welcher zu Ehren der Cäsarn CajuS und Lucius erbaut worden war, damals eingeweiht. - 28. Als Lucius Munaiins und Casus Silius zu Konsuln deslgnirt waren, wurde dem widerstrebenden Augustui die höchste Gewalt auf das fünfte Iahrzehend übertragen. Ee bekleidete hierauf den Trberius wieder mit dem Volks- tribunat und gestattete dem Sohne desselben, Drusus, a»fS nächste dritte Jahr um das Consulat, ohne vorher bekleidete Prätur, sich zu bewerben. Auch erbat er sich wegen seines hohen Alters, das ihm nur höchst selten erlaubte, im Senate zu erscheinen, einen Ausschuß von zwanzig Räthen aus das ganze Jahr: denn früher hatte man ihm auf je sechs Monate deren fünfzehn zugetheilt. Auch wurde noch der weitere Beschluß gefaßt, daß Alles, was er mit Tiberius und Jenen nebst den wirklichen und den destgnirten Cvnsüln und seinen angenommenen Söhnen sowie auch den Andern, die er noch jedesmal beizuziehen für gut finden würde, beschloße, eben so gültig seyn sollte, als wenn es der ganze Senat beschlossen hätte. Nachdem er sich zu dem, was er sich in der Wirklichkeit schon ausübte, durch eine» förmlichen Seuats- beschluß hatte bevollmächtigen lassen, machte er die meisten Geschäfte, oft sogar vom Lager aus, ab. Als man sich von der Abgabe des zwanzigsten Theils von den Erbschaften fast allgemein beschwert fand, und Unruhe» zu besorgen waren, so erließ er ein Schreiben an den Senat, mit der Weisung, 1215 Sechsundfünfzigstes Buch. eine andere Abgabe auefindig zu macken. Dieß that er jedoch nicht in der Absicht, die Abgabe aufzuheben, sondern damit sie, wenn sich kein anderes Auskunftsmittel fände, dieselbe zu bestätigen genöthigt würden, ohne daß auf ihn selbst das Gehässige der Maßregel fiele. Damit man aber nicht, wenn Germaniens und, Drusns sprächen, auf die Vermuthung käme, daß es auf seinen Befehl geschehe, und daß die Senatoren die Sacke, ohne weitere Berathung annehmen, hieß er sie Beide dabei gar Nickis sprechen. Es wurden nun vielerlei Vorschlüge gemacht, und dem Augustus zum Theil schriftlich mitgetheilt. Daraus ersah er, daß man sich jede andere Abgabe eher würde gefallen lassen, legte sie also auf Grundstücke und Häuser um, und ließ sogleich, ohne näher anzugeben, wie viel und wie sie abzutragen wäre, nach verschiedene» Seiten Leute abgehen, welche die liegenden Güter der Privatpersonen und Städte aufnehmen mußten, »m sie fürchten zu lassen, daß sie noch höher angelegt werden würden, und so die Abgabe des Zwanzigsten noch erträglicher erscheinen zu lassen: Was denn anch geschah. Dieß waren die Maßregeln, welche Augustus in der Verwaltnug traf. rs. Bei den Augustalien, welche an seinem Geburtstage gefeiert wurden, geschah es, daß ein Wahnsinniger sich auf den Prachtseffel des Julius Cäsar niederließ, und sich den Kranz desselben aufS Haupt seyte. Dieß schien eine Vorbedeutung für Augustus zu seyn, Was deün auch eintraf: denn im folgenden Jahre unter den Consuln Sextus Apu- lejus und Sextus Pompejus begab sich Augustus nach Cam- panien, ließ in Neapel die feierlichen Spiele halten, und starb dann zu Nola. Vorzeichen, welche dieß bedeuteten, 1216 Cassius Div's Römische Geschichte. ereignete» sich sehr wichtige, und nicht zu mißdeutende. Die Sonne verfinsterte sich, und fast der ganze Himmel schien in Fenei z» stehe»; fenrtge Balken sah man rom Himmel fallen, Cometen und dlntrothe Sterne zeigten sich. Alswe- gen seiner Erkrankung der Senat zusammengerufen wurde, um Gelübde für ikn zu thun, fand. man den Sitzungssaal verschlossen, und ei» Uhu saß auf demselben, und ließ seine unheimliche Stimme vernehmen. Ein Blitzstrahl traf eine Bildsäule desselben, die auf dem Capitolium stand, undlöhlte den ersten Buchstaben von dem Namen Cäsar aus. Dieß deuteten die Wahrsager so, daß ihn hundert (6) Tage daraus das Glück eines Gotres erwarte, weil jener Buchstabe bei den Römern die Zahl hundert, der übrige Raine (Aesar) aber leiden Etruskern einen Gott bedeute. Diese Vorzeichen ergaben sich noch bei Lebzeiten desselben. Später fand man auch den Umstand bedeutungsvoll, daß die beide» Cvnsnlu, unter deren Consnlat er starb, mit Angnstns verwandt waren, und Servius Snlpicius Galba, welcher später Alleinberrscher wurde, in demselben Jahre am ersten Januar das Männerkleid angelegt hatte. Weil er der erste Römer war, der »ach dem Anc-sterden des Cäiarischcn Hauses zur Regierung k.-rm, so meinten Einige, daß dieß nicht von ungefähr, sonder» durch göttlichen Rathschlnß geschehen sitz. ;«>. Llnqustns starb also an einer Krankheit, aber nicht ohne daß ei» Verdacht aus Lina fiel, seinen Tod berbeige- fuhit zu haben, da Ananstns in Geheim zu Agiippa aus seine Insel sich l eg«!', nnd «ich, wie es schien, Mit ihm aussöhnen wollte. Aus B e so »nist, er machte ihn zniücknfeu, um ihm die Alleinherrschafc zu überlassen, soll sie Feigen 1217 Sechsundfünfzigstes Buch. an dem Baume, welche Augustus mit eigener Hand z« pflücken pflegte, mit Gift bestrichcn haben. Auch sie brach mit ihm, aber solche, die nicht bestricken waren, und ihm schad sie die vergifteten zu. Als er nun daran, oder an sonst einem Uebel, erkrankte, rief er seine Freunde vor sich, gab ihnen die nöthigen Befehle, und schloß mit den Worten: „Ich erhielt von euch ein irdenes Rom, und hinterlasse euch nun ein steinernes." Damit wollte er nicht sowohl die Gediegenheit seiner Gebäude, als vielmehr die Festigkeit des ganzen Reiches bezeichnen. Er verlangte nun von ihnen» sie sollten ihm, wie den Schauspielern, als ob er nach einem Possenspiele endete, Beifall klatschen, und verspottete so das ganze Menschenleben. Er starb am neunzehnten August, an welchem er sein erstes Consnlat angetreten, nachdem er fünf und siebzig Jahre, zehrn Monate und sechs und zwanzig Tage (der drei nnd zwanzigste September war sein Ge- vurtstag) gelebt hatte, und seit seinem Stege bei Actium vier und zwanzig Jahre, weniger dreizehn Tage, Allherrscher gewesen war. 3t. Sein Tod wurde jedoch nicht sogleich bekannt: denn Livia befürchtete Unruhen, weil Tiberius in Dalmatien war, nnd verheimlichte denselben bis zu seiner Ankunft. So berichten wenigstens die meisten und glaubwürdigsten Geschichtschreiber. Einige dagegen behaupten, Tiberius sey während seiner Krankheit angelangt, und habe noch Verhaftungsbefehle von ihm bekommen. Die Leiche des Augustus trugen von Nola aus von einer Stadt zur andern die angesehensten Männer jedes Ortes, in der Nähe von Rom aber nbernah» Dio Casslus. 10s Bbchn. 8 1218 Casfius Dio's Römische Geschichte. me« sie die Ritter, und brachten sie bei Nacht in die Stadt Am andern Tage war große Senats-Versammlung, in welcher die Senatoren im Rittergewandc, die Beamten aber im Senatorengewand ohne Purpurverbrämuug erschienen. Tiberius und sein Sohn Drusus hatten dunkle Staatskleider au, und opferten zwar Weihrauch, aber ohne Flötenspiel. Die Senatoren saßen in der gewohnten Ordnung, dir Konsuln aber auf dewuntern Bänke», der eine, wo die Prätoren, der andere, wo die Volkstribunen zu'-sitzen pflegten. Nun wurde dem Tiberius Verzeihung zuerkannt, daß er den Todten, was nicht trlaubt war, berührt und den Leichenzng begleitet hatte. S2. Hierauf las ein Freigelassener August's dessen Testament vor, als ob Dieß unter der Würde eines Senators gewesen wäre. Zwei Drittheile der Erbschaft fielen nach demselben dem Tiberius, und ein Drittheil, wie Einige berichten, der Livia zu. Um auch ihr einen Theil seines Vermögens zukommen zu lassen, hatte er den Senat gebeten, ihr soviel gesetzlich hinterlassen zu dürfen. Diese waren Haupt- erben, Güter und beträchtliche Geldsummen aber hatte er Vielen Verwandten und Nichtverwandten, nicht blos Senatoren und Rittern, sondern selbst Könige», dem Volke aber zehen Millionen Denare,") den Soldaten, und zwar den Prätvrianern männiglich zweihundert und fünfzig,"") den in der Stadt liegenden halb so viel, den übrigen Römischen Legionen fünf und siebzig Denare "*") auf den Mann ") Ueber 4 Millionen Gulden. ") Etwas über lOo Gulden. »»») 28-27 Gülden. 1219 Sechsundfüiifzigstes Buch. vermacht. Auch sollten den Knaben, deren Vermögen er bei ihrer Minderjährigkeit nach ihrer Vater Tod geerbt hatte, sobald sie mündig waren, Kapital und Zins zurückerstattet, werden, Was er auch bei seinen Lebzeiten schon gethan hatte. Wenn er Einen erbte, welcher Kinder hatte, so gab er das Erbe denselben, falls ste erwachsen waren sogleich, wo nicht, später ganz zurück. Während er sich so gegen fremde Kinder benahm, erlaubte er seiner Tochter nicht zurückzukehren, wies ihr zwar einige Geschenke an, verbot aber in seiner Gruft dieselbe beizusetzen. Dieß war der Inhalt des Testamentes. rz. Noch wurden vier andere Urkunden vorgelegt und von Drusus gleichfalls abgelesen. In der ersten stand, wie er es mit seiner Leichenbestattnug gehalten haben wollte; das zweite enthielt alle seine Thaten, die er auf eherne Säulen eingraben und bei seiner Gruft aufstellen ließ; das,dritte enthielt die Truppenzahl, die Einkünfte und die Ausgaben des Staates, sowie den zeitigen Kassenbestand und Was sonst noch den Staat im Ganzen betraf, das vierte begriff Anweisungen und Verhaftungsbefehle für Tibcrius und den Staat, und unter Anderem auch den Rath, nicht zu Viele freizulassen, um die Stadt nicht mit gemeinem Volke zu überfüllen; mit dem Bürgerrechte nicht zu freigebig zu seyn, um den Unterschied zwischen einem Römer und einem Provinzialen mehr hervorzuheben; die Staatsämter immer nur Männern von Einsicht und Erfahrung anzuvertrauen, Keinem einen zu großen Wirkungskreis anzuweisen, damit er nicht zur Herrschbegierde verleitet «erde» L* 1220 Cassius Div's Römische Geschichte. oder durch ein Ungeschick den Staat i» Gefahr bringen möchte. Ferner rieth er, mit dem Bestehenden sich z» begnügen, und die Gränzen des Reiches nicht mehr zu erweitern; dasselbe sey jetzt schon schwer zu bewachen, und man könnte leicht über der Gier nach Mehrerem, Das, wat man besitze, noch dazu verlieren. Dieß war auch bisher sein eigener Grundsatz gewesen, dem er überall treu blieb: oft hatte er noch ein fremdes Land dem Reiche einverleiben können, that es aber nicht. Dahin lauteten seine Anweisungen. Hierauf folgte seine Leichenbestattung. Sein Prachtbett war von Elfenbein und Gold und mit purpurnen, gvlddmch- wirkten Decken geschmückt. Auf demselben lag etwas niedriger in einem Sarge die Leiche verhüllt, dagegen war sein Brustbild aus Wachs mit Tnumphgewand umhängt zu schauen. Dieses wurde von den auf's nächste Jahr deffg- nirten Beamten, ein anderes, goldenes, aus der Curie hingetragen, ein drittes auf einem Prachtwagen geführt. Diesen folgten andere von seinen Ahne» und seine» andern verstorbenen Verwandten (außer dem Bilde des Eäsar, da derselbe unter die Zahl der Halbgötter versetzt war) so wie auch von andern Römern, die sich auf i-gcud eine Weise ausgezeichnet hatten, bis auf Romulns*) selbst zurück. Selbst ein Brustbild Pvmpejns des Großen war zu scheu. Auch Abbildungen all der Völker, die er unterworfen, wurden, in ihrer Landestracht gemalt, mit aufgeführt. Dann folgten die ander« *) Rornulus war selbst ein Heros ober Halbgott. Die Römer scheinen aber die in neuerer Zeit unter die Her»«» Versetzten mehr verehrt zu habe». ReimaruS. 1221 S-chsundfünfzigstts Buch. Völker,") wie ick sie früher aufgeführt habe. Da« Pracht- bett ward vor der gewöhnlichen Rednerbühne niedergelassen, und Drusus las daselbst einige Wort« ab; nun aber bestieg Tiberius die andere, nämlich die Zuliscke Rednerbühne, und hielt auf Befehl des Senates folgende Rede an da« Volk. 55. „Was von Verwandten über den nun unter die Götter getretenen Augustus nach seinem Privatleben zu sagen war, ist so eben von Drusus vorgetragen worden. Da der Senat il,n aber anck einer öffeutlicke» Lobrede mit Recht gewürdigt batte, so weiß i>", daß es vor allen Anderen mir zukommt, solche in seinem Namen auszusprcchen. Wer war mehr berechtigt, sein Lobredner zu werden, als ich, sein Sobn und sein Nachfolger? Aber ich fürchte, meine Rede werde weit hinter eurem Willen, ihn zu ehren, weit hinter seiner Würde zurück bleiben. Hätte ich also vor Männern zusprechen, die ihn nicht kennen, so müßte ich gar sehr befürchten, daß sie, meine Rede vernehmend, seine Thaten nach meinen Worten bemessen würden; so aber tröstet mich Las Bewußtseyn, daß ich vor Männern rede, die Alles genau kennen, Alles selbst erfahren, und eben deßhalb ihn solcher Ehre für würdig erachtet haben. Ihr werdet also sein Verdienst nicht nach meinen Worten, sondern nach eurem Bewußtseyn beurtheilen, und das Mangelhafte msiner Nebe durch euer Gedächtniß ergänzen. So wird sein Lob ein gemeinsames seyn: ich gebe nur, wie im Chor, den Ton an *) Nämlich die nach PompejuS von Cäsar und Augustus Besiegten. Neimarut. 1222 Cassius Dio's Römische Geschichte. und ihr fallet dann wie mit einem Munde ein. Nicht fürchte ich dagegen, daß ihr mich der Schwäche zeihen werdet, weil ich euern Wünschen nicht Genüge that, oder daß ihr ihn od seines überschwänglichen Verdienstes beneiden werdet! denn Wer weiß es nicht, daß selbst alle Menschen, wenn sie zusammenkämen, ihn nicht seinem Werthe gemäß zu lobe» vermöchten; daß ihr alle freiwillig ihm die Palme des Preises zugestehet, und ihm nicht nur nicich sein Ueberge- wicht mißgönntet, sondern euch eben seiner Ueberlegenheit freutet? Je höher sein Verdienst über dem eurigen stand, desto größere Vortheile habt ihr, gestehet es, von ihm genossen, so daß euer geringerer Werth nicht Neid, sonder» der Genuß der von ihm euch zu Theil gewordenen Wohlthaten ehrfurchtsvolle Gestnnung in euch erwecken mußte." 36. „Ich beginne meine Rede da, wo er anfing, a» den Staatsgeschäften Theil zu nehmen, d. h. mit seinem frühesten Jünglingsalter. Gewiß gehört nicht unter die geringsten Vorzüge Augnst's, daß er, der erst aus dem Knabenalter getreten, als angehender Jüngling die Zeit, da der vergötterte Cäsar den Staat auf's Beßte verwaltete, der Wissenschaft widmete,.nach der Ermordung desselben aber in der allgemeinen Verwirrung als Rächer des Vaters auftrat, und euch die so nöthige Hülfe leistete, ohne vor der schwierigen Aufgabe zu erschrecken, ohne durch feine jungen Jahre bedenklich zn werden. Wo hat der Macedonier Alexander, wo unser Romulns, beides Männer, die schon in früher Jugend berühmte Thaten verrichtet, gethan, Was er gethan hak? Doch ich übergehe Dieß, damit ich nicht durch Nebeneinanderstellung nnd Vergleichung desselben mit 1228 SecksundfünfzigsteS Buch. Diesen, vor euch, die ihr Dieß so gut als ich wisset, das Verdienst des Augustüs verkleinern zu wollen scheinen dürfte. Nur neben Hercules und dessen Thaten ließe er sich vielleicht stellen; ich würde aber doch in so fern auch hier mein Ziel verfehlen, als Jener als Knabe Schlangen, und als Jüngling einen Hirsch, einen Eber, und wenn's hoch kam, auch einen Löwen, jedoch nicht aus eigenem Antrieb, sondern auS Auftrag eines Andern tödtcte, Dieser aber nicht unter Thieren, sondern unter Menschen durch freien Entschluß als Kämpfer, Gesetzgeber, und Retter des Vaterlandes sich verherrlichte! Dieß und nichts Anderes war ja der Grund, daß ihr ihn in einem Alter, wo Andere noch nicht einmal Kriegsdienst« thun wollen, zum Prätor wählte und zum Consul ernanntet." 27. „Dieß war der Anfang von Angust's politischer Laufbahn, nnd zugleich der Punkt, von dem meine Rede ausging. Als er hierauf sah, daß der größte und beßte Theil des Volkes und Senats gleicher Gesinnung mit ihm war, Lepidus, Antvnins, Sextus, Brutus und Cassius aber einen Anhang von Ruhestörern hatten, so mußte er befürchten, daß der Staat durch so viele Bürgerkriege zerrüttet und erschöpft werden müßte, daß an keine Rettung mehr zu denken wäre. Darum trat er ins Mittel und wußte Alles aufs Weiseste nnd Gemeinnützlichste wieder zu ordnen. Er verband sich mit den Mächtigsten, welche die Stadt zunächst bedrohten, nnd bekriegte durch sie die Andern, und als Jene aus dem Wege geräumt waren, befreite er uns auch von Diesen. Er zog es vor, selbst mit widerstrebendem Herzen einige Wenige zum Opfer zu bringen, um die große Mehr- Litt Cassius Div'6 Römische Geschichte. zahl zu retten; er zog es vor, zur Zeit sich mit Einzeln-» zu vertragen, um nicht Alle zugleich bekriegen zu müßen. Daraus zog er für sich keinen Vortheil, wirkte aber offenbar nns Allen zum Heile. Wie sollte ich nöthig haben, seine Thaten in fremden und Bürgerkriegen des Weiter» euch »orzupreisen? Die einen dieser Kriege hätten freilich ganz unterbleiben sollen, die andern aber sprechen durch die da- durch erworbenen Vortheile weit kräftiger für ihn, als jede Rede vermag, kommen überdies meist auf Rechnung des Glücks, oder theilen ihren Ruhm mit vielen Bürgern, vielen Bundesgenossen, und sind also nicht minder ihr, als sein Verdienst, und würden eine Vergleichung mit Andern nothwendig machen- Ich spreche also nicht von ihnen, zumal da ihr sie vielfach in Schriften verzeichnet, oder in Denkmälern abgebildet lesen könnet. Was aber allem Werk deö Augn- stus ist, Was nie ein Sterblicher vor ihm gethan, Was unsern Staat nicht nur aus viel und mancherlei Gefahren errettet hat, sondern auch glücklicher und mächtiger machte, davon allein will ich sprechen: denn ihm wird Dieß höchsten Ruhm gewähren, den Weiteren unter euch aber ungetrübtes Vergnügen machen, den Jüngeren bündige Belehrung über die Form und Verfassung unseres Staats gewähren." 58. „Augustus, (sein Name, den ihr ihm eben dieser Verdienste wegen gäbet) hatte nicht sobald die Bürgerkriege beendigt, und gethan und gelitten, nicht Was er selbst wollte, sondern Was Rathschluß der Götter war, als er es seine erste Sorge seyn ließ, die meisten seiner Gegner, welche die Schlachten verschont hatten, dem Staate zu retten, worin er sich nicht von dem Beispiele des Eylla mißleiten ließ, 1225 Sechsundfünfzigstes Buch. dem man doch den Namen des Glücklichen gab. Ich will nicht Alle aufzählen. Wer kennet aber nicht einen Sosslus, einen Scaurns, des Sextus Bruder, den Lexidus selbst, der seine Niederlage so lange Zeit überlebte und bis zum letzten Tage seines Lebens Erzpriester blieb? Die Männer seiner Partei ehrte er durch viele und große Geschenke, ließ aber Keinen durch Wort oder That sich übermüthig bezeigen. -Ihr kennet diese Begünstigten, einen Mäcenas, Agrippa und Andere zu gut, als daß ich sie weiter aufzuzählen brauchte. Diese zwei Punkte stellen ihn schon hoher als jede» Ander». Ich kenn- Beispiele, daß Einer seinen Feinden verzieh, ein Anderer seinen Freunde» keinen Uebermuth gestattete aber Leides hatte außer ihm noch Keiner zumal nub so beharrlich durchgeführt. Beweise davon sind Sylla und Ma- rius, welche selbst noch die Kinder ihrer Gegner verfolgten. Anderer Männer von geringerer Bedeutung will ich gar nicht Erwähnung thun. Pompejus und Cäsar ließen sich zwar in diesem Punkte im Ganzen Nichts zu Schulden kommen, gestatteten aber doch ihren Freunden oft, Was sie sich selbst nicht erlaubten. Er aber wußt« Beides so glücklich zu vereinbaren und zu verknüpfen, daß er seinen früheren Gegnern ihre Niederlage zum Siege machte, und seinen früheren Waffengenvssen ihre Tapferkeit mit Glück zu krönen verstand." 59. „Obgleich er alles Dieß gethan, den Ueberrest von Gährungsstoff durch Milde zur Ruhe gebracht, die Ansprüche seiner siegreichen Heere durch Belohnungen beschwichtigt hatte , so daß er, im Besitz« von Waffen und Geldmitteln, unbestritten Herr des Staates seyn konnte, wozu ihn 4226 Cassius Dio's Römische Geschichte. ' die Umstände in Wirklichkeit schon gemacht hatten, so verschmähte er es doch und wollte nur der Arzt seyn, der den krank übernommenen Staatskörper ausheilte und ihn mit völlig gesund wiedergab. Wie viel Dieß sagen wolle, könnet ihr daraus vor Allem abnehmen, daß Pompejus und Me- ' tcllus, der zu gleicher Zeit in Macht stand, sich eurer Vater Lob darüber verdienten, daß sie ihre Heere, mit denen ' sie bisher gekriegt hatten, freiwillig entließen. Wenn aber ! Jene, welche nur geringe Macht auf bestimmte Zeit unter ^ ihren Befehlen und dabei Gegner hatten, die ihnen deren Beibehaltung nicht gestattet hätten, solche entließen, und sich damit das Lob der Römer verdienten: wie könnte Einer des Augnstns Hochsinn gebührend preisen, da derselbe alle eure Streitkräfte, alle eure so beträchtlichen Geldmittel zu seiner Verfügung hatte, und weder Jemanden fürchten, noch zu beargwohnen brauchte, sondern mit allgemeinem Beifall von eurer Seite die Alleinherrschaft behaupten konnte, und Dieß dennoch verschmähet« und Waffen, Provinzen und Gelder in eure Hände gab? Deßhalb ließet ihr auch vermöge eurer Weisheit und Rechtlichkeit es nicht geschehen, > daß er sich seines Postens begab; in der Ueberzeugung viel- > mehr, daß Volksgewalt bei einem solchen Umfange des Reiches nicht mehr wohl angehe, und nur die Leitung eines Einzigen den Staat retten könne, verzichtetet ihr daraus, dem Worte nach die Freiheit, im Grunde aber -die Bürgerkriege zurückzurufen. So gäbet ihr denn ihm, den Ihr durch seine Thaten bewährt gefunden hattet, den Vortritt, > und nöthigtet ihn, auf einige Zeit die Herrschaft über euch zu übernehme». Als aber die Erfahrung seine Verdienste 1227 Sechsundfünfzigstes Buch. immer mehr bewährte, so dränget ihr Ihm das zweite, dritte, vierte und fünfte Mal die weitere Verwaltung des Staates auf." 4v. „Und ihr thatet wohl daran. Wer wünschte nicht, ohne eigene Mühe seine Sicherheit begründet zu sehen, ohne Gefahr glücklich zu seyn, die Vortheile der Senatsverfassung in reichlichem Maxe zu genießen, und die Sorgen dafür nicht zu theilen? Wer hat aber sein eigenes Haus besser als Augustus, geschweige denn das Gemeinwesen so vieler Menschen verwaltet? Er, der die Provinzen, in denen mit Gefahr und Kriegen zu ringen war, zu schützen und zu erhalten übernahm, die friedlichen und gefahrlosen aber euch zurückgab? Er, der so viele Heere zum Kampfe für euch unterhielt, ohne daß sie Einem von euch zur List fielen, sie aber zu den furchtbarsten Wächtern gegen das Ausland, für das Vaterland aber zu ruhigen, harmlosen Bürgern machte? Nie nahm er Senatoren die ihnen durchs Loos zugefallenen Statthalterschaften ab, sondern fügte ihnen noch Belohnungen ihrer Verdienste hinzu. Nie hob er bei ihren Berathungen das Recht der freien Abstimmung auf, sondern gewährte ihrer Freimüthigkeit vollkommenste Sicherheit. Schwer zu beurtheilende Fälle nahm er zwar dem Volke ab und brachte sie vor ordentliche Gerichte, ließ ihm aber die Ehre des Stimmrechtes in den Wahlversammlungen ungeschmälert, nur daß er an die Stelle der bisherigen Streitsucht Ehrliebe setzte, bei Bewerbungen um Aemter die Habgier entfernte und die Ruhmliebe gewähren ließ. Seine eigenen Schätze wußte er klug zu vermehren, um sie zum 1228 Cassias Dio's Römische Geschichte. gemeinen Besten zu verwenden. Für den Staatsschatz sorgte »r, wie wenn er sein Eigenthum wäre, enthielt sich aber dessen wie fremden Gutes. Wenn öffentliche Gebäude schadhaft wurden, so stellte er sie wieder her, ohne die Gründer derselben des gebührenden Ruhmes zn beraube». Viele führte er auch neu unter seinem oder fremdem Namen auf, oder ^ ließ sie von Andern ausführen, hatte aber immer dabei ! den Vortheil des Gemeinwesens im Auge, und beneidete ^ Keinen, ob dem, für diesen selbst zu erwartenden Ruhme. Wenn er Uebertretnngen der ihm zunächst stehenden Freunde unerbittlich bestrafte, so ließ er dagegen bei Vergehen Anderer menschliche Schonung vorwalten; den Verdienstvollen ließ er sich leicht an die Seite sehen, ohne den anders Lebenden Vorwürfe zu machen. Von Denen, die ihm selbst nach dem Leben trachteten, bestrafte er nur Diejenigen, denen längeres Leben selbst kein Gewinn mehr gewesen wäre;, die Andern behandelte er aber so, daß lange Zeit Keiner mehr gegründeten oder vermcinlicben Grund zu Angriffen hatte. Zu verwundern war es nicht, wenn er Feinde hatte: > vermögen ja selbst die Götter es weht Allen recht zu machen. Das Verdienst guter Regenten kann man nicht nach den ' Freveln Anderer, sondern nach Dem, was sie selber thun, bemessen." 41- »Ich sprach, ihr Quirlten, von seinen wichtigsten und ruhmvollsten Thaten nur im Allgemeinen: denn sie im Einzelnen erschöpfend aufzuzählen, würde ich viele Tage bedürfen. Ueberdieß darf ich mich dazu versehe», daß bei dem Wenigen, Was ich sagen konnte, ihr selbst euch das 122S SechSnndfünfzigftes Buch. klebrige alles ins Gedächtniß zurückrufen werdet, ') so daß ich auch Dieß als gesagt betrachten kann. Denn auf prunkende Worte habt ihr es ohnedieß bei der mir angetragenen Rede nicht abgesehen, sondern wollet ihm in euer» Herzen ein ewiges Denkmal seiner verdienstvollen Thaten setzen. Wer von den Senatoren sollte seiner nicht gerne gedenken, da er die zur Zeit der Bürgerkriege in den Senat gekommene» unwürdigen Mitglieder auf eine schonende Weise aus ihrer Mitte entfernte, die Andern eben dadurch mit höherer Würde umgab, durch Erhöhung der Schätzung ihnen höheren Glanz verlieh, und durch Geschenke sie bereicherte, da er sich mit ihnen auf gleichen Fuß berieth, und beim Abstimmen keinen Vorzug sich anmaßte; da er sie in vollem Senat, oder später bei zunehmendem Alter und wegen Kränklichkeit zu Hause, durch einen von Zeit zu Zeit gewechselten Aus- schuß an der Verwaltung der wichtigsten und dringensten Angelegenheiten Theil nehmen ließ? Welcher andere Römer sollte nicht gerne seiner gedenken, dem sie die Errichtung von Prachtgebäudeu, Geldgeschenke, Lustgefechte, Spiele, ruhiges Leben, Uebcrfluß an Lebensbedürfnissen, Sicherheit nicht blos vor Feinden uud bösen Menschen, sondern auch vor Unfällen des Ungefährs bei Tag und bei Nacht verdanken? Welche Bundesgenossen nicht, denen er die Freiheit gefahrlos machte, die Bundespflicht ohne eigenen Nachtheil erfüllen ließ? Welche Provinzen nicht, wo keiner Ich lese auf be« Vorschlag von Sturz; Ovä» 7«^ «ll«? u. s. f. 1230 Cassius Div's Römische Geschichte. übermüthg behandelt wurde, oder zu Schaden kam? Wie scllte Einer des Namens vergessen, der für sich arm, für den Staat aber reich, für sich haushälterisch, gegen Andere aber verschwenderisch freigebig war? des Mannes, der aller Muhe und Gefahr für ench sich unterzog, euch selbst aber weder durch Begleitung, wenn er abging, noch durch Einholung, wenn er heimkehrte, lästig fiel? der au festlichen Tagen selbst Leute vom Volke in seinen Palast zuließ, und an andern Tagen den Senat in der Curie selbst zu begrüßen kam? Wer sollte der vielen genau bestimmten Gesetze vergessen, die dem Beleidigten'volle Genugthuung, dem Beleidiger keine unmenschliche Strafe zuerkannten? Wer der Ehrengeschenke, die den Verheiratheten und Familienvätern ausgesetzt wurden? Wer der Belohnungen, die den Soldaten ohne Beeinträchtigung Anderer zu Theil wurden? Wer seines, weisen Grundsatzes, an den einmal gemachten Eroberungen sich genügen zu lassen, und nicht noch mehr besitzen zu wollen, wodurch wir im Wahne, größere Besitzungen zu erlangen, die bereits verlorenen verlieren wurden ? Wer, daß er Freud' und Leid, Scherz und Ernst mit seinen vertrauteren Freunden theilte, und Allen, welche einen klugen Rath zu ertheilen vermochten, freimüthig zu sprechen erlaubte? Wer, daß er den Wahrheitsfreuud lobte, den Schmeichler aber haßte? Wie könnte man je vergessen, wie er so Vielen aus eigenen Mitteln reiche Geschenke machte, und Alles, was ihm von Familienvätern hinterlassen wurde, deren Kindern zurückgab. Wegen dieser Verdienste habt ihr ihn denn auch zum Regenten, zum Vater des Vaterlandes gemacht, zu so viele» Ehren, zu so oftmaligem Consulate 4231 Sechsundfünfzigstes Buch. erhoben und am Ende zum Halbgott und für unsterblich erklärt. Somit ziemt es uns nicht, der Trauer uns zu überlassen, sondern lasset uns seinen Leib der Mutter Natur zurückgeben, seinen Geist aber, als den Geist eines Gottes auf ewig verehren/' » 42. Nachdem Tiberius diese Rede abgelesen hatte, hoben die Träger den Sarg wieder auf, und trugen ihn auf eine Verordnung des Senats durch das Triumphthor. Den Zug.begleiteten der Senat, die Ritterschaft, ihre Frauen, die Leibwachen und die andern Soldaten, die in der Stadt lagen. Als die Leiche auf dem im Marsfelde errichteten Scheiterhaufen niedergesetzt war, zogen erst sämmtliche Priester um sie herum, dann liefen die-Rittcr von der Stadt sowohl, als die andern, und die Legionen, welche in der Stadt als Besatzung lagen, herbei, und warfen die Siegeszeichen, die sie von ihm wegen Tapferkeit erhalten hatten, auf seine Leiche hin. Sodann ergriffen die Centurionen, wie der Senat verordnet hatte, die Fackeln und zündeten den Holzstoß unten an. Als er in Flammen aufging, ließ man einen Adler neben ihm auffliegen, um seine Seele in den Himmel zu tragen. Hierauf verliefen die Andernz nur Livi» blieb mit den vornehmsten Rittern fünf Tage auf der Stelle, sammelte die Gebeine und brachte sie in die Gruft. 45. Die Männer trauerten der Sitte gemäß, nur wenige Tage, die Frauen aber nach einem Senatsbeschluß ein ganzes Jahr.") Uebrigens thaten es vorerst nur Wenige, später aber Alle, denn er war Jedermann zugänglich und Oder vielmehr »eyen Monat«. 1252 bassius Dio's Römische Geschichte, unterstükte Viele mit seinen Schaben; seine Freunde Hielt er hoch in Ehren und freute sich sehr ihrer Freimüthigkeit. Zum Beweise dient außer dem früher Gesagten der Vorfall mit Athenodvr: Als sich Derselbe in einer bedeckten Sänfte, als wäre er ein Frauenzimmer, in sain Gemach tragen ließ und sodann mit einem gezückten Schwerte hervorsprang mit den Worten: „Furchtest du nicht, cS mochte Einer anf diesem Wege vor dich kommen und dich ermorden?"» so zürnte e§ ihm nicht nur nicht, sondern wußte ihm sogar Dank dafür."') Dieß, und daß er gegen Beleidiger gelinde verfuhr ") Zvnaras erzählt die Geschichte mit Athenodvr auf folgende Weise: Er ehrte seine Freunde über die Masten und dankte Denen. die ihn über Fehlern zurechtwiesen. So auch dem Wi- losoplien Athenodor bei folgendem Vorfalle: Da August sehr verliebter Natur war, so ließ er sich die Frauen, die er si-d auserseben hatte, in bedeckten Sänften zutrage» und in sein Schlafgemach bringe», wo er mit ihnen seine Lüste befriedigte. So gelüstete ihn einmal nach einer Frau und er ließ sie holen. Es traf sich nun, daß Athenodor, der Freund des Mannes einer solchen Frau, Jenen besuchte, ihn und die Gattin in sehr übler saune fand, (denn sie durften der Ungebühr sich nicht entziehen) und nach dem Grunde davon i fragte. Als man ihm die Sache erzählte, so beruhigte er sie und erklärte: er wolle selbst zu AugustuS und ihm seine geile Begier vertreiben. Als die Sänfte kam, bestieg er sie statt der Frau Athenodor, nahm ein Schwert, ließ die Sänfte l sorgfältig bedecken, und wurde so in das Schlafgemach des Augustus getragen. Als Jener die Sänfte aufdeckte, sprang ! er mit gezücktem Schwert« heraus und sprach:-:- ") Hierher gehört vielleicht ei» Stück der Excerpten des Pla- nudeS: Weil Augustus sich aus keideuschaftlichkeit oft zu Todes- 1238 Sechsundfimfzigstes Buch. und selbst Unwürdigen sein Wort hielt, war bei den Römern in dankbarem Angedenken. Gegen den Räuber Corvcotta, der in Hispanien sein Unwesen trieb, war er so aufgebracht, daß er Demjenigen, der ibn lebendig in seine Gewalt lieferte, zwcimalhundert und fünfzigtausend Denare zur Belohnung versprach. Als Jener sich freiwillig stellte, so that er ihm nicht nur Nichts, sondern ließ auch die ausgesetzte Summe bezahlen. Deßhalb und weil Auqustus Alleinherrschaft und Bölkergewalt so glücklich zu verbinden wußte, ihre Freiheit erhielt, Ordnung und Sicherheit herstellte, Frechheit der Volkssührer und Tyrannendruck gleich ferne hielt, sie besonnene Freiheit unter dem Schutze eines Regenten als Unterthanen ohne Knechtschaft, Republikaner ohne innere Gäh- rnngen, genießen ließ, ward sein Verlust sehr betrauert. 44. Wenn man auch der Ereignisse zur Zeit der Bürgerkriege gedachte, so brachte man sie auf Rechnung der Nothwendigkeit, und gab dagegen seine Gesinnung zur Zeit, da er unbestritten regieren konnte, zu bedenken. Auch war der Unterschied sehr auffallend, wie sich aus einer Vergleichung seiner Handlungen ergeben würde. Vor Allem aber hebe Urtheilen hinreißen ließ, sich dann schnell wieder begütigt« und milder wurde, so neigte sich Athenodvrus. der sich irr sein Vaterland zurückbegeben wollte, gegen sein Ohr hin, als wollte er ihn küssen und sprach: „Sprich nicht eher, o Cäsar,- das Urtheil gegen Jemand ans. als bis du die oiernndzwanzig Buchstaben des "Alphabets hergesagt hast. Augusins seufzte und tagte: „Ich bedarf noch deiner, bleibe noch länger bei mir I" Tio CassiuS. lvs^Ddchn- 4 1234 Cassius Dio's Röinische Geschichte. ich hervor, daß er den Unruhen ein Ende machte, dem Staat eine bessere Verfassung und große Festigkeit gab, und daß, wenn auch Gewaltmaßregeln, (wie sie bei »»vorgesehene« Staatsumwälzungen nicht ausbleiben können) mit unterliefen, solche mehr den Umständen, als ihm Schuld gegeben werden müssen. Nicht wenig trug auch zur Erhöhung seines Ruhms die lange Dauer seiner Regierung bei. Die meisten und einflußreichsten Männer waren umgekommen, und die Jüngeren, die Jene nicht kannten und unter den neueren Verhältnissen aufgewachsen waren, fanden dieselben, in die sie sich eingelebt hatten, nicht nur nicht drückend, sondern selbst behaglich und besser und gesicherter als die Zustände, von denen sie erzählen hörten. 45. Dieß erkannte man zwar schon bei Lebzeiten desselben, noch mehr aber, als er gestorben war. Die Menschen fühlen nämlich das Glück nicht so sehr, während des Genusses, als nach dem Verluste desselben. Dieß war jetzt auch mit Augustus der Fall und man vermißte ihn um so mehr, je größer der Abstand war, den man zwischen ihm und seinem Nachfolger Tiberius fand. Auch konnten Verständige sogleich auf einen Wechsel der Zustände schließen: der Con- sul beschädigte sich beim Einholen der Leiche August's das Bein und ward mit ihr in die Stadt hereingetragen; ein Uhu saß wieder auf der Curie an derselben Stelle, wie nach dem Tode August's und ließ viel unheimliche Tone vernehmen. Der Unterschied zwischen beiden Männern war auch so groß, daß man sogar auf die Vermuthung fiel, Augustus habe den Tiberius, so gut er ihn auch gekannt hätte, absichtlich zu seinem Nachfolger bestimmt, um seinen eigenen Ruhm Sechsundsilnfzigstes Buch. 42S5 dadurch zu erhöhen. Doch verbreiteten sich diese Gerüchte erst in späterer Zeit. 46. Dann erklärte man ihn zum Gvtie, erkannte ihm Priester und Opfer zu, und bestellte Livia zur Priesterin, welche nun auch Julia und August» hieß. Auch ließ man ihr beim Opferdienste einen Lictor vortreten. Diese machte einem gewissen Senator Numerius Atticus, der früher Prätor gewesen war, ein Geschenk von dritthalbhunderttausend Denaren, weil er sMwor, er habe ihn, wie Proculus nach der Sage des Romulns, gen Himmel fahren sehen. In Rom selbst ward ihm vom Senat ein Heroentempel zuerkannt, erbaut aber von Livia und Tiberins; auch au vielen andern Orten wurden ihm mit Willen, selbst gegen den Willen der Völker, Tempel-errichtet. Auch wurde in Nola das Haus, in welchem er gestorben war, in einen Tempel umgewandelt. Während man ihm die Kapelle in Rom erbaute, stellte man sein Brustbild von Gold auf einem Kiffen in dem Marstempel auf nnd erwies ihm bereits alle Verehrung, die mau später seiner Bildsäule zu erweisen gedachte. Außerdem verordnete man, daß kein Brustbild von ihm bei Leichenzügen vorgetragen werden sollte, nnd die Consuln seinen Geburtstag wie die Martialien, die Augustalicn aber die Vvlks- tribunen, als unverletzliche Männer, mit feierlichen Spiele» begehen sollten: und Diese begingen denn auch die Feierlichkeit nacsi hergebrachter Sitte, indem sie bei den Circensischen Spielen das Triumphgewand anlegten, nur den Triumphwagen nicht bestiegen. Uebcrdieß stellte ihm zu Ehren auch Livia eigene dreitägige Spiele auf dem Palatium an, die 4 * LS56 Cassius Dio's Römische Geschichte. denn auch von den jedesmaligen Kaisern noch immer gefeiert werden. 47. Dieß sind die Ehrenbezeigungen, welche dem Augu- stus, wie es schien, von dem Senat, im Grunde aber vor Tiberius und der Livia beschlossen wurden. Da nämlich verschiedene Vorschläge gemacht wurden, so beschloß der Senat sie schriftlich dem Tiberius zur Auswahl vorzulegen. Ich fügte den Namen der Livia bei, da auch sie sich als Selbst- herrscherin benahm. Und darüber entstand ein Volksausstand, da einer der Schauspieler an den Augustalien um den angesetzten Preis nicht auftreten wollte; das Volk konnte auch nicht beschwichtigt werden, bis die Volkstribunen noch an demselben Tage den Senat beriefen, und um Erlaubniß baten, sich nicht zu genau an die vorgeschriebenen Summen halten zu dürfen. So viel von Augustus. Inhalt'des siebenundfünfzigsten Buchs. Charakter des Tiberius. Cap. 1-16. Cappadocie» erhalt Römische Statthalter. Cap. 17. Gerinan-cus undDrusus sterben. Cap. 18 — 24. Der Aeitraum begreift «ilf Jahre, in denen folgende Consulu waren. Nach Nach Tiberius' Chr. Srb. Roms. Regier.-Jahre. 14. 767. Sertus ApulcsuS und Sertus Pom- 1. pesus. 15. 768. Drusus Cäsar, des Tiberius «-ohn. II. und Casus Nvrbauus FlaccuS. des Casus Sohn. 16. 769, Titus Statilius Sisenna Taurus, III. des Titus Sohn, und Lucius Scri- > bvnius Libo. des Lucius Sohn. 17. 779. Casus Täcilius Nepos. des Casus IV. Sohn oder Rufus, und Lucius Pvm- xonianus Flaccus. des Lucius Sohn. 18. 771. Tiberius Cäsar. deS Augustus Sohn V. zum drittenmal und Germanicus Cäsar, des Tiberius Sohn, zum zweitenmal«. 19. 772. Marcus Junius Eilanus, des Mar- VI. cus Sohn. und Lucius Norbanus Flaccus. deS Casus Sohn oder Dalbus. 1S38 Inhalt des siebenundfünfzigsten Buches. Nach Nach TibrriuS' Chr. Erb. Roms. R-gier.-Iahre. 20. 77 3. Marcus Valerius Meffala. des Mar- cus Sohn. und MarcuS Aurclius Eotta. des Marcus Sohn. ' VII. 21. 774. Tiberius Cäsar, des Auaustus Sohn. VIU. zum vierrenmal, und Julius Dru- sus. des Tiberius Sobn. zum zweitenmal. 22. 775. Decimus Haterius Agripva. des Casus Sohn. und Casus Sulricius Galba. IX. 23. 77S. Casus Wuius Pollio. des Casus Sohn, und Casus Antistius Veter. des Casus Sohn. X. 24. 777. Scrtus Cornelius Cetliegus, des Sertus Sohn. und Lucius Visel- lius Narro. Xl. 2L. 778. Marcus Aünius Aarirva. des Marcus Sohn. uud Cossus Cornelius Lentulus, des Ccffus Solm. Siebenundfünfzigstes Buch. j. Tibetins war von altadeligcm Geschlecht und hatte eine gute Erziehung genossen, war aber von höchst eigener Gemüthsart. Er ließ nicht merken, Was er wünschte, und seine Worte entsprachen seiner Absicht nicht; ja seine Rede stand oft mit dieser in geradem Widerspruch. Alles, wonach er trachtete, zog er in Abrede, und schien zu verlangen, Was er sogar verabscheute, stellte sich aufgebracht über Dinge, die Siebenundfünfzigftes Buch. 1239 gerade in seinem Sinne waren, und gütig, wo er am meisten erbost war, schien zum Mitleiden gerührt, wenn er am stärksten bestrafte, und zürnte, wenn er Einem verzieh; Wer ihm am meisten verhaßt war, den betrachtete er mit freundlichster Miene, und behandelte mit größtem Kaltsinne seine vertrautesten Freunde. Sein Grundsatz war, daß der Herrscher seine Gestnnungen nicht dürfe kund werden lassen. Dadurch verunglücke man meist in den wichtigsten Dingen, während sie durch das Gegentheil zu Stande gebracht würden. Wenn er es immer so gehalten hätte, so hatte Derjenige, welcher mit ihm zu thnn bekam, leicht auf seiner Hut sey» können. Man hätte nur immer das Gegentheil, jede Aeusserung von Abneigung als Wunsch, jeden Wunsch als Abneigung nehmen dürfen. Er aber zürnte, wenn man seine wahre Absicht zu errathen schien, und Vielen gereichte nichts Anderes, als der unglückliche Umstand, daß sie ihn verstanden hatten, zum Verderben. Es war demnach gleich mißlich, ihn nickt zu verstehen, denn Viele kamen dadurch, daß sie ihm auf seine Worte lind nicht nach seiner versteckten Absicht Beifall gaben, zu Fall; noch mißlicher aber, seinen wahren Sinn zu treffen. Diese nämlich hatte er im Verdachte, Laß sie, weil sie ihm auf seine Schlich« kamen, feindlich gesinnt wäre». Nur Der kam damit am ehesten mit ihm aus, welcher, Was jedoch am seltensten zutraf, seine Absicht kannte, aber nicht zu kennen sich stellte. So würd« Einer nicht durch unzeitiges Vertrauen getäuscht, und vermied seinen Haß, wenn er nicht zu verstehen gab, daß er seine Gedanken erriethe. Gleich erbost zeigte er sich, wen» man sich Dem widersetzte, Was er sprach, oder wenn maa 1240 CassiuS Dio'ö Römische Geschichte. ihm Recht gab: denn da er Anderes gethan haben wollte, als er zu wollen schien, so fand er bei Beiden Widerspruch, und haßte die Einen der Wahrheit, die Andern deS Irrthums wegen. 2. Von solchen Gesinnungen geleitet schrieb er sogleich von Nola aus als Imperator au die Legionen »nd in. die Provinzen, ohne jedoch ausdrücklich sich solchen zu nennen. Er nahm diesen Titel, der ihm unter andern Ehrennamen zuerkannt wurde, nicht an und trat in die Erbschaft deS AugustnS, ohne sich die Benennung deS Augustns beilegen zu lassen. Obgleich er bereits die Leibwache um sich hatte, so bat er doch noch den Senat, ihm behülslich zu seyn, daß ihm tei der Beerdigung der Leiche keine Gewalt angethan werde: er befürchtete nämlich, das Volk möchte über sie, wie einst über die Leiche deS Cäsar, herfallen und sie auf dem Markte verbrennen. AIS deßhalb ein Senator scherzweise den Vorschlag that, ihm eine Leibwache zu geben, alS hätte er noch keine, so verstand er seine Absicht und erwiederte: „Die Soldaten gehören nicht mir, sondern dem Staate." Während er so in der That den ganzen Staat verwaltete, that er immer, als ob er kein Verlangen nach der Oberherrschaft hätte. Zuerst schützte er sein Alter (er war schon sechsundfünfzig Jahre alt) und sein schwaches Gesicht vor (denn er sah sehr scharf in der Dunkelheit, am wenigsten beim Tageslicht); dann bat er sich mindestens Gehülfen und Collegen aus, die aber nicht, wie bei der Oligarchie, zusammen daS Ganze regieren, sondern je einen der von ihm vorgeschlagenen Theile de« Ganzen übernehmen sollten. Den einen wollte er für sich nehmen, die anderen zwei Drittbeste Andern überlassen. 1241 Liebenundfünfzigstes Buch. Davon war ein Theil Rom und das andere Italien, ein anderer die Heere, ein dritter die Provinzen. Als er nun sei- ' neu Vorschlag angelegentlich vertheidigte, so widersprachen ihm die Andern und baten ihn, das Ganze zu übernehmen; Wnius Gallus aber, der sich immer gleich seinem Vater"), mehr als ihm selbst gut war, freimüthig äußerte, versetzte: „Wähle den Theil, den du willst.- Tiberins entgegnete: „Wie kann derselbe Mann die Theile machen und einen für sich wählen?" Gallus merkte seinen Verstoß und wollte ihn mit den Worten besänftigen: „Nicht als ob du den dritten Theil nur haben solltest, sondern weil es unmöglich wäre, die Herrschaft zu theilen, machte ich dir. den Vorschlag." Er milderte dadurch jedoch nicht den Grimm, sondern ward später auch nach vielfachen Unbilden hingerichtet. Er hatte nämlich dessen fdes Tiberins) frühere Gattin geheirathet und sprach den Drusus als seinen Sohn an, weßhalb er ihm schon früher verhaßt war. 5. Dieß that Tiberins damals theils und hauptsächlich, weil es in seiner Natur und seinem Plane lag, theils aber auc!' ans Mißtrauen gegen die Legionen in Pannonien und Deutschland, und «eil er den Germanicus, der Statthalter > in Deutschland war und ihre Liebe besaß, fürchtete. Die Heere in Italien hatte er nach der von Augustus vorgeschriebenen Eidesformel bereits Treue schwören lassen. Weil er aber Jenen nicht traute, so zögerte er, damit er, wenn sie ! Unruhen anfingen und die Oberhand gewännen, durch seine Stellung als Privatmann gesichert wäre. Auch wendete er *) Asialus Pollio. 4 242 Cassius Div's Römische Geschichte. oft Krankheit vor und blieb zu Hanse, um sieb nickt genöthigt zu sehen, sich durch Worte oder Handlungen zn sehr herauszustellen. Zwar hörte ich auch als Grund anführen, daß er, da ihm Livia gegen den Willen August's die Herrschaft verschafft haben sollte, baß er sie nicht von ihr, die er nichts weniger als liebte, sondern von dem Senate durch dasUeder- gewicht seiner Verdienste, erhalten habe. Auch den weiter» Grund gibt man an, daß er bei der sichtlichen Abneigung der Leute gegen ihn, seine Erklärung verzögerte und hinausschob, nm sie durch die Hoffnung auf sein freiwilliges Abtreten von der Regierung von Empörungen abzuhalten, bis er seine Herrschaft nach allen Seiten gehörig befestigt hätte, Doch führe ich diese nicht als Hauptbeweggründe seines Benehmens an, glaube vielmehr, deß seines Herzens Meinung der Aufstand der Soldaten klar an den Tag gelegt habe. Den Agrippa ließ er sogleich von Nola aus umbringen, gab zwar an, daß es nicht auf seinen Befehl geschehen sey, und drohte sogar dem Thäter, zog ihn aber nicht zur Strafe, und gab dadurch Anlaß zu verschiedenem Gerede: Augustus habe ihn gegen sein Ende todten lassen; der Wache habende Centurio hab« ihn, weil er Verrath gesponnen habe, aus eigenem Entschlüsse umgebracht; endlich auch Livia, nicht Tibe- rius, habe seine Ermordung befohlen. 4. Diesen also schaffte er sogleich aus die Seite; einen gefährlichen Feind aber glaubte er an Germaniens zu haben. Die Soldaten in Pannonien hatten sich auf die Nachricht von des Augustus Tode sogleich empört. Sie thaten sich in einen Plan zusammen, befestigten sich und erlaubten sich vielerlei Ausschweifungen. Unter Anderem gingen sie damit j 1245 Siebenundfünfzigstes Buch. um, ihren Befehlshaber Junius Bläsus zu ermorden, griffen seine Sclaven und folterten sie. Ihre Hauptforderung war die Beschränkung der Dienstzeit auf sechzehn Jahre, Erhöhung des täglichen Soldes auf einen Denar; Ertheilung der Belohnung noch im Lager, sonst würden sie die Provinz in Aufstand bringen und gegen die Stadt selbst aufbrechen. Mit Mühe nur ließen sie sich von Bläsus beschwichtigen und schickten wegen ihrer Forderungen Abgeordnete an Tiberins. Sie trugen sich nämlich mit der Hoffnung, daß sie bei dem Wechsel der Regierung durch Einschüchterung Tiber's oder durch Uebertragung der Obergewalt an einen Andern, alle ihre Forderungen durchsehen könnten. Als hierauf Drusus mit den Leibwachen gegen sie heranrückte, und man ihnen keine bestimmten Znsicherungcn gab, erhoben sie sich von Neuem, verwundete» einige seiner Leute, und bewachten ihn Nachts, damit er nicht entrinnen könnte. EineMondsfinster- nisi machte sie jedoch stutzig und entmuthigte sie, so daß sie ihnen Nichts mehr zu Leide thaten und auf's Neue Abgeordnete an Tiberins sandten. Nun trat bald daraus ein strenger Mnter ein und die Einzelnen kehrten in ihre Winterquartiere zurück; die Kecksten wurden aber jetzt von Drn- sus unter irgend einem Vorwand in sein Zelt beschicdcn und daselbst von seinen Leuten auf verschiedene Weise um's Leben gebracht. Die klebrigen gaben sich zur Ruhe und lieferten sogar Einige als Rädelsführer bei dem Aufstande zur Bestrafung aus. Ein solches Ende nahm dieser Ausstand. 5. In Deutschland aber, wo des Krieges wegen viele Streitkräfte versammelt waren, und wo man in Germaniens, der selbst auch Cäsarischer Abkunft war, einen weit 1244 Cassius Dio's Römische Geschichte. tüchtigeren Mann als Tiberius erkannte, ging es um so stürmischer her. Sie machten dieselben Forderungen, schmähten den Tiber und riefen den Germanicus als Imperator aus. Als Dieser sie durch Vorstellungen nicht beruhigen konnte und endlich sein Schwert zog, als ob er sich selbst entleiben wollte, so erhoben sie ein klägliches Geheul; Einer aber reckte ihm sein eigenes Schwert hin mit den Worten: ,,Nimm meines, es ist schärfer als das deinige.« Als er sah, wie ernstlich der Aufstand war, so vermochte er nicht über sich, sich den Tod zu geben, weil er wohl einsah, daß der Aufstand damit nicht beendigt sey, setzte aber ,ein Schreiben auf, als ob es von Tiberius eingetroffen wäre, vertheilte den doppelten Betrag der ihnen von Angustus vermachten Summen wie auf sein Geheiß, und entließ Diejenigen, welche zu lange gedient hatten, aus dem Dienste. Die Meisten waren Stadtvolk, das Angustus nach der Niederlage deS Varns ausgehoben hatte. So war für jetzt der Aufstand gestillt. Hierauf kamen einige Senatoren als Abgeordnete von Tiberius, Denen er nur geheime Aufträge an Germanicus gegeben hatte; indem er überzeugt war, daß sie Dieseist alle seine Plane mittheilen würden, wollte er ihnen keine weiteren Aufträge geben, damit weder sie, noch Germanicus weiter in dieselben eindringen möchten. Nach ihrer Ankunft merkten die Soldaten die Täuschung des Germanicus und fingen, da sie argwohnten, die Senatoren wären da, um seine Anordnungen wieder aufzuheben, auf's Neue Unordnungen an, hätten beinahe einige der Abgeordneten niedergemacht, gingen dem Germanicus zu Leibe und griffen sein« Gemahlin, »iue Tochter des Agrippa und der Julia, «ine Enkelin August's, 1245 Siebenundfünfzigstes Buch. und seinen Sohn Cajns an, den die Soldaten, weil er, in dem Lager erzogen, statt der städtischen Fußbekleidung tzalb- stiefeln, wie sie selber, trug, Calignla nannten. Die Agrip- xina, welche schwanger war, gaben sie ihm zwar aus seine Bitten zurück, den Casus aber behielten sie. Mit der Zeit aber gaben auch ste sich, da sie Nichts richteten, zur Ruhe, und so weit gingen sie in ihrer Sinnesänderung, daß sie aus freien Stücken die Verwegensten unter ihnen aufgriffen und theils selbst niedermachten, theils auch vor eine Versammlung stellten und nach dem Gutdünken der Mehrzahl die Einen niederhieben, die Andern entließen. 6. Weil Germaniens aber neue Unruhe» besorgte, siel er in Feindesland ein, wo er ihnen Beschäftigung und reichlichen Unterhalt aus fremde Kosten geben konnte. Nur auf ihn kam es an, sich in Besitz der Obergewalt zu setzen: denn die Romer sowohl als die Provinzen waren ihm zugethan; er wollte aber nicht. Tiberins lobte ihn Larob und schrieb an ihn und die Agrippina in den verbindlichsten Ausdrücken. Seine Thaten aber machten ihm in Wirklichkeit keine Freude,, vielmehr fürchtete er ihn nur noch weit mehr, da e" aus die Ergebenheit der Heere rechnen konnte. Er beurtheilte ihn nämlich nach sich selbst, und wie er selbst anders sprach, als er dachte, so glaubte er auch von ihm, daß er nicht so gesinnt sey, wie er sich den Schein zu geben wisse. Deßwegen war er gegen ihn und seine Gemahlin gleich mißtrauisch: denn ihr Sinn entsprach ganz ihrer hohen Geburt. Er ließ jedoch Nichts von seinem Grolle merken, sprach vielmehr in dem Senate viel Rühmliches von Germaniens und trug wegen seiner sowohl als des Drusus Thaten aus feierliche Opfer 1246 Cassius Div'ö Römische Geschichte. an. Den Soldaten in Pannonien bewilligte er gleiche Löhnung mit der von Jenem gegebenen; entließ aber spater die ! außerhalb Italien Dienenden nicht vor dem zwanzigsten ^ Jahre. 7. Als von keinen Unruhen mehr verlautete, und das Römische Reich, wie er mit Sicherheit annehmen durfte, seine Herrschaft anerkannte, so übernahm er dieselbe ohne weitere Zurückhaltung und benahm sich, so lange Germaniens lebte, auf folgende Weise. Er that wenig oder Nichts für sich, sonder» brachte selbst die geringfügigsten Gegenstände zu gemeinschaftlicher Berathung vor den Senat. Auf dem Markte ließ er sich einen erhöhten Sitz errichten, auf dem er Recht sprach, wobei er aber immer, nach dem Vorgänge August's, andere Räthe beizog. Keinen wichtigeren Gegenstand machte er ab, den er nicht auch den Andern mitgetheilt hätte. Zwar gab er seine Ansicht zu erkennen, ließ aber Jeden dagegen mit allem Freimuthe seine Ansicht äußern und ließ es sich gefallen, wenn hin und wieder sogar ein entgegengesetzter Beschluß gefaßt wurde; denn oft gab er selbst seine Stimme ab. Drusus that Dieß bald zuerst, bald nach Andern, ohne sich etwas Besonderes herauszunehmen. Er aber schwieg bald, bald sprach er zuerst, bald nach Andern, bald sogar zuletzt seine Meinung aus, meist aber äußerte er, um nicht freies Urtheil zu hindern, sich dahin: „Wenn ich hätte stimmen wollen, so hätte ich mich dahin u. s. f. entschieden." Dieß galt nun freilich ebensoviel; aber er hinderte damit doch Keinen, seine Gründe gleichfalls vvrzubrin- gen. Es geschah vielmehr oft, daß er einer Ansicht war, Andere aber nach ihm die entgegengesetzte vorzogen und auch 1.247 Siebenundfünfzigstes Buch. zuweilen durchdrängen, ohne daß er darüber unwillig wurde. Auf obige Weise benahm er sich» wenn er zu Gerichte saß. Er besuchte aber auch die Gerichtssitzungen anderer Staatsbeamten, theils gerufen, theils auch unaufgefordert, und ließ sie auf ihrem Amtssitze, indem er auf der Bank gegenüber Platz nahm und als Beisitzer seine Meinung zu erkennen gab. 8. So benahm er sich auch in andern Dingen. Er ließ sich nicht Herr ron Freien, noch Imperator von andern als Soldaten nennen. Den Ehrennamen Vater des Vaterlandes verbat er sich ganz, den Namen Augustus aber legte er sich selbst nicht bei, und ließ sich denselben auch nicht förmlich zuerkennen; wenn er aber sich so nennen hörte, oder so geschrieben.fand, so ließ er es zu; so oft er aber an Könige schrieb, so gab er sich selbst auch diesen Titel. Gemeiniglich nannte er selbst sich Cäsar, zuweilen auch Germaniens, wegen der Thaten des Germaniens, und erster Senator nach herkömmlicher Sitte. Ost hörte man ihn sagen: „Ich bin Herr für die Sclaven, Imperator für die Soldaten, für die andern aber sPrinceps vderI Erster." In den öffentliche» Gelübden, wenn er solche zu thun hatte, sprach er den Wunsch aus, nur so lange zu leben und zu regieren, als es dem Gemeinwesen zuträglich wäre. So war er in Allem der Mann der Republik, so daß er nicht einmal eine außergewöhnliche Feierlichkeit an seinem Geburtstage gestattete und den Leuten nicht bei seinem Glücke zu schwüren erlaubte, noch zog er Jemand zur Strafe, der dabei schwur und seinen Eid nicht hielt. Auch ließ er Anfangs nicht zu, daß man, Was von Augustus an bis auf unsere Zeiten an jedem Neujahrstage auch bei dessen Nachfolgern, 1248 Cassius Dio's Römische Geschichte. welch« aufgeführt zu werden verdienen, nothwendig geschehen muß, daß man nämlich Alles, was sie thaten und thun würden, anzuerkennen eidlich angelobte, auch bei ihm so that. Des Augustns Anordnungen ließ er aber nicht nur männig- lich beschwören, sondern legte selbst einen Eid daraus ab. Um seine Gesinnung desto augenfälliger kund zu geben, ließ er den Nenjahrstag vorbeigehen, ohne im Senate zu erscheinen, oder sich überhaupt in der Stadt sehe» zu lassen, sondern er hielt sich in einem Hause außerhalb der Stadt auf nnd kam erst später in die Stadt und schwor dann allein. Er that Dieß noch aus dem weiteren Grunde, damit er die Leute, welche mit dem Antreten der neuen Staatsämter und den Festlichkeiten genug beschäftigt waren, nicht noch weiter in Anspruch nehmen oder in Kosten seyen müsse. Er billigte Dieß selbst an Augustns nicht, weil er dadurch in viele Un- gelegenheit gesetzt wurde, und durch die Gegengeschenke viele Ausgaben machen mußte. t>. Aber nicht blos darauf beschrankte er sich, sondern ließ sich auch weder auf fremden, noch auf eigenen Betrieb einen Tempel erbauen, noch auch eine Bildsäule von sich aufstellen; ja er verbot Dieß Städten und Einzelnen sogar ausdrücklich. Zwar hatte er dieß Verbot dahin beschränkt, daß es nur mit seiner Erlaubniß geschehen durfte, aber mnndlieb noch weiter erklärt, daß er eine solche Erlaubniß nie ertheilen würde. Von Beleidigungen und Majestatsverbrechen (denn diesen Titel gab man bereits dergleichen Vergehen und stellte viele Anklagen darauf) nahm er keine Kenntniß. Auch ließ er keine solche Anklage, wenn sie ihn selbst betraf, anhängig machen, obgleich er hierin dem Augustns nicht zu Siebenundflinfzigstes Buch. L249 naht treten ließ. Anfangs zog er selbst Solche, die darüber angeklagt waren, nicht zur Strafe, sondern entließ Mehrere, die man beschuldigte, daß sie bei seinem Glücke falsch geschworen hätten. In der Folge aber ließ er Viele Larob hinrichten. in. Auch darin ehrte er das Andenken Augnst's, daß er Gebäude, deren Aufführung er begonnen, aber nicht vollendet hatte, ausbaute und seinen Namen darauf setzt«, und die Bildsäulen und Kapellen, welche ihm zu Ehren Völker und Einzelne aufstellten und bauten, selbst einweihte oder durch einen Pontifex einweihen ließ. Dieß that er aber nicht nur bei Gebäuden des Augustus, sondern selbst bei anderen, welch« einer Ausbesserung bedurften. Alles Schadhafte ließ er wiederherstellen (er selbst ließ nämlich außer dem Augnstnstem- pel keine neue Gebäude aufführen) uud maßte sich bei keinem die Ehre des Baues an, sondern ließ überall die Namen der ersten Bauer wieder darauf setzen. Er machte für sich selbst sehr geringen Aufwand, desto mehr aber für den Staat, indem er die meisten öffentlichen Gebäude theils wieder ausbesserte , theils verschönerte. Städte und Einzelne unterstützte er reichlich, und bereicherte viele Senatoren, welche verarmt waren und deßhalb nicht mehr im Senate sitzen wollten. Er wußte jedoch gehörigen Unterschied zu machen, und strich Viele aus der Liste wegen Verschwendung oder auch Verarmung, wenn sie sich über die Ursachen der letzter» nicht gehörig ausweisen konnten. Wenn er solche Summen schenkte, so ließ er sie sogleich unter seinen Augen auszahlen. Da nämlich die Zahlmeister unter Augustus große Summen Tio CassiuL. 10. Vdchn. 5 t250 Cassius Dio's Römische Geschichte. für sich unterschlugen, so sah er streng darauf,- daß nicht auch unter ihm dieser Unfug einrcißen möchte. Alle Ausgaben der Art bestritt er von den ihm rechtmäßig zugesckiedenen Einkünften. Nie ließ er Einen des Geldes wegen hinrichten, nie, wenigstens damals nickt, Eines Vermögen einziehen, keine ungerechten Auflagen machen. Ais ihm Aemilius RectnS aus seiner Statthalterschaft Italien mehr Steuer, als er sollte, schickte, ließ er ihm dagegen bedeuten: „man scheere j meine Schafe, ziehe ihnen aber nicht den Pelz von dem Leibe." 11. Er war allgemein zugänglich und herablassend gegen - Jedermann. Den Senatoren empfahl er ihu zusammen zn grüßen, um fle nickt dem Gedränge auszusetzen. Ueber-, Haupt bewies er so viel Mäßigung, daß er die Rathsherren von Rhodus, welche bei einem Schreiben an ihn die gewöhnlichen Glückwünsche unten beizusetzen unterlassen hatten, in großer Eile kommen ließ, als wollte er sie zur Strafe ziehen, als sie aber kamen, ihnen Nichts zu Leide that, sondern l sie, nach geschehener gebührlicher Unterschrift, wieder entließ. Die jeweiligen Staatsbeamten ehrte er, wie man nur in einem Freistaat erwarten konnte und stand vor den Con- suln auf. Wenn er sie bewirthete, so empfing er sie an der Thür und begleitete fle beim Weggehen. Wenn er sich in der Sänfte tragen ließ, so litt er keinen der angesehnern Ritter, geschweige denn einen Senator in seinem Gefolge. Als Spiele oder andere Feierlichkeiten das Volk in Bewegung setzten, so kam er Abends vorher zu einem Freigelassenen deS kaiserlichen Hauses, der dem Orte, wo die Feierlichkeit statt finden sollte, am nächsten wohnte, und blieb da- ^ Siebenundfünfzigstes Buch. 125L selbst oft mehrere Nächte, um gleich bei der Hand zu seyn, wenn ihn Jemand sprechen wollte. Auch den Rltterspielen sah er oft aus dem Hause eines Freigelassenen zu. Überhaupt versäumte er nicht leicht ein Schauspiel, theils um Denen, die es gaben, eine Ehre zu erweisen, theils um die Menge in Ordnung zn halten, und ihr seine Theilnahme an ihrem Vergnügen zn bezeigen. Er für sich hatte nämlich keine Freude an derlei Belustigungen, und nie fiel es ihm ein, mit Andern in solchen Dingen zu wetteifern. Ueberhaupt blieb er sich i» Allem so gleich, daß er, als das Volk die Freilassung eines Schauspielers haben wollte, nicht eher seine Zustimmung gab, bis auch sein Herr darein gewilligt und- die gehörige Summe für ihn erhalten hatte. Mit seinen Freunden lebte er auf dem Fuße eines Privatmanns. Vor Gericht stand er ihnen bei, und ging zu ihren Opfermahlen, besuchte ste, wenn sie krank waren, ohne ein Gefolge mit sich zu nehmen, und hielt einem von ihnen selbst die Leichenrede. 12. Auch seine Mutter hieß er das Gleiche thun, so weit es sich mit ihrer Stellung vertragen mochte, theils um ihm nachzuahmen, theils um ihren Uebermuth etwas herab- zustimmen. In der That erlaubte sie sich einen so hohen Ton, wie noch nie ein Weib vor ihr, so daß ste den Senat, nnd Wer vom Volke wollte, bei flch zur Aufwartung annahm, und dessen selbst in die öffentlichen Denkschriften aufnehmen ließ. Die Briefe des Tiberius enthielten eine Zeitlang ihren Namen und wurden an. beide gerichtet. Nur in den Senat, zu den Heeren und in die Volksversamm- 5 - 1252 Cassius Dio's Römische Geschichte. lnngen getraute fle sich nicht zu gehen, sonst aber nahm sie sich überall heraus die Selbstherrscherin zu spielen. Bei Lebzeiten des Augustus hatte sie den größten Einfluß geübt und rühmte selbst, den Tiberins zum Kaiser gemacht zu haben, und deßwegen sprach sie nicht nur gleichen Antheil au der Regierung, sondern selbst den Vorrang vor jhm an; weßhalb Manches eingeführt ward, was sich mit der hergebrachten Sitte nicht vertrug, und Viele schlugen vor, sie Mutter des Vaterlandes, Gebährerin sgenieri^ zu nennen. Andere wollten haben, Tibcrius sollte nach ihr benannt werden, wie die Griechen den Namen der Vater, so sollte er den seiner Mutter dem seinigen nachseyen. Tiberins ward darob unwillig, bestätigte nur sehr wenige der ihr zuerkannten Ehrenbezeugungen und gestattet« ihr überhaupt nicht mehr, sich übermüthig zu benehmen. Einmal hatte sie auf eigene Kosten eine Bildsäule August's aufgestellt und eingeweiht, nnd wollte deßhalb den Senat und die Ritter mit ihren Frauen bewirthen, Tiberins aber gestattete ihr nicht nur Dieß nicht, bis der Senat seine Einwilligung gegeben hätte, sondern sie durfte auch die Männer nicht speisen. Vielmehr gab er den Männern, sie aber den Frauen einen Schmaus. Endlich schloß er sie von allen öffentlichen Geschäften aus nnd beschränkte sie aus die häuslichen/') nnd als fle auch da ihm lästig wurde, stellte er Reisen an, und machte sich auf alle Weise von ihr los, so wie denn auch seine Entfernung nach Capreä hauptsächlich auf Rechnung derselben kam. Dieß wird von Livta berichtet. ») Statt olxo, l-s« ich auf den Vorschlag Reimar « oixoör»- 1253 Siebenundfünfzigftes Buch. 1Z. Tiberius wurde jetzt sowohl gegen andere Angeklagte strenger, als auch gegen seinen Sohn Drusus (einen liederlichen und so grausamen Menschen, daß man die sehr scharfen Schwerter drusische nannte), obgleich er es an häuslichen und öffentlichen Verweisen nicht fehlen ließ. Einmal sagte er in Gegenwart vieler Andern: „So lange ich lebe, tollst du mit Gewalt und Frevel Nichts durchsetzen, und wenn du es dennoch wagen solltest, auch nach meinem Tode nicht.« 2» der That lebte er auch eine Zeitlang äußerst mäßig und erlaubte auch Andern keine Ausschweifungen, zog vielmehr nicht Wenige darob zur Strafe, obgleich er nicht zugab, daß die Senatoren gesetzliche Strafen über Liederliche verhängten, indem er bemerkte, es sei besser, Einen ingeheim auf die eine oder die andere Weise auf bessere Wege zu bringen, als mit öffentlicher Strafe zn belege». Denn so, meinte er, könnten sie sich »och aus Furcht vor Schande zusammennehmen, und ihre Vergehen vor den Andern zu verbergen suchen, sobald aber einmal ihre Neigung die Scheu vor dem Gesetz überwunden habe, kehre sie sich nicht mehr daran. Da Viele gegen ein früheres Verbot in Pnrpurgewändern erschienen, so schalt oder strafte er zwar keinen; als es aber bei öffentlichen Spielen einmal regnete, zog er eine» dunkeln Ueberrock an, und seit dieser Zeit wagte Keiner mehr in einer ungebührlichen Kleidung sich zu zeige». So hielt er es in Allem, so lange Germaniens lebte; i» der Folge aber benahm er sich in Vielem Anders, sey es nun, daß er von Anfang an so gesinnt war, wie er sich nachmals zeigte, und sich nur bei Lebzeiten des Germanicus verstellte, weil er in ihm einen gefährlichen Nebenbuhler seiner Herrschaft 1254 Cassius Dio's Römische Geschichte. sah; oder war er von Natur gut, und wurde erst so schlecht, als er keinen Gegner mehr hatte. 14. Doch will ich Alles, was Erwähnung verdient, der Zeitfolge nach berichten. Unter dem Consulate seines Sohnes Drusus und des Cajus Nvrbanns gab er dem Volke das von Augustus hinterlassene Bcrmächtniß. Bei einem über den Markt gehenden Leichenzug trat nämlich Einer auf den Todten zu, beugte sich über ihn hin und flüsterte ihm Etwas ins Ohr. Als die Umstehenden wissen wollten, was er ihm gesagt hätte, sprach er: „er habe ihm aufgetragen, dem Augustus zu sage», daß sie noch nichts bekommen hätten." j Tiberius ließ den Mann sogleich todten, damit er, wie er spottweise bemerkte, ihm es selber melden könnte, die Andern aber stellte er bald darauf zufrieden, indem er >edein fünf und seebszig Denare zahlen ließ. Dies« Begebenheit setze» jedoch Einige i» das Jahr zuvor. Als damals bei den Gla- diatorensxielen, welche Drusus in seinem »nd des Gcrma- manicus Name» dem Volke gab, zwei Ritter als Fechter auftreten wollten, so wohnte er denselben nicht bei, ließ aber, als der Eine gefallen war, den Andern") nicht wieder auftreten. Auch noch andere Wettkämpfe fanden bei den Ritterspielen an des Augustus Geburtstage, und unter Andern auch Thierhetzen Statt. Dieß wurde dann viele Jahre so gehalten. Damals war es auch, daß der Statthalter vou Creta starb, und die Regierung der Insel für die noch übrige Zeit dem Quästor und seinem Beisitzer überlassen wurde. Da Viele, welche die Verwaltung von Provinzen dnrch's ') Dieser war ein berühmter Klopffechter der damaligen Zeit. 1255 Siebenundfnnfzigsteö Buch. Lovt erhielten, zu lang« in Rom oder in Italien blieben, nnd ihre Vorgänger über die gewöhnliche Zeit ant sie warten mußte», so verordnet« er, daß sie vor dem ersten JuniuS abzugehen hätten. Als um diese Zeit sein Enkel, des Dru- susSohu, mit Tod abging, setzte er darüber die gewohnten Staatsqeschäfte nicht aus, und wollte überhaupt nicht, daß der Fürst über häuslichen Unfällen die Sorge für das Gemeinwesen außer Acbt lassen sollte, auch wollte er damit den Andern die Weisung geben, daß ste über den Todte» die Lebenden nicht vergessen dürfte». Weil die Tiber wieder ausbrach und einen großen Theil der Stadt überschwemmte, so daß man auf Nachen fahren mußte, sahe» die andern sowohl hierin, aus auch in den heftigen Erderschütterungen, welche sogar einen Theil der Mauern niederwarfen, und in den häufigen Blitzen, die den Wein in den Gefäffen aufsogen, ohne diese zu verletzen, Schreckzeichen, er aber fand die Ursache davon in der zugroßen Waffermevge und verordnete deßhalb, daß je fünf durch'» Loos gewählte Senatoren dafür zu sorgen hätte», daß die Tiber im Sommer nicht z» wenig und im Winter nicht zu viel Wasser hätte, und so immer in möglichst gleicher Höhe flöße. Dieß that Tibcrius. Drnsus aber that als Consnl, Was seines Amtes war , nnd sprach hierin keinen Vorzug vor seinem Amtsge- noffen an. Als ihn Einer zum Erben einsetzte, so begleitete er sogar die Leiche desselben. Er ließ sich aber so sehr von seiner Leidenschaft hinreißen, daß er sogar einen angesehenen Ritter prügelte, und deßhalb den Spottnamen Castor erhielt. Im Weine übernahm er sich dermaßen, daß er einmal, als er Nachts bei einer Fenersbruust mit den Trabanten 1256 Casfius Dio's Römische Geschichte. zu Hülfe eilen mußte, und die Leute um Wasser schrieen, ihnen Glühwein einschenken hieß. Die Schauspieler begünstigte er dermaßen, daß er sie sogar aufwiegelte, und zur Mißachtung der wegen Ihrer von Tiberius erlassenen Gesetze verleitete. Dieß die Vorfälle dieses Jahrs. 15. Unter den Conseil» Statilius Taurus und Lucius Libo verbot Tiberius den Männern das Tragen seidener Kleider und den Gebrauch goldener Geschirre, es wäre den» bei Opfern. Als aber Einige nicht recht wußten, ob nicht auch silbernes Geschirr mit eingelegten goldenen Bildern verboten wäre, und er auch hierüber eine Verordnung erlassen wollte, so untersagte er, das Wort Emblem, blos weil es griechisch war, zu gebrauchen, obgleich man dafür keinen Ausdruck in der Muttersprache hakte. Als ferner ein Centurio im Senat in griechischer Sprache ein Zeugniß ablege« wollte, ließ er es nicht zu; obwohl er sonst viele Rechtssachen an demselben Orte in dieser Sprache verhandeln gehört und selbst in ihr Zeugen vernommen hatte. Darin blieb er sich nicht getreu und in seinem Betragen gegen Lucius Scribonins Libo ebensowenig. Diesen, einen jungen Mann von patricischem Geschlechte, der im Verdachte gefährlicher Umtriebe war, belangte er, so lange er gesund war, nicht, als er aber auf den Tod erkrankte, ließ er ihn in einer verdeckten Sänfte, wie deren die Frauen der Senatoren sich zu bedienen pflegten, in den Senat holen. Weil derselbe aber während eines Verzugs, sich selbst den Tod gab, so verfolgte er die Untersuchung, nachdem er schon gestorben war; und nun vertheilte er sein Vermögen unter seine Ankläger, und ließ nicht nur für sich, sondern auch für Augnstus und seinen Vater Julius, wie Siebenundfunfzi'gsteö Buch. 1257 früher bestimmt worden war, Dankopfer anstellen. Während er gegen Diese so verfuhr, so machte er dem Bioius Rufus nicht den mindesten Borwnrf, daß er sich des Stuhls, auf dem Cäsar zu sitzen pflegte und auch ermordet worden war, zu bediene» pflegte: denn Rufus' that Dieß, so wie auch, daß er sich mit Cicero's Gattin vermählte, aus gutem Vorbedacht, und that sich darauf viel zu gut, als ob ihn die Frau zum Redner und der Stuhl zum Cäsar machte. Dennoch wurde er darob nickt zur Rede gestellt und ward sogar später »och Consul. Obgleich Tiberius beständig mit Thrasyllus umgiug und sich täglich wahrsagen ließ, auch diese Dinge so ernstlich nahm, daß er auf eine im Traum erhaltene Weisung, einem gewißen Manne Geld zu geben, und weil er durch seine Kunst darauf kam, daß ihn ein böser Geist durch Zauberei berücke, jenen Mann hinrichte» ließ, so befahl er doch alle andern Sterndeuter, Zauberer und jederlei Wahrsager, wenn sie Ausländer waren, zu todte»; Bürger, aber, welche sich trotz einem früheren Verbote, Nichts der Art in der Stadt zu treiben, diese Künste noch fortzutreiben beschuldigt wurde», ließ er über die Gränzen weisen. Denen, welche dem Verbote sich fügten, ward verziehen. Auch würden alle Bürger gegen seinen Antrag freigesprochen worden sey», wenn nicht ei» Volkstribun dagegen eingeschritten wäre. Ja das Ganze gewann bei dieser Gelegenheit wieder den Anschein der guten Zeiten der Repirblik: der Senat trat gegen den Willen des Tiberius und des Drusus mit siegreicher Stimmenmehrheit dem Cueus Calpur- uius Piso bei, und über den Senat siegte ein Dolkstribuu. 12L8 Cassius Div's Römische Geschichte. 16 . Da die Zahl der Quästoren nickt zureichte, s« wurden auch Einige der im vorigen Jahre rvm Amte getretenen in die Provinzen abgesckickt. Dieß that man den» auch später, so oft sich das Bedürfniß zeigte. Da viele ^ öffentliche Urkunde» verloren gegangen, oder durch die Länge ^ der Zeit unleserlich geworden waren, so wurden drei Sena- ! toren gewählt, welche die noch vorhandenen abschreiben und ! die fehlenden aufsuchen lassen mußten. Einige Abgebrannte erhielten nicht nur von Tiberius, sondern selbst von der ^ Livia Unterstützung. In diesem Jahre gab sich ein Sklave des Agrippa, Namens Clemens, der ihm in etwas glich, für Diesen aus und wußte sich theils in Gallien, wohin er sich zuerst begab, theils selbst in Italien einen großen Anhang zu machen. Am Ende ruckte er selbst gegen Rom heran, um, wie er sagte, von seinem angestammten Reiche Besitz zu nehmen. Da in Rvm große Bestürzung war, und Viele ihm zufielen, so wußte sich Tiberius mit List durch Einige, die sich gleichfalls für Anhänger von ihm ausgaben, seiner z» bemächtigen und ließ ihn auf die Folter bringen, um sodann über Mitschuldige Etwas zu erfahren. Als er ihn aber nickt zum Geständnisse brachte, fragte er ihn: „wie wurdest du Agrippa?" und erhielt von ihm zur Antwort: „auf dieselbe Weise, wie du Cäsar."*) *) Ivnaras fügt hier, wahrscheinlich aus Div, noch Folgendes bei: Seine Gemahlin Julia, welche ihr Vater Augustus ihres liederlichen Lebenswandels wegen verurtheilt hatte, rief er nicht nur nicht aus der Verbannung zurück, sondern ließ sie noch enger einkerkern, so daß sie vor Gram und Hunger starb. 1259 Siebenundfünfzigstes Buch. 17. Im folgenden Jahre waren Cajus Cäcisjus und Lucius Flaccu« Cvnsnln. Tiberius nahm, als ihm selbst nach dem Neujahre noch Geldgeschenke dargebracht wurden, dieselben nicht, sondern erließ darüber eine Verordnung, in der er ei» nicht lateinisches Wort gebrauchte. Als ihm Dieß Nachts beifiel, so berief er darauf Männer, die sich mit diesen Dinge» abgaben: denn es war ihm an einem richtigen Ausdrucke gelegen. Ein gewißer Atejus Ca- pito äußerte sich: „Wenn auch Niemand früher dieses Wort gebrauchte, so wollen wir es doch dir zu Ehren unter die alten zählen! „Marcellus dagegen versetzte ." Menschen kannst du, Cäsar, das Römische Bürgerrecht geben, nicht aber „Wörtern!" Trotz dieser freien Aeusserung that ihm jedoch Tiberius Nichts zu Leide. Auf den König Archelans von Kappadocie» hatte er aber einen Groll. Er hatte ihn nämlich früher unter Augustus, von seinen Unterthanen angeklagt, um seinen Schuh gefleht, und denselben erhalten, ihm aber später, als er nach Rhvdns kam, keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt, wogegen er dem Cajus, bei seiner Ankunft in Asien, seine Aufwartung machte. Jetzt beschicd ihn Tiberius, unter dem Verwände beabsichtigter Empörung, nach Rom, und stellte ihn, obgleich der alte Mann an der Fnßgicht litt und nicht recht bei Verstand zu sey» schien, vor den Senat; früher war er auch wirklich wahnstnnig, so daß ihm Angnsttts einen Reichsveriveser setzen mußte, damals aber war er es nicht, stellte sich aber so, um dadurch etwa sein Leben zu retten. Er wäre auch wirklich zum Tod« verur- theilt worden, wen» nicht ein Zeuge gegen ihn ausgesagt hätte, er habe sTtberiusz gedroht: „Komm' ich wieder heim, 1260 Cassius Dio's Römische Geschichte. so soll er die Stärke meines Armes fühlen!" Als hierauf ein allgemeines Gelächter entstand, da der Mann nicht nur nicüt mehr stehen, sondern nicht einmal mehr sitzen konnte, so ließ ihn Tiberius am Leben. Er war auch so schwach, daß er ! in einer bedeckten Sänfte in die Curie gebracht werden , mußte. Es war nämlich damals auch bei Männern aufgekommen, daß sie sich, wenn sie krank in dem Senat er- i scheinen sollten, sich dahin tragen ließen, und Tiberius > ließ es daher auch in diesem Falle zu. Auch sprach er wirklich Eliiiges aus der Sänfte heraus. So kam Archelaus für jetzt mit dem Leben davon, starb aber dennoch bald darauf; Cappadocien ward nun Römische Provinz und erhielt einen ! Ritter zum Statthalter. In die Städte Asiens, welche durch ^ das Erdbeben gelitten hatten, ward ein gewesener Prätor mit fünf Aktoren gesandt, und ihnen nicht nur ein großer Theil am Tribut erlassen, sondern von Tiberius selbst noch reichliche Unterstützung zn Theil. So lange es ihm nämlich um Regentenvcrdieuste zu thun war, enthielt er sich nicht nur durchaus fremden Eigenthums, sondern nahm auch Erbschaften, wenn die Erblasser Verwandte hatten, nicht au, und verwendete noch überdies; große Summen auf Städte sowohl als auf Einzelne, ohne sich dafür Ehre oder Lob spenden zu lassen. Gesandtschaften von Städten oder Völkern empfing er nicht allein, sondern zog immer viele Andere, besonders aber solche, die früher daselbst Statthalter gewesen waren, über ihre Angelegenheiten zu Rath. 48. Indessen drang Germaniens in einem glücklichen Aeldzuge gegen die Deutschen bis an den Ozean vor, schlug die Feinde siegreich aus dem Feld«, sammelte dir Gebeine 1261 Siebenundfünfzigstes Buch. der unter Varus Gefallenen, begrub sie und gewann die verlorenen Feldzeichen wieder. Als der Senat dem Tiberius anlag und den Monat November, dessen sechzehnter Tag sein Geburtstag war, Tiberius nennen wollte, so entgegnen er: „Was fangt ihr aber an, wenn es ihrer einmal dreizehn Cäsarn sind?-«P Unter dem Consulate des Markus Zunius und des Lucius Norbanus begab sich gleich am Neujahrstage ein auffallendes Schreckzeichen, das wohl den Tod des Germaniens vorbedeutete. Der Consnl Norbanus war immer «in leidenschaftlicher Trvmpetenbläser gewesen, und hatte sich täglich darin geübt. So wollte er den» auch am frühe» Morgen, als schon vieles Volk vor seinem Hause versammelt war, sein Stückchen blase», und setzte Alle in grossen Schrecken, als wollte er damit das Signal zum Kriege geben, zumal da zufällig damals auch die Bildsäule des Ianus niederstürzte. Ueberdieß versetzte ein vorgeblicher Sibyllenspruch, der jedoch mit der Zeitrechnung von Erbauung der Stadt nicht zusammentraf, aber für die da^ malige Zeit gedeutet ward, die Gemüther in Unruhe. Er lautet folgender Maßen: Aber nach dem Verlauf des dreimal dritten Jahrhunderts Wird ein Zwist von Bürgern und spbaritische Tollheit Rom verderben. — Tiberius schalt diese Sprüche lügenhaft, und besichtigte deßhalb alle Bücher, welche Prophezeiungen enthielten, verwarf die einen als schlecht, nnd nahm andere unter die be- *) Hier sind die Begebenheiten eines ganzen Jahres ausgefallen. . 1262 CassiuS Dio's Römische Geschichte. währten auf. Ueber den Tod des Germaniens waren Tibe- rins und Livia hoch erfreut, während sonst Alles in tiefe Trauer verseht ward. Mit der größten Körperschönheit verband dieser die höchsten Vorzüge des Geistes und zeichnete sich durch Bildung und Körperstärke gleich sehr aus. Er, der tapferste Krieger im Feld, war im Frieden der sanft- müthigste Mann, und, bei aller Macht, die er durch seine Cäsarilche Abkunft besaß, machte er nicht mehr Ansprüche, als der niedrigste aus dem Volk, und ließ sich weder gegen Untergebene eine Bedrückung, noch gegen Drusus oder Ti- beriuS Mißgunst zu Schulden kommen. Kurz er war einer der seltenen Männer, die ihr Glück mit Weisheit benutzten und sich nie durch dasselbe zum Uebermuth hinreißen ließen. Obgleich er oft mit Beistimmung der Heere, des Volkes und des Senats die Oberherrschaft hätte an sich reißen können, so wollte er es dennoch nicht. Er starb in An- tiochien durch die Tücke des Piso und der Plancina. Denn menschliche Gebeine und bleierne Platten, die Verwünschungen seines Namens enthielten, in seinem Hause vergraben, wurden noch bei seinen Lebzeiten aufgefunden.*) Piso ward von Tiberins selbst wegen Mords dem Senate zur Untersuchung übergeben, erhielt aber einigen Aufschub und gab sich selbst den Tod.»*) Tiberius bekam hierdurch Anlaß zu *) Zonaras fügt sei: Sein auf dein Marktplätze ausgestellter Leichnam zeigte den Umstehenden Spuren der Vergiftung. »*) Aonaras berichtet noch weiter: Germaniens hinterließ drei Söhne, welche Augustus in seinem Testament Eäsarn nannte. Der älteste derselben, Nero, wurde zu jener Zeit mit der männlichen Toga bekleidet. Siebenundfünfzigstes Buch. 1263 mehreren Hinrichtungen, da Viele,über den Tod des Germaniens angeblich ihre Freude bezeigt hatten. 19. Sobald Tiberius keinen Nebenbuhler mehr zu fürchten hatte, so war er, der sich bisher in so viele» Stücken als tüchtigen Regenten gezeigt, wie umgewandelt. Er herrschte jetzt überhaupt mit Strenge, besonders hart verfuhr er aber in Processen wegen beleidigter Majestät,') wenn Einer nicht etwa nur gegen Auqustus, sondern auch gegen ihn selbst und seine Mutter durch That oder Wort sich verfehlt hatte.") Es wurden nicht blos Sclaven gegen ihre eigenen Herren, sondern auch Freie und Bürger auf die Folter gebracht. Kläger und manchmal selbst Zeugen gegen Angeklagte bekamen die Güter der Ve>urtheilten, und überdies; noch Aemter und Würden. Bei Vielen forschte er nach dem Tag und der Stunde der Geburt, schloß daraus auf ihren Charakter und ihr zu hoffendes Glück und ließ sie dann umbringen. Wenn sich bei Einem ausgezeichnetes Verdienst oder Hoffnung Zonaras setzt noch bei: Gegen Solche, die in Verdacht kamen, daß sie ihm nach dem Leben trachteten, war er unerbittlich. Er bezeichnete gewissen Leuten, wen er aus dem Wege geschafft wünschte, und ließ sie durch dieselben verurtbei- len, woraus er gar kein Geheimniß machte. ") Hicher gehört vielleich: das von Mafiis aufgefundene Fragment, welches folgendermaßen lautet: Tiberius bestrafte die Angeklagten sehr streng, indem er bemerkte: Niemand läßt sich gerne beherrschen, sondern wird nur durch Zwang im Gehorsam gehalten. Denn die Unterthanen gehorchen nicht mir Vergnügen, sondern suchen die Herrschende» zu verderben. Deßhalb nahm er die Ankläger an und unterschied nicht, ob ein Sklave gegen seinen Herrn oder ein Sohn gegen seinen Vater zeugte. 1264 Casfius Dio's Römische Geschichte. auf Herrschaft zeigte, so war er unrettbar verloren. Ueber- haupt forschte er nach dem künftigen Schicksal der Großen und wußte sich darüber Gewißheit zu verschaffen. So begegnete er einmal Galba, der später Kaiser ward und gerade geheirathet hatte und sagte zu ihm: „Auch du wirst einmal die Herrschaft kosten."') Er verschonte ihn, weih wie ich glaube, das Schicksal es so wollte, wie er selbst aber sagte, weil er erst als Greis und lang nach seinem Tode zur Herrschaft kommen würde. Bei all seinen Unthaten hatte er den eifrigsten Handlanger und Helfer an Lucius Aelins Sejaniis, dem Sohne des sScjuss Strabo, der früher Lustknabe des Marcus Gabius Apicius gewesen war, jenes Apicius, der, der ausschweifendste Schweiger in der Geschichte, nach einer Ueberrechnung Dessen, was er verpraßt und noch übrig hatte, nur noch zwei Millionen fünf- malhnuderttauscnd Denare i» seiner Kasse fand, und sich entleibte, um nicht Hungers zu sterben. Dieser Sejauus war eine Zeit lang mit seinem Vater Befeblshaber der Leibwachen. und führte nach dessen Abgänge nach Aegyxten allein den Oberbefehl über sie. Er traf nun unter Anderem die Einrichtung, daß dieselben, welche bisher cohortenweisc, gleich den Schaarwächtern, getrennt und in die verschiedenen Stadtthcile vertheilt waren, in ein Lager zusammengezogen wurden, um so die Befehle schneller erhalten zu können und, in Einem Lager versammelt, eine mehr Achtung gebietende Stellung einzunehmen. Diesen Mann erkor sich Tiberius, seines ähnlichen Charakters wegen, beehrte ihn nicht nur ') «urton schreibt Diest dem Auaustus zu. 1265 Siebenundfünfzigstes Buch. ! mit dem Range eines Prätors, eine Ehre, welche bisher noch keinem seiner Standesgenossen zu Theil geworden war, - und bediente sich in Allem, was er that, seines Rathes ! nnd seiner Hülfe. sU-berhaupt schlug er nach dem Tode des ! Germanicus dermaßen nm, daß man sich über ihn, der bis- ker so großes Lob sich verdiente, nicht genug wundern konnte.- rn. Sobald Tiberius mit Drusus das Cvnsulat angetreten hatte, sagte man Diesem eben daraus den Untergang voraus. Jeder nämlich, der mit Tiberius Cvnsul gewesen, war eines gewaltsamen Todes gestorben: so hatten Varus Quintilius, Cncus Pisv nnd Germanicus durch Gewalt und böse Tücke ihren, Tod gefunden. Dieß hatte dem Tiberius sein böser Dämon sein Leben lang zugeschieden. Dasselbe Schicksal hatte seht Drusus nnd später Sejan, welche Beide gleichfalls mit ihm das Consulat bekleidet hatten. Während einer Reise des Tiberius wurde der Ritter Casus Lutorins Priscus, der sich viel aus sein Dichtertalent einbildete, und für ein vorzügliches Gedicht, das er auf den Tod des Germaniens gedichtet hatte, reichlich beschenkt worden war, angeklagt, daß er ein gleiches auf Drusus während dessen Krankheit gedichtet habe, von dem Senate deßhalb in Untersuchung genommen nnd zum Tode verurtheilt. Tiberius ärgerte sich nicht sowohl über dessen Bestrafung als vielmehr darüber, daß er ohne seine Zustimmung zum Tode verur- ^ theilt worden, schalt den Senat darob und ließ ihn die ge- > . > Das Singeklaigerte ist aus den Peiresc. Auszügen. Hier ! ist tas ganz Jahr 773 ausgefallen, l Dio Cassius. 10. Vhchn. 6 1266 CasfiuS Dio's Römische Geschichte. schliche Bestimmung treffe», daß in Zukunft an keinem durch den Senat Beurtheilten das Tvdesurtheil vor zehn Tagen vollzogen und vor Ablauf dieser Zeit dasselbe in dem Archiv niedergelegt werden dürfte, damit er, selbst wenn er verreist wäre, von dein Beschlusse vorher Kenntniß nehmen und das ! Endurtheil fällen konnte. , 2t. Als die Zeit seines Consulates abgelaufen war, kehrte er in die Stadt zurück und verbot den Consuln, Anderen gerichtlichen Beistand zu leisten, mit dem Bedeuten: „Wäre ich Consul gewesen, so hätte ich es nicht gethan." Als ein Prätor angeklagt wurde, das; er durch Wort oder That die Ehrfurcht gegen ihn verletzt habe, verließ dieser die Sitzung, legte sein Amtskleid ab, kehrte zurück und verlangte, als Privatmann, sogleich gerichtet zu werden. Dieß ging ^ dem Tiberius sehr nahe und er ließ ihm nichts mehr anhaben. > Die Theatertänzer vertrieb er aus Rom und ließ sle auch § sonst nirgends ihr Gewerbe treiben, weil ste die den Frauen ! schuldige Rücklicht verletzten und Gelegenheit zu unruhigen § Auftritten gaben. Viele Verstorbene ehrte er durch Bildsäulen und öffentliche Leichenbegängnisse; dem Sejanus zu ^ Ehren ließ er dessen Standbild in Erz in dem Theater aufstellen. Dieß hatte zur Folge, daß Diele dessen Bildniß sich fertigen ließen und ihm Volk und Senat überall Lobeserhebungen ertheilten. Gleich mit dämmerndem Morgen kamen nicht nur die anderen angesehenen Männer, sondern selbst die Consuln nach seinem Hause, und trugen ihm nicht nur ihre ^ Privatwünsche, die ste bei Tiberius anbringen wollten, son- ^ dern auch die im Senat zu verhandelnden Gegenstände vor. > Mit einem Worte, es wurde nichts dergleichen mehr ohne L267 Siebenundfünfzigstes Buch. ! ihn vorgenommen. Um diese Zeit wurde auch der größte ' Säulengang in Rom, als er sich aus einer Seite senkte, auf , wunderbar künstliche Weise in die Höhe gehoben. EinBau- - meister, dessen Namen jedoch Niemand weiß, da Tiberius aus l Mißgunst gegen dessen Kunstfertigkeit den Vorgang nicht in > die Jahrbücher eintragen ließ, ein Baumeister sage ich, wie er nun auch heißen mag, festigte seine» Grund rings uncher, so daß dieser nicht mehr weichen konnte, ließ das Ganze mit wollenen und leinenen Decken umbinden und überall mit Seilen umspannen und mit Hülfe vieler Menschenhände und Maschinen in seine alte Lage zurückversetzen. Jetzt bewunderte und beneidete Tiberius den Mann in gleichem Maße und beschenkte ihn zwar reichlich, verwies ihn überaus der Stadt. Als er spater vor ihn zu gelangen wußte, einen Fußfall that und geflissentlich einen gläsernen Becher auf den Boden warf, denselben aber, die Trümmer oder Scherben jedoch, um dadurch Begnadigung zn erlangen, mit den Hän- j den wieder zusammenfügte und alsbald unversehrt überreichte, so ließ er ihn sogar mit dem Tode bestrafen. I rr. Sein Sohn Drusus aber starb an Gift: denn S<- janns, durch Macht und Ansehen aufgeblasen, ward nicht nur gegen Andere übermüthig, sondern benahm sich auch so gegen Drusus, und vergaß sich einst so weit, ihm mit der Faust ins Gesicht zn schlagen. *) Aus Furcht vor ihm und Tiberius und in der Hoffnung, wenn er den junge» Mann ") Nach Anderen war es Sejanus selbst, der bei einem Streite von Drusus beobrseigt wurde. S * 1268 Cassiliö Dio's Römische Geschichte. aus dem Wege geschafft hätte, mit dem alten Manne leichter sein Spiel zu haben, ließ er ihm deßhalb durch seine Diener und seine Gemahlin, welche Einige Lirilla nennen, und mit der er verbotenen Umgang pffog, durch Gift vergeben. Zwar hatte man darob den Tiberius selbst im Verdacht, weil er während der Krankheit des Drusus und selbst nach dessen Tode seine gewöhnlichen Geschäfte nicht aussetzte und dasselbe auch Anderen nicht gestattete; das Gerücht ist aber unbegründet. Er hatte Dieß aus Grundsatz auch bei anderer Gelegenheit so gehalten und war seinem einzigen, leiblichen Sohne sehr zugethan; auch ließ er Alle, welche dabei di- Hand im Spiele gehabt, theils sogleich, theils noch später zur Strafe ziehen. Jetzt erschien er in dem Senat und ließ sich, nachdem er die Lobrede aus den Sohn gehalten hatte, nach Hause tragen. Damals war es, als er Denen, welchen Feuer und Wasser zu reichen untersagt war, verbot, ein Testament zu machen, Was auch jetzt noch so gehalten wird. Den Aelius Saturninus, welcher ein ungebührliches Gedicht auf ihn gemacht hatte, überantwortete er dem' Senat »nd ließ den Verurtheilten vvm Tarpejischen Felsen stürzen. 25. Ich könnte dergleichen Beispiele noch in Menge aufführen, wenn ich sie alle angeben wollte. Ins Allgemeine aber führe ich an, daß Viele auf solche Weise den Tod fanden, und daß er dadurch, daß er Alles aufs Genaueste untersuchte, was Andere zu. seinem Nachtheile gesprochen zu haben angeklagt waren, von sich selbst alle menschenmöglichen Schandthaten zu Tage förderte. Wenn Einer nämlich sogar in Geheim unter vier Augen Etwas gesprochen, so sagte er es selbst laut und ließ es sogar in die öffentlichen Protokolle 1269 Siebenundfünfzigstes Buch. aufnehmen. Oft log er, Was Einer auch nicht gesagt hatte, als von ihm gesagt, aus schlechtem Gewissen hinzu, um sich den Schein gereckter Entrüstung zu geben. So geschah es denn oft, daß er Alles, worüber er Andere als Majcstäts- Bclcidiger bestrafen ließ, sich selbst zur Last legen mußte und zum Gespotte der ^Mlte ward. Was man nämlich läugnete, gesagt zu haben, d^ verfocht und beschwor er als wirklich gesagt, obgleich er dadurch gegen sich selber ungerecht ward, woraus man sogar vermuthete, daß er nicht recht bei Sinnen sey. Dieser Verdacht war jedoch unbegründet, da er in andern Dingen ganz vernünftig handelte. So setzte er einem Senator, welcher, schwelgerisch lebte, einen Vormünder, wie einem Waisen; den Eapito aber, der in Asien Einnehmer der Abgaben gewesen war, stellte er vor den Senat, indem er ihm unter Anderem Schuld gab, daß er sich der Soldaten bedient habe,'") und schickte ihn in die Verbannung. Denn die Verwalter der kaiserlichen Gelder hatte» damals keine weitere Befugniß, als die ordentliche» Abgaben zu erheben, und bei sich ergebenden Streitigkeiten, wie jeder andere Privatmann, vor dem Richter und nach den Gesetzen Recht zu nehmen. Solche Widersprüche zeigten sich in dem Benehmen des Tiberius. 21. Als zehen Jahre seiner Herrschaft abgelaufen waren, bedurfte es keines besonderen Beschlusses zur Wieder- annahme derselben, denn er hatte sie nicht, wie Augustus, sich nur auf bestimmte Zeit ertheilen lassen. Jedoch wurden P Wozu? Vielleicht ist hier eine klein« Lücke: „wie «in Pro- consul" oder ..wie ein Legat Cäsars" oder Aehnliches. 1270 Cassius Dio's Römische Geschichte. ^ die gewöhnlichen zehnjährigen Spiele abgehalten. CremutiuS ^ Cordus hatte den Sejan beleidigt »nd ward zum Selbstmorde getrieben. Man konnte keinerlei Anklage wider ihn aufbringen zda er schon hochbetagt war und durchaus unbescholten gelebt hatte) so daß man seine Geschichte, die er über die Regierung des Angustus geschriebeMind ihm selbst vorgelesen hatte, ihm zum Verbrechen machte, weil er Brutus und Cassius gelobt, Volk und Senat getadelt, von Cäsar und Augustus zwar nichts Schlimmes gesagt, aber ihn auch nicht zu sehr erhoben hätte. Dieß wurde der Grund seiner Anklage und seines Todes. Seine Schriften wurden auch deßhalb , so viel man deren in der Stadt rorfand, durch die Aedilen, außerhalb der Stadt aber von den Statthaltern verbrannt. Später wurden sie jedoch wieder herausgegeben, I da sie theils von Anderen, theils von seiner Tochter Marcia verheimlicht worden waren, und wurden durch das tragische Ende des Cordus nur noch mehr gesucht. Damals war eS auch, daß Tiberius vor den Senatoren seine Leibwachen ihre Uebungen machen ließ, als ob sie ihre Stärke »och nicht keii- neten, um sie durch den Anblick ihrer Menge und Stärke noch mehr in Furcht zu seyen. Dieß das Denkwürdigste aus der Geschichte der damaligen Zeit. Hierzu kommt noch, daß die Cycicener, weil sie einige Römische Bürger in Fesseln gelegt, und die zu Ehren August's begonnene Kapelle nicht ausge- baut hatten, ihrer Freiheit wieder verlustig wurden. Auch ! hätte er Einen, der mit seinem Haus auch die Bildsäule des Tiberius verkauft hatte und deßhalb angeklagt war, zum Tode , verurtheilen lassen, wenn nicht der Consul beim Umstimmen ihn zuerst nm seine Stimme gefragt hätt«. So schämte er l Siebenundfünfzigstes Buch. 1271. sich, selbst zu seinen Gunsten zu stimmen und sprach ihn frei. Auch ein Senator Lentulus, rvn der sanftesten Gemüthsart und scbon hoch bejahrt, wurde angeklagt, daß er dem Kaiser nach dem Leben trachte. Lentnlns war gegenwärtig und lachte laut auf; als der Senat darüber etwas unruhig wurde, so rief Tibcrius: „Ich biu nicht werth länger zu leben, wen» auch Leutulus mich 'haßt!« Inhalt des achtundfünfzigsten Buches. Tiberius geht nach Capreä, nndSabinus stirbt aus die treulose Anklage des Latiaris. Cap. 1. Livia stirbt, Cap. 2. Gal- lu» wird verurtheilt, eines langsamen Todes zu sterben. Cap. 2. Sejanus wird zu den höchsten Ehren erhoben und stirbt durch die List des Tiberius mit allen Verwandten und Freunden. Cap. 4—19. Ueber die Wahl der Obrigkeiten und die Comitien. Cap. 21—25. Des Tiberius Unzucht, Grausamkeit und Geiz. Cap. LS. Von dem Partherkönig ArtavanuS und Armenien. Cap. 27. Thrasyllus stirbt. Cap. 27. Tiberius stirbt. Cap. 28. Der Zeitraum begreift zwölf Jahre, in welchen Folgende Consuln waren : Nach ' Nackt Tiberius' Ehr. Erb. Noms. Negier.-Jahre. 26. 779. Cneus Lentulus Gätulicus und Cajus XIII. Calvisius Sabinus. 19. Aug. 27. 780. Marcus Licinius Crassus und Lucius Calpurnius Piso. XIV. 28. 781. Ap. Junius SilvannS und Publius Silius Nerva. XV. 29. 782. Lucius Rubellius Geminus und Casus Fusius Geminus. XVI. 20. 78Z. Marcus Vinicius Ouartinus und Lucius Cassius Longinus. XVII. 21. 784. Tiberius Augustus zum fünstcnmal und Lucius Aelius Sejanus. XVIII. Jnhalr des achtundfünfzigsten Buches. 1.273 Noch Noch > TibcrinS' Cdr. Erb. Roms. Regier.-Jahre. 22. 785. Cnens Domitius Ahenoborbns und Furius Camilins Scribvnianus. XIX. 32. 786. Servins Sulpicins Galba und Lucius Cornelius Sulla. XX. 34. 787. Lucius VitelliuS und Paulus Fobius Pqz-sicus. XXl. 35. 788. Casus Cestius Gallus uud Marcus Servilius NoniannS. XXII. 36. 78S. Sertus Papinius und QuintuS Plautius. XXIII. 37. 7gy. Cueus Acerronius Proculus und Casus Pontius Nigrinus. 7 26. März Achtnndfünfzigstes Buch. t. Um diese Zeir verließ Tiberins Rom, um niemals wieder dahin zurückzukehren, obgleich er es oft wollte und immer versprach. Damals geschah es, daß ein gewisser La- tiaris, ein Frennd von Sabinns, einem der ersten Männer in Ütom, dem Scjanns zn gefallen, über der Decke des Zimmers, in dem er wohnte, Senatoren versteckte, und so den Sabinns in ein Gespräch verlockte,, und dann durch die gewohnte Unterhaltung ihn dahin brachte, daß er seines Herzens Meinung anssprach. Solche Angeber ziehen gewöhnlich erst selbst gegen Andere lvS und geben irgend ein Geheimniß zum Besten, damit so der Andere durch irgend eine 1274 Cassius Dio's Römische Geschichte. Aeußerung Stoff zu einer Anklage gebe. Für ffe, die Solches verabredetermaßen thun, ist eine freimüthige Aeußerung mit keiner Gefahr verbunden, da man von ihnen annimmt, daß sie es nicht ernstlich meinen, sondern Andere damit berücken wollen. Diese aber werden für jedes unerlaubte Wort zur Strafe gezogen, Was denn au» jetzt der Fall war. Sabi- nus wurde noch an demselben Tag ins Gefängniß geworfen und hierauf ohne weiteres Verhör nms Leben gekrackt. Sein Leichnam wurde über die Treppen am Tibernser gestürzt und in den Fluß geworfen. Noch denkwürdiger ward das traurige Schicksal des Sabinus durch die Treue seines Hundes, der ihm in den Kerker folgte, dort den Gemordeten nickn verließ, und zuleyt der Leiche in den Flnß nachsprang. Ein solches Ende nahm dieser Mann. L. bim dieselbe Zeit starb auch Livia i» einem Alter von sewsundachtzig Jahren. Tiberius hatte sie weder während ihrer Krankheit besucht, noch ließ er jetzt ihre Leistn öffentlich ausstellen, noch überhaupt Etwas zu ihrer Ehre veranstalten, als ein öffentliches Leichenbegängniß, Vorira- gung der Ahnen und andere dergleichen geringfügige Dinge mehr. Sie unter die Götter zu versetzen verbot er geradezu. Der Senat beschränkte sich jedoch nicht aus die von. ihm schriftlich benannten Ehrenbezeugungen, sondern ließ sie das ganze Jahr von den Frauen betrauern, während er jedoch dem Tiberius Schmeicheleien sagte, daß er darüber die Verwaltung des Gemeinwesens nicht unterließ. Auch erkannte man ihr, Was bisher noch keiner Frau geschehen war, einen Ehrenbogen zu, weil sie nicht Wenigen das Leben gerettet, Vieler Kinder hatte erziehen lassen und Vielen ihre Töchter 1275 Achtundfünfzigstes Buch. mit ausstatten half, weßhald ste selbst Einige Mutter des Vaterlandes genannt wissen wollten. Sie wurde in der Gruft des Augustns beigesetzt. Unter anderen treffenden Reden führte man anch folgende von ihr an: Einst begegneten ihr nackte Männer und sollten darob mit dem Leben bnssen, sie aber ließ es nichtzu. indem sie sagte: „Züchtige Weiber könnten solche nur als Bildsäulen betrachten." Als sl- Einer fragte, wie und wodurch sie so viel Gewalt über Augnstns gewonnen hätte, antwortete sie: „Ich lebte selbst in allen Züchten und Ehren, that Alles, was ihm angenehm war, mit Freuden, mischte mich nicht in seine Händel, zankte nicht über seine Liebesabenteuer und that, als ob ich Nichts davon wüßte." So benahm sich Livia. Ihr Ehrenbogen kam jedoch nicht zu Stande, weil Tiberius versprach, ihn auf eigene Kosten errichten zu wollen. Ausdrücklich wollte er den Senatsbeschluß nicht aufheben, vereitelte ihn aber dadurch, daß er ihn aufStaatskosten nicht zu errichten erlaubte und selbst Nichts dafür that. Sejans Einfluß hob sich indessen immer mehr. Es ward beschlossen, seinen Geburtstag als ein öffentliches Fest zn begehen. Der Bildsäulen, welche ihm Senat und Ritterschaft, die Tribus nud die ersten Männer Roms errichteten, waren unzählige. Eigene Gesandte wurden vom Senat, von der Ritterschaft, von Seiten des Volkes aber Tribunen und Aedilen an ihn, wie an Cäsar, abgesendet. Man that Gelübde für Beider Wohl, man opferte sihren Bildsäulen) und schwor bei ihrem Glücke. z. Tiberius ersah sich die günstige Gelegenheit, dem Gallus, der sich mit seiner früheren Gemahlin vermählt lind freie Aeußerungen sich erlaubt hatte, zu Leibe zu gehen. 12?6 Cassius Dio's Römische Geschichte. Er hatte dem Sejauus, sey. es, daß er in ihm den künftigen Herrscher sah, oder weil er ihm aus Furcht vor Tiberius den Hos machte, oder auch aus Hinterlik, um den Kaiser dadurch desselben überdrüssig zu machen und seinen Stui^z herbeizuführen, die meiste» und größten Ehrenbezeugungen beantragt, und beeiferte sich, selbst nnter den Gesandten an Tiberius zu seyn. Dieser aber schrieb wegen seiner unter Anderm an den Senat, daß er den Sejan um seine Freundschaft beneide, während er selbst doch den Syriacus zum Freundhätte. Er ließ jedoch den Gallus Nichts merken, sondern behandelte ihn aus sehr vertrautem Fuße, so daß ihm das Seltsamste begegnete, Was noch Keinem begegnet war. An demselben Tage nämlich, an welchem er von Tiberius bewirthet ward, und den Freundschaftsbecher mit ihm trank, sprach der Senat sein Todesurtheil, und in Folge Dessen ward ein Prätor abgeschickt, um ihn gefangen zu nehmen und zum Tode zu führen. Tiberius ließ ihn aber, obgleich er, sobald er sein Todesurtheil erfuhr, selbst es wünschte, nicht einmal sterbe». Um ihn desto länger zu quälen, sprach er ihm vielmehr Muth ein und befahl ihn »»gefesselt gefangen zu halten, bis er selbst in die Stadt käme, um ihn möglichst lange in Schande und Furcht hinschmachten zu lasse». So geschah es denn auch. Er wurde von den jeweiligen Consnln, und wenn Tiberius selbst Consul war, von den Prätorcn bewacht, nicht um seine Flucht, nein beim Zeus, um seinen Tod zu verhindern. Kein Freund, kein Sclave ward vor ihn gelassen, er durfte mit Niemand sprechen, Niemand sehen, außer wenn ihm Speise aufgedrungen ward. Sie war aber von der Art, daß sie ihm nicht mundete oder Stärkung gab, 1277 Achtundfünfzigsies Buch. sondern nur ihn nicht sterben ließ. Dieß war das Schrecklichste und Tiberius wandte diese Qual auch bei vielen Andern an. Er ließ einmal eine» seiner Günstlinge in den Kerker werfen, und äußerte, als man ihn erinnerte, die Todesstrafe an ihm vollziehen zu lassen: „ich bin noch nicht mit ihm ausgesöhnt." Einen Andern ließ er aus's grausamste foltern, und, als er erfuhr, daß er, ungerecht verur- theilt war, befahl er ihn eiligst zu todten, da er nach solcher Mißhandlung nicht mehr mit Ehren leben könnte. Syria- cns, der nie Etwas verbrochen, keiner Schuld bezüchtigr worden, wurde deßhalb hingerichtet, weil Tiberius ihn als einen Freund des Eallns bezeichnet hatte. Auch den DrusnS ließ Sejan durch dessen Frau bei Tiberius anschwärzen. Er trieb nämlich fast mit allen Frauen der angesehenen Männer Rvmtz verbotenen Umgang, erfuhr durch sie, Was diese gethan oder gesprochen hatten, und machte sie zu seinen Werkzeugen, indem er ihnen Hoffnung auf Vermählung gab. Als aber Tiberius nichts weiter that, als daß er den Drnsus nach Rom zurückschickte und Sejan besorgte, er möchte milder gegen ihn gestimmt werden, so vermochte er den Cassius, im Senate gegen Jenen aufzutreten. 4. Sejanns*) wurde immer mächtiger und furchtbarer. ") Hierher gehört wahrscheinlich das Batican. Fragment des Masns: „Tiberius schützte eine Krankheit vor und schickte den Sejan voraus mit dem Bedeuten, daß er bald selbst nachkommen werde, indem er sagte: es werde mit ihm ein Theil von Lcib »nd Seele abgerissen. Er umarmte und küßte ihn unter Thräne», so daß Sejan immer übermüthiger wurde." 1278 Casiius Dio's Römische Geschichte. so daß Senat und Volk ihm wie einem Herrscher ihre Aufmerksamkeit schenkte» und den Tiberius über ihm vernach- läßigtcn. Als Dieß Tiberius merkte, so nahm er die Sache nicht auf die leichte Seite und wußte sich vorzusehen, da er befürchten mußte, daß man ihn geradezu zum Kaiser erkläre. Oeffentlich that er jedoch keine Schritte, den» Sejan hatte die ganze Leibwache für sich gewonnen, Und die Senatoren theils durch Wohlthaten, oder Hoffnungen, theils dnrch Furcht auf seine Seite gebracht, die Umgebungen des Tiberius aber sich befreundet, daß ihm Alles, was Derselbe that, sogleich zugetragen wurde, und von Dem, was er selbst that, dem Tiberius nichts zu Ohren kam. Er suchte ihm aber auf einem andern Wege beizukommen, ernannte ihn zum Consnl und nannte ihn den Genossen seiner Sorgen. Er hieß ihm nur „sein Sejan," und ward voil, ihm auch als solcher dem Senat und dem Volke bezeichnet. Dadurch ließen sich die Leute täuschen und trauten; überall errichtete man eherne Bildsäulen von Beide», ließ sie zusammen abmalen, »nd stellte für Beide vergoldete Pracht- sessel auf das Theater. Endlich war im Senat beschlossen, sie gemeinschaftlich auf fünf Jahre zu Cvnsuln zu ernennen, und, wen» sie nach Rom kämen, Beide jedesmal feierlich einzuholen; überdieß wurden vor seinen, wie vor Tiberius Bildnissen Opfer dargebracht. So hielt man es mit Sejan. Indessen sielen Viele sehr angesehene Männer als Opfer der Tyrannei, unter ihnen Cajus Rusus Geminius. Des Majestätsverbrechens gegen Tiberius angeklagt, brachte er sein Testament in den Senat und bewies aus demselben, daß er ihn zu gleichen Theilen mit seinen Kinder« znm L2k9 Achtundsiuiftigstes Buch. Erben eingesetzt hatte. Man gab ihm Weichlichkeit Schuld, da ging er nach Hause, ehe das Urtheil gefällt war, und als er horte, daß ein Quästor da sey, um das Urtheil zu vollziehen, so versetzt- er sich eine Wunde und zeigte sich demselben mit den Worten : „Melde dem Senat, daß nur ein Mann so zu sterben weiß!" Seine Gattin Publia Prisca, gleichfalls angeklagt, erschien i» dem Senat und stieß sich einen Dolch, den sie heimlich mitgebracht hatte, in die Brust. 5. Sejan trug den Sinn so hoch und besaß solche Macht, daß er eigentlich Kaiser, und Tiber, weil. er immer aus Capreä blieb, ei» winziger Jnselkönig zu seyn schien. Es war ein beständiges Gedräng und Gedrück vor seiner Thüre, weil Jeder befürchtete, gar nicht, oder zu spät bemerkt zu werden: denn er gab überall, besonders bei den Großen, auf Äorte und Mienen auf's Genaueste Acht Männer, welche von Haus aus in Ansehen stehen, sind nicht so sehr auf Ehrenbezeugungen erpicht, und rechnen es Einem nicht so hoch an, wenn er sich in Etwas versieht, da sie sich bewußt sind, daß sie darum nicht gering geschätzt werden. Wer aber in fremdem Putze prangt, findet darin eine nothwendige Stnye seiner Würdigkeit; in der Unterlassung der gewünschten Aufmerksamkeit findet er einen geheimen Vor- wurf, und ärgert sich, als ob man ihn dadurch beleidigen wollte. Deßhalb schenkt man Solchen mehr Anfnrerksamkeit, als selbst den eigentlichen Machthabern, weil Diese bei einem Verstoß eine Ehre darein setzen, zn verzeihen, während Jene es für einen Vorwnrs der Uninacht halten, und durch Entgelten und Rache ihre Macht zu festigen glauben. Als am 1280 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. Neujahrstag Alles in daS 5paus dcs SejanS strömte, brach die Polsterbank in dem Besucdzimmer von der Menge der der darauf Sitzenden zusammen. Als er dann aus dem Hause ging, lief ihnen eine Katze über den Weg. Er wollte hieraus nach dem Opfer auf dem Capitolimn auf den Markt herab gehen, seine Diener und Leibwachen aber, welche wegen deS GcdrängS ihm nicht folgen konnten, lenkten durch die Straße, welche zu dem StaatSgefängniffc führt, nach den Treppen anS, über Welche die Vernrtheilren gestürzt wurden, glitten «uS und fielen zu Boden. Wie er dann Vogelschau hielt, ließ sich'kein glückbedeutendcr Vogel sehen, Raben umflatterten und umkrächzten ihn, flogen dann in dichtem Schwärme auf besagtes Gebäude zu und ließen sich auf demselben nieder. 6. Bei diesen Vorzeichen kam aber weder dem ^ejän, »och einem andern ein Gedanke an üble Vorbedeutung. Denn bei dem zeitigen Stande der Dinge hätte selbst ei» Gott, wenn er eine so schreckliche Veränderung für die nächste Zukunft vorausgesagt hätte, nirgends Glauben gefunden. Viele schworen denn bei seinem Glücke, und nannten ihn einen Genossen Tiber'» nicht im Consulate, sonder» in der Herrschaft überhaupt. Dem Tiberius aber entging Nichts von Dem, was um den SejanuS vorging: wie er aber mit sich zu Raihe ging, auf welche Weise er sich sein" entledigen könnte, und Dieß geradehin ohng Gefahr zu thu» unmöglich fand, kam er auf eine merkwürdige List, durch die er nicht nur SejanS, sondern auch der Andenr Gesinnung aufs Sicherste ergründete. Er schrieb nämlich sowohl Achtundfünfzigstes Buch. 1281 an Jenen, als an den Senat Viel und Mancherlei, einmal, -aß es sehr übel mit ihm stehe und daß er es nicht mehr lange treiben werde, dann wieder, er sey ganz gesund und werde sogleich nach Rom kommen. Den Sejan lobte er bald über die Maßen, bald sehte er ihn tief herab , von seinen Freunden aber zeichnete er die Eine» aus, die Andern aber verunehrte er, so daß Sejau sich bald zur übermüthigsten Hoffnung erhoben, bald aufs Aenßerste niedergeschlagen fühlte, und so in der bangsten Unschlüssigkeit erhalten wurde. Seine Besorgnisse trieben ihn nicht so weit, daß er sich zu« Empörung genöthigt sah (denn er ward ja noch geehrt), noch behielt er auch so viel Vertrauen, um einen entscheidenden Schritt zu wagen (denn er hatt« an Ansehen verloren), und auch die Andern, welche in so kurzer Zeit die widersprechendsten Nachrichten hörten und nicht wußten, ob sie den Sejan noch gleich hoch stellen oder aufgeben sollten, dagegen bald Tiber's Tod, bald seine Ankunft gewartcn mußten, wurde» in gleicher Unschlüßigkeit erhalten. 7. Wenn schon Dieß bei Sejanus Unruhe erregte, so ward dieselbe noch vielmehr gesteigert, weil aus einer Bildsäule von ihm vieler Rauch aufstieg, und als man um die Ursache zu erforschen, den Kops abnahm, eine große Schlange aus ihr hervorsprang, und, da sogleich ein anderer Kopf darauf geseht ward, und er deßhalb vor ihr zu opfern sich anschickte (denn auch darauf verfiel er unter Anderem) ein Strick um den Hals derselben gefunden ward. Eine weitere üble Vorbedeutung war, daß die Biltsänle der Glücksgöttin, welche der Sage nach, dem Römischen Könige Tullius zugehört hatte, Dio Casstus. los Bbch». 7 L 282 Eassius Dio'S Römische Geschichte. jetzt «der in Sejans Hause stand »nd von ihm hoch verehrt ward, vor seinen eigenen Augen, während eines Opfers, das er selbst ihr brachte, das Hanpt abkehrte-') nnd dann noch Andere, welche mit ihnen den Saal verließen. Die Anderen aber wurden darüber zwar auch bedenklich, wie sie aber die Absicht des Tiberius nicht erriethen, und Sejans schnelle Hitze und den Unbestand der menschlichen Dinge kannten, so wollten sie es mit Keinem von Beiden verderben; waren zwar für sich im Stillen auf ihre Sicherheit bedacht, aber öffentlich thaten sie ihm schön, zumal da auch Tiberius mit Casus ihn und seinen Sohn zu Priestern machte. So verliehen sie ihm denn proconsnlarische Würde und verordneten weiter, daß den jeweiligen Consuln empfohlen werden sollte, ihn sich zum Muster zu nehmen. Ob ihn nun gleich Tiberins mit der Priesterwürde beehrt hatte, so beschied er ihn doch nicht zn sich, sondern befahl ihm, als er unter dem Verwände, seine Braut sei krank, »ach Campanien kommen zu dürfe» bat, zu bleiben, wo er wäre, da er selbst mit nächster Zeit nach Nom kommen würde. 8. Dieß machte den Sejan wieder stutzig, zumal da Tiberius den Casus in dem Schreiben, worin er ihm die Priesterwürde verlieh, lobte und in ihm gewißermaßen den künftigen Nachfolger in Aussicht stellte. Auch wäre er wohl zn Gewaltmaßregeln geschritten, besonders da die Leibwachen in Allem seines Winks gewärtig waren, wenn nicht das Volk über das dem Casus ertheilte Lob, im Andenken an seinen Vater Germaniens, große Freude gezeigt hätte. Hier ist in dem Tert eine kleine Lücke. 1285 Achtundfünfzigstes Buch. Bisher hatte er auch auf des Volkes Ergebenheit gerechnet, nun aber stimmte die Bemerkung, daß es den Cajus begünstige, seinen Muth nicht wenig herab. Sehr bedauerte er jetzt, daß er als Consul nicht die Alleinherrschaft an sich gerissen hätte. Auf die Andern aber wirkte nicht nur Dieß, sondern auch der weitere Umstand, daß Ti- terius einen Feind desselben, der vor gehen Jahren zum Statthalter über tzispanien gewählt, auf Sejan's*) Veranlassung aber über einige Punkte angeklagt war, lossprach und bei dieser Gelegenheit die Bestimmung traf, daß künftige Statthalter oder sonstige Beamte über dergleichen während ihrer Amtsführung vorfallende Kleinigkeiten nicht be- i langt werden sollten. Ueberdieß fiel es auf, daß er, in einem > Schreiben an den Senat über Nero's Tod, den Sejan ohne den gewohnten Beisatz schlechtweg als „Sejan" erwähnte ! und zugleich verbot, irgend einem Sterblichen Opfer darzubringen (Was auch bei Sejan geschehe» war), und befahl, daß ihm selbst keine splche Ehrenbezeugung beantragt werden sollte, da ihm dergleichen sonst in Menge pflegten beschlossen zu werden. Zwar hatte er dieses Verbot schon früher erlassen, ^ jetzt aber frischte er es wegen Scjanus wieder auf: denn Was er für sich selbst nicht zuließ, das konnte er auch bei keinem Andern gestatte». > 9. Dieß setzte den Sejanus in den Augen der Andern noch > mehr herab, so daß man ihn bereits sichtlich vernachläßigte, ») Statt aflro>7 7 k lese ich auf den Vorschlag von Baum» , garten-Erusius ^kr» /«»ou. 7 « 1264 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihm aus dem Wege ging und ihn verließ. Sobald Tiberius Dieß bemerkte, und darauf rechnen konnte, daß er Volk und Senat auf seiner Seite hatte, ging er ihm.ernstlich zu Leibe. Um ihn desto unerwarteter zu überraschen, ließ er das Gerücht aussprengen, daß er ihm Tribunengewalt übertragen wollte, klagte ihn aber iy einem dem Nävins Sertorius Macro mitgegebenen Schreiben vor dem Senat an, übertrug Diesem ingeheim den Oberbefehl über die Leibwachen und gab ihm die nöthigen VerhaltungSdefrhle. Macro langte bei Nacht in Rom an und that, als käme er in anderen Angelegenheiten, theilte aber seinen Auftrag dem zeitigen Consul Mcmmius Regulus (der andere Consnl hielt es mit Sejan) und dem Gräciuus Laco, dem Befehlshaber der Nachtschaarwächter, mit. Am frühen Morgen begab er sich auf den palatinischen Berg, da die Senatsfltzung in dem Apollotemxel gehalten werden sollte, und stieß auf Sejan, der noch nicht den Saal betreten hatte und bestürzt war, daß er keine Briefschaften von Tiberius an ihn hätte. Jener beruhigte ihn aber, indem er ihm beiseite unter vier Augen vertraute, daß er ihm die Tribunengewalt brächte. Sejan hocherfreut über die Nachricht, hüpfte in die Curie; Macro aber schickte die Leibwachen, welche bei Sejan und der Curie standen, in das Lager zurück. Jetzt kündigte er denselben an, daß er ihr nunmehriger Befeblshaber sey; in den mitgebrachten Briefschaften des Tiberius seyen ihnen Belohnungen ausgesetzt. Die Schaarwächter ließ er nun statt ihrer den Tempel umstellen, trat in denselben, und übergab den Consuln das Schreiben Tiber's, entfernte sich aber sogleich wieder, «he Etwas verlesen war. Die Bewa- Slchtundfünfzigstes Buch. 4285 ckiung übertrug er dem Laco selbst und eilte nach dem Lager, um dort etwaigen Unruhen vorzubeugen. 10. Indessen ward der Brief vorgelesen. Er war lang und enthielt die Vorwürfe gegen Sejan nicht gleich auf einander, sondern im Eingang etwas Anderes, dann einen kurzen Vorwarf gegen ihn, dann wieder etwas Anderes, hierauf wieder Etwas gegen ihn, zuletzt forderte er die Bestrafung zweier Senatoren, welche vertraute Freunde von ihm waren, und endlich gefängliche Haft des Sejanus. Tiber trug nicht geradezu auf seinen Tod an, nicht als ob er ihn nicht wünschte, sondern weil er befürchtete, dadurch Unruhen herbeizuführen. Als konnte er allein die Reise in die Stadt nicht mit Sicherheit unternehmen, beschiel» er den einen der Consuln zu sich. So lautete der Brief, und mancherlei Merkwürdiges war jetzt zu hören und zu sehen. Vor Lesnng des Briefes, und als man noch die Ertheilung der Tribunengewalt an ihn aus jenem zu vernehmen erwartete , wurden ihm vielfache Lobsprüchc ertheilt, freudiger Zuruf ertönte. Feder sah schon im Geiste verwirklicht, Was er erwartete, und wollte dem Sejan zeigen, daß auch er mit der Ertheilung übereinstimme. Als aber Nichts von alle Dem, sondern das gerade Gegentheil von dem Erwarteten zum Vorschein kam, entstand erst vielfache Verlegenheit und dann große Niedergeschlagenheit. Einige, welche mit ihm auf einer Bank gesessen, standen sogar auf, und wollten mit ihm, dessen Freundschaft sie bisher mit größtem Eifer gesucht hatten, den Sitz nicht einmal theilen. Hierauf stellten sich Prätoren und Bolkstribunen um ihn her, damit er nicht entspringen und einen Aufstand erregen möchte. 1286 Casstuö Dio's Römische Geschichte. Dieß hätte er auch wohl jeden Falls gethan, wenn er gleich Anfangs das volle Gewicht der Anklage vernommen hätte, so aber schlug er das jedesmal Verlesene nicht hoch genug an und hoffte immer, daß das Einzelne noch nicht zuviel bedeute und der Hauptschlag noch nicht zn weit geführt werde. So verzog er »ud blieb. Als ihn jetzt R-gulus vor sich forderte, gehorchte er nicht, nicht aus Uebermuth; denn dieser war bereits gebrochen, sondern weil er nicht gewohnt war, daß ihm besohle» wurde. Wie er ihm aber zum zweiten und drittenmal mit ausgestreckter Hand zurief: „Sejau, hierher!" so fragte er nun gar: „Mich rufst Du?" und erhob sich nun erst, nnd Laco, der in den Saal getreten war. stellte sich neben ihn. Nach vollendeter Vorlesung des Briefs schrieen jetzt Alle wie mit Einer Stimme auf ihn ein und stießsnDrohungen gegen ihn aus, die Einen, weil sle von ihm Unrecht erduldet oder z» befürchten hatten; Andere wollten ihre Freundschaft gegen ihn vergessen machen, wieder Andere freuten sich über seinen Sturz. RegnluS aber forderte nicht Alle, Keinen aber über die Verurtheilnng desselben, auf, indem er befürchten mußte, daß er Widerstand fände und Unordnung herbeiführen würde: denn Jener hatte viele Verwandte und Freunde im Senat, sondern ließ nur Einen Senator seine Stimme abgeben, und als Nieser mit ihm auf seine Verhaftung antrug, so ließ er ihn aus der Sammlung entfernen und führte ihn unter Begleitung der andern Obrigkeiten lind Laco's in das Staatsgefängniß. 11. Und jetzt erst konnte man die menschliche Gebrechlichkeit inue werden, und den Uebermuth verlernen. Ahnden noch am Morgen, weit über Alle erhaben, man- L287 Achtundfunfzigstes Buch. niglich in die Curie geleitet hatte, schleppte man jetzt unter Alle erniedrigt, in's Gefängniß; ihn, den man früher mit Kränzen geschmückt hatte, warf man jetzt in Fesseln; ihn, den früher als Herrscher Leibwachen umgaben, hütete man jetzt als cntlaufenen Sclaven; ihm, der vor Scham das Tageslicht nicht schauen mochte, enthüllte man vor aller Augen das Angesicht; ihn, den man früher mit Purpnr schmückte, schlug man jetzt in's Gesicht; ihn, dem man früher fußfällig- Verehrung widmete, dem man wie einem Gölte opferte, führte man jetzt in den Tod. Auch das Volk siel jetzt über ihn her, rückte ihn unter wildem Geschrei seine Mordthaten vor und höhnte s.ine so schön erfüllten Hoffnungen. Alle seine Bildsäulen stürzte, zerschlug und schleppte man umher, als ob er selbst diese Streiche fühlen müßte, um ihn so zum Augenzeugen Dessen zu machen, was ihn nächst- Lem selbst erwartete. Für jetzt ward er in das Staatsge- fängniß gebracht; gleich darauf aber, an demselben Tage, versammelte sich der Senat nahe bei dem Gefängniß in dem Concordientempel, und glaubte bei der zeitigen Stimmung des Volkes, alö auch die Leibwachen sich nirgend zu seinem Schutze versammelten, ihn ohne Gefahr znm Tode verur- urtheilen zn können Das Urtheil ward sogleich vollzogen nnd sein Leichnam die gemonifchen Treppen hinabgestürzt, von dem Volke aber drei volle Tage zum Lohne umherge- zerrt und sodann in die Tiber geworfen. Auch seine Kinder starben in Folge eines Senatsbeschlnsses, seine Tochter, welche früher mit dem Sohne des Claudius verlobt war, nachdem sie durch den Henker erst geschändet worden war, weil man es nicht für erlaubt hielt, eine Juugfran (so lange sie e< 1288 Cassius Dio's Römische Geschichte. war) im Gefängnisse hinzurichten. Seine Gemahlin Apicata ward zwar nicht zum Tode verurtheilt, als sie aber erfuhr, daß ihre Kinder getödtet wären, und ihre Leichname auf den gemonischen Stufen erblickte, ließ sie sich nicht weiter sehen, sondern legte die näheren Umstände von Drusus Tode, und eine Anklage gegen dessen Gemahlin Livilla, ohne Zweifel, weil sie wegen Letzterer mit ihrem Gemahl zerfallen war und sie nicht mehr mit einander lebten, in einer besondern Schrift nieder, schickte solche an den Tiberins und gab sich den Tod. Als Tiberius die Zuschrift erhielt, erhob er die Wahrheit derselben und ließ nicht nur die anderen Schuldigen, sondern auch Livilla am Leben strafen. Nach einer andern Angabe hätte er der Letztern ans Rücksicht auf ihre Mutter Antonio das Leben geschenkt, und Antonia hätte selbst ihre Tochter den Hungertod sterben lassen. Doch geschah Dieß erst später. ir. In der Stadt kam es zu unruhigen Auftritten: wo nur immer das Volk Einen zu Gesichte bekam, der bei Sejan viel vermochte und sich Bedrückungen erlaubt hatte, brachte es ihn nm. Auch die Soldaten, welche es übel aufnahmen, daß man ihre Ergebenheit gegen Sejan mißdeutete, und den Schaarwächtern in der Treue gegen Tiberius den Vorzug gab, ließen sich Brandstiftungen und Plünderungen zu Schulden kommen, obgleich sämmtliche Etvatsbeamte auf Befehl des Tiberius die Sicherheit der Stadt sich anfs angelegentlichste empfohlen seyn ließen. Auch im Senate ging es unruhig zu: die früheren Wohldiener Scjans waren aus Furcht vor Strafe in großer Beforgniß; und Diejenige» welche als Ankläger oder Zeugen aufgetreten waren, sahe» 1289 Achlnndfünfzigfteö Buch. sich dem Verdachte blosgestellt, daß sie die Angeklagte» dem Sejau, nicht dem Tiberius geopfert hätten. Nur sehr Wenige waren getrosten Muthes, da sie in keine dergleichen Ränke verwickelt waren, nnd gaben sich der Hoffnung hin. Denn alles Vorgefallene gaben sie jetzt, wie Dieß zu geschehen pflegt, dem Gefallene» Schuld und schrieben Nichts oder nur Wenig auf des Tiberius Rechnung, indem sie meinten, er habe um das Wenigste gewußt, oder sey es ihm abgedrungen worden. In dieser Stimmung war Zeder für sich, im Senate aber beschloßen sie, als wären sie jetzt von dem despotischen Drucke befreit, daß Niemand um ihn trauern dürfe, der Göttin Freiheit eine Bildsäule auf dem Forum errichtet werden, und ein Fest vo» den Staatsbeamten und allen Priestern (ein unerhörter Fall) gefeiert, Sejans Todestag aber durch Ritterkämpfe und Thierhehen alle Jahre durch alle vier Priestercollegien uud die Augusta- lischen Priester begang:n werden solle, eine Verordnung, welche ebensowohl ohne Beispiel war. Sie hätten ihn durch ihre übertriebenen und unerhörten Ehrenbezeigungen ins Verderben gestürzt »nd beschlossen denn auch den Göttern ungewöhnlichen Dank abzustatten. Sie waren so sehr davon überzeugt, daß sie ihm hiedurch den Kopf verrückt hatten, daß sie sogleich den ausdrücklichsten Beschluß faßten, Keinem mehr übermäßige Ehren zu bezeigen, auch bei Keinem mehr außer dem Kaiser zu schwören. Kaum aber hatten sie Dieß wie auf göttliche Eingebung beschlossen, als sie auch gleich wieder dem Macro und dem Laco zu schmeicheln begannen, ihnen reiche Geschenke und Auszeichnungen, dem Lacv Quä- storen-, dem Macro Prätorenraug verliehen; auch sollte» 1290 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. fle unter ihnen im Theater sitzen, und bei den feierlichen Spielen in der Prätexta erscheinen dürfen. Sie nahmen dieselben jedoch nicht an, da das Beispiel Seiau's ihnen in noch zu frischem Andenken war. Selbst Tiberius, dem man jetzt wenigstens unter andern Auszeichnungen den Ehrennamen Vater desVaterlandes aufzudringen, und dessen Geburtstag mit zehen Ritterkämpsen und einem Schmause des Senats begehe» wollte, nahm Nichts an, sondern verbot zum zweitenmal dergleichen Dinge für ihn in Antrag z» bringen. Dieß geschah in der Stadt. i;. Tiberius aber schwebte erst in großer Furcht, Ee- janns möchte sich der Stadt bemächtigen und mit einer Flotte gegen ihn kommen. Er hielt deßhalb Schiffe in Bereitschaft, um sich in diesem Falle durch die Flucht zu retten. Dem Macro aber hatte er, wie Einige berichten, die Weisung gegeben, im Fall eines Anfstandes, den Drusus dem Senat und dem Volke vorzustellen und als Kaiser auszurufen. Als er aber des Sejanus Tod erfuhr, und sich, wie es sich leicht denken läßt, darüber freute, so nahm er doch die deßhalb an ihn abgeschickte, aus vielen Senatoren, Rittern und Abgeordneten des Volkes bestehende Gesandtschaft, so wie eine frühere nicht an, und ließ auch den Consnl Re- gulus, der immer seiner Partei angehangen, und jetzt gekommen war, um ihn seinem schriftlichen Verlangen gemäß hierher nach Rom zu geleiten, nicht vor sich. 14. Ein sahst,es Ende »ahm Sejan, mächtiger als Alle vor und nach ihm, welche dieselbe Stelle bekleideten, den einzigen Plautianus ausgenommen. Seine Verwandten und Kreuude, überhaupt Alle, die ihm geschmeichelt, oder aus 1291 Achtundfünfzigstes Buch. Auszeichnungen für ihn angetragen hatten, wurden vvrge- fordert, und bei den Meisten wurde Grund der Beurtheilung, Das, worüber sie früher beneidet worden waren. Die Andern verurtheilten sie über Dinge, wozu sie früher selbst ihre Zustiminuug gegeben hatten. Viele, welche früher vor Gericht gestanden nnd losgesprochen worden waren, wurden aufs Neue »orgefordert und verurtheilt, als waren sie früher dem Sejan zu Lieb unschuldig befunden worden. So geschah es auch, daß Leute, gegen die man sonst Nichts vorbringen konnte, deßhalb straffällig wurden, daß sie mit Sejan in Freundschaft gestanden, als ob nicht Tiber's Freundschaft für den Mann Hauptveranlaffung ihrer Gunstbewerbungen gewesen wäre. Ankläger machten unter Anderen gerade Diejenigen, welche selbst dem Sejan am meisten den Hof gemacht hatten. So kannten sie ihres Gleichen am besten und fanden es nicht schwer, sie aufzusuchen und zu überweisen, und so wurden denn die Einen, um sich selbst zu retten, oder um Ehrcnstellen und Belohnungen zu erhalten, Ankläger und Zeugen gegen die Anderen. Denn unter Ti- berius bekamen alle Ankläger einen Theil von dem Vermögen der Verurtheilten nnd Belohnungen aus der Schatzkammer, und überdieß noch Ehrenstellen. Ja Solche, welche besonders fertig waren, Andere in's Unglück zu bringen, oder über sie das Todesurtheil zu fällen, erhielten Bildsäulen und Triumphinsignien, so daß viele achtbare Männer, die deren gewürdigt wurden, sie ausschlngen, um Jenen dadurch nicht gleichgestellt zu werden. Allein sie sahen sich in ihren Hoffnungen getäuscht: denn desselben Verbrechens, das sie gegen 1292 Cassius Dio's Römische Geschichte. die Andern vorbrachten, angeklagt, wurden sie theils deßhalb , theils als Verräther ihrer Freunde zum Tode geführt. 15. Von den Angeklagten stellten sich Viele persönlich, vertheidigten sich und sprachen mit großer Fceimürhigkeit, die Meisten aber entleibten sich, ehe sie vernrtheilt waren. Dieß thaten sie meist, um der Beschimpfung und Mißhandlung zu entgehen (denn alle darob Angeklagten, nicht nur Ritter, sondern selbst Senatoren, nicht blos Männer, sondern auch Franen wurden in das Staatsqefängnis; zusammenge- trieben, und nach ihrer Verurthcilung dort hingerichtet, oder auf Befehl der Volkstribnneu oder auch der Eonsuln vom Tarpejische» Felsen gestürzt und ihre Leichen allesamnit aus den Marktplay geschleppt und von da in den Fluß geworfen). Andere thaten es jedoch auch, um ihren Kindern das Vermögen zu retten. Nur wenig Beispiele hat man nämlich, daß das Vermögen von Selbstentleibten eingezogen wurde, indem Tiber die Leute hierdurch zum Selbstmord vermögen wollte, um dadurch den Schein zu vermeiden, als hätte er sie hinrichten lassen, als ob es nicht grausamer wäre, Einen zur Selbstentleibung zu zwingen, als ihn durch Henkers Hand unizubringen. 16. Wer hingegen auf letzterem Weg« das Leben verlor, dessen Vermögen wurde meist eingezogen, und die Ankläger bekamen Nichts oder nur wenig davon: denn Tiber fing M an, weit mehr auf das Geld zu sehen:*) wie er denn auch später die Abgabe des zweihundertsten fTheils von Kaus- *) Statt des sinnlosen H lese ich ans den Vorschlag des Sturz Acky AchtundsimfzigsteS Buch. 1295 gelber») auf den hundertsten setzte und jedes Bermächtniß, das ihm Einer machte, anzunehmen pflegte. Fast Jedermann, selbst wer sich selbst entleibte, bedachte ihn in seinem letzten Willen, und auch gegen Sejan hatte man, so lange er lebte, Dasselbe beobachtet. Aus demselben Grunde, aus dem er das Vermögen der Selbstmörder nicht an sich riß, brachte er auch alle Anklagen vor den Senat, um selbst, wie er erwähnte, ausser Schuld zu seyn, und den Senat sich selbst, e.ls schuldbcfleckt, venirtheilen zu lassen. So erfuhren sie denn nur zu wohl, daß sie selbst über einander das Todesurtheil sprechen mußten, und daß auch das früher Geschehene nicht sowohl Sejans, als vielmehr des Tiberius Werk gewesen sey. Denn nicht nur die Ankläger wurden wieder angeklagt, sondern auch gegen die Zeugen erstanden andere Zeugen, und auch die Vernrtheilenden sielen gleichem Urtheil anheim. So verschonte Tiberius Niemand, sondern brauchte sie alle gegen einander, und hielt mit Keinem dauernde Freundschaft; der Schuldige wie der Unschuldige, der Besorgte wie der Unbesorgte wurde in die Sejanischen Verfolgungen verwickelt. Endlich wollte er, wie es schien, eine Art Amnestie eintreten lassen: denn er erlaubte nicht nur ihn zu betrauern, wenn man wollte, und verbot, irgend Jemand Etwas darvb anzuhaben, Was denn auch zu wiederholten Malen beschlossen wurde. Er bewies jedoch dieß Vergessen des Vorgefallenen nicht durch die That, sondern ließ bald daraus sowohl wegen Sejans als auch unter anderen Vorwänden wieder Viele zur Strafe ziehen, indem die Einen Blutschande, Andere Mord an den nächsten Verwandten weiblichen Geschlechts begangen haben sollten. 1294 Casslils Dio'6 Römische Geschichte. 17. Unter solchen Umständen, während Jeder selbst das Herzblut Tibcr's mit Wonne getrnnken hätte, fiel im nächsten Jahr, in welchem Cneus Domitins und Camillus Scri- bonianus Consuln waren, am Nenjahrstag eine höchst lächerliche Scene ror. Seit langer Zeit war man gewohnt, im Senate nicht mehr Mann für Mann den Eid zu schwören, sondern Einer schwor, wie ich schon anderswo angegeben habe, im Namen der Anderen, die sich damit einverstanden bezeigten. Jetzt aber thaten sie nicht mehr also, vielmehr trat Einer nach dem Andern vor und schwor den Eid, als ob er ihn darum gewissenhafter halten würde. Früher hatte er mehrere Jahre, wie ich schon erwähnte, nicht einmal gestattet, die von ihm getroffenen Anordnungen zu beschwören. Durch einen anderen Akt aber zeigten sie sich noch lächerlicher. Sie beschlossen nämlich, Tiberins sollte aus ihrer Mitte, so viele er wollte, zu seiner Bewachung auswählen, und aus diesen wolle man, so oft er im Senat erscheine, zwanzig durch das Loos bestimmen, die ihn mit Schwertern umgürtet, begleiten sollten. Die Curie wurde von außen mir Soldaten bewacht und in die Curie durfte Keiner, vernicht Senator war, so daß sie also wegen keines Andern, sondern wegen ihrer allein, als ob sie seine Feinde wären, ihm diese Bedeutung zuerkannten. 18. Tiberins lobte sie zwar darob, und sagte ihnen Dank für ihren guten Willen, wies aber die Sache als eine Neuerung von der Hand. Denn so einfältig war er nicht, daß er ihnen, die er haßte, und von denen er sich am meisten gehaßt wußte, noch die Waffen in die Hand gegeben hätte. Ja eben dieser Beschluß bestärkte ihn noch in 1295 Achtundfünfzigftes Buch. seinem Mißtrauen (denn Alles, was Einer aus Schmeichelei der Wahrheit zuwider thut, erregt Verdacht): er wollte nicht nur Nichts von ihren Sichcrheits-Beichlüffen wisse», sondern ehrte dagegen dieLeibwachen, deren Ergebenheit gegen Sejan er doch kannte, durch Worte und Geschenke, um desto dienstfertigere Werkzeuge an ihnen zn haben. Doch lobte er auch bald darauf die Senatoren wieder, als sie beschloßen, den Soldaten den Sold a»s der Staatskasse zu zahlen. So schlau wußte er die Einen durch Worte zu täuschen, die Andern aber sich durch die That zn befreunden, daß er den Junins Gallio, welcher darauf antrug, die Soldaten der Leibwache nach Derfluß ihrer Dienstzeit im Schauspiel unter den Rittern sitzen zu lassen, nicht allein aus der Stadt verwies, indem er ihm geradehin zum Verbrechen machte, daß er die Soldaten mehr dem Staat als dem Kaiser geneigt machen wollte, und auf die Nachricht, daß er nach Lesbos gehe, ihn den angenehmen und sichern Aufenthalts- Ort nicht genießen ließ, sondern den Staatsbeamten, wie früher den Gallus, zn bewachen gab. Um aber beide Theile über seine Gesinnung gegen sie desto mehr in's Klare zn setzen, bat er den Senat, ihm wenigstens zu gestatten, Macro und die KriegStribunen mit sich in den Senat zu nehmen, nicht als ob er wirklich ihrer bedurft hätte, (denn eS siel ihm nicht ein, in die Stadt zu kommen) sondern nur, um ihnen seinen Haß, den Soldaten aber seine Zuneigung zu erkennen zu geben. Die Senatoren erklärten auch diese Maßregel der Vorsicht nicht für überflüßig, da sie noch weiter verordneten, daß sie bei ihrem Eintritte sich durchsuchen lassen wollten, ob nicht Einer heimlich einen 1296 Casfius Dio'S Römische Geschichte. Dolch mit sich brächte. Doch fällt dieser SenatSbcschlnß in das nächste Jahr. ^ 19. Jetzt*) gab Tiberius einige Beweise von Schonung ; gegen Vertraute SejanS, unter Anderen gegen den Prätor 1 LuciuS SejanuS und den Ritter MarcuS TerentiuS. Jener ^ kam auf den tolle» Einfall an den Flvralien voin Morgen bis zum Abende 5 um den Tiberius, welcher kahl war, zu j verspotten, allen Dienst durch Kahlköpfe verrichten zu lassen ,.! und beim Fortgehen auS dem Theater den Zuschauern von fünftausend Sklaven leuchten zu lassen. Tiberius, weit ent- ! fernt, darob ärgerlich zu werden, that vielmehr alS ob er ! Nichts davon erfahren hätte, obgleich von dort an alle Kahl-, köpfe Sejane geheißen wurden; — deßgleicheu gegen Teren- tinS, weil derselbe, der wegen seiner Freundschaft mit Sejan ^ vor Gericht gefordert, diese Beschuldigung so wenig abwies, daß er vielmehr offen erklärte, er habe ihn immer am meisten geschäht und geehrt, da er von Tiberius selbst in , so hohen Ehren gehalten worden. „Wenn TiberiuS recht that, ihn zum Freunde zu wählen, so habe auch ich nicht Unrecht gethan; wenn aber der Kaiser, bei all seiner Einsicht, sich irrte, waS Wunder, wenn auch ich mich täuschen ließ? U«S kömmt eS zn, alle von ihm Geehrten zu lieben, »nd nicht lange zu fragen, waS eS für Leute sind, ohne einen ^ wettern BestimmungSgrund zu suchen, alS daß sie den Bei- Hierher gehört viell. daS vatie. Srcerpt. des Majas: Nach des Sejanus Tod ehrte Tiberius viele Freunde desselben. andere bestrafte er mit dem Tod, woraus man ersieht, daß Alles auf das Glück ankommt. 1297 Achtundfünfzigstes Buch. fall des Kaisers besitzen." Diese Worte vermochten den Senat, ihn freizusprechen, und seinen Anklägern überdieß einen Verweis zu geben, und selbst Tibcrius war mit ihrer Entscheidung einverstanden. Den Stadtpräfekten Piso beehrte er mit einem feierlichen Leichenbegängniß — eine Ehre die er auch Andern widerfahren ließ. An seine Stelle ernannte er den Lucius Lamia, den er früher zum Statthalter über Syrien") bestellt, aber immer in Rom zurückgehalten hatte. Dieß that er auch bei vielen Anderen, nicht als ob er wirklich ihrer bedürfte, vorgeblich aber, um sie dadurch zu ehren. Als indessen der Statthalter in Aegypten, Vetraflus Pvllio starb, so übertrug er einige Zeit dem Jberus, einem Cäsarische» Freigelassenen, die Provinz. 2». Von den Consuln bekleidete Domitius allein das ganze Jahr seine Stelle (er war nämlich der Gemahl der Agrippina, einer Tochter des Germanicus), die Anderen, so lange es dem Tiberius beliebte. Die Einen wählte er auf längere, die Anderen auf kürzere Zeit, ohne sich jedoch daran zu binden, daß er nicht den Einen vor der festgesetzten Zeit entließ, den Andern länger regieren ließ. Wenn er Eine» auch auf ein ganzes Jahr zum Consul ernannte, so entließ, er ihn doch oft vor der Zeit und wählte einen Zweiten, einen Dritte» an seine Stelle; und wenn er auch einen solche» Dritten wählte, so schob er doch wohl noch, ehe er ihn eintreten ließ, einen Andern dazwischen. So ward es fast die ganze Zeit seiner Regierung hindurch mit den Consuln ») Statt des im Terte befindlichen lese ich auf Casan- bons Vorschlag Dio kasfius. Abchn. S L298 CasslUs Dio's Römische Geschichte. gehalten. Unter den Bewerbern nm andere Staatsamter wählte er, welche er wollte, und verwies sie dann mit Empfehlung an den Senat «worauf sie denn einstimmig gewählt wurden), die 'Anderen überließ er der Abstimmung, der Ver- gleichiing und dem Loose. Sodann mußten sie sich dem alten Herkomme» gemäß an das ganze Volk oder an den Bürgerstand wenden und sich von diesen, um der Form zu genügen, wählen lassen. Wenn nicht genug Bewerber da waren, oder Andere zu große Umtriebe machten, so wurden auch Wenigere gewählt. So waren im folgenden Jahre, wo Seroius Galba, der nachmalige Kaiser, und Lucius Cornelius als Consnln fignrirten, fünfzehn Prätoren, und Dieß geschah viele Jahre lang so daß bald sechzehn, bald ' um einen oder zwei weniger gewählt wurden. 21. Tiberins kam jetzt in die Nähe der Stadt und hielt sich immer in ihren Umgebungen auf. kam jedoch nie herein, obgleich er nur dreißig Stadien hatte, und die Ver- wählungsfeste der übrigen Töchter des Germanicns und der Julia, der Tochter des Drnsus, mitfeiern sollte. Deßhalb feierte -auch die Stadt diese Feste nicht, Alle gingen ihren Geschäften nach, und Senat und Richter hielten ihre Sitzungen. Er sah nämlich streng darauf, daß sie, so oft es nöthig war, And nicht zu oft sich versammelten, und nicht zu früh auseinander gingen. Oft schrieb er darüber an die Consnln, und ließ sie hin »nd wieder darüber Stellen aus seinen Briefen vorlesen. Das Gleiche beobachtete er auch in andern Fällen, als ob er darüber nicht geradezu an den Senat hätte schreiben können. Dagegen schickte er nicht nur die ihm von Angebern zugekommenen Klageschriften, sondern auch 129S Achlundfi'mfzigsies Buch. die Ergebnisse von Macro's peinlichen Untersuchungen an ihn, so daß ihm nur noch die Strafnrtheile bliebe». Als aber ein Ritter Vibulenus Agrippa das im Siegelring verwahrt« Gift sog und todt zu Boden stürzte, und Nero«, des Tibe- rius Umgang nicht langer ertragend, besonders als derselbe die von Cäsar gegebenen Gesetze über Schuldverschreibungen wieder erneuern wollte und hierdurch Mißtrauen und Verwirrung erregen mußte, troz allen Bitten desselben, nur ei« Wörtchen zu sprechen, ihm keine Antwort gab und sich durch Hunger tödtete, so verfuhr Tiberius doch bei dem Schulden- wesen gelinder und legte fünfundzwanzig Millionen Denare in den Staatsschatz nieder, welche von Senatoren an Bedürftige auf drei Jahre ohne Zins ansgeliehen werden sollten. Ueberdieß ließ er die berüchtigtsten Ankläger alle an einem Tage umbringen, und als ein früherer Centurio einen Andern angeben wollte, so erließ er eine Verordnung, nach welcher kein ehemaliger'Krieger Dieß thu» durfte, und dasselbe nur Rittern und Senatoren gestattet war. 22 . So sehr aber dem Tiberius diese Maßregeln und die Zurückweisung der ihm darob beschlossenen Ehrenbezeugungen zur Ehre gereichten, so war doch die Schande nicht geringer, die er durch seine schamlose Geilheit gegen Söhne und Töchter aus den edelsten Geschlechtern auf sich lud. Der berüchtigte Sextns Manns, ein Vertrauter desselben, der durch diese Freundschaft so reich und mächtig geworden war, daß er, auf einen Nachbar erzürnt, denselben auf zwei Tag« *) Ueber zehn Millionen Gulden. S ' L300 Cassius Dio's Römische Geschichte. zu Gaste bat, am ersten Tag dessen Vorwerk bis auf den Grund niederreißen, am zweiten aber es viel größer und herrlicher wieder aufbauen ließ, als aber dieser den Thäter nicht errieth, sich selbst als Thäter angab, und ihm zugleich be- merklich machte, so wisse und vermöge er Rache und Vergeltung zu üben — dieser Mann hatte seine schöne Tochter auf die Seite geschafft, um sie des Tiberius Angriffen auf ihre Ehre zu entziehen, wurde jetzt angeklagt, daß er mit ihr Blutschande treibe, und so mit ihr zum Tode vernrtheilt. Wenn nun diese Vorgänge ihm Schande brachten, so zeigte die Ermordung des Drusus und der Agrippina selbst von seiner säußerstenZ Grausamkeit. Wenn man auch bisher sich -dem Glauben hingegeben, daß an allem Bisherigen SejanuS Schuld gewesen sey, und gehofft hatte, daß jetzt nichts mehr zu befürchten sey, so wurde man durch die Nachricht von der Ermordung derselben und auch dadurch in tiefe Betrübniß versetzt, daß ihre Gebeine.nicht nur nicht in der kaiserlichen Gruft beigesetzt, sondern, damit sie Niemand fände, heimlich in die Erde verscharrt worden seyen. Der Agrip- pina sollte Mnnatia Plancina folgen. Er hatte sie zwar schon früher, nicht sowohl wegen des Germanicus als aus anderem Grunde gehaßt, sie aber bisher am Leben gelassen, um Jener nicht durch ihren Tod eine Freude zu machen. 23. Während dieser Scenen des Todes ernannte er den Cajns zum Quästor, ohne ihm die erste Stelle zu geben, versprach aber, ihn um fünf Jahre schneller, als gesetzlich war, vorrücken zu lassen, bat jedoch den Senat, ihn nicht durch zu viele und unzeitige Ehrenbezeugungen übermüthig au machen, damit er nicht vom rechten Wege abgeriethei 1301 . Achtundfünfzigstes Buch. Zwar hatte er noch einen Enkel Tiberius; dieser aber war noch ein Knabe und wurde aus Mißtrauen (da das Gerücht ihm nicht den Drusus zum Vater gab) nicht berücksichtigt. Dem Casus allein, als künftigem Herrscher, war er zugethan, besonders da er genau erforscht hatte, daß ssein Enkels Ti- berius nicht lange leben und von Jenem ermordet werden würde. Er war auch mit dem künftigen Schicksal deS Casus aufs Genaueste bekannt und äußerte einmal gegen Casus, als er mit Tiberius in Zwist gerieth: „Du tvdtest einmal Diesen und dich Andere." Weil er aber keinen andern nahen Verwandten hatte, und in ihm schon den schlechten Regenten erblickte, so überließ er ihm, wie man sagt, nicht ungerne die Herrschaft in der Hoffnung, daß Casus ihn überbieten, seine Schandthaten vergessen machen und den größeren und edleren Theil der noch übrige» Senatoren nach ihm zu Grund richten würde. Oft soll er die Worte des alten Verses ausgerufen:") „Nach meinem Tode geh' die Erd' in Flammen auf!""") oft auch den Priamns glücklich gepriesen haben, daß er mit sich auch Vaterland und Herrschaft enden sah. Und daß die Geschichtschreiber ihm hierin nicht Unrecht thaten, bewies er durch Das, was damals sich ereignete. Der andern Römer und Senatoren waren so viele hingerichtet worden, daß von den durch das Loos bestimmten Statt- ") inoi le «leinte. "") Nach einem Vatican. Srcerpt des Majus heißt diese Stell« folgendermaßen: Tiberius hatte immer den jambischen Vers im Mundet „Nach meinem Tode geh' die Erd' in Flammen auf." 1302 Cassius Dio'S Römische Geschichte. Haltern aus Mangel an Nachfolgern die vom Amte getretenen Prätoren auf drei, die gewesenen Consuln sogar auf sechs Jahre die Statthalterschaften in den Provinzen bekleiden mußten. Die Zahl der von ihm Gewählten, die gleich von Anfang an ibre Aemter auf längere Zeit erhielten, will ich nicht einmal erwähnen.*) Unter den Hingerichteten befand sich endlich auch Gallus: denn jetzt war er, wie er zu sagen pflegte, mit ihm ausgesöhnt. So wußte er, gegen den Gang der Natur das Leben zur Strafe, den Tod zur Wohlthat zu machen. 24. Obgleich nun bald die Feier seiner zwanzigjährigen Regierung bevorstand, so kam er doch nicht in die Stadt, während er doch ganz in der Nähe in dem Albanischen und in der Umgegend von Tuscnlnm verweilte. Die Consuln Lucius Vitellius und Fabins Persicns begingen dieselbe unter dem Namen der zweiten Decennalien, um ihm auf diese Weise die Herrschaft, wie früher dem Augustus, wieder zu übertragen. Der Tag der Feier war zugleich ihr Hrnrichtungstag. Losgesprochen wurde von den Beklagten jetzt Keiner mehr, Alle *) Hierher gehört vielleicht das Planudische Excerpt von Majus: Tiberius entfernte die von ihm vorgeschlagenen Statthalter nicht leicht von ihren Stellen. Als man ihm dagegen Vorstellungen machte, gab er folgendes Gleichniß zum Besten : Ein Mann hatte geschwürige Fuße, und als sich Mücken darauf setzten und ihn stachen, so sagte er sie nicht weg. Als es ihm Jemand thun wollte, schrie er! „Laß sie doch, Freuud l Wenn du die Satten wegtreibst, so kommen andere hungrig und machen mir größere Schmerzen." Damit meinte-er die Stattlialter, welche mit der Zeit gesättigt, mit ihren Untergebenen säuberlicher zu verfahren pflegen. 1305 Achtundfiliifzigstes Buch. wurden verdammt, die Meisten in Folge von Schreiben Ti- der's und der durch die Folter von Macro erzwungenen Geständnisse, die klebrigen aber, wenn auf sie auch nur die Vermuthung gefährlicher Absichten fiel.*) Es ging die Sage, er sey eben deßwegen nicht nach Rom gekommen, weil er sich hier wegen seiner Verurtheilungen hätte schämen müssen. Die Einen starben dnrch Lenkershand, Andere gaben sich selbst den Tod, und unter ihnen Pomponius Labeo. Dieser, welcher nach seiner Prätur acht Jahre in Mysien Statthalter gewesen war, wurde mit seiner Gemahlin der Bestechung angeklagt, und starb mit ihr eines freiwilligen Todes, Aber Mamer- eus Aemilius Scaurns, der weder ein Amt bekleidet hatte, »och Bestechung sich zu Schulden kommen lassen, ward wegen eines Trauerspiels verurtheilt, und hatte ein traurigeres Schicksal als der Held seines Trauerspiels. Das Stück war Atreus betitelt, und dieser gab einem seiner Untergebenen mit Euripides den Rath, sich in die Thorheit seines Herrn zu schicken.**) Tiberius hörte das und sagte, damit habe er *) Hierher gehört vielleicht des Majus Planudisches Srcerpt: Eine« Mann. der früher Consul gewesen. ließ Tiberius Pin- richten. weil er eine Münze mit seinem Bildniß an dem Busen mit sich auf den Abtritt nahm. Nach dem Vatiean. Ercerpt des Mafus beißt die Stelle so: Aemilius Mamertius verfaßte ein Schauspiel, das er Atreus betitelte und in welchem er einen nach SuripideS folgendermaßen spreche» ließ: Der Herrscher Thorheit mu ß in an t r a g en. Tiberius hörte das und bezog den Vers auf sich, glaubte, er sey wegen der gräulichen Mordthaten, die er verübt hatte. Atreus genannt worden und sagte: „Er machte mich zum Atreus und ich will ihn 1304 Eassius Dio's Römische Geschichte. ihn selbst gemeint, durch das vielfach vergossene Blut habe er sich freilich zumAtreus gemacht, fnhr aber fort: „und ich will einen Ajax aus ihm machen!" und so nöthigte er ihn, sich selbst ums Leben zu bringen. Doch ward Dieß nicht zum Vorwande seiner Anklage gemacht, vielmehr sollte er mit Li- villa verbotenen Umgang gepflogen haben, wie denn auch viele Andere, theils mit Recht, theils auf fälschliche Anklage deßwegen zur Strafe gezogen wurde». 25 . Wahrend Dieß in Rom vorging, blieb es auch in den Provinzen nicht ruhig. Sobald sich ein junger Manu, der sich für den Drusus ausgab, in Griechenland undZonien sehen ließ, nahmen ihn die Stätte mit Frende» auf und machten gemeinschaftliche Sache mit ihm. Auch hätte er, nach Syrien vorgedrungen, die Legionen auf seine Seite gebracht; allein es erkannte ihn Jemand, griff ihn auf nnd lieferte ihn an Tiberius aus. Es folgten jetzt die Consuln Cajus Gallus und Marcus Servilius. Tiberins feierte in Antium die Vermählung des Cajus: denn auch bei dieser Veranlassung mochte er nicht nach Rom kommen; Fulcinius Trio, ein früherer Freund des Sejanus und bei Jenem seiner Angebereien wegen sehr gut angeschrieben, jetzt aber selbst angeklagt und verhaftet, hatte sich aus Furcht selbst entleibt, zuvor aber auf ihn nnd Macro in feinem letzten Willen die gröbsten Schmähungen ausgestoßen. Seine Söhne getrauten sich nicht, den Inhalt bekannt werden zu lassen, Tiberius aber ließ sie auf die Nachricht davon an den Senat gelangen. Daraus machte er sich nicht das Geringste und konnte z»m Ajar machen." Er zwang ihn also, sich selbst den Tod zu geben." 1305 Achtundfünfzigstes Buch. sogar geheime Beschuldigungen zuweilen selbst, als wären es Lvbsxrüche, öffentlich machen. Auch was Drusns in seinem Elend und Ungemach über ihn ausgesagt hatte, brachte er zur Kenntniß des Senats. Ein solches Ende nahm Trio. Poppäns Sabinus aber, der beinahe während der ganzen Herrschaft des Tiberius bis auf die letzte Zeit über beide Mysien und noch über Macedonien Statthalter gewesen war, entschlief ganz sanft, ehe sich ein Ankläger an ihn gemacht hatte. Ihm folgte im Amte Rcgulus, denn Macedonien und, wie Einige berichten, auch Achaja wurden ihm außer dem Loose zugetheilt. 26. Um dieselbe Zeit gab der Partherkönig Artabanns nach dem Tode des Artaxas, Armenieu seinem Sohne Arsa- ces, und als Dieß von Tiberius nicht geahndet wurde, machte er sich auch an Cappadocien und benahm sich selbst gegen seine Parther übermüthig. Dieß vermochte einen Theil derselben, von ihm abzufallen, und durch eine Gesandtschaft sich von Tiberius einen der Geisel zum Könige zu erbitten, worauf ihnen Dieser den Phraates, den Sohn des Phraates, und als derselbe auf der Hinreise starb, den Teridates, der gleichfalls von königlicher Abknnft war, sendete. Um ihm aber die Besitznahme vom Thron zu erleichtern, schickte er dem Jberier Mühridates die schriftliche Weisung, in Armenien einzufallen, um den Artabanns, wenn er dem Sohne zu Hülfe käme, vom eigenen Lande abzuziehen, Was ihm auch gelang. Doch saß Teridates nicht lange auf dem Throne; denn Arta- banus verband sich mit den Scythen und vertrieb ihn ohne Schwierigkeit. In Parthien war Dieß der Stand der Dinge. Armenien aber flel dem Mithridatcs, dem Sohne, 1306 Easfius Dio'ö Römische Geschichte. wie mir scheint, des Iberiers MithridateS, Bruder «der des Pharasmanes, der nach ihm König über die Jberier wurde, anheim. Unter dem Consulate des Sextus Papinius nndQniniuS Plautius überschwemmte die Tiber einen großen Theil der Stadt, so daß man auf Kähnen fahren mußte. Noch viel größeren Schaden aber that ein Brand in der Nähe des Cir- cus und des Aventinischen Berges, so daß sich Tiberius bewogen fand, den Verunglückten fünfundzwanzig Millionen Denare znm Geschenke zu machen. 27. Wenn Aegypiische Angelegenheiten auch in eine Römische Geschichte gehören, so ist zu berichten, daß slch in jenem Jahre der Phönix sehen ließ, was unter andern Vorzeichen den Tod des Tiberius vorzubedeuten schien; denn jetzt starb Thrasyllus und im kommenden Früh>ahr unter den Consuln Cneus Proclus und Pontins Nigrinns er selbst. Noch hatte es Macro unter vielen andern Männern auch auf Domitius abgesehen und denselben Anklage und Folter zugedacht. Allein nicht alle Angeklagten fanden den Tod, denn Thrasyllus hatte den Tiberius durch eine feine List hin- tergangen. Von sich selbst hatte er Tag und Stunde des Todes aufs Genaueste angegeben, dem Tiberius aber noch weitere zehn Lebensjahre prophezeit, damit er, bei der Hoffnung auf ein längeres Leben, sich mit der Hinrichtung derselben nicht beeilen möchte, und so geschah eS denn auch. Im Wahne nämlich, auch noch später Alles, was ihn gelüstete, in Muße ausführen zu können, beeilte er fleh nicht und wurde nicht böse, als der S-uat die Verurtheilung vertagte, weil die Angeschuldigten Einsprache gegen die Folter thaten. Eine Frau hatte sich selbst eine Wunde beigebracht, worauf Achtundfünfzigstes Buch. 1.307 sie vor den Senat gestellt und von da in den Kerker abgeführt wurde, wo sie starb. Lucius Arrunti»s, schon betagt und durch seine Bildung ausgezeichnet, brachte sich selbst um das Leben, obgleich Tiberins bereits krank darniederlag und man an seinem Auskommen zweifelte. Er sah in Casus den schlechten Herrscher voraus und wünschte noch vorher zu sterben, ehe er selbst ein Probchen davon bekäme, indem er sich so vernehmen ließ: „Ich bin zu alt, um noch eines neuen, zumal eines solchen Herren Sclave zu werden." Die Anderen aber, die entweder schon verurtheilt waren, aber vor zehn Tagen nicht hingerichtet werden dursten, oder bei denen man auf die Nachricht von Tibers bedenklicher Krankheit dieVer- urtheilnng aufgeschoben hatte, kamen mit dem Leben davon. 28. Der Tod ereilte ihn in Misenum, ehe er Nachricht von diesen Vorgängen erhielt. Kränklich war er schon seit längerer Zeit, aber anf Thrasyll's Prophezeiung hin noch längeres Leben hoffend, hatte er keinen Arzt zu Rath gezogen und lebte auf dieselbe Weise fort, so daß er, wie es im Alter bei nicht heftigen Krankheitsanfällen, sondern allmäh- liger Abzehrung gewöhnlich ist, bald am Sterben war, bald sich wieder erholte, und sowohl die Anderen als auch den Casus bald mit Freude über seinen baldigen Tod, bald mit Furcht vor längerem Leben erfüllte. Aus Besorgniß, er mochte sich wirklich wieder erholen, gab dieser ihm die Speisen, um die er bat, nicht, weil sie ihm schaden könnten, überdeckte ihn aber mit vielen dichten Decken, um ihn warm zu erhalten und erstickte ihn so, wobei ihm Macro getreulich an die Hand ging. Als näm'ich Tiberius gefährlich krank ward, machte Macro dem Zungen den Hof, besonders seitdem er 1308 Casstus Dio's Römische Geschichte. denselben bei seiner Gattin Ennia Thrasylla als Liebhaber eingeführt hatte. Als Dieß Tiberius merkte, sagte er zu ihm : „Du thust klug daran, daß du die untergehende Sonne verlässest, und dich an die aufgehende wendest!" So starb denn Tiberius am sechsundzwanzigsten März, ein Mann mit Tugenden und Lastern aufs reichste ausgestattet, der beide, so oft er fle zeigte, so zeigte, als ob er nur die einen besäße. Sein Leben brachte er auf siebenundsiebzig Jahre, vier Monate und neun Tage, und hatte davon zweiundzwanziz Jahre, sieben Monate und sieben Tage geherrscht. Er erhielt eine feierliches Leicheubegängniß und sein Lobredner war V - >! Kt-- Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von , vr. Leonhard Tafel, Präceptor in Schorndorft f Dritte Abtheilung. Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. 18 4 4 . 1 j I- ^ Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt ron v. Leonhard Tafel, Oberreallehrer an dem Gymnasium zu Ulm. Eilftes Bündchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Commission von Mvrschuer und Jasper in Wien. 1 8 3 9 . vo ;i5 en, der Inhalt des neunundfünfzigsten Buchs. Caligulas Charakter und Sitten. Cap. 1—6. Augustes Kapelle wird eingeweiht. Cap. 7. Der junge Tiberius wird umgebracht. Cap. 8. Narrheiten des Kaisers. Mauritanien wird Römische Provinz. Cap. 9 — 20. Kaiser Cajus stirbt. Der Zeitraum begreift den Rest des Consulats von Cneus Acerronius und Pontius Nigrinus und drei weitere Jahre, in welchen Folgende Consuln waren: Nach Nach Regier.-Jahre Chr. Erb. d. Stadt. des Cajus. <37. 79». Cneus Acerronius Proculus und Cajtts Pontius Nigbinus.) I. 38. 791. Marcus Aguilius Julianns. des Cajus Sohn, und Publius Usxre- nas, des Marcus Sohn. II. 39. 792. Cajus Cäsar Germanicus zum zweitenmal. und Lucius Apronius Ce- lianus, des Lucius Sohn. oder Ce- stianuS. III. 40. 793. Cajus Cäsar zum drittenmal allein. IV. 41. 794. Cajus Cäsar zum viertenmal und Cneus Sentius Saturninus. des Cneus Sohn. V. t 24. Ja». ich Seil in )en llii- aal >on l,t- sie en, :en nd en en nd re. ich en killt sie an n- s- Dio Casstus. iis Bdchn. 1 IN 1S14 Cassms Dio's Römische Geschichte. Neunundfünfzigstes Buch. 1. Vorstehendes berichtet die Geschichte von Tiberius. Sein Nachfolger ward Casus, des Germanicus und der Agrippina Sohn, den man, wie ich schon erwähnte, anch Germaniens und Caligula nannte. Tiberius hatte zwar auch seinem Enkel Tiberius an der Herrschaft Theil gegeben. Cajus aber ließ sein Testament von Macro dem Senate vorlegen und dasselbe als das Werk eines Wahnsinnigen von den Consuln und ändern dazu aufgestellten Senatoren für ungültig erklären, weil er einen Knaben, der noch nicht einmal die Curie betreten durfte, zum Mitregenten bestellt hatte. Er schloß ihn also sogleich von der Regierung aus, nahm ihn nachher zum Sohne an und ließ ihn todten, obgleich Tibcrins seinen Willen auf vielfache Weise zu erkennen gegeben und, um demselben mehr Nachdruck zn geben, durch Macro dem Senar hatte vorlesen lassen. Allein gegen den Undank und die Macbtsprüche der Nachfolger pflegt keine Verwahrung ihr Recht zu behaupten. Es geschah jedoch dem Tiberius nur, Was er selbst gegen seine Mutter gethan hatte, außer daß er selbst von ihren Vermächtnisse» Niemand Etwas zukommen ließ, die seinigen dagegen an Alle, den Enkel ausgenommen, ausbezahlt wurde». Hieraus erhellte denn auch deutlich, daß Cajus seine Einsprache nur in Bezug aus den jungen Tiberius gethan haben wollte. Er hätte ja das Testament unterschlagen können, da ihm dessen Inhalt nicht unbekannt war, weil aber Viele darum wußten, und in dem Neunundfünfzigsres Buch. 1315 einen Falle er selbst, in dem andern der Senat, wie es schien, sich gehässig gemacht hätte, so zog e.r es vor, dasselbe lieber uinstoßeii als verheimlichen zu lassen. 2. Uebrigens lies; er doch die Legate als aus freiem Antrieb an Alle ausbezahlen und gewann dadurch bei der Menge den Ruhm des Edelmuthcs. Den Leibwachen, die er sogleich in seiner und des Senates Gegenwart ihre Uebungen machen ließ, vertheilte er Mann für Mann die vermachten zweihundert und fünfzig Denare und legte für Jeden noch einmal so viel dazu. Dem Volke aber befahl er die Summe von eilf und einer Viertel-Million (so groß war das Bermächt- niß) und ferner männiglich weitere sechzig Denare, die sie bei seiner Annahme des Männerkleides nicht erhalten hatten, nebst den davon aufgelaufenen Zinsen von fünfzehn Denaren auszubezahlen. Die in der Stadt liegenden Soldaten und die Schaarwächter, sowie die Legionäre außerhalb Italien und in den kleineren Städten bekamen gleichfalls die ihnen vermachten Summen, d, b. die in der Stadt je hundert und fünfundzwanzig, die anderen alle fünfundstebzig Denare. Ebenso hielt er es mit den Vermächtnissen der Livia; auch sie ließ er alle ausbezahlen; und hätte, wenn er die übrigen Gelder alle gebührend verwendet hätte, den Ruhm großartiger Freigebigkeit erlangt. Zwar mochte er Dieß aus Furcht vor dem Volk und den Soldaten gethan haben, das Meiste aber that er aus freier Entschließung, da er nicht blos an sie, sondern auch an Einzelne nicht nur Was Tiberins, sondern auch Was seine Urgroßmutter an Geschenken ausgesetzt hatte, bezahlen ließ. Auch verschwendete er an 1 - 1516 Cassiuö Dio's Römische Geschichte.. Schauspieler, denen er sogleich wieder zurückzukommen gestattete, auf Pferde, Kunstfechter und dergleichen dioKassen, in denen ungeheuere Summen aufgehäuft waren, und leerte sie in kürzester Zeit so rein aus, daß er dadurch bewies, er habe auch Jenes aus Leichtsinn und Bedachtlosigkeit gethan. Er hatte fünfhundert und fünfundsiebzig Millionen, nach Andern achthundert und fünfundzwanzig Millionen in den Kassen vorgefunden, und im dritten Vierteljahr bereits so wenig mehr davon übrig, das; er schon im zweiten Jahre ungeheurer Summen bedurfte. 5. Auf dieselbe Weise benahm er sich auch in allen anderen Dingen. Anfangs schien er so streng demokratisch gesinnt zu ftyn, daUer weder an das Volk, noch an den Senat Befehle ergehen und sich keinen der gewöhnlichen Herrscher- titel geben ließ, fand aber an dem Alleinherrscher: bald solches Gefallen, daß er alle Ehrentitel, welche Augnstus in einer langen Reihe von Jahre» nach und nach angenommen, Tiberius zum Theil ganz abgelehnt hatte, an einem Tage annahm, nur den Ehrennamen Vater des Vaterlandes nahm er nicht gleich, aber dennoch bald darauf an. Zu dem anderen Geschlechte trieb ihn viehische Lust; dem Einen raubte er die Braut am Hvchzeittage, andere entführte er den Männern, nachdem sie schon verhcirathet waren, ward ihrer aber bis auflEine überdrüßig, und wäre es wohl auch Dieser geworden, wenn er länger gelebt haben würde. Gc gen seine Mutter, seine Schwestern und seine Großmutter erwies er sich anfangs außerordentlich zärtlich und ehrerbietig. Diese nannte er sogleich August«, machte sie zur Priestern: Angnst's nnd ertheilte ihr mit Einemmal alle Auszeichnungen LZ17 Neunundfünfzigsies Buch. der Bestalinnen, den Schwestern gleichfalls den Rang der Vestalinnen und die Erlaubniß, bei den Schauspielen den Ehrenfltz mit ihm zu theilen; auch ließ er sie in die Gelübde, welche die Staatsbeamten und Oberpriester alljährlich für ihn und das Gemeinwesen thaten, zugleich mitcinschließen und die Huldigung, die mau ihm leistete, zugleich ihnen leisten. Die Gebeine seiner Mutter und seiner verstorbenen Brüder hob er mit eigenen Händen aus, brachte sie zu Schiffe nach der Stadt und sehte sie, im Purpurgewaude, von Lictoren, wie bei einem Triumphzuge umgeben, in der Gruft des Augnstus bei. Alle Beschlüsse wider sie hob er aus und ließ alle ihre Verfolger am Leben strafen, die wegen Ihrer Verbannten aber in die Stadt zurückkehren. Nach solchen Beweisen der Zärtlichkeit erschien er mit einemmal als der grausamste Wütherich gegen sie. Die Großmutter Zwang er wegen eines gerinfügige» Vorhalts, den sie ihm gemacht, sich selbst das Leben zu nehmen, seine eigenen Schwestern schändete er und verbannte dann zwei aus Inseln, die dritte war noch vorher gestorben. Dem Tiberius, den er auch Großvater nannte, wollte er Anfangs vvm Senate gleiche Verehrung wie dem Augustus zuerkennen lassen; als sich aber, weil man die Gesinnung des jungen Herrschers noch nicht genau kannte und der Senat ihn deßhalb weder ehren, noch auch zu verunehre» sich getraute, der Beschluß verzog, begnügte er sich, ihm einen feierlichen Leichenzug zu halten, zu welchem Ende die Leiche bei Nacht in die Stadt gebracht und mit Anbruch des Tages aufgestellt wurde. Auch hielt er ihm eine Rede, in welcher er aber nicht sowohl Jenen lobte, als vielmehr den Augustus und den Germanicus de« 1318 Cassins Dio's Römische Geschichte. Volke in das Gedächtniß zurückrief, und sich demselben empfahl. > 4- Er widersprach in Allem so sehr sich selbst, daß er die Wollüste und die Mordsuckt Tiber's, über die er selbst zu schmähen pflegte, nicht nur nachahmte, sondern sogar überbot, und, Was er an ihm lobte, nicht zum Muster machte. Er höhnte und schmähte ihn zuerst, und machte dadurch die Anderen freimüthiger, indem sie sich ihm hierdurch gefällig zu machen glaubten; dann lobte und pries er ihn nsieder, und zog Einige sogar über ihre Reden zur Strafe. Die Einen haßte er wegen ihrer Lästerungen auf ihn, die Anderen, welche ihn lobten, als feine Freunde. Er hob die Klagen über beleidigte Majestät auf, und ließ doch sehr Viele darob ums Leben bringen. Allen, welche sich gegen seinen Vater, seine Mutter und seine Brü- der hatten gebrauchen lassen, vergab er vorgeblich, und verbrannte auch ihre Briefschaften, ließ aber dennoch Viele ron ihnen am Leben strafen. Allerdings verbrannte er einige Briefe, aber nicht die eigenhändigen, welche ihre Ueberwei- sung enthielten, sondern Abschriften derselben. Anfangs hatte er streng verboten, ihm Bildsäulen zu errichten, und später ließ er seinen Bildern sogar göttliche Ehre erweisen. Hatte er früher keinem Senatebeschluß, seinem Glücke zu opfern, seine Zustimmung versagt, und Dieß sogar durch eine Aufschrift auf eine Säule verewigt, so ließ er sich später die Erbauung vor Tempeln und Opfer, wie einem Gotte, beschließen. Einmal gefiel er sich im Gewühle von Menschen, dann wollte er wieder keine Seele um sich haben. Wenn man Bitten an ihn stellte, zürnte er, und zürnte, wenn man's unterließ. Aenßerst hitzig ging er an ein Geschäft, 1319 Neununifünfzigsteö Buch. und hatte er's begonnen, so betrieb er es aus's Läßigste. Gelder verschleuderte er auf's Verschwenderischste, und trieb sie aufs Schmutzigste bei. Ueber Schmeichler und Freimüthige ärgerte und freute er sich zugleich. Viele ließ er bei den größten Beleidigungen ungestraft, während er Andere, die Nichts verbrochen hatten, ermorden ließ. Kon seinen Vertrauten spendete er den Einen überschwängliches Lob, während er die Andern mit Schmähungen überschüttete. Niemand wußte, Was er thun oder sägen sollte, und machte es ihm Einer recht, so hatte er es mehr dem Gluck, als seiner Klugheit zuzuschreiben. L. Einem svlwen Herrscher waren die Römer jetzt anheim gefallen. So druckend auch Tiber's Regierung gewesen war, so war doch der Abstand zwischen ihm und Ti- berius so groß, als der zwischen Augustus und Tiberius. Tiberins herrschte doch selbst und gebrauchte die Andern nur als Diener seines Willens, Cajus aber ließ sich von Kutschern und Gladiatoren beherrschen und war Sclave der Tänzer und Theaterhelden. Apelles, der berühmteste Tragö- dienspicler seiner Zeit, war selbst bei öffentlichen Gelegenheiten sein beständiger Begleiter. Bald erlaubte er sich, bald sie sich ohne ihn, jede Züqellosigkeit, die solche» Leuten in den Sinn kommen mag. Für Alles, was ihre Kunst erforderte, sorgte er aufs Reichlichste, ohne selbst die größte» Kosten zu scheuen, und hielt die Consuln und Prätoren dazu an, ein Gleiches zu thnn, so daß fast jeden Tag Etwas aufgeführt wurde. Anfangs schaute und hörte er zu, und bezeigte, wie Einer aus dem Volke, diesen seine Gunst, Jenen seine Abneigung, und kam, wenn man seine» Ge- 1320 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. schmack nickt theilte, aus Aerger oft gar nicht in's Theater. Mit der Zeit aber ließ er sich selbst in Wettstreit mit ihnen ei», machte den Wagenlenker und trat als Gladiator auf; tanzte, und spielte Tragödien. So trieb er es fast alle Tage, einmal aber ließ er Nachts die vornehmsten Senatoren in Eile zu sich rufen, als ob er etwas Wichtiges mit ihnen zu berathen hätte, und tanzte ror ihnen. 6. In dem Jahre, in welchem Tiberius starb und er selbst an seiner Stelle die Herrschaft überkam, sagte er Anfangs den Senatoren in der Curie im B-iseyn von Rittern und Einigen aus dem Volke große Schmeicheleien, versprach, die Obergewalt mit ihnen zu theile», und nannte lich selbst ihren Zögling und Sohn. Zu fünf und zwanzig Jahren fehlten ihm damals noch fünf Monate und vier Tage. Alle Staatsgefangene entließ er, unter ihnen auch Quintus Pomponius, der nach seinem Eonsulat sieben volle Monate im Kerker geschmachtet hatte, hob alle Anklagen auf Majestätsverbrechen auf, wodurch bisher ein so tyrannischer Druck geübt worden war, und ließ alle Briefschaften von ihnen, die TiberinS hinterlassen hatte, vorgeblich auf einen Haufen zusammentragen und verbrannte sie mit den Worte»: „Dieß thue ich, »m mich selbst, wenn ich auch Lust bekäme, an einem von Euch wegen meiner Mutter und meinen Brudern Rache zu nehme», außer Stand zu setzen." Darüber erwarb er sich großes Lob. Und wenn man ihm zutraute, daß es ihm Ernst sey, weil man bei einem so junge» Manne keine Doppelsinuigk.it oder Doppelzüngigkeit vor- ansseyen zu dürfen glaubte, so hob er diese Hoffnung noch weiter dadurch, daß er die Satnrnalien fünf Tage lang 1Z2L Neuinindfünfzigstes Buch. feiern ließ, und statt des Denars, den man für die Geschenke von den Bilderchen zu geben pflegte, von allen denen, welche an der Frnchtvertheilnnq Theil hatten, nur einen Obolus annahm. Aus Dankbarkeit wurde beschlossen, daß die zeitigen Consuln Proculus und Nigrinus abtreten und er künftig jedes Jahr Consul seyn sollte. Er nahm es aber nicht an, trat erst, nach Verflnß der sechs Monate, auf welche sie ernannt waren, das Consnlat an, und nahm sich seinen Oheim Claudius zum Amtsgenoffen. Dieser, bisher unter die Ritter gezählt, und als Abgesandter des Ritterstandes nach dem Tode des Tiberins an CajnS abgeordnet, wurde jetzt, in seinem sechs und vierzigsten Jahre Consul und Senator zugleich. Dieß galt als eine Handlung der Billigkeit von Seiten des Cajus; als er aber bei dem Antritte des Consulats alle dem Tiberins zu Last gelegten Laster durchzog und von sich alles Gnte versprach, so faßte der Senat, aus Besorgniß, er möchte andern Sinnes werden, den Beschluß, diese Rede alljährlich in der Curie vorlesen zu lassen. 7. Hierauf weihte er den Tempel des Angustns im Trinmphgewande ein. Knaben und Mädchen ans den edelsten Häusern, deren Vater und Mütter noch lebten, sangen den Lvbgesang, und die Senatoren mit ihren Gemahlinnen wurden mit dem Volke bewirthet, auch wurden allerlei Schauspiele gegeben. Jede Art von Musik wurde aufgeführt, auch Pferderennen wurden an zwei Tagen gehalten, am erste» in zwanzig, am zweiten in vierundzwanzig Gängen, weil an jenem Tage, dem letzten des Augusts, sein Geburtstag war. So hielt er es auch bei andern Angelegen- 1322 Cassius Dio's Römische Geschichte. heiten, so oft es ihm einfiel; denn früher waren nickt mehr als zwölf Preise gewöhnlich gewesen. Anck wurden vierhundert Bären mit ebensoriel ander» Africaniscken wilden Thieren erlegt. Adelige Knaben führten das Ritterspiel Trosa auf, und der Prachtwage» des Kaisers wurde von sechs Pferden gezogen, Was bisher noch nie geschehen war. Dock gab er den Wagenlenkern nicht selbst das Zeichen zur Abfahrt, sondern sah mit seinen Schwestern und seinen Amtsgencsten im angustalischcn Priestercvlleginm auf dem Ehrenflye dem Sckauspiel zu. Damit aber Niemand eine Entschuldigung hätte, nickt im Theater zu erscheinen (er ärgerte sich sehr, wenn Einer ausblieb oder »litten im Schauspiele fortging) ließ er allgemeine Gerichtsserien ansagen, alle Ttauer einstellen, und sogar Frauen, die kurz erst ihre Männer verloren hatten, vor der gesetzlichen Zeit wieder heirathen, wofern sie nickt schwanger waren. Damit aber Jedermann unbehindert und »«belästigt seines Weges gehen könnte, so ließ er, da bisher die Begegnenden den Kaiser ansprechen und begrüßen mußten, Dieß nicht mehr zu. Auch durfte man. wenn man wollte, unbesckuht in das Theater kommen, Was nickt nur von Altersher die Richter im Sommer, sondern anchAugnstu« oft bei festlichen Spielen in der Sommerhitze sich erlaubten, Tiberius aber in Abgang hatte kommen lassen. Damals geschah es auch zuerst, daß man den Senatoren, damit sie nicht auf den bloßen Brettern sitzen müßten, Kiffen unterlegte; und Theffa- liscke Hüte im Theater zu trage» verstattete, damit sie nicht soviel von der Sommerhitze zu leiden hätten. Wenn die Hitze zu groß wurde, so mußte das mit Brettern vcrschla- 1323 Neunundfünfzi'gsteö Buch. gene Diribitorium*) die Stelle des Theaters vertreten. Dieß that er während seines Consulats, das er zwei Monate und zwölf Tage bekleidete; den Rest der sechs Monate trat er den früher dazu designirten Männern ab. 8. Hierauf erkrankte er, starb aber nicht. Dagegen brachte er den Tiberius, der eben erst aus dem Jünglingsalter getreten, zum Ersten der Jugend ernannt und endlich von ihm an Kindesstatt angenommen worden war, um, indem er ihm Schuld gab, er habe seinen Tod gewünscht und gehofft, eine Beschuldigung, die später noch viele» Anderen das Leben kostete. Er, der dem Antiochus, des Antiochus Sohn, Commagene, das sein Vater beherrscht hatte, und überdieß das Küstenland von Crlicien geschenkt, und den Agrippa, den Enkel des Herodes, welchen Tiberius gefangen gehalten, freigegeben, und das Reich seines Großvaters anvertraut hatte, beraubte seinen Bruder oder vielmehr seinen Sohn nicht nur des väterlichen Erbes, sondern auch des Lebens, ohne dem Senat darüber eine Mittheilung zu machen, Was er später auch bei vielen Anderen unterließ. Jener mußte sterben, weil er, wie man vorgab, die Krankheit des Kaisers sich zn Nutzen machen wollte. Publius Afra- nius Potitus aber, ein Mann aus dem Volke, hatte sich aus toller Schmeichelei nicht nur freiwillig, sondern sogar durch einen Sidschwur verbindlich gemacht, im Falle der Wiedergenesunq des Casus selbst zn sterben. Der Ritter Atanius Secnndus hatte auf diesen Fall versprochen, als Gladiator zu kämpfen, und Beide wurden jetzt, statt der ») Vgl. B. 4Z. K. 22. 1524 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. Belohnungen, die sie dafür, daß sie ihr Leben an seine Genesung seyen wollten, von ihm zu erhalten hofften, gezwungen, ihr Gelübde zu erfüllen, um nicht als meineidig zu erscheinen. Dieß nun ward ihnen Veranlassung zum Tode. Sein Schwiegervater Marcus Silanus aber, der dergleichen Etwas weder versprochen, noch beschworen hatte, ihm aber wegen seiner Verdienste und seiner Verwandtschaft beschwerlich und deßhalb das Ziel seines Spottes wurde, nahm sich selbst das Leben. Tiberiüs hatte ihn so hoch gestellt, daß er eine Berufung von einem Urtheile desselben an ihn nicht annahm, sondern wieder an ihn selbst zurückgehen ließ. Casus, (welcher jedoch eine so würdige Vorstellung von ihn hatte, daß er ihn nur sein goldenes Schaf nannte,) suchte ihn theils auf andere Weise zu verhöhnen, theils auch dadurch, daß er ihn nicht mehr zuerst abstimmen ließ, (wodurch er bisher seines Alters und Ansehens wegen von allen Consuln ausgezeichnet wurde) und zu dem Ende den seitherigen Gebrauch aufhob, nach welchem Einer als erster oder zweiter unrer den Consnlaren nach der Willkühr des Antragstellers zum Abstimmen aufgefordert wurde, und die Bestimmung traf, daß sie einander gleichgestellt werden und je nach der Ordnung der von ihnen bekleideten Aemter voiiren sollten. Auch verstieß er dessen Tochter und vermählte sich mit Cor- uelia Orestina, die er an der Hochzeit selbst, zu der er von ihrem Bräutigam Cajns Calpurnius Piso geladen war, entführte. Ehe jedoch zwei Monate vergingen, verbannte er Beide, weil sie immer noch zusammen kämen. Dem Piso erlaubte er zehen Sklaven mitzunehmen, und als er um Mehrere anhielt, ließ er es ihm zu, so viele mitzunehmen, Neunundfünfzigstes Buch. 1325 als er wollte, mit dem Bedeuten aber, daß ihn ebensoviel Soldaten begleiten wurden. 9. Im folgenden Jahre waren die früher Designirten Marcus Jnlianus und Publius Nvnius Consuln, und es wurde auf die Verordnungen des Tiberius nicht geschworen, Was denn auch bis auf diesen Tag nicht geschieht, weil ihn Niemand unter die rechtmäßigen Glieder des Cäsarischen Hanfes rechnet. In Betreff des Augustns und deS Cajus that man nicht nur sonst das Gewöhnliche, sondern schwor auch , Letztern mit seinen Schwestern hoher als sich selbst und die eigenen Kinder zu achte» und verrichtete die gleichen Gelübde für sie alle. Am Nenjahrstage selbst beschrift ein Sklave Namens Machaon das Prachtbett des Jupiter Ca- pitolinus, sprach von demselben herab schreckliche Prophezeiungen aus, und todtste sodann erst einen jungen Hund, den er mitgebracht, und dann sich selbst. Cajus that jetzt Mehrcres, das gelobt zu werden verdient. Die Rechnungen über die Staatseinkünfte, welche seit der Entfernung des Tiberius nicht mehr vorgelegt worden waren, machte er nach dem Beispiele des Augustus bekannt. Ferner löschte er mit seinen Soldaten einen Brand und unterstützte die Verunglückten. Weil der Ritterstand an Zahl sehr zusammengeschmolzen war, so wählte er im ganzen Reiche selbst außerhalb Italien die durch Geburt und Reichthum ausgezeichnetsten Männer in denselben, erlaubte auch Einigen das Senatorenkleid zu tragen, und gab ihnen damit Hoffnung auf Sitz und Stimme in der Curie, bevor sie noch ein Amt bekleidet hatten, das uns zum Eintritt in dieselbe zu berechtigen pflegt. Früher war Dieß, wie es scheint, ein Vor- 1326 Cassius Diö'6 Römische Geschichte. recht der senatorischen Familien gewesen. Damit verdiente er sich allgemeinen Beifall. Daß er aber die Wahlen dem Volk und dem Bürgerstande zurückgab, und damit die von Tiberius getroffenen Bestimmungen aufhob; die Abgabe des Hundertsten svom Kaufschilling^ abschaffte; bei gymnischen Spielen Zettel unter die Menge warf, und die darauf benannten beträchtlichen Geschenke den Inhabern verabfolge» ließ: dieß fand zwar bei den Schlechteren großen Beifall, bekümmerte aber die Verständigen, weil, wenn die Wahlen zu den Aemtern der Menge wieder verstattet wurden und bei der Erschöpfung der öffentlichen Kassen die Einkünfte von den Privatpersonen gleichfalls verstegten, traurige Folgen sich erwarten ließen. 10. Allgemeinen Tadel aber zog er sich dadurch zu, daß er so viele Bürger als Gladiatoren auftreten ließ (denn er zwang sie, einzeln und in Schaaren, und in förmlicher Schlachtordnung gegen einander zu kämpfen, wozu er sich einen besonderen Eenatsbeschlnß erbat); daß er sich an keine Gesetze band und überall nach Willkühr schaltete; und daß er außer vielen Anderen auch sechs und zwanzig Ritter, welche theils ihr Vermögen verpraßt, oder auch sonst als Gladiatoren aufgetreten waren, umbringen ließ. Aber nicht sowohl die Zahl der Hingerichteten war das Aergste (obgleich sie bedeutend war); sondern daß er an dem Morden solche Lust fand und am Blute sich nicht genug sättigen konnte. Diese Grausamkeit vermochte ihn einmal, als es an zum Tode verurtheilten Missethätern bei einer Thierhetze fehlte, aus dem an den Schranken aufgestellten Volke Einige aufgreifen und den Thiere« vorwerfen zu lassen. Damit sie 1327 Neunundfünfzigstes Buch. aber nicht schreien und ihn verwünschen konnten, mußten ihnen vorher die Zunge» herausgeschnitten werden. Einen angesehenen Ritter zwang er unter dem Borwande , daß er seine Mutter Agrippina verhöhnt hätte, zum Kampfe mit Gladiatoren und als er Sieger blieb, überantwortete er ihn den Anklägern und ließ ihn zum Tode führen. Dessen Vater, welcher Nichts verbrochen hatte, ließ er wie viele Andere in einen Käfig sperren und darin umkommen. Diese Schauspiele gab er Anfangs in den Septeu, indem er dieselbe» ausgraben und mit Wasser füllen ließ, um wenigstens zu einem Schiffe Play zu haben; später aber auch an anderen Orten, indem er hierzu viele sehr bedeutende Gebäude niederreißen und mit Schranken umgeben lteß, ohne zu diesem Zwecke vom Taurustheater Gebrauch zu machen. Dieß, seine Verschwendung und seine Mordsucht, so wie auch sein Benehmen gegen Macro und Ennia machten ihn verhaßt. Ihrer Liebe und seiner Dienste, welche ihm allein außer Anderem auch die Herrschaft verschaft hatte, uneinge- denk, zwang er den Macro, obwohl er ihn zum Statthalter von Aegypten gemacht hatte, sich selbst den Tod zu geben, iudeM er denselben durch Vorwürfe, die zum größer» Theil auf ihn selbst zurückfielen, zu beschimpfen suchte. Er gab ihm nämlich unter Anderen Schuld, daß er bei Licbeshän- deln den Znführer machte. Jetzt wurden auch viele Andere theils zum Tode verurtheilt, theils vor ihrer Verurtheilung hiugemordet. Zum Vorwande nahm er ihr Betragen gegen seine Aelteru und seine Bruder, dann auch den durch sie herbeigeführten Tod vieler Anderen, ihr wahr s Verbrechen aber war ihr Reichthum. Seine Schätze waren nämlich er- 1328 Cassius Dio's Römische Geschichte. schöpft und Nichts wollte reichen. Ueberwiesen wurden sie theils durch aufgestellte Zeugen, theils aber auch durch Briefschaften, welche er früher verbrannt zu haben vorgab. Andere brachte seine vorjährige Krankheit und der Tod seiner Schwester Drustlla zu Fall. Wer an jenen Tagen ein Gastmahl gegeben, besucht, gebadet hatte, ward mit dem Tode bestraft. 11. Drusilla's Gatte war Marcus Lcpidns, der früher mit Cajus in gegenseitigem unzüchtigen Umgänge gelebt hatte, und jetzt seine Gattin auch den Lüsten desselben lieh. ') Als sie starb, war ihr Mann auch ihr Lvbrcdner, der Bruder aber hielt ihr das feierliche Leichenbegängnis Die Leibwachen mit ihrem Befehlshaber, die Ritter, welche im Felde dienten, und die edelbürtigen Knaben umritten ihren Holzstoß, indem sie das Ritterspiel Troja beginge». Ueberhaupt wurde» ihr alle Ehren, wie früher der Livia , zuerkannt. Sie sollte göttlich verehrt und ihre Bildsäule von Gold in der Curie aufgestellt, in dem aus dem öffentlichen Platze stehenden Venustempel ein Bild von ihr in gleicher Größe, wie das der Göttin, zu gleicher Verehrung geweiht werden. Man sollte ihr eine eigene Kapelle erbauen; welche nicht nur Männer, sondern auch Frauen mit heiligen Bildern *) Hierher gehört vielleicht ein Planudisches Ercervt de^ Majus: „Cajus hatte verbrecherischen Umgang mit seiner leiblichen Schwester, und daher scheint sich auch der Haß der Bürger gegen ihn hauptsächlich zu schreiben. Keine einzige großartige, eines Fürsten würdige Handlung weist die Geschichte von ihm auf; weil er immer nur eitlem Tande nachging, bin sehr guter Redner aber war er und im Griechische» und Lateinischen unaemei» bewandert." Neiiliundfüiifzigstes Buch. 1329 zieren mußten. Bei ihr sollten die Frauen, so oft sie Etwas betheuern wollten, schwören. Ihr Geburtstag sollte mit aller Pracht Megalensischcr Spiele, und mit festlichem Schmause von Senat und Rittern begangen werden. Bon jent an hieß sie Panthea und wurde in allen Städten göttlicher Ehren gewürdigt. Ein Senator Livius Geminins betheuerte eidlich, er habe sie in den Himmel steigen und in die Gemeinschaft der Götter eintreten sehen, und beschwor es bei alle» Göttern und ihr selbst, daß Fluch über ihr. und seine Kinder kommen sollte, wenn er Unwahrheit spräche. So ehrte Cajus seine Schwester und befahl noch überdies!, daß die in die Zeit ihres Todes 'fallenden, Spiele zur gewohnten Zeit nicht anders als nur zum Scheine, in Zukunft aber gar nicht mehr gefeiert werden sollte». Zum Verbrechen aber ward Allen angerechnet, wenn sie irgend worüber Freud' oder Leid bezeigt hatten. Den Einen gab man Schuld, daß sie die Sterbliche nicht betrauert, den Andern, daß sie die Göttin betrauert hatten. Aüs einem Vorgänge möge man auf alle übrigen Auftritte der damaligen Zeit schließen: ei» Mann wurde, weil er warmes Wasser verkauft hatte, als Majestätsverbrecher hingerichtet. ir. Nach wenigen Tagen vermählte er sich mit Lvllia Paulina, deren Gatten-Memmius er zwang, sie ihm selbst zu verloben, damit er sie nicht gegen die Gesetze unverlobt heirathen müßte. Bald aber verstieß er sie wieder. Um diese Zeit fetzte er den Soämius über das Jinräische Arabien, Cotys über Kleinarmenien, und später noch über einen Theil von Arabien, den Nhymctalces dagegen über des Lio kassius. ilS Bdchn. 2 1550 Cassius Dio's Römische Geschichte. Cotys Reich; dem Polemo gab er seines Vaters Polemo Herrschaft, und ließ diese Verfügungen vom Senate bestätigen. Aus dem öffentlichen Platze und dem Richter- stuhle saß er zwischen den Cousuln auf dem Prachtseffel und ließ, wie man sagt. seidene Vorhänge ausspannen. Als er später in einem Gäßchen vielen Koth sah, ließ er ihn dem Flavius Bespasianus, der damals Aedil war und für die Reinlichkeit in den Straßen zn sorgen hatte, in den Schvos werfen. Dieß wurde Anfangs nicht viel beachtet, später aber als Bespasianus den in Verwirrung und Zerrüttung gerathenen Staat übernahm und in Ordnung brachte, sah man darin einen Wink der Götter, als hätte ihm Casus damit geradezu die Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe anvertraut. ää. Als er hierauf wieder das Consulat übernahm, verbot er dem Priester des Jupiter in der Curie zu schwören, (Zeder schwor wie unter-Tiberius besonders); er selbst aber schwor sowohl beim Anritt als bei Niederlegnng seines Amtes, gleich Anderen auf der Bühne stehend, die höher als früher gemacht worden war. Er blieb jedoch nur dreißig Tage im Amt, obgleich er seinem Collegcu Lucius Apronins sechs Monate gestattet hatte; ihm selbst aber folgte der Etadtpräfekt Sanguinius Maximus. Diese Zeit über und später wurden viele Große zum Tode verurtheilt (denn viele der früher aus dem Gefängniß Entlassenen wurden auf dieselben Beschuldigungen hin, wegen deren sie von Tiberins eingekerkert worden, mit dem Tode bestraft) Viele aber fanden auch im Kampfe mit Gladiatoren ihren Tod. Hinrichtungen waren an der Tagesordnung. Auch der Menge 1331 Neunundfünfzigftes Buch. that er jetzt Nichts mehr zu Liebe, sondern war ihr, wo er nur konnte, enrgegen, weshalb auch sie ihm in Allem widerstrebte. Auge und Qhr konnte sich überzeuge«, wie der Eine grollte, die Anderen Widerpart hielte» und Dieß durch Wort oder That zu erkennen gaben. Doch kämpften sie nicht mit gleichen Waffen: sie mußten sich auf Worte und Gebärden beschranken, Casus aber ließ Viele nute» im Schauspiele oder beim Weggehen aufgreifen und niedermachen. Besondern Anlaß zum Unmnthe gab ihm, daß das Volk nicht eifrig genug zum Theater strömte, (und doch hatte er dasselbe den Leuten entleibet, weil er nicht zur festgesetzten Zeit, bald früher, bald später, oft schow vor Tagesanbruch oft erst nach Mittag darin erschien und lange auf sich warten ließ) theils aber auch dadurch, daß mau nicht Alle lobte, welche ihm gefielen, und oft gerade Denen, welche ihm mißfielen, Beifall klatschte. Auch das ärgerte ihn über die Maßen, daß man, ihn zu ehren, ihm junger Angnstus! zurief, denn er glaubte, mau wolle ihn nicht sowohl glücklich preisen, daß er noch in so jungen Jahren den Thron bestiegen, sondern ihm vielmehr vorwerfen, daß er in so zartem Alter «in so großeS'Reich zu beherrschen sich unterfange. So hielt er es immer. Einmal sprach 'er gegen das ganze Volk die Drohung aus: „Wenn Ihr nur alle eine» Nacken hättet!" Als er einmal, wie gewöhnlich, in Wuth geriet!,, so wurde auch die Menge störrisch, kam nicht mehr in's Theater, und fiel über die falschen Angeber her, deren Auslieferung es unter großem Geschrei verlangte. Er war sehr aufgebracht, gab aber keine Antwort, sondern über- 2 * 1532 Cassius Div's Römische Geschichte. trug die Abhaltung drr Kampfspicle Anderen und ging nach Camxanien ab. Nach einiger Zeit kam er zum Gebnrtsseste der Drusilla zurück, ließ ihr Bild auf einem mit Elephanten bespannten Wagen auf dem Circns auffahren, und dem Volke zwei Tage lang unentgeltlich Schauspiele gebe». Am ersten Tage wurden außer den Ritterkämpfcn fünfhundert Bären erlegt, am andern Tage ward eine Thierhetze von ebensoviel Afrikanischen wilden Thieren gegeben. An mehreren Orten in der Stadt führten Pankratiasten zn gleicher Zeit Kämpfe auf. Das Volk ward gastlich bewirthet, und die Senatoren mit ihren Gemahlinnen erhielten Geschenke.-P 14. Diese Hinrichtungen geschahen aus drückendem Geldmangel, dem er jedoch auch auf anderen Wegen abzuhelfen suchte. Die siegreichen Gladiatoren verkaufte er nicht nur an Consnln, Prätoren und Andere, nicht blos auf ihren Wunsch, sondern zwang sie selbst mit Gewalt Denjenigen auf, welche bei den Circensischen Spielen solche aufstellen mußten, besonders wenn sie das Loos traf (denn Prätoren mußten wieder, wie früher um die Besorgungen der Fechter- spiele lochen). Bei den Versteigerungen fder Gladiatoren! wohnte er selbst bei und trieb die Käufer hinauf. Viele kamen auch von außen herein und kauften solche an, besonders weil er Jedem, der da wollte, gestattete, selbst über die gesetzliche Zahl Gladiatoren zu halten, und auch bei diesen Verkäufen erschien er oft. Viele brauchten wirklich Leute, ') Hier ist im Tert eine klicke. Das Ausgefallene enthüll, nach bem Anfange des nächsten Kapitels zu schließen, wahrscheinlich Hinrichtungen. 1ZZ3 Nellnundfünfzigstes Buch. Andere aber wellten sich dadurch dem Kaiser gefällig machen, die Meisten aber, wefche im Rufe des Reichthums standen, wollten sie um hohe Preise in der Absicht erstehen, um sich sodann arm zu stellen und so ihr Leben zu retten. Nach solchen Verkäufen ließ er erst noch den Besten und Berühmtesten mit Gift vergeben. Dasselbe that er mit den Pferde» und Wagenlenkern seiner Gegner. Er war sehr für die srosch- grüne Bande, die von ihrer Farbe auch die lauchgrüne hieß, eingekommen, so daß noch jetzt der Play, auf welchem er die Wagen übte, der Cajauische genannt wird. Eines der Pferde, das er Jncitatus hieß, lud er sogar zu Gast, ließ ihm vergoldete Gerste vorsetzen und trank ihm Wein aus goldenen Pokale» vor. Er schwor bei dem Leben und Glück desselben, und versprach sogar, es zum Consul zu machen. Auch hätte er es gethan, wenn er »och länger gelebt habe» würde. 15. Um noch mehr Geldkanäle zu öffnen, hatte er schon früher durch den Senat den Beschluß fassen lassen, daß, Wer dem Tiberius eine Erbschaft hinterlassen wollte und noch am Lebe» war, Dieß künftig dem Cajus vermachen sollte. Damit er aber nicht den Schein hätte, als ob er gesetzwidrig sich in Erbschaften eindränge und Geschenke nähme, da er damals weder Gattin noch Kinder hatte, so ließ er die Verordnung vom Senat ausgehen. Jetzt zog er alles Vermögen, daS Centurionen nach dem Triumphe seines Vaters einem Ander», als dem Kaiser hinterlassen hatten, ohne Senatsbeschluß auf eigene Rechnung ein. Als aber auch Das nicht reichte, so verfiel er auf eine dritte Art von Geld- erpressung. Der Senator Cnejus Domitius Corbulo, welcher L334 Cassiuü Dio's Römische Geschichte. schon unter den Tiberins auf die schlechte Beschaffenheit der Landstraßen aufmerksam war, lag den Aufsehern derselben beständig an und wurde damit dem Seuare selbst oft zur Last. Diesen Mann benutzte er jetzt, »m nicht nur alle noch Lebende, sondern selbst die Verstorbenen, welche Straßen- aufseher gewesen waren, und Gelder zu deren Unterhaltung empfangen hatte», so wie auch Diejenigen, mir denen sie etwa Uebereinkünste getroffen hatten, als ob sie Nichts davon verwendet hätten, zur Strafe zu ziehen. Dafür bekam jetzt Cvrbnlv die Consulwürde, ward aber später unter Claudius darvb angeklagt und zur Strafe gezogen. Claudius nämlich forderte nicht nur das Rückständige'nicht mehr ein, sonder» ließ auch das schon Bezahlte wieder aus dem öffentlichen Schatze oder von Corbulo an die Bcthciligten zurückerstatten. Doch Dieß geschah erst später. Damals aber wurden nicht nur Diese, sondern auch alle Anderen in der Stadt auf jede Weift ausgeplündert, unk Niemand, Mann oder Weib, kam, wenn er Etwas hatte, nngcrupft davon. Wenn er auch abgelebte Personen noch am Leben ließ, so nannte er sie doch Väter und Großvater, Mütter und Großmütter, nutzte fle bei ihren Lebzeiten aus und erbte das Vermögen der Sterbenden. 16. Bis jetzt hatte er selbst sich über Tiberins überall und gegen Jedermann mißsälkig ausgesprochen nnd auch Andere, welche in Privatzirkeln oder auch öffentlich, gegen ihn sprachen, nicht nur nicht getadelt, sondern sich sogar darüber beifällig geäußert; jetzt aber erschien er in dem Senat, sprach daselbst Viel zu seinem Lob, und machte es dem Senat und 1335 NeumlndfünfzigsteS Buch. dem Volke -um Vorwurf, daß man mit Unrecht ungünstig über ihn abspreche. „Mir als Kaiser steht es zu, Dieß zu thun; ihr aber thut nicht recht daran, daß ihr euern frühern Herrn und Gebieter in ein solches Licht zu stellen strebt." Hierauf ging er die ganze Zahl der Opfer dnrch und suchte darzuthun, daß die Senatoren meist selbst an dem Schicksale der Unglücklichen Schuld gewesen seyen, die Einen als Ankläger, die Anderen als falsche Zeugen, Alle aber als Richter derselben. Die Belege dafür ließ er aus den Papieren, welche er verbrannt zu haben vorgab, durch seine Freigelassenen vorlesen und fuhr dann fort: „Wenn auch Ti- berius Unrecht hatte, so solltet ihr ihn nicht bei seinen Lebzeiten so hoch gestellt haben und dürfet jetzt, Was ihr gesprochen und beschlössen habt, nicht mit einem mal über den Haufen werfen. So aber habt ihr euch gegen ihn wie Verrückte benommen, und den Scjan durch das Uebermaß von Lob erst aufgeblasen und dann zu Grunde gerichtet, so daß auch ich von Euch nichts Gutes erwarten darf." Nachdem er Dieß und Anderes gesprochen, ließ er den Tibenns selbst ihm Folgendes antworten: „Du hast in allem dem ganz wahr gesprochen, und darfst deßhalb auch Keinen von ihnen liebe» oder schonen. Alle Haffen Dich, Alle wünschen deine» Tod und werden dich ermorden, wenn sie es vermögen. Daß sie deine Güte mit uns erkennen würden, bilde dir nicht ein, und achte nicht aus Das, was sie von dir sprechen; du bist in deinem vollen Rechte, wenn du selbst einzig nur aus dein Vergnügen und deine Sicherheit denkst. Denn so widerfährt dir kein Uebel, wird dir jeglicher Genuß zu Theil und du lässest dich dann von ihnen ehren, sey's 1336 Cassius Di'o's Römische Geschichte. ihnen Ernst oder nicht. Im andern Falle gehst dn leer ans, ärntcst blos eitel» Ruhm, nnd gewinnst nicht nur Nichts, sondern stirbst rühmlos ein Opfer ihrer Tücke. Von freien Stücken gehorcht Keiner einem Andern : so lange er fürchtet, thut er dem Mächtigern schon, und sobald er sich ein herz faßt, läßt er's den Schwächeren entgelten." Nachdem Sajus also gesprochen hatte, führte er die Klagen auf Majestätsverbrechen wieder ein und befahl seinen Wille» in eherne Tafeln einzugraben. Hierauf stürzte er ans der Curie und ging noch denselben Tag nach einem Landhause ab. Volk »nd Senat geriethen in große Bestürzung, da sie sich die Schmähungen zurückriefen, die sie gegen Tiberius ansge- sioßen hatten, nnd bedachten, welche Veränderung mit Casus vorgegangen war. Für den Augenblick waren sie vor Betäubung' »nd Schrecken außer Stand ein Wort vorzubringen, oder irgend eine Sache vorzunehmen. Am ander» Tage aber versammelten sie sich wieder, machten seiner Wahrheisliebe und seiner Liebe zu den Genügen die größten Lobsprüchc und wußten ihm großen Dank, daß er sie wenigstens am Leben ließ. Auch beschloßen sie jährlich an demselben Tage, an dem er ihnen diese Vorlesung gehalten, und an denjenigen, welche auf dein Palatium festlich begangen wurden, seiner Milde feierliche Opfer darzubringen. Ei» goldenes Standbild von ihm sollte dann unter Lobgesängen edelbnrtiger Knaben nach dem Capitolinm geführt werden; auch sollte er sich den kleinern Triumph, wie nach Beilegung äußerer Feinde, gefallen lassen. Dieß war der Anfang zu allerlei Ehrenbezeugungen, die sie ihm, wie sich die Gelegenheit bot, zuerkannten. 1337 Nennundfünfzigstes Buch. 17. Cajus aber schlug diesen Pomp nicht hoch an und achtete es für z» geringe, zu Pferde durch das Festland hiu- zutrinmphiren; über das Meer wollte er reiten, und dazu ließ er ovu Puteoli nach Baust eine Brücke schlagen. Dieses Landhaus nämlich liegr der Stadt gegenüber, in einem Abstände von fünf und zwanzig Stadien. Schiffe wurden hierfür überallher zusammengetrieben und neue gezimmert. Den» ob man gleich alle Fahrzeuge, soviel die Kürze der Zeit verstattete, herbeischaffte, so reichten sie doch hei Weitem nicht bin. Dieß hatte eine bedeutende Then- rung in gang Italien, vor Allem aber in Rom selbst, zur Folge. Er begnügte sich jedoch nicht damit, eine Straße dahin zu bauen, auch Ruheplätze und Schenken, nach welchen man süßes Wasser leitete, mußten angebracht werden. Als Alles fertig war, legte er den Panzer des Alexander (so sagte er wenigstens) und über ihn ein purpurnes seidenes Feldhcrrngewand, mit vielem Gold und Indischen Edelsteinen geschmückt, an, umgürtete sich das Schwert, nahm den Schild und bekränzte das Haupt mit Eichenlaub. Jetzt opferte er dem Neptun und unter andern auch dem Neid (um, wie er sagte, nicht behext zu werden), betrat dann die Brücke von Baust aus und fiel mit einem Heere von Reiter» und bewaffnetem Fußvolk in die Stadt ein, als gälte es, sie zu erobern. Nachdem er, wie nach einer Schlacht, geraset hatte, fuhr er Tags darauf in einem golddnrchwirk- teN Unterkleid, über dieselbe Brücke zurück, auf einem Wagen, den Pferde zogen, die im Wettrennen den Preis zu verdienen pflegten. Dann folgte vieler Prunk, die Beute vorstellend, und ein Darius aus dem Geschlechte der Arsacidcn, 1338 bassius Dio's Römische Geschichte. der unter den Parthischen Geißeln in Rom leben mußte. Hierauf kamen seine Freunde und Begleiter auf Wagen in bunten Gewändern, und den Zug schloß das Leer mit dem Troß, Alles nach Stand und Würden aufqepupt. Nach solchem Feldzug und so gläniendem Siege durste ein Wort an das Volk nicht fehlen: er bestieg eine mitte» aus der der Brücke aus Schiffen errichtete Redncrbühnez strich erst, wie billig, sich als den Unternehmer so großer Dinge gebührend heraus, pries dann die Soldaten, die sooicl Strapazen und Gefahren ruhmvoll bestanden, und hob unter Anderem auch das heraus, daß sie zu Fuß daS Meer überschritten hätten. Auch ließ er Geld unter sie vertheilen und schmauste, er aus der Brücke wie auf einer Insel, Jene auf Schiffen hin und her, den Rest des Tages und die ganze Nacht hindurch, wobei die Brücke und die Berge umher beleuchtet waren. Die Gegend hatte Halbmondsform und die Beleuchtung fiel daher, wie im Theater von allen Seiten her, so daß man nirgends Finsterniß gewahrte. Er wollte die Nacht zum Tage machen, wie er das Meer zu Land umgeschaffen hatte. Als er sich toll und voll gegessen und getrunken hatte, stieß er viele seiner Zechgenossen in das Meer, Viele versenkte er mit einem Schnabelschiff umhcrfah- rend in den eigenen Schiffen, so daß selbst Einige das Leben verloren, die Meisten aber, obgleich berauscht, wurden gerettet, weil zur Zeit, da die Brücke gebaut und dieser Unfug aufgeführt wurde, das Meer ganz glatt und ruhig war. Auch that er sich darauf nicht wenig zu gut und meinte, daß selbst Neptun vor ihm gezittert habe. Darms und Neunundfünfzigstes Buch. 1389 Zkerxes waren gegen ihn erbärmliche Wichte, da seine Schiffbrücke über eine weit größere Meeresfläche ging. 18. Ein solches Ende nabm es mit dem Brückcnfest, Las aber noch Vieler Tod in seinem Gefolge hatte. Er hatte alle seine Kassen erschöpft und bedurfte jetzt wieder weit mehr Opfer, »m-ihre Schätze zu gewinnen. Oft richtete er allein und oft mit dem ganzen Senat. In einigen Fällen sprach der Senat auch allein, doch hatte er nickt so freie Hand, daß man nicht vielfach Berufung an den Kaiser eingelegt hätte. Die Verurtheilnngen des Senats wurden auf dem gewöhnlichen Wege bekannt gemacht; wenn aber Cajus Einem das Tvdesnrtbeil sprach, so hieß er es öffentlich anschlagen, damit es ja Niemand unbekannt bliebe. Die Verurtheilten wurden baun entweder im Etaatsgefänaniß umgebracht, oder vom Tarpejischen Felsen gestürzt. Einige gaben sich auch selbst' den Tod. Selbst die Verbannten waren dem Tode noch nickt entronnen, da Einige auf dem Wege, Andere an ihrem Ber- bannnngsv'.te umgebracht wurden. Ich will jedoch die Leser nicht mit Aufzählung aller der Verurtheilungen lange unterhalten und beschränke mich nur auf einige. Ealvisius Sa- binus, einer der angesehenste» Senatoren, welcher eben erst aus seiner Starrhalterschast in Pannonien zurückgekehrt war, wurde mit seiner Gemahlin Cornelia angeklagt. Letzterer wurde zum Verbrechen gemacht, daß sie die Wachen besichtigte, und den Uebungen der Soldaten beiwohnte. Sie warteten aber das Urtheil nicht ab, und gaben sich selbst den Tod. Das Gleiche ffhat auch Titius Rufus, dem man die Aeußerung Schuld gab, daß der Senat anders denke, als.er sich vernehmen lasse. Dem Prätor Junius Priscus wurde Vielerlei 4540 Cassius Div's Römische Geschichte. zur Last gelegt, sein Hauptverbrechen aber war seia Reichthum. Als Cajus erfuhr, daß er kein die Verurtheiluug rechtfertigendes Vermögen hinterließ, so that er das merkwürdige Geständniß: „der Mann hat mich betrogen; er ist Unschuldig gestorben und hätte noch länger leben können." 19 . Unter den Angeklagten jener Tage war auch Do- mitius Afer, wurde aber anS dieser unerwarteten Gefahr auf wunderbare Weise gerettet. Schon längst war ihm Cajus gram, weil er unter Tiberius eine Frau aus der Umgebung seiner Mutter Agrippina angeklagt hatte. Als diese ihm deßhalb einmal begegnete und bemerkte, daß er ihr aus Verlegenheit aus dem Wege ging, so rief sie ihn zu sich und sprach: „Sey guten Muthes, Domitius, nicht du trägst die Schuld, sie träg t Aga m emn on." Als Domitius aber ein Bildnis; von ihm aufstellte und in der Inschrift sagte, daß er in seinem siebenundzwanzigsten Jahre schon zum zweitenmale Consul wäre, ward er sehr ungehalten, als wollte er ihm seine zu zarte Jugend und die Ungesetzlichkeit der Sache vorrücken, forderte ihn, der vielmehr eine Belohnung erwartet hatte, vor den Senat und las eine lange Anklage gegen ihn ab. Er wollte der erste Redner seyn und bot jetzt Allem auf, den Domitius, der für einen ausgezeichneten Redner galt, zu übertreffen, und dessen Tod war unvermeidlich, wenn er auch nur im Geringsten mit ihm sich in einen Wettkampf eingelassen hätte. Er aber, statt aller Entgegnung und Vertheidigung, machte vielmehr den erstaunten Bewunderer des Rednertalentes von Cajus, wiederholte seine Anklage Punkt für Punkt, nicht als beträfe sie ihn, sondern um als Zuhörer seine Bewunderung zu zollen. Neunundfünfzigstes Buch. 1Z4H Als er aber die Erlaubniß zu seiner Vertheidigung erhielt, wandte er sich zum Abbitten und Wehklagen, fiel zur Erde nieder und flehte auf dem Buden liegend, als ob er mehr den Redner als den Kaiser fürchtete. Casus, welcher Dieses sah und hörte, war gerührt und glaubte in allem Ernst, ihn durch die Kraft seiner Rede überwunden zu haben.") Dieser Vorgang und die Fürsprache des Freigelassenen Callistus, den er selbst ehrte, und Domitins sich verpflichtet hatte, besänftigten seinen Zorn. Als ihm Callistus später Vorwürfe machte, daß er überhaupt den Domitins anklagen mochte, meinte er, daß er ein solches Meisterstück von Rede nicht wohl hätte unterdrücken können. Nur das Geständnis;, kein guter Redner mehr zu seyn, rettete den Domirius. Lucius Annius Sencca aber, der alle Römer seiner Zeit und viele Andere an Weisheit übertraf, hätte beinahe ohne irgend eine Verschuldung, oder auch nur den Schein davon, sein Leben verloren, weil er in seiner Gegenwart eine Rechtssache mit Gcschicklichkeit durchgeführt hatte. Schon hatte er den Befehl zu seiner Hinrichtung ausgefertigt, gab ihn aber wieder frei, weil ihm eine von den Weibern, mit denen er Umgang pflog, sagte, daß er schwindsüchtig sey und ohncdieß nicht mehr lange leben werde. 2N. Den Domitins ernannte er gleich darauf sogar zum Consul, indem er die bisherigen Consuln vom Amte treten ließ, weil sie auf seinen Geburtstag keine festlichen Spiele ") Hier ist aus einem oaticanische» Excerpt dcs Majus beizufügen : „Er gab ihn frei mit dem Bedeuten: Laß dir aber ja nicht mehr einfallen, ein auter Redner seyn zu wollen." 1542 Cassius Dio's Römische Geschichte. angesagt, sondern, wie es jedes Jahr geschah, den Prätoren Ritterspiele und Thicrhetzen ihm zu Ehren*) zu feiern überlassen , und die, zu Ehrtn der von Auqnlius über Antonius erfochtenen Siege, gewöhnlichen Feierlichkeiten begangen hatte. Nur um sie in ein schiefes Licht zu stellen, wollte er jetzt lieber von Antonius als von Angustus abstammen, und hatte es seinen Vertrauten vorhergesagt, daß er sie jeden Falls anlaufen lasse, sie möchten nun des Antonius Unglück mit Opfern begehen, oder des Augusius Siege ohne Opfer feiern. An demselben Tage noch ließ er sie von Amte treten und ,hre Fasceu zerbrechen. Dieß nahm sich Einer von ihnen so zu Herzen, daß er sich um's Leben brachte. Seinen Amts-, genossen Domitius hatte dem Scheine nach^daS Volk, im Grunde aber er selbst gewählt. Zwar hatte er dem Volke das Wahlrecht zurückgegeben, weil es aber durch die Länge der Zeit der Ausübung seiner Freiheit entwöhnt, in derselben zu läßig war, und sich immer nur so Viele meldeten, als gerade nöthig waren, oder wenn Mehrere als Bewerber auftraten, sich gütlich mit einander abfanden, so war zwar die äußere Form der Republik gerettet, es geschah aber nichts ihrer Würdiges, und deßhalb wnrde'dieß Recht von. Cajus wieder aufgehoben. Alles wurde jetzt wieder auf denselben Fuß gesetzt, wie unter Tiberius; Prätoren wählte man damals fünfzehn, sonst aber, je nach den Umständen, bald einen mehr, bald einen weniger. Mit den Comitien hielt er es auf die vorbesagte Weise. Neid und Mißtrauen gingen bei ihm so weit, daß er den Redner Carinas Se- *) Statt -v atze-»! lese ich anf den Vorschlag von Sturtz »tzräl. 1343 Neunundsünfzigstes Buch. cu»dus verbannte, weil er zur Uebung einmal gegen die Tyrannen drclamirt hatte. Als Lucius Piso, Sohn der Plan- ciua und des Cneus Piso, gerade Statthalter in Africa war, so fürchtete er, daß derselbe aus Uebcrmuth sich zu einer Empörung verleiten lassen möchte, zumal da er ein großes Heer von Römern und Fremden unter seinen Befehlen hatte, und theilte die Provinz, indem er einem Andern das Heer und die Numidier bei demselben zuwies, Was noch bis auf den heutigen Tag so gehalten wird. 21. In Rom und dem übrigen Italien hatte er Alles, was sich aus irgend eine Weise von Geld auftreibe» ließ, verpraßt; und keine neuen Geldkanälc von Belang ließen sich öffnen, und doch sollten seine Bedürfnisse befriedigt werden. Deßhalb wandte er sich jetzt nach Gallien, unter dem Verwände, daß. die Deutschen dort Feindseligkeiten begonnen hätten, im Grunde aber, um die im reichen Wohlstände blühenden Provinzen Gallien und Hispanien auszubeuten. Er ließ jedoch seinen Feldzug nicht sogleich kund werden, sondern ging erst »ach einem Landhause ab, und brach dann plötzlich, mit einem großen Gefolge von Schauspielern, Gladiatoren, Rossen, Weibern und dem übrigen Zubehör der Ueppigkeit, auf. Dort angelangt, ließ er die Feinde selbst unangefochten (denn von einem Zuge über deu Rhein kehrte er alsbald zurück, brach dann vorgeblich zu einer Kriegsfahrt »ach Britannien auf, kehrte aber bald aus dem Ocean um und nahm es selbst seinen Unterbesehlsha- bern übel, wen» sie einige Erfolge hatten); die Unterthanen, Bundesgenossen und Bürger brandschatzte er »m so empfindlicher. Bald plünderte er Diejenigen, welche Etwas 1544 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. hatten, unter jeglichem Verwände, bald ließ er sich von Privatpersonen und Städten freiwillige Geschenke darbringen. Die Einen ließ er als Empörer, die Andern, weil sie ihm nach dem Leben trachteten, mit dem Tode bestrafen. Ihr gemeinschaftliches Verbrechen aber war ihr Reichthum. Er selbst machte den Verkäufer ihrer Guter und wußte auch dadurch unendlich mehr zu gewinnen: denn Alte sahen sich so genöthigt, um jeden Preis und weit über den Werth aus vorbenannien Gründen sich anzukaufen. Ja er ließ sogar die schönsten und kostbarsten Kleinodien des Kaiserhauses kommen und bot sie zum Kaufe aus, indem er noch den Ruhm der früheren Besitzer mit aus den Werth schlug, denn bei jedem Stücke sagte er: „Dieß gehörte meinem Vater, Jenes meiner Mutter, meinem Großvater, meinem Urgroßvater!" „Dieß brachte Autonius aus Aegypten, Jenes ist ein Siegesstück Augnst's." Dabei vergaß er nicht die dringende Nothwendigkeit des Verkaufs bcmerklich zu machen, sp daß Niemand mehr wagte, mit seinem Reichthum zu glänzen, und schlug noch den zufälligen Werth mit auf den Kauf. 22. Bei allem dem brachte er Nichts vor sich,-sonder» verwendete Alles wieder wie gewöhnlich sowohl aus Schauspiele, die er in Lugdunum sLyoiO aufführte, als auch auf die Heere; denn er hatte zweimalhunderttausend, oder, wie Andere berichten, sogar zweimalhnndert und füu-fzigtausend Mann auf die Beine gebracht, und wurde von ihnen, ohne eine Scklacht geschlagen, oder einen Feind erlegt zu haben, sieben Mal, wie es ihm eben in den Sinn kam, als Imperator begrüßt. Einmal bekam er einige Wenige, die sich durch 1345 Neunundflmfzigftcs Buch. List hatten verlocken lassen, gefangen und warf sie in Fesseln. Desto mehr aber gingen von seinen eigenen Leuten darauf: bald hieb er Einzelne nieder, bald ließ er sie in Sckiaare» niedermetzeln. Einmal sah er einen Hansen, sey es Gefangener, sey es.anderer Leute, beisammen stehen und gab Befehl, Alle, wie das Sprichwort sagt, von einem Kahlkvpf bis znm Andern zusammen zu hauen.") Einmal spielte er Würfel und fand, daß er kein Geld hatte; sogleich ließ er sich die Stenerlisten der Gallier geben und die Reichsten ov» ihnen zum Tode führen, und kam dann zu seiner Spiel- gesellschaft mit den Worte» zurück: „Ihr spielt da um ein paar Denare, ich aber habe indessen hundert und fünfzig Millionen gewonnen." Sie wurden ohne allen Grund hin- qeopfert; einer von ihnen, Julius Sacerdos, war »ermöglich, aber nicht überreich, so daß an seinem Tode viel gelegen gewesen wäre; er wurde blos seines Beinamens wegen ermordet. So unbesonnen verfuhr man überall. Alle Beispiele der Art namentlich aufführen mag ich nicht, und erwähne blos. Was die Geschichte aufbehalten hat. So ließ er den Len- tulus GätnlicnS, einen hvchangesebenen Mann, der zehea Jahre Statthalter in Deutschland gewesen war, umbringen, weil er die Liebe seiner Soldaten besaß. Den Lepidus, mit Das vatikanische Excerpt des Mahls gibt Folgendes: Eafus »lachte so eine» Unterschied mit den Hinrichtungen, dasi, als il»n einmal viele Angeklagte zur Untersuchung vorgeführt wurden, er sie in eine Reihe stellte und wie man tonst im Scherze zu sagen pflegt, spracht „bring sie alle, vvm Kahlen bis zum Behaarten um!" Dio bassius. its Bdchu. 5 1346 Cassius Div's Römische Geschichte. welchem er, wie erzählt, in gegenseitigem unzüchtigen Umgänge gestanden war, den Mann der Drustlla, der auch nebst ihm mit seinen Schwestern Agrippina und Livilla verbotenen Umgang gepflogen halte, und dem er fünf Jahre früher, als es die Gesetze erlaubten, sich um die Staatsämter zu bewerben gestattete, den er selbst zu seinem Nachfolger in der Oberherrschaft bestimmt hatte, ließ er ermorden, an die Soldaten aber vertheilte er, als hätten sie über Feinde gesiegt, znm Lohn für ihre Heldenthat Geschenke und schickte dem Mars Ultor drei Dolche nach Rom als Weihgeschenk. Seine Schwestern verbannte er, weil sie Umgang mit Le- pidus gehabt hätten, auf die Pontische» Inseln und führte in einem Schreiben an den Senat laute Klage über ihre Unzucht und Verworfenheit. Der Agrippina gab er die Gebeine des Lepidus in einer Urne mit auf den Weg und befahl, dieselben während der ganzen Reise nach Rom immer auf dem Sltzvoße zu haben. Früher hatte ihnen der Senat wegen seiner vielfache Ehrenbezeugungen zuerkannt; jetzt aber verbot er, irgend einem seiner Verwandten Ehre z» erweisen. 25. Damals schrieb er dem Senat, daß er einer großen Gefahr entronnen sey; überhaupt that er immer, als ob er von nichts denn Gefahr und Ungemach umgeben wäre. Auf diese Nachrichten verordneten ihm die Senatoren unter anderen Auszeichnungen auch den kleinen Triumph und schickten Gesandte, zum Theil durch das Loys bestimmte, den Claudius aber durch besondere Wahl, an ihn ab. Dieß nahm aber der Kaiser so übel, daß er das Verbot erneuerte, Keinem seiner Verwandten Lob oder Ehre zuzuerkennen. 1347 Nemttindfünfzigstes Buch. auch fand er sich selbst durch ihren Beschluß nicht geehrt genug. Alle ihm zuerkannten Ehre» schlug er immer für Nichts an und ärgerte sich, wenn ihm geringe verordnet wurden, als ob dieß aus Verachtung geschähe; er ärgerte sich aber auch über größere, als ob ihm dadurch keine höheren mehr übrig blieben. Ueberhaupt wollte er nicht, daß es den Schein hätte, als ob seine Ehre vom Senat abhinge, als wäre er weniger als dieser; deßhalb hielt er sich oft über solche Ehrenbezeigungen auf, als ob sie nicht sowohl eine Erhöhung seines Glanzes, als vielmehr eine Schmälcrung seiner Macht mit sich brächten. Bei solcher Gesinnung zürnte er ihnen, wenn er glaubte, daß die ihm verordneten Auszeichnungen seinen Verdiensten nicht angemessen wären. So verrückt war er, daß es ihm Niemand leicht recht machen konnte. So sah er denn auch jetzt in den Gesandten nur Spione und ließ nicht alle vor si»; nur Wenige, die er selbst auswählte, nahm er an, den Andern aber schickte er, noch ehe sie nach Gallien kamen, den Befehl zu, umzukehren. Aber auch die Zugelassenen empfing er mit keinerlei Auszeichnung; den Claudius hätte er sogar umbringen lassen, wenn derselbe nicht den ihm Natürlichen Blödsinn noch geflissentlich gesteigert, und er ihn nicht deßhalb verachtet hätte. Als aber neue Gesandte in größerer Anzahl (denn bei den früheren hatte er sich namentlich über ihre geringe Zahl aufgehalten) an ihn abgingen und ihn wissen ließen, daß sie ihm viele Ehreni-eweise überbrächten, nahm er sie gerne an, ging ihnen sogar entgegen, wodurch er sich wieder neue Ehrenbezeigungen verdiente, die jedoch 3 * 1348 Cassuls Dio'ö Römische Geschichte. später erst ihm zu Theil wurden. Jetzt verstieß n zweitenmal und Titus Statilius Taurus Cvr- vinus. V. « 6 . 789. Valerius Asiatjcus zum zweitenmal und Marcus Junius Silanus. VI. «7. 800. Claudius Cäsar Augustus zum vier- tenmal und Lucius Vitellius zum drittenmal. VII. «8. 801. Aulus Vitellius und Lucius Bixsa- nius sVipstanuss. VIII. 48. 802. Casus Pompejus Longinus Gallus und Quintus Veranius. IX. 50. 1 80L. Cajus Antistius Beter und Marcus Suillius Nervilianus. X. S1. 804. Claudius Cäsar Augustus zum fünf- tenmale und Sero. Cornelius Or- fitus. XI. «r. 805. Cornelius Sulla Faustus und Lucius Salvius Otho Tilianus. XII. LZ. 80S. Dec. Junius Silanus Torquatus und Lnintus Hatcrius Antoniuus. XIII. 54. 807. Marcus AstniuS Marcestus und Manius Acilius Aoiola. XIV. dis IZ. Oct. Sechzigstes Buch. j. Als Cajus auf die erwähnte Weise umgekowmen war, steltten die Consnln überall in der Stadt Posten auf, und beriefen den Senat auf das Capitolium, wo sich denn 4 s LZ64 Cassius Div's Römische Geschichte. allerlei Stimmen erhoben. Die Einen waren für die Dolks- gewalt, die Anderen für die Alleinherrschaft, nnd von den Letzter» wollten die Einen Den, die Anderen einen Andern zum Oberherru. Damit brachten sie den Rest des Tages und die ganze Nacht hin, ohne zu einem Entschlüsse zu kommen. Mittlerweile kamen einige Soldaten in den Palast, um dort zu plündern, und fanden daselbst den Claudius in einem finstern Winkel versteckt, der sich bei der Ermordung des Cajus im Palaste befunden und im Schrecken darüber verkrochen hatte. Anfangs zogen sie ihn, als ob er ein Anderer wäre oder Etwas gestohlen hätte, hervor, riefen ihn aber, als sie ihn erkannten, zum Kaiser aus und führten ihn in ihr Lager. Sofort übergab man ihm einstimmig, weil er von kaiserlichem Geschlecht und als guter Mann bekannt war, die Obergewalt. ") Die Consuln ließen ihm zwar durch Andere sowohl als selbst durch die Vvlkstribunen bedeuten, daß er sich nichts dergleichen unterfangen, sondern dem Senat und den Gesetzen sich unterwerfen sollte. Als sie sich aber auch von den bei ihnen befindlichen Soldaten verlassen sahen, so traten auch sie bei und erkannten ihm alle Vorrechte eines Alleinherrschers zn. . ' 2. So erhielt denn Tiberius Claudius Nero Germani- cus, Sohn des Drusus, Neffe der Livia, die Oberherrschaft *) Zonaras gibt noch ohne Zweifel aus dem vollständigen Dio Folgendes: Zwar sträubte er sich und widersprach. Je mehr er sich widersetzte und Einsprache that, desto mehr drangen die Soldaten in ihn, um nicht von Andern einen Kaiser zu erhalten, sondern ihn selbst jedesmal dem Reiche zu geben, weßhalb er sich denn gegen seinen Wille», wie es schien, darein ergab. 1368 Sechzigstes Buch. ohne daß er früher außer dem Consulat ein Amt bekleidet hätte. Er stand damals schon in seinem fünfzigsten Lebensjahre. Claudius war nicht ohne Geistesanlagen und in den Wissenschaften so weit bewandert, daß er schriftstellerte; an Körper aber so schwach, daß er an Kopf und Händen zitterte und die Stimme ihm oft versagte, weßhalb er nicht Alles, was er vor den Senat brachte, selbst ablas, sondern meist einen Qnästor, Anfangs in seiner Gegenwart, ablesen ließ. Er war der erste Römer, der sich eines bedeckten Trag- seffels bediente, Was von ihm an bis auf unsere Tage nicht nur die Kaiser, sondern auch wir Andern thun, die wir das Consulat bekleidet haben. Früher ließen sich August und TiberiuS und Andere, wie Dieß noch jetzt die Frauen thun, in Sänften tragen. Doch brachte ihn Dieß nicht so sehr in Mißachtung als sein Umgang mit Freigelassenen und Weibern: denn nie ist ein Fürst so, wie er, unter der Herrschaft von Sclaven und Weibern gestanden. Bon Kindheit auf kränklich und in beständiger Furcht lebend, deßhalb sich auch dümmer stellend, als er wirklich war, (Was er selbst einmal im Senat gestand,) lange Zeit unter den Augen seiner Großmutter Livia, dann seiner Mutter Antonia, und überhaupt unter Weibern auferzogeN, ermangelte er jenes männlichen Sinnes, der den Freien bezeichnet, und der Herr über Rom und die Provinzen war selber Sclave. Gelage und fleischliche Genüsse wurden benutzt, ihm Fesseln anzulegen. In beiderlei Genüssen war er unersättlich und konnte dann zu Allem überredet werden. Auch feige war er und hatte bald, einmal in Furcht gesetzt, alle Besonnenheit verloren. Dieß benutzte man gleichfalls und wußte damit Vieles bei ihm durch- tZ66 Cassius Dio'S Römische Geschichte. zusehen. Seine eigene Furcht beuteten seine Umgebungen aus und setzten auch Andere so in Furcht, daß Diese oft, um nur ein Beispiel anzuführen, von Claudius und von Jenen zu Gaste gebeten, aus diesem oder jenem Verwände bei ihm nicht erschienen, und zu Jenen Hamen. z. Trotz den so eben erwähnten Schwächen handelte er doch oft ganz vernünftig, wenn er, von diesen Leidenschaften nicht beherrscht, seiner mächtig war. Ich werde aber nun seine Handlungen hier eine um die andere folgen lassen. Die ihm zuerkannten Ehrentitel nahm er bis auf den eines Vaters sogleich an, diesen aber ließ er sich erst später gefallen. Er erschien nicht sogleich, sondern erst einen Monat später in dem Senat. Da er nämlich sah, wie Cajus seinen Tod gefunden, und hörte, daß Andere, mit mehr Ansprüchen als er, als Kaiser in Vorschlag gekommen seyen, so traute er nicht recht, und^traf unter anderen Vorsichtsmaßregeln auch die, daß er Alle, welche vor ihn kamen, Männer und Weiber, vorher durchsuchen ließ, ob sie nicht einen Dolch bei sich hätten. Bei Gastmalcn hatte er immer Soldaten ,zur Bedeckung bei sich. Dieser Gebrauch ist bis auf unsere Zeiten geblieben. Die durchgängige Durchsuchung aber wurde von Vespasiauus aufgehoben. Den Chärea und einige Andere ließ er, obgleich er über den Tod des CajuS sehr erfreut war, dennoch am Leben strafen. Denn er wußte Jenem keinen Dank, daß er durch seine Tbat den Thron bestiegen, sondern war böse auf ihn, daß er sich erfrechte, eine» Kaiser zu tödten, und glaubte Dieß seiner eigenen künftigen Sicherheit schuldig zu seyn. Auch gab er nicht die Ermordung des Cajus, sondern eine gegen sein eigenes Leben gehabte Absicht als Grund der 13K Sechzigstes Buch. Hinrichtung an. Mit Chärea starb freiwillig auch Sabinus, weil er leinen Freund nicht überleben wollte. Den Andern, welche sich unumwunden für Wiederherstellung der Volksge, walt ausgesprochen hatten, oder sich selbst für ?ie Oberherrschaft Hoffnung machen durften, trug er Dieß pickt nur nicht nach, sondern ertheilte ihnen Ehrenstellen und Aemter. Unter Allen, die je mit ihm in gleichem Falle gewesen, war er allein, der seine» Gegnern nickt nur mit Worten, nach dem Vorgänge der Athener, wie er selbst sagte, Verzeihung verhieß, sondern durch die That sie bewährte. Auch die Anklage auf beleidigte Majestät hob er nicht blos durch Edicte, sondern in Wahrheit auf und zog Keinen weder wegen früherer, noch wegen späterer.Handlungen darob zur Strafe. Hatte ihn Einer, als er noch Privatmann war (und Viele behandelten ihn, um dem Tiberins oder dem Cajus zu gefallen, verächtlich) beleidigt, so rächte er sich durch keine erdichtete Beschuldigung; w>nn er sie aber eines andern Vergehens schuldig fand, so ließ er sie freilich auch das früher Verschuldete entgelten. 4, Die von Cajus eingeführten Abgaben und andere Einrichtungen, über die man sich beschwerte, hob er auf, nicht auf einmal, sondern wie es die Gelegenheit gab. Alle von. Jenem nicht mit Recht aus der Stadt Verbannten, auch'seine Schwestern Agrippina «nd Julia, ließ er zurückkommen und gab ihnen ihr Vermögen zurück. Die wegen Majestätsver- trecken Verhafteten, deren eine große Zahl war, und alle ähnlicher Vergehen Beschuldigten gab er frei, ließ aber die wirklich Schuldigen zur Strafe ziehen. Denn er stellte eine strenge Untersuchung an, damit nicht Leute, die Etwas »er- 1368 Casstirs Dio's Römische Geschichte. brechen hätten, mit den fälschlich Angeklagten frei gegeben, i oder Diele mit Jenen zur Strafe gezogen wurden. Fast je- j den Tag saß er mit dem gesammten Senat, oder auch für f sich, meist auf dem öffentlichen Platz, zuweilen aber auch an- j derswo auf dem Tribunal zu Gerichte. Die Einrichtung mit d den Beisitzern, welche seit Tibers Abgang nach der Insel s außer Gebrauch gekommen war, führte er wieder ein. Oft ' d Nahm er auch Theil an den Untersuchungen der Eonsuln, der 4 Prätoren und vor allen der Schayverwalter, und überließ n nur Wenig anderen Richtern. Die Giftvorräthe, die sich bei r Casus vorfanden, die Verzeichnisse des Protogencs, den er n hinrichten ließ, und die Briefschaften, die Casus verbrannt b zu haben vorgegeben hatte, die man aber noch in dem Pa- 2 laste fand, zeigte er den Senatoren vor, gab letztere Denen, b die sie geschrieben, oder gegen welche sie verfaßt waren, zu ch lesen, und verbrannte sie sodann. Als der Senat aber den ei Casus für ehrlos erklären wollte, ließ er den Beschluß nicht L zu, befahl aber auf eigene Faust, in der Nacht alle seine z> Bildsäulen wegzuschaffen. Daher kommt es auch, daß sein ei Name, sowie auch der des Tiberius, nickt in dem Verzeich- n Nisse der Kaiser steht, die wir bei unsern tzuldigungseiden A und Gelübden zu nennen pflegen. Doch wurde gegen keinen dc derselben durch einen Senatsbeschluß Ehrlosigkeit förmlich se ausgesprochen. di 5. Alle von Casus und durch ihn von Andern gemach- m teil unrechten Verfügungen stieß er um. Seinem Vater Drn- D sus und seiner Mutter Antonia ließ er an ihrem Geburts- V tage Circensische Spiele halten, indem er die auf denselben V fallenden anderweitigen Feste auf andere Tage verlegte, Lu 1Z6S Sechzigstes Buch. damit sie nicht zusammen gefeiert würden. Seine Großmutter Lioia ehrte er nicht nur durch Ritterspiele, sondern versetzte sie auch unter die Halbgötter, stellte eine Bildsäule von ihr in dem AugustuStempel auf und ließ ihr durch Bestalinnen den Opferdienst verrichten, die Frauen aber bei ihrem Namen schwören. Während er so seine Aeltern ehrte, nahm er außer den bei der Kaiserwürde gewöhnlichen Ehrentiteln keine Auszeichnung an. Am ersten August, der sein Geburtstag war, wurden Pferderennen gehalten, aber nicht ihm zu Ehren, sondern weil der MarStempel an diesem Tage eingeweiht worden war, und deßhalb wurde er durch feierliche Spiele begangen. Aber nicht nur in diesen Dingen machte er keine Ansprüche, sondern verbot auch noch, daS Knie vor ihm zu beugen und ihm Opfer darzubringen. Auch den gewöhnlichen, übertriebenen Freudenruf stellte er ab, und nahm nur ein einziges Brustbild, und zwar blos von Silber, und zwei Bildsäulen von Erz und von Stein, die ihm gleich Anfangs zuerkannt wurden, an. Derlei Dinge, meinte er, verursachten eiteln Aufwand und geben Veranlassung zu Kosten und Unruhen für die Stadt: denn Tempel und andere öffentliche Werke wären voll von Bildsäulen und Weihgeschenkcn, so daß er mit sich noch zu Rathe gehen müßte, WaS zu thun sey. Den Prätoren untersagte er die Abhaltung von Gla- diatvrenspielen, und wenn ein Anderer solche gab, so durfte man weder schriftlich noch mündlich bekanut machen, daß Dieß auf sein Wohlseyn geschehe. So that er alles Dieß mit Vorbedacht und ließ sich durch keine Leidenschaft berücken. Don seinen Töchtern verlobte er in diesem Jahre die eine an LuciuS Junius SilanuS, die andere vermählte er an CneuS , 1570 CassiuS Dio's Römische Geschichte. Pvmxejus Magnus, ohne diese Verbindungen besonders feiern zu lassen. Vielmehr sprach er an denselben Lagen Recht und ließ Scnatsfltzung halten. Seine Schwiegersöhne nahm er für jetzt unter die Zwanzigmänner ") auf und machte sie dann zu Stadtpräseclen während des Latinerfestcs. Erst spat erlaubte er ihnen, um die anderen Aemter fünf Jahre früher sich bewerben zu dürfen. Diesem Pompejus hatte Cajuö den Zunamen Magnus weggesprochen und hätte ihn beinahe darob' ums Leben gebracht. Zum Glück hielt er seine Jugend noch für ungefährlich und nahm ihm nur den Beinamen, indem er meinte, eS vertrüge sich nicht mit seiner Sicherheit, wenn Einer Magnus hieße. Claudius aber gab ihm nicht nur wieder den Namen, sonder» auch die Tochter znr Gemahlin. 6. Ein Beweis von Ansprucklosigkeit war auch, daß er, als die Consuln im Senate von. ihren Staatsseffeln sich erhoben, um mit ihm zu sprechen, gleichfalls aufstand und denselben entgegentrat. Auch in Neapel betrug er sich ganz als Privatmann. Er lebte mit seinen Begleittrn ganz auf griechischem Fuß. Bei den musikalischen Kämpfen erschien er im Mantel und in Sohlen, und bei den gymnischen Spielen im Purpurgewand und eine goldene Krone auf dem Haupt. Auch in Bezug auf das Geld war er ein Wunder von Kaiser. Er verbot, ihm die unter Augustus und Cajus üblichen Geldgeschenke zu machen und ließ sich von Keinem, der auch nur die entferntesten Verwandten hatte, zum Erben einsetzen. Leute, die unter Tiberius und Cajus zum *) Vergleiche Buch 54, 26. Sechzigstes Buch. 1571 Voraus ausgeplündert worden, stellte er, wenn ste noch lebten, oder deren Kindern, den Raub zurück. Es ivar bisher gewöhnlich, wenn bei Spielen auch nur das geringste Versehen gegen das Herkommen geschah, dieselben von Neuem zu feiern, wie ich schon früher berichtet habe,") so daß man sie drei, vier, fünf, ja zuweilen selbst zehnmal feiern mußte, wenn der Zufall oder der Vortheil der dabei Betheiligten es so mit sich brachte. Deßhalb ließ er die gesetzliche Bestimmung treffen, daß die Circsnsischen Spiele nur einen weiteren Tag gefeiert wurden; in der That aber wußte er es dadurch für immer zu hintertreiben: denn da die Leute keinen besondern Vortheil mehr dabei fanden, so ließen sie sich nicht mehr so leicht Versehen zu Schulden kommen. Die Juden waren damals zu solcher Menge angewachsen, daß ste ohne Unruhen zu errege», nicht wohl aus der Stadt gewiesen werden konnten; deßhalb vertrieb er sie nicht geradezu, verbot ihnen aber, die nach ihren Gesetzen gebotenen Versammlungen zu halte». Auch die von Cajus wieder eingeführten geschlossenen Gesellschaften untersagte er. Weil er aber sah, daß derlei Verbote bei dem Volke Nichts fruchteten, wenn nicht ihre tägliche Art zu leben verbessert würde, so hob er die öffentlichen Schenken aus, und verbot gekochtes Fleisch und warmes Wasser zu verkaufen, und ließ Einige, die sich nicht fügen wollte», zur Strafe ziehen. DenStädten gab er ihre Bildsäule» , welche Cajus aus ihnen hatte nach Rom kommen lasten, den Dioscuren ihren Tempel, dem Pom- pejus den Ruhm seines Theaters zurück und fügte seinem Vergleich« Buch LS, 27. 1372 Cassius Dio's Römische Geschichte. Namen den des Tiberius auf der Bühne hinzu, da er dasselbe nach einem Brande hatte wieder aufbauen lassen. An ihr, sonst aber nirgends ließ er auch seinen Namen beisetzen, weil er sie nicht nur wieder hergestellt, sondern auch eingeweiht hatte. Selbst das Triumphgewand, das ihm der Senat zuerkannte, trug er bei feierlichen Spiele» nicht die ganze Zeit, sondern blos am Anfang, während er den Rest in purpurverbrämter Toga beging. 7. Er ließ Ritter und Frauen von hohem Stande, wie Dieß unter Casus zu geschehen pflegte, auf die Bühne treten, nicht weil er eine Freude daran hatte, sondern um sie über ihre frühere Aufführung zu beschämen. Später ließ sich unter Claudius Keiner mehr auf der Bühne sehen. Den Pyrrhichischen Tanz führten die von Casus verschriebenen Knaben auf, wurden darob mit dem Bürgerrechte beehrt und entlassen. Bon Leuten aus seiner Dienerschaft ward er dann später noch einmal gegeben. Dieß geschah im Theater. Auf dem Circus kämpften einmal Kameele und Pferde im Wettrennen, in zwölf Gängen) und dreihundert Bären und ebenso viele andere wilde Thiere aus Afrika wurden in Einer Hetze abgeschlachtet. Früher saßen in dem Theater Senatoren, Ritter und Volk, seitdem es so angeordnet war, zwar getrennt, hatten aber noch keine bestimmten Plätze. Jetzt aber schied Claudius besondere Sitze für die Senatoren ab, die ihnen bis auf unsere Zeiten geblieben sind, wollten sie aber in bürgerlicher Kleidung erscheinen, so konnten sie auch an anderen Plätzen sitzen. Nach diesen Spielen gab er den Senatoren mit ihren Gemahlinnen, den Rittern und den Tribus einen Schmaus. 1375 Sechzigstes Buch. 8. Hierauf übergab er dem Antiochus Commagene, das ihm Casus gegeben und wieder genommen hatte, aufs Neue, und entließ den Jberier Mithridates, welchen Cajus nach Rom bescbieden und in Gewahrsam gehalten hatte, in sein Reich, um die Regierung wieder anzutreten. Einem andern Mithridates, der von dem berühmten Könige gleichen Namens abstammte, gab er den Bosporus, und entschädigte Polemo, den bisherigen Beherrscher desselben, durch ein Stuck von Cilscien. Dem Agrippa in Palästina, welcher ihm zur Herrschaft mitverholfen hatte, da er gerade in Rom war, gab er noch mehr Land, und ertheilte ihm konsularische Auszeichnung, seinem Bruder Herodes aber den Rang eines Prätors und die Herrschaft über eine Landschaft. Beide» gestattete er, in dem Senat zu erscheinen und ihm in griechischer Sprache dafür Dank zu sagen. Dieß geschah unmittelbar von Claudius und fand allgemeinen Beifall. Aber auch Anderes fiel vor, das nicht hierzu stimmen wollte, von Seiten seiner Freigelassenen und seiner Gemahlin Valeria Messalina. Diese war böse auf seine Schwestertochter Julia, weil fie ihr nicht genug Ehre erwies und schmeichelte, auch weil sie ausnehmend schön und mit Claudius oft allein zusammen war und dadurch ihre Eifersucht errregte. Sie wußte es daher durch allerlei Beschuldigungen, namentlich des Ehebruchs (worein auch Annius Sencca verwickelt ward und die Stadt verlassen mußte) dahin zu bringen, daß ihr die Stadt verboten wurde, und ließ sie bald darauf ums Leben bringen. Jene sFreigelassenenf beredeten ihn auch wegen einiger in Mauritanien gewonnenen Vortheile die Triumxhinsignien anzunehmen, obgleich er kein Verdienst L574 Cassius Dio's Römische Geschichte. * dabei und zur Zeit des Krieges noch nicht einmal den Thron bestiegen hatte. In diesem Jahre besiegte auch Sulpicius Galba die Chatten und Publius Gabinius erwarb sich durch einen Sieg über die Marsen*) um so mehr Ruhm, als er den Legionenadler, den letzten, der seit der Niederlage des Barus noch in ihren Händen war, wieder erbeutete, so daß Claudius von diesen beiden Kriegsthaten mit Recht den Im- peratorstitel annehmen konnte. S. Im folgenden Jahr erhoben sich die Mauren wieder und wurden von Neuem zu Paaren getrieben. Suetonius Pau- linus, der Prätor gewesen war, durchzog verheerend ihr Land bis zum Atlasgebirge. Cneus Hosidius Geta, gleichen Ranges, unternahm nach ihm die Anführung, zog gegen ihren Anführer Salabus und besiegte ihn zu wiedcrholten- malen. Als aber Jener mit Zurücklaffuug eines Heertheils an den Gränzen, um die Feinde dort zurückzuhalten, in die Sandwüste floh, so wagte er es, ihm dahin zu folge». Nachdem er dem Beobachtungscorps einen Theil des Heeres entgegengestellt, und soviel er konnte, an Wafferoorräthen zusammengebracht hatte, so rückte er gegen ihn vor. Als aber das Wasser ausging und neues nicht zu finden warf so gerieth er in große Noth. Die Feinde dagegen, welche, an langen Durst gewohnt, und der Oertlichkeiten kundig, sich immer Wasser zu verschaffen wußten, litten weniger. Für die Römer aber war es unmöglich vorzurücken und schwierig *) Statt des Wortes stk»,^o,,aio„e lese ich mit Tylander ein Volk, das in der Nachbarschaft der Chatten und Cherusker wohnte. Vgl. Taeitus Aun. 2 , 25. 1575 Sechzigstes Buch. umzukehren. In dieser Verlegenheit rieth ihm ein Einge- borncr Beschwörungen und Zaubermittel anzuwenden, weil sie dadurch oft Wasser in Menge erhielten. Wirklich ergoß sich auch plötzlich eine solche Menge Wassers, daß daS Heer seinen Durst stillte und die Feinde, weil sie Jene durch die Gottheit begünstigt glaubten, in Bestürzung geriethen, sich freiwillig unterwarfen und zur Ruhe begaben. Hierauf theilte Claudius die Provinz Mauritanien in zwei Theile, in die Tingitanische und die Ciisareische und gab jeder einen Ritter zum Statthalter. Um dieselbe Zeit wurde auch ein Theil Numidieus von den benachbarten Barbaren mit Krieg überzogen, kam aber nach einigen über sie erfochtenen Siegen wieder zur Ruhe. 10. Claudius wurde nun Consul mit Casus Largus, ließ jenen das ganze Jahr im Amte, trat aber für sich selbst nach zwei Monaten wieder ab. Auf die Anordnungen des Auguflus nahm er die Anderen selbst in Pflicht und beschwor sie selbst, (bei seinen eigenen Regeutenverordnungen Dieß zu zu thun, ließ er nicht zn). Das Gleiche that er, als er vvm Amte trat. Dieß that er, so oft er Consul war. Damals war es auch, daß er die Vorlesung von Reden des Augustus und des Tiberius, welche nach einem Senatsbeschluß am Neuja-Hrstage geschah und den Senat ,oft bis zum Abende hinsperrte, aufhob, indem er erklärte, daß es genug sey, wenn sie auf eherne Tafeln eingcgraben wären. Als einige vorn Amte getretene Prätoren, welche den Schatz verwalteten, der Veruntreuung angeklagt wurden, so zog er sie nicht in Untersuchung, wohnte aber öfters bei, wenn sie Verkäufe und Verträge abschlössen und wies sie zu recht, 1576 Cassius Dio's Römische Geschichte. wenn sie ihm Etwas nicht recht z» machen schienen. Dieß kam häufig bei ihm ror. Bei der Ernennung der Prätvren befolgte man keine feste Norm, Es wurden vierzehn oder achtzehn oder eine Zwischenzahl von Beiden gewählt. So hielt er es mit der Verwaltung; drei vvm Amte getretene Prätoren aber bestellte er zu Eintreibung der an den öffentlichen Schatz schuldigen Gelder und gab ihnen Lictoren und Unterbeamte. 11. Als eine empfindliche Theurung entstand, sorgte er nicht nur für augenblickliche reichliche Zufuhr von Getreide, sondern auch für künftige Zeiten. Da Rom von tanter eingeführten Früchten lebte, das Gestade an den Tibermündungen aber weder sichere Anfurten noch taugliche Häfen hatte, so war ihm die Eeeherrschaft von keinem Nutzen. Außer den zur Sommerszeit eingeführten und in den Magazinen aufgespeicherten Früchten kam zur Winterzeit kein Schiff nach der Stadt, und Wer es wagte, kam gewöhnlich übel weg. Dieser Uedelstand brachte ihn zu dem Entschluß, «inen Hafen anzulegen. Zwar erklärten ihm auf seine Frage die Bauverständigen, daß der Aufwand so ungeheuer wäre, daß er ihn wohl nicht würde machen wollen, wodurch sie ihn von der Unternehmung abzuschrecken suchten. Er ließ sich aber nicht davon abbringen und unternahm und vollendete ein so großartiges Werk, daß es Roms Größe würdig ist. Zu dem Ende ließ er auf dem festen Land ein weites Becken graben, es rings herum mit Mauerwerk einfassen und leitete dann das Meer hinetv. Sodann ließ er auf beide» Seiten im Meere selbst große Dämme aufführen, die eine bedeutende Meeresfläche in sich schloßen, auch in derselben eine 1377 Sechzigstes Buch. Insel mit einem Leuchtthurme darauf anlegen. Dieser Hafen wird nach seiner Umgebung fdcr Osiieusischez genannt, ist aber von ibm angelegt. Nächstdem wollte er den Fucluischeu See im Marscrlande in die Tiber leiren, damit das Land um ibn bebaut und die Tiber besser beschafft werden könnte. Die Kosten wurde» vergeblich aufgewendet. Unter anderen Anordnungen, die er traf und deren besondere Erwähnung ich für üb er stufig halte, ist auch die, daß !ie durch das Loos bestimmten Statthalter, welche oft noch lange in der Stadt verweilten, vor Anfang Aprils in die Prori»,en abgeben, die Gewählten aber ihm nicht mehr, wie dieß bisher Sitte war, im Senate danken sollten, indem er dabei bemerkte: „nicht sie sind mir Dank schuldig, als hätten sie ihre Stellen durch Gunst erlang*, sondern ich vielmehr ihnen, daß sie die Regierungslast mir tragen helfen, und sie werten sich »och weit größeren Dank von mir verdienen, wenn sie ihre Stellen gewissenhaft verwaltet haben." Wer aus Mangel an Vermöge» nicht im Senate stnen konnte, den enthob er davon. Bon den Rittcrn li,ß er Einige z»m Volkstribu- nate zu. Die Senatoren aber nöthigte er jedesmal, so oft sie entboten wurden, in derSipnng z» erscheinen, und verfuhr gegen die Säumigen mit solcher Strenge, daß Einige sich selbst das Leben nahmen. ir. Im klebrigen war er herablassend und gütig gegen sie, besuchte sie, wenn sie krank waren und wollte ihren Festen bei. Als «in Volkstribun einem seiner Sklaven öffentlich Schläge gegeben, so ahndete er es nicht weiter, als daß er ihm seine Gerichtsdiencr nahm, aber bald darauf auch Dio Sassiu«. lis Mchn. 5 1378 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. diese ihm wieder gab. Einen andern seiner Sklaven, Vereinen angesehenen Mann beschimpft hatte, schickte er auf dar Forum und ließ ihn dort abprügeln. Im Senate stand er selbst auf, wenn die Anderen zu lang gestanden waren: denn gewöhnlich las er, wie ich schon berichtete, oft sitzend seine Bescheide ab. Den, Senator Lucius Sulla, welcher wegen hohen 'Alters auf seinem Sitze Nichts mehr verstehen konnte und aufstand, erlaubte er auf die Prätorenbank zu sitzen. Den Jahrestag seiner Thronbesteigung feierte er durch Nichts weiter, als daß er den Leibwachen je fünf und zwanzig Denare gab, und Dieß sodann jedes Jahr wiederholte. Einige Prätvren begingen aus eigenem Antrieb und ohne besondern Senatebeschluß jenen Tag und den Geburtstag der Meffalin» als öffentliches Fest; aber nicht Alle thaten es, sondern nur Diejenigen, die es gerade wollten, ohne daß ihnen darob Etwas zu Leid geschah. Solche Mäßigung bewies er wirklich in allen Dingen. Als ihm ein Sohn geboren ward, welcher, damals Claudius Tiberius Germa- nicus, später aber auch Britanniens geheißen ward, so stellte er keine besondere Feier an, noch gestattete er, ihn sdcn Claudius) Auqustus, oder Meffalina Augusta zu nennen. 13. Häufig gab er Gladiatvreuspiele und liebte sie so leidenschaftlich, daß er wirklich darüber gerechten Tadel sich zuzog. Nur sehr wenige.Thiere kamen dabei um, desto mehr aber Menschen, welche,theils im Kampfe miteinander das Leben verloren, theils von den Thüren zerrissen wurden. Gegen Sklaven und Freigelassene, die unter Tiberius und Eajus ihre Herren ins Unglück gebracht, sie fälschlich angegeben oder durch Zeugnisse ins Verderben gestürzt hatte», 1373 Sechzigstes Buch. hegte er besondern Haß, und hieß sie entweder auf diese so eben erwähnte Weise sterben, oder zog er sie auf andere Art zur Strafe, Viele lieferte er auch geradezu ihren früheren Gebietern selbst zur Bestrafung aus. Die Zahl her auf öffentlichen Plätzen Sterbenden war so groß, daß die Bildsäule desAugustus, die auf jenem Platze stand, anderswohin gebracht wurde, weil man es nicht geeignet fand, sie so häufiges Blutvergießen miiansehen zu lassen, oder so oft verdecken zu müßen. Dadurch machte er sich allerdings lächerlich, daß er an Dem, was er die gefühllose eherne Bildsäule nicht wollte mitansehen lassen, sich selbst nicht satt sehen konnte. Besonderes Vergnügen machte es ihm, wenn er in den Stunden zwischen den Schauspielen, um die Zeit des Mittagessens, Leute zerreiffen sah; ob er gleich einen Löwen, der Menscheufleisch zu fressen abgerichtet und deßhalb ein Liebling der Menge war, umbringen ließ, weil ein solcher Anblick sich nicht für Römer zieme. Weil er aber bei den Schauspielen sehr herablassend war und daS Volk gern in Allem gewähren ließ, und jene gewöhnlich nicht durch Herolde ansagen, sondern blos durch öffentlichen Anschlag dazu einladen ließ, so fand er doch allgemeinen Beifall. 14. Einmal alfts Blutvergießen gewöhnt, ließ er sich auch schneller zu andern Mordthaten verleiten, von denen die Schuld die kaiserlichen Freigelassenen und Meffalina trugen. So cst sie Einen aus dem Wege schaffen wollten, zagten sie dem Kaiser Furcht ein und vermochten ihn dann zu Allein, was sie wollten. Oft gerieth er in Schrecken, und ließ dann in der Angst sogleich Befehl zu Eines Hinrichtung 5 - 1380 Cassius Di'o'6 Römische Geschichte. gebe». .Hatte er sich dann wieder gefaßt und war zur Besinnung gekommen, so suchte er ihn anf und, wenn er erfuhr, Was vorgefallen war, so bedauerte er sein Schicksal und bereute seine Hitze. Den Anfang machte CajnS Appius Si- launS. Diese» Mann, aus eiiiiM der edelsten Geschlechter Roms, ließ er aus seiner Statthalterschaft Hil'xanien komme», als ob er sein'er Unterstützung bedürfte, vermählte ihm die Mutter der Meffalina und hielt ihn ei ige Zeit als seinen liebsten Frenno nud Verwandten. Dann aber ließ er ihn plötzlich umbringen, weil er der Messalira, dem geilsten und »»tüchtigsten Weibe nicht beiwohnen wollte, und bei seinem Freigelassenen NarcissuS, wegen ihrer, angestoßen hatte. Weil sie keine wahre oder wahrscheinliche Schuld anf ihn bringen konnten, so wollte Narciß einen Traum gehabt haken, in dem er den Claudius unter den Händen dcs Silanus ste ben sah. Claudius lag noch im Be-t, als er selbst ihm am früken Mv'gen unter Zittern und Beben sein Tranmgesicht erwählte, Meffalina schürte nach und malte die Gefahr mit noch grellere» Farben. So mußte denn dem Silanns ein Traum zum Verderben gereichen. 15. Die Ermordung dieses Mannes ließ bei den Römern mit einemmal die von Claudius gefaßte gute Hoffnung verschwinden; und Mehrere, unter ihnen auch Annins Vinicianns, machten Plane gegen sein Leben. Dieser Letztere war einer von Denen, welche man nach des Cajns Tode wegen der Oberherrschaft im Vorschlag hatte, weßhalb ersuch n-cht ohne Besorgnis! war nud aus Empörung sann. Weil er selbst aber keiuc Macht besaß, so ließ er den Statt- 1Z8k Sechzigstes Buch. kalter in Dalmatien, Furius Camilliis ScriboniaunS, welcher mehrere Legionen »nd nicht, ömistbe Truppe» unter seinen Befehlen halte, und seiest schon ähnliche 'Absichle» hegte, zur Theil,lahme an seinen Planen bereden, -„mal da auch er sich früher Hoffnung aus den Thron machen tonnte. BIS er damit umging, begaben sich bereits viele Senaloren nr,d Ritter zu ibm i» das Lager. sSein Plan aber scheiterte^. P Denn die Soldalen wollten, als Camstlns ibnen ron der Republik sprach und die alte Findest wieder bei t"stelle„-verhieß, wobei sie neue Mühseligkeiten und Umwältnngen erwarteten, nicht mebr gehorchen. Cr geriet!, dadurch in Furcht und floh nach der Insel gffa, wo er sich selbst nme Leben brachte. Claudius war intnssen in großer Angst und wollte ihm anfangs sogar freiwillig die Ncgiern. g überlassen, je, t aber faßte er wieder Muth, belohnte die Soldaten dnich Geschenke und lies; der nebelst n und der echten regirn durch den Senat die Vhiennamcn der Clandianischcu, ter Getreuen, der Patriotischen crikeihn. Gegen die Tl'-il- nchmer an dem Ausstaube leitete cr eine Untersuchung >i», und lies; sowohl Andere als auch d.n Pstster, der vorder vom Amte trete» mußte, mit dein Tode bestrafe». Viele, unter ihnen auch Vinicianns, brachten flch selbst nms Leben. Diese Gelegenheit benutzten Meffaltna und Na>c ff is, so wie auch seine anderen Freigelassenen, und beginge» die ichreck- llchsten Gräuelthaten. Unter Anderem stellten sie Stlaoen Dieß, oder Aelmliches selcht hier im Tert, wenn mau nicht lieber ans'LivhilnlnS ergänze» will: „Dieser ober ward >o- dann vo» seinen Soldaten im Stiche gelassen und fand seinen Tod, Denn diese" u, s, w. 1382 Cassius Dio's Römische Geschichte. und Freigelassene zu 'Angebern ihrer eigenen Hedren auf und liehen in Felge dessen sie selbst und Freigeborne, nicht iinr Fremde, sondern auch Bürger, nicht blos oom Volke, sondern selbst Ritter und Senatoren, auf die Folter bringen, obschv» Claudius gleich beim Antritte seiner Regierung geschworen hatte, daß er keine» Freien der Folter unterwerfen lassen wollte. tl>. Aus solche Weise wurden Männer und Weiber, einige sogar im Kerker, hingerichtet. Wenn sie sterben sollten, so wurden auch sie stie Frauenf wie Kriegsgefangene, gebunden, vor den Richterstnkl geschleppt und auch ihre Leiber auf die Gemon-schen Stufen geworfen. Bon den auswärts Hingerichteten wurden blos die Köpfe dort aufgesteckt. Einige jedoch selbst von den Hauptschuldigen kamen theils durch Begünstigung/theils durch Bestechung der Meffalina, des Nar- ciffus und der anderen Freigelassenen mit dem Leben davon. Die Kinder der Hingerichteten wurden alle begnadigt und behielten zum Theil auch das väterliche Erbe. Die Urtheile wurden im Senat in Gegenwart des Claudius, der Obersten der Leibwachen nnv der Freigelassenen gesprochen. Den Bericht erstattete er zwischen den Consuln aus dem Staatsseffel, oder auf einem erhöhten Platze sitzend.. Hieraus aber begab er sich nach seinem gewohnten Sitz, und auch Jenen wurden die Staatsseffel angewiesen. Dasselbe geschah auch bei andern wichtigen Angelegenheiten. Damals wurde unter Andern auch ei» gewisser Galäsus, ein Freigelassener des Camillns*>, vor den Senat geführt, und ließ sich hier sehr freimüthig *) Ein Fragment des Majns gibt hier einen andern Namen: „Ein Freigelassener des Sabinus fauch ein Sabinus ward 1383 Sechzigstes Buch. vernehmen. Eine Aeusserung ist besonders denkwürdig.. Als Nareiffns vortrat und ihn fragte: „Was hattest du gethan, Galäsus, wen» Camillus Alleinherrscher geworden wäre?" Da antwortete er: „ick hätte mich hinter ihn gestellt und — geschwiegen!" Diese Rede machte ihn ebenso berühmt, als Gattenliebe die Arria. Sie, die Gattin des Cäcina Pätns, wollte diesen nicht überleben, obgleich sie es in alle» Ehren hätte'thun kennen, da sle auf sehr vertrautem Fuße mit Mcssalina st.-nd. Sie ermunterte ihren zögernden Gatten noch zum Tode, ergriff den Dolch, gab sich eine Wunde und hielt ihn ihm mit den Worten hin: „Sieh Pätns, es schmerzt mich nicht!"") Diese nun erwarben steh Beifall darob: denn unter Claudius hingerichtet) wurde auf die Folter gebracht und sprach sich freimüthig aus. Narcissus fragte ihn: „Was hätten du gethan, wenn Sabinus Oberherr geworden wäre?" Er antwortete: „ich hätte mich hinter ihn gestellt und — geschwiegen!" Er wurde vcrurtheilt und hingerichtet. *) Martialis hat diesen Zug von Gattenliebe durch zwei Distichen Buch I. Epigr. 14 verewigt. Ein Fragment des Majus gibt statt Arria Ariame und das Ganze etwas ausführlicher: Als Ariame ihren Gatten mit dem Tode bedroht sah. so zeigte sie sich nicht nur nicht furchtsam, sondern gab sich selbst den Tod und forderte ihren Mann zu Gleichem auf. Sie ergriff das Schwert und flies, es sich in den Leib mit deu Worten: „Sieh es schmerzt mich nicht. Es ist gleich gethan! Mach' es wie ich!" Als er sie sterben sah. so stieß auch er sich das Schwert in das Herz. So weit war es gekommen, daß man Heldenmnth nur in freiwilligem Tode b) zeigen kann! ff) Statt s-o/i.. wie Majo liest, ist wohl aüro^e-g« zu lese». 1Z84 Cassius Div'6 Römische Geschichte. bei den nnanfhörlichen Leiden war es so weit gekommen, daß man noch in einem heldenmüthigen Tode eine Ehre finden konnte. Die Bestrafung Jener und Anderer war bei Claudias so zur fixe» Idee geworden, daß er den Soldaten beständig j-nen Vers als Losung gab: Räch' an dem Manne du dich, der zuvor dich hatte beleidigt! Diese und ordere griechische Kernsprüche gab er nicht nur Jenen, sondern auch dem S.nate zum Besten, so daß er bei Denen, die ste verstehen konnten, Lachen erregte. Soviel von diesen Geschichten. Die VolkStribunen versammelten, alS Einer ihrer College» starb, um einen neuen Volkeiribun zu bestellen, selbst den Senat, obgleich die Consilia gegenwärtig waren. AlS hierauf Claudius zum drittenmal daS Consnlat übernahm, schaffte er viele Opfer und Feiertage ab: denn der größte Theil deS JahrS war damit beseht und der Staat kam dadurch sehr zn Schaden. Er kürzte sie theils ab, theils s rankte er ste auf jede Weise ein. WaS Casus unbillig und ohne Grund verschenkt hatte, forderte er znm Theil wieder zurück, die Straßenbauer aber erhielten die auf Cor- dnlo's Veranlaffnng auferlegten Ctraßengelder zuiiick. Den durch daS LooS bestimmte» Statthaltern, welche immer noch zn spät in die Provinzen abgingen, befahl er, wenigstens vor Mitte April'S die Stadt zn verlassen. Als die Lycier in bürgerlichen Unruhe» einige Römische Bürger umgebracht, machte er ste zu Sklaven und verleibte ihr Land Pamphylicu ein. Wi« nun die Sache im Senat verhandelt wurde, that er an einen der Gesandten, der ein Lycier von Geburt, <585 Sechzigstes Buch. Römischer Bürger geworden war, eine Frage, und nahm ihm, da er dieselbe nicht verstand, das Bürgerrecht, indem er erklärte, eS dürfe Keiner Römischer Bürger seyn, der die Sprache Roms nicht verstehe. Auch viele andere Unwürdige strich er von der Bürgerliste, nahm aber Andere, theils einzeln, theils mehrere auf einmal, wie es ihm einfiel, in dasselbe auf. Da nämlich die Römischen Bürger fast in allen Stücken vor den Fremden den Borzug hatten, so baten ihn Viele darum, oder erkauftencs von Messalina und den.kaiser- lichen Freigelassenen, so daß das Bürgerrecht das früher um vieles Geld erkauft wurde, jetzt so leicht zu ei halten war, daß eS zum Sprichworte ward : man könne um ein paar Glasscherben Bürger werden. Darüber ward er zum Gespött«, verdiente sich aber Beifall, daß er auf vielfache Angebereien, daß die Einen den Namen Claudius nicht führten, Andere ihn beim Tode nickt zum Erben einsetzten, als ob Beides eine nothwendige Folge des durch ihn erlangten Bürgerrechtes wäre, verbot, Jemand deßhalb vor Gericht zu fordern. Messalina und seine Freigelassenen verkauften und verhandelten so s.vamlos nicht blos daS Bürgerrecht, Befehlshabersiellen, Verwaltungen, Statthalterschaften, sondern auch das Vorkaufsrecht von Waaren, daß Alles am Ende sehr nn Preise stieg und Claudius sich genöthigt sah, das Volk aus das Marsfeld zu versammeln und dort rvm Tribunal herab die Waarenpreise festzusetzen. Er selbst gab um jene Zeit im Feldherrngcwande in dem Lager sder Leibwache» ! ein Gla« diatorenspiel, und den Geburtstag seines SohneS begingen die Prätoren auf eigenen Antrieb mit Schauspielen und 1386 Cassius Dio's Römische Geschichte. feierlichen Gaftqclagen. Dieß wurde später von Anderen ,wiederholt. wenn sie gerade Lust dazu halten. 18. dKessalina l-btc indessen nickt nur sehr ausschweifend, sondern zwang auch die anderen Frauen zu gleicher Unzückligkeit. Viele mußten sich im Palaste selbst in Beisein und unter den Augen ihrer Männer Anderen Preis geben. Männer dieses Gelichters liebte und schaßte sie, und zeichnete ue durch Ehrenstellen und Aemter aus, Wer aber nickt darauf einging, war ein Gegenstand ihres Haffes und dem Tode verfallen. Diese so offenkundig begangenen Ruchlosigkeiten blieben dem Claudius lange Zeit unbekannt. Immer mußten einige ihrer Kammermädchen in seiner Nähe schlafen, und wer ihm Etwas angeben konnte, wurde durch Wohl- rhaten abgefangen oder umgebracht. So ließ sie den Obersten der Leibwache, Catvnins Justus, welcher ihm Aufschlüsse geben wollte, neck ehe es ihm gelang, aus dem Wege schaffen. Julia, die Tochter des Drusus und Enkelin deS Tibenus, die Gemahlin des Nero, des Sohnes von Germaniens, ließ sie aus Eifersucht so wie die andere fZulias um's Leben bringen. Damals war es auch, als ein Ritter, gefährlicher Plane gegen Claudius angeklagt, auf Befehl der Volkstribuncn und der Consuln vom Tarpejischen Felseu gestürzt ward. 1S. Dieß geschah in der Stadt. Um dieselbe Zeit unternahm der SenarorAulus Plautins, ein sehr angesehener Mann, einen Feldzug »ach Britannien. Ein gewißer Bericus war nämlich bei innerlichen Unruhen von der Insel vertrieben worden und sprach dem Claudius zu, ein Heer dahin zu senden. Diesem Plantius, welcher die Prätur bekleidet hatte, gelang es nur mit vieler Mühe, das Heer über Galliens 4 387 ' Sechzigstes Buch. Gränzen zu bringen. -Sie waren ungehalten, daß sie die Schranken der bekannrcn Welt überschreiten sollten,, und folgten ihm nicht eher, als bis Narciffus von Claudius kam. und auf das Tribunal des Plautius tretend eine Rede an sie halten wollte. Jetzt murren sie auf Liesen noch vielmehr aufgebracht, ließen ihn unter beständigem Rufe io Satur- nalia! (an den Saturna'.ien haben die Sklaven ein Fest und spielen die Rolle der Herreui nicht zum Worte kommen und folgten jetzt Plautius sogleich ohne Widerrede. Ihr Avf- bruch war dadurch aber sehr verzögert worden. Jetzt aber theilten sie sich in drei Thci.e, um nicht an einem Punkte, vereinigt, an der Landung behindert zu werden. Auf der Ueberfahrt litten sie einiges Ungemach, da sie rückwärts getrieben wurden, faßten aber, weil ein Luftzeici cn am Himmel von Morgen nach Abend, in der Richtung, in welcher sie fuhren, dahinschvß, wieder Muth und landeten au der Insel, ebne Widerstand z» finden. Die Britanmcr hatten nämlich in Folge der eingekommenen Nachrichten ihre Ankunft nicht erwartet und sich deßhalb nicht zusammengezogen. Und auch jetzt ließen sie sich in keinen Kamps ein, sondern zogen sich in Sümpft und Wälder zurück, in der Kvffnung. die Römer hinzuhalten, so daß Diese, wie unter Julius Cäsar, wieder ur,verrichteter Dinge abziehen müßten. 2l). Plautius hatte viele Mühe, sie aufzusuchen, und als er sie fand, so besiegte er sie, die nicht frei, sondern verschiedenen Königen Unterthan waren, zuerst den CataratacuS, dann den Togvdumnns, beide Sohne des Cynobcllinus, da dieser selbst gestorben war. Als diese flohen, so ergab sich 1588 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. ein Theil der Bodunen*) die unter der Botmäßigkeit der Calvellaner"".) standen. Nachdem er hier eine Besatzung zurückgelassen hatte, rückte er weiter uns kam an einen Fluß. Die Feinde glaubten, die Römer könnten ohne Brücke nicht über den Fluß kommen, und blieben deßhalb sorglos auf -ei» Gegenufer gelagert. Plautius aber schickte seine C-lten HBataoerch die gewohnt sind. mit ihren Waffen ohne Mühe über die reißendsten Flüsse zu schwimmen, hinüber. Diese fielen sie unverhofft an, rerwnndeten aber nicht die Feinde selbst, sondern die an ihre Wagen gespannten Pferde, und als diese in Unordnung gcriethen, so konnten auch ihre Lenker nicht mehr zu Rechte kommen. Nun sandte er ihnen den Flaoius Despafianus, der nachmals Kaiser ward, und dessen Bruder Sabinns, seinen Legaten, nach. Diese sehten gleichfalls über den Fluß, griffen sle unvermnthet an und machten Viele nieder. Die Anderen aber flohen nicht, sondern lieferten ihnen eine Schlacht, welche lange unentschieden blieb, bis Cneus Hostdius Geta, erst in Gefahr, gefangen zu werden, einen so vollständigen Sieg gewann, daß er, ohne Consnl gewesen zu seyn, die Trinmphinsignien erhielt. Die Britan- nier zogen sich fetzt nach der Tamesis (Themse), wo sle in den Ocean mündet, bei der Flnth sich aber stemmt, und gingen, der schweren, nicht tiefen Furchen kundig, ohne P Bei Ptolemäus Dobuncu; wahrscheinlich wohnten sie in den heutigen G lvcesi er sh i r e und Orfordshirc. ") Aus einem an der Mauer Hadrians unlängst gefundene« alten Stein heißt dieses Volk Oatuillauni. Heut zu Aiqe heißen diese Landschaften B uching h am shire, Bedsord- sbire und Hertfordshire. 1389 . Sechzigstes Buch. Schwierigkeit über den Fluß. Die Römer sehten ihnen auch hier nach. es wollte aber nicht so recht gelingen, bis die Celten wieder hinüberschwammen, und auch andere Truppen weiter oben mittelst Brücken übersetzten. Jetzt griffen sie von vielen Seiten an und richteten ein großes Blutbad an. Als sie aber die Flüchtigen unbehutsam verfolgten, geriethen sie in Sümpfe, aus denen sie sich nicht mehr herausfinden konnten, und erlitten große Verluste. 21. Dieser Unfall und der Umstand, daß der Tod des Togodumnus die Britannien nicht nur nicht geschmeidiger machte, sondern noch mehr befeuerte, Rache an ihm zu nehmen , und vereinigte > vermochte den Plantius, nicht weiter vorzurücken, sondern die bereits gemachten Eroberungen zu behaupten und den Claudius zu Hülfe zu rufen. Denn er hatte die Weisung erhalte», Dieß zu thun, wenn die Umstände mißlicher würden, und Claudius hatte für diesen Fall bedeutende Rüstungen gemacht und unter Anderem auw viele Elephanten zusammengebracht. Als die Botschaft anlangte, überließ er die Reichsgeschäste und den Oberbefehl über die Heere seinem Miteonsnl Viteilins, dem er, wie sich, das Consnlat auf volle sechs Monate verlängert hatte, und trat nnn seinen Feldzng an. Er schiffte nach Ostia und von da nach Massilia hinüber. Von hier aus machte er den Weg theils zu Lande, theils aus den Flüssen, und fuhr, au dem Ocean angelangt, nach Britannien über, ivo-er bei den ik» an der Tamesie erwartenden Legionen eintraf. An ihrer Spitze setzte er über den Fluß, lieferte den Feinden, die sich bei seiner Annäherung zusammenzogen, eine Schlacht, in ^.590 Cassiuö Div'S Römische Geschichte. -er er siegte, und nahm Eamulvdunum, ^) die Residenz tes Cvnobellinus, ei». Hierauf brachte er Viele theils durch freiwillige Unterwerfung, theils durch Gewalt der Waffen unter seine Botmäßigkeit und erhielt gegen den bisherigen Gebrauch mehrmals den Imperatortitel. Sonst war es nämlich in einem Kriege nur Einmal gestattet ihn anzunehmen. Er beraubte die Unterworfenen der Waffen und bestellte den Plantius zum Statthalter über sie, mit dem Befehl, auch das noch übrige Land zu erobern. Er selbst aber eilte nach Rom zurück und sandte seine Schwiegersöhne Mag- nus und Silanus mit der Nachricht von seinen Siegen voraus. 22. Auf die Botschaft von diesen Kricgsthaten erkannte ihm der Senat den Beinamen Britannicns und die Ehre des Triumphes zu. Auch sollte ihm zu Ehren ein jährliches Festspiel gehalten und ein Triumphbogen in der Stadt und eiu anderer an der Stelle errichtet werden, von welcher aus er nach Britannien unter Segel gegangen war. Seinem Sohne bewilligte man denselben Ehrennamen, der ihm nachher denn äuch vorzugsweise blieb. Der Messalina erlaubte man, wie früher der Livia, den Vorsitz bei Versammlungen und den Gebrauch des Staatswagens. Solche Ehre erkannte der Senat dieser zu; dagegen beschloß er, alS Schmach für das Andenken des Cajus, alle mit seinem Bildnisse geprägte Münzen einzuschmelzeu. Dieß geschah, von dem Eingeschmelz- ten aber ward kein besserer Gebrauch gemacht: Messalina. ließ davon dem Pantomimen Mnester zu Ehren Bildsäulen ) Jetzt Mabdon. 1391 Sechzigstes Buch. gießest. Er war früher ei» Vertrauter des Cajus gewesen und sollte jetzt diesen Dank für den gehvfften Umgang mit ihr erhalten: denn sie war sehr verliebt in ihn, konnte ihn aber aus keine Weise, weder durch Versprechungen, noch durch Drohungen zu näherer Vertraulichkeit vermögen. Sie sprach deßhalb mit ihrem Manne und bat ihn ihm zu befehlen, ihr mehr zu Willen zu seyn, als ob sie Dieß für andere Dinge haben wollte. Als ihm nun Claudius bedeutete, er sollte sich der Meffaiina in Allem füge», was sie haben wollte, so erfüllte dieser ihren Wunsch, als ob er auch hierzu von ihm Befehl erhalten hätte. Dasselbe that sie auch bei vielen Anderen und lebte mit ihnen in Unzucht, indem sie sich stellte, daß Claudius darum wüßte, und ihr freie Hand in diesen Dingen ließe. 2Z. Auf vorgedachtc Weise wurde denn ein Theil von Britannien erobert. Hieraus kam Claudius, als Cajus Cri- spus") zum zweitenmal und Titus Statilius Consnln waren, nach sechsmonatlicher Abwesenheit und nur sechzehntägigem Aufenthalt in Britannien nach Rom zurück, hielt seinen Triumph und that nicht nur sonst Alles, was bei solcher Gelegenheit üblich ist, sondern rutschte auch, von seinen beiden Schwiegersöhnen auf beiden Seiten unterstützt, auf den Knieen die Stufen des Capitolinms hinauf. Den Senatoren, welche den Feldznq mit ihm gemacht hatten, ertheilte er nicht nur, wenn sie schon Consnln gewesen waren, wie er es auch sonst bei den geringfügigsten Veranlassungen, in verschwenderischem Maße that, die Triumphinsignien, sondern dem Rubrius D Im Cousulsverzeichnifse heißt er Titus Quinctius Crispinus. i !592 Cassins Dio'S Rdmische Geschichte. Pollio, seinem Leibgardenobristeu, ließ er sogar dessen Brustbild in der Curie, und, so oft er ihn dahin begleitete, auch einen Stuhl daselbst aufstellen, und um nicht den Schein einer Neuerung zu geben, bemerkte er, daß auch Angustus es mit einem Balerius Lignr so gehalten habe. Den Laco, der früher Qberschaarivachter gewesen, jetzt aber Statthalter in Gallien war, verlieh er dieselbe Auszeichnung und noch dazu Cvn- sularegrang. Hierauf hielt er zn Ehren des Siegs die üblichen Festsxiele, und ließ sich hierzu Consulargewalt ertheilen. Sie wurden in den beiden Theatern zumal gegeben. Er fehlte oft dabei »nd ließ sich dann durch Andere vertreten. Für das Pferderennen kündigte er soviel Gange an, als der Tag gestatten würde, es fanden aber nicht über zehen statt: denn es wurden immer Bärenheycn und Gladia- tvrenkämxfe zwischen denselben gegeben. Auch führten aus Asten verschriebene Knaben den Pyrrhichischen Kricgstanz auf. Ein, anderes Fest, gleichsam z» Ehren des Sieges, gaben mit Erlaubniß des Senats die Bühnekünstler. Dieß geschah wegen der Thaten in Britannien. Um andere desto eher zur Unterwerfung zu vermögen, beschloß der Senat, daß alle Vertage, welche Claudius oder auch dessen Stellvertreter schließen würde», so gültig seyn sollten, als wenn sie vom Senat und Volk aneginge». 24 . Die Provinzen Achaja und Macedvnien, welche seit der Regierung des Tiberius unter gewählten Statthaltern gestanden waren, gab Claudius dem Volke zurück, schaffte die Prätorenämter bei der Schatzkammer ab, und besetzte die Stellen, nach alter Sitte, mit Quästoren, aber nutzt mit jährlichem Wechsel, dem früher sie, und später die Prätoren 1393 Sechzigstes Buch. unterworfen waren, sondern auf drei volle Jahr«, worauf die Einen sogleich Prätvrenämter, die Andern, je nach Maßgabe der Art ihrer Verwaltung, Belohnungen erhalten sollten. Den Quästvren aber gab er diese Aemter statt der in Italien außerhalb der Stadt gehabten Statthalterschaften, und schaffte Lektere allesammt ab. Den Prätoreu wies er dagegen einige Zweige der Rechtspflege zu, welche bisher in den Bereich des Consulats gehört hatten. Den Soldaten, welche sich nach den Gesehen nicht verheirathcn durften, gab er die Gerechtsame der Verheiratheten, dem Mar- cus Julius Cottius gab er noch mehrLand zu seinem väterlichen Reich auf den Alpen gleichen Namens und gestattete ihm zuerst den Königstitel. Den Rhodiern nahm er die Freiheit, weil sie einige Römische Bürger an's Kreuz geschlagen hatten. Den Statthalter Umbonius Silio rief er aus Bätica zurück und stieß ihn aus 'dem Senat, weil er dem Heer in Mauritanien zu wenig Mundvorrath verabfolgt hatte. Dessen war er angeklagt; der Hauptgrund aber war, daß er bei einigen Freigelassenen angestofsen hatte. Dieser ließ all sein Hausgeräthe, welches sehr reichlich und zum Theil ausnehmend schön war, aus den Vcrsteigerungsplah dringen, als wollte er Alles veräußern, verkaufte aber Nichts als sein Senatorengewand, womit er zu verstehen gab, daß der Verlust der Seuatorwürde für ihn kein so großes Unglück sey, und er noch recht gemächlich als Privatmann leben könnte. Noch bemerke ich, Laß der alle neun Tage stattfindende Markt einiger Feste wegen auf einen andern Tag verlegt ward, Was auch sonst schon oft geschehen war. Dio Cassius. ils Bdchn. 6 1394 Cassius Dio's Römische Geschichte. 25. Im folgenden Jahre waren Marcns Vitticitts «IHN zweitenmal und Statilins Corvinns Consnln. Claudius selbst beschwor beim Antritte des neuen Jahres Alles nach gewohnter Weise, ließ aber die Anderen nicht weiter einzeln schworen. So sprach denn, wie es ehemals war, Ein Prätvr den übrigen Prätoren, Ein Volksrribnn den anderen, und so von den übrigen Staatsbeamten je Einer seinen Amtsgenossen die Eidesformel vor. So wurde es denn viele Jahre gehalten. Weil'die Stads voller Bildsäulen war — denn Jeder ohne Unterschied konnte sein Bild gemalt, oder in Erz oder Stein öffentlich aufstellen — so ließ er Viele derselben an andere Plätze stellen und traf für die Zukunft die Bestimmung, daß kein Privatmann ohne Erlaubniß des Senats dieß s llte thun dürfen , es wäre den», daß Einer ein öffentliches Gebäude aufgeführt oder wieder hergestellt hatte. Diese und ihre Verwandten sollten ihre Bilder daselbst aufstellen dürfen. Als er einen Statthalter wegen Bestechung mit der Verbannung bestrafte, zog er zugleich sein wahrend dieser Zeit erworbenes Vermögen ein. Damit Andere etwaige Anklage» wider sie nicht vereiteln könnten, gab er Keinem mehr ein Amt unmittelbar auf das andere. Zwar bestand, schon Jäher das Gesetz, daß man einen Solchen in der Zwischenzeit ebne Weiteres belangen konnte, (denn sie durften nach ihrem Abgang vom Amte nicht mehrere Reise» hintereinander unternehmen, damit sie sich nickt, wenn sie sich Etwas zu Schul'' kommen lassen, durch neue Aemter oder durch Reisen der Verantwortung entziehen könnten) aber man hatte nicht mehr darüber gehalten. Claudius aber 1L9ä Sechzigstes Buch. > hielt jetzt so streng auf Beides, daß auch kein Beisitzer eines Statthalters sogleich um eine Provinz losen durste, ob er gleich Einige zwei Jahre im Amte ließ, oder auf eigene jt Wal»! zuweilen in die Provinzen schickte. Denen, welche , um Erlaubniß ansuchten, in das Ausland zu verreisen, ertheilte er solche, ohne Beiziehung des SenatS, um aber dazu auch gesetzlich befugt zu seyn, ließ er einen SenatSbe- schluß darüber fassen, welcher denn auch im nächsten Jahr erfolgte. Jetzt ordnete er die für einen glücklichen Erfolg seines Feldzugs gelobten Festspiele an und vertheilte unter die für die Kvrnverthrilnng berechtigten Bürger je fünf und siebzig Denare, an Einige sogar mehr, so daß sie zum Theil bis auf dreihundert zwölf und einen halben Denar erhielten. > Doch nahm er diese Vertheilung nicht durchgängig selbst vor, sondern ließ dieselbe, da sie mehrere Tage erforderte, auch durch seine Schwiegersöhne vornehmen, um sich der Rechtspflege an denselben nicht zu entziehen. Den von Ca ns den Saturnalicn beigelegten weiter» fünften Tag, welchen derselbe wieder zmnckgenvmmen hatte, legte er von Ncuem'bci. 26 . Weil auf seinen Geburtstag eine Sonncnfinsterniß fiel und er deßhalb Unruhen befürchtete, zumal da andere Schrecklichen sich gerade begeben hatten, so ließ er nicht nur ihre Verfinsterung zum Voraus'durch einen öffentlichen Anschlug bekannt machen, sondern auch angeben, wann sie anfange, wie lauge sie dauern werte, und warum sie eben jetzt Statt haben müßte. Die Ursache» sind folgende: der Mond beschreibt seine Bahn, wie allgemein, angenommen wird, unter der Sonne hin, sey es nun zunächst, oder daß 6 « 1596 Cassius Dio's Römische Geschichte. Merkur und Venus zwischen ihm und der Sonne stehen. Er hat aber eine auf- und niedersteigende Bewegung, wie die Sonne, aber auch eine dritte in die Breite, was bei der Sonne keineswegs der Fall ist. Wenn nun der Mond über unserem Gesichtskreis gerade unter die Sonne zu stehen kommt, und unter ihrem Feuer hinläuft, so bedeckt er den auf die Erde fallenden Glanz derselben für die Einen mehr, für die Anderen weniger, für Andere gar nicht. Da die Sonne ihr eigenes Licht hat, so verliert sie dasselbe nie, wcßhalb sie denjenigen Erdbewohnern, denen der Mond die Sonne nicht verfinstert, beständig in vollem Glänze scheint. Dieß geschieht mit der Sonne, und wurde damals von Claudius bekannt gemacht. Der Mond wird ferner (da die Rede einmal auf diesen Gegenstand gekommen ist, so ist es nicht am unrechten Orte, auch von ihm zu sprechen) verfinstert, so oft er der Sonne gegenüber zu stehen kommt und in den kegelförmigen Schatten der Erde fällt, Was blos beim Vollmond geschieht, so wie die Sonnenfinsternis- nur beim Neumonde Statt findet. Dieß geschieht aber, wenn er sich in der Mitte seiner Breite bewegt: denn dann wird er des Lichtes beraubt, das er von der Svnne erhalt, und zeigt sich nach seiner eigentliche» Beschaffenheit. Damit verhält es sich denn auf diese Weise. 27. Als dieses Jahr verflossen war, gelaugten Valerius Afiatieus zum zweitenmal und Marcus Silanus zu dem Consulat. Der Letztere bekleidete dasselbe die ganze ihm bestimmte Zeit, Afiatieus aber wurde für's ganze Jahr gewählt (Was auch bei Anderen geschah), behielt es aber nicht, sondern legte eS aus freien Stücken nieder, wie es auch 1397 Sechzigstes Buch. Andere vor ihm gethan hatten. Diese aus Mangel an Vermögen , da der Aufwand bei den circensischen Spiele» sich hoch bclief, da vier und zwanzig Gänge beim Wettrennen gemacht zu werden pflegten; Astaticus aber that es seiner Reichthümer wegen, die auch seinen Tod herbeiführten. Da er sehr reich war und jetzt zum zweitenmal Consul wurde, so bekam er viele Feinde und Gegner, und wollte für seine eigene Sicherheit, seine Ansprüche Herabstimmen. Allein er tänschte sich. VinicinS hingegen, ein zwar ausgezeichneter, aber friedliebender Mann, der sich nur mit seinen eigenen Angelegenheiten befaßte, hätte zwar von Claudius Nichts zu befürchten gehabt und wäre mit dem Leben davon gekommen, allein Messalina, theils aus Verdacht, weil sie seine Gattin umgebracht hatte, theils aufgebracht, daß er ihre Umarmungen verschmähte, ließ ihm mit Gift vergeben; doch erhielt er öffentliches Leichcnbegängniß und eine Lobrede, Was Vielen zu Theil ward. Aflnins Gallns, von mütter- lichep Seite des Drusus Bruder, schmiedete wirklich Pläne gegen Claudius, ward aber nicht mit dem Tode, sondern nur mit der Verbannung gestraft. Grund zu dieser Milde mochte zum Theil vielleicht seyn, daß er keine Truppen warb, keine Geldmittel aufzubringen suchte,, sondern dem tollen Wahne sich hingab, die Römer würden seiner adeligen*) Abkunft wegen ohne Zwang sich seiner Herrschaft fügen. Am meisten aber kam in Betracht, daß er sehr klein von Person und äußerst häßlich war, so daß er mehr Verachtung und Hohn verdiente, als Besorgnisse erregte. *) Sr stammte von Asinius PoUio ab. 4393 Cassius Dio'S Römische Geschichte. 28 . Wenn dem Claudins Dieß schon großen Beifall erwarb, so geschah es noch mehr durch folgenden Vorfall. Es hatte ein Freigelassener seinen früheren Herrn bei den Volks- tribunen angegeben, sich gegen ihn einen Gerichtsdiener erbeten und erhalten. Darob war Claudius sehr aufgebracht nnd zog nicht nur Jenen, sondern auch diejenigen, welche ihm z» Willen waren, zur Strafe und machte die Bestimmung, daß man sich überhaupt nicht der Sklaven*) gegen ihre früheren Herren annehmen sollte, nnd Wer es thäte, sollte selbst des Rechts der Anklage verlustig werden. Daß er sich aber von seiner Gemahlin und seinen Freigelassenen so beherrschen ließ, nahm man ihm stiel, und der Unwille stieg noch besonders, als Sabiuns, der unter Cajus Statthalter Galliens war, so sehr sich auch 'Andere nnd selbst Claudius angelegen seyn ließen, ihn in einem Gladmtorenspicl den verdienten Tod finden zu lassen, von Messalina, die auch mit ihm buhlte, dem Tode entrissen ward. Ein weiterer Grund der Unzufriedenheit war; daß Messalina den Mnester vom Theater entfernt hielt, und so oft das Volk die Rede auf ihn brachte, daß er keine Vorstellung gebe, Claudius es unerklärlich fand, ihn zu entschuldigen suchte, durch einen Schwur betheuerte, daß er ihn nicht bei sich hätte. Man glaubte ihm zwar, daß er nicht wußte, Was vorging, fand es aber desto ärgerlicher, daß er allein nicht wissen sollte, wie man's im Kaiserpalaste trieb, während die *) Statt rät? oHrw lest Ich auf den Vorschlag von Sturz 1399 Sechzigstes Buch. Kunde davon selbst in Feindesland gedrungen war. Man wollte ib» aber nicht in's Klare setzen, theils aus Furcht vor Meffalina, theils aus Rücksicht für Mnester, den das Volk seiner Kunst wegen ebenso sehr, als Meffalina seiner Schönheit wegen, liebte: denn er war im Pantvmimenspiel so sehr Meister, daß, als das Volk ihn cnnnal ani's angelegentlichste bat, bei einem Licklingsstücke aufzutreten, nur er es wagen konnte, hinter der Scene heivorznsctranen und sich damit zu entschuldigen, daß er gerade mir Orestes in einem Liebeswerk begriffen sey. In diesen Dingen hielt eö Claudius auf diese Weise. Bei der Unzahl von Rechtsstreiten geschah es häufig, daß diejenige Aartei, welche zu verlieren glaubte, nicht vor Gericht erschien. Daher erließ er eine Verordnung, daß er auch gegen die Abwesenden innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich verfahren werde, und hielt es auch. 29. Im folgenden Jahr, dem achthundertsten nach Erbauung der Stadt trat Claudius zum vierten und Lucius Vitcllins zum drittenmal die Consnlwürle an. Claudius stieß Einige aus dem Senat, die Meisten aber gingen nicht ungern, sondern gerne, aus Mangel an den gehörigen Mitteln; dagegen »ahm er wieder viele Andere auf. Ein ge- wißer Surdinius Gallus, welcher senatsähig war, zog nach Carthago, da ließ er ihn eilig^ zurückkommen und erklärte ihm, er wollte ihn in goldene Fesseln schlagen. A» die neue Würde gefesselt, blieb er denn auch wirklich in der Stadt. Wenn Claudius gegen Freigelassene Anderer, wo er sie alS Verbrecher befand, anfs strengste verfuhr, so war er um Lä00 Cassius Dio's Römische Geschichte. so nachsichtiger gegen die eigenen. Als ein Schauspieler einst auf der Bühne die bekannte Stelle sprach: Wer aus der Prügelsnpp' in Ueserflnß gerätst. Ist nicht zu tragen! und alles Volk auf seinen Freigelassenen Polybius blickte, so rief Dieser aus: „Derselbe Dichter sagt: Und Herrscher wurden, die die Ziege» hüteten —" Claudius that ihm Nichts darob. Als einige sFrcigelaffenel bei ihm angegeben wuxden, als hätten sie ihm nach dem Leben getrachtet, so kehrte er sich gar nicht daran, denn er sagte: „Man setzt sich wider einen Floh nicht wie gegen ein wildes Thier znr Wehr.." Dagegen ward Asiaticns bei ihm angeklagt, wäre aber beinahe fr.igesprochen worden. Als er länqnete und erklärte, er kenne keinen der gegen ihn vorgeführten Zeugen, so wurde ein Soldat, der vorgab, bei ihm gewesen zu seyn, gefragt, welcher der Anwesenden Asiaticns wäre, und wies auf einen Kahlkopf, der zufällig dabei stand, denn Dieß war das einzige Kennzeichen, das er von ihm wußte. Darüber entstand ein Gelackter und Claudius wollte ihn schon freisprechen, als Vitellius, der Meffalina zu gefallen, angab, er hätte ihn gebeten, ihm die Art seines Todes freizustellen. Auf diese Aussage hin glaubte Claudius, sein eigenes Gewissen habe ihn schuldig gesprochen und gab Befehl, ihn hinzurichten. In dzesem Jahre kam eine kleine Insel neben Thera znm Vorscheine, die früher nicht zu sehen war. Da Viele kranken Sclaven die Pflege verweigerten und sie s.gar ane dem Hanse verstießen, so machte Claudius die Bestimmung, daß Alle, welche nach einer solchen Behandlung genäsen, frei seyn sollten. 1401 Sechzigstes'Buch. 50. Als Bespasianns in Britannien von den Feinden eingeschlossen wurde und Gefahr lief, aufgerieben zu wer-- den, schlug sich sein Sohn Titus, um den Vater besorgt, mit unglaublichem Muthe zu ihm durch, verfolgte die Fliehenden und machte Viele derselben nieder. Plautius wurde wegen glücklicher und tapferer Führung des britannischen Krieges von Elaudinö belobt und hielt einen Triumph. In dem Gladiatorenspiele mußten nicht nur viele andere Fremde aus dem Stande der Freigelassenen, sondern auch britannische Freigelassene kämpfen; Claudius rühmte sich wenigstens in dieser Art des Kampfes viele Britannien geopfert zn haben. Cneus Domitius Corbulo, der in Deutschland den Oberbefehl hatte, zog die Legionen zusammen und b'rachte sowohl andern Völkerschaften, als auch den Chaukern Verluste bei. Claudius aber rief ihn, als er eben in Feindesland stand, zurück. Auf die Nachricht von seiner Tapferkeit undKriegs- übnng wollte er ihm keinen weiteren Kricgsruhm zu Theil werden l-ssen. Auf die erhaltene Botschaft kehrte Corbulo zurück, indem er nur die Wort« rief: „Glücklich wäret ihr Führer der guten alten Zeit!" Damit wollte er andeuten, daß Jene ohne Gefahr große Thaten verrichteten, er aber von dem Kaiser aus Mißgunst in seinem Siege ausgehalten werde. Doch erhielt er auch so die Triumphinstgnieu, und nachher anfs Neue den Oberbefehl und hielt sein Heer wieder in gleicher Thätigkeit. Im Frieden ließ er durch die Sclaven einen Kanal von dem Rheine nach der Maas führen in einer Strecke von hundert und fünfzig Stadien, damit 1402 Casjius Dio's Römische Geschichte. diese Flüsse nickt beim Einkitte der Fl^th angelaufen die Niederungen überschwemmen könnte».-) 51. Der Meffalina war es immer noch nicht genug, daß sie Ehebruch und jederlei Unzucht trieb. Sie ging in ihrer Schamlosigkeit so weit, daß sie zuweilen in einem besonders dazu bestimmten Lustzimmer des Palastes steh selbst Preis gab und auch die erste» Frauen der Stadt seil bot, und eine Anzahl Männer auf dem Wege des Gesetzes zu besitzen begehrte. Sie hatte auch wohl mit allen Männern, mit denen sie Umgang hatte, El ererlräge geschlossen, wenn sie nicht gleich beim erste» Versuche ertappt und hingerichtet worden wäre. Bis jetzt waren alle kaiserlichen Freigelassenen mit ihr im Einverständnisse gewesen und hatten gemeinschaftliche Sache mit ihr gemacht. Als sie aber gegen den Polybins, mit dem sie gleichfalls Umgang gepflogen, durch verleumderische Anklage bei Claudius das Todenntheil herbeigeführt hatte, trauten sie ihr nicht mehr, und bald war sie, der Unterstützung beraubt, ihrem Verderben preisgegeben. Mit Cajns Silius, dem Sohne des von TiberiuS umgebrachten *) Hierher dos Fragment : „Als dem Claudius seine Tochter Antvnia, die er nach dem'Tode des Magnus mit Cornelius Faustus Splla vermählt hatte, einen Enkel gebar, war er so bescheiden, daß er keine besonderen Feierlichkeiten beschließen ließ. Mcfsalina und seine Freigelassenen waren dagegen desto übermüthiger. Es waren unter Letzteren hauptsächlich drei, welche die Herrschaft unter sich getheilt hatten. Callistus nahm die eingehenden Bittschriften an; Narciffus, der Geheimschreiber, wcßhalb er auch einen Griffel im Gürtel führte, und Pallas, der des Kaisers Gelder zu verwalten hatte." 1405 Sechzigstes Buch. Silins, hatte sie sich förmlich vermählt und das Vermählungsfest mit größtem Aufwande gefeiert, ihm ein prächtiges Haus geschenkt und die kostbarsten Kleinode des Claudius dahin dringen lassen, ja ihn am Ende sogar zum Consnl de- stgnirt. Dieß sah und hörte bisher Jedermann, nur Claudius erfuhr Nichts davon. Er war nach Ostia gegangen um nach dem Getreide zu sehen, sie aber war unter dem Vorwand: einer Unpäßlichkeit zu Hanse geblieben und harte jenen beinchtigten Schmaus gegeben, bei dem sie sich den größten Ausschweifungen überließ. Jetzt bekam Narcissns den Claudius allein und ließ ihm durch seine Buhlerinnen Alles, was vorging, hinterbringen, und wußte ihm die Sache so vorzustellen, daß Messalina ihn umzubringen und den Silins auf den Thron zu erheben beabsichtige. So ließ er denn Einige aufgreifen und auf die Folter bringen. Sogleich eilte er nach der Stadt und befahl auf der Stelle, wie er stand und ging, Mehrere und unter ihnen den Muester znm Tode zu führen, und hierauf auch die Messalina, welche in die Gärten des Asiaticns, die eine Hanpturfache seines Verderbens gewesen waren, sich begeben harte, am Leben zu strafen. Gleich darauf vermählte er sich mit seines Bruders Tochter Agrippina, der Mutter des Domitins Nero, die sehr schön war, täglich zu ihm kam, mit ihm als ihrem Oheim allein war und in einem zärtlicheren Verhältnisse mit ihm stand, als einer Nichte geziemen wollte. Dieses Verhältniß hatt« auch den Tod des Silanus, unter dem Verwände, daß er gefährliche Plane gegen ihn gehegt, herbeigeführt. Sila- nns galt für einen rechtschaffenen Mann und stand bei Claudius so in Ehren, daß er ihm noch als Jüngling die Triumph- 1404 Cassius Dio's Römische Geschichte. inssgnien ertheilte, ihm seine Tochter Octavia verlobte, ihn lange vor der gesetzliche» Zeit zum Prätor machte, auch bei dem Gladiatorenspiele, das er geben mußte, die Kosten für ihn trug und dabei, wie ein anderer Bandenführer mit lauter Stimme Forderungen an ihn stellte und gerade so schrie, wie er die andern sWetlrenners schreien hörte. Er war aber ein solcher Weibcrknecht, daß er wegen ihrer seine beiden Schwiegersöhne umbringen ließ.") «P ') Ohne Zweifel hat Ionaras folgende Notizen aus einem vollständiger» Exemplar des Dio geschöpft: Nach dem Tode der Mcffalina vermählte er sich mit seiner Nichte Aarivpina auf Betrieb seiner Freigelassenen, weil sie einen beinahe schon inS Jünglingsalter tretenden Sohn hatte, den sie für den Thron erziehen wollten, um vor Britannicus gesichert zu seyn, in dem sie einen Rächer der Ermordung seiner Mutter Messalina fürchteten. Als bereits die Vermählung beschlossen war, so hegten sie noch Besorgnisse wegen Silanus, der bei Claudius wohl angeschrieben und ein Ehrenmann war, und wegen seiner Tochter Octavia, die dem Silanus verlobt, von ihnen aber dem Sohne der Agrippina Domitius bestimmt war, und beredeten daher den Claudius, den Silanus mit dem Tode zu bestrafen, weil er gefährliche Absichten wider ihn hege. Hierauf erklärte Vitellius fdcr ConsuN in dem Senat, das Wohl des Staates erfordere es, daß Claudius wieder heirathe, wofür er Agrippina am geeignetsten hielt, uud trug darauf an, ihn zu dieser Ehe zu nöthigen. Die Senatoren stürmten nun in den Palast zu Claudius, nöthigten ihn wieder zu heirathen und faßten den Beschluß, daß die Römer ihre Nichten sollreu heirathen dürfen, Was bisher verboten war. "*) Magnus war das Jahr zuvor ums Leben gebracht worden, weil man dem Claudius eingeredet hatte, daß seine Abkunft Sechzigstes Buch. 1405 ;r. Sobald Agrippina Kaiserin war, wnßte sie Alle< gleich so einzurichten, daß sie sich den Claudius ganz zu eigen machte, und Diejenigen, w lche seine Gunst besaßen, durch Furcht oder Wohlthaten für sich gewann. Seinem Sohne Britanniens ließ sie eine Erziehung geben, als ob er nicht zur Kaisersamilie gehörte. Sein anderer Sohn, der mit des Sejanus Tochter verlobt gewesen, war schon früher gestorben. Den Dvmitins aber mußte Claudius erst zu seinem Tochtermann nehmen und sodann selbst adoptircn. Dieß wußte sie theils durch die Bermittelung der Freigelassenen bei Claudius, theils dadurch einzuleiten, daß Senat, Volk und Leibwachen ihm immer dergleichen Etwas zurufen mußten. Diesen ihren Sohn erzog Agrippina für den Thron und gab ihm den Seneca zum Erzieher. Ihm sammelte sie unermeßliche Schake, indem sie kein Mittel zu kleinlich oder zu schmutzig fand, und allen Reichen auf jede Weise schon that oder sie auch tödtete, wen» es sie z» ihrem Ziele führte. Selbst einige der angesehensten Frauen ließ sie umbringen und unter ihnen Paulina Lollia, da sie einige Hoffnung gehabt hatte, des Claudius Gemahlin zu werden. Sie ließ sich das Haupt der Letzteren bringen, und da sie es nicht erkannte, so öffnete sie ihr mit eigener Hand den Mund, um ihre Zähne, die eine eigenthümliche Beschaffenheit hatten, zu besichtigen.* *) Nero wuchs heran, Britanniens aber ward von dem großen Pompejus dem kaiserlichen Hanse gefährlich werden könne. Zonaras., *) Zonaras zeigt, daß in Di» ursprünglich mehr gestanden habe, denn er fährt nach den Worten: Beschaffenheit hatten, zu besichtigen, also fort: Hierauf ließ blaudius der 1406 Cassius Div's Römische Geschichte. an Ehre und Pflege verkürzt. Agrippina verstieß oder tvdretc seine bisherigen Erzieher. Den Svsibins, dem dessen Erziehung und Bitdnug hauptsächlich anvertraut war, wußte sie unter dem Verwände, daß er dem Nero nach dem Leben trachtete, ans dem Wege zu schaffen, übergab den Knaben sodann, wem sie wollte, und plagte ihn aus >ede Weise. Sie ließ ihn weder bor ssinen Vater, noch unter das Volk, sondern hielt ihn gewissermaßen gefangen, nur daß ihm keine Fesseln angelegt wurden. ää. Bei Agrippina magre Niemand anzustoßen, da sie mehr Macht als selbst Claudius besaß, und vffenilich Aufwartung annahm, Was in den Staatsprotokolle» angemerkt wurde. So ward sie denn bald in eine zweite Messalina umgewandelt, zumal da ihr unter anderen Auszeichnungen der Senat auch diejenige zuerkannte, daß fle bei Festspielen sich des Prachtwagens bedienen durfte. Als Claudius ihren Sohn Nero adoptirte und zu seinem Schwiegersöhne annahm, Agrippina den Ehrennamen Angnfla geben, adoptirte ihren Sehn und nannte ihn TiberiuS Claudius Nero Drusus Germaniens Cäsar, ohne sich daran zu kehren, das, an jenem Tage der Himmel in Feuer zu stehen schien. Hierauf liest er seine Tochter Octavia in eine andere Familie ndoptire», damit es nicht den Anschein hätte, alS ob Geschwister sich heiratheten, und verlobte sie U m dann. Agrippina bewirkte die Verbannung oder nach Anderen die Hinrichtung Eal- purnia's, einer der ersten Frauen Rom's, da Claudius ihre Schönveik bewundert und gepriesen hatte. Als Nero (denn dieser Name kam allgemein auf» in das Jüuglingsal er trat, so schickte die Gottveit an diesem Tage ein Erdbeben und erregte in der Nacht einen allgemeinen Schrecken. 1407 Sechzigstes Buch. seine Tochter aber, damit es rückt schiene, als ob Geschwister sich heiratheten, in eine andere Familie adoptiren ließ, geschah ein grosses Wunderzeichen: der Himmel schien nämlich an jenem Lage i» Fener zu stehen. Claudius wollte auf einem See da« Schauspiel einer Sees: lacht geben, ließ Schranken um denselben aufführen und Schangerüste errichten, auf welchen sich eine unermeßliche Menge von Zuschauern versammelte. Die Anderen erschienen in beliebiger Kleidung, Claudius und Nero aber im Feldherrngewand, Agrippina in goldgesticktem Oberkleide. Die Kämpfer waren znm Tode verurtheiltc Verbrecher, auf zwei feindliche'Flotten, jede zu fünfzig Segeln, eingetheilt. Die eine Partei hieß Rhvdier. die andere Sicilianer. Beide Flotten vereinigten sich und riefen dem Claudius zu: „Heil dir, Kaiser, wir, dem Tode Geweihte, begrüße» dich." Als sie aber keine tröstliche Antwort, sondern den Befehl erhielten, P den Kampf zu beginnen, fuhren sie blos durcheinander hin, ohne einander Etwas zu Leide zn thun, bis sie gezwungen wurden, loszuschlagen und einander niederzumachen. Narciffus hatte den Claudius so zum Narren, daß man sich von ihiy Folgendes erzählt. Die Bithvnier verklagten einmal ihren Statthalter ") Hier ist vielleicht Etwas ausgefallen, das sich aus Sueto- uius ergänzen liebe. Als er auf den Zuruf der Kämpfer „Heil dir, Kaiser! die dem Tode Geweihten begrüßen dich!" antwortete: „Heil auch euch!" so wollte» sie sich, als hätten sie Begnadigung erlangt, nicht mehr zum Kampfe heranlassen. Claudius wußte nicht, Was zu thun war, sollte er sie hängen oder köpfen lasse» ; endlich springt er von seinem Sipe auf, rennt in lächerlichem Taumel um den See her und treibt sie dann durch,Bitten und Drohungen zumKampse an. 1408 Cassins Div's Römische Geschichte. Junius Cilo wegen grober Bestechungen und schrieen laut wider ihn. Der Kaiser fragte die Umstehenden, Was die Leute wollten: denn er hatte vor zu großem Lärmen ihr Anbringen nicht verstanden. Da sagte Narcissus, sie wollten dem Junius ihren Dank darbringen. Er glaubte ihm und gab den Bescheid: „So sollt ihr ihn noch zwei Jahre zum Statthalter haben!" Bald darauf zog sich aber Narcissus, weil der Kanal am Fucinischen See einbrach, große Verantwortung zu: denn er hatte die Aufsicht über diese Arbeiten, und viel weniger, als der Kaiser hoffte, darauf verwendet, dann aber, damit sein Betrug nicht zu Tage käme, den Einsturz selbst herbeigeführt. Die Agrippina erschien öffentlich an seiner Seite, wenn er in Staatsangelegenheiten Bescheid gab oder auch Gesandtschaften empfing, indem sie dabei auf einem besondern erhabenen Sitze saß. Als ein gewisser Redner Julius Gallienseine Rechtssache vor Claudius oer- Folgendes ist ohne Zweifel von Aonaras aus Dio genommen worden: Sie vermochte Alles, da sie über Claudius herrschte und den Narcissus und den Pallas sich zu Freunden gemacht hatte: denn ballistus war im Besitze großer Macht mit Tod abgegangen. Die Sterndeuter wurden jetzt aus ganz Italien vertrieben, und die sie zu Rathe zogen, bestraft. Karatacus, ein Barbarenhauptling, ward als Gefangener nach Rom gebracht und von Claudius begnadigt. Nach seiner Freilassung ging er in der Stadt umher und rief bei dem Anblick ihres Glanzes und ihrer Größe aus: „Wenn ihr all Das besitzet, wie kann euch nach unsern Hüttchen gelüsten?" fSin von Majo aufgefundenes Dioni- sches Fragment ist noch ausführlicher: Ein britannischer ch>auptli»g Cartaces gerieth in Gefangenschaft, ward »ach Rom geschickt und von Claudius auf dem Throne sitzend. 1409 Sechzigstes Buch. focht, so ward dieser so erbost über ihn, daß er ihn in die Tiber, in deren Nähe er z» Gericht saß, werfen ließ. Darüber machte Domitins Afer, der tüchtigste Rechtsgelehrte im Kricgsgewand empfangen. Kr wurde mit Frau und Kindern begnadigt und durste in Italien leben. Als er einmal in der Stadt umherging und ihre Größe und die Pracht ihrer Häuser erschaute, so sprach er: „Wie könnet ihr. die ihr so Großes und Schönes bksihet. unserer Hütte» begehren Als ein gewnsser Redner Julius Galliens :c. — Als Claudius hierauf erkrankte, begab sich Nerv in den Senat und gelobte Circcnsische Spiele für seine Wiedergene- sung. Denn Agrippina bot Allem auf. daß er sich dem Volke gefällig machte und die Meinung erweckte, als ob nur er die Herrschaft übernehmen könnte. Deßhalb mußte Nerv für die Genesung des Claudius ein Pferderennen, die Lieblingsunterhaltung der Römer, geloben. Was denn auch geschah. Sie stiftete Unruhen wegen der Brodpreise und vermochte den Claudius, dem Volke durch ein Cdict zu erklären und dem Senate zu schreiben, daß, wenn er auch stürbe. Nero Mannes genug wäre, die Regierung zu übernehmen. Seit dieser Zeit war er denn Alles in Allem und in aller Leute Munde. Von Britanniens wußten Viele nicht einmal, ob er nur lebte, die Anderen hielten ihn nach Dem, was Agrippina ausposaunte, für mondsüchtig und verrückt. Als Claudius wieder genas. hielt Nero die Circen- sischen Spiele mit vielem Glänze ab, und vermählte sich mit Octavia. um sich hierdurch als Mann zu zeigen. Der Agrippina wollte aber Nichts genug seyn. obgleich sie alle der Livia zu Theil gewordenen Auszeichnungen und noch weitere von dem Senat erhielt. Sie wollte zu gleicher Gewalt mit Claudius erhoben sehn, und als eine Feucrsbrunst einen großen Theil der Stadt in Asche legte, erschien sie ao Dio Eaffius. bis Bdch». 7 14 kO Cassius Dio'6 Römische Geschichte. seiner Zeit einen köstlichen Wiy. Als ihn Einer, der von Galliens in Stich gelassen worden war, nm seinen Rechts- bcistand vor Claudius «»sprach, so versetzte er ihm: „Wer sagte dir, daß ich ein besserer Schwimmer als Galliens sey?" Z4. Claudius, aufgebracht über die Ränke der Agrip- piua, denen er anfing auf die Spur zu kommen, und seinem Sohne Brilannicns, den sie ihm geflissentlich so viel als möglich aus den Augen brachte, während sie ihrem Sohne von Domitius, Nero, auf jede Weise die Herrschaft zu verschaffen strebte, mehr Aufmerksamkeit schenkend, fand ihr Äenehme» nicht länger erträglich, sondern ging damit um, sich von ihr zu trenne» und seinen Sohn zum Nachfolger auf dem Thron zu erklären. Als Agrippina Dieß merkte, gerieih sie in Furcht und beschloß,' ihm mit Eifr zuvorzukommen. Da sie ihm vor dem Weine, den er stets in vollem Maaße genoß, und bei der Vorsicht, welche die Kaiser bei ihrer Kost zu beobachten pflegten, nicht beikommen konnte, so ließ sie eine Gisnuischerin Namens Locusta kommen und ei» tödcliches G st bereiten, das sie in einen Pilz zu bringen wußte. Sie selbst aß von den andern, während sie ihm den vergifteten hiusdvb, welcher der groß!« und schönste war. So hinler- gangen wurde er als betrunken fortgetragen, wie Dieß auch sonst öfters zu geschehen pflegte, verlor aber in der Nacht seiner Seite, um zu helfen, klaudius,^'it>cr Das, was vorging, so weit es ihm zu Ohren kam, ausgebracht, behandelte den Britanniens, so oft er ihn traf, aufs Freundlichste und ging damit um, sich von Agrippina zu trennen, seinem Sohne die Männerlvga zu ertheilen und ihn zu seinem Nachfolger zu erklären. Sechzigstes Buch. das Gesicht und das Gehör- und verschied am dreizehnten October, nachdem er dreiundsechzig Jahre gelebt und dreizehn Jahre acht Monate zwanzig Tage regiert hatte. Aqrip- pina hatte, ehe sie Dieses that. den Nareiffus zn einer Reise nach Campanien bewogen unter dem Vorwande, dort die Bäder für seine Fußgicht zu gebrauchen; den» in seiner Gegenwart hätte sie so Etwas nicht auszuführen vermocht, weil er ei» zu aufmerksamer Hüter seines Gebieters war. Auch er fand mit Claudius seinen Tod, ein Man» , der unstreitig zn seiner Zeit die größte Macht und mehr als zwanzig Millionen besaß, und dem Städte und Könige den Hof zu machen pflegten. Ehe er umgebracht wurde, vollbrachte er noch ein Werk, das ihm Ehre macht. Die Briefschaften des Claudius gegen Agrippina und Andere, die er als sein Ge- heimschreiber in Händen hatte, ließ er alle verbrennen. 55. So starb denn Claudius, Was auch ein Komet, der sich seit längerer Zeit sehe» ließ, ein Blntregen, ein Blitzstrahl, der iu die Feldzeichen der Leibwache» schlug, die von selbst sich öffnende Pforte des Jupiter Victor, der sich im Lager ansetzende Bienenschwarm und der Umstand, daß aus alle» obrigkeitlichen Personen Einer starb, vorbedenket zu haben schienen. Er erhielt ein Leichcnbegäugniß und alle Ehrenbezeugungen, wie August. Agrippina und Nero heuchelte» Trauer über ihn, den sie gemordet hatten, und hoben ihn jetzt in den Himmel, den sie aus dem Speisesaal geschleppt hatten. Lucius Juniuz Gallio, der Bruder des Se- neca, hatte hierbei einen witzigen Einfall. Zwar verfaßte auch Seneca eine Schrift, dir er als Srilenstück zur Vergotte- 7 * 1412 Cassius Dio's Römische Geschichte. rung sApanathanaffs^ Verk ü rbissu n g fApocolokyntosis) betitelte. Der Scherz des Gallio verdient aber um so mehr aufbewahrt zu werden, weil er mit wenig Worten so viel sagte. Die in dem Staatsgefängniß Getvdteten wurden an großen angelfvrmigen Haken von den Henkern auf den Markt geschleppt und von da in den Fluß gezerrt; Gallio meinte deßhalb, Claudius sey am Haken in den Himmel gezogen worden. Auch Nero's Spottrede verdient bemerkt zu werden. Er sagte, „die Pilze seyen ein Göttereffen, da Jener durch eioen Pilz zum Gott geworden sey." P *) Ein von Mafo aufgefundenes Fragment gibt die Anekdote aus folgende Weise: Als bei einem Vaginale Pilze hereingebracht wurden und Einer bemerkte; die Pilze wären doch ein Göttereffen, so versetzte er: „Ganz gewiß! Mein Vater hat fich daran zum Gölte gegessen!" Inhalt des einundsechzigsieii Buches.") Im Aliszuge des Johannes Tiphilinus. Nero bemächtigt sich des Throns. Cap. I., 2. Anfangs fügt er sich der Agrippina, Was jedoch Seneca und BurrhuL nicht lange gestatten. Cav. 3. Nerv's Ausschweifungen und Verschwendung. Der Tod des Silanus. Cap. 4 — 6. Liebschaft Nerv's mit Acte, Ermordung des Britannieue. Nero zerfällt mit Agrippina. Cap. 7., 8. Nero beginnt seine Narrheiten. bap. 9. Fehler »nd Wollüste des Seneca. Cap. 10. Nerv's neue Liebschaft mir Sabine,; Agrippina's Ermordung. Cap. II-l6. Ermordung der Domitia. Festlichkeiten. Nero als Zithersxicler. Cap. 17—21. Der Zeitraum begreift sieben Jahr«/ in welchen Folgende Consuln waren: Nach Nacl> Nerv's Ehr. Erb. d. Stadt. Negier.-Jahre. 54. 807. Marcus AsininS Marcellus und Ma- I. nins Acilius Aviola. 13. Oetober. 55. 808. Nero Cäsar Angusttts und Lucius 41. Antistius Vetus. ') Von jetzt an haben wir den Dio blos im Auszuge des Johannes Li- bhilinuS, der ein Verwandter des gleichnamigen Patriarchen von Con- stantinopel und Trapczunt war, und gegen das Ende des eilsten Jahrhunderts nach Chr. lebte, mit einzelne» Bruchstücken der vollständigen Geschichte des CassiuS Dio. 1414 Inhalt des einundsechzigfteu Buches. Nach Sl-r. ss. 57. 58. 59. so. Nach Nerv's Erb. d.'tztadt. , Regier.-Jahre. 809. Luintus Volusius Saturninüs und 111. Publins Cornelius Scipio. 810. Nero Cäsar Augusius zum zweiten- IV. mal und Lucius Calpurnius Piso. 811. Nero Cäsar Augusius zum dritt n- V. mal und Marcus Valerius Meffala. 812. Casus Virstauus Avronianus und VI. Casus Fontejus Capito. 81Z. Nero Cäsar Augusius zum rierten- VII. mal und Cornelius Leurulus Ccffns. Elnundsechzigstcs Buch. 1. Nach dem Tode des Claudius gelührte nach strengem Rechte die Herrschaft dem Britanniens: denn er war der leibliche Sohn des Claudius und von blühenderer Körperkraft, als sich von seinen Jahren erwarten ließ, doch gab auch dem Nmv seine Adoptirung darauf Anspruch. Allein kein Recht ist stärker als die Gewalt der Waffen. Der Stärkere behält in Allem, was er spricht oder thut, mehr Recht. So vernichtete denn Nero das Testament des Claudius, bemächtigte sich aller Gewalt, und ließ den Vritannicus und ') Dieß Register nebst der JnhaltSgnzeige steht nicht in dem Terte de» Nphilinus. Eiinmdsechzigstes Buch. 14 !5 seine Scluvcstern nms Leben bringen. Was braucht es nach solchen Vorgängen noch Anderer Leid,» zu beklagen? 2. Vorzeichen kiinf iger Herrschaft hatte er folgende : Bei seiner Geburt nmgalen ihn f üh Morgens Strahlen der Sonne, obne das; diese, wie es schien, an seine Lagerstelle dringen konnte. Daraus und aus dem Laus und der Stellung der Gestirne um jene Zeit prophezeite ein Sterndeuter Zweierlei: er werde Kaiser und seiner Mutter Mörder werden. Als Agrippina Dies; hörte, war sie im Augenblick« so thöricht auszurufen: Er todte mich, wenn er nur Kaiser wird! Später aber mochte sie diesen Wunsch gar sebr bereuen. So thöricht sind die Menschen oft, daß sie bei der Aussicht auf Glück, mit Uebel gemischt, im Augenblicke der Leidenschaft, das Schlimme über dem Guten nicht in Anschlag bringen. Wenn aber die Zeit auch zu jenem kommt, so sind sie unzufrieden und wurden auf den früheren Genus; selbst des größten Gutes verzichten. Die Schlechtigkeit und Ausschweifung Nero's sah sei» VaterDomitins nicht ans der Prvphczeihung, sondern aus seinem und Agrippina's Cbarak. ter voraus und sagte: „Unmöglich kaun von mir und d e r ein gutes Früchtchen stammen!" In der Folge fand man einmal um den Nacken desKnaben Nero die abgestreifte Haut einer Schlange, Was die Wahrsager dahin deuteten, daß er von einem alten Manne große Gewalt bekomme» werde, denn man glaubt von den Schlangen, daß sie mit der Haut anch ihr Alter abstreifen. 5. Er war siebzehn Jahre alt, als er zur Regierung kam. Sofort begab er sich in das Lager sder Leibwachenjj» las daselbst eine von Seneca verfaßte Anrede ab, in der er L416 Cassins Dio's Römische Geschichte. ihnen dieselben Geschenke, die sie nicht von Claudius erhall ten hatten, versprach. Auch im Senate las er eine gleichfalls von Seneca geschriebene Rede ab, die man aus eine silberne Platte zu graben, und beim jedesmaligen Amtsantritte der Cousuln vorzulesen beschloß. Auf diese Rede bauten sie, wie auf eine Urkunde, ihre Hoffnung aus eine gute Regierung. Anfangs besorgte Agrippina, welche mit dem derben, übermüthigen PallaS fleischlichen Umgang hatte, alle Regie- rungSgcschciste für ihn. Sie erschienen miteinander öffentlich, indem sie oft zusammen in einer Sänfte sich tragen ließen: meist aber ließ sie sich tragen und er folgte ihr zu Fuße. Sie empfing Gesandtschaften und schrieb a» Städte, Statthalter und Könige. AlS sich Dieß immer wiederholt«, wurden Seneca und BurrhnS, die zwei verständigsten und einflußreichste» Männer in Nero'S Umgebung, darüber ungehalten. Dieser war nämlich Befehlshaber der Leibwachen, Jener aber Nero'S Lehrer. Sie bennyten folgende Gelegenheit, um diesem Unwesen ein Ende zu machen. ES war eine Gesandtschaft aus Armenien da, und Agrippina wollte den Tbron, öon welchem herab Nero den Gesandten Bescheid gab, besteigen. AlS Jene sie ankommen sahen, ricthcn sie dem jungen Kaiser vom Throne zu steigen und ihr entgegen zu treten, als ob er sie empfangen wollte. Er that eS und die Audienz ward unter irgend einem Bormande abgebrochen, um nicht dem AuSlaude tiefe Ungebühr in der Regierung t» verrathen. Nun wußten ste es so einzuleiten, daß ihr keine StaatSgeschäfte weiter überlassen wurden. 4. Nachdem ste Dieß dnrchgeseyt hatten, übernahmen ste die ganze Regierung und verwalteten sie ausS Beste und Einundsechzigstes Buch. 1417 Gewissenhafteste. Nero war kein Freund von Geschäften und hatte es gern, wenn er davor Ruhe hatte. Dieß hatte ihn auch in Abhängigkeit von seiner Mutter gebracht, und seht war es ihm lieb, daß er seinen Lüsten nachhängen konnte und die Regierung dock immer ihren Weg ging. Jene beiden Männer handelten im Einverständniß. änderten hier Einrichtungen, dort beben sie sie völlig auf und trafen neue Bestimmungen. Den Nerv überließen sie dem Wohlleben, indem sie der Meinung waren, daß er, ohne großen Nachtheil für den Staat, von demselben übersättigt, von selbst davon zurückkommen würde, bedachten aber nicht, daß die selbstgefällige Jugend in nnbeschrieenem Wohlleben und völliger Ungebundenheit aufwachsend, der Lüste nicht nur nicht satt wird, sondern immer tiefer darein versinkt. Anfangs gab Nero nur Gastgebote, machte ausgelassene Streiche, betraut sich und hatte seine Liebesabenteuer. Als man ihn aber immer nur gewähren ließ und die Staatsgeschäfte darum nicht übler berathen waren, so meinte er recht daran zu thun und sich seinen Vergnügungen noch ungeschälter überlassen zu dürfen. Er trieb sein Wesen immer offener und ausgelassener. Wenn jene Männer ihm nun auch Vorstellungen machten, und seine Mutter ihn zurecht wies, so fühlte er sich zwar in ihrer Gegenwart beschämt und versprach Besserung; kaum aber hatten sie ihm den Rücken gekehrt, so ward er wieder seiner Leidenschaft zur Bente und schenkte Anderen Gehör, die ihn zum Gegentheile verlockten und ihn immer tiefer ins Verderbe» zogen. Bgld achtete er gar nicht mehr auf sie, da ihm seine Gesellschafter immer in den Ohren lagen: „Warum läßt du dir Solches gefallen? Was 1418 Cassius Dio's Römische Geschichte. kehrst du dich an Diese? Weißt du nickt, deß du Kaiser bist ? Daß du ihnen, nickt sie dir zu befehlen haben?" Endlich ward es ihm zur Ehrensache, an Macht nicht der Mniter, au Einsicht nicht Seines nndBurrhns nachzustehen. 5. Endlich verlor er alle Scham, schlug sich alle ihre Ermahnungen aus dem Sinne, trat sie unter die Fiiße und lenkte ganz auf die Bahn des Caliguia ein. Sobald er aber sich Diesen zum Vorbilde genommen, überbot er ihn sogar, indem er meinte, der Macht des Kaisers Etwas zu vergeben, wenn er sich selbst im Schlimmsten von Jemand nber- rreffen ließe. Als er sich karvb von der Menge loben und riel Schmeichelhaftes sagen hörte, warf er sich selbes weg, trieb seine Ausschweifungen anfangs zu Hanse und mit seinen Gesellschaftern, bald aber sogar öffentlich, so daß er da durch große Schmach über Alles, was Römer hieß, brachte, und große Leiden über sie verhängte. Gewaltthat, Frevel, Raub und Mord waren an der Tagesordnung »nd wurde von ihm und Allen, die bei ihm Etwas vermochten, ohne Maß und Ziel verübt, und, Was die natürliche Folge von all Dem war, es wurden ungeheuere Summen verschwendet, aus ungerechte Weise beigetrieben und mit Gewalt erpreßt. Daß er überhaupt auf da« Geld sah, geht schon aus Folgendem hervor: Er hatte seinem Geheimschreiber Dorypho- rns dritthalb Millionen Denare *) auszubezahlen befohlen, und als Agrippina das Geld aus einen Haufen hatte schütten lassen, um ihn durch den Anblick der Masse auf andere Gedanken zn bringen, fragte er, wie viel es wäre. Man gab ihm die Summe'an, und nun verdoppelte er sie mit den *) Ueber eine Million Gulden. 1419 El'lnilidsechzigstes Buch. Worten: „Ich wußte meßt, daß ich ihm so wenig geschenkt hatte." Gen Blinder mußte sehen, daß ein so »ngeherrer Aufwand den öffentlichen Schah bald erschöpfen und neue Auflagen nöthig machen wurde. Ungewöhnliche Steuern wurden eingetrieben und sorgfältig nach dem Vermögen Derer, die Etwas hatten, geforscht. Diese verloren durch allerlei Ränke ihren Besfh und oft auch noch ihr Leben. Andere, welche nicht reich waren, aber sich durch Verdienst oder Geburt auszeichneten, beargwohnte er, daß sie ihm grollten, haßte sie und ließ sie ums Leben bringen. 6. Dieß sind die Grundzüge von Ncro'L Charakter. Ich werde aber jetzt in das Einzelne eingehen. Von den Cir- censischen Spielen war er ein so leidenschaftlicher Liebhaber, daß er die ausgezeichneten Renner, wenn sie zu alt wurden, mit dem Staatsmantel schmückte und außer ihrem Futter noch Gnadengelder aussetzte. Da die Pferdehalrer und Wa- genleuker durch die Vorliebe Nero's übermüthig wurden und Consulu und Prätoren schimpflich behandelten, so wollte Aulus Fabricius, der Prätor, weil sie unbillige Preise für ihre Pferde forderten, sich ihrer gar nicht bedienen, richtete Hunde zum Ziehen der Wagen ab und brachte sie statt der Pferde auf die Rennbahn. So fuhren den» die weiße und die rothe Bande alsbald mit ihren Wagen aus; weil aber die Dunkelgrünen und die Meergrünen nicht erscheinen wollten, so setzte Nero selbst noch Preise für die Pferde fest und die Spiele wurde», wie gewöhnlich, abgehalten. Agrippina nahm sich viel heraus: sie schickte dem Marcus Jmsius Si- lanus von dem Gifte, womit sie ihren Gatte» heimlich aus der Welt geschafft hatte, und tödtete ihn damit. Silanus 1420 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. war Statthafter in Wen, und sein Leben entsprach ganz seiner hohen Abkunft. Dieß war auch, wie sie sagt«, ein Hauptgrund für sie, ihn umzubringen, damit er nicht dem Nero bei seiner Lebensweise vorgezogen würde. Es war bei ihr Alles käuflich; sie verschmähte den geringfügigsten und schmutzigsten Gewinn nicht. Lälianus, der früher Ober- schaarwächter gewesen war, wurde statt des Pvllio nach Armenien geschickt, war aber um Nichts besser als Dieser. Höher am Rang, war er auch an Habsucht unersättlicher. 7. Agrippina war sehr übel darauf zu sprechen, daß sie besonders wegen der Acte nicht mehr wie früher im Palaste schalten und walten durfte. Diese Acte war in Asten als Sclavin erkauft worden. Nero gewann sie lieb, ließ ihr Geschleckt auf Attalus zurückführen und zog sie selbst Octavien vor. Ueber Dieß und Anderes war Agrippina so aufgebracht, daß sie ihm erst ernstliche Vorstellungen machte, einige seiner Gesellschafter schlug oder vom Hose entfernte Als sie mit allem Dem Nichts richtete, drang ihr der Aerger endlich die Worte ab: „Ich habe dich zum Kaiser gemacht," als ob sie ihm die Obergewalt auch wieder nehmen konnte. Sie bedachte nicht, daß die Herrschaft, von einem Privatmann ertheilt, sogleich aufhört von ihm abzuhängen, und dem Empfänger selbst wider den Geber zu Gute kommt. Dem Britanniens ließ Nero mit Gift vergeben und bestrich ihn, als sich blaue Flecken an ihm zeigten, mit Gips. Weil aber bei dem Leichenzuge nach dem Markt ein starker Regen fiel, so schwemmte er den noch nicht trockenen Gips hinweg, so daß man von dem Gränel nicht nur hören, sonder» sich auch mit eigenen Augen überzeugen konnte. Nach dem Tode des Bui- 1421 Einundsechzigstes Buch. tannicus nahmen sich Seneca und Burrhus nicht mehr mit gleichem Eifer der Staatsverwaltung an, und begnügten sich nur die Staatsmaschine im Gange zu erhalten, ohne ihre eigene Sicherheit auf das Spiel zu setzen. Nero erlaubte sich nun ungeschent und ungestraft alle Arten von Ausschweifungen, und trieb seine Tollheit so weit, daß er einen Ritter Namens Äntonius ohne Weiteres wegen Giftmischerei mit dem Tode bestrafte und allerlei Arten von Gift öffentlich verbrennen ließ. Hierüber und daß er Einigen wegen unterschobener Testamente den Proceß machen ließ, rühmte er sich offen, machte sich aber vor den Anderen lächerlich, daß er seine eigene» Schandthaten an Anderen bestrafte. 8. Viele Ausschweifungen beging er zu Hause und in der Stadt, bei Nacht und bei Tag, indem er sich zum Theil verkleidete. Häufig ging er in Garküchen und schwärmte überall unter der Verkleidung eines Privatmannes umher. Hierbei setzte es vielfache Schläge und Mißhandlungen, und selbst in die Theater zog sich der Unfug. Die Bühnenmän- ner und die Wettrennen kehrten sich nicht mehr an Soldaten und Consuln. Sie erregten nicht nur selbst unruhige Auftritte, sondern zogen auch Andere mit hinein, während Nero sich nicht einmal den Schein gab , als wollte er ihnen wehren, sie vielmehr noch dazu aufmunterte. Er hatte seine Freude an solchen Händeln und ließ sich in einer Sänfte in Geheim ins j Theater tragen, um Anderen unsichtbar den Unfug mit anzusthen. Auch den Soldaten, welche sonst bei allen Gelegenheiten waren, wo sich vieles Volk versammelte, verbot er, dabei zu erscheinen, indem er z»m Verwände nahm, daß sie sich nur mit ihrem Dienste zu befassen 1422 Cassmö Dio's Römische Geschichte. hätten, im Grunde aber, um größeren Spielraum zur Ausgelassenheit und Ungcbundenheit zu geben. D » selben Verwand gebrauchte er auch gegen seine Mutter. Auch ihr nahm er die Wache, indem er erklärte, daß sie allein den Kaiser zu bewachen hätten. So machte er denn seine Feindschaft gegen die Mutter offen kundig und trat ibr bereits unverbolen entgegen. Zwar wurde auch schon früher, Was Mutter und Sohn wider einander sprachen, aus dem Pälaste getragen, kam aber doch nicht so unter die Menge und man trug sich nur über Einiges mit Muthmaßungen und leeren Gerüchten. Denn nach der eigenen Schlechtigkeit und Verdorbenheit verbreitete man als wirklich. Was nur möglich, und als wahr, Was nur wahrscheinlich war. Jetzt aber, da man sie ohne Leibwache sah, hütete man sich vielfach, auch nur von ungefähr mit ihr zusammenzutreffen, und geschah es doch, so suchte man, ohne ein Wort mit ihr zu sprechen, schnell wieder fortzukommen. 9. Bei einem Schauspiele mußten Männer auf Pferden Stiere verfolgen und niedermachen. Vier hundert Bären und dreihundert Löwen wurden von den berittenen Leibwachen Nero's niedergeschossen; auch kämpften dreißig R>tter von der Linie») als Gladiatoren miteinander. Dieß that er am hellen Lage; Nachts aber streifte er durch die ganze Stadt, schändet-Weiber und Knaben, plünderte, stlng, verwundete und tödtete selbst, Wer ihm begegnete. Zwar glaubte er unerkannt zu seyn, weil er Kleidung und Haare beständig wechselte; aber seine Begleitung und Das, was er that, 'Lx könnte auch heißen: die als solche aus der Steuerliste standen. 1st22 Einundsechzigsteö Buch. verrieth ihn um so mehr, da außer ihm sich Niemand so viele tolle Streiche erlaubt haben würde. Auch zu Hause zu bleiben gewährte nicht immer Sicherheit, da er in Werkstätten und Häuser drang. Ein Senator, Julius Montanus, wegen seiner Gemahlin ausgebracht, siel einmal über ihn her und prügelte ihn dergestalt durch, daß er wegen der blauen Flecken mehrere Tage sich verborgen halten mußte. Es geschah Jenem aber darob Nichts zu Leid, da Nerv seine Schläge dem Zufalle zuschrieb, und er hätte sie ihm nicht nachgetragen, wenn Jener nicht an ihn geschrieben und ihn um Verzeihung gebeten hätte. Nero laS den Brief und fuhr jetzt auf: „Wie er, der den Kaiser schlug, hat sich nicht schon längst das Leben genommen?" Nach einem Schauspiele ließ er einmal plötzlich Meerwasser in das Amphitheater leiten, in welchem Fische und Seethiere schwammen Und führte dann eine Seeschlacht zwischen Persern und Äthenern auf. Hierauf ließ er plötzlich das Meerwasser ablaufen, den Boden trocknen und dann Kämpfer zu Fuße, nicht blos einzeln, sondern ganze Schaaren gegeneinander auftreten. tu. Hierauf folgten andere und zwar gerichtliche Kämpfe, die mit der Verbannung oder dem Tode Vieler endigten. Auch dem Seueca wurde unter Anderem unerlaubter Umgang mit Agrippina Schuld gegeben. Es genügte ihm nicht, mit Julia Ehebruch getriebi» zu haben, und die Verbannung hatte ihn nicht gewitzigt; auch mit Agrippina, diesem schändlichen Weibe, der Mutter eines so schändlichen Sohnes, mußte er sich vergehen. Nicht nur hierin, sonder» auch in anderen Dingen stand er mit seiner Philosophie in geradestem Widersprüche. Er eiferte gegen Tyrannei und ward 1424 Cassius Div'ö Römische Geschichte. der Lehrer eines Tyrannen; er schmähte auf die Gesellschafter der Machthaber und war vom Palaste nicht wegzubringen; er zog gegen Schmeichler los, und machte Meffalinen nud den Freigelassenen des Claudius dermaßen den Hof, daß er von seiner Insel eine Schrift ihnen zusandte, die Lobsprüche auf sie enthielt, und die er später aus Schamgefühl selbst unterdrückte. Er war ein Tadlcr der Reichen und besaß selbst ein Vermögen von fünsundsiebzig Millionen Denare;"') er schalt über den Aufwand der Anderen, und besaß selbst fünfhundert Tischchen von Citrusholz mit elfenbeinernen Füßen von gleicher Größe und bewirthete auf ihnen. Aus dem hier Berichteten laßt sich auf seine übrigen Ausschweifungen schließen. Wenn schon seine glänzende Hei- rath auffallen mußte, so fand er doch nebenbei noch Geschmack an Lustknaben und leitete auch Nero dazu an, und doch war er früher ein so strenger Sittenprediger, daß er ihn bat, ihn nicht zu küssen, noch mit ihm zum Mahle sich niederlassen zu müssen. Für Letzteres konnte er noch als Grund anführen: er wollte sich nicht durch seine Schmau- sereien in seinen philosophischen Betrachtungen stören lassen. Warum er sich aber seinen Kuß verbat, kann ich nicht recht einsehen. Das Einzige, Was sich denken ließe, daß er den Mund eines Knabenschanders nicht küssen mochte, erscheint als unstatthaft, da er selbst sich derlei Genüsse nicht versagte. Dieß und sein ehebrecherisches Verhältniß ward ihm Schuld gegeben, und wenn er jetzt noch vor gerichtlicher Untersuchung ') Stwa ro Millionen Gnlden. Einundsechzigftes Buch. 142 L rei gegeben ward und au» den Pallas und Burrus losbat, so hatte er später doch nicht gleiches Glück. 11. Nero, welcher von Niemand die Wahrheit hörte, und von Allen Das, was er that, gutgeheißen sah, meinte, Niemand wisse um seine Schandthaten, oder sah darin eher Großthaten, und wurde dadurch nur noch mehr verdorben. Alles, was er sich zu thun erlaubte, hielt er auch für rühmlich. Was man ihm aus Furcht oder Schmeichelei sagt«, nahm er für Wahrheit.")-Lange schwebte er in Unruhe und Furcht, als ihm aber die Gesandten viel Artiges sagten, faßte er wieder Muth. — Marcus Calvins Oths war ihm durch gleiche Aufführung und Theilnahme an seinen Lastern so vertraut geworden, daß Dieser einst sich die Rede erlaubte: „So wahr du in mir den Kaiser siehst!" Es geschah ihm jedoch Nichts zu Leid und er erhielt nur zur Antwort: „Nicht einmal den Consul werd' ich in dir sehen." Diesem gab er Sabina, patricischem Geschlechte entstammet, die er ihrem Manne geraubt hatte, und Beide theilten sich in ihre Umarmungen. Agripxina befürchtete jetzt, Nerv werde sich mit Jener förmlich vermählen, weil er bereits sehr verliebt in sie war, und wagte den ruchlosesten Schritt, um ihn davon abzuhalten. Als ob es nicht Schande genug wäre, daß sie ihren Oheim Claudius durch verführerische, unwichtige Blicke und Küsse zur Liebe verlockt hatte, suchte sie jetzt auch Nero auf gleiche Weise zn fesseln. Ob es wirklich wahr ist, oder *) Hier ist das Ieicken einer Lücke gemacht, da Mehreres ausgefallen seyn muß. Dio Cassius, 11s Vdchn. 8 1426 Cassius Dio's Römische Geschichte. nur nach ihrem sonstigen Charakter angedichtet, weiß ich nicht; soviel aber wird allgemein berichtet, daß Nero eine Buhldirne, die der Agrippina glich, eben deßhalb besonders liebgewann, und zu ihr selbst und wenn er sie Andern zeigte, im Scherze sagte, daß er auch mit seiner Mutter Umgang pflege. 12. Als Sabina Dieß merkte, suchte sie den Nero zu überreden, die Agrippina, welche ihm nach dem Leben trachte, aus dem Wege zu schaffen. Seneca sprach ihm gleichfalls zu diesem Schritte z», sey es, daß er dadurch, den ihm zur Last gelegten Umgang unglaublich machen, oder d-n Nero zu einer Frevelthat verleiten wollte, um desto schneller Götter und Menschen zu seinem Verderben zn bewaffnen. Die That öffentlich zn begehen trug man jedoch Bedenken, und heimlich durch Gift war es nicht möglich, da sie überall sehr auf ihrer Hut war; sie sahen aber einmal im Theater, wie ein Schiff von selber auseinander ging, einige wilde Thiere entlud, und dann von selbst wieder zusammenging und in seine Fugen zurückkehrte; sogleich ließ er ein anderes der Art zimmern. Als das Schiff fertig war, wurde der Aprip- pina auf's angelegentlichste der Hof gemacht. Er fing an, ihr auf alle Weise zu schmeicheln, damit sie nicht Verdacht schöpfen und ihre Vorsichtsmaßregeln treffen mochte. In Rom selbst wagte er sein Vorhaben nicht auszuführen, da die ruchlose That hier vorher bekannt werden konnte; er ging also vorher mit seiner Mutter nach Campanien ab und fuhr mit ihr auf eben diesem Schiffe, Las auf's prächtigste ausgeschmückt wätVum ihr Lust zu machen, desselben sich auch ferner zu bedienen. 1427 Einundsechzigstes Buch. 13. Nach seiner Ankunft in Bauli gab er mehrere Tage die prächtigsten Gastmale, bei denen er seine Mutter mit aller Freundschaft behandelte. War sie abwesend, so heuchelte er Sehnsucht nach ihr, war sie da, so bedeckte er fle mit Küssen, hieß fle., Was sie nur wollte, begehren, und schenkte ihr Vieles, wenn sie auch nicht darum bat. Als er so weit war, umfaßte er sie um Mitternacht, drückte fle an seine Brust und küßte fle auf Augen und Hände mit den Worten: „Lebe wohl und gesund, liebe Mutter: in dir lebe ich, durch dich herrsche ich!" Hierauf empfahl er fle seinem Freigelassenen Anicetus, um sie auf dem schon bereit gehaltenen Fahrzeug nach Hause zu bringen. Das Meer schien selbst eine solche Trauerftene nicht zu dulden und wollte die trüglickc Kunde über die Schandthat von sich weisen: das Schiff ging zwar voneinander und Agrippina fiel in das Wasser; aber fle kam nicht um, sondern rettete sich an's Land, obgleich die Nacht stockfinster, fle selbst ganz betrunken war, und die Schiffer mit den Ruderstangen nach ihr schlugen, und damit auch ihre Begleiterin Acerronia Polka wirklich tödteten. Bei ihrer Ankunft in ihrem Landbause ließ fle sich nicht das Mindeste merken, entdeckte keiner Seele die Nachstellung , schickte vielmehr sogleich einen Eilboten an ihren Sohn ab, und ließ ihm den Unfall, der ihr von Ungefähr begegnet sey, mit der freudigen Kunde von ihrer Rettung vermelden. Bet dieser Nachrückt konnte Nero nickt an sich halte», sondern strafte den Boten, als wäre er zu seiner Ermordung gekommen, sogleich am Leben und schickte sofort den Anicetus mit den Ruderknechten zu seiner Mutter ab: 8 - S428 Cassius Dio's Römische Geschichte. denn seinen Leibwachen mochte er ihre Ermordung nicht anvertrauen. Bei ihrem Anblick ersah sie gleich den Zweck ihrer Absendung, sprang vom Bette auf, zerriß ihr Kleid und entblößte ihren Unterleib, indem sie rief -, „durchbohre ihn, Anicet, durchbohr' ihn, daß er einen Nero gebären konnte!" 14. So wurde denn Agrippina, die Tochter des Germaniens, die Enkelin Agripoa's, des Angustus Urenkelin, von ihrem leiblichen Sohne, dem sie die Herrschaft gegeben, nnd wegen dessen sie außer ander,» ihren eigenen Oheim getödtet hatte, ums Leben gebracht. Als Nero ihren Tod erfuhr, glaubte er der Nachricht nicht, denn über der Größe -er Freoclthat wandelte ihn ein Zweifel an. Er wollte sich also mit eigenen Augen von dem Geschehenen überzeugen, ließ sie vor seinen Augen entkleiden und besah ihre Wunde»; endlich beschloß er das Ganze mit Worten, die »och schändlicher als selbst der Mnttermord waren: „Ich wußte nicht, sprach er, daß ich eine so schöne Mutter hatte!" Den Leibwachen machte er Geldgeschenke, damit sie noch mehr solche Scenen herbeiwünschen möchten. Dem Senat zählte er in einem Schreiben Verbrechen auf, die er von ihr wußte, und schloß mit dem Berichte, daß sie ihm nach dem Leben gestanden, aber, auf der That ertappt, sich selbst den Tod gegeben habe. Dieß war sein Bericht an den Senat; er aber wurde nächtlicher Weile von solchem Schrecken befallen, daß er oft plötzlich vom Lager aufsprang. Bei Tag wurde er von Trompetenschall, de,r»wild und kriegerisch von dem Orte her, wo Agrippinncns Gebeine ruhten, in Angst und Schrecken versetzt. Deßhalb begab er sich von da fort; als ihn Einnndsechzigstes Buch. 1429 aber derselbe Klang verfolgte, verließ er voller Angst die ganze Gegend. 15. Als man in Rom diese Vorgänge borte, war man zwar eines Theils empört, andern Theils aber freute man sich, indem man hoffte, daß fle unfehlbar seinen Untergang herbeiführen müßten. Die andere» Senatoren bezeigten über das Geschehene ihre Freude, beglückwünschten Nero und faßten mehrere Beschlüsse, durch die sie sich demselben gefällig erweisen wollten. Pätns aber kam zwar in den Senat »nd hörte die Zuschrift desselben vorlesen, stand dann aber plötzlich auf und verließ den Saal, ohne ein Wort zu sprechen: denn Was er sagen wollte, konnte er nicht, und Was er konnte, wollte er nicht. Auch im klebrigen benahm er sich dem gemäß; denn er pflegte zu sagen: „wenn Nero mich allein tödten wollte, so würde ich den Anderen das Uebermaß von Schmeicheleien gerne verzeihen. Da er aber viele seiner größten Lobredner schon umgebracht hat »nd noch »mbringe» wird, Was braucht man sich so sklavisch niederträchtig zn gebärden, bevor man stirbt, da wir als freie Männer derNatnr ihren Tribut entrichten können? Bon mir wird man auch nach mir sprechen, von ihnen aber höchstens erwähnen, daß sie abgeschlachtet wurden!" Ein solcher Man» war Thrasea, so pflegte er oft sich selbst z» trösten: „Nero kann mich tödten, aber mir nicht schaden." 16. Als Nero nach der Ermordung seiner Mutter in die Stadt kam, empfing man ihn mit allen Zeichen der Achtung; im Geheimen aber, wo man ohne Gefahr freimüthig seyn konnte, ergoß man sich in die bittersten Schmä- 1430 Cassius Dio's Römische Geschichte. bungeu gegen ihn. Bald hängte man Nachts einen ledernen Schlauch an seiner Bildsäule auf, um damit anzuzeigen, daß er selbst in einen selche» gesteckt zu werden verdiente;") bald setzte man ein Knäbchen aus den Marktz. aus, mit einem Täfelchen, auf welchem stand: „Ich setz' dich aus, damit die Mutter du nicht tobtest!" sBei seiner Ankunft in der Stadt, stürzte man die Bildsäulen der Agrippina um; eine aber konnte man nicht zeitig genug umstürzen, und warf daher einen Lappen Tuch darüber, damit sie bedeckt scheinen möchte; da heftete Einer sogleich die Schmähworte daran: „Aus Scham bedeck ich mich, du aber schämst dich nicht!"f*"> Auch konnte man an vielen Orten auf gleiche Weise geschrieben lesen: Nero, Orestes, Alcmäon, Mutter- mörder! Ebenso hörte man oft genug die Worte: Nero hat seine Mutter umgebracht! Viele klagten auch Andere an, daß sie eben Dieß gesagt hätten, nicht sowohl »m ste zu verderben, als vielmehr um Nero zu kränken. Er ließ aber Niemand darob vor Gericht stellen, sey es, daß er das Gerede darüber nicht noch vermehren wollte, oder daß er bereits sich nicht mehr darum kümmerte, Was die Leute von ihm sagten. Mitten unter den wegen Agripinna's Tod auf Befehl des Senats angestellten Dankfcsten trat «ine so völlige Sonnenfinsterniß ein, daß sogar die Sterne Achtbar wurden. Die Elephanten, welche des Augustus Pracht- *1 Die SlternmSrdtzr 'wurden in einen ledernen Sack genäht und ertränkt. Dieses Bruchstück des Majus ist wohl hier einzuschalten, wenn man nicht vorzieht, es gleich am Anfange des Kapitels >u geben. 1431 Einundsechzigstes Buch. wage» zogen, kamen in den Circus herein, und fuhren bis vor die Sitze der Senatoren; hier aber blieben sie stehen und gingen nicht weiter vorwärts. Ein augenfälliges Gvt- terzeichen aber mochte man darin erkennen, daß ein Blitzstrahl einmal alle für Nero aufgetragene Gerichte verzehrte, wie wenn eine Harpyie seine Speisen aufgegessen hätte. 17. Ohne sich daran zn kehren, ließ er noch seiner Muhme Domitia, welche er wie eine Mutter zu verehren vorgab, durch Gift vergeben, und mochte die wenigen Tage nicht abwarten, bis sie ihr hohes Alter zu Grabe gelegt hätte. Aber er betrieb und beschleunigte ihren Tod um so angelegentlicher wegen ihrer Besitzungen in Bajä und dem Gebiete von Ravenna, woselbst er prachtvolle Gymnasien aufführen ließ, die sich bis auf unsere Tage erhalten haben. Wegen seiner Mutter aber stellte er feierliche kostspielige Festspielean, die in fünf bis sechs Theatern zumal viele Tagelang begangen wurden. Damals war es auch, daß ein Elephant auf die oberste Gallerte des Theaters geführt ward und von dort mit einem Reiter auf den Rücken auf Seilen'") herabließ Aber ein eben so schädlicher als be- klagenswerther Anblick war es, Männer und Frauen nicht blos vom Ritter-, sondern auch vom Senatorenstande theils freiwillig, theils gezwungen auf dem Orchester, dem Cir- ') Dieß will wohl bezeichnen: zum Danke gegen die Götter für Abwendung der Gefahr, diz ihm von seiner Mutter drohte. ") Aus dem Plural o/o-rl«»> geht hervor, daß mehrere Seil«, die vielleicht auch miteinander verbunden waren,^ aufgespannt wurden. , / 1432 Cassius Dio's Römische Geschichte. cus und dem Amphiheater gleich dem niedrigsten Pöbel auf. treten, flöten und tanken, Trauer- und Lustspiele auffuhren, zur Cither singen, Pferde tummeln, wilde Thiere erlegen, als Gladiatoren kämpfe» zu sehen. So sahen die damaligen Römer ihre alten Geschlechter, die Furier, Fabier, Porcier, Valerier und andere ohne Zahl, deren Trophäen, deren Tempel sie ror Augen hatten, auf der Bühne stehen und Dinge thun, an denen sich sonst selbst Andere geschämt haben würden. So zeigten sie denn mit Fingern auf sie und die Macedonier sagten: das ist ein Enkel des Paulus! Die Griechen: das ein Mnmmius! Die Sicilianer: seht da den Claudius! Die Epiroten: sehr hier ist ei» Appius! Die Bewohner Asiens: Dieß ein Lucius! Die Hispanier: Dieß ein Pnblius! Die Carthaqer: Dieß ein Asricanus! Die Römer aber: sie alle sind Enkel unserer berühmtesten Männer! Dieß sollte das Vorspiel zu seinen weiteren Schändlichkeiten seyn. l8. Alle verständigen Männer wehklagten über seine ungeheuern Verschwendungen. Die kostbarsten Leckerbissen, die werthrollsten Gegenstände, Pferde, Sklave», Wagen, Gold, Silber, gestickte Kleider verschenkte er mittelst gewißer Marken. Er warf nämlich kleine Küg-lchen, auf deren jedem Etwas geschrieben stand, unter die Menge, und Wer ein solches erhäschen konnte, erhielt, Was darauf stand. Man mußte einsehen, daß er, während er so viel auf seine Liederlichkeiten vergeudete, auch kein Mittel zu schlecht finden werde, um sich wieder Geld zu verschaffen. Als sich jetzt einige Wunderzeichen begaben, erklärten die Wahrsager, daß sie seinen Untergang bedeuteten, und riethen, die Gefahr auf 1433 Einundsechzigstes Buch. Ander« von sich abzuwenden. Auch hätte er wohl Viele hingeopfert, wenn ihm nicht Seneca bedeutet hätte: „So Viele du auch umbringst, deine» Nachfolger tobtest du doch nicht." Damals brachte er denn viele Opfer für seine Rettung, wie er sagte und weihte auch den Speisemarkt ein, den man klscellum nennt. 19. Hierauf beging er eine andere Art von Fest, das er Jnvenalia, oder gleichsam Jugendstreiche nennen ließ. Es wurde zu Ehren seines Bartes gefeiert, den er sich damals zum erstenmal abnehmen ließ. Er that die Haare in eine kleine Kugel von Gold, die er dem Capitolinischen Jupiter weihte. Bei diesem Feste mußten außer Anderen selbst Leute aus den edelsten Geschlechtern in irgend Etwas öffentlich sich zeigen. So tanzte zum Beispiel Aelia Catella, eine durch Geschlecht und Reichthum ausgezeichnete, im Alter schon sehr vorgerückte Frau, die ihre achtzig Jahre zählte. Die klebrigen, welche vor Alter oder Kränklichkeit nichts Besonderes aufführen konnten, mußten sich wenigstens dem Cho>e zugesellen. Alle übten sich in Dem, wozu sie sich fähig fühlten, ein und es besuchten besondere Einübnnqsscbulen die angesehensten Männer, Frauen, Mädchen, Knaben, alte Weiber und Greise. Wenn Einer in nichts Anderem anstreten konnte, so wurde er den Ehören zngeschieden. Als Einige aus Schande, um nicht erkannt zu werden, Larven vor das Gesicht nahmen, so entzog er sie ihnen unter dem Vorwande, daß das Volk es so verlange, und gab. sie so dem Gespötte von Leuten Preis, die vor Kurzem noch ihrer Befehle gewärtig waren. Damals priesen diese und die Anderen, Jeden glücklich, wer schon gestorben war. Viele der ersten Männer 1434 Cassius Dio's Römische Geschichte. starben nämlich in diesem Jahr; Einige, verrätherischer Absichten gegen Nero angeklagt, wurden von den umstehenden Soldaten mit Steinen zu Tode geworfen. SO. Um aber dem Ganzen die Krone aufzusetzen, trat Nero selbst in dem Theater aus, nachdem er oon Gallio, ^ der den Herold machte, namentlich angekündigt worden war. f Da stand der Kaiser, als Citherspielcr gekleidet auf der L Buhne und seine Majestät sprach die Worte: „meine Herr- k schaften, schenkt mir geneigtes Gehör!" Er, der Angustus sang s zur Cither Attis oder die Bacchantinnen, während eine Menge ' Soldaten umherstanden, und so viel Volk da saß, als nur ! immer die Bänke fassen konnten. Seine Stimme aber war " so schwach und dumpf, wie mau erzählt, daß die Zuschauer nicht wußten, ob sie lachen oder weinen sollten. Seneca und Burrus standen als Lehrer und Einbläser ihm zur Seite, und setzten bei jeder Pause Hände und Gewänder in Bewegung, um die Anderen zu gleichen Beifallsbezeigungen mitfortzureißen. Er hatte ein eigenes Corps von fünftausend Soldaten abgerichtet, welche Augustaner hießen, und den Ton zu den Beifallruse» gaben, und alle Anderen, bis auf Thrasea, ließe» sich zwingen, ihnen nachzurufen. Dieser gab sich nie dazu her; die Anderen aber, und vornehmlich die angesehensten Männer, versammelten sich auf's angelegenste, obgleich diesen Zwang sehr beklagend, und stimmten in den Ruf der Augustaner eiu, als ob sie besondere Freude daran hätten. Da hörte man denn den beständigen Ruf: „der herrliche Cäsar! der Apollo ; der Angustus! Einer wie der pythische Gott! Meiner Treue, dich, Cäsar, sticht Keiner aus!" Nach diesem Heldenstück bewirthete er das 1435 Einundsechzigstes Buch. Volk auf den Schiffen an dem Orte, wo früher Augustns die Seeschlacht gegeben hatte, und fuhr aus demselben um Mitternacht durch den Kanal in die Tiber hinab. Ll. So beging er sein Bartfest. Als Dankfest aber für seine Rettung und für die Dauer seiner Herrschaft (denn so drückte er sich in dem öffentlichen Anschlag aus) feierte er fünfjährige Spiele, die er Neronien nannte, baute für dieselben auch das Gymnasium, und ließ bei der Einweihung desselben unentgeltlich Del an die Senatoren und die Ritter vertheilen. Den als Preis für die Citherspieler bestimmten Kranz erhielt er ohne Wettkampf, da Alle als des Preises unwürdig verworfen wurden. Er erschien sofort in dem Gymnasium in dem Aufzng der Citherspieler und ward in ihre Zunftliste eingetragen. Seitdem sandte man alle für den Gesang zur Cither ausgesepten Sicgerkränze ihm als dem einzig Würdigen zu. ^ -. 7'V « Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von v. Leonhard Tafel, Oderreallelirer an dein Gymnasium zu Ulm. Zwölftes Bündchen. ivtirttgart, Verlag der I- B. Metzler'schen Buchhandlung. Für Oestreich in Cvmmisstcu von Mvrschner und Jasper in SLien. 1 8 L S. Inhalt des zweiundsechzigften Buchs. Im Auszuge des Johannes Xiphilinus. Die Römer erleiden in Britannien durch die Fürgin Bun- dnica eine Niederlage. Cap. 1 — 7. Paulinns kehrt nach der «Eroberung der Insel Mana zurück und, gewinnt eine Schlacht. Cap. 8—12. Nero läßt seine Gemahlin Ockavia August«, Bur- rus, Plautus und Pallas hinrichten. Cap. 13. 14. Schändliches Gastmal bei einem Feste, von Tigellinus gegeben. Cap. 15. Nerv laßt die Stadt Rom anzünde». Cap. 16 — 18. Corbnlv's Tapferkeit, die er gegen Vologäsus und Tiridatcs beweist. Cap. 19. 20. Pätus ist weniger glücklich. Vologäsus schließt Frieden mit Cvrbulo. Seneca, Svranus, Türasea. Tabina müßen sterbe» , Musonius und Cornulus werde» aus der Stadt gewiesen. Cap. 24-29. Der Zeitraum begreift sechs Jahre, in welchen Folgende Consnln waren: Nach Nach Nero's Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 69. 813. Nero Augustns zum biertenmal und VIII. Cornelius Cosius Lentulus, des Cos- sus Sohn. 13. Oct. 61. 814. Cäsonius Pätus und Publius Pe- IX. trvnius Turpilianus. 62 . 815. Publius Maritts Celsus und Lucius X. Asinius Gallus. Dio Cassius. 12s Vdckn. 1 1442 Inhalt des zweiundsechzigsten Buchs. Nach Nach Nero's Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 6Z. 816. Cajus Meminius Regulus und Lucius Verginius Rufus. XI. «4. 817. Cajus (oder Quiutns) Lecanius Bas- sus und Marcus Licinius Crassus Frugt. XII. es. 818. Aulus Licinius Nerv« Silianus und Marcus Bestinus AtticuS. xrik. Zwelundscchzl'gstcs Buch. 1. Während man in Rom diese Possen trieb, begab sich in Britannien ein schrecklicher Unfall: zwei Städte wurden zerstört, achtzigtausend Römer und Bundgenossen kamen um und die Insel selbst ging verloren. Alles Dieß geschah, um die Niederlage für die Römer desto schmählicher zu machen, durch eine Frau und wurde ihnen zum Voraus angekündigt. Aus der Curie her ließen sich nächtlicher Weile barbarische Laute'mit Hohugelächter, und aus dem Theater- wildes Gelärme mit Stöhnen vernehmen, obgleich au beiden Orten Niemand war, der diesen Laut, oder ein Gestöhn von sich gegeben hatte. In der Themse erblickte man Häuser unter dem Wasser; endlich überwogte der Ocean zwischen der Insel und Gallien zur Zeit der Fluth und war von Blut geröthet. 2. Veranlassung zum Kriege war die Einziehung der Gelder, welche Claudius den Großen derselben gegeben hatte; Zweiuiidsechzi'gsteS Buch. 1445 und Die. wie wenigstens der Statthalter der Jiisel Decianus CatuS erklärte, in den Staatsschatz zurückfallen mußten) außerdem der Umstand, daß Seneca ihnen gegen ihren Willen gehen Millionen Denare auf hohe Zinse angeliehen und dann Alles zumal und mit Härte wieder eingetrieben hatte. Am meisten aber reizte sie auf und trieb zum Kriege gegen die Römer Buntuica, eine Britannien», die man der Herrschaft gewürdigt und mit der Führung des Heeres beauftragt hatte. Sie stammte aus königlichem Geschlecht und war höheren Sinnes, als man von einem Weibe erwarten konnte. Diese sammelte ein Herr von hundert und zwanzigtausend Mann und bestieg sodann eine Buhne, die nach der Art der Römer aus Snmpfrasen aufgethürmt war. Sie war von sehr hohem Wuchs, schrecklichem Ansehen, und durchdringendem Blicke. Ihre Stimme war rauh, ihr blondes Haar in solcher Fülle, daß es ihr bis über die Hüften hinabfiel. ' Um den Hals trug sie eine große goldene Kette, und über den Leib ein vielfarbiges, weites Unterkleid, über das sie einen dichten Kriegsmantel mit einer Agraffe befestigt hatte. So war sie immer angethan; jetzt aber schwang sie noch eine Lanze in der Hand, wodurch sie Alles in Schrecken setzte, und ließ sich folgender Maßen vernehmen: 3. „Ihr habt nun durch die That erfahren, welcher Unterschied zwischen Freiheit und Knechtschaft ist. Wenn bisher Einige unter euch aus Mangel an besserer Einsicht durch trügerische Versprechungen der Römer sich täuschen ließen, so sehet ihr denn jetzt, nachdem ihr Beides aus Erfahrung kennen gelernt ein, wie unrecht ihr daran thatet, 1 ^ 4444 Cassms Dio's Römische Geschichte. daß ihr fremder Herrschaft vor der vaterländischen Weise zu leben den Vorzug gäbet. Ihr habt jetzt die Einsicht erlangt, welchen Borzug Armuth mit Freiheit vor Reichthum mit Knechtschaft verdiene. Welche Schmach, welche Leiden haben wir nicht erduldet, seit diese Fremdlinge unser Britannien erlügt haben! Sind wir nicht unserer meisten und größten Besitzungen völlig verlustig und für das uns Verbliebene zinsbar geworden? Muße» wir nicht ausser dem, daß wir das Vieh für sie weide» und die Aecker bestellen, für unsere Leiber jnoch jäkrlich Steuer entrichten? Wäre es nicht viel besser, wir hätten ein Mal »ns als Sklaven verkauft, als daß r ir mit dem leeren Namen der Freiheit uns Jahr für Jahr anf's Neue loskaufen müßen? Ware es nicht besser, wir wären,hingewürgt und hingeschlachtet worden, als daß wir zinsbare Köpfe umherlragen ? Doch, was spreche ich hiervon? Nicht einmal sterben dürfen wir ungezehndet! Selbst die Todte» müßen ja noch versteuert werden! Sonst macht doch in aller Welt der Tod die Sklaven frei; nur für die Römer leben die Todten noch fort, um ihre Beutel zu füllen. Hat Einer von uns kein Geld (und wie und woher sollten wir solches haben?» werden wir da nicht geplündert und ausgezogen, wie die dem Henker Verfallenen? Welche Schonung haben wir für die Zukunft zn erwarten, da wir schon gleich anfangs, wo man doch selbst neugclangene wilde Thiere durch Milde zu besänftigen sucht, so schonungslos behandelt werden?" 4. „Doch an all dem Uebel sind wir, um aufrichtig zn seyn, selber schuld, daß wir ste überhaupt unsere Insel betreten ließen, daß wir sie nicht gleich, wie einst Julius Cäsar, 1445 Ziveiundsechzigstes Buch. ausgetrieben habe»; daß wir ihnen nicht, wie dem Augustus und dem Casus Caligula schon ron ferne Angst und Strecken gegen jede Fahrt nach unserer Insel eingejagt haben. Wir, die Bewohner einer so große» Insel, oder rielmehr eines mcerumströmten Festlandes, die Herren einer eigenen Welt, die der Ocean so weit von alle» anderen Menschen scheidet, daß der Glaube des Volks uns eine neue Erde, einen neuen Himmel gibt, wir, deren Land selbst die Weisesten unter ihnen früher, nicht einmal recht dem Name» nach kannten, wir sind verachtet und unter die Fuße getreten ron Menschen, die immer nur »ach fremdem Besitze gelüstet. Bringen wir jetzt das Versäumte herein, und thun wir jetzt, ihr Mitbürger, Freunde, Verwandte (Verwandte seyd ihr mir, die ihr dieselbe Insel mit mir bewohnet, denselben Namen mit mir führet!), thun wir jetzt unsere Pflicht, gedenken wir der Freiheit, um ihren Rameu und Genuß unseren Kindern zu hinterlassen! Vergessen wir unseres früheren Glückes: Was läßt sich ron Diesen erwarten, die unter dem Joche der'Knechtschaft aufwachsen werden?", 5- »Ich spreche diese Worte nicht, um euch Abscheu vor cuerer Lage zu erwecken: ihr fühlet ihn bereits; nicht, um euch die Zukunft schreckhaft zu schildern: ihr entsetzet euch davor bereits; nein, um gerechtes Lob darüber zu ertheilen, daß ihr aus freiem Antriebe jede nöthige Vorkehr getroffen habt; euch meinen Dank zu sagen, daß ihr mir und eurer eigenen Rettung nicht entstehet. Die Römer fürchtet nicht, sie sind nicht zahlreicher, nicht tapferer als wir. Zum Beweise di.nt euch, daß ihr nicht, wie sie, euch mit Helmen, Panzer» und Knieschiencn decket, euch nicht mit Pallisaden, 1.446 Cassius Dio's Römische Geschichte. Schanzen und Gräben umgebet,") um euch gegen den Anlauf der Feinde zu schützen. Diese wollen sie lieber, aus Furcht, als schnell und rasch zuzugreifen, wie wir. So weit überlegen an Tapsebkeit sind wir ihnen, daß wir die Hütten für sicherer als die Schanzen halten und unsern Schilden den Vorzug vor ihren schweren Rüstungen geben. Siegen wir, so haben wir sie in unserer Gewalt, werden wir überwältigt, so entfliehen wir mit Leichtigkeit. Finden wir es geeignet, uns zurückzuziehen, so bergen wir uns hinter solchen Sümpfen, in solchen Wäldern, daß sie uns nicht finden, geschweige denn aufgreifen können. Sie können ihrer schweren Rüstung wegen uns weder verfolgen, noch entfliehen. Entrinnen sie auch, so fliehen sie nur an Orte, die man ihnen zeigt, und werden hier, wie in Mardersallen, eingeschlossen. In diesen Dingen sind sie gegen uns bei weitem im Nachtheil, und auch darin, daß sie nickt wie wir, Hunger und Durst, Frost und Hipe ertragen, daß sie Schatte» und Obdach suchen, Wein und Oe! bedürfen, und ohne eines dieser Bedürfnisse nicht bestehen können. UnS ist jedes Kraut, jede Wurzel Nahrungsmittel; unser Oel jeder Saft; nnser Wein jedes Wasser; jeder Baum unser Hans! Uns ist jeder Ort befreundet und kämpft für uns, ihnen Alles umher unbekannt und feindlich. Wir schwimme» nackt übpr jeden Fluß, sie aber haben Mühe, selbst mit Fahrzeugen hinüber zu kommen^ So laßt uns ihnen *) Ich lese »ach dem Vorschlag von Reimarus, nach «r- die Negation oel und mit Sturz statt Zweiundsechzigstes Buch. 1447 denn mit Zuversicht und sicherem Erfolg zu Leibe gehen! Zeigen wir ihnen, daß sie, nur Hasen und Füchse, über Doggen und Wölfe herrschen wollen!" 6. Mit diesen Worten ließ sie ihrem Busen einen Haseu entspringen, um aus seinem Lause die Zukunft zu erschließen; und weil er den glücklichen Laus nahm, schrie hocherfreut die ganze Versammlung auf und Bunduica hob ihre Hand gen Himmel und fuhr fort: „Dank dir, Adraste*), dich, das Weib ruf' ich, selbst Weib, um Hülfe an, die ich nicht über Aegyptens Lastträger, wie Nitokris, nicht über. .Assyriens Krämer, wie Semiramis (lauter Weisheit, die wir von den Römern haben), nicht selbst über Römer herrsche, wie früher Messalina, dann Agrippina, und jetzt Nero, der den Manns- uamen führt, aber Weib ist, als Weib singt, die Cither schlagt und sich putzt; sondern über britannische Männer, die sich zwar nicht auf den Ban der Aecker und auf Künste verstehen, aber der Werke des Krieges kundig sind, und .so nicht nur alles Andere, sondern auch Weiber und Kinder gemeinschaftlich haben, und so auch über deren Weiber fherrsches, die damit die wahre Kraft der Männer besitzen. Ich also, die Fürstin solcher Männer, solcher Weiber, bete zu dir um Sieg, Rettung und Freiheit, gegen diese frechen, ungerechten, unersättlichen, ruchlosen Männer, wenn ich Männer nennen darf Leute, die sich in warmem Wasser waschen, leckere Speise genießen, ungemischten Wein trinken, vow Salben duften!, auf üppigen Polstern liegen, mit Knaben und Jünglingen Beischlaf halten, und Sklaven eines Cither- P Vielleicht ist Andate zu lesen, wie unten. 1448 Cassius Dio's Römische Geschichte. spielers, und noch dazu eines schlechten, sind. Nicht länger herrsche über uns diese Neronide vderDomitia, mag sie über die Nömer ihre Zwingherrschast üben! Sie sind es würdig, eines solchen Weibes Sklaven zu seyn, von der sie sich schon so lang tyrannisiren ließen. Nur du, o Herrin, sey für jetzt und alle Zeit unsere Beherrscherin!" 7. Nach solchen Worten an das Volk führte Bnnduica das Heer gegen die Römer, welche gerate ohne Ausiihrcr waren, da ihr Feldherr Panlinus mit dem Heere nach der nahe gelegenen Insel Mona*) gegangen war. So geschah es, daß sie zwei Römische Städte"*) eroberte und plünderte, und, wie ich schon berichtete, ein unermeßliches Blutbad anrichtete, an den Gefangenen aber alle erdenklichen Grausamkeiten verübte. Das Schrecklichste und Furchtbarste war aber, daß sie die edelsten und ehrsamsten Frauen nackt aushängten, ihnen die Brüste abschnitten und a» den Mund nähten, so daß es aussah, als ob sie essen wollten, entlieh ihnen spitzige Pfähle der Länge »ach durch den Leib trieben. Alle diese Gränelthaten verübten sie unter Opfern und Fest- gelagen und allen Arten von Ausschweifungen in ihren anderen Tempeln, vornehmlich aber in dem Hain der Andate: denn so nannten sie ihre Siegesgöttin und zollten ihr die eifrigste Verehrung. 8. Paulinus aber, welcher gerade die Unterwerfung Mo- na's vollendet hatte, eilte zwar auf die Nachricht von den Dich ist nicht die Insel Man, sondern Anglesea. **) Camalodunum und Berulanuin. 1449 Zweiundsechzigstes Buch. Vorfällen in Britannien, dahin zurück, hielt es jedoch nicht für ratbsam , den Barbaren sogleich eine Schlacht zu liefern, da er ihre Menge und verzweifelte Entschloss »heit fürchtete;, suchte daher die dazu geeignetste Zeit abzuwarten. Als aber seine Mnndvvrräthe zusammengingen und die Barbaren ihm unaufhörlich zusetzte», sal) er sich genöthigt, selbst wibcr seinen Wstlen, sied mit ihnen zu schlagen. Bundnica hatte nun ein Heer von dreimalhnndert und zwanzigtanscnd Man» unter ihren Befehlen und ordnete, auf einem Wagen daher fahrend, die Ihrigen zur Schlacht. Panlinns konnte ihr keine vollständige Schlachtreihe entgegenstellen; da sein Heer dafür nicht ausreichte, und wenn er eS auch nur in einer Linie hätte aufstellen wollen, so waren die Feinde ihm an Anzahl überlegen. Auch durfte er nicht in einem geschlossenen Heerganzen kämpfen, da er befürchten mutzte, nmnngt und so zusammengehalten zu werden; deßhalb trennte er seine Mannschaft in drei Heertheile, um so auf mehreren Punkten zumal zu fechten, und schloß jeden dieser Theile so fest, daß der Feind sie nicht durchbrechen konnte. Als er sie so geordnet und in Schlachtordnung ausgestellt, hob er ihre» Muth durch folgende Worte : S. „Wohlan, ihr Kampfgenosse», ihr Römischen Männer, zeiget diesen Unmenschen, wie sehr wir ihnen, selbst im U'nglück, überlegen sind. Schande wäre es für euch, Das, was erst »och euer Muth eroberte, jetzt rühmlos hinzugeben. Oft habt ihr in noch kleinerer Zahl als jetzt über viel zahlreichere Gegner, nach dem Vorbilde eurer Ahnen, gesiegt. Laßt euch deßhalb nicht durch ihre Menge und ihre Empörung in Furcht sepan: (Alles, was sie thun, ist unmächtige, unbesonnene Tollkühn- L450 Casstus Dio's Römische Geschichte. heit) nicht dadurch, daß sie einige Städte in Asche legten, nicht durch Waffengewalt »der eine Schlacht hab.n sie solche erobert, sonder» die eine durch Verrath, die andere dadurch, daß die Bewohner st« verließen, in ihre Hände bekommen. Dafür müßt ihr nun gebührende Rache nehmen, um durch die That zu zeige», an welcheit Männern sich die Wichte vergangen haben!" in. Nachdem er so zu den Einen gesprochen hatte, wandte er sich au die Anderen mit den Worten: „Nun ist es an der Zeit, meine Waffrnbrüdcr, euern Muth,, eure Kühnheit zu erproben. Erweiset ihr heute euch als tapfer, so werdet ihr all das Verlorene wieder gewinnen. Besieget ihr die Feinde, so wagt euch Niemand mehr zu widerstehen. Durch die e einzige Schlacht sichert ihr die früheren Eroberungen und unterwerfet das Uebrige. Alle Legionen in den anderen Provinzen eifern Euch nach und die Feinde werde» in Furcht und Schrecken gesetzt. Euer Kampf entscheidet, ob wir in Zukunft über alle Länder, deren Herrschaft eure Väter euch überlassen haben, und ihr selbst erobert habt, ohne Gefahr herrschen werden, oder allesammt verlieren sollen. So wählet den» zwischen Freiheit, Herrschaft, Reichthum und Glück auf der einen, und zwischen Feigheit und dem Gegentheil von allem dem auf der ander» Seite!" 11. Nach dieser Anrede kam er zu dem dritten Heertheile und redete sie folgendermaßen an: „Ihr habt vernommen, wie diese'Ruchlosen die Unsrigen behapdelt haben und seyd zum Theil Augenzeugen ihrer Gräuelthaten gewesen: so wählet denn, ob ihr Gleiches von ihnen erleiden und ganz 1451 Zweiundsechzigstes Buch. Britannien verlieren oder durch den Sieg über sie nicht nur die Todten rächen, sondern der ganze» Welt auch ei» Beispiel geben wollet, wie ihr gegen die Unterthänigen Milde vorwalten zu lassen, gegen die Aufrührer aber.mit der nöthige» Strenge zu verfahren wisset. Ich vertraue bei meiner Hoffnung auf den Sieg auf den Beistand der Götter, die dem Beleidigten immer znr Seite stehen; auf unsere angestammte Tapferkeit, da wir Römer sind, und durch unsern Muth uns die Welt unterworfen haben; auf die Erfahrungen früherer Tage, da wir eben diese Menschen, die sich wider'uns erheben, besiegt und gebändigt haben; und auf unser Machtgefühl: deyn nicht gegen ebenbürtige Gegner, sondern gegen unsere früheren Sklaven, wie wir schon im Zustande der Freiheit und der Unabhängigkeit überwunden, haben wir zu kämpfen. Entspricht aber auch der Erfolg nicht unserer Hoffnung, und ich sehe nicht ein, warum ich diese Möglichkeit nicht aussprechen soll: besser, in tapferem Kampfe zu fallen, als gefangen an's Kreuz geschlagen zu werden, und zn sehen, wie man uns die Eingeweide aus dem Leibe reißt, besser, als an geglühte Pfähle gespiest und in siedendem Wasser gesotten zu werden — als wären wir unter wilde Thiere gcraihen, die kein Recht, keine Menschlichkeit kennen. , So laßt uns denn siegen, oder hier sterbe», und Britannien zum Denkmal unseres rühmlichen Todes machen. Mögen dann alle noch übrigen Römer aus Britannien scheiden, so muß es doch uns, die Todten, als seine Besieget- in seinem Schooße behalten!« ") Statt lese ich tv-xna««-?-. 1452 Cassius Dio's Römische Geschichte. 12. Nach diesen und ähnlichen Ermahnungen an seine Leute gab er das Zeichen zur Schlacht. Beide Heere ge- riethen aneinander. Die Barbaren erhoben ein wildes Geschrei und drohende Schlachtgesänge, die Römer aber zogen still und in geschlossenen Gliedern daher, bis man in Schußweite kam. Während die Feinde jetzt langsam vorrückten, erhoben die Römer, auf ein verabredetes Zeichen, plötzlich die Fahnen, drangen mit Ungestüm ein und durchbrachen im eisten Anlauf ohne viele Muhe die Glieder derselben, wurden aber von der Menge umwickelt, und auf beiden Seiten entspann sich nun der Kampf, der das mantzchfal- tigste Schauspiel gewährte. Hier schössen die leichte» Truppen aufeinander; dort stießen die Schwerbewaffneten auf Sckwerbewaffmte; Reiter warfen sich aufReiter; dort machten die Römischen Pfeilschützen Angriffe auf die Wagen der Britannier. Hier brachten d e Barbaren mit ihren Wagen die Römer zum Weichen, dort wurden Jene, die ohne Panzer kämpften, durch einen Hagel von Pfeilen zurückgetrieben; hier überritt der Reiter das Fußvolk; dort riß der Fußgänger den Reiter von dem Pferd. Hier that man sich gegen die Wagen zusammen; dort wurden Andere von diesen auseinander geworfen. Hier ging man den Pfeilschützen auf den Leib; dort suchte man ihnen auszuweichen: und dieß Alles geschah nicht nur auf einer Stelle, sondern überall auf allen Seiten. Lange wurde so von beiden Seiten mit gleichem Muthe, mit gleicher Kühnheit gekämpft, bis endlich am späten Abende die Römer das Schlachtfeld behaupteten, viele Feinde in dem Kampf, theils an der Wagenburg, theils an dem Walde niederhieben, auch viele gefangen nahmen. 1452 Zweiundsechzigstes Buch. Viele waren indessen auch entkommen, und schickten sich an, eine zweite Schlacht zu liefern; da erkrankte Bnndnica und starb. Die Britannier stellten nun eine allgemeine Klage an und hielten ihr ein prachtvolles Leichenbegäugniß. Jetzt gaben sie sich erst besiegt und verliefen sich nach allen Seiten. Doch genug vorerst von den Begebenheiten in Britannien. 1Z. In Rom aber verstieß zuerst Nero die Oetavia August« wegen seiner Buhlerin Sabina; später aber tödtete er sie sogar, obgleich sich Burnus ihrer Verstoßung immer entgegensetzte und einmal die Aeusserung that: „dann gib ihr auch ihre Mitgift (d. h. die Herrschaft) zurück!" Dieser Bur- rns war so freimüthig, daß er einmal, über Etwas, worüber er sich bereits geäußert hatte, zum zweitenmal von ihm um seine Meinung befragt, geradezu erwiederte: „wenn ich mich über Etwas einmal ausgesprochen habe, so frage mich darob nicht znm zweitenmal!" Nero ließ ihm mit Gift vergeben, »nd übergab einem gewissen Tigclliuus Sophonius, einen Menschen, der es allen seinen Zeitgenossen an Schmelzern und Mordsncbt zuvorthat, den Oberbefehl über die Leibwachen. Durch diese Aufführung hatte sich derselbe zu Nero's Liebling gemacht und fragte Nichts nach seinem Mitbefehls- haber Rnfns. Ihm soll auch Pythias die bekannte Antwort gegeben haben. Als nämlich alle Hofbedieute in der Umgebung Octavia's mit Sabina sich gegen sie vereinigten, und sie, die im Unglücke war, verachteten, und Jener, der Alles Vermögenden schmeichelten, so vermochte Pythias allein unter alle» ihren Kammerfrauen nicht über sich, falsches Zeugniß gegen sie abzulegen. Sie bestand vielmehr die grausam- 1454 Cassius Dio's Römische Geschichte. sten Foltern und betheuerte, daß sie Nero nie die eheliche Treue gebrochen habe. Als Tigellinus ihr einmal gewaltig zusetzte und ihr das Gcständniß, daß ihre Gebieterin sich vergangen habe, abdrängen wollte, so spuckte sie ihm ins Gesicht und sprach: „die Scham meiner Herrin ist reiner, als dein Mund!" 14. Nero machte jetzt sogar das Unglück seiner Verwandten zum Gegenstände des Scherzes und Gespötts. Als er den PlautusP hatte umbringen lassen, und man ihm den Kopf desselben brachte, so sagte er: „ich wußte nicht, daß er eine so große Nase hatte;" als ob er ihn am Leben gelassen hätte, wenn er Dieß gewußt haben würde. Er lag den ganzen Tag in den Kneipen, und doch verbot er, an die Leute Gesottenes, oder etwas Anderes als Hülsenfrüchte und anderes Gemüse in solchen Garküchen zu verkaufen. Den Pallas ließ er hinrichten, weil er ein so großes Vermögen besaß, daß es sich auf hundert Millionen Denare^) belieb, und so unzugänglicher Gemüthsart war, daß er mit Sklaven und Freigelassenen nicht sprach, sondern seine Wünsche und Befehle auf Täfelcben schrieb. 15. So zügellos war Nero, daß er sich öffentlich als Wagenlenkcr zeigte. Einmal gab er eine Thierheße, ließ darauf plötzlich Wasser auf das Theater schießen und gab eine Seeschlacht. Kaum war Dieß vorbei, so mußten Gladiatoren auftreten, und endlich ließ er Las Wasser wieder herein und gab auf ihm ein prächtiges Gastgelag. Tigellinus *) Ueber 40 Millionen Gulden. -*) **) Der Srcerpent des Majo nennt hier, statt des Plautus, dem Zusammenhang zum Trotz den Apostel Paulus, " 1455 Jweiundsechzigstes Buch. war zum Festordner bestellt und das Ganze war auf folgende Weise angeordnet: In der Mitte waren große Weintonnen von Holz vorher iu's Wasser gelassen und auf denselben Bretter befestigt worden. Ringsumher waren Kneipen und Dir- nengemächer eingerichtet, so daß Nero mit Tigellinus und seinen Zechbrudern in der Mitte aus purpurnen Decken und üppigen Polst'rn schmausten, die anderen aber Alle sich in den Kneipen gütlich thaten. Von da gingen sie in die Bordelle und vergnügten sich schamloser Weise mit allen, die sich darin befanden, ohne Unterschied. Es befanden sich'darin die berühmtesten Schönheiten, Sklaven und Freie, Buhl- dirnen, Jungfrauen, Frauen, nicht blos vom Volke, sondern Mädchen und Frauen aus den edelsten Häusern. Jeder, der da wollte, hatte freie Wahl unter Allen, und Jede mußte dem nächsten Besten, der sich ihr antrug, zu Willen seyn, so daß dieser Auswurf von Pöbel sich bis zur Vollerer tesoff und ungestraft seine Lüste befriedigte. Ein Sklave ^umarmte in Gegenwart seines Herrn seine Gebieterin, ein Gladiator ein Mädchen ans dein edelsten Geschlecht unter den Augen des Vaters. Man stieß, schlug und schrie greulich durcheinander theils unter Eindringenden, theils unter Denen, die unten standen. Viele Männer kamen um, und Frauen wurden theils erdrückt, theils in Stücke zerrissen. — Denn auch die bei Antiun: im Gedränge gefallenen Opfer waren für Nero eine Augenweide. 16. Hierauf kam ihm der Wunsch an, wie er ihn denn auch uuverholen anssprach, Stadt und Reich noch bei seinen Lebzeiten zu Grunde zu richten. Den Priamus pries er wenigstens überglücklich, das er den Untergang seiner Va- IMS Cassius Dio's Römische Geschichte. terstadt und seines Reiches mitaiischeii durfte. Anfangs entsandte er heimlich nach verschiedenen Seiten Leute, die sich betrunken stellten, oder irgend einen Streich ausführen sollten, und erst ein, dann zwei, dann mehrere Häuser bald da bald dort anzündeten, so das; die Leute sich nicht zu helfe» wußten, da fie dem Uebel nicht auf den Sprung kommen, »och ein Ende finden konnten, und überall nichts als Unheil sahen und hörten. Man sah nichts als Feuer an Feuer, wie in einem Lager und hörte nichts als: „da brenni's! dort brenni's! wo? wie? Wer hat es angelegt? Hülse!" Alles kam überall in die gefährlichste Verwirrung; Alles rannte wie verrückt bald dahin, bald dorthin. Die Einen wollten löschen und hörten, daß ihre eigenen Häuser brannten; die Anderen erfuhren den Brand der ihrigen nicht eher, als bis sie i» der Asche lagen. Die Einen eilten aus ihre» Häusern auf die Straßen, als wollten sie von außen löschen, die Andern von den Straßen in die Häuser, um von innen den Flammen zu steuern. Gräßlich schrie und heulte Alles, Kinder, Frauen, Männer, Greise durcheinander, so daß man vor Rauch und Geschrei Nichts hören und sehen konnte. Stumm und sprachlos standen d e Leute da. Indessen flüchteten Viele das Ihrige, während Andere fremdes Änt plünderten; man rannte aufeinander zu und strauchelte über Geräthe; konnte weder vorwärts gehen, noch stille stehen; drängte und ward gedrängt, stieß um und ward umgestoßen. Viele wurden erdrückt, zertreten und alle erdenkbaren Scenen von Leiden waren zu sehe»; und wenn man der einen Gefahr glücklich entgangen war, so stürzte man sich in eine andere und war verloren. 1457 Zweiundsechzigsics- Buch. 17. Dieß geschah nicht bloß an Einem Tage, sondern mehrere Tage nnd Nächte hindurch auf gleiche Weise. Viele Häuser wurden ein Raub der Flammen, weil Niemand helfen wollte, viele Andere von Denen, welche Hessen sollten, selbst noch niedergebrannt: denn die Soldaten und Schaarwächter hatten es nur auf Plündern abgesehen und löschten nicht nur nicht, sondern suchten selbst die Flamme immer weiter zn verbreiten.' Während Dieß auf verschiedenen Punkten geschah, erhob sich ein Wind nnd verbreitete das Feuer über die ganze Stadt. An Rettung von Habe und Häusern war nicht mehr zn denken; man sah von einem sichern Ort aus zu, wie die Stadt gleich vielen Inseln oder Städten niederbrannte. Man klagte nicht mehr über das eigene Unglück; das Schicksal des Staates bejammerte man und rief sich in das Gedächtniß zurück, daß früher die Stadt durch die Gallier auf gleiche Weise zn Grunde gerichtet worden. 18 . In diesen Augenblicken der Noth bestieg, während Viele aus Jammer den- Tod in den Flammen suchten, Nero den obersten Theil seines Palastes, von dem aus er den größten Theil des Brandes übersehen konnte, nnd besang, als Citherspieler gekleidet, die Zerstörung von Troja, wie er selbst sagte, aber, wie der Augenschein gab, diejenige von Nom. So traf denn jetzt die Stadt ein Unglück, dergleichen sie, außer dem Gallischen, weder früher noch später erlitten hat. Der ganze Palatinische Berg, das Taurustheater, und zwei Drittheile der übrigen Stadt brannten ab, und eine Unzahl Mensche» verloren das Leben dabei. Das Volk verwünschte den Nero, zwar nicht namentlich, aber die Mord- Div gassius. i^S Vdchn. -2 1458 Cassmö Dio's Römische Geschichte. bremier der Stadt und besonders weil ihnen ein Orakelspruch aus der Zeit des Tiberius viel zu schaffen machte. Er lautete folgendermaßen. Doch nach dem Kreisnmlauf vom dreimal dritten Jahrhundert Wird ein Vürgerzwist die Römer verderben. — Als aber Nero sie trösten wollte und vorgab, daß er sich nirgends finde, so brachten sie einen andern Orakelspruch zum Vorschein, der ächt sibirisch seyn sollte: Letzter Aeneassproß wird muttermörderlich herrschen. Und so war es auch, war es nun ei» wirklicher Orakelspruch oder von der Menge in prophetischem Instinkt aus die zeitige Lage der Dinge gedichtet. Er war der letzte Kaiser aus dem Julischen Geschlechte das von Aeneas stammt. Jetzt nahm Nero den Brand der Stadt zum Verwände, von Einzelnen und ganzen Völkern ungeheuere Summen theils mit Gewalt zu erpressen, theils als freiwilliges Geschenk anzunehmen; auch kürzte er den Römern Etwas an der Korn- vertheilung. 19. Während dieser Beschäftigungen in der Stadt bekam Nero von Neuem O lorbeerumwnndene Briefschaften aus Armenien. Corbnlo hatte nämlich die zerstreuten Legionen zusammengezogen, die vernachläßigke Mannszucht wiederhergestellt,*') und den Partherkönig Vologäsus, sonach Tiri- *) Majo's Srcerpent fügt noch bei: Nach Nero herrschte nicht mehr das Jnlische Geschlecht, sonder» andere Römer bestiegen den Kaiserthron. Vielleicht hatte Dio im dritten Kapitel des 6lsten Buches einen früheren Sieg berichtet, den uns somit der Sxito- mator nicht überlieferte. 1459 Zweiundsechzi'gftes Buch. dates, der über Armenien herrschte, durch die bloße Nachricht von seiner Ankunft in Fürcht und Schrecken gesetzt. Corbulo war ein Römer von altem Schrot und Korn, nicht nur durch den Glanz seines Geschlechts, sondern auch.durch Körperstärke und Geistesgegenwart ausgezeichnet. Groß war der Ruf seiner Tapferkeit, seiner Gerechtigkeitsliebe und seiner Treue gegen Feind und Freund. Diese Vorzüge bestimmten auch Nero ihm an seiner Statt die Führung des Krieges anzuvertrauen, und eine Macht wie keinem Andern in die Hände zu legen, indem er von ihm die Ueberzeugung hegte, daß er die Feinde unterwerfen und sich nicht wider ihn empören würde. Auch täuschte er sich in keinem Theil: denn nur dadurch betrübte Corbulo die Römische Welt, daß er eben Nerv treu verblieb. Denn der Wunsch, ihn zum Kaiser zu haben, überwog so sehr, daß man von ihm haben wollte, er sollte eben hierin den Schlechten machen. 2». Corbulo bemächtigte sich ohne Schwertstreich Arta- xata's und schleifte die Stadt. Von da zog er auf Tigranv- certa los und hielt überall, wo man sich unterwarf, strengste Mannszucht, verheerte aber Alles, wo er Widerstand fand. Die Hauptstadt öffnete ihm freiwillig die Thore. Unter anderen glänzenden und ruhmvollen Thaten, die er verrichtete, war auch die, daß er den Vologäsus der eine so furchtbare Macht besaß, dahin brachte, eine» der Würde der Römer entsprechenden Vergleich anzubieten. Er hatte nämlich auf die Nachricht, daß Nero Armenien an Andere vertheilte, und Adiabene von Tigranes verheert werde, Rüstungen begonnen, um in Person gegen Corbulo zu Felde zu ziehen, 2 * 1460 Cassius Dio's Römische Geschichte. den König Monobazus aber von Adiabene mit dem Parther Monäses nach Armenien geschickt. Diese schloßen Tigranes in Tigranocerta ein, konnten ihm aber bei der Belagerung Nichts anhaben, sondern wurden vielmehr, so oft sie ihn angriffen, von ihm mit Hülfe der bei ihm befindlichen Römer mit blutigen Köpfen abgewiesen. Corbulo aber traf die kräftigsten Maßregeln zur Vertheidigung Syriens. Dieß machte Jen-en bedenklich; er stand von seinen Rüstungen ab und erhielt von Corbulo einen Waffenstillstand unter der Bedingung, daß er wieder Gesandte an Nero schicke, die Belagerung aufhebe und seine Truppen aus Armenien ziehe. Nero gab ihm aber auch jetzt keine schleunige und bestimmte Antwort, sandte dagegen Lucjus Cäsennius Pätus ab, um etwaige Unruhen tu Armenien zu verhindern. 21. Bologäsus rückte jetzt vor Tigranocerta und trieb den Pätus, der zum Entsatze herbeirückte, zurück, verfolgte den Fliehenden, rieb die Truppen, die dieser zur Bewachung des Taurus zurückgelassen, auf, und schloß ihn selbst in der am Fluße Arsanias liegende Stadt Rhande'a ein. Er hätte aber unverrichteter Dinge abziehen müßen, da er sich, obne schwerbewaffnete Truppen, den Festungswerken nicht nähern konnte, und die zum Unterhalte seines großen Heeres erforderlichen Vorräthe nicht besaß, wenn nicht Pätus aus Furcht vor seinen Bogenschützen, deren Pfeile bis in sein Lager drangen, und vor der Reiterei, die ihn rings umgab, ihm Friedensanträge gemacht, mit ihm unterhandelt und ihm eidlich zugesagt hätte, selbst ganz Armenien vcrlaffcn^ind bei Nero die Ueberlassung dieses Landes an Teridates auswirken zu wollen. Damit begnügte sich der Parther, da er so das Land ohne 146L ZweiundsechzigsteS Buch. Schwertstreich in seine Gewalt bekam, als großnHthiger Wohlthäter der Römer erschien und auch hörte, daß Corbnlo, welchen Pälus vor seiner Einschließung zuHülfe gerufen hatte, im Anzüge wäre. So ließ er sie denn ziehen, nachdem' er sich noch ausbcduiigen hatte, daß fle ihm eine Brücke über den Fluß ArsaniaL schlagen müßten, nicht als ob er einer Brücke bedurft hätte (er war nämlich zu Fuß über denselben gegangen), sondern um den Römern zu zeigen, daß er ihr Be- stcger wäre. Wirklich bediente er sich auch jetzt nicht der Brücke, sondern ritt auf einem Elephanten hinüber, die Anderen aber wie zuvor. 22. Kaum war der Vergleich geschlossen, als Corbnlo in Eilmärschen an den Enphrat kam und dort Halt machte. Als beide Führer einander trafen, war bei den Legionen und Jene» em großer Unterschied zusehen: die Einen freuten sich, und thaten sich auf die Schnelligkeit ihres Zuges viel zu Gut, die Anderen waren niedergeschlagen und schämten sich, des eingegangenen Vergleichs. Vologäsns forderte durch Mmäses von Corbulv, seine Herschanzungen in Mesopota- miei zu verlassen. Beide besprachen sich lange auf der Eu- Phrwbrücke, nachdem sie den mittleren Theil derselben hatten abdrehen lassen. Corbnlo versprach, das Land zu räumen, wenn ,er Parther auch Armenien »erließe, und Beides geschah. Nero erfuhr jetzt, Was vorgefallen war, empfing die auf's Neue an ihn geschickten Gesandten des Vologäsns und gäbe, ihnen den Bescheid, er wollte dem Teridates Armenien 'verlassen, wenn er sich in Person in Rom einstelle. DemPätus aber nahm er den Oberbefehl, und per- 1462 Cassius Dio's Römische Geschichte. legte seine Truppen nach verschiedenen anderen Provinzen. Dem Corbulo dagegen übertrug er wieder die ganze Führung des Krieges wider sie. Er hatte im Sinne, den Feldzug in Person mitzumachen, stand aber, als er beim Opfer zu Boden fiel, von seinem Vorhaben ab und blieb zu Hanse. 25 . Jetzt rüstete sich Corbulo offen zum Kriege mit Vo- logiisus und schickte ihm durch einen Centurio die Weisung zu, das Land zu räumen, ingeheim aber rieth er ihm, seinen Bruder nach Rom zu senden und vermochte ihn dazu, da er ihm an Streitkräften überlegen schien. In Rhandea traten Corbulo und Teridates zusammen; denn dieser Ort war von Beiden ausersehen, der Eine, weil die Parther dort die Römer abgeschnitten und auf Vergleich entlassen hatten, um dort die erwiesene Wohlthat zur Schau zu trage»; der Andere, weil er die dort erlittene Schande so am Besten wieder zu tilgen hoffte. Denn sie fanden sich nicht zu bloßer Unterredung zusammen, man errichtete vielmehr eine hohe Bühne und stellte auf ihr Nero's Brustbilder auf. Teridates trat jetzt vor den Augen einer Menge von Armeniern, Parthern und Römern vor diesen hin, beugte ehrfurchtsvoll das Knie vor ihnen, nahm, nachdem er ihnen Opfer und Gelübde dargebracht hatte, sein Diadem vom tzaux' und legte es vor sie hin. Auch Monobazus und Bologäsus kamen zu Corbulo und gaben ihm Geissel. Dem'Nero was darob mehr denn einmal der Vhrennahme Im pc rat or z» Theil, und er hielt gegen die gewohnte Sitte einen Trinnph- Corbulo aber, der Ruhm und Macht in vollem Maße oesaß, und, bei der allgemeinen Erbitterung gegen Nero md Bewunderung für ihn, ohne Widerrede den Kaisertsson besteigen 1463 Zweiundsechzigstes Buch. konnte, war so wenig znr Empörung geneigt, daß er nicht einmal den geringsten Verdacht erregte. Er hielt sich auch nicht nur in Anderem in den Schranken der Unterwürfigkeit sondern schickte sogar aus freien Stücken seinen Schwiegersohn, den Legaten AnninS, nach Rom, vorgeblich, um den Tcridates dahin zu begleiten, im Grnnde aber, um dort als Unterpfand seiner Treue gegen Nero zu bleiben. Auch traute ihm Dieser so wenig gefährliche Absichten zu, daß er seinen Tochterinann, noch ehe er die Prätorwürde bekleidet hatte, zum Consnl machte. 24. Indessen hatten sich Seneca und der Befehlshaber der Leibwachen, Rufus, mit noch einigen angesehenen Männern wieder Nero verschworen: denn sie konnten seine Schändlichkeiten, Ausschweifungen und Grausamkeiten nicht länger ertragen. Sie selbst wünschten sich ihrer Leiden zu entledigen, und auch ihn zugleich von seinen Schandthaten loszureißen. Als die Verschwörung dem Nero entdeckt wurde, so erklärte der Centurio Sulpicius Asper, um den Grund seiner Theilnahme an der Verschwörung befragt: „Anders kennte ich dir nicht helfen, noch Dich von deinem Sckand- leben abbringen, als daß ich dich zu tödten suchte." Als Fla- vius Snbrius von ihm gefragt wurde, sprach er: „Ich liebte dich, indem ich in dir einen guten Kaise/ zu erhalten hoffte, ich haßte dich aber, weil du Das und Das gethan hast: denn einem Kutscher und Citherspieler mag ich nicht dienen!"')^ Als die Anzeige gemacht ward, wurden Diese und wegen ") So gibt diese Stelle der Srcerpent des Majus vollständiger als Liphilin. Letzter führt auch Aper statt Asper aus. 1,464 Cassius Div's Römische Geschichte. ihrer noch viele Andere hingerichtet. Alles, was man gegen Einen wegen übergroßer Freude oder Traurigkeit, wegen Reden und Winken vorbringen konnte, wurde vorgebracht und geglaubt, weil jede Anklage, wenn auch erdichtet, durch Ncro's Handlungen selbst glaubwürdig wurde. Dadurch kamen schlechte Freunde und Sklaven besonders in die Höhe: denn gegen Fremde und Feinde hegte man Argwohn und war aus seiner Hut; gegen die Seinigen aber sprach man sich unverholen aus. ' 25. All« Hinrichtungen aufzuführen, wäre zu lang. Seneca wünschte, daß auch seine Gattin Panlina mit ihm stürbe, indem er vorgab, er habe sie die Knnst gelehrt, den Tod zu verachten und sie wolle ihm in den Tod folgen. Erließ ihr deßhalb die Adern, öffnen. Weil er aber nur langsam abstarb, und die Soldaten seinen Tod beschleunigt wünschten, starb er noch vor ihr und Paulina ward gerettet. Doch ließ er ihr die Adern nicht eher offnen, als bis er die Schriften die er geschrieben, berichtigt und bei Freunden niedergelegt hatte, weil er befürchtete, sie möchten in Nero's Hände kommen und vernichtet werden. Ein solches Ende nahm er, obgleich er unter dem Verwände der Kränklichkeit den Umgang mit Nero gemieden und sein ganzes Vermögen zum Behufe der Bauten ihm geschenkt hatte. Auch seine Brüder wurden spater hingerichtet. 26. Thrasea und Soranus, durch- Geschlecht, Reichthum und Verdienste die ersten Männer Roms, mußten eben deßhalb, nicht weil sie an der Verschwörung Theil genommen hatten, sterben. Gegen Soranus trat der Philosoph Pub- Li65 ZweiunLftchzigsteS Buch. lius Jgnatins Celer mit einem falschen Zeugniß auf. Von den beiden Männern, die mit ihm umgingen, Cassius As- klepiodotus aus Nicäa, und Publius s?s aus Berytus sprach Jener nicht nnr Nichts zu seinem Nachtheile, sondern erklärte ihn vielmehr offen für einen rechtschaffenen Mann, und mußte deßhalb die Ssadt verlassen, ward aber später unter Galba zurückberufen. Publius erhielt seinerseits für seine Anklage Geld und Ehrenstellen, ward jedoch in der Folge des Landes verwiesen. Für Soranuü'Hinrichtung nahm man zum Borwande, daß er seine Tochter bei einer ihm zugestoße-. uen Krankheit habe bei einem dargebrachten Opfer Zaubermittel anwende» lassen. Dem Thrasea galt als Verbrechen, daß er nicht immer im Senat erschien, und dadurch sein Mißfallen an den Beschlüssen bezeigte, dem Citherspielc des Kaisers nicht beiwohnte, und nicht wie die Anderen seiner geheiligten Stimme zu Ehren opferte, auch nie ein öffentliches Spiel gab, obgleich er anderwärts in seiner Vaterstadt Patavium nach herkömmlicher Sitte ein Trauerspiel gegeben hatte: Er öffnete sich die Ader, hob die Hand empor und sprach: „Dir, Zeus Befreier weih' ich dieses Blut!" 27. Wie sollte man sich aber über den Tod solcher Männer verwundern? Wurde doch ein Römer darob, daß er am Markte wohnte und Gewölbe vermiethete oder auch Freunde in dieselben aufnahm, ein Anderer, weil er ein Bildniß des Cassius, der unter Cäsars Mördern war, im Hause hatte, vorgefordert und hingerichtet. Besonders merkwürdig war die Anklage des Junius Torguatus, eines Abkümmlings von Augnstus. Dieser Mann lebte, sey es aus Neigung oder aus 1466 Cassius Dio's Römische Geschichte. Vorbedacht, um nicht zu großen Reichthum zu besitzen, sehr verschwenderisch, und mußte deßhalb, so wollte es Nero, nach fremdem Gute trachten, weil er viele Bedürfnisse hatte; darum ließ er ihn anklagen, daß er nach der Oberherrschaft strebe. Noch verdient erwähnt zu werde» eine Frau mit Namen Epicharis. Sie war in die Verschwörung gezogen und in Alles eingeweiht, aber so grausam sie So lese ich mit Sturz auf den Vorschlag des Reimarus. Die frühere Lesart ist aüriö ex^orour. 1471 Dreiundsechzigstes Buch. Gränze machte er zu Pferd und neben ihm ritt seine Gemahlin, indem sie ihr Haupt mit einem Helme statt des Schleiers bedeckte, um sich nach der Sitte »ihres Landes den Blicken der Menge zu entziehen. In Italien bediente er sich der ihm von Nero entgegengeschickten Wagen und gelangte durch das Gebiet der Picenter nach Neapel. Seinen Säbel wollte er bei seiner Erscheinung vor Nero nicht, wie man von ihm verlangte, ablegen,*) sondern hängte ihn blos an einen Hacken der Scheide, ließ sich aber vor ihm auf ein Knie nieder, kreuzte die Hände über die Brust und nannte ihn in demüthiger Stellung seinen Gebieter. z. Nero bekam durch solches Benehmen Achtung vor dem Manne und behandelte ihn nicht nur überhaupt mit Zuvorkommenheit, sondern stellte auch ihm zu Ehren in Pu- teoli Gladiatorengefechte an. Festordner war sein Freigelassener Patrobius und that es mit so viel Glanz und Aufwand, daß an einem Tage blos Männer, Frauen und Knaben aus Acthiopien aus dem Theater e> schienen. Um dem Patro- bius dafür einige Artigkeit zu erweisen, schoß Teridates von seinem Sitze herab nach den wilden Thieren und verwundete und tödtete mit einem Wurf, wenn man der Sage glauben will, zwei Stiere. 4. Hierauf führte ihn Nero nach Rom und setzte ihm dort das Diadem auf. Die ganze Stadt war bei dieser Gelegenheit beleuchtet und mit Kränzen geziert; Alles war *) Ein Fragment Majo's sagt hierüber das Gegentheil. Teridates übergab dem Nero seinen Säbel mit den Worten: Bei seinem Abgang werde er ihn sich zurück erbitten. 1472 Cassius Dio's Römische Geschichte. gedrängt voll von Menschen, am meisten aber das Forum. In der Mitte stand das Volk, in weißem Festgewand und mit Lorbeer bekränzt, nach Ständen aufgestellt. Ringsum standen aber die Soldaten in glänzender Rüstung, so daß ihre Waffen und Feldzeichen wie Blitze leur! teten. Kein Ziegel war vor lauter Zuschauern zu sehen, die aus den Dächern standen. Die Vorkehrungen waren die ganze Nacht übergetroffen worden: mit Tagesanbruch zog Nerv im Triumph- gewand, vvm Senate und den Leibwachen umgeben, aus das Forum, bestieg das Gerüst und ließ sich auf dem Thronseffel - nieder. Dann zog Teridates mit seinem Gefolge durch die Reihen der auf beiden Seiten aufgestellten Bewaffneten. Sie stellten sich vor der Tribune auf und bezeugten ihm, wie früher, ihre Verehrung. 5. Als bei diesem Anblick allgemeiner Zuruf erscholl, kam Teridates so außer Fassung, daß er eine Weile sprachlos dastand, als ob seine Todesstunde geschlagen hätte. Als jedoch die Herolde Stille geboten, faßte er sich wieder und gewann es über seinen Stolz, daß er sich in Zeit und Umstände fügte, indem es ihm, in der Aussiebt auf Das, was er erlangen sollte, nicht darauf ankam, Worte der Demuth zu sprechen: „Ich, des Arsaccs Enkel, und Bruder der Könige Bologäsus und Pacorus, trete vor dich, mein Gebieter, um dir als dein Solare zu huldigen. Ich erscheine vor dir, als meinem Gotte, um dir, wie dem Mithra, meine Verehrung zu bezeugen,' und erwarte das Geschick, das deine Hand mir spinnen wird, denn du bist die Gottheit, die über mein Schicksal gebietet." Nero's Antwort war folgende: „Du hast wohl gethan, daß du hierher kamst, um mir das Vergnügen DreiundsechzigsteS Buch. 1473 deiner Gegenwart zu gewähren * **) ) um meine persönliche Bekanntschaft zu machen. Was dir dein Vater nicht hinterließ und was deine Bruder dir zwar gegeben haben, aber nicht erhalten konnten, das gebe ich dir und ernenne dich zu Armeniens König, um dich und Jene zu überzeugen, daß es in meiner Gewalt steht, Krone» zu nehmen und zu geben!« Nach diesen Worten hieß er ihn die hierzu vor der Tribüne angebrachte» Stufen herantreten; und als er sich zu seinen Füßen niedergelassen, setzte er ihm das Diadem auf Las Haupt, und neuer Jubelruf erhob sich von allen Seiten. 6. Nach einem Beschlusse des Senats wurden auch Schauspiele gegeben, und im Theater war nicht blos die Bühne, sondern auch die ganze Umgebung desselben innen vergoldet, und alle Personen, welche auftraten, waren mit Gold geschmückt, woher man jenen Tag den goldenen nannte. Die Vorhänge, welche man, um die Sonnenstrahlen abzuhalten, ausgespannt hatte, waren von Purpur, und mitten auf ihnen war Nero als Wagenlcnker gestickt, und rings um ihn her glänzten goldene Sternchen. Nach diesem Schauge- xränge ward ein kostbares Gastmahl gegeben. Nächst dem trat Nero als Citherspieler und als Wagenlenker in grünem Gewände auf, mit der Helmhaube der Wettfahrer auf dem Haupte. Wegen des Citherspiels und der übrigen Unanständigkeiten '*) ward Teridates ihm entfremdet und pries *) "/v« rr«L<ör ^k, setzt Majo's Fragment hinzu. **) Hier gibt das Fragment des Majo einige Worte weiter, welche in den Text aufgenommen wurden. Dio Cassius. I2s Bdchn. 3 1474 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. dagegen den Corbulo, und setzte blos an diesem aus, dass er einen solchen Gebieter sich gefallen lasse. Auch machte eb daraus kein Geheimniß gegen Nero, denn er äußerte einmal gegen ihn: »du hast doch, mein Gebieter, einen gar zu guten Knecht an Corbulo!" Allein dieser verstand den Sinn seiner Worte nicht: denn er schmeichelte ihm sonst auf jede Weise und bezeigte sich ihm unterwürfig , wofür er denn auch Geschenke aller Art von einem Werth von fünfzig Millionen Denare ") von ihm erhalten haben soll, und die Erlaubniß zum Wiederaufbau von Artaxata bekam. Dazu bekam er viele Handwerker von Nero geschenkt, und führte noch Andere, durch Geschenke gewonnen, mit sich von Rom weg. Corbulo gestattete jedoch nicht Allen, mit ihm nach Armenien zu gehen, sondern nur Denen, die ihm Nerv selbst geschenkt hatte. Dieß war für Teridates ein neuer Grund, den Corbulo hoch zu schätzen, von Jenem aber eine geringe Meinung zu fassen. sAlö Teridates einmal einem Pancra- tium*) **) zusah, und wahrnahm, wie einer der Pancratiasten den Andern, welcher fiel, schlug, so sprach er: „das ist ein ungerechter Kampf: einen Gefallenen soll man nicht schlagen.) 7. Er nahm bei seiner Heimkehr nicht denselben Weg durch Jllyricum und das Ionische Meer, wie früher, sondern fuhr von Brundusium nach Dyrrhachium über, besuchte die Städte in Asten und mußte auch hier über die Macht und *) Zwanzig Millionen Gulden. "l Faust - und Ringkampf. «»») Dieses Fragment des Maja ist etwa hier einzuschieben. Dreiundsechzigstes Buch. 1475 den Glanz des Römerreichs erstaunen. Jetzt baute Teri- dates Anaxata und gab ihm den Namen Neronia. Volo- gäsns aber, obgleich mehrmals nach Rom entboten, vermochte nicht über sich, zu Nero zu kommen, erklärte ihm vielmehr endlich, als er-ihm zu lästig ward: „dir ist es viel leichter, als mir, über ein so großes Meer zu gelangen, Wenn du nach Asten kommst, wollen wir schon über den Ort einig werden, an dem wir zusammen kommen können." Dieß war die letzte Erklärung des Partherkönigs. 8. Nero, obgleich über ihn erbost, fuhr so wenig gegen ihn aus, als nach den Caspischen Pasten, wie er beabsichtigt hatte, sondern hoffte, diese Völker, deren Bekriegung, wie er voraussah, viel Zeit und Anstrengung erforderte, würden steh von selbst wieder fügen, und schickte nur nach beiden Punkten Kundschafter aus. Aber nach Griechenland setzte er über, nicht jedoch, wie ein Flamininus, Mummius, Agrippa und Augustus, seine Vorfahren, sondern um als Wagenlenker, Citherspieler, Herold, Bühnenritter in Trauerspielen aufzutreten. Rom, das Pvmpejische Theater, der Circus'waren ihm zu eng, er bedurfte eines Feldzngs in das Ausland, um dort als periodischer Sieger *) Lorbeeren zu erwerben. Ein solches Heer nicht nur von Augustanern, sondern auch von andern Leuten folgte ihm, daß er, wenn's in den Krieg gegangen wäre, die Parther und andere Völker zumal hätte aus dem Felde schlagen können. Sie führten *) Ein Fragment Mafv's berichtet: der Senat nannte den Nekb einen Periodensieger, denn es genügten ihm nicht die übrige» Theater, er mußte selbst in das Anöland ziehen. 3 * 1476 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. aber als Helden unter Nero's Fahnen statt der Waffen Cithern, Citherstäbe, Masken und Kothurne mit sich. Auch waren seine Siege ganz eines solchen Heeres würdig; statt eines Philipp, Perseus oder Antiochus ward Terpnus, Djo» dorus und Pammenes überwunden. So mußte denn auch Pammenes, der unter Casus in hohem Rufe gestanden war, noch als Greis im Wettkampfe gegen Nero auftreten, nur damit Dieser ihn zu besiegen und seine Bildsäulen niederzureißen Gelegenheit hätte. 9. Hätte Nero dieß allein gethan, so hätte er sich nur dem Gespötte Preis gegeben. Wer konnte aber anhören, geschweige denn mit ansehen, wie ein regierender Kaiser sich in die Liste der Wettkämpfer einschreiben ließ, seine Stimme übte, Singproben anstellte, in Lockenhaar und glattem Kinn auftrat, mit zurückgeworfenem Gewände nackt mit einem oder zwei Begleitern im Gefolge beim Wettfahren erschien, seine Gegner grimmig anstierte, mit Scheltworten ausforderte, und aus Furcht vor den Kampfrichtern und Polizeidienern sie alle heimlich mit Geld bestach, um nicht von ihnen zu Recht gewiesen und ausgepeitscht zu werden, und alles Dieß that, um den Preis im Citherspiel zu gewinnen, dagegen aber seine Ehre als Kaiser einzubüßen. Konnte eine Aechtung schlimmer seyn als diese? Sylla ächtete Andere, Nero sich selbst! ein Sieg thörichter-, als der, durch welchen er um einen Kranz von Oelzweigen, Lorbeer, Eppich oder Fichtenlaub buhlte und die Bürgerkrone darob verlor? Wie kläglich mußte nicht seine Erscheinung seyn, wenn er auf dem hohen Kothurn einherging'und um so tiefer in feiner Würde als Kaiser sank! Wen» er die Dreiundsechzigsteö Buch. 1477 Maske anzog und sich dafür seines Herrscheransehens entkleidete! Wenn er als entlaufener Sklave gefesselt, alS Blinder umhergesührt wurde, sich als schwangere, gebärende Frau gebärdete, den Wahnsinnigen, den Landstreicher machte, den Oedipus, den Thyestes, den Hercules, den Alkmävn und den Orestes vorstellte, was lauter Lieblingsrollen von ihm waren. Oft stellten die Masken diese Männer selbst, oft ihn selber vor. Die weiblichen Masken waren immer der Sabina nachgebildet, um sie auch noch nach ihrem Tode zu feiern. Dem niedrigsten Schauspieler gleich, sprach, that und litt er Alles, nur daß er sich golde:».: Fesseln anlegen ließ: denn eiserne Ketten schickten sich freilich für einen Römischen Kaiser nicht. 10. Volk und Soldaten sahen Dieß mit an, duldeten und lobten es; sie nannten ihn einen pythischen, olympischen Sieger, einen Sieger in Allem, außer den sonst üblichen Benennungen; natürlich wurden dabei die Herrschertitel nicht vergessen und die Ehrennamen Cäsar, Augustus bildeten jedesmal den Schluß. Niemand wagte es, den Elenden zu bemitleiden, oder zu Haffen. Nur ein Soldat ward einmal unwillig, als er ihn gebunden sah, eilte hin und band ihn los. Ein Anderer gab, als Einer fragte, was der Kaiser thue, zur Antwort: »Er kreist!" Denn er stellte gerade die Canace vor. Sonst aber that Keiner Etwas, das eines Römers würdig war. Denn sie bekamen so reichliche - Geschenke von ihm, daß sie immer nur wünschten, er möchte mehr dergleichen thun, um desto reichlicher von ihm beschenkt zu werden. 11. Wäre es dabei geblieben, so hätte er Schande und 1478 Cassius Dio's Römische Geschichte. Spott davon gehabt, ohne daß Jemand weiter zu Schaden gekommen wäre; jetzt aber fiel dr, als ginge es in den Krieg, über Griechenland, obgleich er ihm die Freiheit wieder geschenkt hatte, her, plünderte es aus und ließ Männer, Weiber und Kinder ermorden. Anfangs mußten ihm die Kinder und die Freigelassenen Derer, welche er zum Tode verur- theilen ließ, die Hälfte ihres Vermögens bei ihrem Tode hinterlassen; die Verurtheilten selbst aber durften Testamente machen, damit eö nicht den Schein hätte, als ob er sie ihrer Schätze wegen ums Leben brächte; er nahm jedoch entweder durchaus Alles, pder den größten Theil davon für sich. Wenn ihm oder dem Tigellinus Einer weniger, als sie hofften, erblich hinterließ, so halfen auch die Testamente Nichts. Später aber riß er ohne Weiteres das ganze Vermögen au sich, und durch eine Verordnung trieb er zumal alle Kinder der Gemordeten aus dem Land; aber auch damit gab er sich nicht zufrieden, sondern brachte noch Viele^in der Verbannung um. Die Summen, welche er den Lebenden abnahm, und die Weihgeschenke, die er selbst aus den Römischen Tempeln raubte, würde man nicht zu zählen im Stande seyn. Immer waren Briefboten auf dem Wege, welche keine andern Nachrichten brachten, als daß Dieser hingerichtet worden, Jener mit Tod abgegangen sey: denn außer den kaiserlichen Briefschaften fand kein schriftlicher Verkehr unter deu Leuten Statt. Viele der angesehensten Männer hatte er mit nach Griechenland genommen, als bedürfte er ihrer Dienste daselbst, in der That aber, um sie dort ihren Tod finden zu lassen. 12. Ganz Rom und Italien war inzwischen in die 1479 Dreiundsechzigstes Buch. Willkühr des kaiserlichen«!, Freigelassenen Helius gegeben. Dieser hatte unumschränkte Vollmacht, ohne vorherige Anzeige bei Nero, Güter einzuziehen, gemeine Bürger, Ritter und Senatoren zu verbannen oder zu todten. So stand denn damals Rom unter zwei Kaisern, unter Nerv und Helms, und ich wüßte nicht zu entscheiden, welcher von den beiden der Schlimmere war. Wenn sie aber auch in allem Uebrigen ganz im Einverständnisse handelten, so wichen sie doch darin von einander ab, daß der Abkömmling Augusts sich Cither- spielcr, der Freigelassene des Claudius dagegen sich Cäsarn zum Muster nahm. Den Tigellinus betrachte ich hierbei nur als ein Anhängsel Nero's, weil er immer in dessen Gesellschaft war. Auch Polykletus und Calvia Crispinilla beraubten und plünderten Häuser und Tempel, wie es ihnen in den Sinn kam, Jener bei Helius in Rom, Diese aber in Nero's und der Sabina Sporus Gesellschaft. Crispinilla hatte nämlich, obgleich Weib und vornehmen Geschlechts, die Aufsicht über ihn und die Garderobe, und zog unter diesem Titel Alle bis aufs Hemde aus. 1Z. Den Sporus aber nannte er Sabina nicht blos, weil er wegen seiner Aehulichkeit mit ihr von ihm entmannt worden war, sondern auch, weil sich Nero wie früher mit Jener, in Griechenland förmlich mit ihm vermählte, wobei Tigellinus, nach der Vorschrift des Gesetzes, die Ausstattung übernahm. Diese Vermählung feierte ganz Griechenland, indem man unter anderen üblichen Glückwünschen auch sin allem Ernstes den vorbrachte, daß die Ehe mit rechtmäßigen Kindern gesegnet werden möchte. Hierauf wohnten dem Nero Pythagvras als Mann und Sporus als Weib bei; und unter 1480 Cassius Div's Römische Geschichte. Anderem wurde Letzterer auch Herrin, Fürstin, Gebieterin betitelt. Wer wollte sich aber auch darüber wundern, da er Knaben und Mädchen nackt an Pfähle binden ließ, und, in eine Thierhaut gehüllt, mit viehischer Lust, über fle herfiel, als ob er sie zerfleischen wollte. Solche Schandthaten beging Nero. Die Senatoren empfing er in einem kleinen beblüm- ten Unterkleid, mit einem Muffelintuch um den Hals: denn auch hierin setzte er sich über alle Sitte weg; ja er erschien sogar in ungegürtetem Gewände vor dem Publikum. Auch die dienstthuenden Ritter sollen unter ihm zuerst bei der jährlichen Musterung der Sättel sich bedient haben. 14. In den Olympischen Spielen fiel er bei einem Wettrennen vom Wagen und wäre beinahe überfahren worden, wurde aber dennoch als Sieger bekränzt, wofür er den Kampfrichtern znreimalhundert fünfzigtausend Denare schenkte, die jedoch Galba später wieder zurückforderte. Der Pythia schenkte er einmalhunderttausend Denare, weil sie ihm nach seinem Sinne prophezeite, ein Gescbenk, das Galba später gleichfalls zurückerstatten ließ. Dem Apollo nahm er aus Aerger über ungünstige Weissagungen, oder sonst in einem Anfalle von Verrücktheit, das Cirrhäische Gebiet, vertheilte es unter seine Soldaten und hob das Orakel auf, indem er Menschen todten und sie in den Schlund, aus welchem der heilige Hauch kam, werfen ließ. Er stritt iw allen Städten, welche Wettkämpfe hatten, um den Preis, indem er sich hierzu des Cluvius Rüfus, der Consul gewesen war,,als Herold bediente, und nahm von jener Zahl nur Athen und Lacedäiüon aus. In diese zwei Städte allein kam er nicht, in diese nicht, weil Lycurg's Gesetze nicht nach seinem Sinne waren; erstere 1481 Dreinndsechzigstes Buch. aber mied er wegen der Sage von den Rachegöttinnen. Der öffentliche Ausruf lautete folgendermaßen: „der Cäsar Nero siegt in diesem Wettkampf und bekränzt das Römische Volk uud seinen Erdkreis." Aber er, der Herr des Erdkreises, wie er sich nannte, trat als Citherspieler, Herold und Trauerspieler auf! 15 . Auf den Senat hatte er so bitteren Haß geworfen, daß er an einem gewissen Vatinius, welcher immer zu ihm zu sagen pflegte: „ich hasse dich, Cäsar, daß du ein Con- scriptus bist!" besonders Gefallen fand. Dieß waren die eigenen Worte des Menschen. Jeder Schritt und Tritt, jede Gebärde, jeder Wink, jeder Ausruf von ihnen wie von den andern Römern wurden auf's Genaueste beobachtet. Seine beständigen Begleiter, die ihm eifrig zuhörten und aus vollem Halse Beifall riefen, wurden gelobt und ausgezeichnet, die Andern aber mit Geringschätzung behandelt oder bestraft, so daß Einige, wenn sie es nicht länger mehr aushalten konnten, (die Schauspiele dauerten oft vom frühen Morgen bis in den Abend) scheinbar in Ohnmacht fielen und sich für todt aus dem Theater tragen ließen. 18 . Eine Nebenabsicht suchte er bei seiner Reise durch Griechenland noch zu erreichen, die Durchgrabung der Landenge desPeloponneses. Auch wurde wirklich mit der Arbeit begonnen, obgleich die Leute nicht recht daran wollten. Beim ersten Beginnen quoll nämlich Blut aus der Erde hervor, es ließ sich Gestöhn und Gebrüll vernehmen, und viele Gespenster ließen sich sehen. Der Kaiser aber nahm selbst ein Grabscheit, fing an zu arbeiten und munterte dadurch die 1482 Cassius Dio's Römische Geschichte. Andern zur Nacheiferung auf. Eine große Menge Menschen wurden hierzu selbst aus fremden Ländern herbeigeholt. 17. Weil er zu diesen und anderen Ausgaben viel Geld brauchte und ebenso'unternehmend als freigebig war, zugleich aber fürchtete, die Großen möchten ihm bei seinem Betragen nach dem Leben trachten, so ließ er viele rechtschaffene Männer ums Leben bringen. Die Andern, (denen allen Verdienst, Reichthum, hohe Abkunft zum Verbrechen wurde, und die sich entweder selbst tvdteten oder durch Anderer Hände fielen) übergehe ich und beschränke mich auf den Tod des Corbulo, der Sulpicins, und der Scribonier Ru- fus und Proculus. Diese Letztern, Brüder und Altersgenossen, hatten nie etwas ohne einander gethan, und waren, wie durch Geburt, so auch durch Gesinnung und Gemeinschaft des Vermögens aufs Innigste verbunden, hatten die Statthalterschaften in den beiden Provinzen Deutschlands lange Zeit bekleidet und wurden jetzt nach Griechenland gerufen, als ob Nero ihrer Dienste bedürfte. Hier wurden Anklagen gegen sie vorgebracht, wie sie damals au der Tagesordnung waren. Ohne verhört oder vor Nero vorgelassen zu werden, sahen sie sich der allgemeinen Verachtung preisgegeben, fanden deßhalb den Tod wünschenswerth und ließen sich aus freien Stücken die Adern öffnen. Auch Corbulo wurde unter dem ehrenvollsten Verwände entboten, denn ihn hieß Nero immer nur Vater und Wohlthäter. Als er aber in Kenchrcä landete, befahl der Kaiser, ihn hinzurichten, ehe er ihm zu Gesichte kam. Er war nämlich gerade, wie Einige berichten, im Begriff, als Citherspieler aufzutreten und mochte sich nicht vor ihm im langen Talar sehen lassen. 1483 Dreiundsechzigsteö Buch. Sobald Corbulo den Befehl des Kaisers vernahm, zog er sein Schwert und stieß es sich mit den Worten: „recht so!" muthvoll in die Brust. Denn jetzt erst überzeugte er sich, daß er übel daran gethan, den Citherspieler zu verschonen, und unbewaffnet vor ihm zu erscheinen. 18. Dieß geschah in Griechenland. Ich könnte noch beifügen, daß er den Tänzer Paris umbringen ließ, weil er bei ihm tanzen lernen wollte und es nicht konnte; daß er ferner den Cäcina Tnscns verbannte, weil er, als Statthalter Aegyptens in dem Bade, das man für des Kaisers etwaige Ankunft in Alexandrien hatte Herrichten lassen, zu baden sich erfrechte. In Rom beging Helius unter andern Grausamkeiten auch die, daß er den Sulpicius Camerinus, einen der vornehmsten Römer, mit seinem Sohne hinrichten ließ, ohne etwas Anderes gegen sie vorbringen zu können, als daß ste den von ihren Voreltern vererbten Beinamen Pythici beibehielten und sich dadurch gegen Nero wegen seiner Pythischen Siege unehrerbietig bewiesen. Die Augusta- ner hatten sich anheischig gemacht, ein tausend Pfund schweres Standbild des Kaisers P aufzustellen, und jetzt ward der ganze Ritterstand gezwungen, dazu beizusteuern. Alle Beschlüsse des Senates im Einzelnen aufzuführen, wäre eine schwere Arbeit: denn der Opfer und Dankfeste, die beschlossen wurden, waren so viele, daß ein ganzes Jahr dazu nicht ausgereicht hätte. 19. Helius hatte schon früher den Kaiser mehrmals schriftlich aufgefordert, schleunigst zurückzukehren, fuhr jetzt, *) Wahrscheinlich von Gold. 1484 CassiuS Dio's Römische Geschichte. da er kein Gehör fand, in lieben Tagen nach Griechenland hinüber und sehte ihn durch die Angabe, daß sich in Rom eine gefährliche Verschwörung gegen ihn vorbereite, so in Schrecken, daß er plötzlich nach Italien unter Segel ging. Man schmeichelte sich mit der Hoffnung, daß er auf der stürmischen See seinen Untergang finden würde und Viele freuten sich vergeblich. Er kam glücklich durch. Und eben diese Hoffnung und dieses Verlangen nach seinem Tode wurde für Viele Veranlassung zum eigenen Verderben. so. Bei seinem Einzug in Rom wurde ein Stück der Stadtmauer niedergerissen und ein Theil der Thore abgebrochen, weil Beides, wie Einige behaupteten, zu Ehren der Sieger in den Wettkämpfen so zu geschehen Pflegt. Voran zogen Männer mit den Siegeskränzen, die er gewonnen hatte, ihnen folgten Andere mit Täfelchen an Stangen, auf welchen der Name und der Ort deS WettkampfeS geschrieben stand, auch daß der Kaiser Nero der erste aller Römer war, der seit ewigen Zeiten darin die Siegespalme errungen. Hierauf kam er selbst auf einem Triumphwagen, auf dem einst Augustus seine vielen Siege gefeiert hatte, in einem goldgestickten Purpurgewande, das Haupt mit einem Oliven- kranz umgeben, und den Pythischen Lorbeerkranz in der Hand; der Citherspieler Diodor fuhr neben ihm. So zog er, von Soldaten, Rittern und Senatsren begleitet, durch den Sircus über den Marktplatz nach dem Capital, und begab sich vsn da in den Palast, während die ganze Stadt mit Blumengewinden behängt, beleuchtet und von Wohlgerüchen durchduftet war, und das ganze Volk, vor allem aber die Seuatorcn zusammenschrieen: »Io, Olympischer, 1485 Dreiundsechzigstes Buch. Pythischer Sieger! Jo, Augustus, Augustus! Heil, Nero, dem Hercules! Nero dem Apoll! Ihm, dem einzigen Pe- riodenspieler! dem Einzigen in alle Ewigkeit! Augustus! O die göttliche Stimme! Glücklich, wem sie zu hören vergönnt ist!" Ich entblöde mich nicht, die Worte, wie sie lauteten, anzuführen. Dem Geschichtschreiber bringt es keine Schande, sondern immer nur Ehre, wenn er Nichts verheimlichet. 21. Hierauf kündigte er Circcnsische Spiele an, ließ diese und die andern Siegeskränze, die er im Wagenrennen gewonnen hatte, in den Circus bringen und rings am Aegyp- tischen Obelisk aufhängen. Es waren ihrer eintausend acht- hundertundacht. Dann ging es wieder an's Wettrennen mit den Wagen. Ein Lydier Larcius trat vor ihn und bot ihm zweimalhundert fünfzigtausend Denare an, wenn er die Cither zu spielen geruhte. Er nahm das Geld nicht an, weil er es unter seiner Würde hielt, Etwas für Geld zn thun. Tigellinns wußte jedoch, unter Androhung des Todes, das Sümmchen für ihn einzutreiben. Er aber trat unbezahlt wieder im Theater auf, spielte auf der Cither und führte Trauerspiele auf. Der Wettkampf mit den Pferden wollte kein Ende nehmen, doch ließ er sich zuweilen freiwillig besiegen, um seinen anderen Siegen destomehr Glauben zu verschaffen. -) *) Zwischen dieses und das folgende Capitel scheinen die nachstellenden Srcerpte des Majus zu gehören. „Er verließ schnell Delphi, indem er sagte, Apollo beneide ihn um seine Stimme." Nero sagte einmal: „er könne nicht ohne Ti- gellinus, und Tigellinus nicht ohne Nero lebe». 1486 Cassius ZZio'S Römische Geschichte. rr- So lebte, so herrschte Nero. Ich berichte nun, wie er gestürzt und vom Throne gestoßen wurde. SS war ein Gallier, Cajus Julius Vindex, der von mütterlicher Seite von Aquitanischem Königsgeschlechte stammte, und dessen Vater Römischer Senator gewesen war. Er hatte einen kräftigen Körperbau, besaß große Geisteskraft, war ein erfahrener Kriegsmann und ein unternehmender Kopf, und von Liebe zur Freiheit nicht weniger, als zum Ruhsue beseelt. Dieser Mann, zur Zeit Statthalter in Gallien, rief die Gallier, welche früher durch häufige Geldcrpressungen viel gelitten, und auch unter Nero hart angelegt waren, zusammen, bestieg eine Rednerbühne und ließ sich in langer Rede gegen Nero vernehmen, indem er ihnen die Nothwendigkeit vor Augen stellte, gegen Diesen sich zu erheben und um ihn sich zu sammeln: „Er hat die ganze Römerwelt ausgeplündert, die Edelsten des Römischen Senates hingerichtet, seine Mutter erst geschändet, dann umgebracht, und weiß auf keine Weise die Würde eines Herrschers zu behaupten. Mord, Raub und andere Frevel wurden auch von Andern verübt. Wer wollte aber nach Gebühr schildern, was Dieser sich zu Schulden kommen ließ! Mit eigenen Augen sah ich, Freunde und Kriegsgenossen, ihr dürft mirs glauben, (wenn anders den Namen Mann verdient, er, Der sich dem Sporus als Mann, dem Pythagoras als Weib vermählte), wie dieser Mann, sage ich, in Mitten des Theaters, auf dem Orchester, bald mit der Cither im langen Talar, und im Kothurn, bald auf hohem Holzschuhe mit der Schauspielermaske erschien! Oft hörte ich mit an, wie er öffentlich sang, Herolde im Schreien überbot, und als Schauspieler in der Dreiundsechzigstes Buch. 148/ Tragödie auftrat! Ich sah mit an, wie er sich binden, wie er sich herumzerren ließ, wie er die Schwangere, die Gebärende spielte, und Alles sprach, hörte, litt und that, wie es die Fabelwelt auszuweisen hat. Wer sollte einem solchen Menschen noch den Ehrennamen Cäsar, Oberherr, Augustus geben? Hieße dieß nicht die Ehrentitel, die ein Augustus, ein Claudius ") führte, auf's Gröblichste beschimpfen? Thyest, Oedip, Alkmäon, Orest — das sind seiner würdige Namen! Sie sind seine Lieblingsrollen! Nach solchen Benennungen statt Jener geizet Er! Auf denn! Erhebet euch! Helfet euch! Helfet den Römern, und schenkt der weiten Welt ihre Freiheit wieder!" LZ. In diese Worte des Vindex stimmten Alle ein. Aber nicht für sich begehrte Vindex die Oberherrschaft, sondern schlug den Servius Sulpicius Galba, einen durch seinen milden Charakter und seine Kriegserfahrung ausgezeichneten Mann, der gerade Statthalter von Hispauien war und eine nicht unbedeutende Truppenmacht unter seinen Befehlen hatte, zum Kaiser vor; und Dieser wurde denn auch von den Soldaten als solcher ausgerufen. Man erzählt, Nero habe drittehalb Millionen Thaler Demjenigen ausgesetzt, der den Vindex tödten würde; Dieser habe, auf die Nachricht davon versetzt: „Wer. den Nero tö.dtet und mir seinen Kopf bringt, bekommt den meinigen dafür." °^') Dieß der Charakter des Bindex. *) Claudius war ein Wohlthäter der Gallier, vergl. Tac. An- nal. XI, 24. **) Ein Fragment des Majus lautet folgendermaßen: „Nero schrieb über den Ausstand Galba'S und feine Ausrufung 1488 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. 24 . Rufus, Statthalter von Deutschland, zog indessen mit einem Heere gegen Vindex heran; vor Vesontium erschienen, belagerte er die Stadt, weil sie ihn, wie er vorgab, nicht aufnehmen wollte. Vindex rückte zu ihrer Entsetzung herbei und bezog in der Nähe ein Lager. Beide schrieben nun einander und traten dann ohne alle Zeugen, z» gütlicher Besprechung zusammen, und man vermuthete, daß sie' gegen Nero gemeinschaftliche Sache machten. Hierauf rückte Vindex mit seinem Heere vor, um die Stadt zu besetzen. AIS ihn aber die Leute des Rufus anrücken sahen, meinten sie, eS gelte ihnen, warfen sich demselben ohne höhern Befehl entgegen, fielen über seine Leute, die unbesorgt und ohne Ordnung daher zogen, her und richteten ein großes Blutbad unter ihnen an. Ueber diesen Anblick tief erschüttert stürzte sich Bindex in sein Schwert. So verhält sich die Sache in Wahrheit. Viele verwundeten nun seine Leiche und veranlaßten die Meinung, als ob sie ihn getödtet hätten. *) zum Kaiser an den Senat, kam aber selbst nicht in die Stadt, indem er sich mit Heiserkeit entschuldigte, als ob er nur des Singens wegen nach Rom kommen könnte. Auf die Nachricht von dem, was mit Binder und Galba vorging, faßte der Senat die gewöhnlichen Beschlüsse gegen Empörer. Nero abir setzte für Den, der den Mnder richtete und ihm seinen Kops brächte, einen Preis von dritte- halb Millionen Denare aus. Auf die Nachricht davon sprach Binder zu Denen, die sie ihm brachten: „und ich gebe Dem, der mir den Kops des Lvmitius bringt, den meinigen dafür." ") Bonaras hat Einiges, was bei Dio nicht gefunden wird: „Als sich der Abfall weiter erstreckte, stieß sich Binder das Schwert in die Brust, tief bekümmert über das Schicksal Dreiundsechzigstes Buch. 1489 25. Rufus betrauerte ihn sden Vindexj aufrichtig und wollte die Kaiserwürde, obgleich ste ihm von den Soldaten zu wiederholtenmalen aufgedrungen wurde, nicht annehmen. Sie zu behaupten wäre ihm leicht geworden: er war sonst ein unternehmender Mann und gebot über eine starke, bereitwillige Truppenmacht. Seine Soldaten rissen Nero's Bildsäulen nieder und zertrümmerten sie; ihn selbst aber nannten sie Eäsar und Augustus. AlS er sich aber nicht dazu verstand, eilte Einer der Soldaten hin und schrieb seinen Namen auf eines der Feldzeichen. Auch hier ließ er ihn wieder auslöschen und konnte seine Leute nnr mit vieler Mühe beschwichtigen und dahin bringen, daß sie dem Senat und dem Volke die Entscheidung überließen; * *) sey, es nun, daß er den Soldaten überhaupt nicht die Macht einräumen wollte, den Thron zu besehen, die nach ihm blos dem Senat und dem Volke zukam, oder daß er aus Seelengröße die Ober- der Soldaten, die bei ihm ausgehalten hatten, indem er mit der Gottheit rechtete, daß ihm das große Werk, die Absetzung Nero's und die Befreiung der Römer, das er sich vorgesetzt hatte, zu vollbringen nicht vergönnt worden war. Er hatte diesen Plan mit solchem Sifer verfolgt, daß er, als Nero drittehalb Millionen rc. *) Mieser große Mann, der erst unter Trajan starb, hatt« sich selbst die Grabschrift gedichtet, die uns der jüngere Plinius aufbewahrt hat: Dieß ist des Rufus Grab, der, als er den Binder bezwungen, Nicht sich, sondern dem Land stellte den Thron zu Gebot. Caffius Dio. 12s Bdchn. 4 1490 Casstuö Dio's Römische Geschichte. gemalt verschmähte, um deren Besitz die Andern so eifrig sich bestrebten. 29. Die Nachricht von des Vindex Empörung, welche Nero in Neapel bei einem gymnischen Spiele erhielt, dem er von der Bormahlzeit an beigewohnt^.'hatte, bekümmerte ihn so weni^, daß er von seinem Sitze aufsprang und einem Knnstkämpfer Beifall klatschte. Auch trieb sie ihn nicht nach Rom; er schrieb vielmehr nur deßwegen an den Senat und entschuldigte sich, daß er wegen Heiserkeit nicht selbst kommen könnte, als ob es dabei Etwas zu singen gäbe. Auf seine Stimme, auf den Rang und das Citherspiel verwendete er nicht nur jetzt, sondern auch noch später so ängstliche Sorgfalt, daß er sich nie einen Ausruf erlaubte, und sogleich, wenn die Umstände ihm einen solchen abnöthigten, wieder an sich hielt und sich zusammennahm, um seine Stimme für die Cither nicht zu verderben. Auch im Uebrigen ging er seinen gewohnten Weg und freute sich sogar über diese Nachrichten, indem er hoffte, über Vindex Meister zu werden und neuen Anlaß zu Erpressungen und Mordthaten zu bekommen. Auch in seinen Ausschweifungen fuhr er fort und weihte die Kapelle der Sabina, deren Bau und prachtvolle Verzierung jetzt beendigt war, ein, indem er ihr die Aufschrift gab: der Sabina, der Göttin Venus, von den Frauen geweiht! Er hatte insoweit Recht: denn sie war von dem Gelde, das er aller Welt und zumeist den Frauen abgedrungen hatte, aufgeführt. Von den muthwil- ligen Streichen, die er machte, will ich nur einen hier erwähnen. Er ließ einmal mitten in der Nacht die vornehmsten Senatoren und Ritter in aller Eile zu sich rufen, 1491 . Dreiundsechzigstes Buch. als ob er sie über Wichtiges zu Rathe ziehen müßte und eröffnete ihnen sodann mit diesen Worten: „Ich hab' die Kunst entdeckt, der Wasserorgel einen stärker» und Hellern Ton zu geben!" Solche Possen trieb er damals. Auch focht es ihn nicht an, daß beide Pforten in dem Mausoleum des Augustns und in seinem Schlafgemach in derselben Nacht von selbst aufsprangen; daß auf dem Albanerberg ein so starker Blutregen fiel, daß sich der Fluß davon röihete, und daß das Meer so weit von Aegyptens Knston zurückwich, daß es einen großen Theil LycienS *) überschwemmte. 27. Als er aber erfuhr, Laß Galba von den Soldaten zum Kaiser ausgerufen worden und Rusus von ihm abgefallen sey, gerieth er in große Furcht, rüstete .sich selbst in Rom .und sandte Rubrius Gallns «") mit einigen Andern gegen sie. Wie er sich aber von Allen verlassen sah, so ging er damit um, die Senatoren umzubringen, die Stadt anzuzünden, und sich nach Alexandrien einzuschiffen, indem er sich vernehmen ließ: „Wenn wir auch die Herrschaft verlieren, so gibt uns unser Handwerk daselbst Unterhalt." Der Elende war so verblendet, daß er noch glauben konnte, man Andere wollen hier Cilicien lesen, weil Lycie» entfernter ist. **) Aonaras nennt statt des Rubrius Gallus den Petronius und berichtet über ihn Folgendes: „Als Nero erfuhr, daß Petronius, den er mit dem größten Theile des 'Heeres gegen die Empörer geschickt hatte, auf Galba's Seite getreten sey, so verzweifelte er an dem Glücke der Waffen, «ud ging damit um, die Senatoren umzubringen re." 4 '' L492 Cassius Dio's Römische Geschichte. wurde ihn als Privatmann am Leben und Cither spielen lassen. ') AlS er aber hörte, daß auch seine Leibwachen ihn verlassen hätten (er schlief nämlich in einem Garten), so dachte er darauf, sich durch die Flucht zu retten. Er zog ein schlechtes Kleid an, bestieg einen nicht bessern Gaul und eilte mit einbrechender Nacht mit verhülltem Gesichte nach einem Landgute des kaiserlichen Freigelassenen Phaon, von Diesem, dem Epaphroditus und Sporus begleitet. 28. Während er Dieß that, entstand ein furchtbares Erdbeben, daß man glaubte, die ganze Erde reiße entzwei und die Geister der von ihm Gemordeten stürzten allesammt auf ihn hervor. Als er auch in dieser Verhüllung erkannt und, wie man erzählt, von einem der Begegnenden als Kaiser angeredet wurde, so lenkte er von der Straße ab-, verkroch sich in den Schilf, und hielt sich darin bis zum Morgen versteckt, um 'von Niemand gesehen zu werden. Vor jedem Vorübergehenden scheute er zurück, vor jeder Stimme erzitterte er, als käme man, ihn aufzusuchen. Wenn ein Hündchen bellte, oder ein Vögelchen zwitscherte, ein Strauch oder Baumzweig sich bewegte, fuhr er ängstlich zusammen. Alles hielt ihn in banger Besorgnis, er wagte mit Keinezn zu sprechen, um nicht etwa von Andern gehört zu werden; er seufzte, weinte und wimmerte still vor sich hin. Er dachte daran, wie er, der früher unter dem zahlreichste» *) Nachwiesen Worte» fügtZonaras bei: „Während er damit umging, rief der Senat die Leibwache Nero's zusammen, begab sich in ihr Lager, erklärte ihn für einen Feind des Vaterlandes und wählte statt seiner den Galba zum Kaiser. Als Nero aber hört«, daß auch seine Leibwachen:c." 1493 Dreiundsechzigstes Buch. Gefolge daherstolzirte, jetzt, von nur drei Freigelassenen begleitet, sich verbergen mußte. Jetzt ließ ihn der Himmel ein Schaustück aufführen, indem er nicht mehr andere Mut- termörder, wie sie unstät und flüchtig umherirrte», sondern seine eigene Rolle spielte. Jetzt bereute er seine Tollheiten, als vd «r sie ungeschehen machen könnte. In dieser kläglichen Lage wiederholte er beständig den Vers des Dichters: „Elendiglich sterben heißet Gattin, Vater mich!" Erst spät, als sich Niemand geigte, der ihn aufsuchen wollte, kroch er in die Höhle, in welcher er vor Hunger ein Stück Brod aß, wie er noch keines gegessen, und aus Durst Wasser trank, wie er noch keines getrunken hatte. „Wie," sprach er, vom Elende überwältigt, „ist dieß ei» Trank, wie ich ihn sonst im Ueberflusse genoß ?!" *) 29. Während Nero in solchen Nöthen war, frohlockte das Römervvlk und brachte Daukopfer dar. Einige trugen Hüte, »") als wären sie der Sklaverei entlassen und man beschloß jetzt dem Galba alle die Rechte, die eiueln Herrscher gebührten. Vor Allem aber ließ man sich angelegen seyn, den Nero aufzusuchen; eine Zeitlang wußte man nicht, wohin er sich gewendet hätte. Sobald- man aber seinen Aufenthalt erfuhr, schickte mau Reiter nach ihm aus. Als Nero ihre Ankunft inne ward, befahl er seiner Umgebung ihn zu todten. Als sie aber nicht gehorchten, so seufzte er und *) Ein Fragment des Majus gibt noch Folgendes: „In dieser' Verwirrung konnte Jeder sich Hoffnung machen, Kaiser zu werden." Wie man sie freigelassenen Sklaven aufsetzte. 1494 Casstus Dio'S Römische Geschichte». sprach: „So bin ich denn beb Einzige, der weder einen Freund, noch einen Feind hat!" Als sich jetzt die Reiter nahten, so tödtete er endlich sich selbst, indem er die bekannten Worte- sprach: „Zeus, welch' ein Künstler geht der Welt in mir verloren!" Da sein Tod nur langsam erfolgte, so brachte ihn Epaphroditus vollends ums Leben. Er lebte dreißig Jahre und neun Monate; und war von diesen dreizehn Jahre und acht Monate an der Regierung. Mit ihm erlosch das Geschlecht des Aeneas und des Augustus, ein Ereigniß, das durch das kurz vorher erfolgte Absterben der von Livia gepflanzten Lorbeerbäume und der weißen Hühner vorbedeutet worden war. Inhalt des vierundsechzigsten Buchs. Im Auszuge des Johannes Xiphilinus. Günstige Vorbedeutungen für Galba. Sein Geiz. Ueber- niutli der Freigeliaffenen Npmphidius und Capito. Cap. 1. 2. Galba's Einzug in der Stadt unter Grausamkeiten. Hinrichtung der Anhänger Nero's. Cap. 3. Bitellius empört sich gegen Galba. Cap. 4. Lucius Piso wird von Galba adoptirt. Otho reißt die Heurschaft an sich. Cap. 5. Galba's und Piso's Tod. Cap. 6. Otho tritt unter ungünstigen Vorbedeutungen die Regierung an. sucht sich aber beliebt zu machen. Cap. 7. 8. Ueber- muth der Soldaten: Pscudo-Nero. Cap. 9. Otho's und VitelliuS Schlachten bei Cremona. Cap. 10. 11. Otho's Rede an die Soldaten. Cap. 12. 13. Otho erdolcht sich selbst. Cap. 14.15. Habsucht des Valens. Cap. 16 . Der Zeitraum erstreckt sich auf zwei Jahre, in welchen Folgende Consuln waren : Nach Nach Galba's Chr. Erb. d. Stadt. Regierung. 68. 821. Casus Silius Jtakicus und Gale- rius Trachalus Turpilianus. 9. JuniuS. 69. 822. Galba Cäsar Augustus zum zweitenmal und Titus Vinius, 's 15. Ja». 1496 CassiuS Dio's Römische Geschichte. ' Vkerundsechzigsies Buch. 1. So wurde denn Galba zum Kaiser erklärt, wie ihm denn auch Tiberius vorausgesagt hatte, *) indem er ihm bemerkte, daß auch er einmal die Oberherrschaft eine Zeitlang kosten würde; er hatte aber auch unverkennbare Vorzeichen. Die Glücksgöttin hatte ihm im Traume bedeutet, daß sie nun schon lange vor seiner Thüre warte, und von Niemand eingelassen werde; würde man sie noch länger ausschließen, so müßte sie sich um einen Andern umsehen. Schiffe, mit Waffen beladen, fuhren in denselben Tagen von selbst an Hispaniens Küste, ohne daß sie von Jemand getrieben wurden. Auch gebar ein Maulesel, Was ihm als Vorzeichen der Oberherrschaft gedeutet ward. Ein Knabe, der ihm beim Opfer Weihrauch reichte, bekam plötzlich graues Haar und die Wahrsager weissagten, daß die Herrschaft des Jüngern auf das Alter übergehen würde. *) Zonaras übergeht dieß und beginnt auf folgende Weise. Galba bekam, als Nero todt war, der Senat ihm die Oberherrschaft zuerkannte und Rufus auf seine Seite trat, wieder Murh. Jedoch nahm er nicht eher den Kaisertitel an, bis eine Gesandtschaft des Senats bei ihm eingetroffen war; auch hatte er diesen Titel sich früher in keinem Briefe beigelegt. 1497 Vierundsechzigstes Buch. 2 . Diese Vorzeichen künftiger Herrschaft hatte er. Er selbst regierte gerecht und erlaubte sich keine Bedrückungen, indem er die Regierung, wie er selbst immer sagte, Nicht selbst an sich gerissen, sondern von Andern übertragen erhalten; nur war er im Austreiben von Geldsummen, weil er viel bedurfte, unersättlich, und sehr karg im Ausgeben, so daß er nicht Denare, sondern Obvle zu schenken pflegte. Seine Freigelassenen aber ließen sich sehr viele Unbilden zu Schulde» kommen, Was dann auf seine Rechnung kam. Bei Privatleuten ist es nämlich schon genug, wenn sie kein Unrecht thun; Machthabern aber liegt es ob, auch Andere kein Unrecht thun zu'lassen: denn Demjenigen, der Unrecht leidet, ist es gleich, von Wem es kommt. Wenn daher Galba selbst auch sich nichts Unrechtes zu Schulden kommen ließ, so sah er doch Anderen zu viel nach, oder wußte nicht, Was vorging und kam dadurch in Übeln Ruf. Ein gewisser Nym- phidius und Capito betrugen sich unter ihm so übermüthig, daß Letzterer, als ein Beklagter an den Kaiser appellirte, auf den hohen Ehreustuhl sprang mit den Worten: „nun führe deine Sache vor dem Kaiser selbst!" Er selbst Untersuchte dann die Sache und ließ ihn zum Tode führen. Doch ließ sie Galba spater darob zur Strafe ziehen. 3. Als er der Stadt nahte, kamen ihm die Leibwachen *) des Nerö mit dem Begehren entgegen, denselben Rang im Kriegsdienste behalten zu dürfen. Galba entschied *) Nach Reiniarus wäre unter Diesen nur die Legion der Matrosen gemeint, die noch keinen Adler und keine Feldzeichen hatte. 1498 Cassius Dio's Römische Geschichte. sich vorerst nicht und wollte die Sache in Ueberlegung nehmen. Als sie sich aber nicht fügen wollten und tumultuirten, so ließ er seine Leute gegen sie anrücke», sogleich gegen siebentausend zusammenhauen und sodann von den klebrigen je den zehnten Mann mit dem Tode bestrafen. So bewies er denn, wenn auch Alter und Krankheit seinen Körper geschwächt haben mochten, große Geisteskraft, und hielt es für nicht zuläßig, daß der Kaiser sich Etwas abdrängen lasse. Daher gab er auch den Leibwachen daS begehrte Geld nicht, sondern erklärte: „Ich bin gewohnt, die Soldaten zu wählen, nicht zu kaufen. ") Als das Volk mit Ungestüm den Tod des Tigellinus und Anderer verlangte, die früher sich Mißhandlungen ihrer Mitbürger zu Schulden kommen ließen, gab er nicht nach, obgleich er sie vielleicht gerne mit dem Tode gestraft hätte, wenn man es nicht von ihm verlangt haben würde. Wenigstens ließ er den Helius, den Narcis- sus, den Patrobius und die Giftmischeri» Locusta nebst einigen Anderen, welche unter Nero viel gegolten hatten, gefesselt durch die ganze Stadt führen und dann mit dem Tode bestrafen. "") Wenn ihm dieß Lob brachte, so machte er sich *) Nach einem Fragment des Majus sprach nicht Galba, sondern Npmphldius die Worte: Wir sind gewohnt, die Soldaten zn wählen, nicht zu kaufen. **) Aonaras führt über Galba, vielleicht aus Dio selbst, noch Folgendes an; „Die falschen Ankläger und Zeugen unter Nero bestrafte er; die Sklaven aber, die wider ihre Herren Etwas gethan oder gesprochen hatten, übergab er Diesen zur Bestrafung." Ei» Fragment des Majus lautet folgendermaßen: „Einige wollten ihre Sklave» nicht mehr 4499 Vierundsechzigstes Buch. dagegen höchst lächerlich, daß er, der alte, gichtbrüchige Mann, auf dem ganzen Zuge das Schwert umhängen hatte. 4. Doch ich berichte nun Was es für ein Ende mit ihm nahm. sVerginius^I Rufus kam zu Galba, fand aber keine Vergeltung, man müßte denn das dafür ansehen, daß er, obgleich mehrmals als Kaiser ausgerufen, am Leben gelassen wurde. Bei allen den Anderen stand er durch Nichtannahme der Kaiserwürde hoch, und noch hoher in der Achtung, als wenn er sie angenommen hätte. Die Soldaten in Deutschland aber, welche früher unter Rufus gestanden, wurden, da sie keine Belohnungen von Galba erhielten, noch unzufriedener, und suchten, weil sie das Ziel ihrer Wünsche unter Jenem nicht erreichten, ihre Habsucht unter einem Andern zu befriedigen. Dieß thaten sie, indem sie den Anlus Vitellius, den Statthalter in Niederdeutschland, an ihre Spitze stellten. Hierbei sahen sie blos auf seine adlige Abkunft und brachten nicht in Anschlag, daß er früher Lustknabe des Tiberius gewesen, und ein zügelloses, ausschweifendes Leben führte; oder glaubten sie, eben deßwegen in ihm den rechten Mann gefunden zu haben. Von seiner Nichtswürdigkeit zeigte Vitellius sich selbst so sehr überzeugt, daß er gegen die Astrologen zurückerhalten, weil sie gerne auf den Besitz so schlechter Menschen verzichteten. Auch die Schätze und sonstigen Besitzungen, welche Nero verschenkt hatt«, forderte er zurück. Die von Diesem wegen, nnehrerbietigen Betragens gegen ihn Verbannten, rief er zurück, ließ die Gebeine der Ermordeten aus dem Kaiserhaus in die Gruft des Augu- stus bringen und stellte ihre Bildnisse wieder auf." 1500 Casstuö Dio'6 Römische Geschichte. spottweise, als Beweis anzuführen pflegte: „Sie verstehen Nichts, denn sie sagen ja sogar, daß Ich einmal Kaiser werden würde!" Auch Nero hörte davon, lachte aber darüber und machte sich so wenig aus ihm, daß er ihm Nichts zu Leide that. 5. Als Galba von dessen Empörung hörte, so nahm er den Lucius Piso, einen jungen Mann von hoher Geburt, der sich durch Bescheidenheit und Verständigkeit auszeichnete, zum Sohne an und erklärte ihn zum Cäsar. Marcus Calvins Otho, darüber erbost, daß er nicht ihn adoptirt hatte, gab Anlaß zu einer Reihe neuer Leiden für die Römer. Er stand bei Galba in hohen Ehren, so daß er an dem Tage, an welchem er umkam, der einzige Senator war, der bei dem Opfer ihm zur Seite stand; und eben dieß bewirkte auch hauptsächlich seinen Entschluß. Als nämlich der Opfer- schauer erklärte, daß man dem Galba nach dem Leben trachte, und ihn warnte, nicht auszugehen, so eilte Jener, sobald er dieß hörte, unter einem andern Vorwaude hinab und wurde von einigen wenigen Soldaten, welche sich mit ihm verschworen hatten, in das Lager geführt. Hier brachte er auch die Andern, welche über Galba unzufrieden waren, auf seine Seite theils durch Ueberreduug, theils durch Geldverspre- chungen und erhielt so aon ihnen die Obergewalt, und diesen traten dann auch die Andern bei. 6. Auf die Nachricht von diesen Vorfällen schickte Galba einige sTribunenj nach dem Lager ab, um die Soldaten auf andere Gesinnung zu bringen. Indem trat ein Soldat mit entblöstem, blutigem Schwerte vor ihn und sprach: „Getrost, Kaiser: ich habe Otho getödtet, du hast Nichts mehr zu 1501 . VienmdsechzigsteS Buch. befürchten.- Galba glaubte dieß und sprach zu ihm: „Wer hat es dich geheißen?" Er selbst aber brach nach dem Capi- tolium auf, um ein Dankopfer zu bringen. Mitten auf dem Römermarkte kamen ihm aber Reiter und Fußvolk entgegen uud ermordeten hier, ihn, den Greisen, den Oberpriester, den Kaiser vor den Augen einer Menge Senatoren, und sehr Vieler von dem Volke, mißhandelten seine Leiche, hieben den- Kopf ab und steckten ihn auf eine Stange. Man hatte schon von fern auf die Sanfte geschossen, in der er sich tragen ließ. Indem er sich herausbeugte, war er verwundet worden und hatte nur die Worte gesprochen: „Was habe ich denn Unrechtes gethan?" Der Centurio Semprvnius Densus hatte ihu, so viel er konnte vertheidigt, ward aber endlich i»ch vergeblicher Gegenwehr gleichfalls niedergemacht. Ich nenne seinen Namen, weil er vor Allen verdient, der Nachwelt genannt zu werden. Zwar fielen auch Piso und viele Andere, aber nicht in der Vertheidigung des Kaisers. Galba lebt« zweiundssebziz Jahre und herrschte neun Monate und dreizehn Tage. Piso folgte ihm in dem Tode, weil man ihm seine Ernennung zum Cäsar zum Verbrechen machte. 7. Ein solches Ende nahm Galba. Auch den Otho ließ die Vergeltung nicht lange warten, wie er sogleich erfahren sollte. Als er zum erstenmal opferte, waren ihm die Opferzeichen nichts weniger als günstig. Er bereute alsbald seine That und sprach die Worte: „Was braucht' ich auch auf der großen Pfeife zu spielen?" Dieß gemeine Sprichwort *) Bei Opfern bediente man sich der großen Pfeifen und dieß wurde dann in der nächstgenanntcn allgemeiner» Bedeutung gefaßt. 1502 Casstus Div's Römische Geschichte. geht auf solche, die Etwas thun, was ihnen nicht zukommt. Kurz darauf wurde er Nachts im Traume so erschreckt, daß er aus dem Bette fiel und die in der Nähe Schlafenden sehr in Bestürzung sehte. Sie rannten hinein »nd fanden ihn auf dem Boden liegend. Er konnte aber, da er einmal die Herrschaft an sich gerissen hatte, nicht mehr zurück; er behielt sie und büßte dafür, obgleich er durch viele Handlungen der Mäßigung die Zuneigung der Leute zu gewinnen suchte; nicht als ob es in seiner Natur gelegen wäre, sondern weil er bei steigender Gefahr von Seiten des Vitellius, nicht auch die Andern sich zu Feinden machen wollte. 8. Der Senat erkannte ihm alle Auszeichnungen der Herrschaft zu. Otho gab nämlich vor, er sey gezwungen, und gegen seinen WiÜen in das Lager adgeführt.-rvorden, und durch sein Widerstreben in große Gefahr gekommen. Er sprach in sehr gütigem Tone und suchte durch seine Gebärden Bescheidenheit zu heucheln, warf den Leute» Küsse mit der Hand zu und erschöpfte sich in Verheißungen. Bei alle dem sah man nur zu wohl, daß er an Ausschweifungen und Grausamkeiten selbst den Nero überbieten würde. Auch dessen Namen hatte er sich beigelegt. Vorerst aber ließ er vielen Senatoren die über sie verhängten Strafen nach und erwies Andern allerlei Gunstbezeigungen. Er kam häufig in das Theater und schmeichelte dem Volke, beschenkte Fremde mit dem Bürgerrecht und that viele andere Versprechungen. Allein er fand, außer einigen Wenigen seines Gelichters, bei Niemand Vertrauen: denn daß er die Bildnisse der Schuldbehafteten wieder aufstellen ließ, sein übriger Lebenswandel, daß er an Sporns geile Lust befriedigte, und die andere» Vierundsechzigstes Buch. L50Z Günstlinge Nero's beibehielt, ließ Alle nichts Gutes von ihm erwarten. 9. Am meisten verhaßt aber machte ihn, daß er die Herrschaft zur feilen Waare gemacht und die Stadt der Will- kühr der frechsten Bösewichter überlassen, Senat und Volk für Nichts geachtet, den Soldaten aber in den Kopf gesetzt hatte, daß sie Kaiser vernichten und schaffen könnten. Die Soldaten verleitete er durch Geschenke und Schmeicheleien zu solcher Frechheit und Zügellosigkeit, daß sie einmal bewaffnet, wie sie waren, in den Palast eindrangen, wo Otho viele Senatoren bewirthete, und endlich nach Ermordung Derer, die ihnen den Weg vertraten, Alles, was darin war, ermordet hätten, wenn sie sich nicht zuvor geflüchtet und verborgen hätten. sDie Soldaten zeigten sich dermaßen frech, daß sie die Senatoren umbringen wollten, indem sie behaupteten, bei einem solchen Senate könne Otho nicht Kaiser seyn.^ Dafür bekamen sie noch Geschenke von ihm, als hätten sie es aus Liebe zu ihm gethan. Damals wap es auch, daß Einer auftrat, der sich für Nero ausgab, dessen Namen aber Dio selbst nicht wußte. Am Ende ward er zur Strafe gezogen. 10. Als Otho auf dem Weg der Güte bei Vitellius Nichts richtete, obgleich er ihm wiederholt die Mitregent- schaft angeboten hatte, so rüstete er sich denn zum förmlichen Kriege. Er schickte Truppen gegen ihn, die er unter mehrere Anführer stellte, was hauptsächlich Veranlassung wurde, daß *) An dieser Stelle ist wohl das eingeklammerte Fragment des Majus einzuschalten. 1504 Cassius Dio's Römische Geschichte. sein Schicksal eine unglückliche Wendung nahm. AIS Otho mit seinem Heere dem Vitellius in Schlachtordnung gegenüberstand, entfernte er sich, weil er Mitbürger nicht im Kampfe gegen einander sehen könne und seine Entfernung ward Ursache seiner Beilegung *) sals ob er auf rechtmäßigem Wege die Herrschaft erlangt und nicht selbst die Con- suln, den Cäsar und den Kaiser in Rom selbst hingemordet hätte.) **) In den Schlachten bei Cremona fielen auf beiden Seiten vierzigtausend Mann, wo vor der Schlacht unter andern Vorzeichen sich auch ein Vogel von so außerordentlicher Größe, wie man noch nie einen gesehen hatte, viele Tage lang sehen ließ. 11. Als daS tzeer des Otho die Schlacht verloren hatte, brachte ihm ein Reiter die traurige Botschaft, fand aber bei den Umstehenden (es waren gerade Viele um ihn versammelt) keinen Glauben, und die Einen schalten ihn einen Davonläufer, die Andern einen Feind. Da eutgegnete Dieser: „Wollte der Himmel, es wäre Unwahrheit, o Kaiser! gerne wollte ich deinen Sieg mit meinem Tode erkaufen! Nun aber sterbe ich, damit Keiner glaube, ich sey entflohen, um mein Leben zu retten. Du aber sieh dich vor, was du zu thun hast, da die Feinde nicht mehr ferne sind!" Mit diesen Worten stürzte er sich in sein Schwert. 12. Jetzt glaubten ihm Alle und schickten sich an, den Kampf zu erneuern. Sie selbst waren noch zahlreich genug, ') Durch dieses Fragment des Majus schließt sich das Gesagte besser an das Frühere au. Auch dieses eingeklammerte Peircsc. Fragment scheint sich auf diese Weise besser anzuschließen. 1505 MerundsechzigsteS Buch. auck waren neue Truppen aus Pannonien eingetroffen, und, Was für ihn sehr günstig war, sie liebten Otho und waren ihm nicht nur mit Worten, sondern von Herzen zugethan. Er aber hielt sie zurück, bis auch die Andern auf diese Kunde herbeieilten. Nun sprach er eine Weile mit sich selbst und richtete sodann an die versammelten Soldaten unter Anderem folgende Worte: 15. „Genug ist Dessen, was bereits geschehen, genug! Ein Gräuel ist mir Bürgerkrieg, auch wenn ich Sieger wäre. Ich liebe alle Römer, wenn ste auch nicht auf meiner Seite stehen. Es siege Vitellius, da es der Gptter Wille ist; daß aber auch seine Krieger am Leberu bleiben, ist der meinige. Viel besser ist es und gerechter, daß Einer für Alle, als daß Alle für Einen sterben. Lieber wollte ich ein Mucius, ein Decius, ein Curtins, ein Regulus seyn, als ein Marius, ein Cinna, ein Sylla und wie die Ander« alle heißen. So zwingt mich denn nicht, Diesen zu gleichen, die mir ein Abscheu sind, und mißgönnt mir nicht, Jenen nachzueifern, die ich bewundere. Gehet ihr hin zu dem Sieger uud unterwerft euch ihm! Ich wahre meine Freiheit mir, um durch die That der Welt zu zeigen, daß ihr in mir einen Kaiser wähltet, der nicht euch für sich, sondern sich für euch aufopferte." 14. So sprach Otho. Die Soldaten aber bewunderten ihn, als sie diese Aeußerungen hörte», bedauerten sein Schicksal, vergaßen Thränen und wehklagten laut, indem sie ihn ihren Vater nannten, und inniger zu lieben erklärten, als Kinder und Eltern. „Mit dir," sprachen sie, „sind auch Dio Cassius. 12s Bdchn. 5 1506 CassiuS Dio's Römische Geschichte. wir gerettet, für dich sind wir bereit, in den Tod zu gehen.« Unter solchen Betheurungen verfloß der größte Theil dcS Tages, Otho aber begehrte zu sterben, und als ste's ihm nicht zulassen wollten, so schwieg er eine Weile und ließ sich dann folgendermaßen vernehmen: „Ich will mich nicht schlechter zeigen, als der Soldat, den ihr blos deßhalb sterben sahet, weil er seinem Kaiser die Niederlage melden mußte. Ich folge ihm, um nie etwas Aehnliches wieder zu sehen oder zu hören. Ihr aber, wenn ihr mich wahrhaft liebet, laßt mich sterben, wie ich will, und begehrt nicht, daß ich länger lebe; geht vielmehr zu dem Sieger und sucht ihn durch Schmeichelworte zu versöhnen!« 15 . Mit diesen Worten trat er in sein Zimmer, ergriff ein«: Dolch und brachte sich ums Leben. Seine Soldaten huben seine Leiche auf und begruben ihn, Einige gaben sich über seiner Leiche selbst den Tod. Ein solches Ende nahm Otho, nachdem er eilf Tage weniger als stebenund- dreißig Jahre gelebt und neunzig Tage regiert hatte. Nach einem schändlichen Leben starb er des schönsten Todes. sOtho wußte in der kurzen Zeit seiner Herrschaft seinen schlimmen Lebenswandel zu verdecken.) Er hatte auf die frevelhafteste Weise die Herrschaft an sich gerissen, und trat auf die edelste Weise davon ab. ") ») So lautet ei« Fragment des Malus und Aehnliches, nur mit andern Worten bemerkt auch Aonaras, und fügt noch Folgendes bei: Seine Soldaten zerfielen zwar Anfangs unter sich selbst, so daß Viele in Folge der Unruhen erlagen; dann aber wurden sie wieder eines Sinnes und unterwarfen sich dem Sieger. 1507 Dierundsechzigstes Buch. 16 . Valens war so geldgierig und suchte auf so schändliche Weise Schätze zusammenzuscharren, daß er denselben Kriegstribu», der ihn bei sich verborgen und ihm so das Leben gerettet hatte, wegen tausend Drachmen, die er ihm aus seinen Gerathschaften entwendet haben sollte, umbringen ließ. 5 * Inhalt des fünfundsechzigsten Buchs. Im Auszuge des Xiphilinus nebst vollständigen Bruchstücken von Dio's Geschichte. Vitellius wird als Kaiser ausgerufen. Er weidet seine Augen an Fechterspielen und Hinrichtungen. Er verweist die Sterndeuter aus Italien. Cap. I. Sein Auswand bei Gastmälern, in seinem Hause. Hausgeräth. Sein fast lächerlicher Prunk. Cap. 2—5. Seine guten Seiten. Cap. 6. 7. Ungünstige Vorzeichen. Die Soldaten rufen den Vespasian zum Kaiser aus. Eap. 8. Mucianus wird von Vespasianus gegen Vitellius gesendet; Primus thut das Gleiche aus freien Stücken. Cap. 9. Alienus wird von Vitellius zum Feldherrn gewählt, verleitet die Andern zum Abfall und wird von den Soldaten, die sich eines Bessern besinnen. gefangen genommen. Car. 10. Die Bitellianer verlieren «ine Schlacht. Cap. 11 — 14. Trauriges Schicksal Crcmona's. Eap. 15. Unentschlossenheit des Vitellius. Das Capital brennt ab. Cap. 16. 17. Rom wird von den Heerführern des Vespasia- nus eingenommen. Eap. 18. 19. Vitellius wird gefangen genommen und umgebracht. Cap. 20. 21. Ein gleiches Schicksal trifft den Bruder und den Sohn des Vitellius. Cap. 22. Der Zeitraum begreift etwa ein Jahr. in welchem Folgende Consuln waren: Nach Nach Chr. Erb. d. Stadt. 69. - 822. Galba zum zweitenmal und Titus Vinius. Am ersten März: Titus VerginiuS Rufus und Vopiscus Pompejus. Am ersten Mai: Cälius Sabinus und Titus Flavius Sabinus. Cassius Dio'S Römische Geschichte rc. L5V9 Nach Nach Chr. Erb. d. Stadt. 89 . 822 . Am ersten Juli: Likus Arrius Antoni- uus und Publius Marlus Celsus zum zweitenmal. Am ersten September: Casus Fabius Balens und Aulus Alienus Cäcinn» (und nach seiner Verurtbeilung am ersten Novem- ber 'Roscius Regulus.) Fünfundsechzigstes Buch. 1. In Rom trat, wie Dieß zu geschehen pflegte, auf die Nachricht von Otho's Tode eine plötzliche Sinnesände- rung ein. Otho, dem man früher Lob gespendet und den Sieg gewünscht hatte, schmähte ma» jetzt als Feind, erhob dagegen den kurz noch verwünschten Bitellins und rief ihn zum Kaiser aus. So wenig Bestand hat das Schicksal der Sterblichen. Der Höchste wie der Niedrigste ist gleich sehr ein Spiel des Ungefährs und je nach ihrem Glück oder Unglück ist Lob oder Tadel, Ehre oder Schande ihr Theil. Vi- tellius wohnte in Lugdunum fLyonj und in Cremona Gladia- tvrenspielen bei, als ob. nicht Menschenblut genug schon in den Schlachten vergossen worden wäre. Noch lagen die auf dem Schlachtfelde Gefallenen »«beerdigt und Bitellins selbst sah es mit an. Denn er ging durch die ganze Wahlstatt, auf der sie lagen, hin, weidete seine Augen an dem Anblick, als ob er eben jetzt erst den Sieg erföchte, und hieß 1510 Cassius Dio's Römische Geschichte. auch jetzt noch nicht, die Leichen begraben. Als er in Rom ankam, gab er, unter andern Verfügungen der Willkühr, auch durch öffentlichen Anschlag den Befehl, daß die Sterndeuter innerhalb einer bestimmten Frist slch aus ganz Italien entfernt haben müßten. Sie selbst aber schlugen bei Nacht einen Gegenbefehl an, daß er innerhalb der Zeit, in der er auch wirklich starb, das Leben verlassen müsse. So genau wußten diese Leute die Zukunft voraus. 2. Er selbst aber gab sich ganz dem Wohlleben und den Ausschweifungen hin, ohne sich weiter um göttliche oder menschliche Dinge zu bekümmern. So war er von Anfang an gewesen: er lag den ganzen Tag in den Kneipen und Spielhäusern und zog den Schauspielen und Wettrennen nach. Darauf verwandte er unermeßliche Summen und hatte deßhalb auch Schaaren von Gläubigern. Aber jetzt, im Besitze so großer Macht, trieb er seine Ausschweifungen noch weiter, praßte den größten Theil des Tags und der Nacht, überlud sich im Uebel flusse, spie aber Alles wieder von sich, so daß er vvm bloßen Zusichnehmen der Speisen sich nähren mußte. So allein konnte er diese Lebensart aushalten, da alle seine sonstige Schmausbrüder schlecht dabei wegkamen. Er lud nämlich viele und zwar immer die angesehensten Männer an seine Tafel oder schmauste bei ihnen; daher Einer derselben, Vibius Crispus, °) einen herrlichen Einfall hatte. Er war krank gewesen und deßhalb einige Tage nicht hei Tafel erschienen, weßhalb er nun meinte: „wär' ich nicht krank gewesen, so wäre ich darauf gegangen." ') Wahrscheinlich der nachmalige Minister Bespasians. 1511 Fünfundsechzigstes Buch. z. Seine ganze Regierungszeit war eine zusammenhängende Reihe von Rausch und Gelagen. Die kostbarsten Leckerbissen wurden um nur wenig zu sagen aus dem Ocean selbst, aus Land und Meer zusammengeführt und mit so großem Aufwande zubereitet, daß noch jetzt von jenen Zeiten her einige Arten von Kuchen und andere Speisen Vitellia- nische heißen. Was sollte ich Alles im Einzelnen anführen, > da einstimmig berichtet wird, daß er während seiner Regie- rungszeit zweimalhundert und fünfundzwanzig Millionen Denare auf Mahlzeiten verwendet habe. Natürlich mußten diese Leckerbissen bald höchst selten werden und doch mußten sie zur Stelle geschafft werden. Ließ er doch einmal eine einzige Schüssel, in der er Jungen, Gehirn und Lebern von besondern Arten von Fischen und Vogeln auftischen ließ für zweimalhundert und sünsziqtausend Denare bereiten, und da sie von Thon so groß nicht gefertigt werden konnte, so ward sie von Silber gemacht, und noch lange nach ihm als Merk- . Würdigkeit aufbewahrt, bis dieselbe Hadrian sah und cin- schmelzen ließ. 4. Da ich aber auf diese Dinge zu sprechen komme, so muß ich noch erwähnen, daß ihm selbst Nero's goldenes Haus -nicht gut genug war: denn so sehr er auch Dessen Namen, Lebensart und Benehmen lieb gewann und erhob, so tadelte er doch an ihm, daß er so schlecht gewohnt und so weniges, so gemeines tzausgeräth gehabt habe. Er ward einmal krank und suchte sich eine andere Wohnung aus, so wenig fand er hierin Etwas von Rero nach seinem Geschmack. Auch seine Gemahlin Galeria machte sich darüber lustig, daß sich in dem Kaiserpalaste so wenig Schmuck gefunden hätte. 1512 Cassius Dio's Römische Geschichte. Sie, die ihren Aufwand aus Anderer Beuteln bestritten, berechneten ihn nicht lange. Wer ihn aber bei sich bewirthete, war hart angelegt: denn nnr Wenigen gab er Ersatz; ob er gleich nicht den ganzen Tag bei Einem blieb. Die Einen hatten ihn zum Frühstück, Andere über Mittag, Andere zur Abendmahlzeit, wieder Andere tischten ihm in der Nacht noch Gerichte auf, die seinen Gaumen reizen mußten. Wer nur konnte, suchte die Ehre, ihn zu bewirthen. Er selbst soll über eine Million Denare auf eine Mahlzeit verwendet haben. Sein Geburtstag wurde zwei Tage lang gefeiert und viele Thiere und Menschen mußten das Leben dabei lassen. Da Vitellius sich so auffübrte, so hielten sich auch die Soldaten nicht in den Schranken der Mäßigung: überall waren Mißhandlungen und Ausschweifungen an der Tagesordnung. 5. Indessen machte sich Vitellius in Vieler Augen lächerlich. Wenn man sah, wie er mit gravitätischer Miene durch die Straßen der Stadt zog, er, der bisher sonst liederlichen Weibsbildern nachgestrichen; wie er auf kaiserlichem Rosse im Purpurgewande strotzte, er, der, wie man sich noch wohl erinnerte, in grüner Kutscherlivree die Rennpferde gestriegelt; wie er mit einer Schaar von Soldaten nach dem Capitolium zog, der sich sonst vor seinen zahlreichen Gläubigern gar nicht öffentlich sehen ließ; wie man ihm jetzt kniefällige Ehrfurcht bewies, ihm, dem man sonst Anstand nahm, auch nnr einen Kuß auf den Mund zu geben; so konnte man sich des Lachens nicht erwehren. Seine Gläubiger aber, welche ihn früher, als er nach Germanien abgehen wollte, verhaften und erst gegen Bürgschaft ziehen ließen, waren jetzt so weit entfernt, die Sache lächerlich zu finden, 15I.S Fünfundsechzigftes Buch. daß sie Thränen »ergoßen und sich in Schlupfwinkel verkrochen. Er aber ließ sie aufsuchen und erklärte, daß er sie hinlänglich bezahlt mache, wenn er ihnen das Leben lasse, und verlangte von ihnen die Schuldscheine zurück. ') 6. Bei all diesen Lastern hatte er doch auch seine guten Seiten. Er ließ das unter Nero, Galba und Othv geprägte Geld in seinem Werth und stieß sich nicht an ihren Bildnissen. Alle früheren Schenkungen bestätigte er ohne sie Jemand zu entziehen. Auch die rückständigen Abgaben ließ er nicht einfordern, noch die Güter eines Bürgers einziehen. Von Otho's Anhängern ließ er nur wenig« hinrichten, und nahm ihren Verwandten ihr Erbe nicht. Den Angehörigen der früher Hingerichteten gab er Alles zurück, was sich noch davon in dem Staatsschätze vorfand. Auch die Vermächtnisse Derer, die wider ihn zu Felde zogen und in den Schlachten gefallen waren, ließ er in Gültigkeit. Er verbot auch den Senatoren und den Ritter», als Gladiatoren aufzutreten und auf der Bühne zu spielen. Darob verdiente er sich allgemeines Lob. 7. Die Schauspiele besuchte er häufig, so daß er beim Volke sich beliebt machte. Mit den angesehensten Männern speiste er auf vertraulichem Fuße, so daß er auch ihre Zuneigung immer mehr gewann. Dabei vergaß er seine früheren Gesellschafter keineswegs und erwies ihnen, alle Ehre, *) Ein Fragment des Mafus gibt folgendes Weisere: Vitellius zog aufs Capitel und warf sich seiner Mutter in die Arme. Sie war bescheiden und sprach auf die Kunde, daß ihr Sohn jetzt Germanicus genannt werde: „ich habe einen Vitellius, aber keinen Germanicus geboren." 1514 Casstns Div'S Römische Geschichte. indem er es nicht, wie Andere thun, unter seiner Wurde hielt, sie ferner kennen zu wollen. Denn Viele, welche gegen Vermuthen hoch gestiegen sind, pflegen Diejenigen zu meiden, die um ihre frühere Niedrigkeit wissen. sAls ihm Priscus in dem Senate widersprach, und sich auch gegen die Soldaten anstieß, so rief er die Volkstribunen zu Hülfe, als ob er ihres Beistands bedürfte; that aber weder selbst dem Priscus Etwas zu Leide, noch ließ er ihm von Jenen Etwas geschehen, sondern erklärte: „Laßt euch nicht anfechten, noch bekümmern, Vater, wen» wir, zwei Männer aus eurer Mitte, eine Fehde miteinander ausfechten." Dieß sind Beweise seiner Milde. Daß ep den Nero nachahmen wollte, ihm ein Todtenopser brachte und auf Schmausereien so große Summen verwendete, sahen Viele mit Vergnügen. Die Verständigern aber wurden darüber bekümmert, weil sie wohl einsahen, daß alles Geld aus dem gesammten Rö- merreiche hierfür nickt zureichen werdet 8. Wahrend dessen zeigten sich schlimme Vorbedeutungen. Ein Komet ließ sich sehen. Der Mond ward gegen die Regel zweimal, einmal am vierten, das anderemal am siebenten Tage verfinstert. Auch zwei Sonnen sah man zu gleicher Zeit am Himmel, die eine im Osten, die andere, im Westen, diese in mattem Licht und bleich, jene aber glanz- reich und in voller Kraft. Auch fanden sich aus dem Eapi- tvlinm viele große Fußtritte von Göttern, als ob sie von demselben herabgeschritten wären, und die Soldaten, welche selbige Nacht die Wache auf ihm hatten, sagten aus, daß sich der Jupitertempel mit großem Geräusch von selbst geöffnet habe, so daß einige Wächter vor Entsetzen todt auf der 1515 FünfunLsechzigstes Buch. Stelle geblieben seyen. Indessen hatte Vespasianus, welcher im Krieg mit den Juden begriffen war, sseinen Sohn Ti- tus an Galba abgeschickt, um ihm als neuem Kaiser, seine Glückwünsche darzubringen. Weil aber Titus auf die unterwegs erhaltene Nachricht von der Empörung des Otho und des Vitellius zurückgekehrt war, so ging er mit sich zu Rathe, was er unter den gegebenen Umständen zu thun hätte. Ve- spasian war nämlich ohnehin nicht vorschnell in seinen Entschlüssen und mochte sich nicht gerne in die verwirrten Händel mischen^. Seine allgemeine Beliebtheit bei dem Volke, der Ruhm, den er sich in Britannien, und der Beifall, den er sich in dem gegenwärtigen Kriege erworben, so wie auch sein milder Charakter und seine Einsichten machten den Wunsch rege, ihn als Kaiser zu besitzen. Hierzu kamen noch die dringende» Vorstellungen des Mucianus, welcher im Geiste ihm den Herrschertitel ließ, aber bei der Billigkeit Ve- spasian's, auf gleichen Antheil an der Regierung hoffte. Als die Soldaten davon Wind bekameiz, umstanden sie sein Zelt und riefen ihn als Kaiser aus. 9. Schon früher hatte Vespastanus Vorzeichen und Träume gehabt, die ihm längst die Oberherrschaft ankündigten, Was in seinem Leben noch besonders erwähnt werden soll. Jetzt nun sandte er den Mucianus nach Italien gegen Vitellius, er selbst bereiste Syrien, überließ den Krieg gegen die Joden Andern und fuhr nach Aegypten. Hier brachte er Gelder, deren er jetzt besonders bedurfte und Getreide auf, um einen möglichst großen Vorratb davon nach Rom abgehen zu lassen. Die Legionen in Mysien erwarteten auf die Nachricht von den Vorgängen in Asien die Ankunft 1516 Cassills Dio's Römische Geschichte. des Mucianus, der, wie sie hörten, schon im Anzüge war, nicht, sondern stellten den Antonius Primus, der unter Nero zur Verbannung verurtheilt, von Galba aber zurückgerufen worden war, und nun das Heer in Pannonien befehligte, an ihre Spitze. Dieser behauptete, weder vom Kaiser, noch Römischen Senate gewählt, eine selbstständige Stellung: denn die Soldaten waren erbittert auf Vitellius und nur auf Raub bedacht. Sie hatten es auf nichts Anderes, als auf die Plünderung Italiens abgesehen, und dieß sollte ihnen später auch nur zu sehr gelingen. 10. Auf die Kunde von diesen Vorgängen blieb Vitel- lins für seine Person in Rom, wo er sich den gewohnten Ausschweifungen überließ und Gladiatorenspiele gab. (Hier war es auch, wo Sporus als entführtes Mädchen-auf der Bühne erscheinen sollte, diese Schmach aber unerträglich fand, und sich selbst ras Leben naHm.) Die Führung des Kriegs übertrug Vitellius dem Alienus und Anderen. Alienus aber kam zwar nach Cremona und besetzte noch vorher die Stadt, da er aber sah, daß seine Soldaten durch das Wohlleben in Rom verweichlicht und durch den Mangel an Uebung entnervt, die Gegner dagegen abgehärtet und voll Muthes waren, so, bekam er Furcht. Als ihm hierauf auch Primus Vorschläge zur Güte machte, so rief er seine Soldaten zusammen, stellte ihnen des Vitellius Schwäche, des Vespasia- uus Thatkraft, und den verschiedenen Charakter Beider vor und vermochte sie, auf Jenes Seite zu treten. Sie rissen auch wirklich die Brustbilder des Vitellius von ihren Fahnen herab, und schworen Gehorsam dem Vespasianus. Als sie aber auseinander gegangen waren und sich in ihre Zelte Fünfundsechzigstes Buch. begeben hatten, fühlten sie Reue, rotteten sich plötzlich unter großem Gelärm zusammen, riefen den Vitektius wieder als Kaiser aus und legten dem Alienus als Verräther Fesseln an, ohne sich an seine konsularische Würde zu kehren, wie es denn bei Bürgerkriegen zu geschehen pflegt. 11. Die Verwirrung, welche hierdurch in dem Lager des Vitellius entstand, ward noch vermehrt durch eine Monds- finsterniß. Aber nicht sowohl die Verfinsterung des Mondes, obgleich sie an sich schon beunruhigte Gemüther in Furcht setzen konnte, als vielmehr der Umstand, daß er bald eine blutrothe, bald eine schwarze, bald andere schreckhafte Farben annahm, erregte Besorgnisse. Dennoch ließen sie sich dadurch nicht abwendig oder muthlos machen, sondern forderten den Primus, der sie Tags darauf durch Unterhändler zum U-bertritte bewegen wollte, vielmehr auf, die Partei des Vitellius zu ergreifen. Als es zum Handgemenge kam, so kämpften sie muthig mit den Truppen ihres Gegners. Es war jedoch keine förmliche Schlacht; wenige Reiter griffen, wie dieß zu geschehen pflegt, wenn feindliche Heere einander im Lager gegenüber stehen, einen. Trupp Futterholender an. Von beiden Seiten kam man, wie man es gerade hörte, der betreffenden Mannschaft, bald Reiter, bald Fußvolk, wie sich's eben traf, zu Hülfe, man floh, man verfolgte, bis der Kampf endlich allgemein wurde. Jetzt stellten die Vitellia- ner sich, wie auf ein gegebenes Zeichen in förmliche Schlachtordnung auf und kämpften, obgleich sie des eigentlichen Führers entbehrten; denn Alienus lag noch immer in Cremona gefangen. 12. Dieß machte, daß das Glück der Schlacht nicht nur 1.518 Cassius Dio's Römische Geschichte. den Tag über, sondern auch in der folgenden Nacht hin - und her schwankte und sich für keinen Theil entschied. Die Nacht überfiel die Kämpfendeu und vermochte fle nicht zu trennen; so groß war ihre Hitze, ihr Mnth, obgleich fle einander kannten und selbst mit einander sprachen. Nicht Hunger, nicht Ermüdung, nicht Frost, nicht Finsterniß, nicht Verwundung, nicht Blutbad, nicht der Anblick der Gerippe der früher auf'diesem Schlachtfeld« Gefallenen, nicht das Andenken an die frühere Niederlage- nicht der Schmerz über die Unzahl der nutzlos Hingeopferten besänftigte fle. Gleiche Wuth hatte beide Heere ergriffen, und selbst der Gedanke an die Wahlstatt steigerte die Erbitterung, so daß die Einen siegen, die Andern nicht besiegt werden wollten, als stritten fle gegen Fremde und nicht gegen Bürger; als sollte der Augenblick entscheiden, ob sie sterbe» oder für die Zukunft der Sklaverei verfallen müßten. Auch die kommende Nacht ließ fle vvm Kampfe nicht abstehen; erschöpft und der Erholung bedürftig, ruhten sie den einen Augenblick, und sprachen sogar mit einander, im andern schlugen sie von Neuem auf einander los. iz. Sobald der Mond wieder zum Vorschein kam, — viele, bald große, bald kleine Wolken liefen am Himmel hin und bedeckten ihn oft, — konnte man sehen, wie sie bald mit einander kämpften, bald da standen und sich aus ihre Lanzen stützten, bald auf dem Boden saßen. Bald schrieen beide Heere zusammen auf, hier hörte mau den Namen Vespasian, dort den Namen Vitellius. Bald forderten sie sich mit Schmähungen oder Lobsprüchen auf den Einen oder den Andern heraus; bald sprachen sie einzeln mit 15t9 Fünfundsechzigstes Buch. einander: „Kameraden! Mitbürger! was thun wir doch! Was bekämpfen wir uns? Komm her zu mir! Nein doch, komm du zu mir!" Was war dieß auch zu verwundern! kamen doch Weiber aus der Stadt und brachten hei Nacht den Bitelliancrn Speise und Trank. Die aber aßen und tranken nicht nur selbst, sondern boten selbst ihren Gegnern davon an. Da rief Einer dem Andern mit Namen zu (denn beinahe Alle kannten und erkannten einander): „Da, nimm, Kamerad! und iß! Kein Schw-rt tst's, sondern Brod! Da nimm und trink, kein Schild ist's, sondern der Becher, den ich dir vorhalte; auf daß, wenn du mich tobtest, oder ich dich, wir leichter sterben, nnd wir nicht, mit matter kraftloser Hand einander den Garaus machen! Solchen Todten- schmaus geben uns Vitellius nnd Vespasta», bevor sie uns für die schon Gefallenen als Todtenopfer schlachten." So sprachen sie hin und wieder mit einander, ruhten dann eine Weile aus, und mit dem letzten Bissen griffen sie wieder nach dem Schwert, ruhten wieder, und kämpften dann von Neuem. 14 . So ging es die ganze Nacht hindurch, bis der Tag anbrach. Da führten zwei Vespasianische folgendes Wagestück aus. Sie hatten von einer Wurfmaschine viel zu leiden: sie nahmen daher gefallenen Vitellianern ihre Schilde weg, mischten sich unter die Gegenüberstehenden, gelangten so unbemerkt, als wären sie ihresgleichen, bis zu der Maschine und schnitten die Seile ab, so daß sie keine Ge- schoße tnehr abschießen konnte. Als aber die Sonne aufging und die Soldaten der dritten, der sogenannten Gallischen Legion, welche in Syrien überwinterte, jetzt aber 1520 Casflus Dio'ö Römische Geschichte. zufällig unter Vespaflanus focht, plötzlich, wie sie es gewohnt waren, dieselbe fdie Sennes begrüßten,') so entfiel den Vitel- lianern, welche wähnten Mucianus sey eingetroffen, mit einemmal der Muth, fle erschracken von dem Geschrei und ergriffen die Flucht. So können oft geringfügige Dinge die erschöpften Geister in Schrecken setzen. Jene wandten sich nach der Stadt und hoben flehentlich die Hände gen Himmel. Als aber Niemand auf ste hören.wollte, so lösten sie dem Consul die Bande, schmückten ihn mit dem Amtsgewand und den Fascen und schickten ihn an die Feinde ab, damit er den Fürsprecher für fle machen sollte; und erhielten so die gewünschten Bedingungen: denn Menüs vermochte durch seine AmtSwürde und das ihm widerfahrene Mißgeschick den Primus mit leichter Mühe, auf ihre Forderungen einzugehen. 15 . Als aber die Stadtthore sich öffneten, und Niemand Etwas besorgte, stürzten plötzlich die Soldaten von allen Seiten zumal herein, raubten, sengten und brennten überall, und nicht leicht hat wohl eine Stadt ein größeres Unheil betroffen. Denn fle war durch Größe und Schönheit der Häuser ausgezeichnet, und große Schätze waren von Bür- gern und Fremden dahin gebracht worden. Am meisten Schaden thaten die Ditellianer, da ste die Häuser der reichsten Bürger und die Durchgänge der Gassen genau kannten; und sie trugen kein Bedenken, dieselben Bürger, für die sie eben noch gckämpft hatten, zu Grunde zn richten. Als wären *) Sie drehten sich plötzlich unter großem Freudengeschrei nach der Sonne und warfen ihr mit der rechten Hand Küsse zu. Die Feinde aber meinten, sie begrüßten auf solche Weise den Muciau. 1534 . Fünfundsechzigstes Buch. sie selbst die Beleidigten und die Sieger schlugen und hieben fle Alles nieder, so daß mit Denen, die in der Schlacht geblieben waren, fiinfzigtausend Menschen das Leben verloren. 1K. Auf die Nachricht von der Niederlage erschrack Bitellius gewaltig. Beunruhigt war er schon durch Schreck- zeichen worden: bei einem Opfer, das er brachte, hielt er eine Anrede an seine Soldaten und während dessen kam ein Schwärm Geier herbeigeflogen, zerfleischte die geschlachteten Opferthiere und hätte beinahe ihn selbst von der Tribüne vertrieben. Den größten Eindruck auf sein Gemüth machte jedoch die Botschaft über die Niederlage sder Seinigen^. In aller Eile sandte er seinen Bruder nach Terracina und ließ diese feste Stadt besetze». Der Anmarsch der Heerführer des Vespaflanus auf Rom selbst setzte ihn aber in solchen Schrecke», daß er alle Besinnung verlor. Er wußte nichts Bestimmtes mehr zu thun noch zu denken, wie ein Schifflein aus den Meereswogen war er bald oben, bald unten. Bald wollte er durchaus dir Herrschaft behaupten und rüstete sich zur Gegenwehr; bald verzichtete er wieder freiwillig darauf und schickte sich an, in den Privatstand zurückzutreten. Bald zeigte er sich im Purpurgewande, mit dem Schwerte umgürtet, bald im schlichten dunkeln Bürgerkleid. Eine Rede an das Volk folgte der andern, bald vom Palaste aus, bald aus dem Rvmermabktc; in der einen rief er zum Widerstand, in der andern schlug er gütliche Uebereinknnft vor. Bald wollte er sich selbst dem Gemeinwohlc zum Opfer bringen, bald erschien er mit seinem Söhnchen an der Hand, küßte es und stellte es den Versammelten vor, als wollte er Di» CassiuS. 12s Bdchn. 6 1522 CasfluS Div'S Römische Geschichte. sie dadurch zum Mitleid für ihn anregen. Er entließ seine Leibwachen und schickte dann wieder nach ihnen; er verließ den Palast und zog in das Hans seines Bruders, dann tam er wieder zurück, so daß durch dieses sein Betragen auch bei den meisten seiner Anhänger der Eifer für ihn erkaltete. Sie mußten mit ansehen, wie er wahnwitzig umherfuhr, achteten selbst nicht weiter auf seine Befehle und sorgten nun mehr für sich alS für ihn. Wenn schon dieses ihren Spott erregte, so war es noch mehr der Fall, als er in den Versammlungen den Consuln und den andern Senatoren sein Schwert überreichte, als wollte er sich damit seiner Herrscherwürde begeben. Wen» es auch Keiner anzunehmen wagte, so spotteten doch die Umstehenden darüber um so lauter. 17. Als,bereits Primus der Stadt sich näherte, traten die Consuln Casus Quintius Atticus und Cueus Cacilius Simplex, ") und Sabinus (ein Verwandter des Vespasia- nus) sowie die ersten Männer Roms zusammen, beriethen sich und zogen dann mit den ihnen gleichgesinNten Soldaten nach dem Paläste» um den Vitellius zur Niederle- legung der Herrschaft entweder zu bereden oder zu zwingen. Hier aber wurden sie mit den deutschen Leibwachen handgemein und kamen übel.weg, worauf sie sich auf das Capitolium flüchteten und dahin auch Domitian, den Sohn des Vespa- sian, und dessen Verwandte kommen ließen und sich verschanzten. Am folgenden Tage wurden sie von ihren Gegnern angegriffen und hielten sich einige Zeit; als aber die Gebäude *) Diese Name« stimmen mit der alten Inhaltsanzeige nicht überein. 1522 Mnfundsechzigstes Buch. um das Capital in Brand geriethen und sie dadurch behindert wurden, erstiegen die Leute des Vitellius die Burg, tödte- ten viele von I ne» und raubten alle Weihgeschenke. Sie brannten den großen.Tempel nieder, nahmen den Sabinus und den Alticus gefangen und sandten sie an den Vitellius. Domitian aber und des Sabinus Sohn, Sabinus, entkamen aus dem Capital und hielten sich in Privathäüsern verborgen. 18. Die Leute des Vespastanus waren jetzt in der Nähe der Stadt und standen (Mncianus war immer noch nicht angelangt) unter den Befehlen des Quintus Petilius Cerea- lis, eines der ersten Senatoren und mit Vespasian durch Heirath verwandt, und des Antonius Primus. Des Vitel- lins Angst war jetzt anf's Höchste gestiegen. Zuerst hatten Jene durch eigene Boten, indem sie ihre Briefe in Todten- särge, in Kisten mit Obst oder Vogelstellergeräthschaften bargen, von Allem, was in der Stadt vorging, Kunde erhalten und ihre Maßregeln darnach genommen. Als sie jetzt das Feuer auf dem Capitolinin gewahrten, hielten sie dieß für ein gleichsam rvm Wachtthnrme aus gtgedenes Zeichen und eilten herbei. Cerealis war der erste, der mit der Reiterei vor der Stadt erschien. Zwar wurde er vor den Thoren besiegt, da er mit seinen Reitern in einen engen Weg gedrängt ward. hielt aber den Angriff irr Feinde doch in so weit auf, daß er von ihnen keinen Schaden litt. Denn Vitellius hoffte wegen dieser kleinen Vortheile einen gütlichen Vergleich zu Stande zu bringen und zog seine Truppen zurück. Dann versammelte er den Senat und schickte ant seiner Mitte Gesandte nebst Vestalinnen au Cerealis ab. 6 * 1524 Casstus Dio's Römische Geschichte. 19. Ale aber Niemand auf sie hören wollte und sie beinahe das Leben verloren hätten, begaben sie sich zu Primus, der bereits glich im Anzug« war und wurden zwar vor ihn gelassen, vermochten aber Nichts auszurichten. Denn die Soldaten rückten voll Erbitterung gegen ihn Hera» und zerstreuten den zur Bedeckung der Tiberbrücke aufgestellten Trupp mit leichter Mühe. Als man ihnen den Uebergang wehrte, schwammen die Reiter über den Fluß und griffen sie im Rücken an. Sodann drangen die Einen zu diesem, die Andern zu jenem Thore ein und verübten die abscheulichsten Gräucl. Alles, was man dem Bitelltus und seinen Leuten Schuld gab, und worüber man vorgeblich den Krieg angefangen hatte, erlaubten sie sich selbst und brachten viele Menschen ums Leben. Doch wurden auch Viele von ihnen durch Ziegel von den Dächern -getödtet oder in engen Straßen im Gedränge von den sich wehrenden Gegnern erschlagen, so daß an jenen Tagen gegen fün^igtauseud Menschen das Leben verloren. rn. Während nun die Stadt geplündert wurde, und die Einen kämpften, die Anderen flohen und selbst diese, um sich durch den Schein, als wären sie mit in die Stadt gedrungen, zu retten, plünderten und mordeten, hatte Vitellins in der Angst sich in ei» zerlumptes, schmutziges Gewand gehüllt und in ein dunkles Loch, i» dem man Hunde zu füttern pflegte, verkrochen, mit der Absicht, in der Nacht zu seinem Bruder nach Terracina zu entfliehen. Die Soldaten aber suchten und fanden ihn: denn wer einmal Kaiser war, der konnte nicht lange unerkannt bleiben. Mit Schmutz und Blut bedeckt (die Hunde hatten ihn gebissen) zogen sie ihn 1525 Fünfundsechzigstes Buch. hervor, zerrissen ihm das Gewand, banden ihm die Hände auf den Rücke» und führten ihn mit einem Strick um den Hals, ihn, den Kaiser, von dem Palaste, in dem er immer nüx geschwelgt hatte, herab, schleppten ihn, den Alleinherrscher, durch die heilige Straße, durch die er auf dem Prachtwagen so oft einhergeprunkt hatte, nach dem Markte, wo er, der Augustus, so oft zum versammelten Volke gesprochen. Die Einen gaben ihm Backenstreiche, die andern zupften ihn am Barte, Alle aber verhöhnten, Alle mißhandelten ihn, indem sie unter anderen Schmähungen über seine Schwclge- reien sich auch über seine Beleibtheit lustig machten. Ll. Als er, beschämt über alles dieß die Augen zu Boden schlug, stachen ihn die Soldaten mit Dolchen unter das Kinn und zwangen ihn auswärts zu blicken. Diesen Anblick konnte ein Deutscher nicht länger ertragen; mit den Worten: „ich wstl dir helfen, so weit ich, Einzelner, es kann," verwundete er ihn und stürzte sich dann i» sein eigenes Schwert. Vitellius starb aber nicht an der Wunde, sondern wurde in das Gefängniß geschleppt, so wie man auch seine Bildsäulen unter Hohn und allerlei Schmätzreden umherschleifte. Ueber- wältigt von Schmerz über Das, was er litt und hören mußte, sprach er endlich: „Bedenkt, daß ich einmal euer Kaiser war!" Die Soldaten aber darüber nur noch mehr erbittert, führten ihn nach den Gemonischen Treppen, hieben ihn nieder und trugen sein abgehauenes Haupt in der ganzen Stadt umher. rr. Vitellius ward später von seiner Gemahlin begraben. Er hatte ein Alter von vierundsünfzig Jahren und neuuundachtzig Tagen erreicht, und die Regierung zehn 1526 CassiuS Dio's Römische Geschichte rc. Tag« weniger als ein Jahr bekleidet. Sein Bruder eilte zwar von Terracina derbei ihm zu Hülfe, erfuhr aber unterwegs seinen Tod, stieß dann gleich auf die wider ihn ausge- sandten Truppe» und ergab sich an dieselben unter der Bedingung, daß sie ihn am Leben ließen. Er wurde aber dessenungeachtet bald darauf umgebracht, und mit ikm mußte auch der Sohn des Bitellius sterben, obgleich Vitellins selbst keinen Verwandten des Otho oder Vespasianus hatte umbringen lassen. Alles dieß war vorbei, als Mucianus ankam; und Dieser traf nun mit Domitianus die nöthige» Vorkehrungen, stellte ihn den Soldaten vor und ließ ihn, so jung er war, eine Rede an sie halten. Jeder Soldat bekam fünfundzwanzig Denare. Inhalt des sechsundsechzigsten Buchs. Im Auszuge des Xiphilinus mit einigen Bruchstücken des vollständigen Dio. Vespasianus wird Kaiser. Cap. 1. Mucianus und Domitia» nus erlauben sich viel Ungebühr. Cap. 2. Die Deutschen empören sich. Cap. 3. Titus erobert Jerusalem. Cap. 4—7. Besxa- sianuS treibt in Aegppte» Gelder ein. Cap. 8. Er ist gelinde gegen die Römer, verweist aber die Philosophen aus Rom. Cap. S —13. Er und seine Buhlin Cänis verstehen es, sich Geld zu machen. Cap. 14. Der Friedenstempel wird aufgebaut und der Koloß wieder aufgerichtet. Berenice wirb entlassen: einige Cyniker werden bestraft. Cap. 15. Julius Sabinus, und die Verschwörer Alienus und Marccllus werden hingerichtet. Cap. 16. VesxasianuS stirbt. Cap. 17. Milde des Kaisers Titus. Cap. 18. 19. In Britannien wird Krieg geführt und das Land jetzt erst als Insel erkannt. Cap. 20. Der Vesuv speit Feuer. In Rom entsteht ein Brand. Schauspiele. Tod des Titus. Cap. 25. 28. Der Zeitraum begreift zwölf Jahre, in welchen Folgend« Consuln waren: Nach Nach Chr. Erb. d. Stadt. 7v. 823. Flavius Vespasianus zum zweitenmal und Titus Cäsar. 71. 824. Flavius Vespasianus zum drittenmal und Marcus CoecejuS Nerv«. 72. 825. Flavius Vespasianus zum viertenmal, und TituS Cäsar zum zweitenmal. 1528 Cassius Div'S Römische Geschichte. Nach Nach Shr. Erb. d. Stadt. 73. 828. Domitianns Cäsar zum zweitenmal und Markus Valerius Meffalinus. 74. 827. Flavius Vespasianus zum sünftenmal und Titus Cäsar zum drittenmal. 75. 828. Flavius Vespasianus zum sechstenmal und Titus Cäsar zum viertenmal. 78. 829. Flavius Vespasianus zum siebentenmal und Titus Cäsar zum sünftenmal. 77. 830. Flavius Vespasianus zum achlenmal und Tir tus Cäsar zum sechstenmal. 78. 83l. Lucius Cejonius Commodus und Decimus No> vius PriSeus. 79. 832. Flavius Vespasianus zum neuntenmal und Titus Cäsar zum siebentenmal. 80. 833. Titus Vespasianus znm achtenmal nnd Do- mitianus zum siebentenmal. 8l. 834. Lucius Flavius Silva Nonius Baffus und Asinius Pollio Verrucosus. Sechsundsechzigstes Bliche 1. Nach diesen Vorgängen ward Vespasianus nun auch vom Senate als Kaiser anerkannt; TituS und Domiiianus aber wurden zu Cäsaren ernannt. Das Eonsulat übernahmen Vespasianus und Titus, von denen Jener in Aegypten, Dieser aber in Palästina war. Schon längst hatte Vespa- sianus Vorzeichen und Träume gehabt, die ihm die Alleinherrschaft vorbedeuteten. Ein Stier kam auf dem Landgute, 1529 Sechsundsechzigstes Buch. auf dem er sich gewöhnlich aufhielt, während^ der Mahlzeit zu ihm heran, beugte die Kniee und legte ihm den Kopf unter die Füße. Ein andermal warf ein Hund, während er gleichfalls speiste, eine Menschenhand unter seinen Tisch. Eine Cypreffe wurde von einem heftigen Sturme mit der Wurzel ansgerissen, stand aber Tags darauf wieder von selbst auf und gedieh weiter. Im Traume erfuhr er, er würde Kaiser werden, wenn Nero einen Zahn verlöre; und Dieser verlor auch wirklich am nächsten Tag einen Zahn. Dem Nero selbst träumte, daß der Prachtwagen des Jupiter in das Haus des Vespastanus fahre. Doch dieß bedurfte noch richtiger Deutung. Josephus, ein Indischer Mann, *) wurde von ihm gefangen genommen »nd in'Feffeln gelegt, sprach aber lächelnd zu ihm: „Du legst mich jetzt in Fesseln, nach einem Jahre aber lösest du sie mir als Kaiser wieder." r. So war denn Vespastanus, wie auch Andere, zum Herrscher geboren. Während er noch in Aegypten verweilte, besorgte Mucianus mit Domitianus die Regierungsgeschäfte. Er rühmte sich in hohem Tone, dem Vespastanus die Obergewalt verschafft zu haben, zumal da er von ihm Bruder genannt ward und die Vollmacht hatte, Alles selbst ohne VerhaltungSbefehle zn verfügen und nnr seinen Namen zu unterschreiben. 3» dem Ende trug er auch den ihm über-, sandten Ring, um den Befehlen das kaiserliche Wappen aufzudrücken. Vielen verlieh er und Domitianus Staats- Lmter und Ehrenstellen, und Beide wählten immer einen Statthalter, einen Consul nach dem andern. Ueberhaupt *) Der bekannt« Geschichtschreiber. 1530 Cassius Dio's Römische Geschichte. benahmen fle sich ganz als Selbstherrscher, so Laß Vespasia- nus einmal dem.DomitianuS schrieb: „ich danke dir, mein h„ Sohn, daß du mich noch herrschen lässest und nicht schon br abgesetzt hast." Mucianus wollte von Jedermann vor Allen de ausgezeichnet werde», und war sehr empfindlich, wenn ihm da Jemand, ich sage'nicht, zu nahe trat, sondern ihn auch nur h, nicht hoch genug stellte. So kam es denn, daß er Jeden, th der ihm auch nur den geringsten Dienst erwies, im Ueber- er maße belohnte, auf der andern Seite aber auch Denjenigen, sie der Dieß nicht that, mit dem bittersten Hasse verfolgte. Auf m jede erdenkliche Weise wußte er mit dem größten Eifer un- ha ermeßliche Summen in den Staatsschatz zu sammeln, und ließ „> das dem Vespasianus Echuldgegebene gerne aus sich selbst sss übertragen, indem er zu sagen pflegte: Geld sey der Nerv der Regierung. Und diesem Grundsätze zu Folge rieth er I ihm auch, alle Geldquellen zu öffnen, und ließ es von An- V fang seine angelegentlichste Sorge seyn, überall Geldsummen N aufzutreiben, füllte auch bald die Kassen des Staates ohne I jedoch sich dabei zu vergessen. ak 3. In Deutschland hatten indessen mehrere Empörun- dr gen Statt gehabt, die ich jedoch nicht näher beschreibe» will; u» nur einer sehr wunderbaren Geschichte muß ich erwähnen. sie Ein gewisser Julius Sabinus, einer der ersten Männer ' sie ' unter den Lingvnen, sammelte ein kleines Heer und ließ sich ab Cäsar nennen, indem er vorgab, von Julius Cäsar abzu- he! stammen. In einigen Schlachten besiegt, entfloh er auf Hi «inen Landsitz, und verbarg sich in eine unterirdische Gruft, yj, indem er das darüber stehende Gebäude vorher in Brand — gesteckt hatte. Jedermann hielt ihn für todt; er hielt sich 153t Sechsundsechziqstes Buch. aber neun Jahre lang mit seiner Gattin versteckt und zeugte daselbst zwei Knaben mit ihr. *) Nach vielen Schlachten brachte endlich Cerealis Deutschland zur Ruhe; in einer derselben wurden so viele Römer und Deutscht erschlagen, daß der vorbeiströmende Fluß dadurch in seinem Laufe gehemmt ward. Domitian, welcher wegen Dessen, was er that, und noch mehr wegen Dessen, was er vorhatte (denn er hatte hvchstrebende Plane) seinen Vater fürchtete, hielt sich Meist am Albanerberge auf und lebte in Liebesverhältnissen mit Dvmitia, der Tochter des sDomitiusZ Corbulo. Er hatte sie ihrem Gatten Lucius Lamia AemilianuS abgeführt und lebte mit ihr in wilder Ehe; nachher aber vermählte er sich förmlich mit ihr. 4. TituS erhielt die Führung des Kriegs gegen die Juden. Nachdem er sie anfangs durch Gesandtschaften und Versprechungen zur Unterwerfung zu vermögen gesucht, aber Nichts gerichtet hatte, beschloß er, sie förmlich zu bekriegen. In den erste» Schlachten wurde Nichts entschieden, dann aber besiegte er sie und belagerte Jerusalem. Die Stadt hatte drei Mauern, die um den Tempel mitgerechnet. Die Römer warfen nun Erdwälle gegen die Mauer auf, und besetzten sie mit Maschinen. Wen» sie Ausfälle machten, so gingen sie ihnen zu Leibe und trieben sie zurück, von den Mauern aber entfernten sie dieselben mit Schlendern und Geschvßen: denn auch von den auswärtigen Königen waren ihnen viele Hülfsvölker gesendet worden. Aber auch die Jude» bekamen nicht blos aus dem Lande selbst, sondern auch von ihren ') Bergt. Cap. lS. 1532 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. Religionsverwandten nicht nur aus den Römischen Provinzen, sondern auch weit über den Euphrat her, Unterstützungen, und warfen ihrerseits Geschehe und Steine theils aus der Hand, theils aus Maschinen, die von der Hohe herab, um so wirksamer waren. Sobald sie die geeignete Zeit ersahen, machten sie bei Tag oder Nacht Ausfälle, steckten die Maschinen in Brand, hieben Viele nieder, untergruben die Erdwälle und warfen die Erde davon an die eigene Mauer. Die Mauerbrecher zogen sie mit Schleifen herauf, oder rissen sie mit Haken in die Hohe, oder sie suchten durch dicke, mit Eisen beschlagene Bretter, die sie vor die Mauer hinabließen, die Stoße Derselben unschädlich zu machen. Am meisten aber litten die Römer durch Mangel an Wasser, das nur schlecht war und aus der Ferne herbeigeschafft werden mußte. Den Juden dagegen kamen unterirdische Gänge, die sie von innen unter der Mauer weg nach entfernten Gegenden führte», sehr zu Statten. Aus ihnen stürzten sie hervor aus die Wasserholcnden und thaten den Vereinzelten großen Schaden. Titus ließ daher alle diese Ausgänge verschütten. 5. Bei diesen Kämpfen mußten natürlich auf beiden Seiten Viele verwundet, Viele getödtet werden. Titus selbst wurde von einem Stein an die linke Schulter getroffen und behielt davon eine Schwäche in der Hand. Endlich erstiegen die Römer die äußere Mauer, bezogen zwischen den beiden Mauern ihr Lager und benannten nun die zweite, hatten hier aber eine ungleich härtere Arbeit. Da sich Alle hinter diese zurückzogen, so konnten sie sich, in einen engern Kreis der Vertheidigung zusammengedrängt, ihrer Feinde leichter erwehren. Titus ließ ihnen daher von Neuem durch Herolde 1535 Sechsundsechzigstes Buch. Verzeihung anbieten. Sie aber beharrten auch jetzt auf ihrem Widerstände. Die Gefangenen und die Ueberläufer verderbten den Römern heimlich das Wasser und mordeten Jeden, den sie einzeln trafen, so daß Titus keinen mehr annehmen ließ. Mittlerweile entfiel auch auf Seite» der Römer Einigen der Muth, , wie dieß wohl bei einer längeren Belagerung zu geschehen Pflegt, zumal da sie dem Gerüchte von der Unbezwingbarkeit der Stadt anfingen Glauben zu schenken, und sie gingen zu Jenen über. Die Jnden nahmen sie, so sehr sie auch Mangel an Lebensmitteln hatten, sehr gut auf, um den Feinden zu zeigen, daß man sogar zu ihnen übergehe. 6. Als aber auch die Mauer durchbrochen war, so waren sie doch noch nicht bezwungen, sondern hieben eine Menge der Eindringenden zusammen. Auch steckten sie einige der nahegelegenen Gebäude i» Brand, um die Römer, wenn sie auch der Ringmauer Meister würden, vvm ferneren Vordringen abzuhalten. Allein sie beschädigten damit auch die Mauer, und setzten dadnrch, was nicht ihre Absicht war, auch die Festungswerke um den Tempel in Brand. So ward denn den Römern der Weg zu dem Tempel selbst eröffnet; sie drangen aus religiöser Scheu nicht sogleich ein. Erst spät vermochte sie Titus in das Innere vorzurücken. Die Juden erachteten es für ein großes Glück, um und für ihren Tempel kämpfend das Leben zu lassen. Die vom Volke hatten sich unten im Vorhofe, die vom hohen Rathe auf den Treppen, die Priester aber im Tempel selber aufgestellt. So gering anch ihre Zahl gegen die Ueberzahl der Feinde war, so wurden sie doch nicht eher bezwungen, alS bis ein Theil 1534 CassiuS Dio's Römische Geschichte. des Tempels in Brand gerieth. Jetzt stürzten sie sich freiwillig in die Schwerter der Feinde, oder mordeten einander seldst, oder brachten sich selbst um's Leben, oder sprangen in's Feuer. Allen erschien es kein Tod, sondern Sieg, Heil und Seligkeit, unter den Trümmern ihres Tempels sich zu begraben. 7. Gleichwohl machte man Gefangene «nd unter ihnen ihren Anführer Bargioras, welcher allein bei dem Triumphe am Leben gestraft ward. So wurde denn Jerusalem gerade am Tage des Saturn fSabbathf, der auch den jetzigen Juden noch heilig ist» erobert. Seit dieser Zeit mußte Jeder, der der Sitte seiner VLter getreu blieb, jährlich dem Capi- tolinischen Jupiter zwei Denare entrichten. Zwar erhielten Beide den Titel Imperator, Keiner aber führte den Namen JudaicuS, obgleich ihnen alle bei einem so großen Siege hergebrachten Ehrenbezeigungen und so denn auch Triumphbogen zuerkannt wurden. 8. Bei der Ankunft des Vespaflanus in Alexandrien stieg der Nil, was früher nur einmal vorgekommen war, an einem Tage vier Finger breit über sein ger-ähnliches Maß. Hier heilte Vespastanus einen Blinden und einen mit einer Schwäche in der Hand behafteten Mann, die sich anf die ! Weisung eines Traumgesichts an ihn gewendet hatten, indem er dem Einen auf die Hand trat, dem Andern aber auf die Augen spuckte. So ehrwürdig ihn auch dadurch die Gottheit erscheinen ließ, so freuten sich seiner die Alexandriner denn- noch nicht, sie wurden sehr böse auf ihn und schmähten und verhöhnten ihn nicht nur im Stillen, sondern öffentlich. Sie erwarteten von ihm große Belohnung dafür, daß sie zuerst 1535 Sechsundsechzigstes Buch. ihn als Kaiser ausgerufen, und hatten nicht nur nichts dafür bekommen» sondern mußten noch dazu große Summen zahlen. Er legte nicht nur den Einzelnen viele Abgaben auf, die Jeder, selbst der Bettler bezahlen mußt«, sondern beutete auch alle Kassen und Tempel aus. Viele abgekommene Steuern erneuerte er wieder, erhöhte die bestehenden und führte manche neue «in. Dasselbe that er sodann auch in den andern Provinzen, in Italien und° selbst in Rom. Deßhalb und weil er den größten Theil des königlichen Palastes verkaufte, über ihn aufgebracht, erlaubten sich die Alexandriner allerlei Schmähungen wider ihn und schalten ihn unter Anderem einen Sechspfennigbettler. So mild auch sonst Vespaffanus war, so wurde er darüber doch so böse, daß er wirklich sechs Pfennige von jedem Kopfe eintreiben ließ und damit umging sie ernstlich zu züchtigen. Ihre Spöttereien enthielten eine empfindliche Beschimpfung und erregten» da sie zum Gaffenliede wurden, sein« Galle in höchstem Grade. Auf Fürbitte des Titus ließ er ihnen jedoch Gnade angedeihen. Doch auch nachher ließen sie ihn noch nicht in Ruhe, sondern riefen bei einer Versammlung wie mit einer Stimme dem Titus zu: „Wir verzeihen ihm: denn er weiß noch nicht, was einem Kaiser ziemt!" So unbesonnen handelten sie, indem sie ihre Lästerzunge gewähren ließen und die Milde des Kaisers mißbrauchten. S. Vespasianus fragte Nichts nach ihnen; dagegen schrieb er nach Rom, -man sollte die über Solche, welche wegen Majestätsbeleidigungen von Nero und seinen Nachfolgern verurtheilt worden waren, verhängte Ehrlosigkeit aufheben, sie möchten noch am Leben, oder schon gestorben seyn, und 1536 Cassius Dio's Römische Geschichte. künftig keine solche Anklagen weiter annehmen. Die Sterndeuter aber verwies er aus Rom, obgleich er selbst die Geschicktesten unter ihnen zu Rathe zog, und wegen des Astrologen Barbillus den Ephesern die Abhaltung heiliger Wett- kämpfe gestattete, eine Auszeichnung, die er sonst keiner Stadt zu Theil werden ließ. Hierauf begab er sich nach Rom. MucianuS war ihm mit andern Großen nach Brun- dusinm entgegen gekommen, den Domitianus aber traf er erst in Benevent. Im Bewußtseyn Dessen, was er gethan und vorgehabt hatte, getraute er sich nicht herbei und stellte sich bisweilen, als ob er des Verstandes nicht recht mächtig wäre. Er hielt sich deßwegen meist auf der Albanischen Villa auf und beschäftigte sich unter andern Lächerlichkeiten auch damit, daß er Fliegen mit dem Schreibgriffel spieste. Wenn diese Bemerkung auch nicht zu dem Ernste des Geschichtschreibers stimmen will, so hielt ich sie doch für nothwendig, weil sie seinen Charakter am besten zu bezeichnen vermag, zumal, da er auch als Kaiser solche Kurzweil trieb, weßhalb denn auch Einer auf die Frage: „was macht Domi- tian?" die witzige Antwort gab: „er ist ganz allein, keine Fliege ist bei ihm." 10. Vespasianus warf ihn von seiner stolzen Höhe herab, alle Anderen aber empfing er, eingedenk seiner früheren Stellung, nicht als Kaiser, sondern wir Einer ihres Gleichen. Sogleich begann er den Wiederaufbau des Jupitertempels auf dem Capitolium, indem er selbst zuerst Etwas von dem Schütte Hinwegtrug und die angesehensten Männer das Gleiche thun ließ, damit sich das übrige Votk dieser Arbeit um so weniger entziehen könnte. Während er für das Sechsundsechzigstes Buch. 1537 allgemeine Beste den großartigsten Aufwand machte, und die öffentlichen Spiele aufs Prachtvollste beging, lebte er selbst äußerst eingezogen, und beschränkte sich auf die nöthigsten Bedürfnisse. Deßhalb verbot er auch, in den Wirthshäusern etwas Anderes Gekochtes als tzülsenfrüchte zu verkaufen. Daraus ergab sich anf's Augenfälligste, daß er so vieles Geld nicht zu seinem Vergnügen, sondern zum Bedarf« des Staates beigetriebe» hatte. Seine Lebensweise war folgende: Er wohnte wenig in dem Palast, sondern meistens in den sogenannten Sallustischen Gärten, ") wo er Jeden nicht nur vom Senate, sondern selbst vom Volke bei sich empfing. Mit seinen vertrautesten Freunden unterhielt er sich vom frühen Morgen an, selbst vom Bette aus, und sprach mit den Andern auf offener Straße. Die Thüren seines Kaisersitzes standen den ganzen Tag über offen und keine Wache war davor aufgestellt. In dem Senate erschien er immer und zog ihn über Alles zu Rath; auch sprach er oft Recht aus dem Markte. Was er selbst wegen Altersschwäche nicht ablesen konnte, oder was er abwesend dem Senate mittheilen wollte, das ließ er meist durch seine Söhne vorlesen, um demselben auch hierin seine Ehre zu geben. An seine Tafel lud er jeden Tag viele vom Senate und vom Volke und speiste auch oft bei seinen vertrauteren Freunden. 11. In Allem, was die Fürsorge für den Staat betraf, war er Kaiser; in allem Andern aber stellte er sich den Die Gärten, die der Geschichtschreiber Salluft dem Julius Cäsar vermacht hatte. kasiius Div. 12s Bdchn. 7 18!8 Cassius Dio's Römische Geschichte. Andern gleich und lebte auf gleichem Fuße mit ihnen. Er liebte über Andere zu scherzen , und nahm es nicht übel, wenn man ihn mit gleicher Münze bezahlte. Wenn Schmähungen ohne Namen auch gegen ihn, wie sonst gegen Kaiser angeschlagen wurden, so ließ auch er, ohne Empfindlichkeit darüber zu äußer», anschlagen, Was er dagegen zu sagen hatte. Ein gewisser Phöbus kam zu ihm und wollte sich entschuldigen, daß er unter Nero, wie er ihn einmal im Theater in Griechenland über das unanständige Betragen des Kaisers die Stirne runzeln sah, ihn sich fortpacken dieß und auf die Frage: „wohin?" antwortete: „Zum Henker!" Als sich Phöbus nun hierüber entschuldigen wollte, so that er ihm nichts weiter zu Leid, sondern sprach nur dieselben Worte: „pack' dich zum Henker!" Vologäsus überschrieb einmal einen Brief folgendermaßen: „Arsaces, der König der Könige entbietet dem Flavius Vespasianus seinen Gruß." Dieser nahm es ihm nicht übel, sondern schrieb ihm auf dieselbe Weise zurück, ohne einen seiner kaiserlichen Titel beizusetzen. 12. Helvidius Priscus, der Schwiegersohn des Thrasea, in stoischen Grundsätzen erzogen, ahmte dessen Freimüthigkeit recht zur Unzeit nach. Er war damals Prätor und erwies dem Kaiser nicht nur die gebührende Ehre nicht, sondern schmähte auch unaufhörlich auf ihn. Als ihn deßhalb einmal die Volkstribunen festnehmen ließen, und den Gerichtsdienern überantworteten, ward Vespasianus ganz betroffen und verließ unter Thränen den Senat, indem er nur die Worte sprach: „Entweder bekomme ich meinen Sohn zum Nachfolger, oder Keinen mehr." sHieraus erhellt, daß er dem Helvidius Priscus nicht sowohl wegen seiner 1539 Sechsundsechzigstes Buch. Schmähungen anf ihn oder seine Freunde, als vielmehr deßhalb gram war, weil er ein unruhiger Kopf war und die Menge für sich zu gewinnen suchte, auf die Alleinherrschaft schalt und dagegen die Volksherrschaft erhob, demgemäß auch handelte, und sich einen Anhang machte,, als ob es die Aufgabe des Weisen wäre, die Regenten zu verhöhnen, die Menge aufzuwiegeln, Las Bestehende über den Haufen zu werfen und Neues an seine Stelle zu setzen. Er war Thra- sea's Schwiegersohn und nahm sich ihn zum Vorbilde, blieb aber weit hinter Diesem zurück. Thrasea lebte unter einem Nero und fand ihn nicht nach seinem Sinne, erlaubte sich aber weder durch Worte noch durch die That eine Beschimpfung desselben und wollte nur keinen Theil an Dem haben, was er that. Dieser aber feindete einen VespaflanuS an und schonte ihn weder in Gesellschaft noch vor dem Volke. Durch dieses Benehmen stürzte er sich selbst in das Verderben und sollte später wegen vieler Handlungen die verdiente Strafe finden.^ 15. Weil sowohl viele Andere, von stoischen Grundsätzen geleitet, als auch der Cyniker Demetrius ganz öffentlich viele mit den bestehenden Verhältnissen unverträgliche Lehren mit der Miene der Philosophen vorzutragen pflegten und dadurch Mehreren die Köpfe verrückten, so überredete Mucianus den Vespassan, alle diese Leute, den einzigen Musonius ausgenommen, aus der Stadt zu verweisen — ein Rath, den ihm mehr Erbitterung, als Liebe zur Wissenschaft einzugeben schien. Mucianus that vor Vespasianus gegen die Stoiker in einer langen Rede merkwürdige Aeußerungen, 7 - 1548 Cassius Dio's Römische Geschichte. zum Beispiel: „Sie sind voll eitler Prahlerei: wenn sich Einer den Bart wachsen laßt, die Augbranen hinaufzieht, den Lumpenmantel umwirft und baarfuß geht, so will er gleich ein Philosoph, ein Held, ein Tugendmuster seyn, und trägt die Nase hoch, wenn er auch, wie das Sprichwort sagt, sich weder auf die Feder noch auf die Kunkel versteht; sie sehen Jedermann über die Achsel an: der Vornehme ist ihnen ein Einfaltspinsel, der Niedere ein feiger Wicht, der Schöne ein Wüstling, der Häßliche ein Muster von Schönheit, der Reiche ein Selbstsüchtler, der Arme eine Sklavenseele. Den Demetrins und den Hostilius verbannte er sogar auf Inseln. Hostilius sprach gerade mit einem Andern, als er die Nachricht von seiner Verbannung erhielt, und verstummte zwar nicht, sondern zog vielmehr noch viel stärker über die Alleinherrschaft los, machte sich aber doch alsbald aus dem Staub. Dem Demetrins, welcher sich immer noch nicht zur Ruhe gab, ließ Vespasianus sagen: „Du legst es zwar ganz darauf an, daß ich dich am Leben strafen soll, aber einen Hund, der mich anbellt, todte ich nicht." 14 . Um diese Zeit starb auch Vespasians Buhlin Cänis. Ich erwähne ihrer deßwegen, weil sie bei dem trefflichsten Gedächtnisse die größte Verschwiegenheit beobachtete. Als ihre Gebieterin Antonia, die Mutter des Claudius, dem Tiberius einmal etwas über Sejan durch sie schreiben ließ und das Concept, damit es nicht in unrechte Hände käme, sogleich zu vernichten befahl, so versetzte sie: „der Befehl hilft dir Nichts Gebieterin. Jedes Wort dieses Briefs, »nd ') Ein Fragment des Majus. 1541 Sechöundsechzigftes Buch. Alles, was du mir anvertraust, ist so tief in mein Herz geschrieben, daß keine Zeit es daraus vertilgen kann." Dieß und des Vespasian's Umgang mit ihr schien mir bemerkens- werth. Von allen Seiten bekam sie ansehnliche Geschenke; um Geld konnte man von ihr Aemter, Statthalterschaften, Besehlshaberstellcn, Prieflerwürdeu , ja sogar günstige Antworten des Kaisers erhalten. Des Geldes wegen ließ Ve- spasianus Niemand todten, wohl aber ließ er Viele ihr Leben mit Geld erkaufen, und sie war es, welche es einzunehmen pflegte. Man hatte aber den Vespasianus im Verdachte, daß es mit seinem Vorwiss-n geschah. Bon den vielen Fällen führe ich nur einige beispielshalber an. Man hatte irgendwo die Errichtung einer Bildsäule für zweimalhundcrt fünfzigtansend Denare beschlossen, da hielt er seine Hand hin und sagte: „Gebt mir das Geld, die da soll das Fußgestell seyn." Als Titus einmal über die Harnsteuer, welche außer anderen ähnlichen Abgaben, auferlegt wurde, sich mißfällig äußerte, so nahm er einige Goldstücke, die aus dieser Quelle stoßen, und zeigte sie ihm mit den Worten: „Sich, Kind, man riecht's ihnen nicht an." 15. In dem Jahre, in welchem Vespaüan zum sechsten- und Titus zum viertenmal Consul waren, wurde der Tempel der Friedensgöttin eingeweiht, auch der Koloß in der heiligen Straße aufgestellt. Er soll hundert Fuß hoch gewesen seyn und nach den Einen im Gesichte den Nero, nach Andern den Titus vorgestellt haben. Vespasianus gab zwar Thierhetzen in den Amphitheatern, fand aber an Kämpfen zwischen Menschen kein Gefallen, obgleich Titus bei einem 1542 Casstus Div's Römische Geschichte. Lustkampfe, den er in seiner Gebnrtsstadt den jungen Leuten gab, als Fechter gegen Alienus im Scheinkampf in die Schranken trat. Als die Parther mit einigen Völkerschaften in Krieg geriethen und ihn um Hülfe baten, so verweigerte er sie ihnen, da es ihm, wie er sagte, nicht gezieme, sich in fremde Händel zu mischen. Berenice sdie Jüdische Fürstin^ stand in der Blüthe ihrer Schönheit und kam deßhalb mit ihrem Bruder Agrippa nach Rom. Hier erhielt Dieser die Prätorwürde, sie selbst aber durfte in dem Palaste wohnen und kam in vertraulichen Umgang mit Titus. Man erwartete sogar, daß sie sich mit ihm vermählen würde und fle benahm sich schon ganz als seine Gemahlin, so daß er sie, weil, sich in Rom darüber allgemeine Unzufriedenheit äußerte, entlassen mußte. Es waren nämlich ohne dieß viele Gerüchte im Umlaufe, auch hatten sich einige Cynische Philosophen in die Stadt geschlichen. Zuerst erschien Diogenes im Thearer in voller Versammlung, stieß viele Schmähungen über fle sden Vespaflan und Titusj aus und wurde dafür ausgepeitscht. Nach ihm ward Heras, welcher ebenso gelinde wegzukommen hoffte, und deßhalb mit hündischer Unverschämtheit die unsinnigsten Schmähungen ausgegeifert hatte, dacob mit dem Tode bestraft. 16 . Zur selben Zeit, da Dieß geschah, strömte in einer Schenke ein Weinfaß so mächtig über, daß der Wein auf die Straße floß. Auch wurde der Gallier Sabinus, welcher sich den Cäsartitel beigelegt, die Waffen ergriffen und nach seiner Besiegung in eine Todtengruft verborgen hatte, entdeckt und nach Rom gebracht. Er wurde hingerichtet und Sechsundsechzigstes Buch. 1543 mit ihm seine Gattin Peponila, *) die so lange mit ihm ihr Leben gefristet hatte. 2 ") Zwar hatte sie ihre Kinder dem Vespasianus zu Füßen gelegt und mit den kläglichen Worten: „die, Cäsar, gebar und erzog ich in der Gruft, um auch durch ihren Mund deine Gnade anzuflehen," sein Mitleid zu rühren gesucht, und damit ihm und den Andern Thränen entlockt; sie fanden aber keine Begnadigung. Auch verschworen sich gegen ihn Alienus und Marcellus, die er sonst für seine treuesten Freunde gehalten und mit Ehren überhäuft hatte. Doch entging er ihren Händen. Sie wurden verrathen: Alienus wurde im Palaste selbst, so wie er von der Tafel anfstand, auf Befehl des Titus niedergemacht, damit er nicht in der Nacht noch seine verräthcrischen Plane ausführen möchte. Er hatte nämlich einen Theil der Soldaten für sich gewonnen. Marcellus wurde vom Senate selbst in Untersuchung genommen, verurtheilt, und schnitt sich daselbst mit dem Schermesser die Kehle ab-.. So werden von Natur schlechte Menschen durch keine Wohlthaten zu besseren Gesinnungen gebracht: sie, die ihm so viel zn verdanken hatten, konnten ihm noch nach dem Leben stehen. 17. Ein solches Ende nahm die Verschwörung; Vespasianus aber starb gleichwohl in den sogenannten Cutilischen Bädern im Sabinerlande nicht an dem Podagra, an dem er gewöhnlich litt, sondern an einem Fieber. Nach Andern aber und selbst nach dem Kaiser Hadrian hätte ihm Titus Tacitus nennt sie Cpponina oder Sponina, Plutarch Empona. ") Entweder ist hier bei F»oe'o-aoro avröv etwas ausgefallen, oder st-koeavniro anrosi zu lesen. 1544 Casfius Dio's Römische Geschichte. Lei einem Gastmahle mit Gift vergeben, was jedoch eine reine Erdichtung ist. An Vorzeichen, welche dahin deuteten, fehlte es nicht. So hatte sich lange Zeit ein Komet oder Haarstern sehen lassen, und die Gruft des Augustus sich von selbst geöffnet. Als ihm die Aerzte Vorstellungen machten, daß er bei seiner gewohnten Lebensweise verbleibe, und sich fortwährend mit Sraatsgeschäften befaßte, so sprach er: „der Kaiser soll stehend sterben!" Als Einige über den Kometen sprachen, bemerkte er: „Nicht mich geht der Haarstern an, sondern den Partherkönig: der hat ein Lockenhaar, und ich bin ein Kahlkopf.« Als er suhlte, daß er bald sterben würde, sprach er: „Nun werd' ich bald zum Gotte werden." Er hatte neunundsechzig Jahre, acht Monate gelebt und sechs Tage weniger als zehrn die Regierung bekleidet. Hieraus ergibt sich, daß zwischen Nero's Tod und dem Regierungsantritte des Vespasian's ein Jahr und zweiundzwanzig Tage verflossen. Ich führe dieß deßwegen au, daß man sich nicht verleiten lasse, die Berechnung der Zeit nach den jeweiligen Regierungen anzustellen: denn diese Kaiser waren nicht gerade Nachfolger von einander, sondern Jeder glaubte, wenn auch der Andere noch lebte und regierte, so bald er einmal aufgetreten war, Kaiser zu seyn. Man darf also die Tage nicht alle aufzählen, als ob sie genau auf einander folgten, sondern muß die Zeitpunkte im Ganzen so auffassen, wie ich angegeben habe. 18 . Titus ließ sich, so lange er Alleinherrscher war, keinen Mord, keine Liebesgeschichten zu Schulden kommen, sondern blieb milde, obgleich man ihm nach dem Leben stand, und enthaltsam, obgleich Berenice zum zweitenmale nach 1545 Sechsundsech,zigstes Buch. Rom kam. Vielleicht war es wirkliche Sinnesänderung: denn ganz verschieden benehmen sich Manche, wenn sie die Gewalt mit Andern theilen und wenn sie solche allein besitzen. Im erstern Falle ist es ihnen nicht um den Ruhm des Herrschers zu thun, sie mißbrauchen vielmehr seine Gewalt ohne Unterlaß, und thun Vieles, um denselben verhaßt zu machen und in Mißkredit zn bringen. Liegt aber die ganze Verantwortlichkeit auf ihnen, so ist es ihnen um Ruhm zu thun: wie denn auch Titus gegen Einen, den er früher begünstigt hatte, äußerte: „es ist nicht einerlei, ob man die Hülfe eines Andern bedarf, oder selber Richter ist; noch ob man einen Dritten bitten muß, oder selber geben kann." Vielleicht lag es auch in der Kürze seiner Regierung, daß er sich noch nicht von seiner schlimmen Seite zeigen konnte: denn er lebte nur noch zwei Jahre, zwei Monate und zwanzig Tage, nachdem er vor seiner Alleinherrschaft neununddreißig Jahre, fünf Monate und fünfundzwanzig Tage alt geworden war. Man stellt deßhalb zwischen ihm und des Augnstus vieljähriger Regierung die Berqleichung an, daß man behauptet; Jener würde nicht solche Liebe genossen haben, wenn er länger, Dieser, wenn er kürzer gelebt hätte. Augnstus mußte anfangs wegen seiner Feinde und der Unruhen strenge seyn, und konnte sich mit der Zeit durch Wohlthaten beliebt machen. Titus aber herrschte sogleich mild und starb in der Blüthe seines Ruhms; und vielleicht hätte er bei längerem Leben gezeigt, daß bei ihm mehr auf Rechnung des Glücks als des Verdienstes komme. 19. Sey dem, wie ihm wolle, so viel ist gewiß, daß Titus während seiner Herrschaft keinen Senator hinrichten, 1546 Cassius Div's Römische Geschichte. noch sonst Jemand am Leben strafen ließ. Anklage wegen beleidigter Majestät ließ er weder bei sich,.noch vor anderen Richtern anbringen. „Ich kann," sprach er, „von Niemand beleidigt oder beschimpft werden: denn ich thue nichts Ta- delnswerthes und kehre mich nicht an Das, was man über mich lügt. Verstorbene Kaiser werden, wenn sie in Wahrheit Halbgötter sind und hicnieden noch Gewalt besitzen, sich schon selbst an denen rächen, die ihnen Etwas zu Leide thun " Viele Verordnungen erließ er, um den Menschen ihr Daseyn gefahrlos und angenehm zu machen. So bestätigte er zum Beispiel in einem öffentlichen Anschlag allen Denen, welche von den früheren Kaisern Schenkungen erhalten hatten, den Fortgenuß derselben, so daß nicht jeder Einzelne besonders darum anzuhalten brauchte. Die Angeber vertrieb er aus der Stadt. 20. Um diese Zeit brach ein neuer Krieg in Britannien aus. Cneus Julius Agricola verwüstete das ganze feindliche Land und war der erste Römer, der die Entdeckung machte, daß Britannien eine Insel sey. Es empörten sich nämlich einige Soldaten und flüchteten sich nach Ermordung der Centurionen und des Tribuns auf Schiffe. Auf diesen fuhren sie immer weiter nach Westen, wohin sie Wind und Wellen trieben. So kamen sie unverhofft auf die andere Seite, wo sie gleichfalls ein Römisches Lager trafen. Agricola nahm davon Gelegenheit die Umschiffung auch durch Andere versuchen zu lassen und erfuhr nun auch durch sie, daß es eine Insel sey. Dieß geschah in Britannien und Titus erhielt zum fünfzehntenmal den Jmxeratortitel. Aber Agricola verlebte den Rest seiner Tage in Dunkelheit und Dürftigkeit, weil 1547 Sechsundsechzigstes Buch. «r Thaten verrichtet hatte, die über die Stellung eines Prätors gingen. Am Ende ward er darob sogar von Domi- tianus hingerichtet, obgleich er von ihm die Triumphinsig- nien erhalten hatte. 21. In Campanien ereignete sich eine furchtbare und wundervolle Naturerscheinung. Plötzlich brach gegen den Herbst ein mächtiges Feuer aus. Der Berg Vesuv, welcher unweit dem Meere Neapel zu liegt, enthält unversiegbare Feuerquellen. Früher war derselbe überall gleich hoch und die Flamme strömte mitten aus ihm hervor. Nur hier ist das Feuer in Thätigkeit und die Außenseiten sind bis jetzt unberührt von ihm geblieben Deßwegen haben, da Jene unverbrannt blieben, die Mitte aber einschrumpfte und zu Asche wurde, die Bergspitzen umher ihre ursprüngliche Höhe behalten, der ganze vom Feuer berührte Theil aber ist durch die Länge der Zeit aufgezehrt, zu einer Höhlung zusammengesunken, so daß er, wenn man Kleines mit Großem vergleichen darf, einem Amphitheater nicht unähnlich sieht. An der Spitze desselben sieht man Bäume und Weinstöcke in Menge, während der innere Kessel der Heerd des Feuers ist und bei Tag Rauch, bei Nacht aber Flammen ausstößt, so daß in ihm viel und mancherlei Räucherwerk aufzudampfen scheint. Diese Ausbrüche gehen ununterbrochen bald stärker, bald schwächer fort. Oft wirft er, wenn ein großes Stück zusammensinkt, Asche, und, wenn sich der Wind darin verfängt, selbst Steine aus. Es dröhnt und brüllt in ihm, da er keine dichte, sondern nur lockere und verborgene Luftzüge hat. 22. Eine solche Bewandtniß hat es mit dem Vesuv, 1.548 Cassius Dio'6 Römische Geschichte. und solche Ausbrüche wiederholen sich fast jedes Jahr. Die anderen Erscheinungen aber, die sich um jene Zeit ergaben, waren, so großartig sie auch im Vergleich mit dem Gewöhnlichen dem Beschauer vorkommen mochten, selbst zusammengenommen, Nichts im Vergleiche mit Demjenigen, was si-ch jetzt begab. Viele Männer von übermenschlicher Größe, wie man die Giganten zu malen pflegt, zeigten sich und wandelten bald auf dem Berge, bald in der Ebene umher, bald in den Städten bei Tag und bei Nacht, /der schwebten durch die Luft. Hierauf folgte eine drückende Schwüle und wiederholtes heftiges Beben der Erde, so daß die ganze Ebene in wallende Bewegung geriet!) und die Bergspitzen hüpften. Damit war schreckliches, donnerähnliches Gedröhn unter der Erde, und Gebrüll über der Erde verbunden. Das Meer brauste auf, der Himmel ertönte, und auf einmal fing es so fürchterlich zu krachen an, als ob die Berge zusammenstürzten. Erst flogen ungeheure Steinmaffen empor, so daß sie selbst über die Spitzen des Berges hinausflogen, dann folgte eine Masse Feuer und Wolken von Rauch, die den Himmel verschattete» und die Sonne, wie bei einer Sonnen- finsteruiß unflchtbar machten. 23 . Nacht ward aus Tag und Finsterniß aus Licht. Die Einen glaubten, die Giganten erstünden wieder : denn nicht nur schiene» an vielen Punkten ihre luftigen Gestalten durch den Ranch, sondern es ließ sich auch Trompetenschall vernehmen. Andere meinten, die ganze Welt stürze in ihr altes Chaos oder in Feuer zusammen. Daher flohen die Einen aus den Häusern auf die Straßen, die Andern von außen herein in die Häuser. Die Einen eilten bestürzt von 1549 Sechsundsechzigstes Buch. dem Meere an's Land, die Andern vom Lande auf das Meer, indem sie Alle wähnten anderswo sicherer zu seyn, als da, wo sie waren. Während dessen wurde eine unermeßliche Menge Asche ovm Winde aufgetrieben, die Land, Meer und Luft bedeckte. Menschen, Felder und Herden kamen, wie es der Zufall wollte, zu Schaden; Fische im Meere und Vogel in der Luft starben davon; sogar zwei ganze Städte, tzerculanum und Pompeji wurden, während eben das Volk bei einem Schauspiele saß, verschüttet. So gewaltig war der Aschenregen, daß davon sogar nach Africa, Syrien und Aegypten kam , auch in Rom dermaßen die Luft erfüllte, daß er die Sonne verdnnkelte. Auch hier war mehrere Tage die Angst nicht gering, da die Leute nicht wußten woher Dieß kam und Was es zu bedeuten habe. Auch in der Stadt glaubte man, daß Alles drunter und darüber gehe, daß hie Sonne auf die Erde falle, und die Erde in den Himmel stürze. Doch that die Asche für jetzt keinen Schaden, später aber erzeugte sie eine Seuche, von welcher Viele hingerafft wurden. 24. Ein anderes Feuer über der Erde fraß im folgenden Jahre, während Titus wegen des über Campanien gekommenen Unheils dahin abgereist war, einen großen Theil RomS. Der Tempel des Serapis, der der Isis, die Septa, der Tempel des Neptun, das Bad des Ägrippa, das Pantheon, Das Deribitorium, das Balbischp Theater, die Scene des Pompejus, die Oktavischen Gebäude mit den Bibliotheken, und der Tempel des Jupiter auf dem Capitol mit den Nebentempeln wurden ein Raub der Flammen. Dieß Unglück rührte wohl nicht von Menschen her, sondern war von Göttern verhängt, und die Größe des Schadens 1550 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. wird Jeder aus Dem, was ich bereits erwähnte, von selbst ermessen. Titus schickte den Campanern zwei Consnlaren, welche die Wiederherstellung des Beschädigten besorgen mußten, und schenkte ihnen unter andere» Geldern auch die Ver- laffenschaften der ohne Erben Verstorbenen. Er selbst nahm von keinem Privatmanne, keiner Stadt, keinem Könige Etwas an, obgleich ihm Viele Geld brachten oder versprachen, vielmehr ließ er Alles aus eigenen Mitteln, so weit diese reichten, wieder aufbauen. 25. Bei der Einweihung der Gebäude griff er sich im Allgemeinen nicht besonders an, desto größer und prachtvoller aber waren die Feierlichkeiten bei der Einweihung des Amphitheaters und des Bades, die nachher seinen Namen erhielten. Kraniche mußten mit einander kämpfen, und vier Elephanten, und an neuntausend zahme und wilde Thiere wurden zu Tode gehetzt, wobei selbst Frauen, jedoch keine vornehme Hand anlegten. Viele Männer traten als Gladiatoren auf, oder mußten in Schaaren Vorstellungen vonLand- und Seeschlachten geben. Er hatte in der Geschwindigkeit Wasser in dasselbe laufen lassen, und nun wurden Pferde, Stiere und andere zahme Thiere hineingetrieben, die abgerichtet waren, Alles, was sie sonst auf dem Lande thaten, auch in dem Wasser zu thun. Auch Menschen fuhren aus Schiffen heran und kämpften die Einen als Corcyräer, die Anderen als Corinthier, mit einander; noch Andere auf gleiche Weise außerhalb der Stadt in dem Haine des CajuS und des Lucius,, wo Augustus zu diesem Zwecke ein Becken hatte graben lassen. Hier wurde am ersten Tage ein Gla- Liatorenspiel und eine Thierhetze gegeben, wobei der See 1Ü51 Sechsundsechzlgstes Buch. gegen die Bildsäulen hin mit Brettern überlegt und ringsum mit Gerüsten umgeben war. Am zweiten Tage waren Circensische Spiele, am dritten Tage ein Seekampf von dreitausend Kriegern ausgeführt, und dann ward noch ein Landkampf gehalten. Die Athener hatten die Syracusaner besiegt (denn unter diesen Namen hatten sie gekämpft), landeten auf einer kleinen Insel, griffen eine Schanze nicht weit von dem Monumente an, und nahmen sie ein. Diese Augenweide dauerte hundert Tage lang. Doch auch etwas aufzuheben hatte dabei das Volk: er ließ hölzerne Kügelchen herab auf das Theater werfen, welche Zettelchen enthielten, auf welchen Eßwaaren, Kleidungsstücke, Gefäße rm> Silber, von Gold, Pferde, Rinder, Ziegen oder Schafe, selbst Sklaven geschrieben standen. Wer ein solches erhäschte, mußte es den dafür aufgestellten Personen bringen und erhielt, Was darauf geschrieben stand. 26. Nach Beendigung dieser Lustbarkeiten weinte er am letzten Tage im Angesichts des ganzen Volks, und that sonst nichts Denkwürdiges mehr, sondern starb auf die schon erwähnten Einweihungen im folgenden Jahre unter den Con- suln Flavius und Pvllio in denselben Bädern, in denen auch sein Vater gestorben war, wie die Sage ging, durch die Tücke seines Bruders, welcher ihm schon früher nach dem Leben getrachtet hatte, oder an einer Krankheit, wie andere berichten. Als er noch athmete und vielleicht noch gerettet werden konnte, ließ ihn nämlich Dvmitian in einen mit vielem Schee gefüllten Behälter bringen, um, swie er vorgab, seine Fieberhitze abzukühlen, in der That aber um^> *) *) Das Eingeklammerte ist aus Zonoras ausgenommen. 1552 Cassius Div'S Römische Geschichte rc. seinen Tod zu beschleunigen. Ohne den Tod seines Bruders vollends abzuwarten, sprengte er nach Rom, und ins Lager, ließ sich den Titel und die Gewalt des Kaisers von den Leibwachen übertragen, und gab ihr so viel, als sle von seinem Bruder erhalten hatten. Als Titus am Verscheiden war, sprach er: „Nur Eines habe ich verbrochen." Was dieß wäre, bezeichnete er nicht näher, und auch sonst wußte es Niemand. Die Einen riethen aus Dieß, die Anderen auf Jenes. Allgemein verbreitet war, wie Einige berichten, die Deutung, daß er mit Domitia, der Gattin seines Bruders, verbotenen Umgang gepflogen; Andere aber, denen auch ich beipflichte, glauben, er habe darauf hingedeutet, daß er den Domitian, der offenkundig ihm nach dem Leben gestanden hatte, nicht hinrichten ließ, und nun selbst den Tod von ihm erlitt, uüd die Herrschaft über Rom in die Hände eines Mannes kommen ließ, wie ihn der Verlauf meiner Geschichte schildern wird. Er hatte, wie ich schon berichtete, zwei Jahre, zwei Monate und zwanzig Tage die Herrschaft bekleidet. Inhalt deö siebenundsechzigsten Buchs. Im Auszuge des Liphilinus und mit einzelnen Bruchstücken des vollständigen Dio. Doinitians natürlicher Hang zur Grausamkeit; sein Haß gegen Vater und Bruder. Cap. 1 . 2. Er verstoßt die Dvmitia. liebt Julia, läßt einige Vestalinnen hinrichten. Cap. 3. Krieg in Deutschland. Cap. 4. 5. Krieg in Dacien mit Decebalus. Cap. S. 7. Domitians Schauspiele und nächtliche Gelage. Cap. 8. 9. Fortsetzung des Kriegs in Dacien. Cap. lo. Antonius, Statthalter in Germanien, empört sich. Viele verlieren dabei das Leben. Cap. 1l—14. Verschwörung gegen Dvmitian. sein Tod. Cap. 15—18. Der Zeitraum begreift fünfzehn Jahre, in welchen Folgend« Cousuln waren: Nach Nach Domitian's Ehr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 81. 834. Lucius Flavius Silva Nvnius Baffus und Asinius Pollio Ver- rucosus. I. 13. Sept. 82. 835. Domitianus zum achtenmal und Titus Flavius Sabinus. II. 83. 836. Domitianus zum ncunteumal und Luintus Petilius Rusns zum zweitenmal. III. 84. 837. Domitianus zum zchntenmalund Titus Aurelius Sabinus. IV. Dio Casstus. 12s Bbchn. 8 1554 Inhalt. Nach Nach Domitian's khr. Srb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 85. 838. Domitianus zum eilftemnal und Titus Aurelius Fulvus. V. 86. 839. Domitianus zum zwölftenmal und Servius Cornelius Dolabella. VI. 87. 840. Domitianus zum dreizchnten- mal und Aulus Volusius Sa- turninus. VII. 88. 841. Domitianus zum Vierzehntenmal und Lucius Minucius Rufus. VIII. 89. 842. Titus Aurelius Fulvus zum zweitenmal und Aulus Scmpronius Atratinus. IX. 90. 843. Domitianus zum fünfzehntem»«! und Marcus Coccejus Nerva zum zweitenmal. X. 91. 844. Marcus Ulpius Trajanus und Manius Acilius Glabriv. XI. 92. , 845. Domitianus zum sechzehntem««! und Ouintus Volusius Satur- ninus. XII. 93. 846. Sertus Pompejus Collega und Cornelius Priscus. XIII. 94. 847. Lncius Nonius Asprenas uud Marcus Arricinins Clemens. XIV. 95. 848. Domitianus zum siebzehnten- mal und Titus Flavius Clemens. XV. 96. 849. Manlius Valens und Antistius Beter XVI. 18 . Sept. Cassius Dio's Römische Geschichte rc. L555 Siebenundsechzigstes Buch. 1. Domitianus war rasch und jähzornig, aber auch heimtückisch und hinterlistig. Die eine Eigenschaft ließ ihn oft vorschnell, die andere tückisch handeln. Oft stürzte er sich mit Blitzesschnelle auf den Gegenstand seines Unwillens und brachte ihn zu Fall, oft nahm er lang bedachte Rache. Die Göttin Minerva verehrte er vor allen, beging ihr Fest mit größter Pracht und stellte an demselben fast jedes Jahr Wettstreite zwischen Dichtern und Rednern und Gladiatorenkämpfe auf seinem Albanischen Gute an. Dieses Landgut, welches er am Fuße des Albancrbergs besaß, und das von ihm seinen Namen hatte, war gewissermaßen sein Lieblings- schloß. Nie liebte er einen Menschen aufrichtig, einige Weiber ausgenommen, und wenn er sich stellte Jemand zu lieben, so hatte er ihn sich gewiß schon zum Opfer ausersehen. Selbst gegen Solche, die ihm zu Willen waren, und ihm bei seinen abscheulichsten Grausamkeiten an die Hand gingen, war er so treulos, daß er sie, mochten sie auch seine Kassen noch so reichlich gefüllt, noch so viele Unschuldige unter das Beil geliefert haben, dennoch gleichfalls umbrachte, am meisten aber die Sklaven, welche gegen ihre Herren ausgesagt hatten. So geschah es denn, daß auch sie, welche mit ihm Geld, L* j.556 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. Würden und Ehrcnstellen erhielten, um nichts geehrter oder gesicherter als Jene lebte». Eben Das, was sie, von Dvmi- tianus aufgestiftet, thaten, wurde jetzt Grund zu ihrer Hinrichtung, damit es den Schein hätte, als wären sie allein die Thäter gewesen. In diesem Sinne erklärte er denn auch in einem Edikt, daß der Kaiser, wenn er die falschen Angeber nicht strafe, selbst solche ziehe. 2. Wenn er sich während seiner ganzen Regierung gegen Jedermann so erwies, so übertraf er sich doch selbst in der verächtlichen und grausamen Behandlung der Freunde seines Vaters und seines Bruders. sZwar hatte auch er in einem öffentlichen Anschlag erklärt, daß alle ihre und der anderen Kaiser Schenkungen bestätigt seyn sollten; aber all dieß war nur Blendwerk.^ Er haßte sie, weil sie ihm nicht MeS, um was er bat und welches oft ganz ungebührlich war, gewährten, und sie doch einigermaßen in Ehren gehalten wurden. sAllc, welche von ihnen vor Andern geliebt und erhoben wurden, galten ihm als Feinde.j Aus keinem andern Grunde geschah es, daß er, trotz seiner Liebe zu dem Verschnittenen Earinos, zur Verhöhnung des Titus, welcher gegen die Verschnittenen große Zuneigung fühlte, im ganzen Römischen Reiche die Entmannung verbieten ließ. Ueber- hauxt pflegte er zu äußern, daß ein Fürst, der nicht viel strafe, kein guter, nur ein glücklicher Regent sey. sEr kehrte sich nicht an Diejenigen, welche den Titus darüber lobten, daß er keinen Senator hinrichten ließ, noch an die wiederholten Anträge des Senats, zum Gesetze zu erheben, daß kein Kaiser eine« der ihm Ebenbürtigen sollte am Leben strafen dürfen. Sie schienen einen großen Unterschied zu machen, Siebenundsechzigstes Buch. 1557 eb der Kaiser Einen für sich, oder durch sie umbringen ließe, als ob sie ihm widersprechen oder ein Verdammungsurtheil verweigern könnten! Man lobte den Titus freilich nicht in Gegenwart des Domitianus: denn dieß hätte er ebenso angesehen, als ob sie ihn in's Gesicht gelästert hätten; er kannte aber Alle, die es ingeheim thaten, und spielte dann eine wahre Bühnenrolle, indem er sich stellte, als ob er selbst seinen Bruder auf's Herzlichste liebe und betraure, und ergoß sich unter Thränen in Lobsprüche über ihn fund that, als ob man ihn nicht schnell genug unter die Götter versetzen konnte^. Alles das gerade Gegentheil von seiner wahren Gesinnung; denn er hob die Circensischen Spiele auf, die man an seinem Geburtstage zu feiern pflegte. Die Anderen aber wußten nicht mit Sicherheit, ob sie Theilnahme an seiner Betrübniß oder Freude bezeigen sollten: denn durch das Eine hätten sie gegen seine wahre Gesinnung verstoßen, durch daS Andere ihn der Heuchelei bezüchtigt. 5. Seine Gemahlin Domitia wollte er wegen Ehebruchs hinrichten lassen, ließ es jedoch, auf die Fürsprache des Ursus, bei der bloßen Ehescheidung bewenden, ihren Liebhaber, den Schauspieler Paris, aber, auf offener Straße niedermachen. Als Viele jene Stelle mit Blumen bestreuten und mit Salböl begoßen, so mußten sie mit dem Leben dafür büßen. Seitdem machte er aus einem zu vertraulichen Umgänge mit seiner Nichte Julia wenig Geheimniß mehr. sZwar versöhnte er sich auf die Bitten des Volkes wieder mit Domitia, ohne jedoch den Umgang mit Julien aufzugebend sViele verbannte er an verschiedene Orte und brachte sie daselbst um. Nicht Wenige derselben mußten sich irgendwie selbst das Leben 1558 Casflus Dio's Römische Geschichte. nehmen, damit es scheine, als ob sie freiwillig und nicht gezwungen stürben.^ Viele der ersten Männer Roms wußte er unter mancherlei Vorwand durch Ermordung oder Verbannung aus dem Wege zu schaffen und verschonte selbst die Bestalinnen nicht, sondern ließ sie wegen vorgeblichen Umgangs mit Männern zur Strafe ziehen. Die strenge und grausame Untersuchnngsweise, wobei Viele angeklagt und mit dem Tode bestraft wurden, soll auf den Oberpricstcr tzelvius Agrippa einen so erschütternden Eindruck gemacht haben, daß er in seinem Amtsgewande mitten im Senate todt zu Boden sank. sEr selbst aber that sich Etwas darauf zu gut, daß er die des Umgangs mit Männern überwiesenen Bestalinnen nicht lebendig begraben, sondern eines minder harten Todes sterben ließ.^ 4. Jetzt unternahm er einen Feldzug nach Deutscl^and und kam zurück, ohne dort einen Krieg vorgefunden zu haben. Es versteht sich von selbst, daß ihm deßhalb, so wie es auch bei allen ihm gleichdenkenden Kaisern immer gehalten ward, solche Ehrenbezeigungen zuerkannt wurden, daß er sie nicht wegen ihrer geringen Zahl oder Unbedentsam- keit als Vorwarf nehmen und darob zürnen konnte. Das Schlimmste dabei war aber, daß er geschmeichelt seyn wollte, und doch auf Den, der es that, wie auf Den, der es nicht that, böse war, indem er es bei den Einen für Verstellung, bei den Ander» für Verachtung hielt. Doch gab er dem Senate sein Wohlgefallen über die ihm zuerkannten Ehrenbezeigungen zu erkennen. Den Ursus, welcher seine Thaten nicht so groß finden wollte, hätte er beinahe am Leben gestraft, ernannte ihn aber nichts desto weniger, auf die 1b5S Siebenundsechzigstes Buch. Fürbitte Julia's, zum Consul. Diese Lobeserhebungen verrückte» ihm so den Kopf, daß er sich auf zehn Jahre hinter einander zum Consul und — das erste Beispiel unter Bürgern und Kaisern — zum Censor auf Lebenszeit ernennen ließ. Auch erhielt ep. vom Senate, daß er von vierundzwanzig Lictoren bekleidet im Triumphgewande in der Curie erscheinen durfte. Den Monat Oktober nannte er Domitia- n»s, weil er in ihm geboren war. Die Banden der Wett- fahrer vermehrte er mit zwei neuen, die er die goldene und die purpurne nannte. Den Zuschauern spendete er Viel mittelst der Kügelchen, lind speiste sie auch zuweilen auf den Theaterbanken, auch ließ er bei Nacht oft an vielen Plätzen Wein für sie rinnen. Was aber der Menge, wie sich denken läßt, Vergnügen machte, das brachte den Großen Verderben. Da ihm die Mittel zu diesen Ausgaben nicht reichten, so ließ er Viele hinrichten, indem er sie entweder vor den Senat stellte, oder in ihrer Abwesenheit anklagen ließ. Einigen ließ er auch durch heimliche Tücke mit Gift vergeben. s. sDer Cheruskerkönig Chariomerus, wegen seiner Freundschaft mit den Römern von den'Chatten aus dem Lande vertrieben, sammelte sich einigen Anhang und siegte bei seiner Rückkehr in einer Schlacht. Nachher aber von seinen Leuten im Stiche gelassen, sandte er Geißel an die Römer und bat den Domitian flehentlich um Hülfe, erhielt jedoch keine Unterstützung an Mannschaft, sondern blos an Geld. Masyos, der König der Semnonen, und die Jungfrau Ganna, welche nach Veleda im Celtenlande Weissagerin war, kamen zu Domitian, wurden von ihm ehrenvoll 1560 Cassius Dio's Römische Geschichte. aufgenommen und kehrten dann wieder zurück. 'In Mysien geriethen die Lygier mit Sueven in einen Krieg, ließen durch Gesandte Domitian um Hülfe bitten und erhielten solche, mehr durch Würde als durch Zahl gewichtig: denn sie bestand blos in hundert Rittern. Hierüber "). aufgebracht nahmen die Sueven die Iapygen zu Hülfe »nd rüsteten sich, mit ihnen über die Donau zu gehen.) 6. Der wichtigste Krieg der Römer aber znr damaligen Zeit war der Dorische. In Dacicn herrschte damals der König Decebalus. Duras, welcher eigentlich König war, überließ die Herrschaft freiwillig dem Decebalus, weil er in der Kriegskunst, so wie in der Kriegführung erfahren, die Feinde in tausend Fallen lockte, Meister in förmlicher Schlacht war, den Sieg gut zu benützen und die Niederlage möglichst unschädlich zu machen wußte, weßhalb er denn lange Zeit ein gefährlicher Gegner der Römer war. Ich nenne die Landesbewohner Dacier, wiesle sich selbst nennen und auch bei den Römern heißen, obgleich mir nicht unbekannt ist, daß fle die Griechen, sey es mit Recht oder Unrecht, Geten zu nennen pflegen. Denn ich weiß, daß die Geten diejenigen sind, welche über dem Hämus der Donau entlang wohnen. Domitianus zog nun zwar gegen sie zu Felde, befaßte sich aber nicht mit dem Kriege, ssondern blieb in einer Stadt in Mysien und stöhnte dort seinen Lüsten auf die gewohnte Weise). Er war nämlich nicht nur trag und feige, sondern auch in Bezug auf Weiber und Lustknaben im höchsten Grad *) Daß den Lygiern Hülse von den Römern gesandt worden war. 1561 Siebenundsechzigstes Buch. ausschweifend und liederlich. Er schickte andere Feldherrn in den Krieg und zog meist den Kürzern. sBei Verlusten schob er die Schuld auf die Befehlshaber, sobald er jedoch irgendwo glücklich war, obgleich er nichts dazu beigetragen hatte, das Verdienst davon auf seine Rechnung; alle Unfälle aber, und wenn sie auch Folge seiner Befehle waren, schrieb er Andern zu. Siegte Einer, so haßte er ihn; verlor er, so wurde er getadelt.^ 7. Während dessen wollte er an den Quaden und Marcomannen Rache nehmen, weil sie ihm keine Hülfsvölker gegen die Dacier gesendet hätten, und zog nach Pannonie», um sie zu bekriegen, ließ sogar ihre Gesandten, die sie zum zweitenmal um Frieden an ihn schickten, umbringen. Aber von den Markomannen besiegt und in die Flucdt geworfen, ließ er eiligst Decebalns, dem Könige der Dacier Frieden anbieten, den er ihm früher zu wiederholtenmalen abgeschlagen hatte. Dieser nahm ihn an, weil er sehr im Gedränge war, wollte aber nicht persönlich mit ihm unterhandeln, sondern schickte den Diegis mit einem Gefolge, um ihm Waffen mit einigen Gefangenen, den einzige», die er hätte, als Geschenk zu übergeben. Dvmitianus sehte, als wäre er wirklich Sieger und könnte den Dacieru einen König geben, dem Diegis ein Diadem auf das Haupt. Seine Soldaten aber belohnte er mit Dienstauszeichnungen und Geld. Nach Rom schickte er, als hätte er wirklich gesiegt, unter Anderen Gesandte von Decebalus, nebst einem vorgeblichen Briefe desselben, den er aber selbst geschrieben haben soll. Seinen Triumph schmückte er mit vielem Prunkgeräthe, das er jedoch nicht erbeutet hatte: vielmehr kostete ihn der Frieden noch 1562 Cassius Dio's Römische Geschichte. sein gutes Geld, indem er dem Decebalus nicht nur sogleich große Summen nebst geschickten Arbeitern in den Künsten des Kriegs und des Friedens zukommen ließ, sondern ihm auch für die Zukunft noch viele Geschenke aus dem Geräthe des kaiserlichen Palastes versprach. Dieß sah er nämlich stets wie vvm Feinde erobertes Gut an, und glaubte mit dem ganzen Reiche nach Willkühr schalten und walten zu dürfen. 8. So viel Ehrenbezeigungen wurden ihm zuerkannt, daß fast der ganze unter seinem Zepter stehende Erdkreis voll von seinen silbernen und goldenen Brustbildern und Bildsäulen stand. Er gab auch ein sehr kostspieliges Schauspiel, von dem wir jedoch nichts für die Geschichte Denkwürdiges erfahren, als daß dabei Jungfrauen im Wettlaufe stritten. Hierauf stellte er ein besonderes Fest zur Feier seiner vorgeblichen Siege an, und ließ dabei mancherlei Wettkämpfe aufführen. Bald wurde zu Fuß oder z« Pferd in dem Circus, bald in einem besonders hierzu nengegrabenen Becken zu Schiffe gekämpft. Es starben fast Alle, die an dem Feste Theil nahmen, und selbst viele der Zuschauer. Plötzlich erhob sich nämlich ein gräßlicher Regen, von einem heftigen Sturme begleitet, und Niemand durfte den Schauplatz verlasse», um sich umzukleiden, während er selbst einen Regenmantel nach dem andern wechselte. Viele erkrankten an der Erkältung und starben. Um die Leute darüber zu trösten, gab er die ganze Nacht hindurch einen öffentlichen Schmaus. Ost gab er sogar Wettkämpfe bei Nacht und ließ zuweilen Zwerge mit Weibern kämpfen. 9. So speiste er das Volk, die Ersten aber vom Senate und vom Nitterstande später auf folgende Weise. Er hatte 1563 Siebenundsechzigstes Buch. in einem Zimmer Decke, Wände und Fußboden ganz schwarz anschlage» n»d mit Bänken ron gleicher Farbe und ohne Polster versehen lasten- Jetzt wurden sie bei Nacht ganz allein, ohne alles Gefolge hereingeführt. Dann wurden neben Jeden eine Säule, wf? bei Gräbern, auf der eines Jeden Name stand, mit einer kleinen Lampe hingestellt, wie man dergleichen in Grüften aufzuhängen pflegt. Hierauf erschienen wohlgestaltete nackte Knaben, auch schwarz angestrichen, wie Gespenster, umzogen dieselben in schauerlichem Tanz und stellten sich dann zu den Fußen der Einzelnen auf. Nun wurde Alles, wie es bei Todtenmalen gebräuchlich ist, gleichfalls schwarz in schwarzen Gefaffen aufgetragen. Alle zitterten nnd bebten, und erwarteten jeden Augenblick den Todesstreich; zumal da Todtenstille herrschte und Domi- tian allein und auch nur von Dingen sprach, die auf Mord und Todschlag Beziehung hatten. Endlich entließ er sie zwar, hatte aber vorher ihre Diener, die im Borhofe standen, weggeschickt, und ließ sie von ganz unbekannten Menschen in Wägen fortfahren, oder in Sänften davon tragen, wodurch ihre Furcht noch gesteigert wurde. Endlich war Jeder zu Hause angekommen, und fing an sich von seinem Schrecken zu erholen, da meldete man Botschaft vvm Kaiser an. Nun dachte Jeder wieder, eS schlüge seine Todesstunde; da brachte Einer eine silberne Säule, ein Anderer Dieß oder Jenes, em Dritter eines der beim Gastmahl aufgestellten Geschirre, von hohem Werth und im feinsten Geschmacke gearbeitet, herein, und zuletzt noch den Knaben, der als Genius figu- rirte, säuberlich gewaschen und geputzt. So bekamen sie denn Geschenke für die Todesangst, die sie die ganze Nacht 1564 Casstus Dio's Römische Geschichte. über ausgestanden hatten. Solche Festlichkeiten beging Do- mitian, wie er selbst sagte, seiner Siege wegen, oder vielmehr, wie das Volk meinte, als Todtenmahle sür die in Dacien Gefallenen und für Diejenigen, die in Rom ihren Tod gesunden hatten. Um dieselbe Zeit ließ er einige der ersten Männer hinrichten, und demjenigen, der einen derselben, weil er auf seinem Landgute starb, hatte begraben lassen, sein Vermögen einziehen. 10. 2» dem Dacischen Kriege ergab sich auch Folgendes, d»S berichtet zu werden verdient. Iulianus, dem von dem Kaiser die Führung des Krieges übertragen worden war, traf unter andern zweckmäßigen Vorkehrungen auch die, daß die Soldaten ihre und ihrer Ccntnrionen Namen auf ihre Schilde schreiben mußten, damit, wer sich tapfer oder schlecht gehalten hätte, »m so bemerklicher würde. Bei Tapä wurde er mit den Feinden handgemein, und rieb sie fast gänzlich auf. Vezinas, der nächste nach Decebalus, streckte sich, da er sah, daß er nicht mehr entfliehen könnte, zu Boden, als ob er todt märe, rettete sich dadurch auch wirklich und entkam dann in der Nacht. Decebalus befürchtete , die siegreichen Römer möchten bis zu seiner Königsburg vordringen, ließ deßhalb die Bäume um dieselbe oben abhauen, und die Stämme mit Waffen bekleiden, um die Römer glauben zu lassen, es wären Soldaten, und zum Rückzüge zu bewegen, was denn auch wirklich geschah. 11. Um diese Zeit empörte sich Antonius, Statthalter in Deutschland, wider Domitian, wurde aber von Lucius Maximus besiegt und getödtet. Wenn Dieser auch wegen des Sieges kein besonderes Lob verdient, da auch viele Andere 1505 Siebenundsechzigsies Buch. schon unerwartete Siege erfochten hatten und dieselben zum Theil ihren Soldaten verdankten, so kann ich ihn doch dar- vb nicht würdig genug preisen, daß er die Briefschaften, welche sich in des Antonius Koffern fanden, mit Gefahr der eigenen Sicherheit verbrennen ließ, damit sie nicht zu solchen Anklagen benutzt werden könnten. Indessen fand Domitian doch hierin eine erwünschte Gelegenheit, auch ohne diese Briefschaften so viele Hinrichtungen vorzunehmen, daß sich ihre Zahl nicht leicht bestimmen läßt. sSo sehr war er selbst seines Unrechts sich bewußt, daß er, um keine Nachricht über die Zahl der Ermordeten auf die Nachwelt kommen zu lassen, verbot, ihre Namen in die öffentlichen Jahrbücher einzutragen. Auch an den Senat schrieb er Nichts über ihre Hinrichtung, obgleich er ihre Köpfe, z. B. den des Antonius nach Rom schickte, und auf dem Forum ausstellen ließ.s Ein junger Mann, Julius Calvaster, der, um in den Senat zu kommen, Tribunendienste that, rettete auf eine eigene Art sein Leben. Er war überwiesen, mit Antonius allein gewesen zu seyn und konnte sich vom Verdachte der Theilnahme an der Verschwörung nicht reinigen; da gab er vor, sein Verkehr mit ihm sey fleischlicher Natur gewesen, und wurde so freigesprochen. Dieser Erzählung will ich nur noch eine einzige beifügen. Ein alter Senator Lucianus Proclus, der meist auf dem Lande lebte, wurde von Domitian genöthigt, den Feldzug mitzumachen, um nicht den Schein zu geben, als wollte er ihn in der Gefahr verlassen. Als die Siegesbotschaft kam, sprach er: „Du hast gesiegt, Kaiser, wie ich svon den Göttern^ es erfleht habe; so gib mich denn dem Lande zurück!" Er verließ ihn zur Stunde und ging wieder 1566 Cassius Dio's Römische Geschichte. auf sei» Landgut, wo er noch lange lebte, ohne sich weiter vor ihm sehen zu lassen. Um diese Zeit kamen Einige auf den Einfall, Nadeln mit Gift zu bestreichen, und, Wen sie wollten, damit zu stechen. So starben Viele, ohne daß sie sich's versahen. Viele wurden aber auch angegeben und zur Strafe gezogen. Dieß geschah nicht blos in Rom, sondern fast überall. ir. Ulpins Trajanus und Acilius Glabrio, welche damals Consuln waren, sollen die gleichen Vorzeichen gehabt haben, die jedoch dem Einen den Tod, dem Trajanus aber die Kaiserwürde vorbedeuteten. sViele Männer und Frauen aus der Zahl der Reichen wurden wegen Ehebruchs zur Strafe gezogen und unter Ersteren sogar solche, die es mit ihm selbst zu thun gehabt hatten. Auch anderer Ursachen wegen wurden Viele bestraft und um's Leben gebracht.) Eine Frau wurde angeklagt und verlor das Leben, weil sie sich vor einer Bildsäule des Domitianus entkleidet; sein Mann, weil er mit Sterndeutern verkehrt hatte). Unter der großen Zahl der Hingerichteten befand sich auch Metius Pompusla- nus, dem Vespasianus, auf das Gerede, daß er einst zur Regierung kommen werde, nicht nur Nichts zu Leide gethan, sondern noch Ehre erwiesen hatte, indem er bemerkte: „erwirb mir's gedenken und auch mir wieder Ehre erweisen." Domitianus aber verbannte ihn früher nach Cyrnus *) und ließ ihn jetzt hinrichten, indem er ihm unter anderm Schuld gab, *) Cirno, jetzt Corsica, von seinen Hörnern eoiuo, ober Vorgebirgen so benannt. 1567 Siebeuundsechzigstess Buch. daß er an den Wänden seines Schlafgemachs den Erdkreis abgemalt besiye, und die Reden der Könige und anderer angesehener Männer, die bei Livius vorkommen, ausgezogen habe und zu lesen pflege. Den Sophisten Maternus ließ er todten, weil er einmal zar Uebung im Vortrage eine Rede gegen die Tyrannen hielt. Er besprach sich selbst mit den falschen Anklägern und Zeugen, ersann mit ihnen Anklagepunkte und gab ihnen an, Was sie sagen sollten. Oft sprach er selbst mit Gefangenen allein, indem er ihre Fesseln in die Hand nahm, weil er dem von Andern Hinterbrachten nicht traute, und fürchtete sie noch gefesselt. 15. Als Censor that er jedoch Etwas, das der Rede werth ist: den Cäcilins Rufinus verstieß er aus dem Senate, weil er als Tänzer auftrat. Den Claudius Pacatus gab er, obgleich er es bis zum Centurio gebracht hatte, seinem Herrn zurück, weil cr überwiesen wurde, daß? er Sklave war. Was ich jetzt berichte, sticht gegen das Vorige sehr ab, da er hier als Despot handelte. Den Rusticus Arulenns ließ er todten, weil er Philosophie trieb, und den Thrasea einen heiligen Mann nannte, deßgleichen den Herennius Senecio, weil er sich in seinem langen Leben nach der Quästur nicht weiter nm ein Amt beworben, und das Leben des tzelvidius Priscns beschrieben. Auch viele Andere verloren ihrer philosophischen Studien wegen das Leben: die Anderen aber wurden deßhalb wieder aus Rom vertrieben. Jubentius Celsus, einer der hauptsächlichsten Theilnehmer einer Verschwörung gegen ihn, wurde deßhalb angeklagt, rettete sich aber auf «ine wunderbare Weise das Leben. Als er auf dem Punkte war, baß er überwiesen werden sollte, bat er um geheimes 1568 Cassiuö Dio'6 Römische Geschichte. Gehör bei dem Kaiser. Hier that er einen Fußfall vor ihm, nannte ihn (wie dieß bereits auch von den Andern geschah) zu wiederholtenmalen Herr und Gott und betheuerte: „Nichts dergleichen habe ich gegen dich verbrochen, werde aber, wenn du mir das Leben fristest, Allem aufbieten und dir Viele angeben und als schuldig überführen." Man ließ ihn unter dieser Bedingung frei; er aber gab keinen Einzigen an und wußte den Domitian unter allerhand Vorspiegelungen so lange hinzuhalten, bis derselbe umgebracht wurde. 14. Damals wurde auch die Straße von Sinuessa »ach Puteoli gepflastert. In demselben Jahre ließ Domitianus unter vielen Andern auch den Consul Flavins Clemens hinrichten, obgleich er Geschwisterkind mit ihm war, und eine Verwandte von ihm, Flavia Domitilla zur Gemahlin hatte. Beiden wurde Verachtung gegen die Götter Schuld gegeben, ei» Vergehen, wegen dessen auch viele Andere, die sich zum Iudenthnm neigten, verurtheilt wurden. Die Einen verloren das Leben, die Andern wenigstens ihr Vermögen; Domitilla aber ward blos nach Pandateria verbannt. Auch den Glabrio, der mit Trajanus Consul gewesen war, ließ er, theils in Folge anderer gewöhnlicher Beschuldigungen, theils weil er mit Thieren kämpfe, um's Leben bringen. Der Haß gegen ihn war eigentlich Wirkung des Neides, weil er ihn als Consul zu sich auf seinen Albanischen Landsitz zu den sogenannten Juveualien geladen und gezwungen hatte, mit einem großen Löwen zu kämpfen. Glabrio aber nahm nicht nur keinen Schaden, sondern erlegte ihn mit leichter Mühe. Wegen dieser Gräuelthaten mißtraute er Jedermann, so daß er sich weder auf seine Siebenundsechzigstes Buch. 1569 Freigelassenen, noch anf die Obristen der Leibwachen, die er selbst noch im Amte vor Gericht fordern ließ, verlassen zn können glaubte. Nero's Freigelassenen Epaphroditus hatte er Anfangs blos aus der Stadt gewiesen, jetzt aber ließ er ihn umbringen, indem er ihm zum Verbrechen machte, daß er dem Nero nicht beigestanden hätte; um durch seine Bestrafung seine eigenen Freigelassenen von ähnlichem Unterfangen zurückzuschrecken. Allein dieß half ihm Nichts: im folgenden Fahre verschwor man sich unter dem Consulate des Casus Balens (der noch in seinem neunzigsten Jahre dieses Amt bekleidete und während desselben starb) und des CajuS Antistius wider ihn, und er wurde umgebracht. 15. In die Verschwörung traten zusammen sein Kämmerer Parthenius, obgleich er bei ihm so gut angeschrieben war, daß er das Schwert tragen durfte, Sigerius, gleichfalls Kämmerer, und der Staatssekretär Entellus mit dem Freigelassenen Skephanus. Auch sollen seine Gemahlin Do- mitia, der Obrist der Leibwachen Norbanus und sein Amtsgenosse Petronius Secundus darum gewußt haben. Domitia wurde von ihm gehaßt und mußte befürchten ein Opfer seines Haffes zu werden; die Andern liebten ihn auch nicht mehr, theils weil er ihnen unverdiente Vorwürfe machte, theils weil sie solche zu erwarten hatten. Auch finde ich noch wei- ! ter berichtet, daß Domitian sle alle im Verdachte hatte und umbringen lassen wollte, weßhalb er ihre Namen auf ein gebrochenes Lindentäfelchen schrieb und dasselbe unter seinem Kopfkissen liegen hatte. Als er bei Tage schlief, nahm es Einer der nackten plauderhaften Knaben, die er um sich Dio Casfius. 12S Bdchn. 9 1570 Cassius Dio's Römische Geschichte. hatte, weg und spielte damit unbefangen. Domitia traf ihn, las das Geschriebene und theilte es auch den Andern mit. Dieß bewog sie, die Ausführung des bereits gefaßten Planes zu beschleunigen. Jedoch schritten sie nicht eher an's Werk, als bis sie über seinen Nachfolger im Reinen waren. Als sich Keiner darauf einlassen wollte, weil Alle fürchteten, man wolle ihnen nur eine Schlinge legen, so wandten sie sich an Nerva, einen Mann, der von hoher Geburt und edelster Denkungsart war: auch sah er sich in Gefahr, weil Sterndeuter ausgesagt hatten, daß er zur Regierung kommen würde, Was ihn um so geneigter machte, dieselbe anzunehmen. Domitian hatte nämlich die Geburtstage und Geburtsstnuden der ersten Männer erkundet und viele derselben bereits aus dem Weg« geschafft und hätte auch Nerva umgebracht, wenn nicht ein Sterndeuter, der Jenem wohlwollte, bemerkt hätte, daß derselbe in wenig Tagen sterben würde, sEr glaubte es und wollte nicht auch ihn noch todten, da er ja doch nur noch wenige Tage zn leben hätteJ 16. Wie aber Nichts dergleichen ohne Vorbedeutung geschieht, so hatte auch Domitian unter andern Vorzeichen dieß, daß ihm träumte, Rusticus komme mit einem Schwert auf ihn zu und die in seinem Zimmer stehende Minerva stürze sich mit Wcgwerfung der Waffen auf einem mit schwarzen Rossen bespannten Wagen in einen Abgrund. Am wunderbarsten aber war, daß ein gewisser Larginus Proclus in Deutschland öffentlich vorausgesagt hatte, daß er an jenem Tage, an welchem er wirklich starb, sterben würde. Der Statthalter schickte ihn »ach Rvmz er wurde vor Domitian geführt und wiederholte seine Aussage. Er wurde zum Tode 1571 Siebenundsechzigstes Buch. , verurtheilt, seine Hinrichtung aber aufgeschoben, bis der l Kaiser der Gefahr entronnen wäre. Als der Kaiser in dieser 1 Zeit wirklich ermordet wurde, ward er freigelassen und er- ? hielt noch von Nerva hunderttausend Drachmen zum Geschenk. Ein Anderer hatte ihm Zeit und Art seines Todes vvraus- > gesagt und auf die Frage, Was er selbst für ein Ende neh- j men würde, geantwortet, Laß er von Hunden würde zerrissen werden. Der Kaiser befahl, ihn lebendig zu verbrennen und schon wurde das Feuer umher angezündet; plötzlich aber ergoß sich ein heftiger Rezenstrom, löschte den brennenden Scheiterhaufen aus und Hunde, welchen den Mann mit auf den Rucken gebundenen Händen darauf liegend Fanden, rissen ihn in Stücken. 17. Noch einen andern sehr sonderbaren Borfall habe ich zu berichten, »erspare ihn aber bis nach der Erzählung seines Todes. Domitian hatte den Richterstuhl verlassen und wollte sein Mittagsschläfchen, wie gewöhnlich, machen; Parthcnius aber hatte die Klinge des Schwertes, das immer unter seinem Kopfkissen lag, damit er sich dessen nicht bediene» könnte, weggenommen. Nun sandte er den Stephanies, der stärker war, als die Anderen, hinein, und Dieser versetzte dem Domitianns eine Wunde, die nicht tödtlich war, wurde aber von ihm zu Boden geworfen. Als er nun befürchtete, Jener möchte entkommen, sprang er noch selbst herbei, oder schickte nach Anderen den Freigelassenen Maximus. So wurde denn Domitianus ermordet; Slephanus aber von Denen, welche, der Verschwörung nicht theilhaftig, herbeieilten, niedergemacht. 9 » 1572 CassurS Dio's Römische Geschichte rc. 18 . Die oben erwähnte Wundergeschichte verhält sich folgendermaßen. Ein gewisser Apollonius aus Tyana stieg an demselben Tage und zur selben Stunde, da Domitian ^ ermordet ward (dieß wurde später genau erhoben), in Ephe- suS oder sonst wo auf einen hohen Ort, rief das Volk zu- ! sammen und sprach folgende Worte: „recht so, Stephanus, E vortrefflich Stephanus! Los auf den Menschenmörder! So I ist's recht! du hast ihn getroffen, verwundet, getödtet! Dieß ist ein Vorfall, der sich wirklich begeben hat, und sollte er auch tausendmal bezweifelt werden. Domitian lebte vier- ^ undvierzig Jahre, zehn Monate und sechsundzwanzig Tage; regiert hat er fünfzehn Jahr und fünf Monate. Seine Leiche ward von seiner Amme Phyllis heimlich auf die Seite geschafft und beerdigt. Cassius Dio's Römische Geschicht übersetzt von v. Leonhard Tafel, Oberreallehrer an dem Gymnasium zu Ulm. Dreizehntes Bündchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. 1 8 3 9 . L'-i, ! Inhalt des achtundsechzigsren Buchs. Im Auszuge des Xiphilinus mit einigen Bruchstücken des vollständigen Dio. Die meisten Bildsäulen des Domitianus werden umgestoßen. Cap. 1. Nerva's Verdienste; Milde gegen Verginius. Cap. 2. Verschwörung des Craffus; Ausstand der Leibwachen; Trajan's Adoxtirung. Cap. L. Trajan's Vaterland und Lob; Nerva's Tod. Cap. 5. Trajan's Regierungsantritt, Cap. 6. Er bekriegt Deeebalus und macht sich diesem furchtbar, bei den Seinige» beliebt. Cap. 6. 7. Er besiegt die Dacier und hält einen Triumph über sie. Cap. 8—10. Zweiter Krieg mit den Datiern. Cap. 11. 12. Trajanus schlägt eine steinerne Brücke über die Donau. Cap. 13. Nach des Decebalus Tod wird Datier, Römische Provinz. Arabien erobert. Cap. 1-1. Gesandtschaften ; Austrocknung der Pontinischen Sümpfe; verdienten Männern werden Bildsäulen errichtet, Säule des Trajan. Cap. 15. 16. Feldzug gegen die Parther wegen der Vertreibung des Eredares aus Armenien und der Einsetzung des Parthamasiris als König. Cap. 17. 18. Parthamasiris kommt zu Trajanus, muß aber Armenien abtreten. Cap. 19. 20. Der Osroener Augarus wird von Trajanus begnadigt. Cap. 21. Manus und Manisarus schicken Gesandte an Trajan. Cap. 22. Trajanus erhält den Ehrennamen der Beste und nach der Eroberung von Nisibis und Batanä der Parthische. Cap. 23. Großes Erdbeben in Antiochien. Cap. 1578 Inhalt. 24. 25. Er schlägt eine Brücke über den Tigris und erobert Adiabene, Mesopotamien, Ctesiphon. Cap. 26—28. Verliert und gewinnt wieder das Meiste und gibt den Parthern einen König. Cap. 29. 30. Ein Angriff auf die Atrener mißlingt. Cap. 3 t. Die Juden empören sich in Cyrene, Aegppten und Cppern, werden aber von LusiuS unterworfen. Cap. 32. Die Parther versagen den ihnen gegebenen König. Trajanus stirbt, Cap. 33. Der Zeitraum begreift zweiundzwanzig Jahre, in welchen Folgende Consuln waren: Nach Nach Nerva's Chr. Erb. Roms. Negier.-Jahre. 86. 849. Casus Manlius Valens und Casus Antistius Beter. 1 . 97. 850. Nerva zum drittenmal und Lucius Verginius Rufus zum drittenmal. H. 98. 851. Nerva zum vierteumal und Nerva III. Trajanus zum zweitenmal. I 27. Jan. Trajan's Regier.-Jahre. 99. 852. Caius Sosius Senecio zum zweitenmal und Aulus Cornelius Palm«, II. 100. 853. Nerva Trajanus zum drittenmal und Sertus Julius Frontinus zum drittenmal. 111. in. 854. Nerva Trajanus zum vierteumal und Sertus Articulejus Patus. IV. 102. 855. Cajus Sosius Senecio zum drittenmal und Lucius Licinius Sura zum zweitenmal. V. 103. 856. Nerva Trajanus zum sünstenmal und Ouintus Messius Marimus zum zweitenmal. VI. 104. 857. Suburanus zum zweitenmal und Publius Neratius Marcellus. VII. Inhalt. 1579 Nach Nach Nerva's Chr. Erb. Roms. Ncgier.-Jahre. 105. 858 Tiberius Julius Candidus zum zweitenmal und Aulus Julius Quadratus zum zweitenmal. VIII. 108. 859. Lucius Cejvnius Commvdus Bertis und Lucius Ccrealis. IX. 107. 860. Cajus Sosins Senecio zum vier- tenmal und Lucius Licinius Sura zum drittenmal. X. 108. 861. Appius Trebouius Gallus und Marcus Atilius Bradna. XI. IVS. 862. Aulus Cornelius Palma zum zweitenmal und Cajus Calvisius Tullus zum zweitenmal. XII. 110. 863. Clodius Priscinus und Solenus Orfitus. XIII 111. 864. Cajus Calxurnius Piso und Markus Betrius Bolanus. XIV. 1IL. 865. Nerva Trajanus znm sechsteumal und Cajus Julius Asricavus. XV. HZ. 866. Lucius Celsus und Clodius Cri- sxinus. XVI. 114. 867. QuintnS Ninnius Hasta und Pub- lius Manilius Boxiscus. XVII. 115. 868. Lucius Virstanus Meffala und Marcus Pedv Virgilianus. XVIII. 118. 868. Licius Aelius Lamia und Aelia- nus Beter. XIX. 117. 870. Quinctius Niaer und Cajus Vix- stanus Apronianus. XX. 1 11. Aug. 1580 Cassius Dio's Römische Geschichte. Achtundsechzigsies Buch. 1. Nach Domitian wählten die Römer den Cocceju« Nerva zum Kaiser. Aus Haß gegen Domitian wurden die Bildsäulen desselben, von denen viele von Silber, ja sogar von Gold waren, eingeschmolzen und große Summen dadurch gewonnen; auch wurden seine Triumphbögen, deren so viele dem einen Manne zu Ehren errichtet worden waren, nie-' dergerissen. Nerva ließ die wegen beleidigter Majestät Angeklagten in Freiheit sehen, die Verbannten ins Vaterland zurückkehren, die Sklaven und die Freigelassenen aber, welche an ihren Herren zu Verräthern geworden, allesammt am Leben strafen. Solche Leute durften auch überhaupt keine Anklage mehr gegen ihre Herren vorbringen, auch von den Andern durfte Keiner wegen Majestätsverbrechen oder Jüdischer Lebensweise von irgend Jemand vor Gericht gestellt werden. Auch wurden Viele wegen fälschlicher Angebereien mit dem Tode bestraft. Unter ihnen befand sich auch der Philosoph Seras. Als eine gewaltige Unruhe darüber entstand, daß nun Jedermann angeklagt wurde, so soll der Consul Fronto geäußert haben: „schlimm ist es, wenn man einen Kaiser hat, unter dem man Nichts thun darf, noch schlimmer aber, einen solchen, unter dem man Alles thun darf." Nerva 1581 . Achtundsechzigstes Buch. hörte diese Aeußerung und ließ für die Zukunft dergleichen untersagen. Er war von Alter und Kränklichkeit so geschwächt, daß er, was er genoß, nicht bei sich behalten konnte. r. Goldene Bildsäulen ließ er sich nicht errichten. Wenn Einer unter Domitian ohne rechtlichen Grund sein Vermögen verloren hatte, so ließ er wieder Alles zurückerstatten, was sich noch davon in dem kaiserlichen Schatze fand. Den ganz armen Römern setzte er eine Summe von fünfzehn Millionen Drachmen zum Ankauf von Ländereien aus, und übertrug diesen, so wie die Bertheilung einigen Senatoren. Als er in Geldnvth kam, ließ er viele Kleidungen, Gold - und Silbergeschirr und anderes tzausgeräth, sowohl eigenes, als im kaiserlichen Palaste befindliches, viele Ländereien und Häuser, kurz Alles, bis auf das Nothwendigste, verkaufen. Doch knickerte er nicht im Preise derselben, sondern erwies sich auch hierin gegen Viele gefällig. Viele Opfer, Wettrennen und andere Schauspiele schaffte er ab, indem er seinen Aufwand möglichst zu beschränken suchte. Er schwur auch in dem Senate, keinen Senator am Leben strafen zu wollen und hielt seinen Eid, obgleich man ihm nach dem Leben trachtete. Er that Nichts, ohne die angesehensten Männer beiznziehen. Unter andern gesetzlichen Bestimmungen war auch die, daß Keiner entmannt werden, Köiner seines Bruders Tochter heirathen sollte. Den Verginins Rufus trug er kein Bedenken zum Mitconsul anzunehmen, obgleich er mehrmals als Kaiser ausgerufen worden war, weßhalb auch auf sein Grabmal die Inschrift gesetzt ward: 1582 Cassius Dio'ö Römische Geschichte. „Er, als Besleger des Vinder, behielt die Obergewalt nicht für sich, sondern gab sie dem Vaterland zurück." ") 3. Nerva regierte so löblich, daß er einmal äußerte: „Ich habe Nichts gethan, das mich hindern könnte, die Regierung niederzulegen und ungefährdet als Privatmann zu leben. Calpnrnius Craffus, ein Nachkomme der alten Cras- ^ sus, verschwor sich mit Andern wider sein Leben; er aber ließ sie, ehe sie noch wußten, daß sie verrathen waren, neben sich im Theater sitzen und gab ihnen die Schwerter, um sie, wie gewöhnlich war, zu besehen, ob sie scharf genug seyen, § im Grunde aber, um ihnen zu zeigen, daß iW gleichgültig sey, wenn sie ihn auch im Augenblick umbringen würden. Casperius Aelianus, der unter ihm, wie unter Domitian die Leibwachen befehligte, bracht« die Soldaten wider ihn in ! Aufstand und reizte sie ay, die Hinrichtung einiger Männer ^ zu verlangen. Nerva that ihnen aber so muthigen Widerstand, daß er sogar die Kehle entblößte, und sie zuhauen hieß. Er richtete jedoch Nichts, und die Männer, auf deren Tod Aelianus bestand, wurden hingerichtet. Dieser Vorgang ^ veranlaßte jedoch den Nerva, der sich seines hohen AlterS > wegen verachtet sah, auf das Capitolium zu ziehen und mit lauter Stimme folgende Worte zu sprechen: „zum Glücke, wie ich hoffe, für den Senat, für Las Römische Volk und für mich nehme ich den Marcus Ulpius Nerva Trajanus an ? Sohnes Statt au!" Hierauf ernannte er ihn im Senate zum *) kkio Silur est Kukus, pulso gui Vinäiee güonstgin Imperium ack-erujl., nun »jdi, seck ^gtriae. Diese Inschrift halte »ach dem jünger» Plinins Rufus selbst verfertigt. S. oben. Achtundsechzigstes Buch. 1583 Cäsar und schrieb ihm (er war nämlich Statthalter in Deutscdland) eigenhändig: „Laß meine Thränen die Danaer büßen mit deinen Geschoßen! ") 4. So wurde Trajan Cäsar und sodann Kaiser, obgleich Nerv« selbst Verwandte hatte. Er war aber nicht der Mann, der das Gemeinwohl Verwandtschaftsrücksichten geopfert hätte. Auch daß Trajanns ein Hispanier, und kein Italiener, nicht einmal in Italien ansäßig war, hinderte ihn" nicht, ihn an Sohnes Statt anzunehmen, da bisher noch kein Ausländer die Herrschaft über Rom bekleidet hatte. Verdienst, meinte er, nicht Vaterland müßte hier in Anschlag kommen. Hierauf starb er, nach einer Regierung von einem Jahr, vier Monaten, und neun Tagen, nachdem er sein Alter auf fünsnndsechzig Jahre, zehen Monate, zeheu Tage gebracht hatte. 5. Trajan hatte, noch ehe er zur Regierung kam, folgenden Traum: eS kam ihm vor, ein ältlicher Mann im purpurverbrämten Ober - und Unterkleid, und mit einem Kranze geziert, wie man die Senatoren malt, drücke ihm mit einem Siegelringe erst auf die linke, dann anf die rechte Seite der Kehle. Als er wirklicher Kaiser war, schrieb er eigenhändig unter Anderem an den Senat, daß er keinen rechtschaffenen Mann am Leben oder Ebre strafen werde. Dieß bekräftigte er nicht nur durch einen Eid, ssondern hielt es auch in der That, obgleich man ihm mehrmals nach dem Leben trachtete. Sein Charakter hatte keine Spur von Falschheit, Tücke oder Härte; die guten Bürger liebte er, Tliade I, 42. aota- 1584 Cassius Dio's Römische Geschichte. behandelte sie mit Achtung und zeichnete sie aus, um die Andern aber kümmerte er sich nicht. Auch verschaffte ihm sein gereifteres Alter Achtung.^ Den Aelianus entbot er mit den Leibwachen, die sich gegen Nerva empört hatten, zu sich, als ob er ihrer Dienste bedürfte, und ließ sie niedermachen. Nach seinem Einzug in Rom traf er viele Einrichtungen zum allgemeinen Besten, und um die Gunst der Gutgesinnten zu gewinnen. Indem er auf Jenes besonders Bedacht nahm, wies er den Städten in Italien große Summen zur Erziehung der Kinder au und wurde so Wohlthäter derselben. Seine Gemahlin Plotina wandte sich, als sie zuerst den Palast betrat, auf den Treppen nach der Meng- um und sprach: „So trete ich in dieses Haus, wie ich es wieder verlassen will." Und in der That führte sie während der ganzen Regierung das uutadelhasteste Leben. ^ 6. Nachdem er einige Zeit in Rom verweilt hatte, zog er gegen die Datier, indem er bedachte. Was sie sich zu Schuld kommen ließen, und daß sie mit den Geldern, die man ihnen jährlich schimpflicher Weise entrichtete, ihre Streitkräfte vermehrten, und einen höheren Ton anstimmten. Als Decebalus von seinem Anzüge hörte, gerieth er in Furcht, da er sich wohl bewußt war, daß er früher nicht die Römer, sondern den Domitian besiegt hatte und es jetzt mit den Römern und dem Kaiser Trajan zu thun bekomme: denn Dieser war durch Gerechtigkeitsliebe, Tapferkeit und Einfachheit der Sitten gleich ausgezeichnet. Er stand in voller Manneskraft, da er erst zweiundvierzig Jahre alt war, fund sich allen Beschwerden des Krieges gleich den Andern unterzogt und eben so kräftig war auch sein Geist, so daß er 1585 Achtundsechzigstes Buch. weder durch jugendliche Hitze sich hinreißen ließ noch durch die Schwäche des Alters unthätig ward. Keinen beneidete, Keinen entzog er der Bahn des Ruhmes, sondern ehrte und hob jedes Verdienst; und brauchte so Keinen zu fürchten, Keinen mit Haß zu verfolgen. Verleumdern traute er nicht, und ließ sich nicht durch Leidenschaften hinreißen. An fremdem Gute vergriff er sich eben so wenig, als er Unschuldige hinrichten ließ. 7. Große Summen verwendete er auf die Kriege, große auf die Werke des Friedens, wenn er aber auch an Straßen, Seehäfen und öffentlichen Gebäuden sehr viele nöthig gewordene Ausbesserungen vornehmen ließ, so durfte doch Keiner sterben, um sein Vermögen hierfür aufzuwenden. Er war so hochflnnig und großherzig, daß er an den Circus, der, baufällig geworden, von ihm größer und prachtvoller wieder anfgefnbrt worden war, die Inschrift setzen ließ: „daß er ihm die dem Römervvlke gebührende Pracht gegeben habe;" darob wollte er mehr die Liebe des Volkes als Auszeichnung verdienen; mit dem Volke verkehrte er herablassend, und wußte gegen den Senat seine Würde zu behaupten, so daß er von Allen geliebt, und von Niemand außer den Feinden gefürchtet war. Er nahm Theil an Jagdpartien, an Gelagen, an Entwürfen und Ausführung derselben, an scherzhaften Neckereien seiner Unterthanen; auch fuhr er oft selb- vierte mit ihnen aus, kam zu ihnen zum Theil selbst obne Bedeckung ins Haus, und war guter Dinge. Strengwiffrn- schaftliche Ausbildung in der Beredsamkeit besaß er nicht, das Wesentliche jedoch hatte er inne und sprach gut. Usberhaupt Div Cafsms. 13s Btihn. 2 1586 CassiuS Dio's Römische Geschichte. zeichnete er sich in allen Sticken aus. Zwar weiß ich wohl, daß er Knaben liebte und gerne Wein trank; er wäre über hierin blos zu tadeln, wenn er sich dabei zu Schändlichkeiten und Lasterthaten hätte verleiten lassen, so aber konnte er einmal viel Wein sichren ohne betrunken zu werden, und brauchte in der Liebe keinen Zwang. Wenn er kriegliebend war, so begnügte er sich an dem Ruhme des Siegs, an der Vernichtung der ärgsten Feinde und der Erhebung des Glückes der Seinigen, ohne daß er deßhalb, wie dieß sonst zu geschehen pflegt, die Soldaten übermüthig und zügellos werden ließ, sie vielmehr wohl im Zaume zu halten wußte. Tecedalus hatte demnach alle Gründe, sich vor ihm zu fürchten. 6. Als Trojan gegen die Dacier zu Felde zog und sich Tapä, wo die Feinde im Lager standen, näherte, wurde ihm ein großer Erdschwamm gebracht, auf dem mit lateinischen Buchstabe» geschrieben stand, daß sowobl die anderen Bundesgenossen, als auch die Burrer dem Trajanus riechen, sich zurückzuziehen und Frieden zu halten. Trajanus aber lieferte die Schlacht, und hatte zwar viele Verwundete, richtete aber unter den Feinden ein großes Blutbad an. Als es am nöthigen Verbände fehlte, schonte er seines eigenen Gewandes nicht, und ließ es in Streifen schneiden, den in der Schlacht Gebliebenen zn Ehren aber einen Altar errichten, und ein jährliches Tvdtenopfer bringen. Während er nun nach dem höheren Berglande hinzog, sich nicht ohne Gefahr einer Anhöhe nach der anderen bemächtigte, und sich dem Dacischeu Königsflye näherte, griff Lustus von einer ander» . AchtundsechzigfteS Buch. 1587 Seite an , tödtete viele Feinde und nahm noch mehr gefangen, worauf Decebalus Gesandte schickte. S. Zwar hatte er vor der Niederlage Gesandte geschickt, allein die jetzigen erschienen nicht mehr mit bloßem Haupte, sondern waren die angesehensten Derer, die Hüte trugen. Sie warfen ihre Waffen weg und sich selbst auf den Boden nieder und baten den Trajanus, dem Decebalus zu erlauben, sich zu einer persönlichen Besprechung bei ihm einzufinden, da er bereit sey, sich in Alles zu fugen; wo nicht, so möchte er einen Gesandten abschicken, um den Frieden abzuschließen. Es wurden auch wirklich Sura und der Obrist der Leibwachen Claudius Livianus abgeordnet; eö ward aber Nichts gerichtet. Decebalus getraute auch mit Diesen sich in keine Besprechung einzulassen, sondern schickte Leute an sie ab. Trajanus nahm jetzt die Bergschanzen ein und fand daselbst Waffen, Kriegsmaschinen, Gefangene und das unter Fuscus eingebüßte Feldzeichen vor. Diese Fortschritte und die zu gleicher Zeit erfolgte Gefangennehmung seiner Schwester durch Maximns, so wie die Eroberung eines festen Platzes, machten den Decebalus bereitwillig auf alle Friedeusbedingungen einzugehen, nicht als ob er sie wirklich hätte erfüllen wollen, sondern nur um sich von den zeitigen Verlusten wieder erholen zu können. Er willigte ein, die Waffen, Kriegsmaschinen und die Maschinenbau- meister, so wie auch die Ueberläufer auszuliefern, die Festungen zu schleife», das eroberte Land zu räumen, und Feinde und Freunde mit den Römern gemein zu haben; ferner keinen der ersteren bei sich aufzunehmen, noch Soldaten 2 2 1L88 Cassius Dio's Römische Geschichte. aus dem Römischen Reiche in seine Dienste zu nehmen. Er wußte nämlich die Meisten und Besten von dorther durch Versprechungen an sich zu ziehen.) Er fand sich selbst bei Trajanus ein, that «inen Fußfall vor ihm, um ihm seine Verehrung zu bezeigen, fund warf die Waffen weg. Auch ordnete er Gesandte an den Senat ab, um den Frieden von ihm bestätigen zu lassen. Nachdem er auf solche Weise Frieden geschlossen, in Zermizegethusa ein Truppencvrps und auch in andern Plätzen Besahungeu zurückgelassen hatte, kehrte er nach Italien zurück.) 10. Die Gesandten des DccebaluS wurden in den Senat geführt, legten die Waffen nieder, hielten, als Kriegsgefangene die Hände über die Brust gekreuzt, einen flehentlichen Vertrag und erhielten so den Frieden bewilligt, worauf ihnen ihr« Waffen wieder zugestellt wurden. Trajanus hielt einen Triumph und ward der Dacische genannt. Bei dieser Gelegenheit gab er im Theater Gladiatorenspiele, au denen er großes Gefallen hatte; auch führte er die Pantomimen wieder auf die Bühne; denn Einer von ihnen, Pylades, war sein Lustknabe. Daß er aber ein Mann des Krieges war, hinderte ihn nicht an der Fürsorge für andere Gegenstände, und am Rechtsprechen: bald saß er auf dem Forum des Augnstus, bald in der Livianischen Säulenhalle, bald anderswo auf dem IHichterstuhl. Als jedoch die Kunde eintraf, daß Decebalus die Friedensbedingnngen vielfach verletze, zum Kriege rüste, Ueberläufer aufnehme, die Schanzen wiederherstelle, an die Nachbarn Gesandtschaften schicke, und Denen, welche früher nicht zu ihm hielten, Abbruch thue, den Iapygen sogar Land abnehme, das Trajan auf die Bitte 1589 Achtundsechzigstes Buch. derselbe» nicht zurückgegeben, so erklärte ihm der Senat von Neuem den Krieg, und Trajan übernahm wieder persönlich die Führung des Kriegs und überließ ihn nicht Unterfeldherren. 11. sDer Abfall vieler Dacier zu Trojan und andere Gründe veranlaßten den Deccbalus, nochmals um Frieden zu bitten. Weil er sich aber nicht dazu verstehen konnte, die Waffen zu strecken und sich an ihn zu ergeben, so begann er jetzt unverholen Streitkräfte zu sammeln und rief die umwohnenden Völkerschaften zu Hülfe, indem er ihnen vorstellte: wen» sie ihn im Stiche ließen, so kämen sie selbst in Gefahr; leichter und sicherer würden sie, in Verbindung mit ihm, ehe sie selbst durch Verluste gewitzigt wären, mit gewaffneter Hand ihre Freiheit behaupten, statt daß sie, gegen seinen Untergang gleichgültig, später, von keinen Bundesgenossen unterstützt, unterjocht werden würden.) ') Decebalus hatte jedoch mit den Waffen kein Glück, hätte aber durch Tücke und Hinterlist den Trajanus beinahe um's Leben gebracht. Er schickte nämlich einige Ueberläufer »ach Mysten, welche versuchen sollten, ob sie ihn, der auch sonst leicht zugänglich war und jetzt im Kriege Jeden, der ihn sprechen wollte, vor sich ließ, umbringen könnten. Sie konnten aber ihren Mordanschlag nicht ausführen, weil er, von den Römern als verdächtig aufgegriffen, auf der Folter Alles bekannte. 12. Decebalus ließ nun den Longiuus, einen Römischen Unterfeldherrn, der ihm viel zu schaffen gemacht hatte, zu einer Unterredung zu sich bitten, indem er sich ganz unterwürfig ) Statt mSäla.v lese ich mit Sturz 1590 CassiuS Dio'S Römische Geschichte. stellte, hieß ihn greifen und fragte ihn öffentlich über die Plane des Trajanus. Als er Nichts verrathen wollte, behielt er ihn, jedoch ungefcffelt, als Gefangenen und behandelte ihn gut, fließ dem Trajanus aber durch den Gesandten den Antrag machen das Land bis zur Donau ihm einzuräumen, und die Kriegskosten zu vergütenf wogegen er den Longi- nus wieder herausgeben wollte. Als Trajan eine zweideutige Antwort gab, aus der er nicht abnehmen konnte, ob Jener großen oder nur geringen Werth auf den Besty des Lvnginus legte, um ihn weder zu opfern, noch sein Lösegeld zu erbeben; so zögerte Decebalus, indem er nicht recht wußte, Was er thun fdllte. Longinus wußte sich indessen fdurch seinen Frei- gelasseuenf Gift zu verschaffen und versprach, ihn mit Trajanus auszusöhnen, um ihm keinen Verdacht über sei« Vorhaben zu geben, und sich nicht eine strengere Gefangenschaft zuzuziehen. Er setzte auch wirklich eine Bittschrift an Traja- nus auf und ließ ffe den Freigelassenen überbringen, um ihn in Sicherheit zu bringen. Als er fort war. nahm er in der Nacht das Gift und starb. fNnn verlangte Decebalus den Freigelassenen von Trajan zurück, indem er die Leiche des LvnginnS nebst zeheu Gefangenen dafür z» geben versprach, sandte auch gleich den mit diesem gefangenen Centurio ab, um die Sache zu betreiben. Von ihm erfuhr Trajanus Alles, was sich mit Longinus begeben hatte, sandte aber weder Diesen zurück, noch lieferte er den Freigelassenen aus, indem er es der Ehre des Reiches schuldig zu seyn glaubte, dem Leben desselben das Begräduiß Longins zum Opfer zu bringen.j iz. Trajanus ließ eine steinerne Brücke über die Donau 15S1 Achtundsechzigstes Buch. baue», worüber ich ihn nicht genug bewundern kann. Zwar sind auch seine anderen Werke bischst prachtvoll, dieß aber übertrifft doch 'Alles. Der Pfeiler von Quadersteinen stnd es zwanzig; ikre Höhe über dem Grund beträgt hundert, die Breite sechste Fuß. Sie stehen von einander je hundert- undsiebzig Fuß ab und sind durch Bogen mit einander verbunden. Ist der Aufwand auf dieses Werk nicht crstaunens- werth? Ist nicht die Kunst zu bewundern, wie dieselben in dem wirbelvollen Wasser und dem lehmigten Boden auf- aeführt wurden, da man den Fluß nirgends ableiten konnte. Ich fükrte die Breite des Flusses an, nicht weil sie überhaupt so viel beitragt (an einigen Stellen ist er zweimal, ja dreimal so breit), sondern weil selbst die schmalste und zum Bau der Brücke bequemste Stelle in der Gegend noch so breit ist. Aber je schmäler das Beet ist, in das die Donau aus dem breiteren zusammenläuft, und je breiter »s dann wieder auseinander geht, desto reißender und tiefer ist es hier, so daß auch dadurch die Schwierigkeit des Baus der Brücke noch erhöht werden mußte. Der großartige Sinn des Trajanus laße sich hieraus abnehmen; die Brücke selbst aber ist für uns gegenwärtig von keinem Nutzen mehr. Zwar stehen die Pfeiler noch, sind aber nicht mehr verbunden, und scheinen blos dafür gemacht, um zu zeigen, daß der menschlichen Kunst nichts unmöglich sey. Trajanus ließ die Brücke schlagen, um den Uebergang über den Fluß zu erleich.er», weil er befürchtete, die jenseits stehenden Römer möchten, wenn der Strom zufröre, den Angriffen der Feinde ausgesetzt seyn. Hadrian aber besorgte im Gegentheile, die Feind« möchten, die Wachposten überwältigend, leichter in Myffeu 1592 Cassius Dio'S Römische Geschichte. eindringen können, und ließ deßhalb die obere Belegung der Brücke abtragen. t4. Trajanus zog nun auf dieser Brücke über die Donau, führte sodann den Krieg mit mehr Bedachtsamkeit als Eile, und unterwarf endlich nicht ohne Anstrengung Dacien, wobei er häufige Gelegenheit hatte, sein Feldherrntalent und seine Tapferkeit zu zeigen, und den kühnen Muth seiner Leute zu erproben. Ein Rister wurde gefährlich verwundet aus der Schlacht getragen, weil man glaubte ihn noch retten zu können. Als er fand, daß ihm nicht mehr zu helfen sey, sprang er, da die Wunde seine Kraft noch nicht erschöpft hatte, aus dem Zelte, stellte sich wieder in die Linie und sank dann nach Wunder» der Tapferkeit entseelt zu Boden. Als Decebalus seine Burg und das ganze Land in den Händen der Feinde, sich selbst aber in Gefahr sah, gefangen, genommen zu werden, so entleibte er sich selbst und sein Kopf wurde nach Rom gebracht. Dacien ward so Römische Provinz und von Trajan mit Pfianzbürgern, bevölkert. Auch die Schätze des Decebalus wurden aufgefunden, obgleich er sie unter dem Bette des Flusses Sargetia, *> der bei seinem Königssitze vorbeifließt, verborgen hatte. Er ließ nämlich den Fluß durch Kriegsgefangene ableiten, das Bett desselben aufgraben und viel Silber und Gold und andere Kostbarkeiten, welche die Nässe ertragen konnten, hin- einschaffen, Steine und Schutt darüber führen, und dann den Fluß wieder in sein altes Bett zurückleiten. In die dort befindlichen Berghöhlen mußten sie die Gewänder und *) Bei den Ungarn Strel, bei den Deutschen Isteig. L593 Achtundsechzigstes Buch. andere Waaren dieser Art bringen und wurden dann umgebracht, »m Nichts verrathen zu können. Aber ein Vertrauter desselben, Namens Bicilis, der darum wußte, gerieth in Gefangenschaft und entdeckte es. Um dieselbe Zeit unterwarf auch Palm«, der Statthalter Syriens, den bei Petra gelegenen Theil Arabiens und machte ihn zur Römischen Provinz. 15. Bei Trajan trafen nach seiner Ankunft in Rom sehr viele Gesandtschaften aus fremden Ländern, selbst von Indien ein. Er gab hundert und dreiundzwanzig Tage hintereinander Schauspiele, wobei gegen eilftausend wilde und zahme Thiere darauf gingen und zehentausend Gladiatoren auftraten. sDie von den Königen geschickten Gesandten durften auf den Sitzen der Senatoren den Schauspielen anwohnen.Z Um dieselbe Zeit ward auch eine gepflasterte Straße durch die Pontinischen Sümpfe geführt, an dem Wege wurden Häuser erbaut, und die prachtvollsten Brücken aufgeführt. Auch ließ er alle verblichenen Münzen einschmelzen. Dem Licinius Eura, der damals starb, gestattete er ein öffentliches Leichendegängniß, und ehrte ihn durch eine Bildsäule. Dieser Mann war so reich und ruhmbegierig, daß er den Römern auf eigene Kosten ein Gymnasium sTurnhaus) erbaute. fSura hegte so treue Freundschaft gegen Trajan, und dieser gegen ihn, daß er trotz allen Verleumdungen, die man (wie dieß bei Günstlingen der Kaiser gewöhnlich ist) gegen ihn vorbrachte, nie mißtrauisch gegen ihn ward, noch ibn haßte. Als seine Neider ihm immer iu den Ohren lagen, ging er unangemeldet zu ihm ins Haus und speiste mit ihm. Nachdem er «sie Wachen fortgeschickt hatte, ließ er 1594 Casflus Dio's Römische Geschichte. den Arzt desselben rufen und sich die Augen von ihm mit Salbe destreichen, und sodann von dem Barbiere desselben den Bart abnehmen. Alle Römer und selbst die Kaiser trugen nämlich seit alten Zeiten das Kinn glatt, und Hadrian war der erste, der den Bart wachsen ließ. Dann ging Trojan bei ihm ins Bad und ließ sich zur Tafel nieder; und am andern Tage sagte er zu seinen Freunden, welche immer Etwas gegen ihn vorzubringen wußten: „Wenn mich Sura umbringen wollte, so hätte er es gestern gethan." 16. Groß gedacht war es von ibm, daß er sich in solche Gefahr begab bei einem Manne, der beschuldigt wurde, daß er ihm nach dem Leben trachte, noch großer, daß er so teste Ueberzeugung hatte, er werde ihm nie etwas zu Leid- thun. Als er das erstemal dem neuen Befehlshaber der Leibwachen das Schwert überreichte, das er sich umgürten mußte, entblößte er dasselbe, hielt es empor, und sprach die Worte: „Nimm dieses Schwert und gebrauche es, wen» ich gut regiere, für mich, wenn schlecht, wider mich!" Dem 8os- sius, dem Palm«, und dem Celsus ließ er Bildsäulen errichte», so sehr wußte er ihre ausgezeichneten Verdienste zu schätzen. Diejenigen, welche ihm nach dem Lebe» trachteten (und unter ihnen war auch Craffus), zog er zur Strafe, stellte sie aber vor den Senat. Auch legte er Bibliotheken an und stellte auf dem Markte *) eine sehr hohe Säule auf, theils um einst seine Asche darunter beisetzen zu lassen, theils um das Andenken an den prachtvollen von ihm angelegten Markt zu erhalten. Der ganze Platz war nämlich ursprünglich ') Dem neuen Markte, toruni Drsjani genannt. 1595 Achtundsechzigstes Buch. bergicht, und er ließ ihn in einer der Höhe der Säule entsprechenden Tiefe abgraben und zu einem Markte ebnen. 17. Hierauf zog er gegen die Armenier und die Parther zu Felde, vorgeblich, weil der König von Armenien daL Diadem sich nicbt von ihm, sondern von dem Partherkönige hatte überreichen lassen, im Grunde aber aus bloßer Ruhmbegierde. Als er auf seinem Zuge gegen die Parther nach Athen kam, traf eine Gesandtschaft von Osroes bei ihm ein, bat um Frieden und brachte Geschenke. Als Dieser nämlich von seinem Anzüge hörte, wodurch er seine Drohungen bethätigte, gerietst er in Furcht und bat demüthig und flehentlich, ihn nicht zu bekrieg n, und Armenien dem Parthama- siris, der ja auch ein Sokn des Pacvrus sey, zu geben, ihm selbst aber das Diadem zu übersenden; den Sxedares, der es weder mit den Römern, noch mit den Parthern aufrichtig meine, habe er der Herrschaft entsetzt. Trajan aber nahm die Geschenke nicht an und gab mündlich und schriftlich nur den Bescheid: die Freundschaft werde nach Thaten, nicht nach Worten bemessen; wenn er nach Syrien komme, werde er thun, was Rechtens sey. Dabei blieb er und zog durch Asten, Lycicn und die angrenzenden Provinzen nach Seleucien. 18. Nach seiner Ankunft in Antiochia ließ sich der Osrovnerkönig Auqarus zwar nicht sehen, *) machte aber Geschenke und Anträge zur Güte. Da er ihn und die Parther gleich sehr fürchtete, so wollte er es mit keinem von beiden verderben und hielt es deßhalb nicht für rathsam, persönlich zu erscheinen. Als er in Feindesland rückte, kamen ) Statt lese ich 1596 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihm die Satrapen und die Könige in der Gegend mit Geschenken entgegen. Unter letzteren befand sich auch ein Pferd, das abgerichtet war, einen Fußfall zu thun: es beugte nämlich seine Bordersüße und legte den Kopf unter die Füße des Nächststehenden. Trajauus unterwarf sich Alles ohne Schwertstreich, kam nach Satala und Eleg-a, Städten in Armenien, und ehrte den König der Henivcher, zog aber den König Parthamastris von Armenien zur Strafe. Nach der Unterwerfung des ganzen Armenischen Landes nahm er viele der Könige, welche sich freiwillig unterwarfen, als Freunde auf, und bestrafte Andere, welche sich nicht fügen wollten, ohne daß es zu förmlichem Kampfe gekommen wäre. 19. sParthamasiris that folgenden Schritt, den ihm die Noth abdrängte. Erst nannte er sich in einem Briefe an Trajan noch König; als er aber keine Antwort erhielt, so ließ er in einem zweiten Briefe diesen Titel weg, und bat, den Statthalter von Cappadocien Marcus Junius an ihn zu senden, weil er ihm ein« Bitte anvertrauen wollte. Trajan sandte dessen Sohn an ihn ab, rückte selbst vor Samo- sata, nahm die Stadt ohne Schwertstreich, von da vor Satala, und machte dem Könige der tzeniocher und Mache- lonen, Anchialus, Gegengeschenke, in Elegia aber ließ er den König von Armenien Parthamastris vor sich. Er selbst saß in dem Lager auf einem erhöhten Sitze. Der König grüßte ihn, nahm sein Diadem von dem Haupte, legte es ihm zu Füßen und erwartete, ohne ein Wort zu sprechen, dastehend es wieder zurückzuempfangen. Als die Soldaten aber zusammenschrieen und den Trajan wie über einem Siege als Imperator begrüßten (sie nannten es einen kampflosen 1597 Achtundsechzigstes Buch. unblutigen Sieg, daß sie einen König aus dem Stamme der Arsaciden, des Pacorus Sohn, und Brudersohn des OsroeS ohne Diadem wie einen Kriegsgefangenen vor ihm stehen sahen), erschrack er und meinte, es geschehe zu seiner Beschimpfung und sey das Signal zu seinem Tode. Er wandte sich nin, zur Flucht, »nd als er sich umdrängt sah, bat er, nicht vor der Menge sprechen zu dürfen, und ward so in das Zelt geführt, erhielt aber von Dem, was er wollte. Nichts bewilliget. 2y. Als er auch hier von Wuth entbrannt in das Lager entsprang, ließ ihn Trajanus zurückführen, bestieg wieder den Thron und hieß ihn vor Aller Ohren sagen, Was er vorzubringen hätte s damit man nicht, mit Dem, was sie unter sich gesprochen hätten, unbekannt, sich mit falschen Gerüchten trüge. Auf diese Weisung konnte sich Parthamasiris nicht mehr länger halten, sondern erklärte mit vieler Freimüthigkeit Folgendes : „weder als Besiegter, noch als Gefangener, sondern aus freien Stücke» sey er hier erschienen» im Vertrauen, keine Unbilde zu erfahren und die Herrschaft wieder zu erhalten, wie einst von Nero Teridates." Trajan gab ihm auf das Andere gebührenden Bescheid, erklärte aber, „Armenien werde er nimmermehr freigeben, es gehöre den Römern und werde von Rom aus seine Statthalter bekommen; er selbst aber könnte gehen, wohin er wollte." Wirklich entließ er auch Parthamasiris mit den ihn begleitenden Parthern jedoch unter Bedeckung von Rittern, damit sie mit Niemand sprechen oder Unordnung anstiften könnten. Alle Armenier aber, die mit ihm gekommen waren, mußten bleiben, weil sie jetzt seine Unterthanen waren. 1598 Casflus Dio's Römische Geschichte. 21. Nachdem Trajan die nöthigen Besatzungen in den betreffenden Plätzen zurückgelassen hatlte, kam er nach Edeffa und sprach dort zum erstenmale Augarus. Bisher hatte er nämlich zn wicderholtenmalen Gesandte mit Geschenken an ihn geschickt, war aber unter allerlei Vorwänden noch nicht persönlich vor ihm erschienen, gleich dem MaNnus, dem Könige des benachbarten Arabiens und dem Sporaces, dem Phylarchen von Anthemusien. Jetzt aber kam er besonders auf Zureden seines Sohnes Arbandus, den Trajan wegen seiner Schönheit und Jugend ausnehmend liebte, und ging ihm, besorgt wegen seiner Annäherung, auf dem Marsche entgegen, entschuldigte sich und erhielt Verzeihung, wobei er den schönsten Fürsprecher an seinem eigenen Sohne hatte. Er ward von jetzt an ein Freund Trajan's und bewirthete ihn. Während des Mahles mußte sein Sohn einen heimischen Tanz aufführen. 22. sAls Trajan nach Mesopotamien kam, traf er Friedensboten von Mannus und Gesandte von Manisarus an, den Osroes niit Krieg überzogen. Manisarus erbot sich, das eroberte Mesopotamien und Armenien freiwillig zu räumen. Trajan erklärte aber, er träne ihm nicht, bis er, wie er zugesagt hätte, selbst kommen und seine Versprechungen durch die That bewähren würde. Dem Mannus traute er nicht, zumal da er dem Mebarsapes, dem Könige von Adia- bene, HUlfsvölker gesendet hatte, die jedoch von den Römern aufgefangen worden waren. Deßhalb erwartete er ihre Ankunft nicht, sondern suchte sie selbst in Adiabene auf, und Eingara nebst andern Plätzen wurden ohne Widerstand durch Lusius weggenommen.) sJu die Feste Adenysträ war früher 1599 Achtundsechzigstes Buch. der Centurio Dentins als Gesandter an Mebarsapes geschickt, von Diesem aber in Fesseln gelegt worden und befand sich in jenem Platze. Als nun die Römer nahten, beredete er sich mit einigen seiner Mitgefangenen, entwich mit ihnen aus den Banden, tvdtete den Befehlshaber der Besatzung und öffnete seinen Landsleuten die Thore.Z 25. Unter anderen Auszeichnungen, welche der Senat dem Trojan zuerkannte, nannte er ihn auch Optimus oder den Besten. Er zog immer >mt dem ganzen Heere zu Fuß, hielt sie während des ganzen Zugs in Ordnung, ließ sie bald so bald anders ziehen und setzte mit ihnen zu Fuß über die Flüsse. Zuweilen ließ er durch die Kundschafter falsche Botschaft melden, um sie im Aufstellen zu üben und sie zu Allem bereit und unerschrocken zu machen. Nach der Einnahme von Nisibis und Batana "9 erhielt er auch den Ehrennamen der Parthische. Der liebste von allen war ihm jedoch Optimus, da dieser seinen Charakter, die andern blos Waf- fenthaten bezeichneten. 24. Während seines Aufenthalts in Antiochia ereignete sich ein schreckliches Erdbeben, durch welches viele Städte litten, Antiochia aber am härtesten mitgenommen wurde. Da Trajan daselbst überwinterte, und viele Soldaten und Privatleute theils in Streitsachen, theils wegen Gesandtschaften, Handels halber oder aus Neugierde von allen Seiten dabin zusammenströmten, so war keine Provinz, keine Nation, die dadurch nicht zu Schaden kam, und so betraf in der einzigen Stadt Antiochia dieses Unglück den ganzen *) Jetzt Skbatana. L60Ü Cassius Dio'6 Römische Geschichte. bewohnten Erdkreis, so weit er den Römern gehorchte. Es begann mit vielen Blitzen und ungewöhnlichen Windstößen; Niemand aber erwartete, daß so großes Unheil auf sie folgen würde. Zuerst ließ sich plötzlich ein großes Gedröhn der Erde vernehmen, worauf die heftigste Erschütterung der Erde folgte. Der ganze Boden sprang empor, empor die Häuser, die dann entweder zusammenstürzten und zertrümmert wurden, oder wie Schiffe auf dem Meere bald nach dieser, bald nach jener Seite schwankten und große Strecken freien Platzes mit ihren Trümmern überdeckten. Entsetzlich war das Krachen der Balken, Ziegel und Steine, welche zerbrachen nnd durcheinander stürzten, es erhob sich ein gräulicher Staub, so daß Einem Sehen, Sprechen und Hören verging. Selbst von Denen, welche außerhalb der Häuser waren, blieben Viele nicht uuverschont; sie wurden gewaltsam in die Luft geworfen, oder vielmehr geschleudert, und fielen dann wie von einem Absturz herab und wurden verstümmelt oder blieben auf der Stelle todt. Auch Bäume schnellten sammt den Wurzeln in die Höhe. Die Zahl Derer, die in den Häusern ihren Tod fanden, geht ins Unendliche. Sehr viele wurden durch den Einsturz der Häuser erschlagen oder im Schütte erstickt. Am kläglichsten war das Schicksal Derer, die mit einem Theile ihres Körpers zerschmettert unter Steinen oder Balken lagen, und so weder länger leben noch auch sogleich sterben konnten. 25. Bei alle dem kamen jedoch Viele, wie sich bei einer so großen Bevölkerung denken läßt, mit dem Leben davon, aber auch sie nicht alle ohne irgend eine Beschädigung. Viele hatten an den Beinen, Schultern, Andere am Kopfe Schaden 1601 , Achtundsechzigstes Buch. genommen, noch Andere bekamen Blnterbrechen, unter ihnen auch der Consul Pedo, der gleich darauf sterben mußte. Kurz es gab keinen gewaltsamen Schmerz, den die Einwohner der Stadt nicht erleiden mußten. Da nach dem göttlichen Rathschlusse das Erdbeben mehrere Tage und Nächte dauerte, so wußten sich die Leute nicht zu rathen, noch zn helfen. Die Einen wurden von den einstürzenden Gebäuden verschüttet oder erschlagen, die Anderen kamen vor Hunger um, wenn sie durch die Neigung der Balken in einen leeren Raum zu stehen kamen oder unter einer Art von Schwibbogen eingeschlossen waren. Als das Erdbeben endlich aufgehört hatte, wagte sich einer der Stadtbewohner unter die Trümmer hinein und bemerkte eine »och lebende Frau. Diese aber war nicht allein, sondern hatte auch noch ein Kind, dem sie, so wie sich selbst, mit ihrer Milch das Leben gefristet hatte. Man grub sie heraus und rettete sie sammt dem Kinde. Man suchte nun auch unter anderen Trümmern nach, fand aber außer einem Kinde, das noch an der Brust der todten Mutter sog, nichts Lebendiges mehr. Ueber dem Anblicke der nun hervorgezogenen'Todten vergaß man die Freude über die eigene Rettung. Solches Unglück betraf damals Antivchia. Trajanus entfloh durch ein Fenster aus dem Hause, in dem er sich befand. Ein Mann von mehr als menschlicher Größe war zu ihm getreten und hatte ihn binausgeleitet, so daß er nnr mit geringen Beschädigungen davon kam. Als das Erdbeben mehrere Tage andauerte, blieb er unter freiem Himmel auf der Rennbahn. Auch der Kasische Berg wurde durch das Erdbeben so erschüttert, daß Dio CassiuS. 13§ Bbchn. Z 1602 CasfiuS Dio's Römische Geschichte. seine Spitze sich neigte und borst, und auf die Stadt hereinzustürzen drohte. Auch andere Berge senkten sich. ES kam viel Wasser zum Vorscheine, wo früher keines war, und versiegte da, wo es vorher in großer Fülle floß. r6. Trajanus rückte gegen den Frühling in das Gebiet der Feinde ein. Da die Gegend am Tigris kein Schiffbauholz liefert, so ließ er die Fahrzeuge, welche in den Waldungen der Umgegend von Nisibis gezimmert worden waren, auf Wagen an den Fluß führen. Denn sie waren so eingerichtet, daß sie auseinandergelegt und wieder zusammengefügt werden konnten. Bei dem Sardonischen Gebirge*) schlug er mit vieler Beschwerde eine Brücke über den Fluß: denn die Feinde auf dem Gegenufer suchten es zu verhindern. Weil aber Trajan über viele Schiffe und Soldaten zu verfügen hatte, so wurden die Schiffe mit größter Geschwindigkeit zusammengefügt, während andere mit Schwerbewaffneten und Pfeilschützen bemannt vorn die Angriffe der Feinde abwehrten und wieder andere an verschiedenen Seiten zu landen versuchten. Dieß und der Schrecken, mit cinemmal eine -solche Menge Schiffe in der Holzarmen Gegend zu erblicken, vermochte die Feinde znm Rückzüge; die Römer setzten über und unterwarfen ganz Adiabene. (Dieß ist ein Theil Assyriens um die Stadt Ninus; Arbela so wie auch Gaugamela, wo Alexander den Darius besiegte, liegen gleichfalls darin. Es wurde, weil die Barbaren das S in T verändern, auch Atyria genannt.) Hierauf zogen sie, ohne viel Widerstand Dio nennt die Gegend selbst Corduene oder Cordyne und nannte vielleicht das Gebirg auch das Cordp nische. Sonst heißt es das Gordyäische. AchtundsechzigsteS Buch. 1603 zu finden bis Babylon, da die Macht der Parther durch innerliche Kriege sehr zusammengeschmolzen und gerade damals im Aufstande begriffen war. 27. Hier sah Trajan auch den Asphaltsee, aus dessen Harz die Mauern von Babylon erbaut worden. Wenn es Ziegelsteinen oder andern kleineren Steinen beigemischt wird, so gibt es ihnen eine solche Härte, daß die Mauern fester werden, als wenn sie von Stein nnd Eisen aufgeführt würden. Auch ließ er sich die Erdkluft zeigen, aus welcher ein so gefährlicher Dunst aufsteigt, daß er jedes Thier auf dem Lande und alle Vogel tobtet, sobald sie nur Etwas davon zu riechen bekommen. Wenn er höher stiege oder sich weiter seitwärts verbreitete, so könnte das Land gar nicht bewohnt werden. So aber wälzt er sich wieder auf sich selbst zurück, ^ nnd verbreitet sich nicht weiter. Etwas Aehnliches sah ich s in Hierapolis in Asien und machte selbst den Versuch mit Vögeln, indem ich selbst mit dem Kopfe mich darüberbeugte und den Dunst beobachtete. Er ist in eine Cisterne eingeschlossen und ein Gerüst darüber erbaut, von dem man hinabsehen kann. Er tödtet alles Belebte, nur Entmannte nicht. Die Ursache davon kann ich mir nicht denken. Ich j berichte nur Was ich sah und hörte, und wie ich es sah und > hörte. 28- Trajan ging damit um, den Vuphrat dnrch einen Kanal in den Tigris zu führen, um auf demselben Fahrzeuge > zum Baue einer neuen Brücke hinabführen zu können. Als ^ er aber hörte, daß er viel höher als der Tigris sey, so stand ! er davon ab, indem er befürchtete, der Suphrat möchte, I 3 * 1604 Cassius Dio's Römische Geschichte. - wenn er mit Gewalt in die Niederung Herabströme, unschiff- bar werden. Er ließ also seine Fahrzeuge mittelst Walzen da, wo die Strecke zwischen beiden Flüssen am schmalsten ist (denn der Euphrat verliert sich ganz in Sümpfe und ergießt sich dann in den Tigris), hinüberschaffen, setzte über den Tigris und zog in Ctesiphon ein. Die Einnahme dieser Stadt gab ihm von Neuem den Titel Imperator und bestätigte ihm den Ehrennamen des Parthischen. Unter anderen Ehrenbezeigungen erkannte ihm auch der Senat das Recht zn, so viel er wollte, Triumphe zu feiern. Nach der Einnahme von Ctesiphon aber kam ihn die Lust an, in das rothe Meer hinabzufahren. Dieß bildet einen Theil des Oceans und hat seinen Namen von einem früheren Beherrscher jener Gegend. Die Insel Messens auf dem Tigris, wo Athambi- lus König war, unterwarf er ohne viel Mühe. sDieser König blieb dem Trajanus treu, obgleich er Tribut bezahlen mußtet Durch einen Sturm, die reißende Strömung deö Tigris und die eintretende Fluth des Oceans wäre seine Flotte beinahe verunglückt, wenn nicht die Bewohner des Spaflnerwalls, die dem Athambilus Unterthan waren, ihn freundschaftlich aufgenommen hätten. 29. Von hier gelangte er endlich in den Ocean und unterrichtete sich von dessen Beschaffenheit. Als er ein Schiff j auf demselben nach Indien fahren sah, sprach er: „auch nach » Indien wollte ich, wenn ich noch jünger wäre." Nach Indien stand ganz sein Sinn und er machte sich mit seinen Angelegenheiten zu schaffen. Den Alexander pries er glücklich und meinte, er wäre noch weiter als er vorgedrungen. Dieß schrieb er auch an den Senat, obgleich er nicht einmal Achtunvsechzigftes Buch. 1605 seine zeitigen Eroberungen behaupten konnte. Deßhalb beschloß der Senat unter Anderem, daß er über so viele Völker, als er wollte, Triumph halten sollte: denn wegen der Meng« neuer Eroberungen, die er immer von Neuem berichtete, konnte der Senat nicht alle merken noch' namentlich aufführen. Unter vielen anderen Auszeichnungen war auch. ein Triumphbogen, den man ihm auf seinem eigenen Marktplatze errichten wollte und der Beschluß, ihn bei seiner Rückkunft möglichst weit einzuholen. Das Schicksal wollte aber, daß er nicht mehr nach Rom zurückkehren, keine großen Thaten mehr verrichten und die bisherigen Eroberungen wieder verlieren sollte. Während der Zeit, da er nach dem Ocean fuhr und wieder von dort zurückkehrte, empörten sich alle von ihm eroberten Länder, und vertrieben oder vernichteten die Besatzungen, die bei ihnen zurückgelassen worden waren. 50. Trajan erhielt die Nachricht noch auf seiner Seefahrt: denn er fuhr dahin, theils durch die Sage verlockt, fand aber Nichts, das seiner Erwartung entsprach, nichts als Dämme, Steine und Trümmer; theils dem Alexander zu Ehren, dem er in dem Hause, in welchem er starb, ein Todtenopfer brachte. Auf die Nachricht davon schickte er den Lussus und den Maximus gegen die Empörer. Der Letztere verlor eine Schlacht und blieb auf der Wahlstadt. Luslns aber verrichtete Großes, nahm NistbiS wieder ein, eroberte Edeffa, das er plünderte und in Asche legte. Auch Seleucia ward von den Legaten Erucius Clarus und Julius Alexander eingenommen und niedergebrannt. Tra;an, welcher befürchtete, daß auch die Parther sich empören möchten, beschloß ihnen einen König zu geben.' Er begab sich deßhalb 1606 Cassius Dio's Römische Geschichte. nach Cteflphon, ließ alle Römer und die in der Nähe befindlichen Parther in eine große Ebene zusammenkommen, und bestieg einen hohen Thron, sprach mit großer Selbstgefälligkeit von seinen Thaten, ernannte Parthamaspates zum Könige der Perser und setzte ihm das Diadem auf das Haupt. 31 . Hierauf zog er nach Arabien und griff die Atrener an, welche gleichfalls abgefallen waren. Ihre Stadt ist weder groß »och wohlhabend, die Gegend weit umher öde, auch hat sie nur weniges und ungesundes Wasser, und weder Holz noch Waiden für das Vieh; außer dieser Oertlichkeit, welche eine Belagerung für ein zahlreiches Heer unmöglich macht, steht sie im Schutze des Sonnengottes, dem sie geheiligt ist. Auch wurde sie weder von Trojan, noch später von Severus eingenommen, obgleich sie einen Theil ihrer Mauern niederwarfen. Trajanus schickte seine Reiterei voraus) diese aber wurde geschlagen und in ihr Lager zurückgeworfen. Er selbst sprengte jetzt herbei und wäre beinahe verwundet worden, obgleich er, um nicht erkannt zu werden, sein Purpurgewand abgelegt hatte. Sein ehrwürdiger Grau- kopf und sein würdevolles Ausseht» ließen die Feinde in ihm Den vermuthen, der er war; sie schoßen "deßhalb nach ihm und tödtete» einen Ritter in seiner Umgebung. So oft seine Leute aber einen Angriff machten, erdröhnte der Himmel von Gedonner; Regenbogen zeigten sich, Wetterleuchten, Sturmwinde heulten, und Hagel und Blitze verfolgten sie. Wenn sie sich zum Essen setzten, flogen Mücken in Speise und Getränk und machten, daß man alle Lust verlor, Etwas zu genießen. Trajan hob endlich die Belagerung auf und fing bald darauf zu kränkeln an. 1607 Achtundsechzigstes Buch. 52 . Während.der Zeit hatten die Juden inCyrene einen gewissen Andreas an ihre Spitze gestellt und begannen Alles, was Römer oder Grieche hieß, niederzumachen. Sie aßen ihr Fleisch, umwanden sich mit ihren Eingeweiden, bestri- chen sich mit ihrem Blut und zogen die Haut ihrer Leichen über sich her. Andere durchsagten sse vom Scheitel herab der Länge nach oder warfen sse wilden Thieren vor, oder zwangen sie im Zweikampf« einander umzubringen, so daß im Ganzen zweimalhundert und zwanzigtausend Menschen auf diese Weise das Leben verloren. In Aegypten und Cypern verübten sie ähnliche Gräuelthaten unter der Anführung eines gewissen Artemis und auch hier fanden zweimal- hundert und vierzigtausend Menschen ihren Tod. Seit dieser Zeit darf denn auch kein Jude letztere Insel betreten, und wenn je Einer durch einen Sturm dahin verschlagen wird, muß er sterben. Die Juden wurden jedoch theils von Andern, theils von Quintns Lussus, ') den Trajan dahin abschickte, zu Paaren getrieben. sDieser Quintns Lussus war ein Mauritanier, war Fürst in seinem Lande und befehligte ein Mauritanisches Neitergeschwader. Weil er sich aber einen schlechten Streich zu Schuld kommen ließ, ward er seiner Stelle entsetzt und für ehrlos erklärt. Als später der Krieg in Dacien ausbrach, und man tzülfstruppen aus Mauretanien bedurfte, stellte er sich freiwillig ein, und verrichtete große Thaten. Hierdurch kam er wieder zu Ehren und verrichtete nun in dem zweiten Kriege noch weit mehrere und glänzendere Heldenthaten. Er kämpfte mit so viel Glück *) Nach Anderen hieß er Lusius 2 »intus. 1608 Cassius Dio's Römische Geschichte rc. und gewann sich solchen Ruhm, daß er Prätorenrang erhielt, Consul und Statthalter von Palästina wurde. Diese Ehre zog ihm Neid, Haß und endlich selbst den Untergang zu. zz. Trajanus rüstete sich nun zu einem zweiten Feldzuge nach Mesopotamien, weil seine Krankheit aber bedenklicher wurde, schiffte er sich nach Italien ein, und ließ den Publius Aclius tzadrianus mit dem Heere in Syrien zurück. So hatten denn die Römer nach der Eroberung von Armenien und dem größten Theile Mesopotamiens und der Beilegung der Parther vergebliche Beschwerden und Gefahren bestanden: denn die Parther verschmähten den Parthamas- pates, und wählten sich einen König nach ihrem Sinne. Trajanus äußerte selbst den Verdacht, daß die Ursache seiner Krankheit Gift sey, das er bekommen habe. Nach Andern hätten sich bei ihm Hämorrhoiden, die sonst jedes Jahr einen Abfluß gehabt, verstopft. Hierzu kam noch ein Schlagfluß, der ihm einen Theil des Leibes lahmte; seine Hauptkrankhcit war aber Wassersucht. Als er nach Selinüs in Cilicien, das wir jetzt Trajanopel heißen, gekommen, ging ihm der Athem plötzlich aus, nachdem er »eunzehen Jahre, sechs Monate und fünszehen Tage die Regierung bekleidet hatte. Inhalt des neunundsechzigsten Buchs. Im Auszuge des Xiphilinus mit Bruchstücke» des vollständigen Dio. Hadrianns wird, ebne von Trojan adoptirt zu seyndurch Begünstigung der Ploting sein Nachfolger. Cap. I. Hadrian läßt einige hinrichten. Seine Gelehrsamkeit. Seine Mißgunst. Cap. Z. 4. Seine guten Seiten: Leutseligkeit und Freigebigkeit. Erlassung alter Staatsschulden. Cap. 5—8. Seine Reisen: Hebung der Kriegszucht. Seine Jagdlust. Cap. 9. 10. Er laßt dem Antonius zu Ehren verschiedene Denkmäler errichten. Cap. 11. Ausstand der Juden bei Gelegenheit der Erbauung der Aelia Ca- pitolina. Vithpnien wird wieder kaiserliche Provinz. Cap. 12—14. Der Aufstand der Albaner wird unterdrückt. Pharasmancs, König von Jberien. wird hoch geehrt. Cap. 15. Einweihung deS Tempels des Olympischen Jupiter und des Panellenium. Cap. 18. Hadrian wird krank, adoptirt den Commodus, läßt den Servianus hinrichten. Lok. des Turbo, des Fronto und des Einritts. Cap. 17 — 19. Nach dem Tode des Commodus adoptirt er den Antonin und Dieser adoptirt zugleich den Marcus und den Verus. Cap. 20. 21. Tod des Hadrian. 22. 23. Der Zeitraum begreift drciundzwanzig Jahre, in welchen Folgende Consuln waren: Nach Nach Hadrian's Chr. Erb. d. Stadt. Negier.-Jahres 117. 870. Quintus Niger und Vipstanus I. ' Axrvnianus. Traf. -s 11. Aug. 1610 Inhalt. Nach Nach Hadrian' Ehr. Erb. d. Stadt. Regier.-Ja 118. 871. Hadrianus zum zweitenmal und Claudius Fuscus Salinator. 11 . 119. 872. Hadrianus zum drittenmal und Quintus Junius RusticuS. III. 120. 873. Lucius Catilius Severus und Titus Aurclius Fulvus. IV. 121. 874. Lucius Annius Verus und Au- relius Augurinus. V. 122. 875. Acilius Aviola und Corellius Pansa. VI. 123. 876. Quintus Arrius Patinus und Cajus Ventidius Apronianus. VII. 124. 877. Manius Acilius Glabrio und Cajus Bellicius Torquatus. VIII. 125. 878. PnbliuS Cornelius Scivio Asia- ticus zum zweitenmal und Quintus Vettius Aguilinus. IX. 126. 879. Annius Verus zum drittenmal und Lucius Varius Ambibulus. X. 127. 880. Gallicanus und Cälius Titia- nus. XI. 128. 881. Lucius Nvnius Asprenas Tor- quatus zum zweitenmal und Marcus Annius Libo. XII. 129. 882. Juventius Celsus zum zweitenmal und Marcellus. XIII. 130. 883. Quintus Fabius CatuMnus und Marcus Flavius Aper. XIV. 131. 884. Servius Octavius Länas Pon- tianus und Marcus Antonius Rufinus. XV. 132. > 885. Augurinus und Severianus (nach Andern) Sergianus. XVI. Inhalt. 1611 Plach Nach Hadrian's Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 133. 886. Hiberus und Jnnius Silanus Sisenna. XVII. 134. 887. Servianus zum drittenmal und Bibius Barus. XVIII. 135. 888. Pontianus und Atilianus. XIX. 138. 889. Lucius Cejonius Commodus Ve- rus und ScrtuS Vetulanus Civica Pompejanus. XX. 137. 890. Lucius Aelius Verus Cäsar und Pubtius Cäiius Balbinus Vi- bullius. XXI. 138. 891. Camerinus und Niger. XXII. -j- 10 Jul. Neunundsechzigstes Buch. 1. Hadrian war von Trajan nickt adoptirt. Sie waren Landsleute, und Dieser sein Vormund gewesen. Ohnedies mit ihm verwandt heirathete er nock eine Nichte desselben. Ueberhaupt war er immer in seiner Gesellschaft und an seiner Tafel, und hatte wegen des Kriegs gegen die Parther von Trajan die Statthalterschaft in Syrien bekommen. Er erhielt jedoch keine weitere Auszeichnung von ihm und war ,unter ihm nicht einmal Consul der ersten Ordnung geworden. Als aber Trajan ohne einen Sohn zu hinterlassen gestorben war, so erklärten ihn sein Landsmann und früherer Vormund Attiauus und Plotina, wegen eines mehr als 1612 Cassius Dio's Römische Geschichte. freundschaftlichen Einverständnisses mit ihm, da er in der Nähe war und zahreiche Streitkräfte befehligte, zum Kaiser. Mein Vater Apronianus, der Statthalter.in Cilicien gewesen war, hatte die näheren Umstände erfahren und mehr als einmal erzählt, daß der Tod des Trajanns mehrere Tage verheimlicht wurde, damit das Gerücht seiner Adoptirung sich noch vorher verbreiten könnte. Dieß ging auch aus seinem *) Schreiben an den Senat hervor. Er hatte es nicht selbst unterschrieben, sondern Plotina, Was sie sonst nirgends gethan hatte. r. Hadrianus befand sich, als er zum Kaiser ausgerufen ward, gerade in der Hauptstadt von Syrien, dessen Statthalter er war. Vor jenem Tage träumte ihm, daß bei völlig reiner Luft Feuer vom Himmel auf die linke Seite seines Halses gefallen sey und dann auf die rechte sich gezogen habe, ohne daß es ihn weder erschreckt noch beschädigt hätte. Er schrieb sogleich an den Senat, und bat, ihn-als Kaiser zu bestätigen, verbat sich aber für jetzt und für immer alle bisher üblichen Ehrenbezeigungen, wenn er nicht selbst darum ersuchen würde. Die Gebeine des Trajan wurden in seiner Säule beigesetzt und die sogenannten Parthischen Spiele viele Jahre gefeiert, bis sie, gleich so vielem Anderen, in Abgang kamen. So milde auch Hadrian regierte sund in einem Schreiben unter anderen Aeußerungen der Edelmuth auch die eidliche Versicherung gegeben hatte, daß er bei seinen Handlungen immer nur das Gemeinwohl im Auge haben, keinen Senator am Leben strafen, und im Falle des Dawider- ') Das jedoch unterschoben war. 1613 Neunundsechzigstes Buch. Handelns den Fluch über sich selbst ausgesprochen haben wollte,^ so kam er doch wegen der Ermordung Einiger der angesehensten Männer zu Anfang und gegen das Ende seiner Regierung in üble Nachrede und hätte sich beinahe um die Ehre gebracht, nach seinem Tode unter die Heroen versetzt zu werden. Zu Ansang seiner Regierung wurden hingerichtet Palma, Celsns, Nigrinus und Lusius, welche ihm auf der Jagd nach dem Leben getrachtet haben sollten) Andere unter anderen Verwänden, eigentlich aber, weil sie großen Einfluß hatten, große Reichthümer besaßen und grvßen Ruhm erworben hatten. Als Hadrian hörte, daß man sich sehr nachtheilig darüber äußerte, sah er sich genöthigt.durch eidliche Versicherung sich dagegen zu verwahren, daß ihre Hinrichtung nicht auf seinen Befehl stattgefunden habe. Kurz vor seinem Tode wurden hingerichtet Eervianus und sein Neffe Fuscus. 5. Hadrianus hatte, was seine Abkunft betrifft, den Senator »ud gewesenen Prätor Hadrianus mit dem Beinamen Äser zum Vater. Mit Vorliebe hatte er die beiden Sprachen studirt und hat auch verschiedene Schriften in gebundener und ungebundener Rede hinterlassen. Sein Ehrgeiz war unersättlich und trieb ihn, auf alle selbst die geringfügigsten Fächer sich zu legen. Er trieb Bildnerei, malte und wollte jede Kunst des Friedens wie des Krieges, des Fürsten wie des Privatmanns verstehen. Doch hätte diese Eitelkeit Niemand geschadet, wenn nicht sein Neid, der jedes hervorragende Verdienst verfolgte, Viele das Amt, Manche sogar das Leben gekostet hätte. Da er Allen in Allem überlegen seyn wollte, so haßte er Diejenigen, die sich hervorthaten. 1614 Cassius Dio's Römische Geschichte. Dieß war auch der Grund, daß er die Sophisten Favorinus aus Gallien, und Dionystus aus Milet auf jede Weise, namentlich aber auch dadurch herabzusehen suchte, daß er ihre Gegner, die kein oder nur wenig Verdieiist hatten, über sie erhob. Man erzählt, Dionystus habe zu Heliodorus, dem Geheimschreiber des Hadriau, der sein Nebenbuhler war, einmal gesagt: „der Kaiser kau» dir Geld und Ehren geben, zum Redner machen kann er dich aber nickt." Favorinus, welcher sich darüber, daß er sich zu Bekleidung eines öffentlichen Amtes in seinem Vaterlands nicht zwingen lassen wollte, vor ihm verantworten sollte, und nicht ohne Grund eine ungünstige Entscheidung und selbst Verhöhnung erwartete, trat vor Gericht und gab nun folgende Aeußerung von sich: „mein Lehrer erschien mir heute Nacht im Traume, und hieß mich in meinem Vaterlands Dienste nehmen, weil ich ja doch daselbst geboren sey." 4. So ärgerlich er auch auf diese Männer war, so mußte erNhneu doch nachsehen, weil er keinen erheblichen Grund fand, ihnen an's Leben zu gehen. Den Baumeister Apollodorus aber, der das Forum, das Odeum, das Gymnasium, lauter Werke Trajaus in Rom, aufgeführt hatte, verwies er zuerst aus der Stadt, später aber ließ er ihn sogar hinrichte», weil er, wie er vorgab, Etwas verbrochen hätte, im Grunde aber, weil er früher einmal, als er mit Trajan über die aufzuführende Werke sprach, und Hadriau darein reden wollte, zu ihm gesagt hatte: „Geh du nur fort und male deine Gurken: denn von dem da verstehst du Nichts!" In der That hatte damals Hadrian eine Gurke gemalt, auf die er sich viel zu Gute that. Als er zur 1615 . Neunundsechzigstes Buch. Regierung kam, gedachte er der Beleidigung und konnte seine kecken Aeußerungen nicht verdauen. Er überschickte ihm den Riß des Tempels der Venus und der Roma, um ihm zu zeigen, daß auch ohne ihn ein großartiges Werk ausgeführt werden könne, und ließ ihn fragen, ob er so recht wäre. Er aber schrieb zurück in Betreff des Tempels, man hätte denselben mehr in die Höhe bauen und unten einen leeren Raum lassen sollen, damit er gegen die heilige Straße hin mehr in die Augen fiele und in die Höhlung Maschinerien aufnehmen könnte, um solche unvermerkt zusammenzufügen und unverhofft plötzlich in das Theater vorzuschieben; was aber die Bildsäulen der Göttinnen betreffe, so seyen sie im Verhältniß zur Kapelle zu groß: denn wenn die Göttinnen, fuhr er fort, einmal aulstehen und herausgehen wollten, so würden sie es nickt können. Ueber diese unverholene Aeußerung war tzadrian um so mehr erbost und unaufgebracht, weil er sich einen Fehler hatte zu Schulden kommen lassen, der nicht mehr gut gemacht werden konnte. Er vermochte seinen Zorn und Aerger so wenig zu bemeistern, daß er den Baumeister wirklich umbringen ließ. Er hatte eine solche Sinnesart, daß er nicht blos die Lebenden, sondern auch die Todten mit seiner Mißgunst verfolgte. Den Homer suchte er in der öffentlichen Meinung auszuthun und setzte den Antimachus an seine Stellenden früher Viele nicht einmal dem Namen nach kannten. 5. Wenn er sich durch diese Schwächen, durch zu große Pünktlichkeit, Vielgeschäftigkeit und Wandelbarkeit des Charakters gerechten Tadel zuzog, so machte er diese Fehler wieder gut durch seine Sorgsamkeit, Fürsorge, Edelmuth 1616 Casfius Dio's Römische Geschichte. und Gewandtheit. Nie fing er einen Krieg an, und wußte dem schon ausgebrockenen ein schnelles Ende zu machen. Keinem nahm er ungerechter Weise sein Vermögen ab, machte vielmehr viele» Völkern und Privatleuten, Senatoren und Rittern große Summen znm Geschenke. Er ließ sich nicht erst lange bitten, sondern griff sogleich ein, wie das jeweilige Bedürfniß es erforderte. Die Heere hielt er zu strengen Kriegsübungen an, ließ sie aber im Bewußtseyn ihrer Macht nicht unbotmäßig oder übermüthig werden. Die Städte sowohl der Verbündeten als auch der Provinzen unterstützte er mit der edelsten Freigebigkeit. Viele besuchte er selbst und mehr als irgend ein Kaiser; um Alle suchte er sich durch Wasserleitungen, Anlegung von Häfen, Geschenke an Korn, Aufführung öffentlicher Gebäude, durch Geldgaben und Er- theilung von Vorrechten verdient zu machen. 6. Dem Römischen Volke war er mehr streng, als daß er ihm schmeichelte. Als es einmal bei einem Gladiatoren- spiek ungestüme Forderungen machte, so gab er ihm nicht nur nicht nach, sondern befahl noch, wie unter Domitian geschah, dem Herold Stille zu gebieten. Es kam jedoch nicht zu dem wirklichen Ruf. Der Herold hob nur die Hand auf, und brachte damit das Volk zur Ruhe, wie dieß zu geschehen pflegt: denn nie wird dem Rufe des Herolds zur Stille Folge geleistet. Als sle schwiegen, sprach er nur die Worte: „das will der Kaiser." Hadrian zürnte aber dem Herolde nicht nur nicht, sondern lobte ihn noch, daß er den Befehl nach all seiner Strenge nicht verkündete. Ueberhaupt ließ er sich dergleichen wohl gefallen, und nahm es nicht übel, wenn ihm selbst der nächste Beste wider Erwarten L617 Neunundsechzigstes Buch. einen solchen Dienst erwies. Eine Frau bat ihn einmal bei'm Vorübergehen auf der Straße nm Etwas, und erhielt zur Antwort: ich hab' jetzt nicht Zeit. Sie aber schrie ihm nach: „dann sey auch nicht Kaiser!" Er kehrte sich nun um und hörte sie an. 7. Zu allen wichtigeren und dringenderen Geschäften zog er den Senat bei, und saß mit den angesehensten Mitgliedern desselben oft in dem Palast, auf dem Marsch, in dem Pan- thenm und an andern Orte zu Gerichte, so daß alle Verhandlungen öffentlich waren. Auch den Untersuchungen der Consuln wohnte er oft als Beisitzer bei, und bei den circen- sischen Spielen zeichnete er sie aus. Wenn er sich dann näch Hause begab, so ließ er sich in einer Sänfte tragen, um die Andern der Begleitnng zu überheben. An heiligen Tagen oder Volksfesten blieb er nicht zu Hanse und nahm keine Aufwartung an, wenn nicht dringende Noth war, um die Leute nicht zu belästigen. Immer hatte er in Rom und auswärts die ersten Männer des Reichs in seiner Umgebung, schmauste bei ihnen und fuhr oft selbvierte mit ihnen aus. Auf die Jagd ging er, so oft es seine Geschäfte erlaubten, und trank bei'm Frühstück keinen Wein, sgenoß aber Mehrere^; dann zog er die ersten und angesehensten Männer znr Tafel, und sprach bei Tisch über allerlei Gegenstände. Wenn seine Freunde gefährlich erkrankten, so besuchte er sie, und wohnte ihren Festen bei; auch suchte er sie gerne auf dem Lande und in der Stadt in ihren Häusern auf. Vielen ließ *) -rXila»'« sa-rkdr«. Majo's Fragment. Dio Cassius. I3s Bdch». 4 1618 Casstus Div's Römische Geschichte. er zu Ehren nach ihrem Tode oder noch -ei ihren Lebzeiten Bildsäulen auf dem Markte errichten. Aber keiner derselben erlaubte sich deßhalb etwas Ungebührliches, oder ließ Worte oder Verwendungen von Andere» abmarkten, wie dieß sonst bei den Umgebungen der Kaiser zu geschehen pflegt. 8. Bisher wollte ich nur eine allgemeine Skizze von seinem Charakter geben, nun aber komme ich auf das Einzelne, so weit ich dasselbe erwähnen muß. Nach seiner Ankunft in Rom erließ er sogleich alle noch der kaiserlichen Kasse oder dem Staatsschätze schuldigen Summen und bestimmte einen Zeitraum von sechzehn Jahren, von welcher Zeit an und bis zu welcher dieß gültig seyn sollte. An seinem Geburtstage gab er dem Volke auf seine Kosten Schauspiele und hielt Thierhetzcu, so daß auf einmal hundert Löwen und eben so viel Löwinnen aus dem Platze blieben. Auch ließ er mittelst kleiner Kugeln im Theater und im Cir- cus Geschenke an das Volk vertheilen, jedoch beiden Geschlechtern abgesondert. Ferner verordnete er, daß sie nicht mehr gemeinschaftlich baden dürften. Dieß geschah in diesem Jahr. Noch ist zu bemerken, daß der Philosoph Euphrates eines freiwilligen Todes starb, indem tzadrianus selbst ihm wegen hohen Alters und Kränklichkeit den Schierlingsbecher zu trinken gestattete. g. Jetzt bereiste Hadrian eine Provinz nach der andern, indem er Gegenden und Städte, alle festen Plätze und Schanzen besuchte, diese an die geeignetsten Punkte verlegte, oder eingehen ließ oder neu anzulegen befahl. Er selbst musterte nicht nur Alles durch, was die Legionen gemeinschaftlich anging, Waffen, Maschinen, Gräben, Ringmauern, Wälle, Neunundsechzigstes Buch. 1619 sondern untersuchte und durchforschte auch Was jeden Einzelnen anging, Lebensweise, Wohnung, Sitten sowohl der Soldaten selbst als auch ihrer Oberen. Vieles, was zu weichlich eingerichtet und zubereitet war, schuf er um oder änderte er.ab. Er übte sie in jeder Art von Kampf, zeichnete die Einen aus, verwies den Andern, Alle aber belehrte er, was ihnen zu thun obliege. Um ihnen mit gutem Beispiele voranzugehen, lebte er selbst sehr streng, und erschien überall zu Fuß oder höchstens zu Pferde. Nie bestieg er einen zwei- oder vierräderigen Wagen und bedeckte weder in der Hitze noch in der Kälte sein Haupt, selbst in dem deutschen Schnee und in der Sonnenglnth Aegyptens ging er mit entblößtem Haupt einher. Kurz er wußte während seiner ganzen Regierung die Heere durch That und Befehl so gut in Uebung und Ordnung zu erhalten, daß auch jetzt noch seine Anordnungen beim Heer als Regeln gelten. Eben dadurch aber gelang eS ihm, mit fremden Völkern beständig Frieden zu erhalten. Sie sahe», wie gut er gerüstet war, wurden nicht beeinträchtigt, ja sie erhielten sogar noch Geschenke, und dachten nicht daran, sich feindselig zu bezeigen. Seine Leute waren so gut eingeübt, daß seine sogenannten Batavischen Reiter in voller Rüstung über die Donau schwammen. Die Feinde sahen dieß mit an, bekamen Furcht vor den Römern, und wenn sie sich unter einander selbst entzweiten, so mußte er den Vermittler bei ihren Händeln machen. *) *) Zwischen dieser und das folgende Capitel gehört vielleicht 4 * j.620 CassiuS Div's Römische Geschichte. 10. Er hielt Schauspiele und Lustkämpfe in den Städten, welche er besuchte, erschien aber nie in kaiserlichem Schmucke, dessen er außerhalb RomS sich nicht zu bedienen pflegte. In seiner Vaterstadt, * *) so sehr er sie auszeichnete und so große und wichtige Geschenke er ihr auch machte, erschien er doch nicht selbst. Von Jagden soll er ein großer Freund gewesen seyn- Auf einer derselben brach er einmal das Schlüsselbein und wäre beinahe an einem Fuße lahm geworden. Eine Stadt, die er in Mysien gründete, nannte er Hadrians Jagden. Jedoch versäumte er die Staatsgeschäfte nicht darüber. Wie sehr er am Jagen hing, beweist auch sein Pferd Borysthenes, das er dabei gewöhnlich ritt. Als es nämlich starb, ließ er ihm ein eigenes Grabmahl bauen und eine Shrcnsäule mit einer Inschrift errichten. Deßhalb darf man sich auch nicht wundern, wenn er die Plotina, weicher er die Obergewalt verdankte, und die ihn ungemein liebgewonnen hatte, große Ehre erwieß, neun Tage um sie in schwarzem Gewände trauerte, ihr ei»en Tempel errichtete und ein Lobgedicht auf sie dichtete. sAls Plotina starb, so lobte sie Hadrian und sagte: „um Vieles bat sie mich und that nie eine Fehlbitte. Damit wollte er nur sagen, daß sie allein um solche Dinge gebeten, deren Gewährung er nicht lästig fand und die er nicht abschlagen durfteJ "*) nachstehendes Fragment des Majo. Die Alexandriner empörten sich einmal und wollten sich nicht zur Ruhe geben, bis Hadrian sie in einem Briefe zu Recht wies. Um so viel mehr gilt das Wort eines Kaisers als Waffengewalt. *) Italic« in Spanien. '*) So lautet ein Fragment des Majo. Neunundsechzigstes Buch. 1621 Er war ein so geschickter Waidmaun, daß er einmal einen mächtigen Eber auf Einen Stoß erlegte. 11. Als er nach Griechenland kam, wohnte er den Mysterien bei; dann reiste er über Judäa nach Aegypten, wo er dem Pompejus ein Todtenopfer brachte und folgende Strophe auf ihn gedichtet haben soll: „Er, an Tempeln so reich, entbehrt, wie ein Bettler, des Grabes," Sein verfallenes Grabmal ließ er wieder herstellen. Dort ließ er auch die sogenannte Stadt des Antinons aufbauen. Antinous stammte aus Bithyniuin, einer Stadt in Bithy- nien, die auch Claudiopolis heißt. Er war der Lnstknabe des Hadrian und starb in Aegypten, sey es nun, daß er in den Nil fiel, wie Hadrian berichtet, oder daß er ein Opfer wurde, wie's wohl richtiger ist. Wie Hadrian überhaupt sehr wißbegierig war, so ließ er sich auch auf Wahrsagereien und magische Künste ein. Entweder also aus Liebe zu An- tiuous oder weil er ihm zu lieb starb (denn er bedurft« zu Dem, was er vor hatte der freiwilligen Aufopferung eines Andern) ehrte er ihn so hoch, daß er an dem Orte, wo er starb, eine Stadt erbauen ließ und sie nach ihm benannte, und fast im ganzen Römischen Reiche ihm zu Ehren Bildsäulen oder vielmehr Brustbilder aufstellen ließ. Am Ende wollte er sogar einen besondern Stern des Antinous am Himmel sehen und hörte es gerne, wenn seine Gesellschafter ihm das Mährchen noch ausschmücken halfen, daß aus der Seele des Antinous wirklich ein Gestirn entstanden und damals zuerst sichtbar geworden sey. Darüber machte man sich 1622 Casstus Dio's Römische Geschichte. nun lustig szumal da er seiner leiblichen Schwester Paulina nicht sogleich nach ihrem Tode irgend eine Ehre erzeigte.) 12. Daß er aber an die Stelle der zerstörten Stadt Jerusalem eine andere aufbauen ließ, die er Aelia Caxito- lina nannte, und an der Stelle, wo der Tempel des Gottes stand, einen andern Tempel für den Jupiter auffuhren, erregte einen ebenso gefährlichen als langwierigen Krieg. Die Juden nämlich hi-lren eS für einen Gräuel, daß Ausländer ihre Stadt bewohnen und ein fremder Gottesdienst daselbst eingeführt werden soll'e. Sie hielten sich zwar ruhig, so lange Hadrian in Aegypten und dann zum zweitenmal in Syrien sich befand, nur fertigten sie die Waffen, die sie als Tribut liefern mußten, absichtlich minder brauchbar, daß sie, der Waffen, die von den Römern als untauglich verworfen würden, sich selbst bediene., könnten. Sobald er sich entfernt hatte, fingen sie eine offene Empörung an, *) und wagten es zwar nicht, sich mit den Römern in förmlicher Feldschlacht zu messen, besetzten aber geeignete Punkte, wo sie sich durch unterirdische Gänge und Verschanzungen zu sichern suchten, um, wenn sie gedrängt würden, darin eine Zuflucht zu finden, und unbemerkt mit einander verkehren zu können; oben gruben sie Oeffnuugen hinein, um Luft und Licht zu erhalten. 1Z. Zuerst nahmen die Römer keinen Bedacht auf sie; als aber ganz Judäa in Aufruhr gerührt war, und die Juden überall Unruhen anfingen und zusammenströmten, auch den Römern theils geheim, theils ganz offen vielfachen Schaden thaten, und viele Andere in Hoffnung auf Gewinn sich ") Dieß ich der furchtbare Aufstand unter Barchochba. 1625 Neunundsechzigstes Buch. an sie anschlössen, daß fast das ganze Römische Reich in Bewegung gerieth, schickte Hadrian seine besten Feldherren gegen sie, und übergab den Oberbefehl dem Irwins Severus, den er von Britannien, wo er Statthalter war, dahin beordert hatte. Dieser wagte nun nicht, sich mit den Feinden in eine förmliche Schlacht einzulassen, weil er ihre Menge und ihren verzweifelten Muth kannte, ließ aber einzelne Haufen derselben durch seine Unterbefehlshaber angreifen, ihnen keine Lcbensmittel zukommen, und sperrte sie ab, und so gelang es ihm endlich zwar langsam, aber desto sicherer, sie zu schwächen, aufzureiben und auszurotten. 14 . Nur Wenige kamen davon. Fünfzig ihrer festesten Plätze, neunhundert und fünfundachtzig ihrer bedeutendsten Ortschaften wurden zerstört. Fünfmalhundert und achtzig- tausend kamen in den Ausfällen und Schlachten um; die große Zahl der durch Hunger und Seuchen Umgekommenen laßt sich nicht genau angeben, so daß beinahe ganz Judäa zur Einöde wurde. Schon vor dem Beginne des Krieges waren sie durch Vorzeichen gewarnt worden. Das Grabmahl des Salomo, der bei ihnen hochverehrt wird, fiel von selbst zusammen; Wölfe und Hyänen drangen in Menge heulend in ihre Städte ein. Aber auch die Römer hatten in diesem Kriege bedeutende Verluste, weßhalb auch Hadrian in seinem Berichte au den Senat, nicht die sonst bei Feldherren gewöhnlichen Eingangsworte vorsetzte: „wenn ihr und eure Kinder euch wohl befindet, freut es mich, ich befinde mich wohl mit dem Heere." Den Severus sandte er jetzt nach Bithynien, das zwar nicht unter den Waffen stand, aber eines gerechten und weisen Statthalters sehr beuöthigt war. 1624 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. Eigenschaften, die er beide in sich vereinigte. Er machte sich durch seine Verwaltung um Einzelne und das gemeine Beste so verdient, daß noch jetzt sein Name bei uns in rühmlichem Andenken steht. *) sDem Senate und dem Volke ward statt Bithyniens Pamphylien zugewiesen). 15 . Ein solches Ende hatte der Krieg mit den Juden, als ein anderer bei den Albanern (einem Massagetenstamme) von Pharasmanes angeregt wurde. Medien litt dadurch sehr; auch zog er sich nach Armenien und Cappadocien, wurde aber beigelegt, da die Albaner theils durch Geschenke des Vologäsus aus friedlichere Gesinnungen gebracht wurden, theils sich auch vor Flavius Arrianus, dem Statthalter von Cappadocien fürchteten. Als Gesandte von Vologäsus und den Jazygen eintrafen, von denen erstere Beschuldigungen gegen Pharasmanes vorbrachten, Letztere aber einen Frieden abschließen sollten, stellte sie Hadrian dem Senat- vor. Als ihm Dieser aber überließ, Denselben den nöthigen Bescheid zn geben, verfaßte er ihn schriftlich und laS ihm denselben vor.) sAls Pharasmanes, der König der Jberier, hierauf selbst mit seiner Gemahlin nach Rom kam, erweiterte Hadrian seine Herrschaft, erlaubte ihm, auf dem Capitolium zu zu opfern, stellte eine Bildsäule von ihm in dem Tempel der Bellona auf, und wohnte einer Waffenübung bei, die er, sein Sohn und andere Jberier zum Besten gaben.) 16 . Hadrian baute den Tempel des Olympischen Jupiter zn Athen, in welchem auch eine Bildsäule von ihm selbst *) Dio spricht hier als Bithpnier, nicht als Römer. 1625 Neunundsechzigstes Buch. aufgestellt wurde. aus. und ließ eine Schlange, welche aus Indien gebracht wurde, in demselben aufbewabren. Die Dionysten gab er. als oberster Beamter der Stadt, in Landestracht gekleidet, mit großer Pracbt. Er erlaubte auch den Griechen ihm eine Kapelle, Panhellenium genannt, zu erbauen, und bestellte dafür jährliche feierliche Spiele, Ver- theilungen von Geld und Korn, auch schenkte er den Athenern die Insel Cephalenia. Unter vielen andern gesetzlichen Bestimmungen, die er treffen ließ, war auch die, daß kein Senator selbst oder unter einem sremden Namen Zollpachtcr seyn durfte. Als nach seiner Zurückkunst das Volk in dem Schauspiel mit Ungestüm die Befreiung^eineS WagenlenkerS vom Sklavenstande verlangte, weigerte er sich dessen, indem er auf einem Täfelchen die Erklärung gab : „Euch ziemt eS nicht, von mir die Freisprechung eines fremden Sklaven zu verlangen, mir nicht, den Herrn zu zwingen, ihn frei zu lassen." . 17. Als er zu kränkeln anfing (er litt nämlich schon früher am Nasenbluten, das jetzt viel heftiger wurde) gab er die Hoffnung auf längeres Leben auf und ernannte deßhalb den Lucius Commodus, obgleich er Blut spie, zum Cäsar. Den Servianus aber und dessen Enkel Fnscus ließ er, weil sie sich darüber aufgehalten hätten, hinrichten. Jener war neunzig, dieser achtzehn Jahre alt. Vor seiner Hinrichtung ließ Servianus sich Feuer kommen und streute Weihrauch darauf mit den Worten: „daß ich unschuldig bin, seyd ihr mir Zeugen, Götter; was aber Hadrian betrifft, so flehe ich blos, daß er zu sterben wünsche und nicht sterben könne." Hadrian kränkelte wirklich auch noch sehr lange, wünschte oft, 1626 Cassius Dio's Römische Geschichte. es möchte mit ihm ausgehen, und wollte sich oft selbst das Leben nehmen. ") Man hat noch jetzt einen Brief von ihm, worin er selbst sagt, daß es so traurig sey, wenn man zu sterben wünsche und doch nicht könne. Diesen Servianus hatte Hadrian früher selbst des Kaiserthrons für würdig erachtet. Er sagte bei einem Gastmahle einmal zu seinen Freunden, ste sollten ihm zehn nennen, welche Kaiser seyn könnten, besaun sich aber gleich darauf eines Andern und sagte: „Ich brauche nur neun, einen hab' ich schon, den Servianus." 18 . Jene Zeit hat noch andere vorzügliche Männer auszuweisen: die Ausgezeichnetsten unter ihnen waren Turbo und Similis, denen zu Ehren auch Bildsäulen aufgestellt wurden. Turbo hatte sich im Felde ausgezeichnet und wurde Obrist der Leibwachen. Als solcher aber ließ er sich nie eine Weichlichkeit, nie eine Gewaltthätigkeit zu Schulden kommen, sondern lebte wie Einer aus dem Volke. Den ganzen Tag war er bei dem Kaiser und ging oft schon wieder vor Mitternacht zu ihm, wo Andere erst einzuschlafen pflegen. *) bin Fragment des Majo erzählt dasselbe auf folgende Weise. Silvanus sServianus?l und FuScus ließ Hadrian hinrichten. Auf die Nachricht davon ließ sich Servilius fServianusl Weihrauch und Feuer bringen und räuchert« mit den Worten: „Daß ich unschuldig bin, seyd ihr mir Zeugen, Götter, ich sierbe aber wie der größte Verbrecher. Für Hadrian flehe ich blos, daß er, wenn er zu sterben wünscht, nicht könne." Dieß traf auch wirklich ein. Hadrian fand das beständige Kränkeln und die.Beklemmungen so unerträglich, daß er sich oft das Leben nehmen wollte. Er rief einmal aus: „Jupiter, welch ein Unglück ist es, wenn man sterben möchte und nicht kann!" 1627 Neunundsechzigstes Buch. Weßhalb denn auch Fronte, der beste Rechtsanwalt in Rom zur damaligen Zeit, welcher einmal in später Nacht von einem Schmaus nach Hause ging und von einem, dem er Rechtsbeistand zu leisten versprochen hatte, erfuhr, daß Ha- drian noch Gericht halte, sogleich, wie er war, in seinem Zechgewande in den Gerichtssaal trat, und ihn nicht mit dem gewohnten Morgengrnße: „guten Tag!" sondern mit dem Bbendgrnße: „gute Nacht!" begrüßte. Zu Hause war Turbo bei Tag, selbst wenn er krank war, nie zu sehen, und sprach zu Hadrian, als Dieser ihm zuredete, sich Ruhe zu gönnen: „der Leibwachenobrist muß stehend sterben!" 19. Similis, älter an Jahren, und höher im Range, stand an Rechtlichkeit, ich bin es überzeugt, den Besten nicht nach. Hierfür nur einen kleinen Beleg. Als ihn Trajan einmal noch als Centurio vor den Obristen der Leibwachen hereinrief, sprach er: „Es ziemt sich nicht, Kaiser, daß du mit einem Centurio sprichst, während die Obristen draußen stehen. Den Oberbefehl über die Leibwache übernahm er nur ungern und legte ihn, nachdem er ihn übernommen hatte, wieder nieder. Er war kaum entlassen, als er sich auf sein Landgut begab, und dort die letzten siebe» Jahre seines Lebens in Ruhe verlebte. Auf sein Grabmahl ließ er die Worte schreiben: „Hier liegt Similis, alt geworden ist er so und so viel Jahre, gelebt hat er sieben." 20 . Hadrian zehrte von dem zu großen Blutverluste aus und bekam noch die Wassersucht. Als nun auch Lucius Commodus an einem heftigen Blntsturze plötzlich verschied, berief er die ersten und angesehensten Männer des Senats zu sich in den Palast und hielt vom Bette aus folgende 1628 Cassius Dio's Römische Geschichte. Anrede an sie: „die Natur, meine Freunde, schenkte mir keinen Sohn, da gäbet ihr mir einen nach der Vorschrift der Gesetze. Dieß gilt aber nicht gleich: die Kinder muß man nehmen, wie die Gottheit sle geboren werden läßt; adoptiren aber kann man nach eigener Wahl. Der Zufall der Geburt gibt uns oft solche, die gebrechlich und schwachsinnig sind; die freie Wahl läßt unS nur solche nehmen, die gesund an Leib und Seele sind. Deßhalb zog ich früher Lucius Commodus Allen vor, einen jungen Mann, wie ich mir einen leiblichen Sohn kaum hätte wünschen können. Da nun die Gottheit ihn uns nahm, so habe ich einen Kaiser euch auSersehen, der edle Geburt, Milde, Nachsicht und Klugheit in sich vereinigt, den weder zu große Jugend unbesonnen, noch hohes Alter läßig machen kann. Er ist unter unsern Gesetzen aufgewachsen, hat die StaatSämter nach unserer Verfassung der Reihe nach durchlaufen, so daß er die zur Regierung erforderlichen Kenntnisse besitzt und sie anzuwenden weiß: dieser Mann ist AurclinS AntoninuS, der hier vor euch steht! Zwar weiß ich, daß er sich nicht zu solcher Würde drängt, daß sein Sinn nicht nach solchen Dingen steht; aber ich bin auch überzeugt, daß er für mein und euer Wohl genug guten Willen hat und selbst gegen seine Neigung die Regierung übernehmen wird."^ 21. So wurde AntoninuS Kaiser- Weil er aber keine männliche Nachkommenschaft hatte, so mußte er CommoduS, den Sohn des Commodus, und den Mareus Annius Verus adoptiren, da er es für zweckmäßig hielt, die Kaiser noch auf längere Zeit hinaus zu bestimmen. Dieser Mareus Annius, der früher Catilius hieß, war der Enkel des Annius 1629 Neunundsechzigsteö Buch. Berns, der dreimal Consul und Stadtpräfckt gewesen war. Beide lieb er den Antonin adoptircn, gab aber dem Verus den Verzug, tbeils wegen der Verwandtschaft mit ihm, theils weil er älter war und schon einen sehr festen Charakter durchblicken ließ, weßhalb er ihn auch Verissimns, nach der Bedeutung des Wortes im Lateinischen zu nennen beliebte. 22. Zwar hatte sichHadrian durch magische Künste und Zaubereien das Wasser abzapfen lassen, aber es füllte sich bald wieder an. Da sein Zustand sich immer verschlimmerte und er so zu sagen von Tag zu Tag abstarb, so wünschte er sehnlichst zu sterben und bat oft um Gift und ein Schwert; aber Niemand wollte es ihm reichen. Weil ihm nun Niemand zu Willen war, obgleich er Geld und Straflosigkeit versprach, so ließ er einen Barbaren, den Jazygen Mastor, kommen, der früher Kriegsgefangener war und ihn seiner Stärke und Kühnheit wegen auf seinen Jagden begleiten durfte- Diesen brachte er theils durch Drohungen, theils durch Versprechungen dahin, daß er ihm versprach, ihn umbringen. Er begrenzte ihm nun eine ihm von dem Arzte Hcrmogenes bezeichnete Stelle unter der Brust mit einer Farbe, die er nur treffen dürfte um ihm ganz schmerzlos das Leben zu nehmen. Als ihm aber auch dieß nicht gelang, da Mastor sich fürchtete und vor der That zurückschauernd entfloh, so brach er in laute Klagen über seine Krankheit aus und über sein Unvermögen, sich selbst das Leben zu nehmen, während er doch den Andern es noch könnte nehmen lassen. Am Ende hielt er sich nicht mehr an die strenge Diät, die ihm vorgeschrieben war, und genoß Speise und Getränke, die ihm nicht gut 1630 Cassius Dio's Römische Geschichte, rc. bekommen konnten, indem er mit lauter Stimme das bekannte Sprichwort rief: „Viel Aerzte sind des Königs Tod." *) 23. Er hatte zweiundsechzig Jahre, fünf Monate und neunzehn Tage gelebt, regiert aber zwanzig Jahr und eilf Monate. Beigesetzt wurde er am Gestade des Flusses bei der Aelischen Brücke, 'wo er sich eine Gruft hatte bauen lassen. Die deS Augustus war so voll, daß Niemand darin mehr beigesetzt werden konnte. Bei dem Volke war er nicht beliebt, obgleich er im Ganzen sehr löblich regiert hatte, weil er im Anfange undigegen chas Ende seiner Regierung mehrere sehr angesehene Männer auf eine ungerechte und frevelhafte Weise hatte hinrichten lassen. Er war jedoch sonst so wenig mordsüchtig, daß er bei Beleidigungen, die ihm von Mehreren widerfuhren, sich damit begnügte, daß er in die Städte, aus denen sie gebürtig waren, schreiben ließ, daß er nicht mit ihnen zufrieden sey. Wenn Solche, welche Kinder hatten, bestraft werden mußten, so ließ er wegen dieser immer einige Milderung eintreten. sDer Senat weigerte sich lange, ihm die herkömmlichen Ehren zuzuerkennen, da er ihm Schuld gab, daß Mehrere, die sich unter seiner Regierung ungebührlich betragen hatten, statt bestraft zu werden, zu Ehren erhoben worden scyen.s *) Viel Hunde sind des Hasen Tod. Inhalt des siebzigsten Buchs. Einige Bruchstücke aus Eassius Dio's Geschichte mit dem Supplement des Xiphilinus. Antvninus PiuS, welcher von Hadria» adoptirt wurde, folgt ihm in der Regierung und setzt seine Aufnahme unter die Heroen durch. Cap. t. Antonin erhält vom Senate den Beinamen Pius. Cap. 2. (Soweit Dio). (Liphilinus.) Antonin ist kein Feind der Christen, und selbst in den geringfügigsten Dingen sehr genau und hat hschbetagt ein sanftes Snde. Cap. 3. Bithpnien. der Hellespont und vornehmlich Cyzicus werden von einem Erdbeben heimgesucht. Cap. 4. Antonin wird mit Numa verglichen. Cr ist mild und gütig (Suidas). Cap. 5. Er setzt mehr Ehre in Gercchtigkeitsliebe als in Eroberungen und selbst Auswärtige nehmen ihn zum Schiedsrichter in ihren Streitigkeiten. Cap. 6. 7. Der Zeitraum begreift vierundzwanzig Jahre, in welchen Folgende Consuln waren: Nach Nach Antonin's Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre 138. 891. Camerinus und Niger. I. 10 . Jul. 13S. 392. Antoninus Pius zum zweiten- male und Bruttius Präsens. 11. 140. 893. Antonius Pius zum drittenmal und Marcus Aurelius Cäsar zum zweitenmal«. 111. 141. 894. MarcusPeducäus Shlloga Pris- cinus und Titus Hönins Se- verus. IV. 1632 Inhalt. Nach Chr. Nach Srb. d. Stadt. Antomn's Regier.-Jahre. 142. 895. Lucius buspius Rufinus und Lucius Skatius Quadratus. V. 143. 896. Cajus Bellicius Torquatus und Tiberius Claudius Atticus He- rodes. VI. 144. 897. Avitus und Marimus. VII. 145. 898. Antoninus Pius zum vierten- inal und Marcus Aurelius Cäsar zum zweitemal. VIII. 146. 899. Sertus Erucius Clarus zum zweitenmal und Cneus Claudius Severus. IX. 147 900. Largus und Messalinus. X. 148. 861. Lucius Tvrquatus zum drittenmal und Cajus Julianus Beter. XI. ' 902. Sergius Scipio Orfilus und Ouintus Nonius Priscus. XII. ISO 963. Gallicanus und Beter. XIII. 151. 964. Quinctilius Condianus und Quinctilius Marimus. XIV. 152. 965. Marcus Acilius Glabrio und Marcus Valerius. Homullus. XV. 153. 966. Cajus Bruttius Präsens und Anlus Junins Rufinus. XVI. 154. 967. Lucius Aclius Aurelius Com- modus und Titus Sertius La- teranus. XVII. 155. 908. Cajus Julius Severus und Marcus Rufinus Sabinianus. XVIII. 156. 969. Marcus Cejonius Silvanus und Cajus Serius Augurinus. XIX. 157. 916. Barbarus und Regulus. XX. 158. 911. Tertullus und Sacerdos. XXI. Cassius Dio's Römische Geschichte rc. 1633 Nach Cbr. I5S. reo. 161 . Nach Antonios Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 912. Plautius Quinctillus und Stalins Priscus. XXII. 813. Titus Clodius Bibius Varus und Appius Annius Atilius Bradua. XXIII. 914. MarcuS Aclius Aurelius Berns Cäsar zum drittenmal und Lucius Aelius Aurelius Com- modus zum zweitenmal. Siebzigstes Buch. 1. Zu wissen ist, daß sich die Geschichte des Antoninus Pins in den Abschriften von Dio nicht vorfindet und daß sie wahrscheinlich verloren gegangen ist. So weiß man denn beinahe Nichts von seiner Regierung: außer daß er nach dem Tode des LucinS Commodus, den Hadrian adoptirt hatte, Dieser von ihm adoptirt und zum Kaiser ernannt wurde; daß ferner Antonin, als der Senat sich weigerte, dem verstorbenen Hadrian, wegen der Hinrichtung einiger angesehenen Männer, Heroenrang zu bewilligen, unter Thränen und Klagen dagegen Vorstellungen machte und am Ende erklärte: „dann bin ich auch nicht euer Kaiser, wenn Jener so schlecht und so feindlich gesinnt wider euch war. Ihr müßt dann Alles, was er that für ungültig erklären, und darunter gehört auch meine Adoption." Diese Erklärung Dio Cassius. ILs Bdch». 5 1634 Cassius Dio'S Römische Geschichte. bewirkte, daß der Senat entweder aus Hochachtung vor dem Redner, oder aus Furcht vor den Soldaten die verlangte Ehre dem Hadrian wirklich zuerkannte. 2. Dieß und die Angabe, daß der Senat ihm die Ehrentitel Augustus und Pius gab, hat sich allein von Dio's Geschichte erhalten. Er ließ nämlich beim Antritte seiner Regierung von den vielen Angeklagten, von denen man Einige namentlich gestraft wissen wollte, keinen zur Strafe ziehen. „Nein," sprach er, „damit mag ich die Herrschaft über euch nicht beginnen." Eben so wenig findet sich der Anfang der Regierungsgeschichte des auf Antoninus folgenden Kaisers Marcus Berns, sein Betragen gegen Lucius, des Commodus Sohn, und Schwiegersohn des Marcus, die Thaten, welche er in dem Kriege gegen Vologäsus verrichtete, dessen Führung ihm von seinem Schwiegervater übertragen worden war.- Deßhalb will ich einiges Wenige, das ich aus anderen Schriften darüber gesammelt habe, berichten und sodann wieder auf die Geschichte des Dio übergehen. Z. Alle Geschichtschreiber find darüber einig, daß Antoninus,ein rechtschaffener Mann war, und weder seine anderen Unterthanen drückte, noch auch die Christen verfolgte, ihnen vielmehr große Achtung bezeigte und die den Christen " schon von Hadrian erwiesene Ehre noch vermehrte. Eusebius Pamphili führt in seiner Kirchengeschichte Briefe von Hadrian an, nach welchen er Diejenigen, welche den Christen Etwas zu Leide thun oder sle anklagen, schwer bedroht und beim Hercules schwört, daß die Strafe nicht ausbleiben werde. Uebrigens soll Antonin ein arger Grübler gewesen und bei den geringfügigsten unbedeutendsten Dingen mit der L6Z5 Siebzigstes Buch. größten Genauigkeit zu Werke gegangen sey, weßhalb ihn auch Spötter einen Kümmelspalter nannten. Quadra- tus berichtet, daß er in hohem Alter gestorben sey, und daß sein sanftes Ende dem leichtesten Schlummer geglichen habe. 4. Unter Antoninus soll ein fürchterliches Erdbeben in Bithynien und dem tzellespont Statt gefunden haben, durch das viele Städte viel gelitten hatten und ganz zerstört worden seyen, besonders aber Cyzicus, in welchem auch der größte und schönste aller Tempel zusammengestürzt sey. Vier Ellen dick waren seine Sänken, und fünfzig Ellen hoch, jede aus einem Stein, und auch alles Uebrige so beschaffen, daß man es mehr anstaunen als gebührend schildern kann. Auf dem Festlande soll die Spitze eines Berges geborsten und aus ihr Meerwasser hervorgedrungen seyn, und sich schäumend in hellen, durchsichtigen Wogen weit hin ergossen haben. Soviel für jetzt von Antonin. Er regierte vierundzwanzig Jahre. 5. Dieser Antonin war der vortrefflichste Fürst und verdient hauptsächlich mit Numa verglichen zu werden, so wie Trojan dem Romulus zu vergleichen wäre. Schon als Privatmann hatte Antonin musterhaft und rühmlich gelebt, und die Kaiserwürde schien ihn sogar noch besser und anspruchsloser gemacht zu hahen. Gegen Niemand war er rauh oder übermüthig, gegen Jeden vielmehr gütig und sanft. 6. Im Kriege strebte er mehr nach dem Ruhme der Gerechtigkeit als nach Ländergewinn; und wollte lieber den Besitz des allen Gebiets erhalten, als die Grenzen desselben erweitern. Männer, die sich am meisten der Rechtlichkeit 5 - 1636 CassiuS Dio's Römische Geschichte rc. beflissen, suchte er aus's Angelegentlichste für die Verwaltung des Staats zu gewinnen; redlichen Statthaltern vergalt er mit Ehrenstellen, und wußte schlechte ohne Härte von öffentlichen Aemtern zu entfernen. 7. Dadurch erwarb er sich nicht blos die Bewunderung der Se,nigen sondern auch des Auslandes, so daß angrenzende fremde Volker die Waffen niederlegten, und dem Kaiser die Schlichtung ihrer Streitigkeiten übertrugen. Als Privatmann hatte er große Reichthümer besessen, als er aber an die Regierung kam, so verwendete er sein eigenes Vermögen auf Geschenke an die Soldaten und an seine Freunde und hinterließ die öffentlichen Kassen reichlich gefüllt. ') *) üeunclav will Cap. 5. 8. 7. dein Dio vindicircn. Nach den Peirescischcn Srccrpten sind sie von Johannes aus Antivchia, weshalb sie ReiinarnS aufnahm, um den gsiphi- lin nicht noch ärmer zu machen. Inhalt des einundsiebzigsten Buchs. Im Auszuge des Xiphilinus mit Bruchstücken des vollständigen Dio. Der Kaiser Marcos nimmt den Berns zum Mitregenten an und überträgt ihm die Führung des Kriegs mit den Parther«. Cap. I. 2. Kriege mit den Jazygen, Markomannen, Deutschen. §ap. 3 — 5. Krieg mit den Vucolen in Acgypte». Cap. 4. Des Marcus Eifer in der Rechtspflege. Cap. 8. Die Jazygen werden besiegt. Cap. 7. Die Besiegung der Ouadcn wird durch ein für die Römer günstiges Ungewittcr bewirkt. Eap. S. Die Mcliteni- » sche Legion, sonst die donnernde genannt (Xiphilin). Cap. 9. Gesandtschaften vieler Völker, der Ouaden, Astinger, Jazygen, Markomannen, Naristen an den Kaiser kommen in Rom an. bay. 11 — 21. Empörung des Casstus und Syriens. Cap. 22—26. Eassius verliert mit seinem Sohne das Leben. Cap. 27. Milde des Marcus gegen die Anhänger des Casstus; Faustinens Tod und Ehrenbezeigungen. Cav. 28—31. Des Marcus Rückkehr und edle Freigebigkeit. Cap. 32. Er besiegt mit seinem Sohne Com- mobus die Scythen und stirbt. Cap 33. Des Marcus Lob. Cap. 34. 35. Der Zeitraum begreift zwanzig Jahre, in welchen Folgende Consul» waren: Nach Nach MarcuS. Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jalire. 181. 914. Marcus Aelius Aurelius Ve- rus Cäsar zum drittenmal und Lucius Aelius Aurelius Com- 7. März. modus zum zweitenmal. I. 1633 Inhalt. Nach Nach Marcus. bl,r. Srb. d. Stadt . Reaier.-Jah 182. 915. Junius Rusticus und Vettius Aquilinus. II. 163. 916. Lucius Aelianus und Pastor. M. 164. 917. Marcus Pompejus Macrinus und Publius Juventius Celsus. IV. 165. 918. Lucius Arrius Pudens und Marcus Gavius Orfitus. V. IK6. 919. Quintus Servilius Pudens nnd Lucius Fufidius Pollio. VI. 167. 920. Lucius AureliuS Verus zum drittenmal und Quadratus. VII. 168. 921. Titus Junius Montanus und Lucius Vettius Paulus. VIII. I6S. 922. Quintus Sosius Priscus und Publius CciliuS Apollinaris. IX. 170. 923. Marcus Cornelius Cethegus und Cajus Crucius Clarus. X. 171. 924. Lucius Septimius Severus zum zweitenmal und Lucius Alfidius Herennianus. XI. 172. 925. Marimus und Orfitus. XII. 173. 926. Marcus Aurelius SeveruS und Titus Claudius Pompeianus. XIII. 174. 927. Gallus und Flaccus. XIV. 175. 928. Piso und Julianus. XV. 176. 929. Pollio zum zweitenmal und Aper zum zweitenmal. XVI. 177. 930. Lucius Aurelius Commodus Au- gustus und Quinclillus. XVII. 178. 931. Rusus und Orfitus. XVIII. 179. 932. Commodus Augustus zum zweitenmal und Titus Annius Aurelius Verus zum zweitenmal. XIX. CassiuS Dio's Römische Geschichte rc. 1639 Nach Nach Marcus. Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 180. 933. Lucius Fulvius Bruttius Präsens zum zweitenmal und Sex- XX. tus OuinctiliuS Condianus. 17. März» Einundsiebzigstes Buch. t. Maxcus Antoninus trat nach dem Tode des An- tvninus, der ihn adoptirt hatte, die Regierung an und nahm sogleich znm Mitregenten Lucius Verus, den Sohn des Lucius Commodus. Er war nämlich schwächlich und widmete seine meiste Zeit den Wissenschaften. Als Kaiser noch hielt er es, wie man sagt, nicht unter seiner Würde und Ehre, den Lehrstunden der Gelehrten anzuwohnen, besuchte fleißig den Philosophen Sextus aus Bvotien "*) und ging in die Vorlesungen des tzermogencs über die Redekunst. Er bekannte sich hauptsächlich zu den Grundsätzen der Stoa. Lucius dagegen war kräftigerer Natur und jünger, wodurch er sich mehr für die Angelegenheiten des Krieges eignete, weßhalb ihm auch Marcus seine Tochter Lucilla zur Gemahlin gab, uud ihm die Führung des Kriegs mit den Parthern übertrug. *) Nach Xiphiiin's eigener Angab« ist auch der Anfang der Geschichte des Marcus Aurclius mit Einschluß des Partherkriegs nicht aus Div. ") Den Neffen Plutarchs, seinen Iugendlehrer. 1640 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. 2 . Vologäsus hatte nämlich die Feindseligkeiten angefangen und eine ganze Römische Legion, welche unter den Befehlen des Severianus in Elegi'a, einer Stadt in Armenien als Besatzung lag, von allen Seiten eingeschlossen und sammt ihren Führern zusammengeschossen und vernichtet, auch machte er ssch durch häufige Angriffe den Städten Syriens furchtbar. In Antiochien angekommen, sammelte er große Streitkräfte unter seine Fahne, blieb aber, da er die besten Feldherren zu seiner Verfügung hatte, in der Stadt, gab von hieraus seine Befehle, und sorgte für Herbeischaffung der Kriegsbedürfnisse; die Heere aber stellte er unter den Oberbefehl des Casssus. ") Dieser erwartete muthig den Angriff des Vologäsus. verfolgte ihn, als die Bundesgenossen ihn verließen und trieb ihn bis Sclencia und Ctesiphon zurück, brannte Selencia nieder und schleifte des Vologäsus Königsburg in Ctesiphon. Auf der Heimkehr verlor er zwar den größten Theil seiner Leute durch Hunger und Seuchen, kehrte aber doch mit dem Reste »ach Syrien zurück. Lucius bildet« auf diese Erfolge sich viel ein und wurde übermüthig. Doch schlug ihm dieß sein überschwängliches Glück nicht zum Guten aus. Er soll sogar damit umgegangen seyn, sich seines Schwiegervaters zu entledigen, ehe er aber seinen Anschlag ausführen konnte, selbst durch Gift getödtct worden seyn. 3. Marcus bestellte den Casssus zum Statthalter von ganz Assen, er selbst aber führte mit den um die Donau wohnenden Völkerschaften, den Zazygen und den Marcomannen, bald mit den einen, bald mit den andern langwierige, *) Avidius Casssus. 1641 . Einundsiebzigstes Buch. fast die ganze Zeit seiner Regierung dauernde Kriege von Pannonien aus. Auch drangen viele der jenseits des Rheins wohnenden Celten bis nach Italien vor und brachten die Römer in große Noth. Marcus rückte gegen sie ins Feld und stellte ihnen seine Legaten PompejannS und Pertinax entgegen. Am meisten zeichnete sich hier Pertinax aus, der auch nachher Kaiser wurde. Unter den Leichen der Gefallenen fand man auch gewappnete Frauen. So schwer auch der Kampf und so glänzend der erfochtene Sieg war, so bewilligte doch der Kaiser den Soldaten die begehrten, Geldgeschenke nicht, indem er erklärte: sIemchr die Soldaten Geld über den gewöhnlichen Sold erhalte», desto mehr muß den Eltern und Verwandten derselben Blut gezapft werden. Die Macht der Kaiser liegt nicht in den Soldaten, sondern in der Hand der Götter.) H So besonnen und kräftig regierte er, daß er trotz den vielen und gefährlichen Kriegen, die er zu führen hatte, sich nie durch Schmeicheleien oder Drohungen etwas Ungebührliches abbringen ließ. Als er gegen die Markomannen eine Schlacht verlor und sei» Feldherr Maximus Binder durch ihre Hände fiel, ließ er ihm zu Ehren drei Bildsäulen errichten. Nach ihrer Beilegung erhielt er den Ehrentitel Germaniens. Germanen nennen wir nämlich die landeinwärts wohnenden Völkerschaften. 4. Auch die sogenannten Bncolen ") in Aegypten *) So lautet ein Fragment des Dio, das ich statt des Liphi- linischen Textes aufgenommen habe. **) Räuber, welche in einer sumrfigen, mit Schilf bewachsenen Niederung Aegpxtcns hausten, die fast nie von dem aus- treteuden Nile trocken ward. 1642 CassiuS Div's Römische Geschichte. empörten sich und vermochten anch die übrigen Aegypter mit znm Abfalle. An ihrer Spitze stand ein Priester Namens Jsidor. Zuerst täuschten sie einen Römischen Centurio, indem sie in Weiberkleidern als Bucolische Weiber ihm für ihre Männer Geld zu geben versprachen und ihn, als er sich in ihre Mitte begab, niederhieben. Seinen Begleiter opfer- . » ten sie, verschworen sich über seinen Eingeweiden und vcr- ^ zehrten sie. Isidorus zeichnete sich sunter ihnens vor allen seinen Zeitgenossen durch Tapferkeit aus. Dann besiegten sie die Römer in einer förmlichen Schlacht und hätten sich beinah in den Besitz von Alexändrien gesetzt, wenn nicht Cas- sius aus Syrien dahin geschickt, sie durch eine List unter sich selbst entzweit und von einander getrennt hätte: denn bei ihrer verzweifelten Wuth und Menge wagte er nicht, sich mit ihnen in eine Schlacht einzulassen. So gelang es ihm, ihrer Meister zu werden. v < 5. Aus dem Kriege des Marcus mit den Deutschen führe ich folgende Einzelnheiten an. Ein Knabe, der aufgefangen worden war, wurde von ihm über Etwas befragt, erwiederte aber: „Ich kann dir jetzt nicht antworten, da es mich zn sehr friert. Wenn du Etwas von mir wissen willst, so laß mir vorher ein Röckchen geben, wenn du eines hast." Ein Soldat stand bei Nacht auf seinem Posten an der Donau, „ hörte den Hülfernf von Kameraden, die auf dem Gegenufer ' gefangen worden waren, schwamm sogleich, wie er war, hinüber, befreite sie und brachte sie zurück. Marcus hatte einen Odiisten der Leibwachen, mit Namen RufuS Baffäus, einen sonst sehr wackern Mann, der aber gar keine Erziehung und Bildung hatte. Er war in großer Armuth aufgewachsen i 1643 Einundsiebzigstes Buch. smußte zum Kriegsdienste gezwungen werden und verstand nicht immer, was Marcus zu ihm sagte.z sMarcns sprach einmal laleinisch mit Jemand. Da weder Dieser noch Einer der Anwesenden verstand, was er sagte, so bemerkte der Obrist Rufus: „es ist kein Wunder, Kaiser, daß er eure Rede nicht versteht: denn der Mann kann nicht Griechisch." Buch er hatte ihn nämlich nicht verstanden^ °') Es traf ihn einmal Einer, wie er sich auf einem von einem Weinstvck umschlungenen Baume Trauben Holle, schalt ihn und rief ihm zu: „Willst du bald herunter, du sauberer General?" Diesen Titel gab er Diesem, der sich Vieles herausnahm, damals znm Spotte, um ihn zu höhnen. Sein gutes Glück aber wollte, daß er zur Wahrheit wurde. 6. So oft der Kaiser Muße von Kriegen hatte, sprach er Recht und den Rednern sehr viel Wasser ''4) zu. Er stellte sehr weitläufige Prüfungen und Uukersuchnngen bei den Rechtsfällen an, um damit ganz auf den Grund zu kommen. So verwendete er oft eilf bis zwölf Tage auf eine Rechtssache und wenn er auch die Nacht dazu nehmen mußte. Er arbeitete gern und besorgte die Staatsgeschäfte mit der größten Sorgfalt. Nichts machte er flüchtig ab, er mochte sprechen, schreiben oder handeln; bisweilen brauchte er zu dem geringfügigsten Gegenstände ganze Tage, indem er es für pflichtvergessen hielt, daß ein Kaiser nur kurz *) So tanket ein Fragment des Majo, wodurch das Peiresci- sche Excerpt bestätigt und ergänzt wird. Zur Ehre deS Offiziers ist jedoch zu bemerken, daß Marcus eine sehr schwache Stimme hatte. **) Die Zeit wurde ihnen nach Wasseruhren zugemessen. 4M4 Cassius Dio's Römische Geschichte. Etwas abmachen, und das geringste Versehen leicht ein schlimmes Licht auch auf seine anderen Handlungen werfe: Und doch war er so schwächlich, daß er im Anfange keine Kälte *) ertrage» konnte, und selbst wenn er zu seinen Soldaten sprach, die sich auf seinen Befehl versammelt hatten, vorher bei Seite gehen mußte, um selbst bei Nacht zuvor immer noch etwas Speise zu sich zu nehmen. Ueber Tag nahm er außer Theriak Nichts zu sich. Diesen aber geuoß er, nicht sowohl aus Furcht vor Vergiftung, als vielmehr wegen ei^er Schwäche in Brust und Magen. Auch soll er bei diesen und anderen Beschwerden gute Dienste gethan habe». 7. Die Römer besiegten die Jazygeu endlich zu Land und auf dem Fluß; nicht als ob sie eben eine Schlacht auf Schiffen geliefert hätten. Sie verfolgten vielmehr die Fliehenden über den gefrorenen Donaustrom und kämpften dort wie auf festem Lande. Als die Jazygen nämlich sahen, daß sie verfolgt wurden, hielten sie ihnen wieder Stand, indem sie hofften, mit ihnen, die des Eises ungewohnt waren, mit leichter Mühe fertig zu werde». Die Einen griffen sie vorn an, die Anderen sprengten gegen ihre Flanken heran, da ihre Pferde darauf abgerichtet waren, auch auf dem Eise sicher zu laufen. Doch die Römer ließen sich dadurch nicht schrecken, sondern schloßen sich enger zusammen und boten ihnen allen die Stirn. Sie warfen ihre Schilde zu Boden, traten, *) Wagner setzt, um die kleine Lücke zu füllen, und dem Nachfolgenden besser zu entsprechen, in Klammern bei; lund Leere des Magensf. 1645 Einundsiebzigstes Buch. um weniger auszugleiten, mit dem einen Fuße darauf und erwarteten so den Angriff ihrer Gegner. Die Einen griffen nach den Zügeln, die Andern nach den Schilden und den Lanzen derselben und zogen sie an sich her. Dadurch handgemein geworden, warfen sie Roß und Mann zu Boden. Gegen solches Ungestüm konnten sie sich des FallenS nicht mehr erwehren. Zwar glitten auch die Römer aus; wenn aber Einer rücklings niederfiel, so zog er seinen Gegner mit zu Boden, schlug ihm, wie beim Ringen, die Füße auf den Rücken und kam so über ihn zu liegen. Fielen sie vorwärts, . so griffen sie den vorher zu Boden Gestürzten mit den Zähnen. Denn die Feinde, welche an eine solche Kampfart nicht gewohnt und leichter bewaffnet waren, konnten ihnen nicht die Spitze bieten und, so zahlreich sie auch waren, kamen nur Wenige davon. 8. Die Marcomannen und Iazygen unterwarf Marcns nach vielen blutigen Kämpfen und Gefahren. Hierauf brach ein gefährlicher Krieg gegen die Quaden aus, in welchem ihm durch sein gutes Glück oder vielmehr durch die Fügung der Gottheit ein wunderbarer Sieg zu Theil wurde. Da sie in der Schlacht in großer Gefahr waren, errettete sie die Gottheit auf eine wundervolle Weise. Die Quaden hatten sich in einer Gegend in die Schlacht eingelassen, wo sie die Römer einschließen konnten. Diese schloßen sich fest mit ihren Schilden aneinander und fochten auf's Tapferste. Die Feinde ließen ließen jetzt vom Kampfe ab, indem sie hofften, daß Hitze und Durst sie leicht ohne Anstrengung von ihrer Seite in ihre Hände liefern müßte. Sie hatte» ringsumher Alles umschanzt, damit sie nirgendsher Wasser bekommen 1646 Casflus Dio'S Römische Geschichte. könnten, denn sie waren ihnen auch an Zahl weit überlegen. Die Römer geriethen durch Anstrengung, Wunden, Sonne und Durst in die größte Noth. Schon waren sie außer Stand, den Kampf fortzusetzen oder sich zurückzuziehen und mußten in der glühenden Sonnenhitze schmachtend in Reih und Glied stehen bleiben, da zogen sich plötzlich dichte Wolken zusammen und ergoßen sich nicht ohne göttliche Schickung in einen reichlichen Regenstrvm. Man erzählt auch wirklich, daß der Aezyplische Magier Arnnphis, der sich in dem Gefolge des Marcus befand, unter andere» Göttern auch den Lnftgott Hermes beschworen nnd durch sie diesen Regenguß' herbeigeführt habe. 9. So erzählt Diom, er hat aber, wie mir scheint, absichtlich, oder weil er es nicht besser wußte, hier unwahr berichtet. Das Erstere scheint mir wahrscheinlicher; konnte ihm doch nicht unbekannt seyn, daß die sogenannte donnernde Legion, die er selbst in seiner Liste unter diesem Namen aufführt, von keiner anderen Gelegenheit (eine andere wird wenigstens nicht angeführt) als von der in diesem Kriege vorgefallenen Begebenheit so benannt worden ist. Sie bewirkte damals die Rettung der Römer und das Verderben der Feinde, und nicht der Magier Arnuphis: denn Marcus fand kein Gefallen an der Gesellschaft und den Gaukeleien der Magier. Die Sache verhält sich vielmehr folgendermaßen. Marcus hatte eine Brigade oder Legion (wie sie die Römer nennen), Soldaten aus Melitene, ") welche alle Christus -) Melitene war eine Landschaft Cappadociens, später Klein- arineniens. 1647 Einundstebzigsteö Buch. verehrten. In jener Schlacht soll nun der Obrist der Leibwachen vor Marcus, der sich nicht mehr zn helfen wußte, und für das ganze Heer besorgt war, getreten seyn und ihm erzählt haben, daß die Christen durch Gebete Alles vermöchten, und Laß er eine ganze Brigade solcher Leute besäße. Auf diese Nachricht habe Marcns sie aufgefordert, zu ihrem Gotte zn beten. Ihr Gebet habe Gott sogleich erhört, die Feinde niedergeblitzt, die Römer aber mit einem Regenguß erquickt. Erstaunt über diese Wirkung habe Marcus eine eigene Verordnung zu Ehren der Christen erlassen und die Legion die donnernde genannt. Auch will man einen eigenen Brief von Marcns über diesen Vorfall haben. Die Griechischen Geschichtschreiber dagegen erwähnen zwar der donnernden Legion und bezeugen die Sache, von dem Ursprung ihrer Benennung aber wollen sie nichts wissen. 10. Dion erzählt weiter, die Römer hätten beim ersten Ergießen des Regens gen tzimmel geblickt und ihn mit dem Munde aufgefangen; die Einen hätten sodann ihre Schilde, die Anderen ihre Helme untergehalten und das Wasser nicht nur selbst gierig geschlürft, sondern auch ihren Pferden zu trinken gegeben. Als die Feinde auf sle eindrangen, tranken und kämpften sie zugleich und einige Verwundete schlürften das mit dem Wasser in die Helme rinnende Blut. Auch würde ihnen in diesem Augenblicke der Angriff der Feinde verderblich geworden seyn, wenn nicht ein heftiger Hagel mit Blitzen Schlag auf Schlag die Feinde betroffen hätte. Nun sah man, wie zur selben Stelle Wasser und Feuer vom Himmel schoß. Während die Einen vom Regen erfrischt wurden und tranken, wurden die Andern vom Blitze getroffen 1648 Casstus Dio's Römische Geschichte. und starten. Zwar schlug auch das Feuer unter die Römer, erlosch aber im Augenblick. Den Femden half der Regen Nichts, nährte vielmehr gleich dem Oele das Feuer. Es regnete bei ihnen und doch schmachteten sie nach Wasser. Die Einen verwundeten sich selbst, um mit dem Blute das Feuer zu loschen, Andere stürzten auf die Römer zu, als wäre nur bei ihnen das rettende Wasser zu finden. Selbst Marcus hatte Mitleid niit ihnen; er aber wurde vm- den Soldaten zum fiebeiitenmal als Imperator begrüßt. Obgleich er sonst eine solche Ehrenbezeigung nicht genehmigte, ohne daß sie vorher vom Senate gutgeheißen war, so nahm er sie dennoch dießmal an, als ob sie vor der Gottheit herkomme, und berichtete deßhalb an den Senat. Faustina wurde Mutter der Lager genannt. 11. sMarcus Antoninus blieb vorerst in Pannouien, um die Gesandtschaften, welche von Seiten der Feinde eintrafen, zu empfangen. Sie waren auch damals sehr zahlreich. Die Einen versprachen Bundesgenvffenschaft (an ihrer Spitze stand ein Prinz von zwölf Jahren), erhielten Geld, und waren so im Stande, den Tarbus, einen benachbarten Fürsten, der in Dacien eingedrungen war und unter Bedrohung mit Krieg von ihnen Geld verlangte, aus ihren Grenzen zu vertreiben. Die Anderen baten um Frieden, wie die Quaden, und erhielten denselben, um fle von den Marcomannen abzuziehen und weil sie Herden von Pferden und Rindern geliefert, und drcizehcntausend Ueberläufer und Kriegsgefangene, sodann auch die -Uebrigen auszuliefern versprachen. Sie durften jedoch die Märkte nicht besuchen, damit nicht auch die Marcomanuen und Jazygen, die sie nicht in ihr Land Einundsiebzigstes Buch. 1849 aufzunehmen oder hiudurchzulassen eidlich angelobt hatten, sich unter sie mischen und alt Quaden das Römische Gebiet auskundschaften und sich mit den nöthigen Bedürfnissen vorsehen möchten. Außer Diesen trafen auch von anderen theils Stämmen, theils Völkerschaften Gesandtschaften ein, und boten Unterwerfung an; theils auch nahmen sie Dienste und wurden nach anderen Provinzen geschickt, so wie auch die tüchtigen unter den Gefangenen und Ueberläufern. Andere erhielten in Dacien, Pannouien, Mysien, Deutschland und selbst in Italien Land angewiesen. Weil aber ein Theil, der in Ravenua zu wohnen kam, Unruhen anfing und sich sogar der Stadt bemächtigte, wurden keine Ausländer mehr nach Italien selbst verpflanzt, und sogar die früheren anderswohin versetzt.s 12 . Die Astingcr kamen unter der Anführung des NhauS und des Rhaptus nach Dacien, um sich hier anzusiedeln, indem sie hofften, Geld und Land zu erhalten; da ihnen aber Beides verweigert wurde, ließen sie ihre Weiber unk Kinder dem Tlemens als Unterpfand, um das Land der Castudvken zu erobern, besiegten sie auch wirklich, ließen aber Dacien darum nicht in Ruhe. Weil aber die Dancriger fürchteten, Clemens möchte sie aus Furcht vor ihnen auch in ihr Gebiet einlassen, so fielen sie unversehens über sie her und trieben sie so zu Paaren, daß die Astinger sich hinfort gegen die Römer keine Feindseligkeiten mehr erlaubten. Sie wandten sich vielmehr fetzt mit demüthigen Bitten an Marcus um Geld und Land, wenn sie den Feinden derselben Abbruch thäten. Auch erfüllten sie wirklich einigermaßen ihr Versprechen. Cafsius Dio. 13s Bdch«. 6 1650 Cassins Dio's Römische Geschichte. Die Cotiner dagegen machten zwar die gleichen Anerbietnn- gen und erhielten den Tarruntenius Paternus, welcher dem Kaiser die lateinischen Ausfertigungen zu besorgen hatte, zum Anführer, um mit ihm gegen die Marcomannen zu Felde zn ziehen, hielten aber nicht nur ihre Versprechungen nicht, sondern benahmen sich vielmehr sehr feindselig gegen Paternus, wurden aber dafür spater aufgerieben,^ 15 . sAuch die Jazygen schickten Gesandte an Marcus und ließen um Frieden bitten, wurden aber abgewiesen. Marcus hatte sie als ein treuloses Volk kennen gelernt, und hatte, auch von den Qnaden hintergangen, einen neuen Feldzug beschlossen. Die Quaden hatten nämlich nicht nur Jene im Kriege unterstützt, sondern die Marcomannen anch während des Krieges, wenn sie durch die Römer ins Gedränge kamen und sich zu ihnen flüchteten, in ihr Land aufgenommen, auch die Friedeusbedi.cgungen auf keine Weise erfüllt, noch alle Gefangenen ausgeliefert, sondern nur wenige, und solche, die sie weder verkaufen, noch zur Arbeit brauchen konnten. Wenn sie je einige, die noch bei guten Kräften waren, zurückgaben, so behielten sie ihre Verwandten zurück, damit auch sie wilder zurückkommen mochten. Ihren König Furtius vertrieben sie und setzten einen Andern, Arivgäsus, eigenmächtig als König ein. Deßwegen wollte der Kaiser auch ihren König nicht als rechtmäßig anerkennen, noch auch den Frieden erneuern, obgleich sie fünfzigtansend Kriegsgefangene auszuliefern sich erboten.ü 14 . fGezen Arivgäsus war Marcus so aufgebracht, daß erFiemjeuigen, der ihm denselben lebendig auslieferte, tausend, dem aber, der ihm seinen Kopf brächte, durch öffentlichen Einundsiebzigstes Buch. 165L Aufruf fünfhundert Goldstücke bieten ließ. Sonst verfuhr er selbst gegen seine ärgsten Feinde mit Milde und ließ den Satrapen Derivates, der Unruhen in Armenien angefangen, den König der Heniocher umgebracht und gegen den Verus, der ihn darob schalt, das Schwert gezückt hatte, nicht am Leben strafen, sondern nach Britannien bringen. Aber gegen Diesen war er nun einmal erboßt, that ihm jedoch, als er später eingebracht wurde, weiter Nichts zu Leide, sondern schickte ihn nach Alexandrien.s 15. sAnch die Marcomannen schickten jetzt Gesandte, und weil sie sich allen Bedingungen wiewohl ungern und nur mit vieler Mühe gefügt hatten, überließ er ihnen die Hälfte des Nachbarlandes, so jedoch, daß sie achtunddreißig Stadien von der Donau entfernt wohnen, ihre Sammelorte und Märkte nicht mit anderen gemein, wie bisher, sondern besonders haben und die Geißel mit anderen vertauschen sollten.s 16. Vielfache Verluste vermochten endlich auch die Jazygen, Frieden anzubieten, wobei ihr König Zanticus vor Ar.tonin einen Fnßfall that. Früher hatten sie ihren andern König Banadaspns, weil tr eine Friedensbotschaft an ihn gesandt hatte, in Fcsseln gelegt. Jetzt aber erschienen alle Großen mit Zanticus und schloßen eine» Frieden auf dieselben Bedingungen wie die Qnaden und Marcomannen, nur daß sie noch einmal so weit als Diese von der Donau entfernt wohnen mußten. Der Kaiser hätte sie lieber ganz ausgerottet: denn auch jetzt waren sie noch mächtig und konnten den Römern noch sehr gefährlich werden, Was sich schon daraus ergab, daß sie, nachdem Viele 6 * 1652 Cassius Dio's Römische Geschichte. verkauft, gestorben oder entlanfen waren, noch hunderttausend Gefangene zurückgeben konnten, und sogleich achttausend Reiter als Hülfetruppen stellten, von denen er fünftausend fünfhundert nach Britannien schickte.) fMarcus fiel in eine so gefährliche Krankheit, daß nur wenig Hoffnung zu seinem Auskommen war, und rief oft den Jamben aus dem Trauerspiele: Dieß ist die Frucht des unglückse:'gen Krieges.) P 17. sDie Empörung des Cassius und Syriens zwangen den Marcus Antoninus selbst gegen seinen Plan mit den Jazygen den Frieden einzugehen : den» diese Nachricht brachte ihn so sehr aus der Fassung, daß er dem Senate sogar die Friedensbedingungen mitzutheilen vergaß, was er sonst immer that.) 18. sDie Jazygen ließen durch eine neue Gesandtschaft um Milderung einiger Friedensbedingungen bitten, und es wurde ihnen auch Einiges gewahrt, um nicht ganz mit ihnen brechen zu müßen. Jedoch verstanden weder sie noch die Burrher sich eher dazu, Buudestruppen zu stellen, als bis ihnen Marcus feierlich versprach, den Krieg immer fortzusetzen: denn sie besorgten, er möchte, mit deu Quaden ausgesöhnt, ihnen einen Krieg mit den Grenznachbarn hinterlassen.) 19. sJedoch bewilligte Marcus nicht allen Gesandtschaften dieser Völkerschaften alle Bedingungen; je nach ihrer Würdigkeit erhielten sie das Römische Bürgerrecht, oder Erlaß des Tributs auf immer oder nur auf bestimmte Zeit, *)'Hier etwa durste dieß kleine Fragment des Maja's eingefügt werden. Einundsiebzigstes Buch. 1653 oder Unterstützung mit Korn auf ewige Zeiten. Da die Iazygen ihm von besonderem Nutzen wurden, so erließ er ihnen viele oder vielmehr alle Forderungen. Nur darauf bestand er, daß sie keine Versammlungen und gemeinsame Märkte halte», keine eigene Schiffe haben, und der Inseln auf der Donau sich enthalten sollten. Mit den Rorolanern gestattete er ihnen jedoch über Dacien zu verkehren, so oft der Statthalter ihnen die Erlaubniß dazu geben würde. 20. Die Quaden und Marcomannen ließen sich durch Gesandte darüber beschweren, daß die in den Festungen liegenden zwanzigtansend Mann ihnen weder Viehzucht, noch Ackerbau, nocb andere Geschäfte mit Sicherheit zu treiben gestatteten, sondern Urberlänfer aufnähmen und Viele von ihnen als Gefangene wegführten; ohne daß sie selbst die Noth dazu triebe, da sie Bäder und alle Bedürfnisse im Ueberflusse hätten. Diese Belästigungen durch die Besatzungen gingen so weit, daß die Quaden sogar mit Weib und Kind in das Land der Semnone« auszuwandern beschloßen. Als Antonin von diesem ihrem Vorhaben Kunde erhielt, ließ er die Wege dahin verrammeln und bewies dadurch, daß es ihm nicht sowohl um den Besitz des Landes als um die Bestrafung der Bewohner zu thun war.s 2t. sAuch die Naristen wurden beunruhigt, zogen zumal dreitausend an der Zahl aus und ließen sich Land auf unserem Gebiete anweisen.s 22. Als Pertinax wegen seiner Thaten das Consulat erhielt, so gab es Einige, die sich darüber aufhielten, weil er von niederer Geburt war, und die Stelle aus dem Tragiker anführten: 1654 Cassius Dio's Römische Geschichte. Dieß ist die Frucht des unglücksel'gen Krieges. *) Hierbei ließen sie sich nicht einfallen, daß er einmal sogar noch Kaiser werden würde. Durch die Empörung des Cassius in Syr.ien gerieth Marcus in große Bestürzung und entbot alsbald seinen Sohn Eommodus aus Rom, als ob er jetzt schon als volljährig gelten konnte. Cassius, seiner Abkunft nach ein Syrier aus der Stadt Cyrus, war ein ausgezeichneter ' Mann, wie man sich nur immer einen Kaiser wünschen mochte; nur stand ihm im Wege, daß er der Sohn HelioLors war, der froh seyn durfte, von der Rcdnerschule ans die Statthalterschaft von Aegypten zu erlangen. Zu einem großen Vergehen wurde er von Faustina verleitet. Sie, die Tochter des Antoninus Pius, mußte bei der Kränklichkeit ihres Gemahls, jeden Augenblick seines TodeS gewärtig seyn und befürchten, in den Privatstaud zurückversetzt zu werden, wenn bei der Jugend und dem Blvdsinne des Commodns die Regierung an einen Andern käme. Sie ließ deßhalb dem Cassius unter der Hand bedeuten, er sollte sich bereit halten, wenn dem Antoninus etwas Menschliches begegnete, sie und die Herrschaft in Besitz zu nehmen. 25. Während er damit umging, kam die Nachricht, Marcns sey gestorben, (da derlei Gerüchte bei Krankheiten der Fürsten so gerne sich verbreiten) und sogleich, ohne die Bestätigung davon zu erwarben, suchte er sich der Kaiser- *) Ich wiederhole hier diese Strophe in einem anderen Zusammenhange, obgleich sie Dio gewiß nur einmal anführte. Der Leser mag sich für die eine, oder die andere Stelle entscheiden. 1655 Einundsiebzigstes Buch. würde z» versichern, wozn er von den Soldaten in Panno- nien gewissermaßen schon ausersehen wäre. Zwar bekam er bald darauf znverläßigere Nachricht, konnte aber, weil er den ersten Schritt schon gethan hatte, nicht mehr zurück, eroberte auch in kurzer Zeit das ganze Land dieffeit des Taurus und machte alle Anstalten, die Herrschaft mit Gewalt der Waffe» zu erringen. Marcus bekam die erste Kunde von seiner Emxvrung durch Berus, den Statthalter von Cappadocien, und verheimlichte sie anfangs; als aber die Soldaten, zu denen die Nachricht gleichfalls gelangte, dadurch sehr in Aufregung kamen und allerlei Reden führten, so rief er sie zusammen und hielt folgenden geschriebenen Vor- trag an sie : 24 . „Nicht um meinen Unwillen oder meine Klagen vor euch auszuschütten, erscheine ich vor euch, meine Waffen- genoffen: denn darf man rechten mit der Gottheit, die rolle Macht über uns hat? Beklagen aber muß sein Geschick, wer ohne sein Zuthun ins Unglück kommt, wie es mit mir der Fall ist. Ist es nicht Unglück, von einem Krieg in den andern gezogen zu werden? Widerstreitet es nicht ganz meinen Grundsätzen, auch noch einen Bürgerkrieg durchmachen zu müßen? Ist es nicht härter, nicht kläglicher, als Beides, daß keine Treue mehr unter den Menschen gefunden wird! daß mein bester Freund an mir zum Verräther wird! und daß ich, der ich Nichts Unrechtes gethan, Nichts verbrochen habe, wider meinen Willen zum Kriege gegen ihn gezwungen werd«! Welche Tugend, welche Freundschaft wird noch als zuverläßig gelten, wenn es mir also ergebt! Ist nichtTreu'^ und Glauben, ist nicht alle Hoffnung dahin? Wäre ich 1656 Casstus Dio's Römische Geschichte. allein gefährdet, so würde ich die Sache nicht hoch anschlagen; denn ich kam nicht auf die Welt, um ewig auf ihr zu bleiben; da aber der Abfall oder vielmehr die Empörung allgemein ist, und der Krieg uns alle zugleich betrifft, so möchte ich am liebsten, wenn es anginge, den Casstus vor euch laden, um vor euch oder vor dem Senate ihm Rede zu stehen. Gerne träte ich ihm, ohne die Waffen entscheiden zu lassen, die Regierung ab, wenn des Staates Wohl dieses Opfer erheischte. Denn für das allgemeine Beste unterziehe ich mich unaufhörlich Mühen und Gefahren. So viele Zeit habe ich hier außerhalb Italien leben müßen, ich, der alte, kränkliche Mann, der keine Speise ohne Schmerz, keinen Schlaf ohne Sorgen genießen konnte." 25. „Weil Casstus aber sich hierzu nicht verstehen durfte, (denn wie sollte er mir trauen, da er selbst gegen mich treulos gewesen ist?) so müßt ihr, meine Waffenbruder, guten Muth fassen. Cilicier, Syrier, Juden und Aegypter waren nie tapferer als ihr, und werden es nie seyn und wenn ihr Heer auch zehentausendmal stärker wäre, als es nun geringer ist an Zahl, denn ihr. Wenn auch CasstuS ein noch so tüchtiger und glücklicher Feldherr ist, so würde er hier Nichts richten. Wenn ein Adler ein Heer von Krähen, oder der Löwe eines von Rehen hat, so ist er kein furchtbarer Gegner. Den Arabischen, den Parthischen Krieg hat nicht Casstus, sondern Ihr habt ihn zu einem glücklichen Ende geführt. Wenn Jener, aber auch im Kampfe gegen die Parther Ruhm gewonnen hat, so habt ihr an Berns einen Führer, der ihm in Nichts nachsteht, und noch mehr Siege als er errungen und Eroberungen gemacht hat. Aber vielleicht ist er auch 1657 Einundsiebzigstes Buch. auf. die Nachricht, daß ich nachlebe, anderen Sinnes geworden: denn er hätte dieß nicht gethan, wenn er mich nicht für todt gehalten hätt-. Beharrt er aber auf seinem Widerstände, so wird er doch, wen» er ron unserem Anzüge hört, unschlüssig werden, wird sich vor euch fürchten, vor mir aber sich schämen." 26. „Nur das Eine fürchte ich, meine Freunde, um euch Nichts zu verschweige», er möchte sich selbst entleiben, aus Scham, uns vor die Augen zu treten, oder ei» Anderer möchte, auf die Nachricht, daß ich komme und mit Heeresmacht gegen ihn ziehe, ihm das Leben nehmen: denn dadurch würde ich um den schönsten Preis des KriegS und des Sieges gebracht, den noch kein Sterblicher gewonnen hat. Worin besteht dieser aber? Darin, meine Freunde, einem Beleidiger zn verzeihen, Einem, Leb die Freundschaft gebrochen, Freundschaft, Einem, der Treue gebrochen, Treue zuhalten. Vielleicht scheint dieß euch unglaublich; ihr dürft euch aber auf die Aufrichtigkeit meiner Worte verlassen. Denn noch ist nicht alles Gute aus der Welt entwichen, anch bei uns finden sich immer noch Reste dieser Tugend vor. Wenn man mir aber keinen Glauben schenkt, so bestärkt mich dieß immer »och mehr in meinem Vorsähe, damit, Was Niemand für möglich hält, vor Aller Augen geschehe. Wie wünschte ich von den Uebeln der Gegenwart diesen Gewinn allein zu ziehen, und der Welt zu zeigen, daß auch Bürgerkriege zu Etwas fromme» können!" 27. So sprach Mareus vor den Soldaten; und so schrieb er anch an den Senat; keinerlei Anklage erhob er 1688 Casslils Dio's Römische Geschichte. wider Casstus, sondern nannte ihn immer nur einen Undankbaren. Aber auch er erlaubt« sich weder in Worte» noch schriftlich eine Schmähung gegen Marcns. Während Marcus sich aber zu dem Bürgerkriege rüstete, snahm er keine HülfStruppen no» fremden Völkerschaften an, obgleich viele zu ihm zusammenströmten, indem er äußerte: die Fremden brauchten Nichts von den unglückseligen Händeln zwischen Römern zu wissen.s *) Bald aber lief zn gleicher Zeit Nachricht von verschiedenen Siegen über die Feinde und von dem Tode des Casstus ein. Auf den zu Fuße gehenden CassiuS sprengte plötzlich ein Centurio Namens Antonins heran und verwundete ihn in den Nacken, ohne daß jedoch die Wunde tödtlich gewesen wäre. Sein Pferd rannte mit zn viel Ungestüm davon, so daß er seine kühne That nicht ganz vollbringen konnte, und er wäre vielleicht entkommen; da machte ihn aber ein Decurio vollends nieder. Sie schnitten ihm nun ' den Kopf ab und eilten damit zu dem Kaiser. Nachdem er so drei Monate und sechs Tage von der Herrschaft geträumt hatte, nahm er ein solches Ende und sein Sohn ward anderswo umgebracht. 28 . Marcns war so bekümmert über den Tod des Cas- sins, daß er sein Haupt nicht sehen wollte, sondern dasselbe, noch ehe seine Mörder vor ihm erschienen, begraben ließ. Er bereiste nun die Provinzen, welche an dem Ausstände des Casstus Theil genommen hatten, behandelte sie mit der größten Milde und that Keinem der Niederen oder Höheren - So lautet ei» Fragment deS Dio, das hier wohl am Besten seine Stelle findet. 1659 Einundsiebzigstes Buch. etwas am Leben. sKeincn der Senatoren, die es mit Cas- sius gehalten, strafte er am Leben, »och ließ er sie fesseln, D oder sonst in Gewahrsam halten, stellte sie auch nicht vor seinen Richterstuhl, sondern schickte sie ganz einfach an den Senat, als ob sie eines ganz anderen Vergehens angeklagt wären, und bestimmte einen Tag, an dem sie gerichtet werden sollten. Nur Wenige, die nicht blos bei der Empö- I rung des Cassins besonders thätig gewesen waren, sondern auch noch auf eigene Faust sich Ausschweifungen erlaubt hatten, ließ er am Leben strafen. So ließ er den Statthalter > von Aegypten, Flavius Calvisins, weder hinrichten, noch seines Vermögens berauben, sondern verwies ihn blos auf eine Insel. Auch alle Briefschaften des Cassins befahl er zu verbrennen, damit Keiner durch sie bloSgestellt würde, und begnadigte Alle, die es mit ihm gehalten hatten.1 29. Um dieselbe Zeit starb auch Fanstina, sey es in Folge der Fußgicht, an der sie litt, oder eines freiwilligen Todes, um nicht des Einverständnisses mit Cassius überwiesen zu werden. Marcns ließ jedoch die in den Koffern des Pudens vorgefun- r denen Briefschaften vernichten, ohne sie zu lese», um nicht s die Namen der Verschwörer und Derjenigen, die sich ungünstig über ihn geäußert hatten, zu erfahten und wider Willen Jemand hassen zu müssen. Auch Verus soll, als er nach Syrien, dessen Statthalterschaft er auch übernahm, vorausgeschickt wurde, das unter den Geräthschasten des Cassius Vorgefundene vernichtet haben, indem er äußerte, daß er dem Marcns dadurch einen Gefallen erweise; zürnete er aber darob, so sey , es besser, daß ihn selbst den Alleinigen statt Viele das Verderben treffe. Marcus fand aber an dem Blutvergießen 1660 Cassius Div's Römische Geschichte. so gak kein Gefallen, daß die Gladiatoren in Rom vor ihm nur so kämpfen durften, daß sie keine Gefahr dabei hatten. Nie durste Einer eine scharfe Waffe führen; sie mußten alle mit stumpfen und gerundeten Waffen kämpfen, und er war so kein Freund von Blutvergießen, daß er einen Löwen, welcher abgerichtet war, Menschen zu fressen, gar nicht vorführen ließ, so sehr auch das Volk ihn darum bat; auch mochte er ihn nicht einmal sehen, und schenkte seinem Lehrer auch die Freiheit nicht, obgleich die Leute ihm aus's Dringendste anlagen; er ließ vielmehr seine Willensmeinung durch einen Herold dahin zu erkennen geben, daß der Mensch nichts der Freiheit Würdiges gethan habe.j 30. Faustina betrauerte er sehr. s'Als der Senat ihm anlag, die Anhänger und Verwandte des Cassius mit dem Tode zu bestrafen, so gab er in einem Briefe unter Anderem folgenden Bescheid: „ich bitte euch angelegentlich, laßt meine Regierung rein von Senatorenblut! Das wolle der Himmel nicht, daß unter meiner Regierung Jemand von mir oder euch zum Tode verurtheilt werde.'I ») Er schließt mit den Worten: „Erfüllt ihr meinen Wunsch nicht, so ist mein Ende nicht mehr fern." So rein war er von jeder Blut, schuld, so mild und gottesfürcbtig; und Nichts vermochte ihn seinen Grundsätzen untreu zu machen, weder die Frevel- haftigkeit der verräthcrischen Unternehmungen gegen ihn, noch die Besorgniß, durch Begnadigung der Frevler neue zu ermuthigen. Denn er war so weit entfernt eine vorgebliche *) Dieß Fragment des Masses habe ich hier statt des XiplM- nischen Textes eingeschoben. 1061 Einundsiebzi'gstes Buch. Verschwörung selbst zu schmieden, und ein nicht bestandenes Verbrechen auf die Bühne zu bringen, daß er sogar offene Empörer, und solche, welche gegen ihn und seinen Sohn die Waffen ergriffe», Prätoren, Tribunen und selbst Könige begnadigte, und Keinem von ihnen weder durch eigene Machtvollkommenheit, noch durch den Senat unter irgend einem Vorwande das Leben nehmen ließ. Dieß bestärkt mich in der Ueberzeugung, daß er selbst den Cassius, wenn er lebendig in seine Gewalt gefallen wäre, begnadigt hätte. Wenigstens erwies er Vielen, die, so viel an ihnen lag, Mörder an ihm und seinem Sohne geworden wären, Wohlthaten. 5t. Es wurde jedoch damals die gesetzliche Bestimmung getroffen, daß Keiner in der Provinz, aus der er herstammt, Statthalter werden sollte, weil Cassins in Syrien, wo seine Vaterstadt war, seine Empörung begonnen hatte. Dem Marcns und der Fanstina erkannte der Senat in dem Tempel der Venus und der Roma silberne Bildsäulen zu und ließ für sie einen Altar errichten, auf welchem jede Jungfrau in der Stadt, die sich verheirathete, mit ihrem Bräutigame opfern mußte. Auch sollte in dem Theater das goldene Brustbild Faustinens, so oft er den Vorstellungen anwohnte, auf einem Prachtstuhle hereingebracht und auf dem Ehrenplätze, den sie bei ihren Lebzeiten einzunehmen pflegte, aufgestellt werden, und die vornehmsten Frauen setzten sich um dasselbe herum. Marcns besuchte damals auch Athen und ließ sich in die Mysterien einweihen. Den Athenern ertheilte er besondere Auszeichnungen, und bestellte in Athen für 1 1662 Casstus Dio's Römische Geschichte. Jedermanns Gebrauch in allen Fächern des Wissens Lehrer, welche öffentliche Gehalte bezogen. zr. sBei seiner Zurückkunft entschuldigte er sich vor dem Volke, daß er so viele Jahre außerhalb Noms hätte zubringen müßen. Alles schrie auf: acht! und zeigte eS an den Fingern: denn es waren gerade acht Jahre. Die Leute aber gaben damit zu verstehen, daß sie acht Goldstücke erwarteten. Als Marcus dieß merkte, lächelte er und sprach: die sollt ihr haben! Und er ließ an sie männiglich acht Goldstücke vertheilen.^ P Er blieb aber nicht dabei stehen, sondern erließ auch Denen, die an die kaiserliche oder Staatsschay- kammer schuldeten, alle Rückstände von scchsnnddreißig Jahren her, noch außer den sechzehn: Jahren tzadrians, *') und ließ alle dahin bezüglichen Urkunden öffentlich auf dem Markte verbrennen. Viele Stätte unterstützte er mit Geldsumme», und unter ihnen besonders Smyrna, das durch ein Erdbeben furchtbar gelitten hatte: auch stellte er einen e'genen Senator, der Prätor gewesen war, auf, den Wiederaufbau zu besorgen. Um so mehr finde ich es austastend, daß ihm Einige Freigebigkeit absprechen wollen. Zwar ging er sonst allerdings haushälterisch zu Werke, entzog sich aber keineswegs dem nöthigen Anfwande, ohne jedoch durch Beitreibung dieser Summen das Land zu drücken, und verwendete außer den jährlichen Summen noch viel andere auf Bedürfnisse des Augenblicks. *) Statt des Xipbirinische» Textes habe ich hier ein Fragment des Majus gegeben. S. oben SS, 8. 1663 Einnndsiebzigstes Buch. 55. Als aber die Angelegenheiten im Scythenlande wieder seine Anwesenheit nothwendig machen, so vermählte ^ er seinen Sohn Commodus mit Crispina früher, als er eigentlich beabsichtigt hatte. Die beiden Qninctilius nämlich, einsichtsvolle, tapfere und erfahrene Männer konnten mit dem Kriege nicht zu Ende kommen. Deßwegen sahen sich l die beiden Kaiser genöthigt, persönlich ins Feld zu rücken. Marcus erbat sich vom Senate Gelder aus deni öffentlichen Schatze, nicht als ob dieser nicht ohne dieß dem Machthaber znr Verfügung gestanden wäre, sondern weil Marcus erklärte, daß Alles dem Senate und dem Volke gehöre. „Wir haben," so sprach er in dem Senate, „so wenig Eigenthum, daß selbst das Haus, indem wir wohnen, euch gehört." Nach dieser Erklärung warf er .von dem Belloncntempel eine in Blut getauchte Lanze in der Richtung des feindlichen Landes hin, wie ich von Augenzeugen gehört habe, und rückte dann zu Felde. Dem Paternus übergab er beträchtliche Streitkräfte, um den Feinden eine Schlacht zu liefern. Diese hielten den ganzen Tag Stand, wurden aber endlich von den Römern gänzlich aufgerieben, und Antonin ward zum ' zehentenmale als Imperator begrüßt. Sicherlich hätte er auch das ganze dortige Land unterworfen, wenn er länger gelebt haben würde. So aber starb er am sechzehnten März nicht an der Seuche, von der er befallen war, sondern, wie ich aus sichern Quellen weiß, durch die Aerzte, welche sich dadurch dem Commodus gefällig machten. 54. Als er sich dem Tode nah fühlte, empfahl er seinen Sohn den Soldaten, indem er nicht merken ließ, daß er durch seine Schuld sterbe, und sprach zu dem Kriegstribun/ 1664 Cassius Div's Römische Geschichte. der die Losung holte: „wende dich zur aufgehenden Sonne, die meine geht schon unter!" Nach seinem Tode erhielt er die Auszeichnung, daß eine goldene Bildsäule von ihm in der Curie aufgestellt wurde. Ein solches Ende nahm Mar- cus sein Mann, der alle Tugenden in sich vereinigte und so gottesfiirchtig war, das; er selbst an den Unglückstagcn zu Hause opferte und unter allen Fürsten am rühmlichsten regierte, nur daß er seines schwächlichen Körpers wegen nicht persönlich tapfere Thaten verrichten konnte, ob er gleich denselben, trotz seiner ursprünglich:» Gebrechlichkeit, au alle Strapazen zu gewöhne» suchtef. Desto mehr Handlungen zeugen von seiner Wohlthätigkeit, und er baute ihr auch einen Tempel auf dem Capitolinm, obgleich der Name einer solchen Göttin früher nicht gehört worden war. Er selbst ließ sich kein Unrecht zu Schulden kommen, und sich auch durch Andere nicht dazu hinreißen, war dagegen äußerst nachsichtig gegen Andere und besonders gegen seine Gemahlin, indem er ihren Vergehen nicht nachforschte, noch sie bestrafte. That Einer etwas Gutes, so lobte er ihn und bediente sich seiner Dienste, um die Anderen kümmerte er sich dagegen nicht. jDie Menschen, sagte er, kann man nicht machen, wie man siezn haben wünscht; man muß sie eben so, wie sie sind, für das gemeine Beste möglichst nutzbar machen.^ Daß aber seine Handlungen nicht Heuchelei, sondern reine Ausflüsse der Tugend waren, lag am Tage. In den acht und fünfzig Jahren, zehen Monaten und zweinudzwanzig Tagen, die er lebte, und von denen er einen großen Theil unter seinem Vater Antoninus mitregierte, und neunzehen Jahre, eilf Tage Alleinherrscher war, blieb er sich durchaus gleich uns 1665 Einundsiebzigstes Buch. Veränderte sich in keinem Stücke. So war er denn ein wahrhaft rechtschaffener Mann, und fern von aller Verstellung. 55. Viel kam ihm auch seine gelehrte Bildung zu Statten : den» er war in der Redekunst und den philosophischen Wissenschaften wohl bewandert. In ersterer hatte er den Cornelius Frouto und den Claudius Herodes zu Lehrern, in letzteren aber den Junius Rusticus und den Nicomedes Apol- lvnius, aus der Schule des Ieno. Dieß machte auch Viele zu vorgeblichen Anhängern der Letzteren, weil sie unter ihm dadurch ihr Glück zu machen hofften. Am meisten aber ikam ihm seine eigene gute Natur zu Statten: denn ehe er mit Jenen Umgang hatte, zog es ihn schon unwiderstehlich zur Lugend hin: bei allen seinen Verwandten, die doch sehr zahlreich, mächtig und reich waren, hatte er als Knabe schon alles Lob und wurde von Allen geliebt. Als er deßhalb von Hadrian an Sohnes Statt angenommen worden, so wurde er dadurch nicht übermüthig, sondern zeigte sich, obgleich Jüngling und Cäsar, dem Antvnin während seiner ganzen Regierung in Allem folgsam, erwies auch den anderen angesehenen Männern ihre Ehre, ohne sie den Prinzen fühlen zu lassen. Er empfing die würdigsten Männer bei sich in dem Liberianischen Palast, in dem er wohnte, ehe er zu seinem Vater ging, und zwar nicht im Staatsgewande, sondern als Privatmann gekleidet in seinem Schlafgemach. Viele besuchte er, wenn sie krank waren, und erschien immer in den Hörsälen seiner Lehrer. So oft er ohne seinen Vater ausging, trug er ein dunkles Oberkleid und ließ sich nie die Dio CaMus. 1LS Mchri. 7 1666 Cassius Dio's Römische Geschichte. Fackel vortragen. Zum Ersten der Jugend ernannt, zog er, obgleich schon Cäsar, mit den Anderen auf den Markt. So war er denn eines Theils von der Natur begünstigt und , unterstützte fle noch durch die Wissenschaft. sDurch Alles, was Griechische und Lateinische Redekunst und Philosophie ihm bot, suchte er sich fortzubilden, als er schon in das Mannesalter übergetreten war und Hoffnung auf Alleinherrschaft hatte.) ZS. Ehe er zum Cäsar erklärt wurde, kam es ihm in dem Traume vor, als ob er Hände von Elfenbein hätte und i fle doch wie Menschenhände gebrauchen konnte. Durch zu ! großen Eifer im Studiren und große Anstrengung hatte er einen sehr schwächlichen Körper, obgleich er anfangs so kräftig war, daß er Waffenübungen anstellte und wilde Eber auf der Jagd vom Pferde herab erlegte. sSeine meisten Briefe schrieb er in jünger» Jahren, aber auch später noch an ganz vertraute Freunde mit eigener Hand). Bei dem Allem war er jedoch nicht so glücklich, als er es verdiente. Er hatte einen stechen Körper und fast die ganze Zeit seiner Regierung mit unzähligem Ungemach zu kämpfen. Aber eben dieß macht ihn, wenigstens in meinen Augen, um so bewundernswürdiger, daß er unter so vielerlei mißlichen Umständen aushielt und den Staat durchbrachte. Besonders aber mußte ihm sein Glück verkümmern, daß er bei seinem Sohne, auf den ich nun zn sprechen komme, dem er doch die beste Erziehung und Unterweisung «»gedeihen ließ, seine Wünsche so wenig befriedigt sah. Und von der goldenen Zeit des Römischen Kaisertums, sinkt die Geschichte des Römeroolkes und meine Erzählung nun in die eiserne und rostige herab. EmundsirbzigsteS Buch. L6K7 Bruchstücke des Dio (wie Valesius meint) aus dem Suidas: sMartius Verus sandte den Thucydi- des, um den Soämus nach Armenien zurückzuführen, und der Schrecken seiner Waffen und seine Entschlossenheit tei jedem unerwarteten Zwischenfalle ließen ihn seines Auftragt sich glücklich entledigen. Martins war nicht nur geeignet, sein« Gegner mit Waffengewalt zu bezwingen, durch Geschwindigkeit ihnen zuvorzukommen, sie zu überlisten, worin die Hauptstärke des Feldherrn besteht, sondern auch durch Worte der Güte zu bereden, durch glänzende Geschenke zu gewinnen und durch Verheißungen zu ködern. Bei Allem, was er that oder sprach, war ihm solche Anmuth zu eigen, daß er Zorn und Leidenschaft beschwichtigte, und die Hoffnungen noch höher steigerte. Er verstand es, den rechten Augenblick für Schmeichelei und Geschenke, für zuvorkommende Behandlung bei Bewirthungen zu treffen. Die Thatkraft, welch« er bei Dem, was er that, entwickelte, sein rascher Unternehmungsgeist gegen die Feinde ließen die Feinde wünschen, ihn lieber zum Freunde als zum Feinde zn haben. Bei seiner Ankunft in der neuen Stadt, welche eine von Priscus hineingelegte Besatzung besaß, wußte er die zum Aufstande Geneigten durch Wort und That zu besänftigen und erklärte die Stadt zur ersten in Armeniens Die Römer verstehen sich darauf, Schiffbrücken über Flüsse zu schlagen, da die Soldaten sich immer darmit beschäftigen, und sich darin, wie in andern Kriegsarbeiten, auf der Dona«, dem Rhein und dem Euphrat einzuüben Pflegen. Sie verfahren dabei, was gewiß noch nicht Allen bekannt ist, folgep» 5* 1668 Cassius Dio'6 Römische Geschichte rc. dermaßen. Die Schiffe, über welche man die Brücke legt, sind breit und wenden ein wenig oberhalb der Stelle, an der man die Schiffbrücke schlage» will, an dem Ufer befestigt. Auf ein gegebenes Zeichen lassen fle das erste Schiff in der Nähe des eigenen Ufers stromabwärts treiben. Ist man an dem für die Schiffbrücke geeigneten Platz angelangt, so läßt man einen mit Steinen gefüllten Korb wie einen Anker in die Strömung hinab. Dadurch wird das Schiff am Ufer festgehalten und durch Bretter und Bände, die es in Menge mit sich bringt, gestellt und sogleich bis zum Landungsplätze her überdeckt. Hierauf läßt man in geringer Entfernung ein zweites und dann ein drittes hinab und so fort, bis man mit der Schiffbrücke das Gegenufer erreicht. Das letzte Schiff nächst dem feindlichen Ufer führt Thürme mit einem Pförtchen, Pfeilschützen und Wurfmaschinen bei sich. Als aber auf die mit Schlagung der Schiffbrücke beschäftigten Soldaten ein Hagel von Geschoßcn sich ergoß, so ließ jetzt Cassius mit Pfeilen und Wurfmaschinen gegen sie los, wodurch die ersten Vorkämpfer der Feinde niedergestreckt und die Anderen zum Weichen gebracht wurden. Inhalt des zweiundsiebzigsten Buchs. Im Auszuge des Xiphilinus mit Bruchstücken des vollständigen Dio. Charakter des Commodus. Cap. 1. CommoduS schließt Friede» mit de» Marcomannen, Suade» und Burrhen. Cap. 2. A. Pompejanus stellt dein Commodus nach dem Leben. Cap. 4. Ermordung der Luinctilius. Cap. s —7. Der Britannische Krieg unter dem Oberbefehle des Ulpius Marcellus. Cap. 8. Ermordung des Perennis, Obersten der Leibwache. Cap. S. 10 . Dem Bictorinus wird eine Bildsäule gesetzt. Cap. II. Der kaiserliche Freigelassene Cleander beträgt sich übermüthig »nd verliert das Leben. Cap. 14. Andere Hinrichtungen. Cap. 14. Titel des Commodus. Cap. 15. Commodus gibt Schauspiele; sein Ueber- muth. Cap. 18 —21. Commodus wird in Folge einer Verschwörung umgebracht. Cap. 22. Dio sängt damals an, seine Geschichte zu schreiben. Cap. 23. Vorzeichen, welche den Tod des Commodus vorbedenten. Cap. 24. , Der Zeitraum begreift dreizehe» Jahre, in welchen Folgende Consuln waren: Vor Bor CommoduS Ehr. Erb. Roms. Regier.-Jahre. 18a. 933. Lucius Fulvius Vruttius Prä- ' sens zum zweitenmal und Sep- tus Luinctilius Condianus. 17. März, 1670 Inhalt, Bor Vor Commodus ehr. Srb. RomS. > Regier.-Jahre. 181. 934. Commodus zum drittem»! und Antistius Burrus. II. 182. 935. Cajus PetroninS Mamertinus und Cornelius Rufus. III. 183. 936. Commodus zum viertenmal und Aufidius Nictorinus zum zweitenmal. IV. 184. SZ7. Lucius Sggius MarultuS und Cneus Papirius Aelianus. V. 185. 938. Maternus und Vradua. IV. 186. 939. Commodus -zum sünftenmal und Acilius Glabrio zum zweitenmal. VII. 187. 940. Crispinus und Aelianus. VIII. 188. 941. Cajns Allius Fuscianus zum zweitenmal und Duillius Silanus zum zweitenmal. IX. I8S. 942. Iunius Silanus und Servilius Silanus. X. iso. 943. Commodus zum sechstenmal und Marcus Pctronius Septimianus. XI. 191. 944. Axronianus und Bradu». XII. 1S2. 945. Commodus zum siebentenmak und Publius Helvius Pertinar zum zweitenmal. XIII. j- 31. Dec. CassiuS Div'S Römische Geschichte rc. 1.671 Zweiundsiebzigstes Buch. 1. Commodus war von Natur nicht schlecht, sondern «in änßerst gutmüthiger Mensch. Wegen seiner großen Einfalt und auch Furchtsamkeit wurde er aber Sklave seiner Umgebungen und von denselben anfangs zu Fehltritten verleitet, bis ihm räch und nach Schmelzern und Mordsucht zur Gewohnheit und endlich zur anderen Natur wurden. (Auch scheint mi: Marcus dieß richtig vorausgesehen zu Habens Er war reunzehen Jahre alt, als sein Vater starb, und dieser hatte ihm mehrere der besten Senatoren als Vormünder beizenden. Commodus aber kehrte sich nicht an ihre Lehren md gute Räthe, schloß Frieden mit den Feinden und eilte lach Rom. 2. Die Maremannen hatten wegen der großen Verluste in ihren Shlachten, und w,il ihre Felder beständig verwüstet wurden Mangel an Unterhalt und waffenfähiger Mannschaft. Deß'alb schickten sie nur zwei ihrer vornehmste« und zwei andere der Niedrigeren ihres Volkes an ihn um Frieden. Commdus hätte sie mit leichter Mühe aufreiben können; weil er aber die Anstrengung scheute, und nach den Lustbarkeiten dc Stadt sich sehnte, so schloß er unter denselben Bedinguyen Frieden mit ihnen, wie sein Vater, und fügte nur nochbei, daß sie die indessen bekommen«» Ueber- läuser und Kregsgefangenen zurückgeben, und jährlich eine 1672 Casflus Dio's Römische Geschichte. bestimmte Abgabe an Getreide liefern mußten, die er ihnen später jedoch erließ. Auch mußten sie einige Waffen liefern, und die Quaden dreizehentausend Mann stellen; die Marcomannen nicht so viel, wofür er ihnen an der jährlichen Stellung von Mannschaft Etwas erließi Zugleich verbot er ihnen öfter und an vielen Orten zusammen zu kommen; nur Einmal des Monats durften sie sich an einem Orte in Ge- gegenwart eines Römischen Centurio versammeln. Ferner sollten sie sich aller Feindseligkeiten gegen die Jazygen, Bur- rhen und Bandelier enthalten. Dieß waren seine Friedensbedingungen und auf sie hin zog er seine Truppen aus den festen Plätzen, welche jenseits der Grenzen des ihnen abgenommenen Landes lagen.) z. sAuch den Burrhen gestand Conmodus deu durch Gesandte erbetenen Frieden zu. Früher verweigerte er ihn auf mehrfache Bitten, weil sie noch bei Frästen waren, und keinen eigentlichen Frieden, sondern vielnehr Zeit zu neuen Rüstungen zu erhalten suchten. Jetzt abr, da sie erschöpft waren, gestand er ihnen denselben zu ind nahm Geistes. Von den Burrhen erhielt er viele Kriegs.efangene, von den Anderen an fünfzchentausend zurück, nid Alle mußten sich eidlich verbindlich machen, ihr Land gegenDacien hin vierzig Stadien weit weder zu bewohnen noch rat Waiden zu beziehen. Sabinianus unterwarf auch znölftauscnd Dacier aus dem Nachbarlande, welche, aus ihrerHeimath vertrieben , den Andern zu Hülfe kommen wollten indem er ihnen in unserem Dacien Land anzuweisen versprüh.) 4. Das Leben des Commodus war mhrmals bedroht. Er ließ sich aber auch viele Frevelthatcn zu Slulden kommen, 1675 Zweiunvsiebzigstes Buch. Viel«, Männer und Weiber theils öffentlich hinrichten, theils ingeheim durch Gift unis Leben bringen. Alle, die unter seinem Vater und ihm in Ansehen gestanden waren, Pom- pejanus, Pertinax »nd Victorinus ausgenommen, hatten dieses Schicksal. Warum er Diese verschonte, weiß ich nicht. Ich spreche aber Dieß und das Folgende nicht mehr nach fremden Berichten, sondern nach eigener Beobachtung. Bei seiner Ankunft in Rom hielt er eine Anrede an den Senat und rühmte unter anderen Albernheiten auch Dieß als eine Heldenthat von sich: daß er, als sein Vater einmal in tiefem Kothe stecken geblieben, Herbeiritt und ihn rettete. Auf solche Dinge bildete er sich Etwas ein. Als er einmal in das Amphitheater gehen wollte, vertrat ihm in dem engen Eingänge Claudius Pompejanus den Weg, zückte das Schwert gegen ihn und sprach: „dieß schickt dir der Senat!" Dieser war mit der Tochter Lucilla's vermählt und lebte mit ihr und der Mutter derselben auf gleich vertrautem Fuße. Solches brachte ihn.in die Nähe des Commvdus, er zechte und machte seine Jugendstreiche mit ihm. Lucilla, nicht besser und sittsamer als ihr Bruder Commvdus, war böse auf ihren Gemahl Pompejanus und vermochte deßhalb den Vorgenannten dem Commvdus nach dem Leben zn stehen, stürzte ihn ins Verderben und wurde, der Theilnahme überwiesen, gleichfalls umgebracht. Auch Crispina ließ er, wegen ehelicher Untreue, hinrichten. Vor ihrer Hinrichtung, aber wurde» Beide anf die Insel Capreä verwiesen. Marcia aber, die Buhlin von Quadratus, einem der Hingerichteten, und dessen Kammerdiener Eclectus traten in gleicher Eigenschaft bei Commvdus ein, und Jene ward später die Frau des Eclectus, sah aber 1674 Cassius Div's Römische Geschichte. beide in der Folge eines gewaltsamen Todes sterben. Es wird von ihr berichtet, daß sie sich der Christen sehr angenommen, nnd, bei ihrem großen Einstuffe auf Commodus, denselben viele Dienste geleistet habe. 5. Auch den Salvius Jnlianus und Tarrutenius Pa- ternus, der Consularenrang erhalten hatte, und andere mit ihnen, so wie auch eine Frau von hoher Geburt, ließ er hinrichten. Julianus, welcher nach dem Tode des Marcus Alles gegen ihn hätte unternehmen können, weil er in hohem Ansehen stand, ein großes Heer unter seinen Befehlen hatte und die Liebe der Soldaten besaß, wollte theils aus Bescheidenheit, theils aus Ergebenheit gegen den Gestorbenen dem Kaiser nicht untren werden. Paternns, dem «S als Obristen der Leibwachen ein Leichtes gewesen märe ihn zu ermorden, wenn er wirklich, wie man ihm Schuld gab, ihm nach dem Leben gestanden hätte, that es gleichfalls nichts Auch die Qninctilius — den Condianus und den Maximus — ließ er umbringen. Sie standen ihrer Gelehrsamkeit, ihrer Kriegs- erfahrnng, ihrer Eintracht und ihres Reichthums wegen in großem Ansehen. Ihrer Vorzüge wegen hatte man sie, wenn sie auch nicht auf Empörung sannen, im Verdachte, daß sie mit der bestehenden Regierung nicht zufrieden seyn könnten. So starben sie den», wie sie gelebt hatten, mit einander und außerdem noch der Sohn des Einen. Sie hatten stets in einträchtiger Liebe unter sich gelebt, und waren auch nie in den Aemtern, die sie verwalteten, uncins geworden. Sie besassen große Güter und Reichthümer und wenn der Eine Statthalter war, so bekleidete der Andere die Stelle des Beisitzers bei ihm. 1675 Jweiundsiebzigstes Buch. 6. Als Cvndianus Sextus, der Sohn des Maximus, der an Talenten und Bildung die Anderen weit hinter sich ließ und sich damals in Syrien aushielt, erfuhr, daß auch er zum Tode verurtheilt sey, so trank er Hasenblut, stieg zu Pferd, und stürzte dann absichtlich herab. Nun spie er das Blnt als das Seinige, ward als dem Tode nahe aufgehoben, und in sein Zimmer gebracht. Er verschwand, statt seiner aber wurde «in Widder in einen Sarg gelegt und verbrannt. Seit dem irrte er in stets gewechselter Tracht und Kleidung überall umher. Als sich aber das Gerücht davon verbreitete (wie denn dergleichen Dinge nicht lange Zeit verschwiegen blieben) ward ihm überall aufs Eifrigste nachgespürt und Viele wurden seinetwegen, weil fle ihm gleich sahen, oder um die Sache gewußt oder ihn angeblich aufgenommen hatten, am Leben gestraft, und noch mehrere, die ihn vielleicht mit keinem Auge gesehen hatten, verloren ihr Vermögen. Ob er unter den Getödteten war (denn es wurden eine Menge Kopfe, die man für die seinigen ausgab, nach Rom gebracht), oder ob er davon kam, weiß Niemand anzugeben. Nach dem Tode des Commodus erfrechte sich Jemand, sich für Sextus auszugeben und auf seinen großen Reichthum und seinen Rang Anspruch zu machen. Mehrere hatten ihn schon in längerem Verhör gehabt, und er hatte sich immer fein hinausgewunden, als - aber Pertinax in Griechischer Sprache, die sder wahres Sextus wie seine eigene sprach, Fragen an ihn stellte, blieb er stecken und verstand nicht einmal, Was er sagte. sSo gab ihm denn Natur und Kunst viele Aehnlichkeit mit ihm, an Bildung aber hatte er Nichts mit ihm gemein.s 1676 Cassius Dio'S Römische Geschichte. 7. Diese Geschichte nun habe ich als gegenwärtig gehört: — ein andres, wovon ich Augenzeuge war, mag folgen. In Mallus, einer Stadt Ciliciens, ist ein Orakel des Am- philochus, ') das seine Aussprüche in Träumen gibt. Dieses nun weissagte auch dem Sextus, und offenbarte ihm sein Schicksal in Form eines Gemäldes. Auf diesem Gemälde war ein Kind dargestellt, das zwei Drachen die Kehle zuschnürt, und ein Löwe, der ein Hirschkalb verfolgt. Die Bedeutung konnte ich, der ich damals mich bei meinem Vater, dem Statthalter Ciliciens, befand, nicht errathen, bis ich erfuhr, daß Commodus, der später mit Hercules wetteiferte, die beiden Bruder gewissermaßen durch Erstickung hinrichten lassen, wie von Hercules erzählt wird, daß er noch als Wiegenkind die von Juno ihm zugesandten Drachen erdrückt habe. Die beiden Quinctilier nun Manen erdrosselt worden; Sextus, unstät von dem Mächtigern verfolgt, ging in der Irre. Ich müßte meine Geschichte überladen, wenn ich genau ins Einzelne gehen und alle von Commodus umgebrachte Personen aufzählen wollte, wie viele er, sey es auf lügenhafte Vcrläumdunge», oder auf ungegrnndete» Verdacht hin, sey es wegen ihres glänzenden Reichthums, oder ihres berühmten Geschlechtes, oder ihrer ausgezeichneten Bildung, oder irgend eines andern Verdienstes halber hin- . richten ließ. sDoch gab Commodus in Rom selbst auch viele Proben seines Reichthums und noch viel mehr seines Sinnes fürs Schöne; es gibt sogar auch eine volksthümliche Handlung von ihm. Manilius nämlich, ein Genosse des Casstus, *) Sr war ein Sohn des AlcmLvn und der Manto. Zweiundsiebzigstes Buch. 1677 dar seinen lateinischen Briefwechsel besorgte und großen Einfluß auf denselben hatte, nun aber geflohen und ergriffen worden war, versprach, viele Angaben zu machen. Com- modus aber wollte ihn nicht einmal hören, und verbrannte alle seine Briefschaften, ohne sie gelesen zu haben. 8. Auch einige Kriege bekam Commodus mit den Völkerschaften jenseits Daciens, wo sich Albinus und Niger, die später gegen den Kaiser Severus sich empörten, Ruhm erwarben, am wichtigsten aber war der Britannische. Als nämlich die Inselbewohner die Mauer zwischen ihnen und dem Römischen Lager überstiegen, große Verheerungen anrichteten und einen Römischen Befehlshaber sammt seinen Leuten niedermachten, gerieth Commodus in Bestürzung und schickte den Ulpius Marcellus gegen sie. Dieser sehr mäßige »nd enthaltsame Mann, welcher in Kost und allen anderen Lebensbcdürsitissen stets auf Soldatenweise lebte, war, wenn es gegen den Feind ging, voll erhabenen Muthes, im höchsten Grade unbestechlich, in seinem Benehmen aber keineswegs angenehm und menschenfreundlich. Er brach sich unter alle» Befehlshabern am meisten am Schlafe ab, und beschrieb, weil er auch seine Leute stets wach haben wollte, fast jeden Abend zwölf Täfelchen, wie man sie aus Lindenholz zu machen pflegt, auf welchen er den Einen Dieß, den Andern Jenes zu verschiedenen Stunden der Nacht an verschie- , deue Orte überbringen hieß, damit sie, ihren Führer immer wgch wissend, sich selbst auch am Schlafe abbrächen. Wenn es ihm schon von Natur leicht ward, sich des Schlafs zil erwehren, so suchte er sich darin durch Enthaltung von Speise noch mehr zu üben. sEr genoß überhaupt sehr wenig 1678 Cassius Dio's Römische Geschichte. nntH um auch im Brode sich nicht zu satt zu essen, ließ er dasselbe sich von Rom' kommen, snicht als od er das heimische minder gut gefunden hätte, sondern^ um es hart und alt zu bekommen, und so nicht das Geringste über den äußersten Bedarf zu genießen. sSein Zahnffeich, das ohnedieß nicht im besten Zustande war, blutetre oft von dem zu trocknen Brode. Er mochte dieß auch wohl übertreiben, um die Meinung zu verbreiten, daß er immer in wachem Zustande sey.^I Marcellus ward bei diesen Eigenschaften ein sehr gefährlicher Feind für die Britannier, wäre aber seiner Verdienste wegen beinahe von Commodus umgebracht worden, doch kam er noch mit dem Leben davon. sDie Soldaten riefen in Britannien den Unterseldherrn Priscus zum Kaiser aus;' er aber schlug es aus und sagte: ich wäre ein Kaiser, wie ihr Soldaten seyd.) ") 9. Perennis, welcher nach Paternus die Leibwachen befehligte, wurde von seinen wider ihn sich erhebenden Soldaten umgebracht. Da Eomaiodus nur an Wettrennen und Schwelgereien Vergnügen fand, und sich beinahe gar nicht der Staatsgeschäfte annahm, mußte Perennis nicht nur das Kriegswesen, sondern auch alles Uebrige besorgen und den Staat regiere». Wenn nun den Soldaten Etwas nicht nach ihren Wünschen ging, so gaben ste dem Perennis alle Schuld und grollten ihm. Die Unterfeldherren in Britannien aber schickten, als sie wegen ihrer Unbotmäßigkei Verweise erhielte» (und sich auch nicht eher zur Ruhe gaben, als bis sie Pertinax abberief), fünfzehenhundert Bogenschützen aus *) Hier etwa ist das Fragment des MajuS einzuschalten. 1679 Zweiundsiebzigstes Buch. ihrer Mitte nach Italien. Als Diese, ohne irgendwo Widerstand zu finden, bis vor Rom rückten, trat ihnen Commvdus entgegen und fragte sie: Was wollet ihr, Kameraden? warum seyd ihr hier? Als sie antworteten: „Wir kommen blos, weil Perennis dir nach dem Leben steht, und seinen Sohn zum Kaiser machen will!" so glaubte er ihnen, und gab besonders auf die Einflüsterungen des Cleander, der auf den Perennis, weil er ihn nicht nach Willen schalten ließ, unversöhnlichen Haß geworfen hatte, ihn, den Befehlshaber, den unter ihm stehenden Soldaten preis, und hatte nicht Muth genug, den fünfzehenhundert Bogenschützen, denen er eine weit überlegene Zahl von Leibwachen entgegenstellen konnte, Ernst zu zeigen. Jener ward gegeißelt und niedergemacht, und auch seine Gemahlin, seine Schwester und seine zwei Söhne verloren mit ihm das Leben. 10. So ward dieser Mann geopfert, der theils wegen seines Charakters, theils wegen seiner Verdienste um den Staat ein ganz anderes Schicksal verdient hätte. Nur Eines fällt ihm zur Last, daß er aus Herrschsucht die Hauptschuld an der Ermordung seines Collegen Paternns gehabt hatte. Sonst that er Nichts, um für sich Auszeichnung oder Reichthum zu gewinnen, sondern war der uneigennützigste und anspruchsloseste Mann, und auf nichts als die Sicherheit des Commodus und des Reiches bedacht. Dieser dagegen suchte nur seine Lüste zu befriedigen, und fand sein größstes Vergnügen am Wagenrennen, um die Regierung aber bekümmerte er sich Nichts, und, hätte er es auch gewollt, so war er aus Weichlichkeit und Unerfahrenheit nicht im Stande selbst zu regieren. Kaum sahen sich nun die Freigelassenen 1680 Cassius Dio's Römische Geschichte. und an ihrer Spitze Cleander von jenem Manne befreit, als sie sich Alles, Bestechung, Mißhandlungen und Ausschweifungen jeglicher Art erlaubten. Cymmodns lebte nur seinen Vergnügungen, war ein Pferdefreund und fand großes Gefallen an Kämpfen von Thieren und Menschen. Außer dem, was er zu Hause trieb, ließ er öffentlich viele Menschen und Thiere darauf gehen. An einem Tage erlegte er fünf Flußpferde, dann an verschiedenen Tagen zwei Elephanten mit eigener Hand und überdieß noch Nashörner und eine Giraffe. So viel von den Vergnügungen desselben im Allgemeinen. 11. Dem Stadtpräfekten Victorinus ward zur Auszeichnung eine Bildsäule aufgestellt. sEr starb aber nicht eines gewaltsamen Todes, obgleich einmal über seine beabsichtigte Hinrichtung allgemeines Gerede ging.s Zwar wollte ihn Commodus mehreremale hinrichten lassen, zögerte aber immer und schob es auf. Da hatte er denn einmal den Muth, vor PerenniS hinzutreten mit den Worten: „ich höre, daß ihr mich umbringen wollt. Warum zögert ihr? Auf was wartet ihr noch? Ihr könnet ja heute, in diesem Augenblicke es thun!" Aber auch diese seine Freimüthigkeit ging ihm ungestraft hin: er starb eines natürlichen Todes, so sehr ihn auch schon Marcus ausgezeichnet hatte, und so wenig er einen seiner Zeitgenossen an Vorzügen des Geistes und gelehrter Bildung nachgestanden war. Durch folgende zwei Beispiele dürfte ich seinen ganzen Charakter gezeichnet Habens Als Statthalter in Deutschland hatte er erst unter vier Augen seinen Legaten dahin zu vermögen gesucht, keine Geschenke mehr zu nehmen. Als Dieser aber nicht darauf 1681 Zweiundsiebzfgstes Buch. einging, bestieg er seinen Richterstuhl, ließ sich selbst durch den Herold vorfordern und schwor vor Gericht, daß er nie Geschenke genommen habe, noch auch nehmen werde. Dann hieß er auch Jenen schwören. Als Derselbe keinen Meineid schworen wollte, befahl er ihm, seine Stelle niederzulegen. Später in Afrika machte er als Statthalter mit einem Beiflyer, der gleichen Gelichters mit Jenem war, nicht so viel Umstände, sondern ließ ihn sogleich zu Schiffe bringen und schickte ihn nach Rom. Ein solcher Mann war Victorinus. 12. Cleander, welcher nach des Perennis Tod den größten Einstuß gewann, war früher mit seinen Leidensgenossen als Sklave öffentlich verkauft und nach Rom gebracht worden, um dort den Lastträger zu machen. Mit der Zeit wußte er sich aber so hoch emporzuschwingen, daß er des Commodus Kämmerer ward, seine Buhlin Damostratia heirathete, und den Nicomedier Saoterus, seinen Vorgänger im Amte, obgleich auch er viel zu sagen hatte, und den Nicomediern bei dem Senate die Erlaubniß auswirkte, feierliche Spiele zu halten und dem Commodus einen Tempel zu bauen, nebst vielen Anderen unter das Henkerbeil lieferte. Dieser Cleander, vvm Glücke so hoch gehoben, verschenkte oder verkaufte Senatorenstelleu, Kriegsämter, Rechnungsstellen, Statthalterschaften, kurz Alles, was ihm nur beliebte. Ja Leute, welche all ihr Vermögen daran gesetzt hatten, wurden Senatoren, wie man denn von einem gewissen Julius Solo» von ganz niedriger Abkunft scherzweise sagte, er sey mit Verlust seines Vermögens in den Senat verwiesen worden. *) Solche *) -Ein Fragment des Majus lautet hierüber folgendermaßen: Dio Cassius. 13s Bdchn. 8 1682 Cassiuö Dio'6 Römische Geschichte. Dinge erlaubte sich Cleander; einmal ernannte er nicht weniger als fünfundzwanzig Consuln auf einmal für ein einziges Jahr — ein Fall, der weder vor noch nach ihm wieder vorgekommen ist. Unter diesen Consuln war auch Severus, der nachmals Kaiser ward. So wußte er sich denn auf jede Weise Geld zu machen, und erwarb sich auch größere Schätze, als nur je ein Kämmerer, welchen die Gc- schfchte nennt, von denen er jedoch Vieles an Commodus und dessen Buhlinnen abgab, oder auf Häuser, Bäder, und auch andere sowohl Einzelnen als auch ganzen Städten nützliche Anstalten verwendete. 15. Cleander, vom Glücke auf solche Höhe gehoben, stürzte plötzlich herab und nahm ei» schmachvolles Ende. Er fiel nicht durch die Hände der Soldaten, wie Pcrennis, sondern durch die Wuth des Pöbels. Es war eine qroßL Theurung, die durch den Getrcidcaufseher Papirius Diony- flus noch gesteigert wurde, um den Cleander, der durch seine Unterschüsse hauptsächlich daran schuld war, den Römern verhaßt zu machen und durch ihre Hände zn Grunde zu richten. So geschah es denn auch. Es wnrden gerade Cir- censische Spiele gehalten und eben wollten die Pferde den siebenten Wcttlauf beginnen: da stürzten eine Menge Knaben in die Rennbahn und vor ihnen her eine Jungfrau von Commodus «ahm ganz unwürdige und arme Menschen in den Senat auf. indem er ihnen ihr ganzes Vermögen dafür abnahm; so gab Julius Alles, was er »och besaß, um Senator zu werden und man trug sich mit der witzigen Bemerkung über ihn: Julius verlor sein ganzes Vermögen und wurde auf den Richterstuhl verbannt. Zweiundsiebzigstes Buch. 1683 hohem Wüchse und fürchterlich anzusehen, in der man später wegen der Erfolge eine Göttin erkannt haben wollte. Die Kinder erhoben ein wildes, gräßliches Geschrei, das Volk stimmte ein und brach in die schrecklichsten Verwünschungen aus. Alles stürmte auf und fort nach dem Quintilischen Landhause, wo sich gerade Commodus befand, unter den besten Wünschen für ihn, aber allen Fluch auf Cleander entladend. Dieser schickte zwar einige Soldaten, die auch Etliche verwundeten und niederhieben; das Volk war aber nicht mehr aufzuhalten, auf seine Menge und den kräftigen Beistand der Leibwachen pochend, stürmte es nur noch gewaltsamer fort. Als sie endlich dem Landhause nahten und Niemand dem Commodns Meldung thun wollte, wagte es zuletzt Marcia, die frühere Buhlin des Quadratus, ihm von Dem, was vorging, Kunde zu geben. Commodus, ohnedieß sehr feige, gerieth in solche Furcht, daß er plötzlich befahl, Cleander und dessen Söhnchen, das er unter seinen eigenen Augen erziehen ließ, umzubringen. Das Kind ward mit solcher Gewalt auf den Boden geschmettert, daß es todt war, den Leichnam Cleanders aber schleppte das Volk umher, verstümmelte ihn und trug seinen Kopf auf einer Stange durch alle Straßen der Stadt umher. Auch ermordete es noch Andere, die unter seiner Herrschaft sich zuviel herausgenommen hatten. 11. Commodus, aus dem Taumel seiner Lüste und muthwilligen Streiche aufgerüttelt, ward mvrdsüchtig und ließ die angesehensten Männer ums Leben bringen, unter ihnen auch den Obristen der Leibwachen J'uliauus, den er 82 1684 Casfkus Dio's Römische Geschichte. früher öffentlich zu umarmen, zu küssen uud Vater zu nennen pflegte; ebenso Julius Alexander, der früher vom Pferde herab mit der Lanze einen Löwen erlegt hatte. Von der Ankunft der mit seiner Ermordung Beauftragten unterrichtet, ließ Dieser sie in der Nacht Alle zusammenhauen, und mit ihnen zugleich alle seine Feinde in Eines«, woher er gebürtig war; hierauf warf er sich zu Pferde und wollte über die Grenze entkommen. Auch wäre es ihm geglückt, wenn er nicht einen Knaben, den er liebte, mit sich genommen hätte. Er war ein trefflicher Reiter, weil er aber den Knaben, der zu erschöpft war, nicht zurücklassen wollte, wurde er eingeholt und brachte ihn und sich umS Leben. Auch Dionyflns, der Oberaufseher über das Getreide ward auf Befehl des Commodus hingerichtet. Um jene Zeit brach auch eine so heftige Seuche aus, als mir nur irgend eine bekannt ist: zweitausend Menschen starben in Rom oft an einem Tag. Auch verloren Viele nicht blos in der Stadt, sondern fast im ganzen Reiche ihr Leben durch ruchlose Menschen, welche dünne Nadeln mit tödtlichem Gifte testrichen und Andere, dafür bezahlt, damit umS Leben brachten, was auch schon unter Domitian geschehen war. ') Doch kamen sie den Indern gegenüber in keinen Betracht. 15. Schlimmer als alle Seuchen und Gifte war jedoch für die Römer in mehr als einer Rücksicht Commodus, besonders daß sie ihm Alles, was sie seinem Vater aus Wohlwollen zuerkannten, aus Furcht, auf seinen ausdrücklichen Befehl zu ertheilen gezwungen waren. Er ließ einen Erlaß au ja nij B> er ze> ge Gi zu M ge de A> lic dc ra ar sä sä Li S sti tr C d- m sä st °) Vergl. 67, 11. 16S5 Zweiundsiebzigstes Buch. ausgehen, daß Rom hinfort das Commodianische, die Heere, ja selbst der Tag, au dem er geboren wurde, Commodia- nisch heißen sollte. Sich sebst legte er unter vielen anderen Beinamen auch den des Hercules bei. Rom selbst nannte er überdieß das ewige, das glückliche, die Kolonie der ganzen Welt (er wollte nämlich Rom für seine Pflanzstadt angesehen wissen). Es wurde ihm zu Ehren eine Bildsäule von Gold, tausend Pfund schwer, mit einem Stiere und einer Kuh zu ihren Fußen, aufgestellt; und endlich wurden alle zwölf Monate nach ihm benannt und in folgender Ordnung aufgezählt: der Amazonische, der Unbesiegbare, der Glückliche, der Fromme (Pins), Lucius, Aeiius, Aurelius, Commodus, Augnstns, der Herkulische, der Römische, der Ueberschwäng- liche (Exsnperatorins): denn er gab sich bald den einen, bald den andern dieser Namen, den des Amazvnius und Exsupe- ratorius aber führte er beständig, als ob er in Allem durchaus alle Sterblichen ohne Vergleich überträfe, so unüber- schwänglich verrückt war der Schandmensch. An den Senat schrieb er folgendermaßen: „Ich, der Imperator Cäsar, Lucius Aelius Aurelius Commodus, Augustus, Pins, Felix, Sarmaticus, Germaniens Maximus, Britannicus, Friedensstifter der Welt, Römischer Hercules, Erzpricster, VolkS- tribun zum achtzehentenmal, Imperator zum achtenmal, Consul zum siebentem»»!, Vater des Vaterlandes, entbietet den Consuln, den Prätoren, den Bolkstribunen, dem Com- modianischen, glückseligen Senate seinen Gruß." Viele Bildsäulen wurden ihm unter der Gestalt des Hercules aufgestellt; auch ward beschlossen, daß man sein Zeitalter das 1686 Cassiuö Dio's Römische Geschichte. goldene nennen, vnd ihm in allen Ausfertigungen diesen Namen geben sollte. 16. Dieser Goldmann, dieser Hercules, dieser Gott (denn auch so ") ließ er sich nennen) sprengte einmal plötzlich Nachmittags ans seinem Landhaus in die Stadt, und ließ innerhalb zweier Stunden die Wettfahrer dreißig Gange machen, eine Hanptnrsache seiner beständigen Geldnoth. Er war auch sehr freigebig und theilte öfters männiglich hun- dertunddreißig Drachmen unter das Volk aus. Dieß war sein Hauptaufwand; deßhalb reichten auch seine gewöhnlichen Einkünfte, und die unermeßlichen Summen, welche Cleanter auftrieb, nicht zu, und er sah sich gezwungen, Weibern und Männern Verbrechen anzudichten, die ihnen zwar nicht den Tod brachten, wobei er sie aber durch Drohungen in große Angst zu sehen wußte. Doch ließ er auch Einige hinrichten, Andere aber ihr Leben mit dem Verluste ihres Vermögens erkaufen. So drang er ihnen vorgeblich freiwillige Geldschenkungen ab. Endlich mußten wir sSenatorcns mit unsern Weibern und Kindern ihm am seinem Geburtstage je zwei Goldstücke als Erstlinge jährlich, die Senatoren aber in den übrigen Städten des Reichs je fünf Drachmen entrichten. Bei alle dem brachte er es doch zu Nichts, sondern verschwendete wieder Alles auf Thierheyen und Gladiatorenspiele. 17. Ein Wagenrennen machte er öffentlich nicht selbst mit, außer in einer mondlosen Nacht; zwar hatte er alle Lust dazu, befürchtete aber sich dadurch vor dem Publikum Satt X«- roll-r' lese ich x«t X«? X»» rollr' H-tOVk*. Zweiundsiebzigstes Buch. 1687 herabzusehen; desto häufiger aber that er zu Hause, wobei er sich des grünen Anznges bediente. Auch erlegte er daheim viele Thiere mit eigener Hand, oft aber auch vor den Augen des Volks. Auch als Gladiator trat er auf in seinem Palast, wobei er Einige tödtete; smit dem Scheermesser schnitt er Anderen, als wollte er ihnen den Bart abnehmen, die Nase, ein Ohr oder sonst etwas ab); öffentlich aber kämpfte er ohne tödtliche Waffe und ohne Menschenblut zu vergießen. Vor seinem Erscheinen im Theater trug er ein seidenes Oberkleid mit Aermeln von weißer Farbe und mit Gold durchwirkt. .In dieser Kleidung nahm er auch unsere * Aufwartung an. Wollte er aber ins Theater gehen, so trug er ein ganz purpurnes mit Gold durchstickt, und ein Unterkleid von gleicher Farbe nach Griechischer Art, und eine goldene Krone mit Indischen Edelsteinen, nebst einem Schlan- genstabe gleich dem des Mercurius. Die Löwenhaut und die Keule wurden ihm auf der Straße vorgetragen und im Theater, er mochte zugegen, oder abwesend seyn, auf einem goldenen Sessel niedergelegt. Als MercUrius gekleidet kam er ins Theater, warf Alles von sich und schickte sich so im Oberkleide in bloßen Sohlen zum Werke an. 18 . Am ersten Tage erlegte er mit eigener Hand hundert Bären oben von dem Geländer herab, mit der Lanze. Das Theater war in Verschlüge abgetheilt, auf denen ringsherum Gallerten liefen, und welche einander durchschnitten, damit die Thiere, in die vier Räume geschieden, von allen Seiten her leichter getroffen werden könnten. Mitten im Kampfe trank er, wenn er ermüdet war, aus einem 1686 Cassius Dio's Römische Geschichte. keulenförmigen °) Becher einen kühlen süßen Wein, den ein Weib ihm reichen mußte, in vollen Zügen. Dann rief das Volk und wir alle wie mit einem Munde, wie man bei Zechgelagen zu Rom pflegt: „wohl bekomm' es dir, Kaiser!" Man mache mir nicht den Vorwurf, daß ich, wenn ich Solches berichte, bei meiner Geschichte zu sehr ins Kleinlichte gehe. Ich hätte es nicht erwähnt, wenn es nicht der Kaiser selbst gethan hätte, wenn ich nicht, wo ich selbst Augen- und Ohrenzeuge war und überall alles selbst mitmachte, es nicht für Recht hielt, dem Leser etwas vorzuenthalten, und nicht auch dieß, gleich dem Wichtigste» und Wiffens- werthesten, der Nachwelt zu überliefern, wie ich den» bei Allem, was zu meiner Zeit geschah, mehr als bei dem Früheren, ins Einzelne eingehen werde, weil ich überall selbst dabei war und von Allen, die darüber Denkwürdiges zu schreiben vermögen, die genaueste Auskunft zu geben vermag. 19. Dieß geschah am ersten Tage; an den folgenden kam er selbst in die Tiefe des Amphitheaters herab, und erlegte theils zahme Thiere, welche sich ihm näherten, oder Herbeigetrieben, oder auch in Netzen herbcigebracht wurden, dann aber auch einen Tiger, ein Flußpferd und einen Elephanten. Hierauf entfernte er sich und trat nach der Tafel als Gladiator auf. Vei Anordnung desselben war § er als Secntor *) **) gewappnet, hatte den Schild in der i Rechten, das hölzerne Schwert aber in der Linken, und *) Nach Anderen war es ein pllsllovitrodoliim, oder ei» Trinkgeschirr in der Gestalt des männlichen Glieds. Der Secntor hatte ein hölzernes Schwert und einen Schild. 1689 Zweiundsiebzigstes Buch. that sich darauf, daß er links war, .viel z» Gute. Gegen ihn kämpfte mit einem Rapier ein Fechtmeister oder auch ein Gladiator, den er selbst aufforderte, oder von dem Volke bestimmeu ließ. Denn hierin stellte er sich ganz den übrigen Gladiatoren gleich, nur daß Jene für ihr Auftreten geringen Lohn erhielten, Commodus aber aus der Gladia- torenkaffe jeden Tag zweimalhundert und fünfzigtausend Drachmen bezog. Zur Seite standen ihm beim Kampfe der Obrist der Leibwache Aemilius LätuS und der Kämmerer Eclectus, welche er, wenn er sie in diesen Scheingefechten bekämpft und natürlich besiegt hatte, küßte, wie er war, ohne den Helm abzunehmen. Nach ihm kämpften auch die Anderen; am ersten Tage ordnete er, ganz wie Mcrcurius gekleidet, mit einem vergoldeten Stab, unten auf einer gleichfalls vergoldeten Erhöhung stehend, die Paare, was wir (Senatoren) für eine Vorbedeutung nahmen. Hierauf stieg er auf seinen gewöhnlichen Siy herauf und sah mit uns vollends dem Verlaufe des Kampfes zu. Jept war Dieser aber nicht mehr Spiel, sondern kostete Viele» daö Leben. Als Einige ihre Gegner nicht tödtcn wollte», so ließ er sie mit ihnen zusammenbinden um das Gefecht allgemein zu machen. Nun fochten die so Zusammengefeffelten gegen einander, tödteten aber oft Solche, die nichts mit ihnen zu thun hatten, weil sie durch das Gedränge und den engen Raum einander zu nahe kamen. ro. So dauerten die Schauspiele im Ganzen vierzehen Tage. Wenn er kämpfte, so stellten wir Senatoren uns immer ein nebst den Nittera, nur der alte Claudius Pompe- janus wollte nie erscheinen, schickte aber seine Söhne: er 1690 Cassius Dio's Römische Geschichte. selbst ließ sich nie sehen, und wollte lieber sich der Gefahr aussetzen, darob das Leben zu verlieren, als mit anzusehen, wie der Kaiser, der Sohn des Marcns, solche Dinge trieb. Wir Anderen riefen, Was uns befohlen ward, der gewöhnlichste Zuruf aber war: „du bist Herr, du der Erste, du der Allcrglücklichste! du bist Sieger, bleibst Sieger, dn bist der Einzige *) von aller Ewigkeit, du bist Sieger, Amazonius!" Von dem übrigen Volke kamen Viele gar nicht ins Theater; Andere sahen nur herein und gingen wieder fort, theils aus Scham über Das, was vorging, theils auch aus Furcht, weil das Gerücht ging, er wolle eine Anzahl, wie Hercules die Stymphaliden, niederschießen. ES fand dasselbe um so mehr Glauben, da er einnial Alle in der Stadt, welche durch si'rankheit oder einen andern Zufall des Gebrauchs ihrer Füße beraubt waren, zu sich bringen, ihnen allerlei Schlangengestalten um die Füße winden ließ, statt der Steine Schwämme zum Werfen gab und sie dann, als wären es Giganten, mit der Keule zu Tode schlug. 21. Diese Furcht theilten Alle, wir sowohl als die Anderen. Etwas Aehnliches erlaubte er sich gegen uns Senatoren selbst, wobei wir unseres Todes gewärtig waren. Er hatte nämlich einen Stranß erlegt und brachte seinen Kopf nach dem Platze, wo wir saßen, indem er mit der linken Hgnd den Kopf, mit der rechten das blutige Schwert empor hielt. Er sprach zwar kein Wort, bewegte aber den Kopf mit solchem Grinsen, als wollte er uns zeigen, daß er *) Aus dem vorhergehenden erzänze ich das im Terte fehlende 1691 Zweiundsiebziqstes Buch. es uns ebenso zu machen Willens sey. Auch wären gewiß Viele, die lachen wollten, (denn das Lachen stand uns näher als das Weinen) durch sein Schwert nnigekommen, wenn ich nicht Lorbeerblätter, die ich aus meinem Kranze genommen, gekänt und die Anderen, die neben mir saßen, auch dazu aufgefordert hätte, um durch die beständige Bewegung des Mundes das Lachen verbergen zu können. Er machte uns hierauf selbst wieder Muth und hieß uns, da er noch einmal als Gladiator auftreten wollte, im Ritterkleid und Ueber- röcken in das Theater kommen, Was wir sonst nur zu thun pflegen, wenn ein Kaiser gestorben ist. Dieß und der Umstand, daß am letzte» Tage sein Helm durch dasselbe Thor, durch welches man die im Kampfe Gebliebenen hinausschaffte, fortgetragen wurde, war uns Allen ein sicheres Vorzeichen, daß sein Tod bevorstehe. 22. In der That starb er glich bald darauf, oder wurde vielmehr umgebracht. LätuS und Eclectns hatten nämlich theils aus Aerger über Das, was er that, theils auch aus Furcht (denn er hatte ihnen gedroht, weil sie ihn davon zurückhalten wollten) sich gegen ihn verschworen. Cvmmo- dus wollte die beiden Consuln Erucius Clarns und Sos- .sius Falco umbringen lassen, und selbst am Nenjahrstage als Consnl und Secutor aus dem Gladiatorenhaus, in welchem die Gladiatoren unterhalten werden, in das Publikum treten. Denn er nahm bei denselben das erste Zimmer ein, als ob er Einer der Ihrigen wäre. Dieß darf man nicht unglaublich finden: hatte er doch den Kopf des Coloffns abnehmen und einen andern, der ihn selbst vorstellte, darauf setzen, und ihm, um dem Hercules zu gleichen, eine Keule 1692 Cassius Dio'S Römische Geschichte. in die Hand geben, und einen Löwen von Erz zu seinen Füßen legen, auch außer den schon erwähnten Beinamen sLucius Commodus Hercules; woher denn das witzige Spottgedicht in Umlauf kam: Ich, der Sohn des Jupiter, Calli- nicus Hercules, bin nicht Lucius: man zwingt mich nur dazuf ") auf der Inschrift »och weiter aufführen lassen: „Der Vorkämpfer der Secutoren, der einzige, der mit linker Hand zwölfmal besiegte (ich glaube) sausend Gladiatoren." Aus dieser Veranlassung faßten Lätus und Eclectus den Entschluß, ihm daS Leben zu nehmen, und theilten ihn auch der Marcia mit. Am letzten Tage des Jahres, während die Leute noch mit Zubereitungen auf das Fest beschäftigt waren, ließen sie ihm NachtS Gift in dem Ochsenfleische geben. Weil aber das Uebermaß von Wein, das er genossen und die beständigen Bäder die plötzliche Wirkung desselben verhinderten, und er auch Etwas davon ausspie, so faßte er Verdacht und stieß Drohungen aus. So schickten sie denn den Fechtmeister Narcissus über ihn und erdrosselten ihn mit seiner Hülfe. Ein solches Ende nahm Commodus nach einer Regierung von zwölf Jahren, nenn Monaten und Vierzehen Tagen. Sein Leben brachte er auf einunddreißig Jahre, und mit ihm erlosch das ächte Aurelische Herr-, scherhaus. ,2Z. Es entstanden hierauf die gefährlichsten Kriege und Anfstände, und ich verfaßte aus folgender Veranlassung eine *) So lautet ein Fragment des Majus. ") Earacalla und Heliogabalus maßten sich den Namen der Alitonine fälschlich an. 1693 Zweiundsiebzigstes Buch. Geschichte derselben. Ich hatte ein Buch über die Träume und Zeichen, welche dem Severus die Kaiserwürde iu Aussicht stellte», verfaßt und herausgegeben. Dieses halte ich an ihn geschickt und eine Antwort von ihm erhalten, in der er mir viel Schönes sagte. Ich erhielt den Brief gegen Abend, ging darüber zur Ruhe und erhielt im Traume von der Gottheit die Weisung, eine Geschichte zu schreiben. Ich schrieb deßhalb die Begebenheiten des Zeitpunktes, an dem ich eben stehe, nieder. Da meine Schrift sowohl bei den Anderen als auch bei severus selbst großen Beifall fand, so bekam ich Lust, die ganze Römische Geschichte zu schreiben, und die Ereignisse meiner Zeit nicht abgesondert zu geben, sondern dem Ganzen einzuverleiben, um eine zusammenhängende Geschichte Roms von seiner Entstehung an so weit fortzuführen, als mir das Schicksal gestatten würde. Als ich anfangs bedenklich war und zögerte, und die Arbeit gar nicht mehr übernehmen wollte, so sprach mir die Göttin Muth ein und ermunterte mich durch Träume, indem sie mir schöne Hoffnungen wegen der Zukunft machte, daß die Zeit mein Werk erhalten und nicht in Verlegenheit kommen lasse. Da ich nun diese Gottheit zur Schutzgöttin meines Lebens erlangt zn haben glaube, so habe ich mich ganz in ihren Willen ergeben. Ich sammelte denn zchen Jahre lang allen geschichtlichen Stoff vom Ursprünge Roms bis auf den Tod des Severus, und habe denselben in weiteren zwölf Jahren zur eigentlichen Geschichte verarbeitet. Die Fortsetzung will ich geben, so weit ich eben komme. 24. Der Tod des Commodus wurde durch folgende Vorzeichen vorbedeutet: viele Adler flogen in unruhigem Fluge 1694 Cassiuö Dio's Römische Geschichte rc. um das Capitolium her, und ließen Töne vernehmen, die gar nicht friedlich lauteten, auch eine Eule stimmte auf ihm ihrg Klage an. Nachts brach in einem Hause Feuer aus, , ergriff den Friedenstempel und die Niederlagen der Aegypti- schen und Arabischen Waaren, schlug dann aufwärts nach dem Palatium und ivast jo verheerend, daß fast das ganze kaiserliche Archiv zuIGrunde ging, woraus sich hauptsächlich schließen ließ, daß das bevorstehende Unglück sich nicht ans die Stadt beschränken, sondern auf das ganze Reich erstrecken werde. Denn es konnte mit keiner menschlichen Hülfe bewältigt werden, soviel auch der löschenden Bürger und Soldaten herbeikamen, und obgleich Commodus selbst aus seinem Landguie herbeieilte, und erlosch erst, als es Alles, was eS erreichen konnte, verzehrt hatte, und es ihm an weiterer Nahrung gebrach. Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von I>r. Leonhard Tafel, Präccptor in Schorndors. Vierzehntes Bändchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. 18 4 4 . Inhalt des dreinndflebzigsten Buchs. Im Ausznge des Xiphilinus mit Bruchstücken des vollständigen Dio. Pertinar wird auf Verwendung des Sclectus und des Lätus von den Soldaten und, dein Lotus zum Kaiser erwählt. Cap. I. Commodus wird für einen Feind des Vaterlandes erklärt und noch im Tode beschimpft. Cap. 2. Milde des Pertinar gegen Pompejanus, Glabrio und den Senat. Cap. r. Vorzeichen, die ihm die Herrschaft porbedeuteten. Cap. 4. Pertinar schafft verschiedene Mißbräuche ab und verkauft das Lurusgeräth« des Com- modus. Cap. 5. 6. Cr begünstigt die Seinigen nicht. Cap. 7. Der Consul Falco wird auf Anstiften des Lätus zum Thronfolger bestimmt. Tod des Kaisers Pertinar. Cap. 9. 10. FlaviusSul- picianus und Julianus überbieten einander bei der Versteigerung des Throns. Cap. 11. Julianus wird Kaiser gegen den Willen des Senats und des Römischen Volkes. Cap. 12. 13. Severus, Niger, Albinus Trimnvirn. Cap. 14. Severus versöhnt sich mit Albinus und rückt gegen Julianus. Cap. 15. Julianus benimmt sich lächerlich und wird auf Befehl des Senates umgebracht. Der Zeitraum begreift fünf Monate, vom ersten Januar bis zum ersten Junius, innerhalb welcher Folgend« Consuln waren Nach Nach. Chr. Erb. d, Stadt. 193. 948. QuintuS Falco und Casus SrueiuS Slarus. Am ersten März: Flavius Sulxicianus und Fabius Cilo Septiininus. Am ersten Mai: Silius Meffala. 1696 Cafsius Dio's Römische Geschichte. Dreiundsiebzigstes Buch. 1. Pertinar war ein Ehrenmann, regierte aber nur kurze Zeit und wurde dann von den Soldaten umgebracht. Noch war die Ermordung des CommoduS nicht bekannt, da kamen EclectuS und LätuS zu ihm und meldeten *) ihm, was vorgefallen war. Wegen seiner Verdienste und der Achtung, in der er stand, übertrugen ste ihm nun die Oberherrschaft mit Vergnügen. Wie er ste sah und vernahm, was ste sagten, schickte er einen zuverläßigen Mann aus seiner Umgebung ab, der stch die Leiche des CommoduS zeigen lassen mußte. Als er stch von der Wahrheit ihrer Aussage überzeugt hatte, so begab er sich heimlich in das Lager der Leibwachen, und setzte diese durch seine Ankunft in nicht geringe Bestürzung. Durch die Anwesenheit des LätuS und seine Verheißungen (er versprach ") nämlich jedem derselbe» dreitausend Drachmen zu geben) wußte er ste für stch zu gewinnen. Sie hätten stch auch wirklich ganz ruhig «erhalten, wen» er nicht seine Anrede mit den Worten geschloffen hätte: „Vieles ist in diesem Stande der Dinge nicht wie es sein sollte, meine Kameraden, wird aber mit eurer Hülfe anders werden." Diese Aeußerung brachte ste nämlich auf den Verdacht, daß er ihnen die von CommoduS *) Statt lese ich das vorgeschlagene sui/i-va»». Statt will Reimar ä7rll>^opl»«ro lesen. Ei» ähnliches Wort verlangt wenigstens der Zusammenhang. 1697 Dreiundsiebzigstes Buch. wider Gebühr ertheilten Vergünstigungen entziehen wollte. Darüber grollten sie ibm, ließen aber Nichts merken und verhielten steh ruhig. Vom Lager aus begab er sich noch in der Nacht in den Senat, begrüßte jeden von uns. der sich in dem großen Gedränge ihm nähern konnte, und sprach dann völlig unvorbereitet an die Versammelten folgende Worte: „Zwar bin ich von den Soldaten zum Kaiser ernannt, reiße mich aber nicht um die Oberherrschaft, sondern trete noch heute im Augenblicke wieder davon ab, da mich Alter, Kränklichkeit und die schweren Geschäfte den Besitz derselben nicht wünschen lasten." Darüber bezeugten wir unsern aufrichtigsten Beifall und bestätigten ihn wirklich als Kaiser: denn er war ein Mann von dem besten Charakter und bei voller Gesundheit, nur litt er Etwas an den Füßen. 2. So wurde denn Pertinar zum Kaiser, CommoduS aber für einen Feind des Vaterlandes erklärt, während Senat unb Volk die gräulichsten Verwünschungen Wider ihn auSstießcn. Man wollte seine Leiche umherschleppen und in Stücke zerreißen. wie seine Bildsäulen; auf die Bemerkung des Pertinar aber, daß der Todte schon beerdigt sey, vergriff man sich nicht mehr an dem Leichnam, kühlte aber den Muth an dem Andern, indem man sich in die schrecklichsten Schmähungen ergoß. Da war Keiner, der ihn mehr CommoduS oder Kaiser nannte; einen Bö'ewicht, Tyrannen schalt man ihn, und fügte noch die Spottnamen Lohnkämpfer, Kutscher, Linkhand, Bruchwanft bei. Den Senatoren aber, die am meisten den Zorn des CommoduS zu fürchten hatten, rief die Menge zu: „Glück zu, Glück zu, nun bist du gerettet! nun hast du gesiegt!" Alle Beifallsrufe, die sich sonst i» Theater taktmäßig von Schmeichlern hören ließen, wurden jetzt aufs Lächerlichste umgewandelt auf den Gaffen abgesungen. Den Einen 1698 Cassius Dio'S Römische Geschichte. war man nämlich los, den Anderen fürchtete man noch nicht, benutzte die Zwischenzeit, um seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, und suchte sich durch diese gefahrlose Freimüthigkeit einen Namen zu machen. Sie hatten nicht genug, daß fie sich nicht mehr fürchten sollten, sondern wollten auch im Pochen aus ihre Sicherheit, recht ausgelassen sein. sSo verschieden war da« allgemeine Urtheil über Pertinar von demjenigen über CommoduS, daß man bet der Nachricht von dem Geschehenen argwöhnte, CommoduS habe das Gerücht nur verbreiten lassen, um die Leute über sich auszuholen, und daß viele Statthalter die ersten Neberbringer davon gefangen setzte«, nicht als ob fie die Wahrheit ihrer Aussage nicht gewünscht hätten; sondern weil fie e» gesährlicher fanden, an den Tod des CommoduS geglaubt, als sich nicht sogleich für Pertinar erklärt zu haben; von diesem erwartete Jeder, wenn er sich auch hierin in Etwas versehen, Verzeihung, von Jenem nicht einmal, wenn er auch ganz schuldlos war.) 3. Pertinar war aus Alba Pompeja in Ligurien gebürtig, und hatte einen Vater von nicht hohem Stande. Er legte ffch auf die Wissenschaften, um sich einst damit seinen Unterhalt zu verschaffen. Er suchte deßhalb den Umgang des Claudius PompejanuS, wurde dadurch Befehlshaber einer Reiterschwadron und schwang sich endlich so hoch empor, daß er der Gebieter jenes Manne- wurde. Unter der Regierung des Pertinar war es auch dar erste und das letzte Mal, daß ich den PompejanuS zu sehen bekam. Wegen der CommoduS lebte er meist auf dem Lande fund kam nur selten in die Stadtj, indem er Alter und ein Augenübel zum Vorwande nah«. sNie hatte ich ihn früher in dem Senat gesehen. Auch nach Pertinar war er wieder krank. Unter diesem sah er wieder ganz gut und konnte auch den Senat besuchen.) Pertinar zeichnete ihn auch sonst in hohem 1699 Dreiundstebzigstes Buch. Grade aus, und ließ ihn im Senate neben sich auf dem erhöhten Sitze fitzen. jDieselbe Ehre erwies er auch dem AciliuS Glabrio, der damals auch vollkommen gut hörte und sah. So ausgezeichnete Ehre erwies er diesen Männern.j Auch gegen uns war er sehr herablassend. Er war leicht zugänglich, ließ bereitwillig Jeden sein Anliegen vorbringen, und gab dann in den mildesten Ausdrücken denjenigen Abschied, der ihm der beste bauchte. Er lud uns zu frugalen Mahlzeiten ein, und wenn er es nicht that, so schickte er dem Einen Dieß, dem Andern Jenes, wodurch er sich freilich nicht sehr verköstigte. Die Reichen und Prahlhänse spotteten darüber, wir Anderen aber, die wir Mäßigkeit höher als Schwelgereien schätzten, zollten ihm dagegen unseren ganzen Beifall. 4. Während er noch in Britannien nach dem großen Aufstand, den er daselbst beigelegt hatte, sich befand, und sich allgemeines Lob erwarb, siegte in Rom ein Pferd genannt Pertinar. Es gehörte zur Bande der Grünen und ward von CommoduS sehr begünstigt. Als seine Bande laut aufschrie: „Pertinar ist'«!" rief die Gegenbande aus Verdruß über CommoduS, indem sie nicht das Pferd, sondern den Mann dieses Namens meinte, den Wunsch auS: „o daß er es wäre!» Später ließ CommoduS dieses Pferd, das wegen Alters seiner Dienste in der Rennbahn entlassen, auf dem Lande unterhalten ward, nach der Stadt bringen und mit vergoldeten Hufen und mit einer goldgestickten Decke über dem Rücken in die Rennbahn führen, und die Leute brachen bei seinem Anblicke plötzlich wieder in den Ausruf au« : „Pertinar ist'S!" Ein Ausruf, der schon an und für sich genommen als Vorbedeutung gelten konnte, da dieß bei dem letzten Rennen in jenem Jähre sich zutrug und die Obergewalt gleich darauf an Pertinar kam. AehnlicheS erzählte man sich von der Keule des Hercules, 1700 Cafsius Dios Römische Geschichte. die CommoduS, als er am letzten Tage als Gladiator auftreten wollte, dem Pertinar übergab. 5. So wurde denn Pertinar Kaiser und ließ sich nicht nur die anderen seiner neuen Würde zukommenden Ehrentitel geben, sondern als Mann des Volkes auch nach alter Weise den des ersten Senators, und seine erste Sorge war, die bisherigen Mißbrauche und Unordnungen abzustellen. Menschenliebe, Rechtlichkeit, Sparsamkeit, die thätigste Sorge für das Gemeinwesen waren die Zierden seiner Regierung. Unter anderen Verfügungen, die der treffliche Kaiser traf, war auch die, daß er die auf unschuldig Gemordeten hastende Ehrlosigkeit aufhob, und eidlich betheuerte, er würde nie eine solche Klage zulassen. Sogleich beriefen die Einen ihre Verwandten, die Anderen ihre Freunde unter Thränen und Freude zusammen: denn auch das war früher nicht erlaubt. So,dann gruben sie die Leichen der Ihrigen entweder ganz oder theilweise, wie bei den Einzelnen die Art des Todes oder die Länge der Zeit es gestattete, aus, richteten sie gehörig zu und setzten sie in ihren Familienbegräbniffen bei. Der kaiserliche Schatz war damals so erschöpft, daß nur zweimalhundert und fünfzig tausend Drachmen darin gesunden wurden. Kaum brachte Pertinar von den Bildnissen, den Waffen, den Pferden, den Geräthschafte« und Lustknaben des CommoduS so viel zusammen, daß er den Leibwachen die versprochenen Summen und dem Volke männiglich hundert Drachmen bezahlen konnte. Alles nämlich, was CommoduS an LuruSgegenständen oder für seine Gladiatorenkämpfe und seine Wettfahrten sich angeschafft hatte, wurde im Kaufhause ausgestellt. Hauptzweck dabei war, Geld zu bekommen, Nebenzweck aber wohl auch, um die Handlungsart und Lebensweise desselben an'S Licht zu stellen, und zu sehen, welche Käufer sich dazu finden würde«. Dreiundsiebzigstes Buch. 1701 6. LätuS Pries den Pertinar, während er den Commodus verhöhnte und seine Schandthaten an den Tag brachte. Auswärtige Gesandten hatten von ihm Summen erhalten, womit er den Frieden erkaufte; er ließ sie aber noch auf dem Wege umkehren, nahm ihnen das Geld wieder ab und sprach zu ihnen: „Saget nur zu Hause, daß Pertinar jetzt Kaiser ist!" Sie kannten ihn auch wirklich noch sehr gut aus den Zeiten des MarcaS. da er mit diesem gegen sie zu Felde war und fle gewaltig zu Paaren trieb. Zur Verhöhnung deS CommoduS that er noch weiter Folgendes: Einige Un- siäter und Possenreißer, mit scheuSlichen Gesichtern, und noch scheuS- lichern Namen und Eigenschaften sah er wegen ihrer Schamlosigkeit und Frechheit von Commodus zu übermäßigem Reichthum erhoben, und ließ deßhalb ihre sauberen Namen und eine Schätzung der Reichthümer, die sie besaßen, durch öffentlichen Anschlag bekannt machten. DaS Erstere erregte Lachen, Letzteres aber Unwillen und Betrübniß: denn Einige von ihnen waren dadurch so bereichert worden, daß ihnen Commodus das Vermögen von mehreren Senatoren, die er hatte umbringen lassen, zugewendet hatte. LätuS blieb jedoch dem Pertinar nicht lange, oder vielmehr keinen Augenblick getreu. Da er ihm nicht zuließ, was er wollte, so hetzte Jener, wie unten berichtet werden wird, die Soldaten wider ihn auf. 7. Seinen Schwiegervater FlaviuS SulpicianuS, den ohnedieß seine Verdienste hierzu berechtigten, machte er zum Stadtpräfekten. Für seine Gemahlin aber wies er den Ehrentitel Nugusta, und für seinen Sohn den eines Cäsars, obgleich wir beiden denselben zuerkannt hatten, mit Entschiedenheit zurück; sey es, daß er sich noch nicht hinlänglich in seiner Herrschaft befestigt glaubte, oder weil erben Namen Augusta nicht durch die Ausschweifungen Jener befleckt wissen, 1702 CassiuS Dlo's Römische Geschichte. und seinem Sohn, der noch nicht gehörig herangebildet war, durch den Prunk und die Hoffnungen, welche sich an den Namen knüpften, den Kopf nicht verrücken wollte. Er ließ ihn nicht einmal bei sich im Palaste wohnen, sondern sagte sich am ersten Tage seine« Regierungsantritt« von dem Besitze seine« früheren Vermögen« lo« und vertheilte es unter seine Kinder (denn er hatte auch eine Tochter), ließ sie bei ihrem Großvater wohnen, und lebte nur wenig, al« Vater, nicht al« Kaiser, in ihrem Kreise. 8. Weil nun aber die Soldaten nicht rauben und plündern, die kaiserlichen Freigelassenen nicht »ach Willkühr mehr schalten und walten durften, so warfen sie einen tödtlichen Haß auf ihn. Zwar wagten die Freigelassenen als wehrlos Nichts gegen ihn, die Leibwachen aber machten einen Anschlag gegen sein Leben. Vor Allem bestimmten sie den Consul Falco, einen Mann von hoher Geburt und großen Reichthümern, zum Kaiser, und wollten ihn, während Pertinar wegen Beitreibung der Kornzufuhren zur See war, in da« Lager führen. Auf die Kunde davon eilte dieser nach der Stadt und in den Senat, wo er folgende Anrede hielt: „Es darf euch nicht unbekannt bleiben, ihr Vater, daß ich bei meinem Regierungsantritt nur zweihundert und fünfzig tausend Drachmen in dem Schatze fand und dennoch den Soldaten so viel gab als Marcu« und Lucius, welche sechs- malhundert und sieben und eine halbe Millionen überkamen. An all der Geldnoth sind aber die sauberen Gesellen, die Freigelassenen, schuldig." Pertinar hatte darin jedoch Unrecht, daß er den Soldaten so viel als Lucius und MarcuS geschenkt zu haben vorgab: Jener hatte ihren nämlich je fünstaüsend, dieser dreitausend gegeben. Die Soldaten und die Freigelassenen, welche in großer Zahl im Senate anwesend waren, geriethen dadurch in schrecklichen Zorn und erhoben 1703 Dreiundsiebzigstes Buch. ein gräuliche- Gemurr. Schon waren wir im Begriffe da- Verdammung-urtheil gegen Falco «»-zusprechen und hießen ihn schon einen Feind des Vaterlandes, als Periinar dagegen auftrat und mit lauter Stimme erklärte: „Ferne sey dieß von mir; so lange ich regiere» soll kein Senator am Leben geffraft werden, und wenn er's auch verdiente. So blieb Falco am Leben." ') 9. LätuS aber benutzte die durch Falco gebotene Gelegenheit und ließ Viele der Soldaten vorgeblich auf Befehl des Kaisers am Leben strafen. Die anderen, welche ein gleiche- Schicksal fürchteten, machten deßhalb einen Aufstand und zweihundert der Verwegensten stürzten mit gezückten Schwertern nach dem Palaste. Periinar erfuhr den Vorfall nicht eher, als bis sie schon oben auf dem Berge waren. Da eilte seine Gemahlin zu ihm herein, um ihm dasselbe anzukündigen. Er faßte nun einen Entschluß, welcher Seelengröße, oder auch Unbesonnenheit verrieth, oder wie man sonst es nennen will. Er konnt» die Anrückenden niedermachen lassen: denn er hatte die Nachtwache und die Ritter zu seiner Verfügung, auch waren noch viele Andere in dem Palaste gegenwärtig. Wollte er dieß nicht, so konnte er nach Verschließung der Zwischenthüren» sich verbergen und so entkommen. Er that aber nichts von allem dem, hoffte vielmehr sie durch seinen Anblick zu schrecken, und durch seine Rede auf andere Gesinnung zu *) Ein Fragment des MajuS erzählt dieß mit folgenden Worten: FlaccuS wollte sich zum Kaiser ausrufen lassen, ward aber verrathen univ vom Senat zum Tode verurtheilt. Er (Periinar) aber rief aus: das sey ferne, so lange Periinar regiert, soll kein Senator am Leben gestraft oder verbannt werden! FlaccuS ward «»geschreckt und von Scham ergriffen zog er sich auf das Land zurück, wo er den Rest seiner Jahre verlebte. 1704 Cassius Dio's Römische Geschichte. bringen und trat deßhalb den Andringenden» die schon im Hause waren, entgegen: Keiner ihrer Kameraden hatte sie nämlich abgehalten, und die Thürhüter und die Freigelassenen die Thüren nicht nur nicht verschlossen, sondern vielmehr alle Zugänge geöffnet. 10. Wirklich wurden auch die Soldaten durch seinen Anblick von Ehrfurcht und Scham ergriffen, hefteten bis auf Einen ihre Blicke zu Boden und steckten ihre Schwerter in die Scheide. Dieser Eine aber sprang vor und schlug mit den Worten: „Dieses Schwert schicken dir die Soldaten!" sogleich auf ihn zu, und die Anderen hielten nun auch nicht mehr länger an sich, sondern hieben ihren Kaiser und den Gclectus zu Boden. Dieser war der Einzige, der den Kaiser nicht verließ, und ihm so viel er konnte, beistand. auch Einige verwundete. Schon früher hatte ich diesen für einen Ehrenmann gehalten, jetzt aber mußte ich ihn bewundern. Die Soldaten hieben nun dem Pertinar das Haupt ab, steckten es an eine Lanze und thaten sich auf diese Heldenthat viel zu gut. sEin solches Ende nahm Pertinar, ein Mann der alle eingeriffenen Mißbrauche in kürzester Zeit abschaffen und Alles wieder in Ordnung bringen wollte. So viele Erfahrung er auch besaß, so bedachte er doch zu wenig, wie eS unmöglich ist, Allesauf einmal wieder zu verbessern, und daß, wenn je Etwas, eine neue Gestaltung der Staatsverhältnisse Zeit und Umsicht erfordert.! ') Er lebte vier Monate und drei Tage weniger als sieben und sechzig Jahre. Seine Regierung hatte nur sieben und achtzig Tage gedauert. 11. Als sich die Nachricht von der Ermordung des Pertinar in der Stadt verbreitete, liefen die Einen in ihre Häuser, die Andere« ') So lautet ein Fragment des Ma ju s, das jedoch mit dem Liphiltnischen Terte beinahe zusammenstimmt. 1705 Dreiundsiebzigstes Buch. in die O-uartiere der Soldaten, um für ihre Sicherheit Sorge zu tragen. SulpicianuS befand sich gerade im Lager, wohin ihn Pertinar abgeordnet halte, um den Aussiand beizulegen und blieb nun daselbst, um sich selbst zum Kaiser wählen zu lassen. Indessen war DidiuS Julianus, von senatorischer Abkunft, aber dem schlechtesten Charakter, der einerseits aus jede Weise Geld zusammenscharrte und dann wieder die ausschweifendste Verschwendung trieb, ein unruhiger Mensch von jeher, und deßhalb von Commodus in seine Vaterstadt Medio- lanum verwiesen, auf die Nachricht von dem Tode des Pertiüar eiligst vor den Thoren des Lagers angekommen und unterhandelte dort mit den Soldaten über die Oberherrschaft von Rom. Jetzt erfolgte der schändlichste, .für Rom entehrendste Auftritt. Wie auf dem Markte oder im Kaufhause wurde die Hauptstadt und das ganze Reich im Aufstreich auSgeboten. Verkäufer waren die Mörderdes Kaiser-, Kaufliebhaber SulpicianuS und JulianuS, welche einander überboten, der Eine innerhalb, der Andere außerhalb de« Lagers, -nach und nach waren sie mit ihrem Gebote bis auf fünftausend Drachmen für den Mann aufgestiegen. Einige machten hierbei die Unterhändler und sagten dem Julian: „Sulpician gibt so und so viel; was schlägst du darauf?" dem Sulpician: „Julian verspricht so und soviel; wa< versprichst du weiter?" SulpicianuS würde, im Lager gegenwärtig, als Stadtpräfekt, und weil er zuerst fünftausend Drachmen bot, obgesiegt haben, wenn nicht JulianuS, statt im Kleinen weiter zu steigern, auf einmal zwölfhundert und fünfzig Drachmen weiter geboten, dieß sein Gebot mit lauter Stimme ausgerufen und mit der Fingersprache veranschaulicht hätte. Diesem konnten die Soldaten nicht länger widerstehen, auch fürchteten sie, Sulpician möchte, wie Julian 1706 Cassius Dio's Römische Geschichte. ihnen zu verstehen gab, wegen des Pertinar ste zur Strafe ziehen, nahmen Jenen ins Lager aus und riefen ihn als Kaiser aus. 1L. So zog er denn gegen Abend, begleitet von einer Menge Leibwachen mit vielen Feldzeichen, als ging'eS zur Schlacht, nachdem Römermarkt und der Curie hin, um durch solchen Aufzug uns und das Volk einzuschrecken und auf seine Seite zu bringen. Die Soldaten priesen ihn hoch und nannten ihn CommoduS. Wir geriethen, so wie die Nachricht davon zu uns gelangte, in Furcht vor JuliauuS und den Soldaten, besonders diejenigen, die mit Pertinar in näheren Verhältnissen gestanden hatten. Unter diesen war auch ich, da ich von Pertinar sowohl sonst ausgezeichnet, als auch zum Prätor ernannt worden war, den Julian aber oft vor Gericht als Rechtsbeistand eines Unrechts überwiesen hatte. Diese Rücksichten jedoch und der Umstand, daß wir es nicht für gerathen hielten, zu Hause zu bleiben, wodurch wir dem Julianus nur noch mehr verdächtig erscheinen mußten, bewogen uns, uns öffentlich zu zeigen, aber erst nachdem wir aus dem Bade getreten waren und zu Abend gespeist halten. Wir drängten uns durch die Soldaten nach der Curie, wo wir unter Anderem, das seiner würdig war, auch Folgendes aus seinem Munde vernahmen. „Ich sehe, daß ihr einen Herrscher braucht, ich bin vor Allen am meisten würdig, über euch zu herrschen. Ich könnte euch Vieles von meinen Vorzügen rühmen, wenn ihr sie nicht kenntet und Beweise davon gesehen hättet. Deßhalb wollte ich auch nicht viele Soldaten mit mir nehmen, sonder» bin allein unter euch getreten, um das Geschenk derselben von euch bestätigen zu lassen." „Ich komme allein," sprach er, und hatte die ganze Curie mit Soldaten umstellt, und noch eine Menge mit hineingenommen. Gr berief sich Dreiundsiebzigstes Buch. 1707 auf seine uns bekannten Thaten, während gerade diese uns ihn Haffen und fürchten ließen. 13. Als er sich auch durch die Senatsbeschlüffe in der Kaiserwürde bestätigt sah, begab er sich aus das Palatium. Da er noch die Abendgerichte des Pertinar vorfand, machte er sich lustig über ihn, ließ von allen Seiten die kostbarsten Leckerbissen, die er auftreibe» konnte, herbeischaffen, ließ sie sich, während die Leiche noch im Palaste lag, wohl schmecken, und würfelte dann mit dem Pantomimen PyladeS und anderen Tischgenoffen. Tags darauf begaben wir uns zu ihm hinaus, indem wir auf jede Weise den Kummer unseres Herzens zu verbergen suchten. DaS Volk aber sah recht finster drein, ließ seinen Gesinnungen freien Lauf, und schickte sich an, irgend Etwas zu thun, was es könnte. Als er endlich vor der Curie ankam, und dem JanuS vor der Pforte derselben opfern wollte, schrieen Alle wie aus ein gegebenes Zeichen auf und schalten ihn einen Thronräuber und Vatermörder. Er aber stellte sich anfangs, als ob er nicht böse darob würde, und versprach, einiges Geld unter das Volk auszutheilen. Sie aber ergrimmten, daß er fie bestechen wollte, und schrieen wie mit einer Stimme: „behalt' es nur, wir wollen Nichts von dir!" und zwar so laut, daß die Gebäude umher gräulich davon widerhallten. Jetzt hielt sich JulianuS nicht länger, sondern ließ die Nächst- stehenden niedermachen. Dadurch ward das Volk jedoch nur noch erbitterter, wünschte unaufhörlich den Pertinar zurück, schalt Julian und stuichte den Soldaten. Obgleich an vielen Orten in der Stadt Viele verwundet und ermordet wurden, so gaben fie dennoch nicht nach, griffen endlich zu den Waffen und strömten nach dem Circu«, wo fie die Nacht hindurch und den folgenden Tag versammelt blieben, ohne Speise oder Trank zu sich zu nehmen, und die anderen Soldaten Di» Lasst»,, tl« Mch». 2 1708 Casflus Dio's Römische Geschichte. und besonders PeScenniuS Niger und seine Leute in Syrien zum Beistand aufforderten. Als fie so durch Schreien, Hunger und Schlaflosigkeit heimgesucht wurden, gingen sie aus einander und hielten sich ruhig, indem sie von außenher Hülse erwarteten. 14. Nachdem Julianus so sich der Herrschaft bemächtigt hatte, regierte er auf eine unwürdige Weise, indem er dem Senate und Allen, welche Macht besaßen, schmeichelte. Er versprach, schenkte, lachte und scherzte mit Jedem, der ihm in den Wurf kam, lag immer im Theater, hielt häufige Gastgelage; kurz er that Alles, um sich bei uns einzuschmeicheln. Man traute ihm aber nicht, und gerade das Uebermaß der Schmeichelet erregte Verdacht gegen ihn: denn Alle-, was über Gebühr geschieht, erscheint, wenn es auch Vielen gefällt, dem Verständigen als Hinterlist. sAlS JulianuS nach dem Pertinar die Herrschaft an sich gerissen hatte, schmeichelte er Jedermann. Als der Senat ihm eine goldene Bildsäule errichten wollte, nahm er sie nicht an, und sagte: gebt mir eine von Erz, daß sie auch von Dauer ist. Die goldenen und silbernen der Kaiser vor mir sind, wie ich sehe, umgestürzt, die ehernen stehen noch! Damit hatte er aber nicht Recht: da- eigene Verdienst des MachthalterS erhält sein Gedächtniß. Auch seine eherne Bildsäule ging mit ihm zu Grund.) *) Dieß begab sich in Rom. Nun komme ich auf das, war auswärts geschah, und aufdie inden ProvinzenauSgebrochenenUnruhen zu sprechen. Drei Männer waren es, welche je drei Römische Legionen und bedeutende Streitkräfte der Verbündeten befehligten, und sich jetzt de- Gemeinwesens annahmen: SeveruS, RigerundAlbinuS; AlbinuS Statthalter in Britannien, SeveruS in Pannonien, Niger in Syrien. Aus ') Hier etwa ist da- Fragment der Maju- einzuschalten. 1709 Dreiundsiebzigstes Buch. sie deuteten die drei Sterne, welche plötzlich um die Sonne her zum Vorschein kamen, alr gerade Julianus in unserer Gegenwart den Antritt der Regierung vor der Curie mit einem Opfer feierte. Sie leuchteten so hell, daß auch die Soldaten immer auf sie hinsahen und sie einander zeigten, auch sich laut äußerten, daß sie ihm Unglück bedeuteten. So sehnlich wir auch wünschten und hofften, daß diese Vorzeichen sich bewahre» möchten, so wagten wir doch aus Furcht vor der Gegenwart nur verstohlene Blicke auf sie. Daß es aber mit diesem Vorzeichen seine Richtigkeit hat, weiß ich. 1 ä. Unter den drei vorerwähnten Feldherren war SeveruS der tüchtigste. Er hatte einen sicheren Blick in die Zukunft, wußte den Augenblick gut zu bcnützen, auch das Verborgenste ans Licht zu ziehen und aus den schwierigsten Lagen mit Leichtigkeit sich herauszufinden. Er sah voraus, daß nach dem Sturze des JulianuS die drei an einander gerathen und um die Herrschaft kämpfen wurden; deßhalb beschloß er den Näheren für sich zu gewinnen. Er schrieb durch einen seiner Vertrauten an ihn und machte ihn zum^Cäsar (Thronfolger)^ Mit Niger wollte er sich nicht einlassen, da dieser sich viel darauf zu Gut that, daß er von dem Volk um Hülfe angesprochen worden war. AlbinuS, welcher hoffen durste, des SeveruS Mitregent zu werden, blieb in seiner Provinz. SeveruS aber eilte, nachdem er Alles, was auf europäischer Seite lag, bis auf Byzanz unter sich gebracht hatte, nach Rom, ohne je aus seiner Rüstung zukommen. Er hatte sich mit einer auserlesenen Schaar von sechshundert Kriegern umgeben, in deren Mitte er Tag und Nacht blieb. Auch sie kamen nicht aus ihren Panzern, bis sie in Rom eingetroffen waren. 16. Auf die Nachricht davon ließ Julia» den SeveruS vom Senate für einen Feind des Vaterlandes erklären und rüstete fich r* 1710 CassiuS Dio's Römische Geschichte. gegen ihn. Zn der Vorstadt ließ er Wall und Graben ziehen und Thor« in jenem anbringen, um das Heer dahin zu führen und von hier aus den Feind anzugreifen. Die Stadt glich in jenen Tagen einem Heerlager, als ob man in FeindcSlande wäre. Zn wirrem Gewühle ging Alles durch einander. Da kampirten und übten sich Männer, Pferde, Elefanten. Groß war auch die Furcht der Städter vor den Bewaffneten: denn sie haßten sie. Manchmal mußten wir bei allem dem lachen. Die Leibwachen, an ein weichliches Leben gewöhnt, thaten Nichts, was ihr Namen oder ihre Versprechungen erwarten ließen. Die Seetruppen, welche in Misenum mit der Flotte vor Anker lagen, wurden Herbeschieden, wußten aber nicht einmal, wie sie ihre Uebungen anstellen sollten. Die Elefanten, durch die ihnen aufgesetzten Thürmchen wild gemacht, wollten jetzt nicht einmal die Reiter mehr auf sich dulden und warfen auch sie herab. Am meisten aber mußten wir lachen, als er den Palast mit Schranken umgab und die Thüren befestigte. Da die Soldaten den Pertinar, wenn dieser sich eingeschlossen hätte, seiner Meinung nach nicht so leicht getödtet haben würden, so glaubte er, er würde, darin eingeschlossen, selbst nach einer Niederlage sich noch halten können. Auch den LätuS und die Marcia ließ er jetzt um'S Leben bringen, so daß mit ihnen nun alle Mörder des CommoduS mit dem Tode gebüßt hatten. Den NarciffuS ließ später SeveruS den wilden Thieren vorwerfen und dabei durch den Herold ausrufen: „Dieß ist der Mensch, der den CommoduS erdrosselte!" Auch mehrere Knaben schlachtete Julian bei magi'chen Opfern, als ob er sein Schicksal abwenden könnte, wenn er'S nur vorher wüßte; gegen SeveruS aber schickte er häusig Leute ab, die ihn meuchlings umbringen sollten. jDesproniuS CandiduS, an Würde einer der ersten Männer Rom«, war so finster und un« Dreiundflebzigstes Buch. 171t freundlich, daß er von den Soldaten beinahe umgebracht worden wäre.j 17. Als nun Severus in Italien ankam und Ravenna, ohne Widerstand zu finden, in Besitz nahm, auch diejenigen, welche Julia- nuS gegen ihn aussandte, um ihn zum Rückzug zu vermögen, oder sein weiteres Vorrücken zu verhindern, zu ihm übergetreten waren, die Leibwachen aber, auf die Julian all sein Vertrauen setzte, durch die beständigen Anstrengungen erschöpft, durch das Gerücht von der Ankunft der SeveruS in äußerste Bestürzung geriethen, rief unsJu- lianuS zusammen und befahl uns, den Severus zu seinem Mitregen- ten zu ernennen. sFulviuS aber, der früher als Statthalter Afrika'« seiner Schlechtigkeit, Habsucht und liederlichen Lebensweise wegen von Pertinar verurtheilt worden war, wurde jetzt von ihm selbst, um sich dem SeveruS gefällig zu machen, zu den höchsten Würden erhoben.j Die Soldaten aber, welche von Severus die schriftliche Zusage erhalten haften, daß ihnen Nichts zu Leid geschehen sollte, wenn sie sich ruhig verhielten und die Mörder des Pertinar ausliefern würden, nahmen Letztere fest, und machten dem zeitigen Consul SiliuS Meffala Anzeige davon. Dieser versammelte uns in dem Athenäum, dar von der dortigen llebung in Künsten und Wissenschaften so benannt ward, und machte uns mit dem Vorbringen der Soldaten bekannt. Wir verurtheilten sofort den JnlianuS zum Tode, ernannten SeveruS zum Kaiser und beschloßen dem Pertinar Heroenverehrung. So ward denn JulianuS in dem Palast auf dem Ruhebette liegend umgebracht, indem er nur die Worte sprach: „Was hab'ich denn verbrochen? Wen habe ich ums Leben gebracht?" Gelebt hatte er sechzig Jahre, vier Monate und ebensoviel Tag«, regiert aber sechs und sechzig Tage. Inhalt des vierundfiebzigsten Buchs. Zm Auszuge des ckiphilinuS mit Bruchstücken des vollständigen Dio. Severos nimmt Straft an den Prätorianern, welche den Prrtinar ermordet und hält seinen Einzug in die Stadt. Kap. 1. 2. Vorzeichen, welche dem SeveruS die Herrschaft vorbedeuteten. Kap. Z. Er hält dem Pertinar «in feierliches Leichenbegängniß. Kap. 4. 5. SeveruS zieht gegen PeScennius Niger zu Feld«. Kap. 6—9. Eroberung von Bpzantium. Kap. Iv—14. Der Zeitraum begreift vier Jahre, in welchen Folgende Con« suln waren Nach Nach DeS SeveruS Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 19Z. 946. Ouintus Sossius Falco und Ca- )us Erucius ClarnS. I. I. Juni. 194. 947. Lucius SeptimiuS SeveruS zum zweitenmal und Decimus Claims SeptimiuS AlbinuS, Cäsar. 11. 19S. 948. Scapula TertulluS und Tinejus Clemens. UI. 196. 949. CajuS DvmitiüS Derter zum zweitenmal und Lucius ValeriuS Meffala PriscuS. IV. Casfius Dio's Römische Geschichte rc. 1713 Vieruudsiebzigstes Buch. 1. SeveruS, auf solche Weise Kaiser geworden, bestrafte die Mörder des P-rtinar mit dem Todedie anderen Leibwachen aber entbot er vor seinem Einzug in Rom zu sich, ließ sie auf einer Ebene, ohne daß sie wußten, was mit ihnen vorgehen sollte, mit Soldaten umstellen, nahm ihnen, nach einer scharfen Strafrede über'den von ihnen an ihrem Kaiser begangenen Frevel, die Waffen und die Pferde, und verwies sie aus Rom. Alle warfen nun gezwungen ihre Waffe« weg, gaben ihre Pferde ab, und zerstreuten sich ungegürtet nach verschiedenen Richtungen hin; Einer aber, dessen Pferd ihn nicht verlassen wollte, sondern ihm wiehernd nachlief, brachte Pferd und sich selbstumS Leben, und die Umstehenden glaubten zu bemerken, daß da» Pferd mit Freuden sterbe. Hierauf hielt SeveruS seinen Einzug in Rom. Bis an das Thor war er zu Pferde und mit dem Reitergewand angethan, jetzt aber legte er das Bürgerkleid an und ging zu Fuß. Ihm folgre das ganze Heer, Fußvolk und Reiter gewaffnet nach. Es war dieß das glänzendste Schauspiel, daS ich je gesehen habe. Die ganze Stadt war mit Blumen und Lorbeerkränzen geschmückt und mit bunten Tüchern behängt, und überall brannten Lampen und Räucherwerk. Die Leute aber riefen in weißen Kleidern frohlockend Segenswünsche zu i die Soldaten zogen, völlig gewappnet 1714 Casfius Dio's Römische Geschichte. wie in einem Festaufzuge stattlich einher, und voran wir Senator«, im Staatsgewand. DaS Volk drängte sich herbei, um ihn zu sehe» und sprechen zu hören, als hätte, ihn das Glück zu einem andern Menschen gemacht; sie hoben wohl gar einander in die Höhe, um ihn von oben herab besser sehen zu können. 2. Nach seinem Einzüge ließ er sich im Leichtsinne herbei, nach dem Vorgänge der anderen guten Fürsten, uns die Zusage z» thun, daß er keinen Senator wollte um'S Leben bringen lassen, ja er beschwor es sogar, und ließ, was noch mehr ist, durch einen gemeinschaftlichen Senätsbeschluß zmn Gesetz erheben, daß jeder Kaiser und jeder Helfershelfer in solchen Singen nebst seinen Kindern als Feind des Vaterlandes sollte angesehen werden. Er selbst jedoch war der Erste, der dieses Gesetz überschritt und brach, indem er Viele hinrichten ließ. Selbst ZuliuS Solo, der auf seinen Befehl diesen Beschluß hatte abfassen müssen, ward bald darauf umgebracht. Ueberhaupt that er Viele«, was nicht unsern Beifall hatte; besonders hielt man sich dagegen auf, daß er durch die Menge Soldaten, welche er in die Stadt zog, Anlaß zu Unruhen gab, und den Staat in zu große Geldkosten setzte, am meisten aber darüber, daß er nicht sowohl in die Ergebenheit seiner Freunde, als in die Uebermacht dieser die Hoffnung auf Behauptung seiner Herrschaft setzte. Hauptsächlich aber machte man ihm auch den Vorwurf, daß er gegen den bisherigen Gebrauch, die Leibwachen nicht mehr blos au» Italien, Hispanien, Macedonieu und dem Norieum nahm, Leute, die man bis dahin hauptsächlich deswegen vorzog, weil sie besser ins Auge fielen und geschlachtere Sitte» hatten. Er aber ging davon ab und traf die Anordnung, daß er a«S allen Legionen ohne Unterschied den jedesmaligen Abgang unter den Leibwachen ergänzte. Dieß that er in der Absicht, dadurch die 1715 Vierundsiebzigstes Buch. Soldaten sich ergeben zu machen, ihren Eifer anzuregen und den Tapfere» damit zugleich eine solche Belohnung in Aussicht zu stellen. Gewiß aber ist. daß er die Zugend Italiens dadurch in hohem Grade verderbte, da sie sich jetzt, statt zum Kriegsdienste, zur Räuberei und zum Gladiatorenhandwerk wendete, und daß er die Stadt mit einer Unzahl gemischter Kriegsleute, die wild zum Ansehen, gräulich zuw Hören, und roh von Sitten waren, anfüllte. 3. Folgende Vorzeichen ließen ihn auf die künftige Herrschaft hoffen. Als er in den Senat aufgenommen ward, träumte ihm, daß er gleich dem RomuluS an einer Wölfin sog. Bei seiner Vermählung mit Julia ließ des MarcuS Gemahlin Faustina dar Brautbett in dem bei dem Palast befindlichen Venustempel aufstellen. Als er einmal schlief, floß ihm aus der Hand, wie aus einer Quelle, Wasser hervor. Als er in Lugdunum befehligte, kam die ganze römische Kriegsmacht auf ihn zu und begrüßte ihn — im Traume versteht sich. Ein anderes Mal sah er sich auf einen erhabenen Punkt geführt, von dem er eine weite Aussicht hatte: da erschaute er denn die ganze Erde und das ganze Meer. Gr berührte sie wie ein musikalisches Instrument und sie gaben einen Klang von sich. Ein anderes Mal war ihm, als ob ihn auf dem Römermarkte jdem Forum Romanumj ein Pferd, das zuvor den Pertinar abgeworfen, willig aufsitzen ließe. Dieß kam ihm im Traume vor; im wachen Zustand aber saß er noch als sehr junger Mann aus Versehen auf den kaiserlichen Stuhl, wa« gewiß auch unter die Vorbedeutungen seiner Kaiserwürde gehörte. 4. Nachdem er so von der Obergewalt Besitz genommen hatte, ließ er dem Pertinar eine Kapelle bauen und verordnete, bei allen Gelübden und Cidschwüren seinen Namen mit zu nennen, auch sein Brustbild von Gold auf einem mit Elephanten bespannten Wagen 1716 Cassius Dio's Römische Geschichte. in den CircuS zuführen, und auch in den übrigen Theatern drei «er- u golvete Prachtstühle ihm zu Ehren aufzustellen. Des Letztem Leichen- ii begängniß ward, obgleich er schon lange todt war, auf folgende Weise abgehalten. Auf dem Römermarkt ward ein hölzernes Gerüste, mit A Steinfarbe getüncht, *) errichtet und auf ihm ein Häuschen ohne » Wände, mit Säulen umher, mit Elfenbein und Gold ausgelegt. In ü dieses ward das Paradebett von gleichem Stoffe gebracht, an welchem ? rings herum Köpfe von Land- und Seethieren zu sehen waren; und 2 umhängt war es mit purpurnen und goldgestickren Decken. I» dem d Bette lag ein wächserner Scheinleib des Pertinar im Triumphge- § wand, von dem ein Knabe, als ob er nur schliefe, mit einem Pfauen- x Wedel die Fliegen scheuchte. Wie er so da lag, traten SeveruS, wir k Senatoren und unsere Frauen im Traucrkleid **) hinzu. Diese k nahmen in den Säulengängen und wir im Freien Platz. Nun kamen r die Brustbilder aller ausgezeichneten Römer der Vorzeit, dann Chöre k von Knaben und Männern, die einen Trauergesong zu Ehren deS c Pertinar anstimmten. Ihnen folgten Abbildungen aller Provinzen t des Reiches in Erz, in ihrer Landestracht, und die verschiedenen i Klaffen des Stadtvolks, die Liktoren, die Schreiber, die Ausrufer und i dergleichen mehr. Nach ihnen kamen die Brustbilder anderer Man- ; ner, die sich durch irgend eine That, eine Erfindung oder ein Kunst- < werk ausgezeichnet hatten. Hinter diesen folgten gewappnet die z Krieger zu Pferd und zu Fuß, die Rennpferde und die Entaphien, i welche der Kaiser, wir Senatoren, unsere Frauen, die angeseheneren t Ritter, die Städte und die Collegien in der Stadt gespendet hatten, , ') Ä xrvv wörtlich: „in der Haut des steinerne»,* was auch einen steinernen Ueberzug bedeuten könnte. ' ") Statt ftoAixcöx lese ich 7rk, A,',.(äx Vierundstebzigstes Buch. 1717 und das Ganze schloß ein vergoldeter Altar, der mit Elfenbein und indischem Gesteine geschmückt war. 5. Als der ganze Festaufzug vorüber war, bestieg SeveruS die Rednerbühne und las eine Lobrede auf Pertinar ab. Wir riefen schon während der Rede ihm zu, indem wir in das Lob oder in die Klage über Pertinar einstimmten, besonders aber, als er geendigt hatte. Als aber die Bahre gehoben werden sollte, wurden Klagen und Thränen allgemein. Herab vom Gerüste brachten sie die Erzpriester, die im Amte befindlichen und die für die nächste Zeit dcfignirten Staatsbeamten, und übergaben sie einer Anzahl Ritter. Wir Andern gingen vor der Bahre her. Einige brachen in Klagen aus, Andere bliesen in gedämpften Tönen auf der Flöte eine Trauerweise. Zuletzt kam der Kaiser und so gelangten wir auf das Marsfeld. Hier war für ihn ein thurmähnlicher Holzstoß in drei Absätzen, mit Elfenbein, Gold und einigen Bildsäulen geschmückt, aufgerichtet und oben auf ihm stand ein vergoldeter Wagen, den Pertinar selbst zu lenken pflegte. Auf den Holzstoß warf man nun die Entaphien und setzte die Bahre darauf. Hieraus küßten der Kaiser und die Verwandten des Pertinar die Scheinleiche. Der Kaiser bestieg nun eine erhöhte Bühne; wir Senatoren aber mit Ausnahme der Beamten nahmen auf Gerüsten Platz, um sicher und bequem das Ganze mit ansehen zu könne». Die Beamten und die Ritterschaft, in geeigneter Tracht, die Reiter und das Fußvolk hielten bürgerliche und kriegerische *) Umzüge; dann zündeten die Consuln den Holzstoß an, und ein Adler flog aus demselben empor. So ward Pertinar zum Gotte erklärt, ein Mann, *) Statt lese ich auf den Vorschlag des ReimaruS 1718 Casfius Dio's Römische Geschichte. der, während sonst der Krieg verwildert, der Frieden weichlich und feige macht, sich in beidem gleich auszeichnete, der ebenso furchtbar im Krieg, als weise im Frieden war. Kühnheit, die sich immer mit Tapferkeit paarte, bewies er gegen Fremde und Ruhestörer, Sanft- muth aber mit RechtSstnn verbunden, gegen die Seinigen. Als er zur Herrschaft über den Erdkreis erhoben ward, konnte man ihm nicht nachsagen, daß er früher zu demüthig gewesen, und jetzt zu herrisch geworden. Immer und überall blieb er sich gleich bis an sein Ende, er war ernst ohne finsteres Wesen, herablassend, ohne sich etwas zu vergeben, klug ohne Tücke, gerecht ohne kleinliche Strenge, sparsam, ohne schmutzige Kargheit, hochsinnig ohne Prahlerei. 6. SeveruS zog nun gegen Niger zu Felde. Dieser Mann war ein Jtaliäner und aus dem Ritterstande, war weder im Guten noch im Schlimmen ausgezeichnet, so daß man ihn hätte durchaus loben oder tadeln können, sweßhalb ihn auch CommoduS zum Statthalter von Syrien machte.j Er hatte aber unter Anderen auch den AemilianuS zum Legaten, sder es mit keinem Theil verderben wollte, und überall sich nach Zeit und Umständen richtete!, aber für den einsichtsvollsten und erfahrensten unter allen Senatoren galt. Er hatte sich in vielen Provinzen als tüchtiger Statthalter bewährt und that sich darauf, so wie auf seine Verwandtschaft mit AlbinuS, viel zu Gut. Als es zum wirklichen Kriege kam, zog er sNigerj nach Byzantium, und rückte dann nach PerinthuS, wurde aber durch ungünstige Vorzeichen in große Furcht gesetzt. C« hatte sich nämlich ein Adler auf ein Feldzeichen niedergelassen, und blieb darauf sitzen, obgleich man ihn verscheuchen wollte, so daß er sich lieber fangen ließ; auch hatten sich Bienen an seinen Feldzeichen und Brustbildern eingenistet. Dieß bewog ihn, nach Byzantium aufzubrechen. AemilianuS aber 1719 Vierundsiebzigstcs Buch. liefert« in der Nähe von CyztcuS einigen Befehlshabern des Seve- ruS eine Schlacht, ward geschlagen und blieb auf der Wahlstatt. Hierauf kam eS zwischen den Engpässen von Nicäa und CioS wieder zu einem Treffen, dessen AuSgang nicht sobald entschieden war. Die Einen standen auf der Ebene in gedrängten Schlachtreihen und kämpften, die Andern aber hatten die Hügel besetzt und schoßen und warfen auf ihre Gegner von den Anhöhen herab, während ein Theil die auf dem See *) befindlichen Schiffe bestiegen und die Feinde mit Pfeilen beschoß. Anfangs siegten die Severianer, welche CandiduS befehligte, indem sie durch ihre höhere Stellung, von der aus fie kämpften, im Vortheile waren. Als aber Niger selbst erschien, war Sieg und Verfolgung wieder auf Seiten der Scinigen. Nun aber schalt CandiduS die Fähnriche, kehrte sie wieder gegen den Feind, und schmähte die Soldaten ob ihrer Flucht. Sie schämten sich, kehrten wieder um und siegten nun ihrerseits, und würden ihre Feinde bis auf den letzten Mann aufgerieben haben, wenn nicht die Stadt in der Nähe gewesen und finstere Nacht eingebrochen wäre. 7. Bei Jffus an den sogenannten Pforten kam es sodann zur Hauptschlacht. DaS Heer des SeseruS ward von ValeriauuS und Anulinus befehligt, während Niger selbst bei seinen Legionen gegenwärtig war und sie in Schlachtordnung stellte. Dieser Zugang (die Cilicischen Pforten) wird von seiner Enge so benannt. Auf der einen Seite steigen steile Berge empor, auf der andern laufen tiefe Abgründe bis an das Meer. sNiger war auch sonst nicht schnell besonnen und machte bei den großen KriegSmitteln, über die er gebot, viele Fehler. Jetzt war er so übermüthig, daß er sich gerne den zweiten ') Der AScanische See, an welchem Nicäa liegt. 1720 Casfius Div's Römische Geschichte. Alexander *) nennen ließ, und Einem, der ihn fragte» wer ihm dieß zu thun gestattete, auf sein Schwert zeigend die Antwort gab: Dieses da'f Niger bezog auf einem von Natur festen kleinen Berge ein Lager. Vorn hin stellte er die Schwerbewaffneten, hinter ihnen die Schleuder« und hinter Allen die Pfeilschützen, damit die Erstere» die handgemein werdenden Feinde abwehren, die Anderen an ihnen aus der Ferne über fle weg ihre Kräfte versuchten. Zur Rechten und zur Linken waren sie theils durch die steilen Abschüsse nach dem Meere hin, theils durch den undurchdringlichen Wald geschützt. So hatte er das Heer aufgestellt, hinter dasselbe aber das Gepäcke gebracht, damit Jene, wenn sie auch wollten, nicht entfliehen kSnnten. Als AuulinuS dieß gewahrte, ließ er seine Leute die Schilde vorhalten, und hinter ihnen die Leichtbewaffneten folgen, damit diese aus der Ferne über Jene weg den Feind abwehren, diese aber zum Angriff sichere Bahn machen möchten. Die Reiterei ließ er mit ValeriannS, so gut es ginge, hinter dem Wald herumreiten, und den Leuten des Niger unversehens in den Rücken fallen. Als es zum Handgemenge ging, und die Severianer theils die Schilde vor sich hin, theils über die Köpfe hielten, und so gewisser Maßen unter einem Schirmdach sich den Feinden näherten, blieb die Schlacht lang« unentschieden: allmälig aber kamen die Nigrianer durch ihre überlegene Zahl und ihre günstige Stellung in den Vortheil, und würden «inen vollständigen Sieg gewonnen haben, wenn nicht der heitere Himmel sich plötzlich mit Wolken umzogen» und ein auf die Windstille folgender Sturm starke Donnerschläge und heftige Blitze mit dem ungestümen ') Der in dieser selben Gegend (bei Jssu») den Darin« geschlagen hatte. 1721 Vierundfiebzigstes Buch. Wind ihnen ins Gesicht geschlagen hätte. Die Severianer, denen Alles in den Rücken ging, litten nicht davon; die Nigrianer aber, die es ins Gesicht bekamen, geriethen dadurch'sehr in Bestürzung. Dieser Zufall steigerte den Muth der Einen, die sich von dem Himmel begünstigt glaubten^ und die Furcht der Anderen, welche wähnten, die Gottheit selbst führe Krieg wider sie, so daß Jene ihre Kräfte vervielfachten, Diese aber wider Erwarten entmuthigt wurden. Bereits flohen sie, als auch Valerianus mit den S-inigen zum Vorschein kam. Bei seinem Anblicke kehrten sie wieder um; als aber auch AnulinuS ihnen den Weg vertrat, so wandten sie sich noch einmal. Alles rannte jetzt durch einander uied suchte nach allen Richtungen hin zu entrinnen. 8. So geschah es denn, daß die größte Niederlage in diesem Kriege erfolgte, und auf Seiten Nigers zwanzigtausend Mann auf dem Platze blieben. Einem Priester war dieß im Traume angedeutet worden. Als SeveruS in Pannonien stand, träumte dem Priester des Jupiter, daß ei« schwarzer Mann in das Lager desselben eindrang, aber unterden Händen der Soldaten unterlag. jDaß dieser Traum den Niger bedeute, zeigte die Bedeutung seines Namensj; denn indem die Leute den Namen Niger jSchwarzj inS Griechische übersetzten, erkannten sie, daß mit dem schwarzen Manne Jener gemeint gewesen. Als bald darauf Antiochien genommen ward, floh Niger »ach dem Guphrat hin, um in fremden Landen Schutz zu suchen; man setzte ihm aber nach, holte ihn ein und hieb ihm den Kops ab. Diesen schickte SeveruS vor Byzantium und ließ ihn dort an einen Pfahl stecken, um durch seinen Anblick die Byzantier zur Uebergabe zu vermögen; Jetzt begann SeveruS die Anhänger des Niger zu verfolgen jund Städte und Einzelne zur Strafe zu ziehen oder zu beloh- 1722 Cassius Dio's Römische Geschichte. nen. Römische Soldaten strafte er zwar nicht am Leben, nahm aber den Meisten ihr Vermögen und verbannte sie auf Inseln. Nun legte er schwere Geldbußen auf. Von allen Summen, welche Einzelne oder ganze Völker dem Niger nicht nur freiwillig, sondern selbst gezwungen beigesteuert hatten, mußten sie da« Vierfache bezahlen. Die Härte dieser Maßregel fühlte er zwar selbst; da er aber viel Geld brauchte, so kehrte er sich nicht an die Nachreden der Leute.f > 9. Der Senator CassiuS Clemens, wegen seiner Freundschaft gegen Niger von Severus selbst vernommen, sprach sich folgender s Maßen auS: „Ich kannte Niger früher nicht einmal. Als er aber j gegen Julianus zu kriegen anfing, war ich gerade hier und erklärte mich für die Partei, die mir das Schicksal zugewiesen hatte. Wenn - du mir zürnst, daß ich ihn nicht verließ und zu dir überging, so bedenke, daß du auch über deine Umgebungen das gleiche Urtheil sprichst. Auch si e hatten dich verlassen und zu Niger übergehen müs- ! sen. Nicht also auf unsere Leiber und unsere Namen, sondern auf die Umstände mußt du dein Augenmerk richten. sAlle Schuld, die du uns beimiffest, sprichst du auch dir zu.s Wenn du aber auch durch kein Gericht und kein Urtheil für schuldig erklärt wirst, so wird doch das Urtheil der Welt, das keine Ewigkeit vertilgen kann, dich selbst Dessen schuldig erkläre», was du Andern zum Verbrechen machst." SeveruS szürnte ihm nicht darobs, *) sondern bewunderte seine Freimüthigkeit und ließ ihm die Hälfte seines Besitze«. sAlle stellten sich nun, als ob sie eifrige Freunde des SeveruS wären, wurden aber durch plötzliche Nachrichten, welche kamen, eines Aüdern überwiesen, ') Diese beiden Bruchstücke folgen bei MajuS ohne den hier gegebenen Zwischensatz. Ich wollte aber das Weitere, das Li- philinuS gibt, nicht unterdrücken. 1733 Vierundsiebzigstes Buch. da sie nicht verbergen konnten, was in ihrem Innern vorging. Wenn unvorbereitet neue Kunde kam, so konnten sie ihre Gemüthsbewegung nicht unterdrücken, und stellten sich so durch Miene und Benehmen jedes Mal bloß. Andere fielen gerade durch daS zu große Bestreben, sich zu verstellen, ciuf.j") jViele wurden als Freunde de- Niger angeklagt, die ihn weder jemals gesehen, noch irgendwie be- ! günstigt hatten. Severus hätte gern gegen diejenigen, die er zu be- i strafen wünschte, den EruciuS Claru« als Angeber benützt, theils > um den Man» verhaßt zu machen, theils um den Anklagen durch seine vornehme Geburt und seinen früheren Ruhm mehr Gewicht zu geben. Er versprach ihm für diesen Fall Gnade und Straflosigkeit; als dieser aber lieber starb, als etwas angeben wollte, wandte er sich an JulianuS und überredete diesen dazu. Dafür ließ er ihn jetzt frei, ohne ihn zu tödten oder an der Ehre zu verletzen. Aber er suchte nachher durch harte Folter Alles noch genauer von ihm hcrauSzubrin- > gen, ohne auf die früher von ihm bekleidete Würde Rücksicht zu ! nehmen.j ") § ') So lautet ein Fragment des Majus. ! ") MajuS gibt eine ähnliche Erzählung mit anderen Worten und ^ Personen, so daß, da beide Excerpte den vollständigen Dio i wiedergeben sollen, Zweifel über ihre Zuverlässigkeit entstehen > muß. — Severus, welcher gern die Senatoren, die gegen ihn an Albinus geschrieben hatten, dessen überführt hätte, wollte den Consular VivianuS, der es mit Albinus zu halten schien, bestechen, um durch sein Zeugniß seiner Anklage gegen fie Nachdruck zu geben. Er aber wollte lieber sterben, als etwas thun, war einem freien Manne nicht geziemte. Er kam sodann auf ZulianuS, vermochte ihn dazu und bediente sich seiner als Ankläger. (Vergleiche jedoch dar neunte Kapitel des nächsten Buches.) Dio Fasfiu«. 14« Bdchn. 3 1724 bassrus Tio's Römische Geschichte. 10. Die Bpzantier hatten bei Lebzeiten Nigers und nach seinem Tode Wunder der Tapferkeit „errichtet. Ihre Stadt hat eine sehr »orthetlhafte Lage, hinter und vor sich festes Land, welches die See mitten durchströmt, und ist durch die Beschaffenheit des QrteS und der Bosporus sehr befestigt. Sie liegt auf einer Anhöhe, die in das Meer ausläuft. Dieses strömt wie ein Gießbach aus dem Pon- tuS, bricht sich an dem Vorgebirg, beugt sich zum Theil rechtwärts ab und bildet den Busen und die Häfen. Die Hanptströmung geht aber in raschem Lauf an der Stadt hin nach der Propontis. Auch ihre Mauern waren sehr fest. Ihre Brustwehr ist aus dicken Quadersteinen aufgebaut, die mit eisernen Bändern verbunden sind und innen durch Dämme und Festungswerke noch weiter gesichert, so daß das Ganze eine dicke Mauer zu seyn schien, auf welcher oben ei» bedeckter, sicherer Gang hinführt. Viele große Thürme dienten als Außenwerke und hatten überall Thürmchen, die auf einandep ginge«, so daß diejenigen, welche die Mauer angriffen, innerhalb ihres Bereiches kamen. In geringem Abstand befindlich und nicht in gerader Linie lausend, sondern bald hier bald dort an den Einbiegungen der Mauer angebracht, konnten sie Alles, was sich an st« wagte, in sich schließen. Die Mauer ist auf der Landseite bedeutend hoch, so daß sie leicht vertheidigt werden kann, auf der Seeseitc aber niedriger: ' denn die Felsen, auf die sie erbaut war, und die heftige Strömung des Bosporus kamen ihr sehr zu Statten. Die Häfen innerhalb der Mauer waren mit Ketten geschloffen, und die ins Meer vorlaufenden Dämme auf beiden Seiten durch hohe Thürme gedeckt, so daß die Feinde unmöglich hereinfahren konnten. Ueberhaupt ist der BoSpo- ruS für sie von großem Vortheil: denn ist einmal Einer in die Strömung gerathen, so wird er selbst gegen seinen Willen an das Land Vierundsikbzigstks Buch. 1725 getrieben, — ein Umstand, der dem Freunde sehr erwünscht, dem Feinde aber sehr gefährlich werden kann. 11. Außer diesen Festungswerken waren in Byzantium noch Maschinen jeder Art auf der Mauer aufgestellt. Die Einen schleuderten auf die nahen Feinde Felsenstücke und Balken, Andere auf die entfernteren Steine, Geschütze und Wurfspieße, so daß Niemand ohne Gefahr sich ihnen nähern konnte. An Anderen waren Haken angebracht, die plötzlich herabsuhren und sogleich wieder Schiffe und Maschinen in die Höhe zogen. Mein Landsmann PriScuS hatte ihnen die meisten dieser Maschinen gefertigt, worüber er zum Tode verur- theilt, aber dann begnadigt wurde. SeveruS, der das große Kunstgeschick des Mannes kennen lernte, ließ ihn nicht mit dem Tode bestrafen, und verwendete ihn später in vielen Fällen, besonders aber bei der Belagerung von Atra *), und seine Maschinen allein waren eS, denen das feindliche Feuer nichts anhaben konnte. Ueberdieß hatten die Byzantier fünfhundert Fahrzeuge, meist mit einer Reihe Ruderbänke, einige jedoch auch mit doppelter Reihe und mit Schnäbeln versehen. Einige hatten aus beiden Seiten, vorn und hinten Steuerruder, und auch die doppelte Zahl von Steuerleuten und Ruderern , daß sie, ohne sich umzuwenden vor- und rückwärts fahren und die Feinde beim Angriff und Rückzug täuschen konnten. 12. Groß waren die Thaten und die Leiden der Byzantier, während sie volle drei Jahre von den Flotten fast des ganzen Erdkreises belagert wurden. Ich will nur Einiges davon, das an das Wunderbare gränzt, berichten. Sie nahmen nicht nur aus vortheilhaftem Hinterhalte vorbeifahrende Schiffe weg, sondern sogar Dreiruder, ') Bergstadt in Mesopotamien; s. das folg. Buch Cap. 10—12. 3 * 1726 Cassius Dio's Römische Geschichte. die auf der Rhede der Feinde vor Anker lagen. Sie ließen nämlich durch Taucher die Anker kappen und zogen sie an Tauen, die sich eines Theils am Ufer, andern Theils mittelst Nägeln an den Wandungen der Schiffe befestigt hatten, zu sich heran, so daß es das Ansehen hatte, als ob sie von selbst, ohne durch Ruder oder Wind getrieben zu werden, herbeigeschwommen kämen. Bald ließen sich auch Kaufleute, zum Schein mit Gewalt, von ihnen kapern, schlugen ihre j Waaren um höhe Preise loS, und machten sich wieder heimlich da- ^ von. Als aber Alles in der Stadt aufgezehrt war, und ihre Aus- j sichten und Hoffnungen sehr zusammenschwanden, so hielten sie sich, obwohl in großer Noth und von allem Verkehr nach Außen abgeschlossen , dennoch aus, verwandten die Balken von ihren Häusern zu > Schiffe», und die Haare ihrer Frauen zu Seilen und warfen, wenn ! die Feinde stürmten, Steine von ihren Theater» und Pferde und ganze Bildsäulen von Erz auf sie herab. Als es ihnen aber auch an ordent- ! licher Nahrung gebrach, weichten sie Leder ein, um es zu verzehre«. Als auch dieses aufgezehrt war, so ersah sich die Mehrzahl eine Zeit, da ein heftiger Sturm wüthete, so daß sich Niemand auf die See wagte, und fuhr aus, um entweder umzukommen oder sich Brod zu verschaffen. Sie landeten nun unverhofft und plünderten alles, was sie fanden. Die Zurückgebliebenen «ntschloßen sich zu dem > Schrecklichsten, was sich denken läßt: als nämlich ihr Hunger aufs Aeußerste stieg, fielen sie über einander her und zehrten sich auf. 13. Zu solcher Lage waren diese; die Anderen aber überluden ihr« Fahrzeuge und gingen, gleichfalls wieder einen heftigen Sturm erwartend, unter Segel. Er half sie jedoch Nichts. Als die Römer sahen, wie überladen ihre Schiffe waren und wie sie nur wenig über das Wasser emporstanden, so liefen sie gegen sie aus, und fielen sie, 1727 Vierundsiebzigstes Buch. die zerstreut, so wie Wind und Fluten sie einheririeben, daher kamen, an, stießen, ohne sich in eine Seeschlacht einlassen zu müssen, ohne Erbarmen auf sie zu, indem sie einen Theil mit den Ruderstan-gen versenkten, andere mit den Schiffsschnabeln zerrißen, einige selbst schon durch das Anprallen umwarfen. Jene konnten, wenn sie auch wollten, Nichts dagegen thun, sondern suchten nur zu entkommen, fan- ! den aber entweder durch den Sturm in den Fluten ihr Grab, oder ! wurden von den Feinden ergriffen und getödtet. Die in der Stadt ! sahen dieß Alles mit an, riefen die Götter um Hülfe an und schrieen auf, so wie Diese oder Jene der Ihrigen vor ihren Augen zu Grunde ^ gingen. Wie nun aber Alle- verloren war, da ward die Klage und ! Trauer laut und allgemein, sie überließen sich sodann den Rest der I Tage« und die ganze Nacht ihrem Schmerz. So sehr war Alles ^ »oll von Trümmern, daß sie bis nach den Inseln und nach Asien getrieben wurden, und man daraus ihre Niederlage, noch ehe andere Kunde kam, entnehmen konnte. Der folgende Tag war für die Byzantier noch trauriger: als der Sturm sich besänftigte, war das ganze Meer um Byzantium voller Todten, Trümmer und Blut, und ein Theil davon ward an das Land geworfen, so daß da« Unglück durch diesen Anblick noch größer erschien, als er in Wirklichkeit war. . 14. Jetzt übergaben die Byzantier ohne weiteren Verzug selbst, ! mit Widerstreben, die Stadt. Die Römer ließen alle Soldaten und Beamten über die Klinge springen, sdie übrige Bevölkerung aber am Lebens *) bis auf einen Faustkämpfer, der den Byzantiern große Dienste geleistet, den Römern aber viel Schaden zugefügt hatte. *) Dieß etwa muß hier wegen der nachfolgenden »ihv eingeschalten werden. 1728 Cassius Dio's Römische Geschichte rc. Dieser schlug, ohne sich lange zu bedenken einen Soldaten ins Gesicht und gab einem Andern einen Tritt, um sie dadurch in Hitze zu bringen. und starb dann auch durch ihre Hände. SeveruS war über die Eroberung von Byzantium so erfreut, daß er in Mesopotamien an seine versammelten Soldaten die Worte sprach: „und Byzantium ist jetzt auch in unserer Gewalt!" Er nahm der Stadt die Freiheit und das Bürgerrecht, erklärte sie für zinspflichtig, zog die Güter der Bürger ein und schenkte Stadt und Gebiet den Perinthiern, welche sie denn auch als Dorf behandelten und auf jede Weise mißhandelten. Dazu schien er nun berechtigt zu sein; durch die Schleifung der ! Mauern der Stadt that er ihnen jedoch außer dem Verlust der Ehre, solche ausweisen zu können, Nichts mehr zu Leid; die Römer selbst aber beraubte er einer Vormauer und eines Anhaltspunktes gegen die Anfälle der Feinde auS dem PontuS und Asten. Ich sah ste in Trümmern und konnte meinen Augen kaum trauen, daß ste von Römern geschleift sein sollten, habe sie aber auch noch stehend gesehen und sogar sprechen gehört. Von dem Thracischen Thore an standen nämlich nach dem Meer zu sieben Thürme. Sprach man »inen andern derselben an, so blieb er stumm. Schrie man aber auf den ersten zu oder warf man einen Stein auf ihn, so gab er Widerhall und Stimme von sich, trug Beides auf den zweiten und so bis auf alle andern fort, auch gab keiner einen Mißklang» sondern alle empfingen der Reihe nach von einander Hall und Stimme und leitete« ste weiter fort. So beschaffen waren die Mauern von Byzantium. Inhalt des sünfundsiebzigftm Buchs. Im Auszuge des Xiphilinus mit Bruchstücken des vollständigen Dio. Severus bekriegt die Osröner, Adiabener und Araber. Kap. 1 —z. Severus Krieg gegen den Cäsar Albinus. Kap. 4. 5. Albinus wird von Severus besiegt und kommt um. Kap. 6. 7. ! Uebermuth des Severus «ach dem Siege. Kap. 7. 8. Des Severus Feldzug gegen die Parther. Kap. 9. Atr» wird vergeblich belagert. Kap. 10-12. Reise des Severus nach Aegyxten. Ursprung des Nils. Kap. 13. Des Plautianus Herrschsucht und Tyrannei. Der Zeitraum begreift acht Jabre, in welchem Folgende Consuln waren: Nach Nach Des SeveruS Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 19L. 948. Scaxula Tertullus und Tinejus III Clemens. 1. Juni. 19«. 949. CajuS DomitiuS Derter zum zweitenmal und buciu-ValeriuS Messala PriscuS. IV. 197. 950. Apxius Claudius Lateranus und Rufinus. V. 198. 951. Tiberius Saturuinus und CajuS GalluS. VI. ' 199. 952. PubliuS Cornelius Anulinus und MarcuS Aufidius Fronto. VII. 1730 Cassius Dio's Römische Geschichte. Nach Nach Des Severus Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Iahre. 200. 95Z. Tiberius Claudius Severus und Cajus Aufidius Victorinu«. VIH. 201. 954. Lucius AnuiuS Fabiauus und Marcus Nonius Mueianus. IX 202. 955. Lucius S-ptimius Severus zum drittenmal und Marcus Aurelius Antoninus. X. Fünfundsiebzigstes Buch. 1. Während der Belagerung von Byzantium machte Severus auS Ruhmbegierde einen Felbzug gegen die OSroöner, Adiabener und Araber. fDie Osroöner und Adiabener hatten sich empört nnd Nistbis belagert, wurden aber jetzt von Severus besiegt und schickten nach dem Tode des Niger Gesandte an ihn, aber nicht, um ein Vergehen abzubitten, sondern um eine Belohnung zu verlangen, als hätten sie es für ihn gethan. Denn zu seinem Besten hatten fie, wiesle behaupteten, die Soldaten, die es mit Niger hielten, aufgerieben. Auch schickten fie ihm Geschenke und versprachen, die Gefangenen und was sich noch von der Beute finde, auszuliefern. Die festen Plätze aber, die fie genommen hatten, wollten sie nicht übergeben, noch sich zu einem Tribute verstehen; vielmehr verlangten sie, daß man die noch in ihrem Lande befindlichen Soldaten wegziehen sollte. Dieß war der Grund zum Kriege wieder sieg sDie Araber schickten, weil fie von 1731 Fünfundsiebzigstes Buch. ihren Gränznachbarn keine Unterstützung erhielten, eine zweite Gesandtschaft und stimmten ihre Wünsche herab; sie wurden aber abgewiesen, weil sie nicht selber kamen. 2. SeveruS rückte jetzt über den Euphrat in Feindesland, kam aber, weil das Land kein Wasser hatte und durch die Hitze noch mehr ausgetrocknet war, in Gefahr, einen großen Theil seines Heeres zu verlieren. Vom Zuge und der Sonnenglut erschöpft, und von dem Flugsande, der ste weder weiter gehen, noch sprechen ließ, aufs Aeußerste belästigt, ließen ste keinen andern Ruf als den Wasser! Wasser! vernehmen. Als sich endlich Wasser fand. dasselbe aber so gut als keine- war, da es fast nicht zum Trinken schien, forderte SeveruS einen Becher, füllte ihn mit Wasser und trank ihn vor AllerAugen aus. Jetzt tranken auch Andere davon und fühlten sich gestärkt; und SeveruS gelangte darauf nach Nisibis, wo er für seine Person blieb; den LateranuS, den Can- diduS und den LätuS sandte er in verschiedenen Richtungen gegen die vorerwähnte» Feinde aus. Diese rückten in ihr Land, verheerten e» und nahmen die Städte weg. Während sich nun SeveruS darauf viel einbildete, und an Klugheit und Tapferkeit sich in seinem Sinn über alle Sterblichen erhob, begegnete ihm ein sonderbarer Streich. Ein Räuber Namens Claudius, der Judäa und Syrien plündernd durchzogen, und nach dem man aufs Eifrigste gefahndet hatte, ritt einmal mit einer Schaar Reiter auf ihn zu, al» ob er ein Kriegstribun wäre, grüßte und küßte ihn, ohne daß man ihn jetzt erkannte oder später seiner habhaft wurde. 3. Um diese Zeit wollten die Scythen Krieg anfangen, wurden aber durch Donner und Blitze mit heftigem Platzregen, die sie bei ihrer Berathung plötzlich überfielen und drei ihrer angesehensten Männer erschlugen, davon abgeschreckt. SeveruS theilte sein Heer 1732 Cassius Dio's Römische Geschichte. wieder in drei Corps, gab das erste unter den Oberbefehl des LätuS, das zweite unter den der AnulinuS, das dritte unter ProbuS und ließ sie in das Adiabenische Gebiet') einrücken. Obgleich ste aber auf drei Punkten zumal einfielen, so unterwarfen fie dasselbe doch nicht ohne Schwierigkeit. SeveruS gab der Stadt Nifibis große Vorrechte und einen Ritter als Statthalter. Er rühmte sich, ein großes Land erobert und damit eine Vormauer für Syrien gewonnen zu haben. Die Erfahrung lehrte uns aber daS Gegentheil, da es zu beständigen Kriegen und vielen Kosten Veranlassung wurde. ES trägt wenig und kostet viel, und da wir die Meder und Parther zu Gränznachbarn bekommen haben, so liegen wir auch für die Erhaltung desselben in beständigem Kampf mit ihnen. 4. Kaum war SeveruS von dem Kriege gegen die Feinde zu Athem gekommen, als ein Bürgerkrieg gegen den Cäsar AlbinuS ausbrach. Nachdem er den Niger auf die Seite geschafft hatte, wollte er ihm nämlich nicht einmal mehr die Ehre eines Cäsars erweisen, während AlbinuS selbst nach der Kaiserwürde strebte. Als das Römerreich dadurch in Gährung gerieth, hielten wir Senatoren uns ruhig, wenn nicht der Eine oder der Andere für Diesen oder Jenen sich offen erklären and Gefahren und Hoffnungen mit denselben theilen wollte. DaS Volk aber vermochte es nicht länger über sich und brach in laute Klagen aus. Es war gerade der letzte Tag der circenfischen Spiele vor den Saturnalien; da strömte eine große Menschenmenge in daS Theater zusammen. Auch ich befand mich daselbst, weil ich dem Consul befreundet war und konnte deßhalb alle ') Statt /t,,/,,v lese ich auf den Vorschlag des RetmaruS 1733 Funfundsiebzigstes Buch. Reden, die dort fielen, genau vernehmen; und kann nun auch desto genaueren Bericht darüber geben. Der ganze Vorgang war folgender. ES war, wie ich schon erwähnte, eine unzählige Menschenmenge beisammen, und sah mit an, wie sechs Wagen zumal mit einander in die Wette fuhren (was auch zu CleanderS Zeiten schon geschehen war) ohne daß Jene den gewöhnlichen Beifallruf ertönen ließ. Als die Wagen aber ihren ersten Gang gemacht hatten, und die Wagenlenker sich zu dem zweiten anschickten, verwiesen sich die Zuschauer allseitig zur Ruhe, schlugen mit einem Mal in die Hände und erflehten dem Volke Heil und Glück, begrüßten hierauf Rom als Königin und als Unsterbliche. „Wie lange noch," riefen sie, „sollen wir Solcherlei dulden? Wie lange noch im Kriege leben?" Diese und ähnliche Ausrufungen schloßen sie mit Folgendem: „Nun ist'S genug!" Jetzt wandten sie fich wieder dem Wettkampf der Wagen zu. Nur Eingebung der Götter konnte sie zu solchem Rufe begeistern» unmöglich hatten sonst Tausende von Stimmen wie in einem ein- studirten Chor solchen Ruf wie mit einem Munde anstimmen und ohne anzustoßen durchführen können. Wenn dieser Borfall schon uns für die Zukunft besorgt machte, so geschah dieß noch in höherem Grade, als plötzlich am nächtlichen Himmel nach Norden hin ein so Helles Feuer fich sehen ließ, daß die ganze Stadt, ja der ganze Himmel zu brennen schien. Am wunderbarsten aber war für mich, daß bei heiterem Himmel ein Silberregen auf den Markt des AugustuS fich ergoß. Zwar sah ich nicht selbst mit an, wie er fiel, untersuchte ihn aber, als er gefallen war, selbst und überstlberte einige eherne Münzen damit, auf denen drei ganze Tage die Silberfarbe zu sehen, am vierten aber durchaus verschwunden war. 5. Ein Schulmeister mit Namen NumerianuS von der Klaffe 17A4 Cassius Dio's Römische Geschichte. derer, welche die Kinder da- Lesen lehren, kam, der Himmel weiß wie, auf den Einfall, nach Gallien abzugehen, gab sich dort für einen Senator aus, den SeveruS zur Werbung eines Heers dahin beordert hätte. Er brachte wirklich auch eine kleine Mannschaft zusammen, rieb einige Reiterei des AlbinuS mit ihr auf und wagte mehrere abentheuerliche Unternehmungen zum Vortheile SeveruS. SeveruS hörte es, und da er glaubte, er hätte eS wirklich mit einem Senator zu thun, machte er ihm große Lobeserhebungen und schickte ihm den Befehl zu, seine Truppenmacht zu verstärken. Er that es, verrichtete mit ihr Wunder von Tapferkeit, und brachte siebzehn und eine halbe Million Drachmen zusammen, die er dem SeveruS überbringen ließ. Als SeveruS Sieger war, erschien er vor ihm, entdeckte ihm, wer er war und machte keinen Anspruch auf den Senatorenrang. Obgleich er große Ehren und Reichthümer haben konnte» so verschmähte er doch Beider, und lebte auf dem Lande von einem geringen Gehalt, den er sich von dem Kaiser aussetze» ließ. sAlS um diese Zeit in Britannien die Caledonier, ihrer Versprechungen uneingedenk, sich anschickten, den Mästen Hülfe zu leisten, SeveruS aber durch den Krieg in der Nähe in Anspruch genommen war, sah sich Lupus genöthigt, den Frieden mit großen Summen zu erkaufen, wofür er nur einige wenige Gefangene zurückerhielt, f 6. Die Schlacht des SeveruS gegen AlbinuS bei Lugdunum ') hatte folgenden Verlauf. Beide hatten ein Heer von hundert und sünfzigtausend Mann unter ihren Befehlen» und waren auch, da e- um Tod und Leben ging, beide beim Kampfe gegenwärtig, obgleich SeveruS früher noch keiner Schlacht persönlich beigewohnt hatte. ') Lyon. 1735 Fünfund siebzigstes Buch. AlbinuS hatte hohe Geburt und wissenschaftliche Bildung vor ihm voraus, er aber mehr Kriegserfahrung und Feldherrengeschick. AlbinuS hatte aber vorher einen der Feldherren des SeveruS, den LuvuS, in einer Schlacht besiegt, und ihm großen Verlust beigebracht. Der jetzige Kapipf jedoch bot viele Wechsel und Wendungen des Glückes dar. Der linke Flügel des AlbinuS war nämlich geschlagen und floh in das Lager zurück. Die Leute des SeveruS stürzten auf der Verfolgung mit ihnen in dasselbe, hieben sie zusammen und plünderten die Zelte. Die auf dem rechten Flügel aufgestellten Soldaten der AlbinuS aber hatten verdeckte Gräben vor ihrer Linie und auf der Oberfläche leicht mit Erde überdeckte Gruben gezogen, rückten bis vor diese vor und schoßen von fern nach ihren Gegnern, ohne sich weiter heranzumachen, sondern kehrten um, als fürchteten sie sich, um dieselben zum Verfolgen zu verlocken. Dieß geschah denn auch. Die Severianer, darüber erbost, daß sie einen so kurzen Angriff gemacht hatte«, und über der plötzlichenFluchtihr«Feigheitverachtend, stürzten auf sie zu, als ob sie die Zwischenstücke nur durchstiegen dürften. Doch die Gräben wurden für sie äußerst verderblich, die Vorderen stürzten, als die Oberlage sogleich mit ihnen einbrach, in die Gruben; die nächst ihnen Folgenden kamen ebenso zu Fall und stürzten ihnen nach. Die Uebrigen, darüber bestürzt, fuhren zurück, prallten aber beim Umkehren aus die Nachhut an und brachten diese in Unordnung und Flucht, so daß sie sich in ein tiefes Thal werfen mußten. Unter den in die Gruben gestürzten Pferden und Soldaten ward ein großes Blutbad angerichtet. Während dieser Verwirrung wurden diejenigen, die zwischen das Thal und die Gräben zu stehen kamen, durch Steine und Geschoße gewaltig mitgenommen. Zwar eilt« SeveruS, als er dieß gewahrte, mit seinen Leibwachen herbei. 1736 Cassius Dio s Römische Geschichte. richtete mit ihnen aber so wenig aus, daß er sie beinahe einbüßte und selbst durch den Verlust eines Pferdes in Gefahr gerietst. Als er sah, wie die Flucht der Deinigen allgemein ward, zerriß er sein Ober» kleid,') zückte sein Schwert und sprang mitten unter die Fliehenden, um sie durch Scham zur Umkehr zu bewegen oder mit ihnen zu sterben. Einige vermochte der Anblick des Kaisers wirklich zum Umkehren. Plötzlich traten sie den ihnen Folgenden entgegen, hiebe», als wären cS Albinianer, sie nieder und jagten nun Alle, welche sie verfolgten, in die Flucht. Zur rechter Zeit griff jetzt die Reiterei unter LätuS *) von der Seite an, und vollendete den Sieg. So lange nämlich das Glück sich für keines der beiden Heere entschied, schaute dieser müßig zu, indem er sich der Hoffnung hingab, daß sich beide Theile aufreiben und die überlebenden Soldaten auf beiden Seiten ihm die Obergewalt übertragen würden. Als er aber sah, daß Severus die Oberhand gewann, nahm auch er am Kampfe Theil und Severus ward Sieger. 7. Die römische Kriegsmacht wurde durch diese Schlacht sehr erschöpft, da auf beiden Seiten eine Unzahl Menschen gefallen war und Viele der Sieger Verluste zu beklagen hatten. Die ganze Ebene war mit Leichen von Menschen und Pferden und mit Verwundeten überdeckt, die wie auf der Fleischbank zugehauen lagen, Andere lagen unverwundet und noch lebend unter den Haufen der Erschlagenen begraben. Die Waffen lagen zerstreut umher und das Blut floß in solchen Strömen» daß e« sich in die Flüffe ergoß. AlbinuS war in ein HauS an dem Rhodanus geflüchtet und hatte, weil er Alles um- ') Nach Herodian riß Severus sein Oberkkeid ab, um nicht erkannt zu werden, und LätuS kam erst herbei, als die Nachricht von dem Tode des Severus zu ihm drang. 1737 Fünfundsiebzigstes Buch. her bewacht sah, sich selbst das Leben genommen. Ich folge hier nicht dem Berichte Severs, sondern erzähle, wie sich Alles wirklich begebe» hat. Als man seine Leiche brachte, weidete dieser seine Augen an ihr und ließ auch seiner Zunge freien Lauf, sodann befahl er, den Rumpf hinzuwerfen, den Kopf aber nach Rom zu bringe» und an einen Pfahl aufzustecken. Durch dieses Benehmen zeigte er, wie wenig er zu den guten Kaisern gehörte, und setzte uns und das Volk durch da-, was er brieflich kund that, noch mehr in Furcht. Da er jetzt über allen bewaffneten Widerstand gesiegt hatte, ergoß er all seinen lang genährten Zorn auf die Wehrlosen. Am meisten aber erschreckte uns, daß er sich einen Sohn des MarcuS und einen Bruder des Commo- dus nannte, und Letzterem, den er bisher zu schmähen Pflegte, Heroenverehrung zuerkannte. 8. In der Rede, die er vor dem Senate ablas, lobte er die Härte und Grausamkeit eines MarcuS, Sulla und Augustus, tadelte dagegen die Milde der Cäsar und des Pompejus, die für fie selbst verderblich geworden sey, und vertheidigte gewisser Maßen den Com- moduS, indem er dem Senat dabei Schuld gab, daß er ihn mit Unrecht für ehrlos erklärt habe, weil ja die Meisten von ihnen ein schändlicheres Leben führten, als jener selbst. „Wenn es, sprach er, ein so große- Verbrechen war, daß er mit eigener Hand wilde Thiere erlegte, wie soll ich das heißen, daß gestern und vorgestern in Ostia ein alter Consular mit einer feilen Dirne, im Pantherfell, öffentlich seine Possen trieb? Aber er trat als Gladiator auf! — Freilich ein große-Verbrechen! Thut Keiner von euch das Gleiche? Wozu haben denn Einige von euch seine Schilde und seine goldene Helme gekauft?" Nach Ablesung seiner Rede gab er fünf und dreißig Männer, die der Partheinahme für AlbinuS beschuldigt waren, frei, als ob fie 1738 Cassius Dio s Römische Geschichte. deren mit Unrecht angeklagt worden wären, und diese gehörten zu den ersten Männern in dem Senat;*) neun und zwanzig aber verurtheilte er zum Tod, und unter ihnen auch SulpicianuS, des Pertinar Schwiegervater. 9. Jetzt unternahm SeveruS einen Feldzug gegen Parthien. Während er nämlich durch Bürgerkriege beschäftigt war, hatten die Parther freie Hand gewonnen, Mesopotamien erobert und große HeereSmaffen herbeigeführt und beinahe NtflbiS eingenommen, wenn nicht LätuS durch tapfere Gegenwehr die Stadt gerettet hätte. Dadurch erwarb er sich großen Ruhm, während er auch in bürgerlichen Geschäften, in häuslichen wie in öffentlichen, im Kriege und im Frieden für den Ersten galt. Bei seiner Ankunft in Nifibir fand sich in dortiger Gegend ein ungeheurer Eber. Dieser war auf einen Reiter, der ihn, auf seine eigene Stärke vertrauend, erlegen ^wollte, loSgegangen und hatte ihn getödtet. Kaum konnte er von vielen Soldaten — eS waren ihrer dreißig — eingefangen und erlegt werden. Er wurde sodann vor SeveruS gebracht. Weil die Parther diesen nicht erwartet, sondern wieder abgezogen waren (ste standen unter den Befehlen des VologäsuS, dessen Bruder sich bei SeveruS^befand,) so ließ SeveruS Schiffe auf dem Guphrat bauen, und zog sich theil« auf ihnen, theils zu Lande, weil jene sehr schnell und leicht gebaut waren (da die Wälder am Euphrat, und in der Umgegend reichliches Schiffbauholz lieferten), hinab und nahm die von ihren Bewohnern verlassenen Städte Seleucia und Babylon ohne Verzug in Besitz. *) Hier könnte, ipenn man zwei sich sehr gleichkommende Beispiele von Freistnnigkeit annehmen will, das bei dem neunten Kapitel des vierundstebzigsten Buches angeführte Fragment des Majas gegeben werden. 1739 Fünfund siebzigstes Buch. Hierauf eroberte er auch Ctestphon, überließ eS seinen Soldaten znr Plünderung, richtete daselbst ein großes Blutbad an und führte gegen hunderttausend Gefangene mit sich fort. Er verfolgte aber BologäsuS nicht und legte auch kein« Besatzung nach Cteflphon, sondern zog, weil er der Ocrttzchkeit nicht kundig war, und Mangel an Lebensmitteln litt, wieder ab, als ob er blos gekommen wäre, um die Stadt zu plündern. Er nahm aber auf dem Rückzug einen andern Weg. weil auf dem früheren Holz und Fütterung darauf gegangen war. Sein Heer ließ er theils oben am Tigris hin, theils auf Schiffen zurückkehren. jAn VologäsuS, den Sohn des Sanatrucus, der gegen die Leute des Severus in Schlachtordnung aufrückte, aber, «he es zur Schlacht kam, Waffenstillstand erbat und erhielt, schickte er Gesandte und schenkte ihm einen Theil von Armenien s 10. Hierauf durchzog Severus Mesopotamien und machte einen Versuch auf das nicht weit entfernte Atra, richtete aber Nichts. Seine Maschinen wurden in Brand gesteckt, viele Soldaten gingen zu Grunde und noch viel Mehrere wurden verwundet. Er hob also die Belagerung auf und zog ab. Während dieses Krieges aber ließ er zwei angesehene Männer um's Leben bringen, den Tribun der Leibwache, Julius CrispuS, weil derselbe unwillig über die Beschwerden des Krieges eine Stelle auS dem Dichter Maro, in welcher ein Krieger des Turnus im Kampfe mit AeneaS klagend die Worte spricht: Lavinia dem Turnus zu gewinnen, muß klaglos unser Blut im Sande rinnen! *) angeführt hatte. Seinen Ankläger, den Solda- ') Die Stelle findet fich in Virgrls AeneiS XI. 372 ff. und lautet im Urtert folgender Maßen: Dio-CasstuS. IIS Vdchn. 4 1740 Casflris Dio's Römische Geschichte. ten Valerius, machte SeveruS dagegen zum KriegStribnn. Auch LätuS mußte sterben, weil er zuviel Selbstgefühl hatte und die Liebe der Soldaten besaß. Nur wenn uns LätuS führt, sprachen sie, gehen wir in diesen Krieg. Den Tod drS Letztern, für den er, ausser seinem Reibe, keinen erklecklichen Grund hatteOschob er seine» Soldaten zu, als ob sie ihn wider seinen Willen umgebracht hätten. tl. Er selbst zog nun, nachdem er einen großen Vorrath von Lebensmitteln zusammengebracht und viele Belagerungsmaschinen hatte fertigen lassen, wieder vor Atra. Es war für ihn nämlich eine große Demüthigung, daß diese einzige Stadt in der Mitte, während Alles umher ihm unterworfen war, sich gegen ihn halten sollte. Aber er verlor auch jetzt, wie ich schon oben erwähnte, alle Maschine^ bis auf die von PriScuS gefertigten und mit diesen viele Soldaten. Nicht wenige verloren auch beim Futterholen das Leben, da die feindliche Reiterei, die aus Arabern bestand, von allen Seiten schnell und ungestüm auf sie los stürzte, und die Atrener mit ihren Pfeilen sehr weit reichten. Mit den Maschinen warf« sie die Geschoße so weit, daß sie viele Leibtrabanten der SevcruS trafen. Eine Maschine schoß je zwei Geschoße auf eine» Schuß, und viele Arme wetteiferten mit ihnen. Am meisten Schaden thaten sie ihnen jedoch, als ste den Mauern nahten und noch mehr, als sie Bresche gestoßen hatten: denn jetzt goßen sie unter Anderem jener aSphaltartige Naphtha, von dem ich oben gesprochen hatte, auf sie herab, und setzten die Maschinen und alle Soldaten, die eS traf, in Feuer und Flammen, und Se- veruS sah dem Allem von einem hohen Gerüst herab zu. 8cilieet, ut. lurno oontinxst rewis eonzux ölos snimus vilss, inkumgtu irmetg^ue lurbs, Lternsmur csmpis! 1741 Fünfundsiebzigstes Buch. 12. Endlich stürzte ein Theil der Mauer ein und die Soldaten stürmten eifrigst darauf los, auch des noch nahenden Theils stch zu bemächtigen, da ließ Severus mit schmetternder Trompete von allen Seiten zum Rückzüge blasen. Die Stadt sollte nämlich, wie die Sage ging, unter andern vielen Schätzen auch reiche Weihgeschcnke in ihrem Sonnentempel besitzen und SeveruS erwartete, die Araber würden, um nicht nach Erstürmung der Stadt zu Sllaven gemacht zu werden, wegen der Uebergabe zu »verhandeln geneigt seyn. Als aber ein Tag verstrich, und keine Herolde stch sehen ließen, befahl er seinen Soldaten, gegen die Mauern, die jedoch indessen wieder aufgebaut worden waren, Sturm zu lausen. Aber alle europäischen Truppen, die etwas hätten richten können, weigerten sich aus Erbitterung gegen ihn zu gehorchen, und die Syrer^ txelche statt ihrer zum Angriff gezwungen wurden, kamen übel weg und gingen zu Grunde. So half der Gott seiner Stadt, indem er erst die Soldaten, welche in sie hätten eindringen können, durch SeveruS zurückrufen, und dann Severus, als er stürmen lassen wollte, durch seine eigenen Soldaten daran hindern ließ. Darüber kam dann der Kaiser in solche Noth, daß er auf das Anerbieten, das einer seiner Heerführer machte, wenn er ihm nur fünfhundert und fünfzig europäische Soldaten gäbe, ihm ohne Gefahr für die Anderen die Stadt zu erobern, in Aller Gegenwart sagte: „und woher sollt'ich so viel Soldaten nehmen?" Er wollte damit sagen, daß er nicht auf so Vieler Gehorsam rechnen könnte. 13. Nach zwanzigtägiger Belagerung der Stadt zog er sich nach Palästina und brachte daselbst dem PomPejuS Todtenopfer. 4 * ') Bruchstück 178. 1742 Cassius Dio's Römische Geschichte. Von da fuhr er den Nil hinauf nach Oberägypten, und besah sich daselbst fast die ganze Oertlichkeit. Die Gränzen AethiopienS wagte er wegen einer Seuche, die da herrschte, nicht zu überschreiten. Er untersuchte dort Alles, selbst die tiefsten Geheimnisse: seine Neigung trieb ihn nämlich, alles menschliche und göttliche Wissen zu ergründen. Deßhalb nahm er auch alle Schriften geheimen Inhalts, die er nur immer auffinden konnte, aus allen Heiligthümern weg und verschloß sie in dem GrabmR Alexanders, damit man in Zukunft ebenso wenig dessen Leiche schauen, als das in Jenen Geschriebene lesen könnte. So viel von SeveruS. Wenn ich von den übrigen Merkwürdigkeiten Aegyptens nichts zu berichten brauche, so glaube ich dagegen aufführen zu dürfen, was ich von vielen Seiten her über dc-n Nil zu erfahren Gelegenheit hatte. Es unterliegt keinem Zweifel, daß er aus dem Atlasgebirge entspringt. Es liegt dasselbe in der Landschaft MacenniS an dem Ozean gegen Westen und überragt alle anderen Gebirge, weßhalb dasselbe auch die Dichter die Säule des Himmels zu nennen pflegten. Noch nie erstieg Jemand seine Spitze, oder vermochte, seinen Gipfel mit den Augen zu messen. Deßwegen ist er auch mit ewigem Schnee bedeckt und zur Sommerszeit entfließt ihm eine große Waffermenge. Am Fuße desselben finden sich überall Sümpfe, welche um jene Zeit noch viel wasserreicher werden, und im Sommer den Nil anzuschwellen Pflegen. Dort ist die Quelle des Nils, wie sich auch aus den Krokodilen und anderen Naturerzeugniffen beider Länder erweisen läßt. Es darf auch Niemand Wundern, daß wir einer Erscheinung, die sich die älteren Griechen nicht erklären konnten, aus den Grund gekommen find. *) Die Macenniten wohnen nämlich *) Statt Aelßisxa/Uk» lese ich 1743 Fünfundstebzigstes Buch. nahe an Niedermamitanien und bei den dortigen Kriegen kommen Diele bis zu dem AtlaSgebirge. Damit hat eS also obig« Be- wandtniß. 14. PlauiianuS aber, der bei SeoeruS so viel vermochte, Befehlshaber der Leibwachen war und unter allen Sterblichen die größte Macht besaß, ließ viele angesehene, ebenbürtige Männer um's Leben bringen. sNach der Ermordung des AemiliuS SaturninuS, beschnitt er den Anderen, welche nach ihm die Leibwachen befehligte», ihren Einfluß gar sehr, damit Keiner durch diesen Oberbefehl veranlaßt, den Kopf zu hoch trüge, oder auch nur nach dieser Stelle sich gelüsten ließe. Er wollte nicht blos alleiniger, sondern auch ewiger Leibwachenobrister sepn.s Nach Allem haschte er, forderte und erhielt Alles von Allen, keine Provinz, keine Stadt blieb »»geplündert. Von allen Enden der Welt raffte er Raub und Beute zusammen, und weit mehr Geschenke bekam er überall her als Severus selbst. Ging er doch am Ende so weit, daß er die dem Sonnengotte geheiligte» Tigervferde auf den Inseln des rothen Meers durch Centurionen heimlich wegbringen ließ. Diese einzige Angabe mag als genügender Beweis für seine Spürkraft und unersättliche Habsucht dienen. Doch kann ich nicht mit Stillschweigen übergehen, daß er hundert Römer von edler Abkunft in seinem eigenen Hause entmannen ließ, eine Unthat, die Keiner von uns eher erfuhr, als bis er gestorben war. Schon diese einzige Thatsache beweist, welche ruchlose Will- kühr er übte. Er ließ aber nicht blos Knaben oder Jünglinge, nein selbst Männer verschneiden, die verheirathet waren, damit seine Tochter Plautiüa, mit der später AntoninuS sich vermählte, zu Dienern, Musik- und anderen Lehrern lauter Verschnittene hätte. So sahen wir.denn Verschnittene und Gatten, Väter und Bärtige in 1744 Cassius Dio's Römische Geschichte. einer Person. Beweis genug, daß PlauiianuS mächtiger als Alle, selbst als die Kaiser, war. Nicht nur zahlreichere, sondern auch größere Bildsäulen und Brustbilder als Jenen wurden ihm nicht blos in den andern Städten, sondern selbst in Rom nicht allein von Einzelnen, sondern sogar vom Senate aufgestellt und alle Soldaten und Senatoren schworen bei seinem Glück und Alle brachten öffentliche Gelübde für sein Wohlergehen dar. tö. Von all dem trug SeveruS die meiste Schuld, der ihm Alles in dem Maße zuließ, daß Jener in Wahrheit Kaiser, er selbst aber bloßer Leibwachenobrist war. Alles, was SeveruS sprach oder that, wußte er aufs Genaueste; die Geheimnisse des PlauiianuS aber erfuhr kein Sterblicher. Seine sdeS Plautianuss Tochter vermählte SeveruS mit seinem Sohn und überging damit viele Jungfrauen aus den besten Häusern. Er bestimmte ihn zum Consul und wünschte ihn fast zum Nachfolger auf dem Throne zu haben; wenigstens schrieb er einmal in einem Brief: „Ich liebe den Mann in solchem Grad, daß ich wünsche, er möchte mich überleben." fEiner schrieb einmal sogar an ihn als den vierten CLsar.f ') Er ließ es geschehen, daß Plautianus auf seinen Reisen die besseren Nachtquartiere bezog, und bessere und reichlichere Kost halte, als er selbst. Als er in meiner Vaterstadt Nicäa einmal eine Meeräsche, die der See in ungeheurer Größe hervorbringt, haben wollte, mußte er eine von Jenem sich holen lassen. That er auch, wie es schien, zuweilen Etwas, um die Macht dieses Mannes zu beschränken, so wurden solche Versuche durch andere entgegengesetzte Schritte, die weit gewichtiger und auffallender waren, wieder in Schatten gestellt. Als SeveruS ihn einmal in ') So lautet ein Theil eines Fragments von MajuS. 1745 FünfunLsiebzigstes Buch. Tya»a bei einer Krankheit besuchte, ließen des Plautianus Wachen seine Begleiter nickt mit ihm eintreten. Als der Beamte, der die sonst vor dem Kaiser vorzunehmenden Rechtssachen herzurichten hatte, von SeveruS, der gerade Muße hatte, Befehl erhielt, eine solche einzuleiten, weigerte sich dieser mit den Worten: „ich kann nicht, wenn PlantianuS mir es nicht befiehlt." *) Eine solche Herrschaft übte Plautianus in allen Stücken über ihn und auch die Kaiserin Julia smußte sich viele Ungebühr von ihm gefallen lassen. Denn er hatte eine Feindschaft gegen sie, und dahers schwärzte er sfies bei SeveruS immer an, stellte Untersuchungen über sie an, und ließ selbst Frauen von edler Geburt deßhalb auf die Folter bringen. Dieses Ungemach ließ sie Trost in der Philosophie suchen, und den ganzen Tag ging sie mit Sophisten um. Plautianus dagegen war der größte Wüstling von der Well: der die Speisen, die er zu sich nahm, wieder spie, weil er sie wegen Ueberladung in Speise und Wein nicht wehr verdauen konnte. Während er selbst mit Luflknaben und Freudenmädchen sein sehr verdächtiges Wesen trieb, verbot er seiner Gemahlin irgend Jemand zu sehen oder sich sehen zu lassen. Selbst SeveruS und Julia durften nicht zu ihr, viel weniger Andere. 16. Damals wurden auch von Frauen Kämpfe aufgeführt, wobei eine solche Menge weiblicher Kämpen aufzutreten gezwungen ward, daß wir uns wundern mußten, wie das Stadium sie nur fassen mochte. Bei diesem Kampfspiele kämpften sie mit so wilder ') Ein Fragment des MajuS lautet folgender Maßen: Als SeveruS einmal eine Rechtssache vornehmen wollte, hörte Niemand auf ihn, weil Plautianus nicht zugegen war. 1746 Cassius Dio's Römische Geschichte rc. Lust,') daß sie auch auf die edelsten Frauen sich Spottrede^ erlaubten, so daß für die Zukunft Frauen verboten ward, im Gladiatorenspiel aufzutreten. Als die Zahl der dem Plautianus zu Ehren aufgestellten Brustbilder dem SeveruS am Ende doch zu groß ward, wurde er, (merkwürdig genug), doch darüber böse und ließ einige davon einschmelzen. Darüber verbreitete sich das Gerede in den Städten, als ob Plautianus gestürzt und umgebracht wäre, worauf denn Einige seine Bildsäulen zertrümmerten, später aber dafür büßen mußten. Unter ihnen war auch RaciuS Constans, der Statthalter auf Sardinien, ein Mann, der in großem Ansehen stand, und den ich deßhalb hier erwähne, weil der Redner, der den Constans anklagte, unter Anderem sagte: „eher falle der Himmel ein, als daß Plautianus von SeveruS etwas zu befürchten hätte," und damit allgemeinen Glauben fand. — Obgleich auch SeveruS auf diese Worte des Redners gegen uns, seine Mitrichter, die unbesonnene Aeußerung that, daß dem Plautianus unmöglicher Weise etwas von ihm zu Leid geschehen könnte, so verging doch kein volleSJahr, als eben dieser Plautianns hingerichtet war und von allen seinen Bildsäulen keine mehr stand. Vor diesem Begebniß aber verirrte sich ein ungeheurer Wallfisch in den nach Augustus benannten Hafen und ward dort gefangen. Als seine nachgebildete Masse in daS Amphitheater gebracht ward, hatten fünfzig Bären in seinem Bauche Platz. Auch ließ sich viele Tage hindurch über Rom ein Komet sehen, der nichts Gutes vorzubedeuten schien. ") ReimaruS vermuthet, daß es statt vielleicht alemannische Frauen geheißen hätte. Inhalt des sechsundsiebzigsten Buchs. Im Auszuge der LiphilinuS mit Bruchstücken des voll» ständigen Dio. Feierlichkeiten wegen der zehnjährige« Regierung des Severus, der Vermählung des AntvniuuS und erfochtener Siege. Kap. 1. Plautianus Sturz. Kap. 2 — 4. Severus verfolgt die Freunde und die Kinder des Plautianus. Kap. 5—S. Bull» Felir ein berüchtigter Räuber, Kap. 40. Severs Feldzug in Britannien, Beschreibung der Insel. Kap. 4 4. 42. Severus durchreist ganz Britannien und gibt dem Lande Frieden. Kap. 1Z. Antoninus macht eiuen Versuch, seine» Vater »ms Leben zu bringen. Kap. 14. Tod des Severus, und seine ganze Art zu leben. Kap. 45-17. Der Zeitraum begreift zehen Jahre, in welchen Folgende Consuln waren: Nach Nach Regier.-Jahre Chr. Crb. d. Stadt. des Severus. 202. 955 Lucius Septimius Severus zum drittenmal und Marcus Aure- X. lius Antoninus. 1. Juni. 203. 95«. Publius Septimius Geta und Fulvius Plautianus zum zweitenmal. Xl. 204. 957. Lucius Fabius Septiminus Cilo zum zweitenmal und Lucius Flavius Libo. XU. 1748 Cassius Dio's Römische Geschichte. Nach Nach Regier.-Zahre E»r. Erb. l>. Stadt. des SeveruS. 205. 958. Marcus AureliuS Antoninus zum zweitenmal und PubliuS SextimiuS Geta. XIII. 206. 959. NummiuS AlbinuS und Fulvius Aemilianus. x-v. 2V7. 980. Av«r und Marimus. XV. 208. S6I. MarcuS AureüuS Antoninus zum drittenmal und PubliuS SextimiuS Geta zum zweitenmal. XVI. 209. 962. Civica Pompejanus und Lollia- nus Avitus, XVII. 210. S6Z. Manius AciliuS Faustinus und Triarius RufinuS. XVIII. 2tl. 964. QuintuS Spid. Rufus Lollia- nus GentianuS und Pompvnius XIX. Bassus. ch 4. Febr. Sechsundsiebzigstes Buch. 1. Severus schenkte bei der Feier seines zehnten Regierungs- JahreS allen Bürgern der Stadt, welche öffentliche Getreidegabe» erhielten, sowie den Leibwächtern ebenso viele Goldstücke, als er Re- giernngSjahrc zählte, worauf er sich sehr viel zu Gute that. Wirklich hatte auch kein Kaiser vor ihm so Vielen auf ein Mal so viel geschenkt: denn cS ward eine Summe von fünfzig Millionen Drachmen 1749 Sechsundsiebzigstes Buch. aufgewendet. Zu gleicher Zeit wurde auch die Vermählung seines SohneS AntoninuS mit des Plautianus Tochter Plautilla begangen. Dieser hatte seiner Tochter eine so große Mitgift gegeben, daß fünfzig Königinnen daran genug gehabt hätten. Wir sahen eben jene» Brautschatz über den Markt nach dem Palaste tragen. Auch wurde uns zusammen*) ein Gastgebot gegeben, bei dem königliche und barbarische Pracht zugleich entwickelt wurde, da man uns nicht nur mit allen Arten gekochter Speisen, sondern auch mit rohen und selbst mit lebendigen Thieren bewirthete. Auch wurden der glücklichen Rückkehr SeverS, seiner zehnzährigen Regierung, und den erfochtenen Siegen zu Ehren Schauspiele jeder Art gegeben, wobei auch auf Veranstaltung des Plautianus sechzig Eber auf ein gegebenes Zeichen gegen einander auf dem Kampfplatz erschienen. Auch viele andere wilde Thiere, unter andern ein Elefant und eine Corocote, wurden dabei erlegt. Letzteres ist ein indisches Thier, das, so viel ich weiß. damals zum erstenmal in Nom gesehen wurde. Es hat die Farbe eines Löwen, gemischt mit der eines Tigers; seine Gestalt aber ist ein sonderbares Gemenge von diesen Beiden, von Hund und von Fuchs. Das Behälier für diese Thiere im Theater hatte die Form eines Schiffes, und konnte dreihundert Thiere zumal fassen und hervorspringen lassen. Plötzlich that eS sich auf und hervor sprangen Bären, Löwinnen, Panther, Löwen, Strauße, wilde Esel, Wisente*') jBuckelochsenj (eine Art Stiere, barbarisch von Geschlecht und Aussehen) hervor, so daß in allein siebenhundert wilde und zahme Thiere zumal durch einander stürzten, vor den Augen der Zuschauer erschienen *) Statt t'r rw a,-a lese ich ov ä/L«. ") (kisontes.) 1730 CasfiuS Dio's Römische Geschichte. und erlegt wurden: denn da das Fest fleben Tage dauerte, so wurden auch an jedem Tage hundert Thiere erlegt. 2. Der Berg Vesuv warf um diese Zeit viel Feuer aus und solches GedrShn ließ sich hören, daß man eS in Capua, wo ich mich jedesmal, wenn ich in Italien wohne, aufzuhalten Pflege, vernehmen konnte. Diesen Wohnsitz ersah ich mir theils aus andern Gründen, theils der Ruhe wegen, um, fern von den Stadtgeschäften, hier meine Geschichte zu schreiben. Der Ausbruch des Vesuv schien eine wichtige Neuigkeit vorzubedeuten, die sich denn auch alsbald mit Plau- tianuS begab. Er war in der That mächtig, übermächtig geworden, so daß das Volk einmal im CircuS rief: ,,WaS zitterst du? WaS wirst du so blaß? Du hast ja mehr als die drei mit einander." Man rief das aber nicht ihm selbst zu, sondern nur so ins Blaue: unter den dreien aber verstand man SeveruS und seine zwei Söhne Anto- ninus und Geta. Daß er aber immer erblaßte und zitterte, kam von seiner Lebensweise her, hon den Hoffnungen, die er hegte, und der beständigen Furcht, in der er schwebte. Bis jetzt erfuhr aber SeveruS selbst von dem Treiben des Mannes meist Nichts, oder wollte Nichts davon wissen. Als aber sein Bruder Geta auf dem Todtenbett ihm über PlautianuS, den er haßte und jetzt nicht mehr zu fürchten hatte, die gehörigen Aufschlüsse gab, so ließ er ihm sdem Bruder Getaj z« Ehren eine Bildsäule von Erz auf dem Markt aufstellen, erwies Plautian nicht mehr die gleiche Auszeichnung, und suchte seine übermäßige Macht zu beschränken. Darüber ward PlautianuS im höchsten Grade aufgebracht und warf auch auf Antoninus, dem er schon vorher, weil er seine Tochter nicht in Ehren hielt, grollte, als auf den Urheber seiner Entehrung» den bittersten Haß, und erlaubte sich immer mehr Angriffe auf ihn. 1751 Sechsundsiebzigstks Buch. 3. Dieß vermochte den AntoninuS, der über seine Gemahlin, das unverschämteste Weib von der Welt, erbost und ihn selbst, weil er alle seine Schritte bewachte, und ihm über Alles Vorwürfe machte, sehr lästig fand, darauf zu denken, sich seiner auf irgend eine Weise zu entledigen. Es ließ deßhalb durch seinen Erzieher EooduS den Centurio Saturninus und zwei andere bereden, dem SeveruS zu melde«, daß Plautianus zehen Centurionen, und unter diesen auch ihnen befohlen habe, SeveruS und AntoninuS zu ermorden. Sie thaten es, und lasen ihm noch einen schriftlichen Befehl vor, den sie von ihm erhalten haben wollten. Dieß geschah in aller Geschwindigkeit: als nach den Schauspielen, welche zu Ehren der Heroen in dem Palast gegeben wurden, die Zuschauer sich entfernten und Se- verus eben zu Tafel gehen wollte. Aus allen diesen Umständen sollte die Unwahrheit der Aussage an diesem Tag und zu dieser Stunde von selbst sich ergeben haben: denn PlautiannS hätte er nicht gewagt, zehen Centurionen auf einmal., in Rom und zwar im Palast diesen Befehl, zumal noch schriftlich, zu ertheilen; und doch fand SeveruS die Angabe glaubwürdig, weil ihm in der letzten Nacht träumte, daß er AlbinuS noch am Leben sah, und wie er ihm gerade nachstellte. 4. Er ließ also schnell den Plautianus rufen, als ob e- sonst etwas gegeben hätte. Dieser eilte dermaßen, daß die Maulthiere, die seinen Wagen zogen, auf dem Palatium niederstürzten, wodurch ihm wohl die Gottheit seinen Tod vorbedenken wollte. Die Thürhüter an den Gittern ließen jedoch nur ihn hinein, und wehrten seinen Begleitern den Zutritt, wie er es selbst einmal dem SeveruS in Tyana gethan hatte. Dieß machte ihn zwar stutzig und bestürzt, weil er aber nicht zurück konnte, trat er ein. SeveruS ließ ihn sehr 1752 Cassius Dio's Römische Geschichte. gelinde an: „WaS ist dir, fing er an, eingefallen, daß du uns wolltest umbringen lassen?" Er erlaubte ihm auch, sich zu vertheidigen, und wollte eben anhören, wie er sich verantworten könnte. Als er aber läugnete und sich über die Reden des Kaisers verwunderte, sprang AntoninuS auf ihn zu, nahm ihm das Schwert ab und schlug ihn inS Gesicht. Auch hätte er ihn mit eigener Hand mit den Worten niedergestoßen: „Du wolltest mich zuerst todten." Er wurde aber von seinem Vater daran verhindert und gab nun einem der Diener den Befehl, ihn nieder zu stoßen. Einer rupfte ihm die Barthaare am Kinn aus und brachte sie der Julia und der Plautilla, die eben beisammen waren, und von dem Vorfall noch nichts ahneien, mit den Worten: „Da habt Ihr euer» Plautian," wodurch er die Eine in Trauer, die Andere in Freude versetzte. So wurde denn er, der mächtigste Mann meiner Zeit, vor dem Jedermann mehr als vor den Fürsten zitterte und bebte, und der im Geiste von immer höher» Dingen träumte, von seinem Schwiegersöhne umgebracht und oben vom Palast herab auf die Straße geworfen. Er ward jedoch auf Befehl des SeveruS aufgehoben und zur Erde bestattet. 5. SeveruS versammelte hierauf den Senat in der Curie. Hier brachte er keine Klage gegen Plautianus vor, sondern beklagte nur die Menschen, daß ste übergroße Macht nicht ertragen könnten und machte sich selbst Vorwürfe, daß er ihn so sehr ausgezeichnet und geliebt hätte. Die Angeber mußten uns, nachdem alle »»nöthigen Zeugen au- der Curie gewiesen waren, den ganzen Plan seines Verrathe» selbst erzählen, wodurch er wohl andeuten wollte, daß er ihnen nicht ganz traue. Viele kamen durch Plautianus in Gefahr, und Einige verloren auch das Leben. CöranuS wollte, wie dieß bei Leuten, die im Glücke find, oft der Fall ist, für seinen Vertrauten ange- 1753 Sechsundsiebzigstes Buch. sehen werden, und folgte seinen Freunden, so oft sie vor den Andern zu seiner Begrüßung vorgelassen wurden, bis vor die letzte Thür, und erfuhr zwar nichts von den Geheimnissen, welche unter ihnen zur Sprache kamen, schien aber, da er in dem Zwischenraume verweilte, dem PlgutianuS außen, den Andern aber innen zu seyn. Dieß war denn auch der Grün», daß man ihm nicht recht traute, zumal da er, als dem PlautianuS einmal träumte, es seyen Fische aus der Tiber aufgesprungen und zu seinen Füßen niedergefallen, den Traum dahin gedeutet hatte, daß er die Herrschaft über Land und Meer erhalten würde. Er ward auf sieben Jahre auf eine Insel verbannt, später aber zurückgerufen, und als der erste Aegypter in den Senat gewählt, worauf er, gleich dem PompejuS, ohne vorher ein anderes StaatS- amt bekleidet zu haben, sogleich Consul wurde. CäciliuS Agricola aber, einer der vornehmsten Schmeichler des PlautianuS, dem es an Schlechtigkeit und Liederlichkeit Keiner zuvor that, wurde zum Tode vernktheilt. Er kam nach Hause, trank sich von gekühltem Weine voll, zerbrach dann den Pokal, der ihn fünfzigtausend Drachmen gekostet hatte und starb, indem er sich die Adern öffnete. 6. SaturninuS und Evodus wurden damals ausgezeichnet, später aber auf des AntoninuS Befehl hingerichtet. Als wir dem EvoduS Lob erkannten, ließ es SeveruS nicht zu, indem er erklärte: „ES ist eine Schande, wenn etwas der Art über einen kaiserlichen Hofdiener in euren Akten aufgeführt wird." Ein Gleiches that er auch bei den übrigen Freigelassenen des Kaiserhauses, denen er weder durch Worte noch durch Handlungen einen Uebermuth hingehen ließ. Er verdiente sich auch dadurch großes Lob. Der Senat pries einmal sein Lob und brach geradezu in den Zuruf aus: „Alle handeln überall recht, weil du, Kaiser, deine Pflicht erfüllst!" Plautilla und 1754 Casstus Dio's Römische Geschichte. PlautiuS, die Kinder des PlautianuS, kamen zwar damals mit der Verbannung auf die Insel Lipara davon, wurden aber später unter der Herrschaft des AntoninuS umgebracht, obgleich sie in beständiger Furcht und Noth lebten, und oft nicht einmal die nöthigsten Mittel zu ihrem Unterhalt hatten. 7. Die Söhne des SeveruS, AntoninuS und Geta fühlten sich durch den Tod des PlautianuS wie von der Schulzucht entbunden, und erlaubten sich jegliche Ungebühr: sie schändeten Weiber, mißbrauchten Knaben, schloßen Freundschaft mit Gladiatoren undWett- fahrern, wetteisertern in schlechten Handlungen, und standen durch entgegengesetzte Neigungen einander feindlich gegenüber. Wenn der Eine aus Etwas verfiel, so erklärte sich der Andere gewiß für das Gegentheil; ja sie fuhren einmal bei einem Wettrennen mit kleinen Pferden mir solchem Ungestüm auf einander zu, daß AntoninuS vom zweirädrigen Wagen fiel und ein Bein brach, j Während er nun an diesem Falle auf dem Siechbette lag, versah SeveruS die Geschäfte der Regierung aufs Sorgfältigste, sprach Recht, und that Alles, was das Wohl des Staates erheischte. Darüber verdiente er sich allgemeines Lob. Die Hinrichtung des Quintillus PlautianuS erregte dagegen überall Tadel. Zwar ließ er auch mehrere andere Senatoren hinrichten, beobachtete aber doch die Form, daß er sie anklagen und sie sich vertheidigen ließ, worauf sie ihrer Vergehen für schuldig erklärt wurden.j Quintillus aber war ein Mann aus einem der edelsten Häuser, galt für einen der angesehensten Senatoren, war schon hoch betagt, und lebte auf dem Land, ohne sich in fremde Händel zu mischen, oder etwas Unrechtes sich zu Schuld kommen zu lasten. Gleichwohl wurde er angeklagt und hingerichtet. Als er sterben sollte, ließ er sein Leichengeräthe, das schon seit langer Zeit für ihn 1755 Sechsundsiebzigstes Buch. hingerichtet war, bringen. Als er e« durch die Länge der Zeit verdorben fand, sprach er: »WaS haben wir auch so lange gezögert!" v Er opferte sodann Weihrauch und sprach: »ich thue dasselbe Gelübde, wie einst ServianuS gegen Hadrian!" *) Nach seiner Hinrichtung wurden Gladiatorenspiele gegeben, bei welchen unter Anderem auch auf einmal zehen Tiger erlegt wurden. 8. Hierauf trug sich die Geschichte mit ApronianuS zu, welche, wenn man sie auch nur hört. viel Wunderbare« hat. Anklagepunkt war, daß seiner Amme einmal geträumt haben sollte, er würde Kaiser werden, und daß er sich deßhalb mit magischen Künsten eingelassen habe. Er ward auf diese« hin, obgleich als Statthalter in Asien abwesend, zum Tode verurtheilt. Als uni die darüber gehaltene gerichtliche Untersuchung vorgelesen wurde, und wir hörten, Wer die Untersuchung führte, Wer den Traum erzählte, Wer die Erzählung mit anhörte; daß unter Anderem Einer aussagte: »ich sah dabei einen kahlköpfigen Senator zur Thür herein horchen," so kamen wir in große Noth. Er hatte keinen Namen genannt und auch Severu« keinen verzeichnet. Bestürzung ergriff selbst diejenigen, die nie das Haus des ApronianuS betreten hatten, nicht blos die eigentlichen Kahlköpfe, sondern selbst alle diejenigen, die überhaupt aufder Stirn wenig Haare hatten. Fassung behielten nur diejenigen, welche noch mit reichlichem Haarwuchs beglückt waren. Wir alle schauten nach den Unglücklichen in unserer Miite umher und Einer lispelte dem Andern zu: „Der ist's — nein Der!" Ich kann hier nicht verschweigen, was mir selbst begegnete, so lächerlich es auch war. Ich war so verlegen , baß ich unwillkürlich mit der Hand die Haare auf meinem ') B. KS. K. 17. Dia Lassiu«. 1«, Bdch». 5 175 « Cassius Dio's Römische Geschichte. Hopse suchte. So ging es auch noch vielen Andern. Am meisten hefteten wir unsere Blicke auf die Kahlköpfe, um aus sie die drohende Gefahr abzuwenden — bis es endlich im Berichte weiter hieß, daß der Kahlköpfige eine Purpur verbrämte Toga trug. Jetzt richteten sich unser Aller Blicke auf BäbiuS Marcellinus, der damals Aedil war «nd kein Härchen mehr auf dem Kopfe hatte. Dieser erhob sich nun ^ und trat in die Mitte vor mit den Worten: „nun so wird mich jetzt noch kennen, Wer mich damals gesehen hat." Wir lobten ihn darob, der Angeber ward hereingeführt und schwieg lange Zeit, obgleich er vor ihm stand. Er sah sich lange um, ob er den Mann nicht erkenne, endlich aber entschied «r sich, auf den geheimen Wink von Einem, dahin, daß er Jener sey. S. So wurde MarcellinuS, weil ein Kahlkopf in das Zimmer geblickt hatte, verdammt und unter Wehklagen aus der Curie geführt. Als er über den Markt gekommen, wollte er nicht mehr weiter, sondern sprach, seinen vier Kindern Lebewohl sagend, die beweglichen Worte: „nur da- schmerzt mich, Kinder, daß ich euch lebend zurücklassen muß." So wurde ihm denn der Kopf abgeschlagen, ehe Severus auch nur erfuhr, daß er verurtheilt war. Den PolleniuS SebennuS, der die Schuld von seinem Tode trug, ereilte die Rache schnell. Von SabinuS an die Noriker, die er als Statthalter gedrückt hatte, ausgeliefert, erlitt er die schimpflichste Behandlung. Wir sahen ihn jämmerlich flehend am Boden liegen, und er wäre elendiglich ums Leben gekommen, wenn ihm sein Oheim Aspar nicht Begnadigung ausgewirkt hätte. Dieser Aspar war da- geschwätzigste Lästermaul von der Welt, wußte Jedem etwas anzuhängen, den Freunden zu Willen zu reden und an seinen Feinden Rache zu nehmen. Man erzählt von vielen beißenden Witzreden, die er 1757 Sechsundsiebzigstes Buch. sich gegen Andere, ja selbst gegen Severu« erlaubte. Von letzter» nur ein Beispiel. Als jener sich in die Familie des Mären« aufnehmen ließ, sprach er: „Meinen Glückwunsch, Cäsar, daß du einen Vater gefunden hast z" als ob dieser bisher seiner niedern Abkunft wegen vaterlos gewesen wäre. ^ 10. Um diese Zeit sammelte ein Italiener Bulla eine Bande von sechshundert Räubern um sich und plünderte im Angesichts der , Kaiser und der zahlreichen Truppen zwei Jahre lang ganz Italien. Eine zahlreiche Mannschaft war gegen ihn aufgeboten, undSeverus ließ ihm auf's Angelegentlichste nachspüren. Aber man sah ihn, ohne ihn zu sehen, fand ihn und fand ihn nicht, und griff ihn nicht, wenn man schon seiner habhaft wurde. So groß war seine Freigebigkeit sim Besteche») und seine Schlauheit. Er wußte immer, wer von Rom abging, oder in Brundustum an'S Land stieg, wie viel ihrer waren und wie viel sie Geld bei sich hatten. Wenn er ihnen einen Theil ihrer Baarschaft abgenommen hatte, ließ er sie sogleich wieder frei; nur die Künstler behielt er eine Zeitlang bei sich, bediente sich ihrer Dienste und entließ sie dann mit Geschenken. Als einmal zwei Glieder seiner Bande eingefangen wurden und den Thiere» vorgeworfen werden sollten, ging er zu dem Gefangenwärter, stellte sich, als wäre er Statthalter der Landschaft und solcher Leute benöthigt. Auf diese Weise gelang es ihm, sie zu befreien. Zu dem Centurio, der die Räuberbande aufheben sollte, begab er sich, zog gewaltig über sich selber los und versprach ihm, wenn er ihm folgen wollte, ihm den Räuber in die Hände zu liefern. So führte er ihn in ein Waldthal, als ob es zu Felix ginge jso nannte er sich auch) und griff ihn mit leichter Mühe. Sodann warf er sich in die Tracht eine» Oberbefehlshaber«, rief den Centurio, vor sich, ließ ihm da« Haar 5 * 1758 Cassius Dio's Römische Geschichte. abscheeren und sprach zu ihm: „sag' deinen Herren, sie sollten ihren Dienern zu leben geben, daß sie nicht Räuber werden müßten." Er hatte wirklich sehr viele kaiserliche Diener um sich, die entweder nur kümmerlichen, oder gar keinen Lohn gehabt hatten. Auf diese Nachrichten gerieth SeveruS in Wuth, daß er, der in Britannien durch Andere Siege erfocht, in Italien in Person mit einem Räuber nicht fertig werden soll te, und schickte endlich einen Kriegstribun von den Leibwachen mit vielen Reitern, unter den härtesten Drohungen ab, wenn er ihm denselben nicht lebendig zur Stelle schaffte. Dieser erfuhr nun, daß er mit einem fremden Weibe Umgang pflog und vermochte dieselbe durch ihren Mann unter dem Versprechen der Straflosigkeit, ihnen an die Hand zu gehen, und ließ ihn dann, währender in einer Höhle schlief, gefangen nehmen. Der Obrist der Leibwachen, PapinianuS, fragte ihn nun: „warum treibst du das Räuberhandwerk?" Er aber entgegnete ihm: „warum bift Du Leibwachenobrist?" Er ward hierauf unter dem Ausruf des Herolds den wilven Thieren vorgeworfen und mit seinem Tode zerstreute sich auch seine Bande; so sehr hing von ihm, dem einzigen Manne, die Thatkraft von sechs- hunderten ab. 11. SeveruS aber, welcher sah, daß seine Söhne ausschweifend und die Heere aus Unthätigkeit zuchtlos wurden, unternahm einen Feldzug nach Britannien, obgleich er gewiß war, daß er nicht mehr zurückkehren würde. Dies wußte er hauptsächlich aus der Constellation, in der er geboren worden, und die er an die Decken der Richtsäle seines Palastes hatte anmalen lassen bis auf denjenigen Theil, der die Stunde bezeichnete, in der er daS Licht der Welt betreten. Diese war in den beiden Zimmern nicht auf gleiche Weise angegeben. Er wußte es aber auch aus dem Munde der Wahrsager. Auf eine 1739 Sechsundsiebzigstes Buch. Bildsäule von ihm, die an dem Thore stand, durch das er au-ziehen wollte, und die auf den dahin führenden Weg sah. war ein Blitzstrahl gefallen, und halte drei Buchstaben von feinem Namen weggeschla- gen! *) So kehrte er denn, wie die Wahrsager verkündet hatten, nicht j mehr zurück, sondern starb nach drei Jahren. Er hatte große Schätze bei seinem AuSzuge mit sich genommen. 12. Die größten Völkerschaften unter den Britanniern bilden die Kaledonicr und die Mästen; und auf sie sind auch die Namen der übrigen so zu sagen übergegangen. Die Mäaten wohnen nächst der Mauer, welche die Insel in zwei Theile theilt; die Kaledonier aber hinter ihnen. Beide bewohnen wilde und wasserarme Gebirge und öde, sumpfige Niederungen. Sie haben weder Festungen, noch Städte, und treiben keinen Ackerbau, sondern leben von Viehzucht und Jagd, und den Früchten gewisser Bäume: die Fische rühren sie nicht an, obgleich sie in größter Menge vorhanden find. Sie wohnen in Zelten ohne Bekleidung und Fußbedeckung'und haben ihre Weiber gemeinschaftlich und alle Kinder, welche zur Welt kommen, werden auferzogen. Sie stehen insgemein unter keinen Fürsten und treiben am liebsten Räuberei. Sie ziehen auf Wagen zu Felde, da sie kleine und schnelle Pferde haben, sind aber auch gute Fußgänger» weil sie sehr schnell sind, und stehen fest, wie Felsen, wenn cS einen Kampf in der Nähe gibt. Ihre Waffen sind ei» Schild und ein kurzer Spieß mit einer eisernen Kugel unten am Schafte, um, wenn er geschwungen wird, durch sein Geschwirr die Feinde in Schrecken zu setzen. Auch Dolche haben sie. Hunger, Kälte und Beschwerden jeder Art ver- ') Leverus, erus, eros, Heros. So blieb der Sinn übrig Heros Halbgott, „hochselig.- 1760 Cassius Dio's Römische Geschichte. mögen sie zu ertragen. Sie verstecken fich oft in die Sümpfe und halten es hier viele Tage au«, indem sie nur den Kopf außerhalb des Wassers halten. In den Wälvern nähren ste sich von Rinden und Wurzeln. Für alle Fälle bereiten sie stch ein Nahrungsmittel, von dem ste nur etwas in der Größe einer Bohne zu stch nehmen und dann. weder Hunger noch Durst empfinden. Dies ist die Beschaffenheit der Insel und ihrer Bewohner, so weit sie unsere Feinde find. Daß das Land eine Insel ist, war damals schon erwiesen, wie ich schon früher berichtet habe. Seine Länge beträgt siebentausend einhundert und zwei und dreißig, seine größte Breite zweitausend dreihundert und zehen, wo es am schmälsten ist, dreihundert Stadien. 13. Bon diesem Allem besitzen wir nicht viel weniger als die Hälfte. Severus, welcher die ganze Insel unterwerfen wollte, that einen Einfall in da« Kaledonische. Bei seinem Zuge durch dieses Lan^hatte er mit unsäglichen Beschwerden zu kämpfen: er mußte Wälder niederhauen, Anhöhen abtragen, Sümpfe verschütten und Brücken über Flüsse schlagen. Zu einer förmlichen Schlacht kam eS nicht, da ste ihm nie in geschlossenen Gliedern entgegen traten. Schafe und Rinder aber trieben sie ihnen geflissentlich zu, damit die Soldaten, zum Raube weiter landeinwärts verlockt, aufgerieben werden könnten. Wirklich litten sie auch sehr an Wassermangel und, wenn sie fich zerstreuten, fielen ste in Hinterhalte. Wenn sie nicht weiter marschiren konnten, ließen sie sich von ihren eigenen Kameraden tödten, um nicht gefangen zu werden, so daß im Ganzen fünfzig tausend Römer daselbst ihren Tod fanden. SeveruS ruhte nicht «her, als bis er die äußerste Gränze der Insel erreicht hatte. Hier siel ihm besonders das lange Verweilen der Sonne über dem Horizonte, so wie die Länge der Sommertage und der Winternächte auf, waS er 176t Sechsundsiebzigstes Buch. hier ganz genau zu beobachten Gelegenheit hatte. Nachdem er sich so durch da« ganze Gebiet der Feinde hatte bringen lassen (er bediente sich nämlich wegen Körperschwäche meist einer bedeckten Sänfte), kehrte er wieder in Freundesland zurück, und zwang die Britannier unter Abtretung einer Strecke Lande« Friedensbedingungen von ihm anzunehmen. 14. Viel Sorge und unendlichen Kummer machte ihm An- toninus theils wegen seiner ausschweifenden Lebensweise, theil« auch, weil er die offenkundige Absicht hegte, seinen Bruder auS dem Wege zu räumen und ihm selbst sogar nach dem Leben trachtete. Einmal sprang er plötzlich aus seinem Zelte hervor, tobte und schrie, dass Castor ihn beleidigt habe. Dieser Mann war der rechtschaffenste unter den Hofbedienten Scver'S, dem dieser alle Staatsgeheimnisse und die Sorge für seine Leibesbedürfniffe anvertraut hatte. Zwar liefen sogleich Soldaten zusammen, die vorher von ihm gewonnen waren, und stimmten in das Geschrei mit ein; sie wurden aber alsbald aufgegriffen, und Severu«, der sogleich auf dem Platze war, ließ die lautesten von ihnen zur Strafe ziehen. Ein anderes Mal zogen Beide in das Land der Kaledouier, um sich von ihnen die Waffen ausliefern zu lassen, und die Friedensbedingungen zu besprechen, da erfrechte sich AntoninuS ihn vor Aller Augen mit eigener Hand tödten zu wollen. Beide waren zu Pferd, obgleich SeveruS wegen seines Fußübel« die Fußsohlen hatte aufschneiden lassen, da« ganze Heer war in ihrem Gefolge und selbst die Feinde ließen sich schon sehen. In diesem Augenblick hielt Antonin ganz in der Stille und unbefangen da« Pferd an und zog sein Schwert, um dem Vater einen Hieb in den Nacken zu geben. Al« das sein Gefolge gewahrte, schrien sie auf. Er crschrack und getraute sich nicht, etwas Weitere« 1762 Cassius Dio's Römische Geschichte. zu unternehmen. SeveruS sprach aber kein Wort, sondern bestieg daS Tribunal, that ab, was er zu thun hatte und kehrte in das Feldherrnzelt zurück. Dahin berief er jetzt seinen Sohn, PapinianuS und Castor, ließ ein Schwert auf den Tisch legen und rückte ihm vor, daß er überhaupt sich einer solchen That vermessen, im Angesichts der Bundesgenossen und der Feinde einen solchen Frevel begehen wollte und schloß mit den Worten: „wenn dich durchaus die Lust treibt, mich umzubringen, so bringe mich hier um. Du hast deine volle Kraft; ich bin ein alter Mann und liege hiev. Wenn du dich aber davor nicht scheuest, und es nur nicht mit eigener Hand thun willst, so steht hier der Leibwachenobrist Papinian» dem du den Befehl mich zu tüdten geben kannst. Er wird jeden Befehl von dir, dem Gewalthaber, vollziehen.« Weiter that er ihm Nichts, obgleich er «S dem Marcu« (AureliuSj oft zum Verbrechen angerechnet hatte, daß er den Como- d«S am Leben ließ, und seinem Sohne oft mit dem Tode gedroht hatte. Er that es aber immer aus Zorn und zeigte mehr Liebe zu dem Sohn, als zu dem Staate, und ward Verräther an dem eigene» andern Sohn sdem Getaj, da er dessen Schicksal voraussehen mußte. 15. Als die Britannier sich wieder empörten, rief er seine Soldaten zusammen, hieß sie in das Gebiet derselben einfallen und Alle tödien, die in ihre Hände fallen würden, indem er mit den (bekannten) Worten schloß: — Ihrer Keiner entrinne dem grausen Verderben Eurer Hand, nicht er, den trägt im Leibe die Mutter Ungeboren, auch er entrinne nicht grausem Verderben.') ') Worte Homers aus der Zlia». 1763 SechSimdsiebzigstcs Buch. Als aber auch die Kaledonier an der Empörung der Maaten Antheil nahmen, rüstete er sich, in.Person den Feldzug gegen sie zu eröffnen. Mitten unter diesen Rüstungen raffte ihn am 4. Februar «ine Krankheit weg, Antoninus aber soll seinen Tod beschleunigt haben. Vor seinem Tode soll er noch seinen Söhnen (ich gebe seine eigenen Worte, ohne etwa- dazuzuthun) folgende Lehre gegeben haben: „Vertraget euch mit einander, bereichert die Soldaten und fragt weiter nach Niemand." Hierauf wurde seine Leiche mit allen militärischen Ehren auf den Holzstoß gebracht und durch einen Umzug der Soldaten und seiner Söhne gefeiert. Alle Anwesenden, welche Ehrenzeichen von ihm hatten, warfen sie hinein, und die Söhne zündeten das Feuer an. Hierauf wurden seine Gebeine in eine Urne aus Porphyr gesammelt, nach Rom gebracht und in der Gruft der Anionin« beigesetzt. Kurz vor seinem Tode ließ er, wie man sagt. noch selbst die Urne vor sich bringen, betastete sie und sprach: „Bald wirst du einen Mann in dir fassen, dem der Erdkreis zu klein war." 16. Er war zwar phlegmatisch, aber von starkem Körperbau, obgleich durch das Podagra etwas geschwächt; sein Geist aber war scharf und kräftig. Er war mehr ein Liebhaber, denn ein Kenner der Wissenschaften, und sein Wissen ging daher mehr in die Breite, als in die Tiefe. AIS Freund war er nicht unerkenntlich, als Feind aber sehr gefährlich. Mit größtem Eifer verfolgte er seine Plane und fragte nicht darnach, was die Welt davon sagte. So war er denn auch sehr darauf bedacht, auf jede Weise Schätze zu sammeln, nur daß er darum Keinem das Leben nahm, auch that er nicht kärglich, wenn e« galt, nothwendigen Auswand zu machen. Er ließ sehr viel« alt« Gebäude wieder herstellen und schrieb seinen Namen dar- 1764 CassiuS Dio's Römische Geschichte. auf, als ob er sie von Neuem aus eigenen Mitteln hätte auffuhren lassen. Auf den Wiederaufbau alter, oder die Aufführung neuer Gebäude, die eben nicht nothwendig waren, verwendete er viel. So baute er auch dem Bacchus und dem Herkules übergroße Tempel. Trotz diesem sehr großen Aufwande hinterließ er nicht bloß einige leicht zählbare Zehentausende, sondern einen Schatz von vielen Millionen. Denen, die locker lebten, war er sehr aussätzig und gab namentlich Gesetze gegen den Ehebruch, dessen denn auch sehr Bleie angeklagt wurden. Als Consul fand ich dreitausend solcher Prozesse anhängig. Weil diese Anklagen aber nur von Wenigen verfolgt wurden, so hielt er selbst nicht mehr strenge darauf. So sollte denn auch die Gemahlin des KaledonierS ArgentocoruS der Kaiserin Julia, als diese nach dem Friedensschlüsse sie damit aufzog, daß sie so ungebundenen Umgang mit den Männern pflögen, die treffende Antwort gegeben haben: „Viel besser befriedigen wir die Triebe der Natur, als ihr Römerinnen. Wir haben offenen Umgang mit den Besten, ihr aber lebt verstohlen mit den schlechtesten im Ehebruch." So die Britannierin. 17. Severus Pflegte im Frieden auf folgende Weise zu leben: Schon vor Tagesanbruch war er in Thätigkeit, ging dann auf und nieder, sprach in Sachen des Staates oder ließ sich berichten. Hierauf saß er zu Gerichte, wenn nicht gerade Festtag war, und benahm sich dabei aufs Beste. Er ließ die Parteien ihre Sache gehörig vertheidigen und gestattete uns, die wir mit ihm zu Gerichte saßen, unsere Meinung frei zu äußern. Dieß dauerte bis Mittag; dann ritt er aus, so lang es ihm noch möglich war. Nächst dem ging er, nachdem er sich gehörig Bewegung gemacht hatte,'inS Bad, und nahm dann entweder allein oder mit seiner Familie eine» reichlichen Imbiß ein. 1765 Sechsundsiebzigstes Buch. Nach dem Essen schlief er gewöhnlich. Wenn er erwachte, that er seine übrigen Geschäfte ab, und wohnte in einem Säulengang griechischen und lateinischen Redeübungen bei. Darüber verging der Nachmittag, dann begab er sich gegen Abend wieder in'S Bad und sodann mit seiner Umgebung an die Abendtafel. Selten zog er noch Andere bei und nur bei ganz besonderen Gelegenheiten, wo er nicht anders konnte, gab er kostbare Mahlzeiten. Sein Alter brachte er aus fünf und sechzig Jahre, neun Monate und fünfundzwanzig Tage. Sein Geburtstag war der eilfte April. Regiert hatte er siebzehn Jahre, acht Monate und drei Tage. Ueberhaupt war er so thätig, daß er noch in den letzten Athemzügen rief: „nun gebt her, wenn es noch was zu thun gibt!" Inhalt des siebenundsiebzigsten Buchs. 2« Auszug« de« LiphilinuS mit Bruchstücken des vollständigen Dio. Antoninus beginnt seine Herrschaft mit Hinrichtung sowohl Anderer, als auch seines Bruders. Kap. 1 —Z. Seine Grausamkeit gegen Paxinian, Silo und Andere. Kap. 4—6. Er eifert Alexander dem Großen nach. Kap. 7. 8. Seine Erpressungen und Verschwendungen. Kap. 9— 11 . Er handelt treulos gegen den Osrönerkönig Augarus, gegen den König von Armenien, die Parther und die Deutschen. Kap. 12. 1Z. Sr verliert «ine Schlacht gegen die Cenuer. Kap. 11. Sr sucht seine Gewissensbisse durch Beschwörung der Todten und Befragung der Orakel zu beschwichtigen. Kap. 15. Sr läßt gegen den Willen seiner Mutter Vestalinnen hinrichten und auch andere Personen; er beschimpft de» Senat. Kap. 16 — 18. Antoninus bekriegt die Parther. Kap. 19—21. Autouiuus wüthet gegen die Alerandrier. Kap. 22—24. Der I-itraum begreift sechs Jahre, in welche» Folgende konsuln waren: Nach Nach Autonin's khr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahr«. 211. 96«. Quintus SvidiuS Ruf»« Lollia- nus Gentianus und Pomponiu« I. Bassus. 4 . Febr. 1767 Casflus Dio'S Römische Geschichte »k. Nach Nach Antonin'S Shr. Erd. l>. Stadt. Regier.-Jahre. »ir. SSL. Casus Julius Asper zum zweitenmal und Casus Julius Asper. ") II. ris. 866. AntoninuS zum viertenmal und DecimuS Cölius BaldinuS zum zweitenmal. III. 114. 867. SiliuS Mesfala und SabinuS. IV. 2lS. 868. LätuS zum zweitenmal und Serealis. V. 216. 868. Casus AttiuS SabinuS zum zweitenmal uud Cornelius Anul- liuuS. VI. -I- 8. April. Siebenundsiebzigstes Buch. 1. Hierauf kam die Obergewalt in die Hände des Antonio»-. Vorgeblich herrschte er anfangs mit seinem Bruder, in der That aber sogleich allein. Er schloß Frieden mit den Feinden, räumte wieder ihr Land und verließ die neuangelegten festen Plätze. Die kaiserliche Hofhaltung entließ er entweder, und unter ihnen auch Papinianus, oder er ließ sie hinrichten, ein Loo-, da- auch seinen frühern Erzieher Eoodus und den Castor, so wie seine eigene Gemahlin Plautilla ') Im Consulnverzeichniß, wie es gewöhnlich gegeben wird. stehen: MarcuS Powponius Asper und PubliuS Asper. 1768 Casstus Dio's Römische Geschichte. und ihren Bruder PlautiuS traf. In Rom ließ er einen im Ganzen nicht angesehenen, aber durch seine Kunst sehr berühmten Mann umbringen. Die» war der Wettrenner EuprepeS, welcher zu einer von AntoninuS nicht begünstigten Bande gehalten hatte. Er war schon ein alter Mann und hatte die meisten Preise gewonnen. Seine Kronen beließen sich auf siebenhundert und zwei und achtzig — eine Zahl, auf welche noch kein Anderer gekommen war. Seinen eigenen Bruder fGetaf wollte er schon zu Lebzeiten seines Vaters ermorden, konnte es aber nicht, gehindert durch den Vater, und später auf dem Zuge aus Furcht vor den Truppe». Denn Geta war bei denselben sehr beliebt, da er seinem Vater so viel glich. Als er aber nach Rom zurückkam, mußte auch er sterben. Beide thaten zwar freundlich gegen einander und ertheilten sich gegenseitig Lobsprüche, sie arbeiteten aber in Allem einander entgegen, und es war vorauszusehen, daß es zu einerGewaltthat kommen würde; dies war auch schon vor ihrer Ankunft in Rom vorauSbedeutet. Der Senat hatte den Beschluß gefaßt, für ihre Eintracht sowohl den andern Göttern als auch der Concordia ein feierliches Opfer zu bringen. Die Opferdiener hielten das der Concordia zu schlachtende Opferthier bereit und der Consul war von Haufe weggegangen, um das Opferthier zu schlachten. Aber weder dieser'vermochte Jene, noch sie den Consul zw finden. So suchten sie fast die ganze Nacht einander, und das Opfer mußte damals unterbleiben. TagS darauf kamen zwei Wölfe auf das Capital und wurden von da vertrieben. Den Einen bekam man auf dem Markt; der Andere wurde dann außerhalb der Ringmauer erlegt. Diese Vorzeichen ergaben sich für die Brüder. 2. AntoninuS wollte nun seinen Bruder an den Saturnalien umbringen, eS gelang ihm aber nicht. Der Anschlag war zu offen Siebenundsiebzigstes Buch. 176S vorbereitet worden, als daß er hätte »»entdeckt bleiben können. Die Folge davon waren beständige Händel, als ob sie sich nach dem Leben trachteten, und gegenseitige Schutzmaßregeln. Da nun aber Soldaten und Gladiatoren ausserhalb und innerhalb des Hauses in großer Zahl den Geta bet Tag und Nacht beschützten, so überredete er fAntoninuSf seine Mutter, sie beide allein in ihre Wohnung zu bescheiden, als ob sie sich da versöhnen sollten. Geta traute und er begab sich mit ihm hinein. Wie sie aber innen waren, stürzten mehrere Centurionen, welche AntoninuS dazu beordert hatte, plötzlich herein, welche ihn, der bei ihrem Anblicke zu seiner Mutter flüchtete, an ihren Hals sich hängte und an ihre Brust sich schmiegte, unter seinem Jammerruf: „Mutter, Mutter, die du mich gebarst, hilf mir! man bringt mich um!" niederstießen. Sie, die so Getäuschte mußte den Sohn in ihrer Umarmung auf die ruchloseste Weise umkommen und den Todten ge- wißer Maßen in den Schooß, der ihn geboren hatte, zurückkehren sehen: denn sie ward ganz von seinem Blute überschüttet, so daß sie der eigenen Verwundung an der Hand nicht einmal achtete. Aber auch nicht betrauern und beweinen durfte sie den vorzeitigen, unglückseligen Tod ihres Sohnes, der nur zwei und zwanzig Jahre und neu» Monate alt geworden war, sondem mußte, als wäre ihr ein hohe- Glück begegnet, sich freuen und guter Dinge seyn: denn Alles, Reden und Winke, selbst die Farbe ihres Angesichtes waren genau beobachtet. Sie allein, die Kaiserin, eines Kaisers Gemahlin und Mutter zweier Kaiser, durfte einen solchen Verlust nicht einmal in der Stille beweinen. 3. Obgleich es schon Abend war, suchte sich AntoninuS doch erst der Soldaten zu versichern. Auf dem ganzen Wege rief er, daß man ihn umbringen wollte, und daß er in größter Gefahr sich befinde. 1770 CasfluS Dio's Römische Geschichte. Als er in das Lager trat, sprach er : „freuet euch mit mir, Soldaten, jetzt kann ich euer Wohlthäter werden." Ehe fie noch Alles hören konnten, stopfte er ihnen den Mund mit so vielen und so großen Versprechungen, daß sie keinen Gedanken der Pflicht aufkommen lassen oder aussprechen konnten. „Ich bin nur einer der Eurigen, sprach er, und wünsche nur für Euch zu leben, um Euch recht viel schenken zu können, Euer sind alle meine Schätze. Am liebste», fuhr er fort, möchte ich mit euch leben; oder wenigstens mit euch sterben! Ich fürchte den Tod überhaupt nicht; aber ich will den Tod des Soldaten sterben. Nur dort auf dem Schlachtfelde sollte der Mann sterben, sonst nirgends!" Am folgenden Tage hielt er einen Vortrag an den Senat, unter Anderem, als er schon von seinem Sitze sich erhoben hatte und an der Thüre stand, wandte er sich noch einmal um und sprach: „Fast hätte ich das Wichtigste vergessen: so härt denn, daß alle Welt sich freue: alle Verbannten, aus waS immer für einem Grunde sie ver- urtheilt seyn mögen, dürfen in die Stadt zurück!" *) Nachdem er so die Inseln von Verbannten geleert und die ärgsten Verbrecher begnadigt hatte, waren sie bald wieder von Neuem gefüllt. 4. Bon den Hofbedienten und den Soldaten, die es mit Geta gehalten hatten, wurden jetzt unverzüglich gegen zwanzig lausend hingerichtet, Männer und Weiber ohne Unterschied, wenn sie sich auch ') MajuS gibt hier Folgendes: Nachdem Antontnus in der Versammlung (awaSgro» — der Soldaten?) viel Widersinniger gesprochen halle, rief er noch: „lieber möcht' ich mit euch leben, ist das jedoch nicht möglich, für euch sterben." Früh Morgens kam er in den Senat, und entschuldigte sich, nicht weaen des Brudermords, sondern daß er wegen Heiserkeit nicht öffentlich sprechen (S-^-^og'/sa-) möge. 1771 Siebenundsiebzigstes Buch. nur einmal bei ihm im Palast« befunden hatten. Unter den Angesehenern war auch PapinianuS; ') und AntoninuS machte seinem Mörder nur den Vorwurf, daß er ihm mit dem Beil und nicht mit dem Schwerte den Kopf abgehauen hatte. Auch seinem Erzieher und Wohlthäter Cilo. der unter seinem Vater Stadtpräfekt gewesen war, und den er selbst oft Vater genannt hatte, wollte er das Leben nehmen. Die Soldaten, welche nach ihm ausgeschickt waren, plünderten auch wirklich sein Silbergeschirr, seine Gewänder und Schätze, kurz Alles, was st- in seinem Hause fanden; ihn selbst aber führten fie über die heilige Straße mit Holzschuhen an den Füßen (er war gerade im Bad), und im kurzen Unterkleids dem Palaste zu, um ihn hier vollends umzubringen. Sie rißen ihm sein Gewand ab und schlugen ihn in das Gesicht, so daß da- Volk und die Soldaten in der Stadt darüber murrten. Scham und Furcht trieben nun den AntoninuS an, ihm entgegen zu eilen und sein Oberkleid (er halte gerade das Feldgewand um) demselben umzuwerfen. „Mißhandelt mir, rief er, meinen Vater nicht, schlaget mir den Erzieher nicht!" Der KriegS- tribun, der den Befehl zu seiner Ermordung hatte, und die ihm bei- gegebenen Soldaten wurden jetzt hingerichtet, weil fie ihm das Leben hätten nehmen wollen, in der That aber, daß sie ihn nicht wirklich umgebracht hatten. S. Dem Cilo bezeigte er jetzt solche Zuneigung, ") daß er er- ') Masut gibt hier folgendes Fragment: AntoninuS erlaubte seinen Leibwachen, den Pavinian und den PetroniuS, denen sie etwas Schuld gaben, umzubringen, mit den Worten: „ich herrsche über euch, nicht über mich; und deshalb gehorche ich euch als Anklägern, wie als Richtern.« *') Ich lese nach dem ursprünglichen Text der PeireScischen Excerpte Di» CasfluS. 14S Bdchn. 6 1772 Cassius Dio'S Römische Geschichte. Härte: „wer ihm nach dem Leben stand, hatte es auf mich selbst abgesehen!" als er darob von den Umstehenden gepriesen wurde, sprach er: „nennt mich weder Hercules, noch einen andern Gott!" nicht als ob er nicht gerne ein Gott geheißen hätte, sondern, weil er sich den Götternamen nicht verdienen mochte. Zu allen seinen Handlungen trieb ihn verrücktes Ungestüm, er konnte Einen hoch erheben, und plötzlich auf die unfinnigste Weise verunglimpfen. Er ließ am Lebe», die es am Wenigsten verdienten, und verdammte Männer zum Tode, wo es Niemand in den Sinn gekommen wäre. So hatte er den Julius Asper, der überhaupt ein verdienstvoller Mann» und auch als Gelehrter und muthiger KriegSmann ausgezeichnet war, so wie dessen Söhne zu hoher Ehre erhoben und zum Oeftern die FaScen anvertraut, plötzlich aber beschimpfte er ihn auf'- empfindlichste und verwies ihn unter Schmach und gräulichen Drohungen in seine Vaterstadt. Auch den LätuS hätte er so beschimpft oder wohl gar umgebracht, wenn er nicht gefährlich erkrankt wäre; und ernannte vor seinen Soldaten seine Krankheit eine ruchlose, weil fie ihm nicht gestattete, ruchlos an ihm zu handeln. Auch den Thrasea PriScuS, einen Man», der an Geburt und Gesinnung Keinem nachstand, ließ er hinrichten, und tödtete noch viele Andere, die ihm früher befreundet waren. 6. Alle könnte ich') nicht nach ihren Namen benennen, — die angesehenen Männer, welche er ohne Urtheil und Recht hinmordete. Dio führt fie, die zu jene» Zeiten sehr wohl bekannt waren, namentlich auf; ich begnüg« mich aber, zu bemerken, daß er Jeden, er mochte rä» Lt'ö.a>»a «osvüro» ö ^ , da er sich durch das Nachfolgende rechtfertigt. Er war von R. in rö» LH»a roaovr»» ö ^ ä^a«a» äoxkü- Hoo-äro verändert worden. ') Hier spricht, ausnahmsweise, einmal Liphiliuu«. 1773 Siebenundfiebzigstes Buch. schuldig seyn, oder nicht, wie es ihm einfiel, mit dem Tod« befirafte, und so die Stadt Rom verstümmelte, indem er sie ihrer würdigen Männer beraubte. (Er gehörte drei Nationen an, hatte jedoch von ihren Vorzügen Nichts, aber alle ihre Fehler: von Gallien die Leicht« fertigkeit, die Feigheit und den Uebermuth, von Afrika die wilde Roh- heit, von Syrien, dem er von mütterlicher Seite angehörte, die Hinterlist.) Von den Hinrichtungen ging er auf die Spiele über, ohne jedoch auch hier seine Mordgier zu verläugnen. Daß er einen Elefanten, ein Nashorn, einen Tiger und ein Tigerpferd auf dem Theater erlegen ließ, möchte man weniger in Anschlag bringen; aber auch an dem Blute der Gladiatoren weidete er sich: Einen (er hieß Baton), zwang er an einem Tage mit drei Gegnern zu kämpfen; als er dem Dritten unterlag, ließ er ihm ein feierliches Leichenbegängniß halten. 7. In den Alexander war er so vernarrt, daß er Waffen und Pokale, die ihm angehört haben sollte», gebrauchte und viele Standbilder von ihm in den Lagern sowohl als in Rom selbst aufstellen ließ, auch eine Phalanx aus lauter Macedvniern, die sechszehen tausend Mann stark war, errichtete, und sie die Alerandrtsche benannte, ihr auch dieselben Waffen gab, deren sie sich unter Alexander bedienten. Diese bestanden in einem Helm aus rohem Büffelleder, einem drei« fädigen Panzer, einem ehernen Schild, einer langen Lanze mit kurzer Spitz«, Schuhen und einem Schwert. Er begnügte sich jedoch nicht damit, sondern nannte ihn noch den August de« Morgenlande-. Einmal schrieb er an den Senat, er habe sich in den Körper des August herabgelassen, damit er, da er nur kurze Zeit lebte, noch länger leben könnte. Auf die sogenannten aristotelischen Philosophen warf er «inen so bittern Haß, daß er die Schriften ihres Meister« wollte verbrennen lasse», ihnen dir gemeinschaftliche freie Tafel, die stein 6 * 1774 Casfms Dio's Römische Geschichte. Alerandrien hatten, nebst ihren weiteren Genüssen, nahm, weil er e« ihnen zur Last legte, daß Aristoteles angeblich an dem Tode Alexanders mitschuldig gewesen. So weit Antonin in Bezug auf Alexander. Er zog auch überall mit einer Menge Elefanten herum, um auch hierin den Alexander, oder vielmehr den Bacchus nachzuahmen. 8. Seine Vorliebe für Alexander trug er auch auf die Mace- donier über, so daß er einmal einen Kriegstribun aus Macedonien lobte, weil er so flink sich auf'S Pferd schwang, und ihn dann fragte: woher bist du? Auf die Antwort, daß er ein Macedonier sey. fragte er weiter: „wie heißt du?" „AntigonuS." „Wie hieß dein Vater?" Als es fich fand, daß dieser PhilippuS hieß, sprach er: „Ich weiß Alles, was ich wollte." Sogleich ließ er ihn durch die übrigen Heergrade vorrücken und nahm ihn gleich darauf unter die Senatoren mit Prätorenrang auf. Ein Anderer, der in Macedonien Nichts zu schaffen hatte, aber ein arger Bösewicht war und dessen Sache durch Berufung vor ihn, den Kaiser, gebracht war, hieß Alexander und als der Redner immer die Worte „der vermaledeite Alexander, der den Göttern verhaßte Alexander" gebrauchte, .gerieth er in Zorn, als ob das ihm selber gälte und rief: „wenn du den Alerander nicht aus dem Spiel« läßt, so sind wir fertig mit dir." 9. Diese Vorliebe für Alerander machte auch, daß AntonimiS immer viel Truppen auf den Beinen hatte, indem er bald diesen, bald jenen Vorwand, bald diesen, bald jenen Krieg vorschützte. DaS Schlimmste bei ihm war aber, daß er nicht nur gerne große Summen an die Soldaten verschwendete, sondern auch in allen andern Dingen kein Maß halten wollte, und zu diesem Zwecke nicht nur alle andern Römer plünderte, sondern auch und hauptsächlich die Senatoren auS- ßusaugm suchte. Denn außer den goldenen Kronen, welche er für 1773 Siessenundsiebzigstes Buch. seine Siege, die er immer über die Feinde erfochten haben wollte, verlangte (ich meine hier nicht die wirklichen Kronen, die eine Kleinigkeit gewesen wären, sondern die großen Summen Geldes sdaS Kronengolds. welche die Städte unter diesem Titel den Kaisern zu geben pflegten); außer den Lieferungen, die wir für ihn theils umsonst, theils sogar mit eigenen Kosten beitreibe» mußten, und die er alle an die Soldaten verschenkte oder auch öffentlich wieder losschlug; außer den Geschenken, die er von den reichen Privatleuten und den Städten erbettelte; außer den Zöllen und den neuen Auflagen, außer dem Zehnten, den er statt des Zwanzigsten auf alle Freilassungen von Sklaven, aus Erbschaften und Schenkungen legte, indem er die Erbfolge ohne Testament und die in solchen Fällen statt findende Befreiung der nächsten Verwandten der Sterbenden von allen Abzügen aufhob, außer dem Bürgerrechte, das er allen Unterthanen des Römischen Reiches, wie es schien zur Ehre, in der That aber in der Abficht^ver, lieh, um auch dadurch seine Einkünfte zu vermehren, weil die Nicht- bürger viele dieser Abgaben nicht zu entrichten hatten; außer all diesem mußten wir ihm, so oft er von Rom verreiste, mitten auf Stationen, die er machte, und wenn ste auch noch so kurz waren, Gebäude aller Art und kostspielige Absteigequartiere, in denen er nie wohnte und die er auch nie zu Gesichte bekam, aufführen lassen. Ebenso mußten wir an den Orten, wo er überwinterte, oder zu überwintern hoffte, überall Amphitheater und Rennbahnen ohne seine Unterstützung Herrichten lassen, die denn jedesmal wieder abgebrochen wurden. ES geschah also blos, um un» aufzureiben. 1V. Er selbst verwendete sei» Geld, wie ich schon berichtete, auf die Soldaten, auf wilde Thiere und Pferde. ES wurden immer sehr viele wilde, auch zahme Thiere, die wir ihm meist auf seinen 1776 Cassius Div's Römische Geschichte. Befehl liefern mußten, und er selbst nur selten herbeischaffte, erlegt. Einmal tödtete er hundert wilde Eber mit eigener Hand. Als Wett- fahrer erschien er im Venetischen Gewand. In Allem, was er that, war er äußerst hitzig und leichtfertig. Hierzu kam noch die Verschmitztheit von seiner Mutter und den Syrern, von denen sie abstammte. Zum Kampfrichter machte er einen seiner Freigelassenen oder irgend einen reichen Mann, um auch hierin Andere in Kosten zu versetzen. Er salutirte sie mit der Peitsche von unten und bat wie der niedrigste Wettfahrer um Golvmünzen. Er sagte, er ahme beim Wettfahren den Sonnengott nach und that sich etwas darauf zu Gut. So wurden während seiner ganzen Regierung die Provinzen des Reiche« ausgebeutet, so daß die Römer einmal an der Rennbahn unter Anderem riefen: „Wir müssen die Lebendigen tödten, um die Todten zu begraben!" Er äußerte oft: „Niemand darf Geld haben außer mir, daß ich den Soldaten geben kann." Als ihm Julia einmal Vorstellungen machte, daß er so viel auf jene verwende, und sagte: «so bleibt uns ja am Ende weder eine gerechte noch ungerechte Schätzung übrig;" antwortete er, indem«aufsein Schwert wies: „sei unbesorgt, Mutter, so lang wir dieses haben, gebricht eS uns nicht an Geld." 11. Aber auch an seine Schmeichler verschenkte er Gut und Geld. Julius PaulinuS, der früher Eonsul gewesen war, ein Lästermaul und Spötter, verschonte selbst das Kaiserhaus nicht, so daß ihn SeveruS in freierem Gewahrsam hielt. Als er aber selbst hier noch auf die Kaiser spottete, ließ ihn SeveruS vor sich rufe» und schwor, daß er ihm wollte den Kopf abschlagen lassen. Er antwortete: „das kannst du, so lang ich ihn aber habe, kannst weder du, noch ich denselben in Ordnung halten." SeveruS lachte und gab 1777 Siebenund siebzigstes Buch. ihn wieder frei. Antoninus nun entbot denselben gleichfalls vor sich und erlaubte ihm, auf ihn Verse zu machen. Er aber bemerkte sehr fein: daß er immer aussehe, als ob er im Zorne wäre. Das sagte er im Spott, schmeichelte ihm aber damit sehr, er wollte nämlich immer hart, wild und furchtbar erscheinen. Deswegen schenkte er ihm auch zweimalhunderttausend Drachmen. Für die Wissenschaft hatte er keinen Sinn: denn er hatte, wie er selbst gestand. Nichts gelernt. Deshalb behandelte er auch diejenigen von uns, die er als Freunde der Wissenschaft kannte, mit Geringschätzung. Zwar hatte Severus bei seiner Erziehung Nichts verabsäumt, was zur Kräftigung seine« Charakters sowohl als seines Körpers beitragen konnte, so daß er selbst noch als Kaiser mit Lehrern Umgang hatte und einen großen Theil des Tages Philosophie studirte, sich der trockenen Salbung bediente, einen Ritt von siebenhundert und fünfzig Stadien machte und sich selbst bei heftigem Wellenschlag im Schwimmen übte. Körperlich erstarkte er denn auch; seine wissenschaftliche Bildung aber zerrann ihm in solchem Grade, daß es schien, als hätte er sie auch nicht dem Name» nach gekannt. Es fehlte ihm jedoch keineswegs an Fertigkeit im Ausdruck und an Urtheil; vielmehr faßte er schnell und wußte sich fertig auszudrücken. Obgleich er Alles, was ihm in den Sinn kam, mit kecker Vorschnelligkeit, ohne sich zu besinnen, heraussagte und sich nicht scheute. Alles zum Besten zu geben, so traf er doch oft den rechten Punkt. Weil er aber seinem Urtheil zu viel vertraute, that er manchen Mißgriff: denn er wollte nicht nur Alles wissen, sondern auch allein wissen, nicht nur Alle« vermögen, sonder» auch allein vermögen. Deshalb zog er auch Niemand zu Rath und beneidete solche, welche irgend welche Verdienste hatten. Er liebte nie Jemand, sondern haßte Alle, welche sich aus- 1778 Casstus Dio's Römische Geschichte- zeichneten, am meisten aber diejenigen, welchen er am meisten Zuneigung bezeigte, und suchte ste auf die eine oder die andere Weise zu Grund zu richten- Auch ließ er Viele geradezu umbringen; Andere schickte er in Provinzen, die ihnen nicht zusagten und wegen ihres ungünstigen Klima's mit ihrer Leibesbeschaffenheit fleh nicht vertrugen, und schaffte so diejenigen, die er nicht leiden konnte, unter dem Scheine hoher Auszeichnung aus dem Wege, indem sie dem Uebermaß der Hitze oder der Kälte erliegen mußten. Wieder Andere ließ er zwar nicht tödten, drückte ste aber dergestalt, daß ste an den Bettelstab kamen. *) 12- Dies war sein Charakter im Ganzen genommen; wie er sich im Kriege benahm, blecht uns noch zu berichten übrig. sDer König Augarus erlaubte sich, als er seine Stammgenoffen unterworfen hatte, gegen die Vornehmen jederlei Grausamkeit. Vorgeblich wollte er ste zu römischen Sitten zwingen, in der That aber um sie seine Herrschergewalt in vollem Maße fühlen zu laffcn.j ") Er sCaracallaj hatte den König der OSroener, AugaruS berückt, daß er zu ihm als einem Freunde kam, ihn dann festgenommen und gefangen gesetzt- das Osroenische Gebiet aber, seines KönigS beraubt, in Besitz genommen. Den König der Armenier aber, der mit seinen eigenen Söhnen zerfallen war, beschied er in einem freundschaftli- Da das im Tert stehende »^chovoSc» keinen Sinn gibt, so übersetzte ich in Ermangelung eines bessern war« x«l S-u, auf welches ReimaruS rieih. Der Lateinische Ueber- setzec scheint wäre x«l »oXa^oösAar gelesen zu haben, da er ut psrto sliyus oorporis ckebilitgrentur übersetzt. Ein PeirescticheS Fragment, das mit dem Folgenden nicht in unmittelbarem Zusammenhang steht. 1779 Siebenundsiebzigstes Buch. chen Schreiben vor sich, als ob er sie versöhnen wollte, und that ihnen, wie er dem Augarus gethan hatte. Die Armenier aber unterwarfen sich ihm nicht, sondern griffen zu den Waffen, und Niemand traute ihm weiter, so daß er durch die Erfahrung lernte, wie wenig Vortheil es einem Fürsten bringt, wenn er gegen seine Freunde hinterlistig ist. sEr that sich viel darauf zu Gute, daß, nach dem Tode des Partherkönigs Vologäius, dessen Söhne mit einander um die Herrschaft kämpften, als ob, was bloßer Zufall war, durch sein Zuthun geschehen wäre; solches Gefallen hatte er an dem Vorgänge selbst, an der Zwietracht der Bruder, und daß sich Fremde untereinander mvrdeten.j Auch versäumte er nicht, dem Senat über Par- thienS Könige zu schreiben, daß die Bruder unter kch im Streite liegen, und daß durch diesen Brüderzwist das Gemeinwesen der Parther sehr zu Schaden komme; als ob die Macht der Barbaren dadurch vernichtet werden könnte, die der Römer aber dabei gewinne und nicht Vielmehr zu Grunde gehe, nicht blos darum, daß er zu großem Nachtheil für den Staat den Soldaten einen so großen Lohn für die Ermordung seines Bruders zahlte, sondern auch daß so Viele, die an Geta als Thronfolger oder als Mitkaiser geschrieben oder Geschenke dargebracht "), ja sogar Andere, die Nichts mit ihm zu thun gehabt hatten, angeklagt wurden. Wenn Einer Geta's Namen auch nur geschrieben oder ausgesprochen hatte, so war er alsbald verloren. Selbst die Dichter wagten es nicht mehr diesen Namen ") in ihren Lustspielen zu gebrauchen: auch Aller Vermögen, die in ihren Testamenten seinen Namen nannten, wurde eingezogen. ') Statt des im Texte stehenden lese ich auf den Vorschlag Reimars öa>ßo->opi/oa»rrr. ") Geta war ein alter Sklavenname des Lust'piels. 1780 Cassius Dio's Römische Geschichte. sVieleS that er auch nur, um sich Geld zu machen. Seinen Haß gegen den verstorbenen Bruder zeigte er auch durch Aufhebung der Feier seines Geburtstages und denen, die sein Biloniß trugen, grollte er, und die Münzen, die sein Brustbild enthielten, ließ er einschmel- zcn. Damit begnügte er sich noch nicht, sondern erlaubte sich zu dieser Zeit selbst die größten Frevel und zwang die Andern zu Mordthaten , als wollte er damit den Manen seines B.'Uders ein Opfer bringen.j 13. Zu Nothfällen und dringenden Feldzügen war er genügsam und verschmähte jeglichen Ueberfluß, versah die niedrigsten Felddienste und unterzog sich allen Strapatzen gleich den Uebrtgen. Er zog mit den Soldaten zu Fuße, lief mit ihnen, ging nicht in'« Bad, wechselte die Kleider nicht, theilte alle Arbeit mit ihnen, genoß die gleiche Kost und ließ oft die ausgezeichnetsten Krieger unter den Feinden zum Zweikampfe herausfordern. Desto schlechter versah er das Feldherrnamt, als ob von jenen Soldatendiensten und nicht vom Geschicke des Führers der Sieg abhinge. sAm wenigsten fanden jedoch die keltischen sdeutschenj Völker an seinem Hang zur Wollust, seiner anscheinenden Weisheit und Tapferkeit Gefallen, sondern nannten ihn offen einen Betrüger, Thoren und Feigling. Bei einem Feldzuge gegen die Alemannen') nämlich ließ er überall, wo er einen Punkt fand, der sich zum Anbau eignete, Schanzen anlegen, und nannte die Orte nach seinem Namen, ohne daß die Eingeborenen sich dagegen setzten: denn sie wußten es theils nicht, theils hielten sie es für bloße Kinderei. Diese Gleichgültigkeit ließ ihn die Leute verachten, und er behandelte sie, denen er zu Hülfe gekommen ') Alambannen schreibt Dio. 1781 Siebenundsiebzigstes Buch. seyn wollte, schlimmer, als er den ärgsten Feinden hätte thun können. Er berief ihre junge Mannschaft zusammen, als wollte er sie in Sold nehmen, ließ sie, indem er als verabredetes Zeichen den Schild erhob, umringen und nieder machen, die Uebrigen aber durch ausgeschickte Reiter aufgreifen. Einen gewissen Pandion, der früher bei den Wettfahrern Stallknechtsdienste versehen hatte, jetzt im Kriege gegen die Alemannen sein Kutscher und sonach sein guter Freund und Waffengenosse war, belobte er in einem Schreiben an den Senat, indem er vorgab, er hätte ihn aus einer drohenden Lebensgefahr errettet, und entblödete sich nicht» ihm größere Gunst als selbst den Soldaten, die er immer sogar uns sTenatorenj vorzog, zu bezeigen. Die angesehensten Männer, die er hinrichten ließ, befahl er »»beerdigt hinzuwerfen. Das Grabmal des Sylla ließ er aufsuchen und wiederherstellen, und dem Mesomedes, welcher Lieder zur Cither geschrieben hatte, ein Kenotaph errichten; diesen ehrte er, weil auch er die Cither spielen lernte, Jenen, weil er ihn in der Grausamkeit zum Vorbild nahm. 14. Auch gegen die Cennen, ein keltisches Volk führte er Krieg. Diese sollen mit solcher Erbitterung die Rönrer angefallen haben, daß fie die Pfeile, welche die Osroener auf fie schoßen, mit den Zähnen aus dem Fleische zogen, um nicht ihre Hände in dem Niedermetzeln derselben zu behindern. Jedoch ließen sie sich den Steg um vieles Geld abkaufen, und gestatteten ihm, sich nach Deutschland zu reiten. Die Frauen dieser und sder Alemannenj welche gefangen genommen wurden, ließen sich nicht als Sklaven behandeln. Ms fie Antonin fragte, ob sie lieber verkauft als getödiet werde» wollten, wählten sie letzteres. Als fie aber dennoch verkauft wurden, tödteten sich Alle selbst, und Einige noch ihre Kinder.' Mehrere 1782 Casstus Dio's Römische Geschichte. Völkerschaften, welche an dem Ozean um die Elbemündungen wohnten, ließen ihm durch Gesandtschaften ihre Freundschaft anbieten, um Geld von ihm zu erhalten. Denn da er sich auf diese Weise benahm, machten sich Viele an ihn heran und drohten ihm mit Krieg, und er fand sich mit ihnen ab. Wenn sie denn auch wider Erwarten von ihm angelassen wurden, so unterwarfen sie sich doch, wenn sie die Goldstücke sahen. Ihnen schenkte er die ächten, während er in Rom nur gefälschtes Gold und Silber in Umlauf setzte: die Silbermünzen waren übersilbertes Blei, die Goldmünzen übergoldetes Erz, fAntoninuS schalt auf Alle und warf ihnen vor, daß sie ihn um Nichts baten und äußerte sich gegen Alle folgender Maßen: es liegt am Tage, daß ihr den Muth nicht habt, weil ihr mich um Nichts bittet; habt ihr aber den Muth nicht, so beargwohnt ihr mich; beargwohnt ihr mich, so fürchtet ihr mich; fürchtet ihr mich aber, so haßt ihr mich. Dies nahm er zum Vorwand. um den Leuten beizu- kommen.f ') t5. fEr trug die schändlichsten Handlungen, als wären sie edel und lobenswerth, ganz offen zur Schau; andere kamen durch die Maßregeln, die er zu ihrer Verheimlichung traf, zu Tage, wie dies in der Geschichte mit den Münzen geschah, Ueberall, zu Land und zu Wasser plünderte er und Nichts blieb vor ihm verschont. Die Zaubergesänge der Feinde hatten ihn verrückt und wahnsinnig gemacht. Als dies einige Alemannen hörten, so sagten sie aus, daß sie wirklich Zaubereien angewendet hätten, um ihn vom Verstände zu bringen,! Er war auch wirklich nicht körperlich gesund und hatte ') Dieses Fragment des MajuS dürfte hier etwa seine Stelle finden. 1783 Siebmundsiebztgstes Buch. offen« und geheime Schäden; er litt aber auch geistig an schlimmen Gebilden der Phantasie, und oft war ihm, als würde er von seinem Vater und seinem Bruder mit Schwertern verfolgt. Um sich davon zu befreien, ließ er unter mehreren andern auch die Seelen seines Vaters und des CommoduS beschwören. Keines aber gab ihm Bescheid, außer Eommodus. sMit Severus erschien ihm, wie man sagt, ungerufen auch Geta. Allein auch Jener") sagte ihm nichts Tröstliches, sondern jagte ihm nur größern Schrecken ein. Er sprach nämlich Folgendes : Tritt zur Sühn' svor die Götter, zu der für Sever sie dich fordern.) Dann sprach er Weiteres und schloß mit Folgendem: — an heimlichem Ort mit unheilbarer Krankheit behaftet. Darüber, daß diese Worte unter das Volk kamen, wurden Viele angefochten. Ihm aber gab keiner der Götter, obgleich er sich an die wichtigsten wandte, eine Antwort, die seinem Leib oder seiner Seele Heilung brachte — der deutlichste Beweis, daß sie nicht auf seine Weihgeschenke und Opfer, sondern auf seine Gesinnungen und Hand« lungen achteten. Denn weder Apollo Grannus, *') noch Aesculap, noch Serapis, obgleich er inbrünstig und flehentlich zu ihnen betete, halfen ihm. Auch aus der Fern« sandte er Gelübde, Opfer und Weihgeschenke an dieselben. Immer waren Leute unterwegs, die bald dem Einen, bald dem Andern für ihn Geschenke bringen mußten. Er kam aber auch persönlich, in der Hoffnung, durch seine Gegenwart etwas mehr auszurichten, und that Alles, was die eif- ") Eommodus. ") Ein romanksirter Alemannischer Gott; ihm geweihte Altäre fand man auf dem Schwarzwald, namentlich in der Gegend von Baden, der Colonie des Caracalta. Red. 1784 Cassius Dio's Römische Geschichte. rigsten Verehrer nur immer zu thun vermögen. Allein er konnte Nichts für seine Heilung erzielen. 16 . Während er jedoch der Frömmste unter den Sterblichen seyn wollte, beging er die gräßlichsten Mordthaten. jEr ließ vier Vestalinne» das Leben nehmen, von denen er mit Gewalt Eine, so weit er noch selbst konnte, geschändet hatte. Zuletzt nämlich versagte ihm alle Kraft zum Liebesgenuß; weßhalb er, wie man sagte, sich durch ein anderes Laster zu entschädigen suchte. Seinem Beispiele folgten dann auch Andere seines Gelichters, und nahmen keinen Anstand es zu gestehen; ste behaupteten vielmehr, Antonins Gesundheit damit ein Opfer zu bringen. Ein junger Römer vom Ritterstand hatte eine Münze mit *1 seinem Bild in ein Freudenhaus mitgebracht, wofür er denn damals, um mit dem Tode bestraft zu werden, in Gewahrsam kam. Weil Antonin aber noch vorher starb, ward er wieder in Freiheit gesetzt.^ Die Jungfrau, von der ich spreche, hieß Clodia Läta. Laut rufend: Antonin weiß selbst, daß ich noch Jungfrau bin, shat selbst erprobt, daß ich keusch bin,j ward fi« lebendig begraben. jJn gleiche Verdammniß mit ihr kamen noch drei andere, von denen zwei Aurelta Severa und Pomponia Rustna einen gleichen Tod starben; Canutia CreScentina dagegen stürzt« sich oben vom Hause herab. sAls Antonin die Cornistcia umbringe» lassen wollte, erlaubte er ihr als Auszeichnung, fich selbst ihr« To- deSart zu wähle». Sie weinte lange» gedachte ihres Vaters Mar- cu«, ihres Großvater« Antoninus Muss, ihres Bruders CommoduS und schloß dann mit den Worten: „o arme Seele, in dem armseli« *) Jch lese statt mit Reim. »o^iiopa eH» «ixuxa a»'eo* »c «. ecy»«?»«-. 1785 Siebenundsiebzigstes Buch. gen Körper eingeschlossen, tritt heraus, werde frei und zeige der Welt, wenn ste's auch nicht sehen will, daß du des MarcuS Tochter bist!" damit legte sie all den Schmuck ab, den sie an sich trug, brachte sich in gehörige Verfassung und starb, indem sie sich die Adern öffnen ließ.)*) — Mit den Ehebrechern verfuhr er äußerst streng. Er, der schändlichste Verbrecher von der Welt, so lang er die Kraft dazu hatte, verfolgte die Andern, welche diese» Vergehens beschuldigt wurden, und bestrafte sie gegen alles Recht und Herkommen mit dem Tod. Er, der allen rechtschaffenen Männern grollte, that dennoch nach ihrem Tode dergleichen, als ob er sie ehren wollte. Hierauf kam Antoninus nach Thracien, ohne sich weiter um Dacien zu kümmern, setzte nicht ohne Gefahr über den HelleSpont, brachte dem Achilles ein Todtenopfer und hielt mit seinen Soldaten ihm zu Ehren einen kriegerischen Umzug. Dafür gab er ihnen, als hätten sie eine wichtige Großthat ausgeführt, als hätten sie selbst das alt« Jlium erobert, Geschenke und ließ dem Achilles ein ehernes Standbild er- richten.s sAls Antonin nach Pergamus kam, trug er sich mit einem Verse aus einem vermeintlichen Orakel: „Das Telephische Land ein AusonischeS Thier wird betreten." Und er freute sich, daß er ein Thier genannt ward, bildete sich Viel darauf ein und brachte Viele um'S Leben. Indessen lachte der Verfasser des Verses und sagte, daß er ihn gemacht habe, und äußerte, daß Niemand sterbe, ohne daß ihm das Schicksal es so bestimmt habe. DaS Sprichwort ging aber in Erfüllung: dem Lügner und Betrüger glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.) '1 *) Hieher etwa gehört das Fragment des Maju«. "1 So übersetzte ich das wohl in tieseS Kapitel gehörige, etwa« unverständliche Fragment des Maju«. 1786 Cassius Dio's Römische Geschichte. 17. Recht sprach er selten oder nie, die meiste Zeit gab er sich mit andern Dingen, besonders aber mit Neuigkeitskrämereten ab. lleberall her wurde ihm Alles, selbst das Geringfügigste, zugetragen. Deshalb gab er auch den Befehl, daß die Soldaten, welche seine Horcher und Späher machten, von keinem Andern, als von ihm bestraft werden durften. Das aber war sehr nachtheilkg: denn so ihrannistrten sie selbst uns. Das Schimpflichste und Unwürdigste für den Römischen Senat und das Volk war aber, daß sogar ein Verschnittener, s.iner Herkunft nach ein Hispanier, Sempronius Rufus, der sich mit Giftmischerei und Zauberkünsten abgab (weshalb er von Severus auf eine Insel verbannt worden war), den Herrn über uns spielte. Kr sollte aber bald darauf dafür büßen, so wie alle Anderen, welche die Angeber machten. Antoninus ließ uns sagen, daß er gleich nach Tagesanbruch Gericht halten, oder ein andere- Staatsgeschäst .abthun wollte, und hielt uns so über den Mittag, oft bis an den Abend hin, während er uns nicht einmal in den Vor- hof aufnahm, sondern außen stehen ließ. Wenn es dann Abend wurde, so gefiel eS*ihm nicht einmal, uns zu grüßen. Während dieser Zeit aber beschäftigte er sich, wie schon berichtet wurde, mit Zuträgereien, hielt Wettrennen, Thierhetzen, trat als Gladiator auf, trank und berauschte sich; den Soldaten aber, welche die innere Wache bei ihm hatten, kredenzte er, außer dem daß er ihnen Gßwaa- ren sandte, volle Becher, und schickte ihnen, während wir zugegen waren und Alles mit ansahen, Pokale umher. Hierauf saß er denn noch zuweilen zu Gericht. 18. Dies that er in den Winterquartieren in Nicomedien, wo er auch seine macedonische Phalanx übte, und zwei ungeheure Maschinen für den Armenischen und den Parthischen Krieg bauen ließ, 1787 Siebenundsiebzigstes Buch. um sie, auseinander gelegt, auf Schiffen nach Syrien bringen zu lassen. Im Uebrigen beging er Mordthaten und andere Gesetzwidrigkeiten und verpraßte die StaatSgelver, ohne auf die vernünftigen Vorstellungen seiner Mutter, in diesen so wie in andern Stücken zu hören, obgleich er ihr die Annahme und Beantwortung von Zuschriften und Briefen in lateinischer und griechischer Sprache, die wichtigsten ausgenommen, überlassen hatte, und ihrer in seinen Berichten an den Senat neben sich und den Soldaten namentlich mit Versicherung ihres Wohlseins unter vielen Lobsprüchen gedachte. Zch brauche nicht weiter zu erwähnen, daß sie alle die ersten Männer des Staates, gleich ihm, öffentlich bei sich empfing. Reben alle» diesen Beschäftigungen gab sie sich mit noch regerem Eifer philosophischen Betrachtungen hin. Er aber rühmte von sich, daß er nur seine nöthigsten Bedürfnisse befriedige und sich mit der einfachsten Kost begnügen könnte, worauf er sich noch viel zu gute that. Zwar mußten wir ihm einzeln oder gemeinschaftlich Alles, was zu Land, im Wasser oder iw der Lust aufzutreiben war, herbeischaffen. DaS Wenigste davon kam aber an seine Freunde in seiner Umgebung: denn er wollte überhaupt nicht mehr mit uns (Senatoren) speisen; das Meiste ging in Gesellschaft seiner Freigelassenen auf. An Zauberern und Gauklern fand er solches Gefallen, daß er den Cappa- docier ApolloniuS (von Tyanas, der unter Domitian in besonderem Rufe der Magie und Zauberei gestanden, öffenilich lobte und ehrte, und ihm sogar eine Kapelle erbauen ließ.") *1 Sein Leben wurde auf Befehl der Julia Domna, der Mutter Caracalla's, von PhilostratuS verfaßt. Di, Lasstut. 11s Bdchn. Red. 7 1788 Cassius Dio's Römische Geschichte. 19. Alt Verwand zu seinem Feldzuge gegen die Parther mußte dienen, daß VologäsuS den TeridateS und einen gewissen An- tiochus auf sein Verlangen nicht ausgeliefert hätte. Dieser Antio- chus war ein Ueberläufer, aus Cilicien gebürtig, der zuerst den cynischen Philosophen spielte, und als solcher für das Heer im Kriege von großem Nutzen ward. Als sich nämlich die Soldaten über die übergroße Kälte gewaltig beschwerten, machte er ihnen Muth, indem er sich in den Schnee stürzte und sich darin herumwälzte, wofür er vom Severus selbst und von Antoninus viel Geld und Auszeichnung erhielt. Dadurch übermüthig geworden, schloß er sich an TeridateS an und ging mit ihm zu dem Partherkönig über. Vor seinem Ausbruch au- Nicomedien gab Antoninus dort an seinem Geburtstage Gladiatorenspiele. Denn selbst an einem solchen Tage mußt« er Blut stießen sehen. Hier soll er, als ein Besiegter ihn flehentlich um sein Leben bat, geantwortet haben: „geh und bitte deinen Gegner darum; ich darf dir das Leben nicht schenken." So mußte der Unglückliche, den vielleicht sein Gegenkämpfer ohne diese Aeußerung des Kaisers am Leben gelassen hätte, sterben: denn dieser wagte es nicht, ihm da- Leben zu schenken, um nicht menschenfreundlicher als Jener zu erscheinen. 20. Unter solcher Kurzweile und Schwelgeret in Aniiochien, über der ihm endlich jede- Härchen am Kinne schwand, beklagte er sich noch über Strapazen und Gefahren, die er zu bestehen habe, machte dem Senat unter Anderem zum Vorwurf, daß er es sich so bequem mache, sich nicht fleißig versammle und Mann für Mann abstimme, und schloß mit den Worten: „Ich weiß wohl, daß ich euch nicht so recht nach Gefallen thue." Dafür halte ich Soldaten unter den Waffen, daß ich mich an da- Gerede der Leute nicht zu kehren 1789 Sieienundsiebzigstes Buch. brauche. sAntoninuS setzte sich selbst in ein schlimme» Licht, daß er sagte, er habe dem Trotz, der Unersättlichkeit und Treulosigkeit der Celten, die durch Gewalc nicht bezwungen werden konnten, durch List obgesiegt. Er, der den Fabriciu» LuScinu» lobte, daß erden Pyrrhu» nicht durch seinen Freund meuchlings wollte tödten lassen, brüstet« sich damit, daß er die Vandalen und die Marcomannen, welche früher befreundet waren, hinter einander gehetzt, und den Quadenkönig Ga- jobomaru», der bei ihm verklagt worden war, umbringen ließ, und die Leiche von Einem seiner Begleiter und Mitangeklagten» der sich erhenkt hatte, den Barbaren noch zu verwunden erlaubte, damit e- den Anschein erhalte, als sey er als verurtheilter Verbrecher und nicht eine« freiwilligen Tode- (was bei ihnen ehrenvoll ist) gestorben. Auch den CäciliuS AemilianuS, welcher Statthalter in Bälica war, ließ er hinrichten, weil er da» Orakel des Gaditanischen Hercules zu Rath« gezogen habe.) 2t. Als der Parther aus Furcht den TeridateS und Antiochu» auslieferte, stand er sogleich von dem Feldzuge ab, schickt« aber den Theokrit mit einem Heere gegen die Armenier, welche diesem eine empfindliche Niederlage beibrachten. Dieser TheokrituS war der Sohn eines Sklaven und für theatralische Tänze erzogen, sAntoni« nu» hatte bei ihm tanzen gelernt; dem SaoteruS hatte er aber al- Lustknabe gedient und wurde sodann auf da» Römische Theater gebracht. Als er hier keinen Beifall ärntete und Rom verlassen mußte, wandte er sich nach Lugdunum, wo er dann minder ekle Zuschauer fand. Au« einem Sklaven und Tänzer war er sofort Offizier, und selbst Leibwachenobrist geworden.) Bei AntoninuS erhielt er solchen Einfluß, daß die beide» Leibwachenobristen gegen ihn Nichts heißen wollte». Zu gleichem Einflüsse mit ihm gelangte auch Epagatho«, 1790 Cassius Dio's Römische Geschichte. der gleichfalls kaiserlicher Freigelassener war, und beging dieselben Ungerechtigkeiten. TheocrituS durchstöberte Alles, um Bedürfnisse für das Heer herbeizuschaffen und aufzukaufen und dann wieder zu verschachern, wobei er Viele umbringen ließ, unter denen sich auch FlaoiuS TitianuS befand. Dieser, Oberetunehmer in Alerandrien, hatte ihn beleidigt. Er fuhr von seinem Sitze gegen ihn auf und , zückte da« Schwert, worauf TitianuS sprach: „auch hier hast du wieder den Tänzer gespielt." Dieser wurde darüber so aufgebracht, daß er ihn umzubringen befahl. 22. So große Vorliebe Antoninus auch für Alexander bezeigte, so hätte er doch die Bürger der von ihm gegründeten Stadt beinahe alle vertilgt. Er hörte, daß sie sich Tadel und Spott sowohl wegen anderer Dinge als auch besonders wegen seines Brudermordes gegen ihn erlaubten und zog nach Alerandrien, indem er seinen Groll verbarg und ein Verlangen nach dieser Stadt bezeigte. Als er in die Vorstadt kam, so nahm er die Großen, welche ihn unter einigen heiligen Feierlichkeiten bewillkommten, gütig auf, als wollte er sie an seine Tafel ziehen, ließ aber alle niedermachen. Hierauf ließ er sein ganzes Heer bewaffnen, und fiel mit ihm in die Stadt ein, befahl allen Einwohnern zu Hause zu bleiben, besetzte alle Straßen, selbst die Dächer, und ließ (um nicht alle die Drangsale, welche die unglückliche Stadt betrafen, inS Einzelne zu verfolgen) so viele Menschen hinwürgen, daß er sich nicht getraute, die Zahl derselben anzu- § geben, sondern blos dem Senate schrieb, es sey gleichviel, wie viele oder welche den Tod gefunden hätten, da alle dieses Schicksal verdienten. Ihr Besitzthum wurde theils geplündert, theils zu Grunde gerichtet. 23. ES kamen mit ihnen auch viele Fremde und selbst viele Derer um, die mit AutoninuS gekommen waren, weil man sie von 1791 Siebenundsiebzigstes Buch. den Andern nicht unterschied. Die Stadt ist groß und da Alles überall bet Tag und bei Nacht gemordet wurde, so konnte man, wenn man auch wollte, nicht so leicht einen Unterschied machen. Wer ihnen unter die Hände kam, mußte sterben, und damit den Andern die Größe des Verderbens nicht bekannt würde, wurden die Leichen sogleich in tiefe Gruben geworfen. Dies geschah mit den Eingebornen; alle Fremde wurden außer den Kaufleuten au« der Stadt vertrieben; natürlich verloren auch sie ihre Güter durch die Plünderung; selbst einige Tempel wurde» ausgeraubt. Alles ging in Gegenwart und unter den Augen des AntoninuS vor; einige Befehle erließ er sogar au« dem Serapistempel, in dem er in jenen Tagen und Nächten, in welchen diese Mordscenen vorfielen, wohnte. jVon hier auS schrieb er dem Senat, daß er an jenen Tagen sich der Sühnung befleiße, an denen er doch dem Gotte Thiere und Menschen geschlachtet hatte.j Was brauch' ich aber weiter zu berichten — weihte er doch dasselbe Schwert, mit dem er den Bruder gemordet hatte, dem Gott! Hierauf hob er die Schauspiele und die Freitische der Alerandrier aus, ließ die Stadt selbst durch eine Mauer in zwei Theile scheiden und Schanzen auswerfen, damit fie auch in Zukunft nicht mehr frei mit einander verkehren könnten. So wüthete in dem unglücklichen Alerandrien daS Ausonische Thier, wie ihn da« ihm gewordene Orakel am Schlüsse nannte, — eine Benennung, über die er sich, wie man sagte, noch freute. Ja er brüstete sich noch damit, obgleich er das Orakel zum Vorwand nahm, Viele umbringen ließ, als ob fie dasselbe unter die Leute gebracht hätten. 24. jNr setzte seinen Soldaten Belohnungen für ihre Kriegsdienste auS; von seinen Leibwachen sollte jeder fünftausend, von den Andern je tausend zweihundert und fünfzig Drachmen bekommen.! 1792 Casfius Dio'S Römische Geschichte rc, jEr, der züchtig« Mann» wie er sich rühmt«, der strenge Tadler der Ausschweifungen Anderer, stellte sich zwar, al« wäre er über die schändliche, schreckliche That, die vorgefallen war. *) einiger Maße» aufgebracht; dadurch aber, daß er sie nicht, wie sie e« verdiente, bestrafte, und daß er den jungen Leuten Dinge zuließ, die bisher Niemand zu thun sich erlaubt hatte, trug er viel zu ihrer Entsittlichung bei: denn jetzt nahmen die Mädchen die Buhldirnen, die Jünglinge aber die Possenreißer sich zum Musters jD!« Kulenischen Schauspiele brachten Viele in üble Nachrede, nicht nur diejenigen, welche dabei eine Rolle gespielt, sondern auch solche, welche nur Zuschauer gewesen waren.) ') Dem Fragment muß etwas jetzt verloren Gegangenes vorange- standen haben; da» „Sie - da» nachher kommt, ist Femininum, und deutet auf die Unthat irgend einer Frau. Inhalt deS achtundfiebzigsten Buchs. 3«n All-zuge des LiphilinuS mit Bruchstücken der vollständigen Dto. Treuloser Feldzug deS AntoninuS gegen den Partherkönig ArtadanuS. Cap. 1—3. Antonin'S Tod. Cap. 4— 6. Vorzeichen seines Todes und Schmähungen auf den Gestorbene«. Cap. 7—10. Der Kaiser MacrinuS. sein« Tugenden und sein« Laster» Cap. 1t—>5. Seine Briefe und Befehle an den Senat und Anderes. Cap. 16—22. Tod der Kaiserin Julia. Cap. 23. 24. Unglückliche Vorzeichen: ein Frieden mit ArtabanuS nach «iner Niederlage. Cap. 25—27. Die Soldaten empören sich; «in angeblicher AntoninuS wird von den Soldaten als Kaiser ausgerufen. Cap. 28 — 31. MacrinuS wird in «iner Schlacht besiegt, muß fliehen und wird umgebracht. Cap. 32—41. Der Zeitraum begreift drei Jahre, in welchen Folgende Con« sul» waren: Nach Nach AntoninuS Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jabr«. 216. Ü6S. C. AttiliuS SabinnS znm zweitenmal und Cornelius Anul- linuS. VI. 217. S7Ü, C. BruttiuS Präsens und TituS MeffiuS SttricatuS zum zwei- VII. teomal. -f- 8. April» 1794 Cassius Dio's Römische Geschichte. Nach Nach MacnnuS Shr. Srb. d. Stadt. Regier.-Zahr«. Lt8. S7I. Marcus Opelius Macrinus, der Kaiser, und Luintus M. Cocla- I. tinuS Advent»-. il. April. H.s8. Juni. 1 Achtundsiebzigstes Buch. 1. Hierauf unternahm AntoninuS einen Feldzug in da- Land der Parther, indem er zum Verwände nahm, daß ArtabanuS ihm seine Tochter, um die er geworben hatte, nicht zur'.Gemahlin geben wollte. Dieser wußte nämlich recht wohl, daß es ihm nicht sowohl um diese Verbindung, al« darum zu thun war. durch sie die Herrschaft über Parthien an sich zu ziehen. Durch seinen plötzlichen Einfall in dasselbe gelang es ihm, einen großen Theil des Landes von der Seite MedienS her zu verwüsten, viele feste Plätze zu zerstören» und Arbela zu erobern, wo er die Grüfte der persischen Könige aufgraben und ihre Gebeine zerstreuen ließ. Die Parther ließen sich vorerst nicht heran, und so bleibt mir von den damaligen Begebenheiten des Krieges Nichts zu berichten, außer daß zwei Soldaten, welche einen Weinschlauch geraubt hatten, vor ihn kamen, indem Jeder die ganze Beute für sich in Anspruch nahm, und auf seinen Befehl, den Wein zu theilen, die Schwerter zogen und den Schlauch entzwei hieben, um nebst dem Wein auch den Schlauch zur Hälfte zu bekommen. Solche Achtung hatten sie vor ihrem Kaiser, daß fie ihn mit derglei« 1795 Achtundsiebzigstes Buch. chen Kleinigkeiten behelligten, und griffen die Sache so klug an, daß Schlauch und Wein zu Schanden ging. Die Feinde flüchteten sich in die über dem Tigris gelegenen Gebirge, um sich dort zu rüsten. An« toninus that, als ob er ihre Absicht nicht merkte, und brüstet« sich, sie, die er nicht einmal zu Gesichte bekommen hatte, besiegt zu habe», besonders auch darüber, daß ein Löwe plötzlich von dem Gebirge her« ab kam, und, wie er sich in einem Schreiben ausdrückte, für ihn stritt. 2. Er führte nicht umsonst ein ausschweifendes Leben und überließ sich seiner Willkühr, sondern auch selbst auf seinen Feldzügen .*) auch habe ich sein von ihm selbst geschriebenes Tagebuch zu Gesicht bekommen. Er war sich bewußt» gegen die Senatoren selbst so gesinnt zu sein, daß er. ihre Sklaven und Freigelassenen, so wie ihre vertrautesten Freund« aufgreifen ließ und während des ganzen.der und der liebt, der und der haßt nzich. Denn er stellte aus der Constellation nach den Geburtsstunden der Großen in seiner Umgebung ihr Horo« skop und entnahm daraus, wie er sagte, ob Einer freundlich oder feindlich gegen ihn gesinnt sey, und erwies nach diesem den Eine» Ehre, während er die Andern um'S Leben brachte. 3. Da die Parther und die Weder.während des Winters sich rüsteten, so gerieth er in große Angst. Denn er war sehr keck zum Drohen, und sehr unbesonnen in seinen Entwürfen, aber äußerst feige, wenn es galt. Gefahren zu bestehen und zu schwach, Anstrengungen zu ertragen. Hitze und Kälte waren ihm gleich unerträglich, so daß er Leibröcke mit Aermeln, wie Panzer zu« "1 Die hier und in der Folge vorkommenden Lücken find durch Punkte bezeichnet. 1796 CassiuS Dio's Römische Geschichte. geschnitten trug. damit er den Schein der Bewaffnung hätte, ohne durch die Schwere belästigt zu werden, während er von Nachstellung befreit bliebe und von den Leuten darob bewundert würde. Er bedient« stch dieser Kleidung auch außer der Schlacht. Darüber trug er bald einen ganz purpurnen Mantel, bald einen mit weißen Streifen, bald mit purpurnen, zuweilen auch von gewöhnlicher rother Farbe. In Syrien und Mesopotamien bediente er stch celtischer Kleidung und Schuhe, und überdteß «ine« Mantel» von eigener Erfindung, den er nach der Weise der Barbaren in einzelne Stücke zerschneiden und zusammennähen ließ. Dieß war seine gewöhnlichste Tracht, von der er seinen Beinamen CaracalluS erhielt, und die er auch seinen Soldaten zu tragen befahl. Als die Feinde ihn so vor stch sahen und hörten, daß die Soldaten durch die bisherige üppige Lebensweise enikräftet wären (denn unter Anderem überwinterten fie in Häusern, wo fie Alles, was ihren HauSwirthen gehörte, wie ihr Eigenthum gebrauchten) und durch die gegenwärtigen Anstrengunge« und Mühseligkeiten körperlich erschöpft, und entmuthigt waren, so daß ste die Geschenke, die sie in reichem Maße von ihm erhielten, nicht mehr anschlugen, so erhob stch ihr Muth, indem fie in ihnen mehr Mitkämpfer als Feinde zu haben hofften. — —. S. Antoninu» rüstete stch nun gegen ste, es war ihm aber nicht mehr beschieden, den Krieg zu führen; er sollte vielmehr mitten unter seinen Soldaten, die er überall vorzugsweise ehrt«, und auf die er sein ganzes Vertrauen setzte, umgebracht werden. Ein Wahrsager hatte nämlich vorausgesagt, und e« war unter die Leute gekommen« daß dem Leibwachenobersten Macrinus und seinem Sohne Dtadu- menu« vom Schicksal bestimmt sey, Kaiser zu werden. Al» er deshalb nach Rom geschickt wurde, nnd gegen Flavius MaternianuS, der 1797 Achtundsiebzigstes Buch. die dortigen .... Truppen befehligte, dasselbe aussagte und schrieb eS sogleich an AntoninuS. Der Zufall wollte, daß da« Schreiben nach Antiochia an Antonin'S Mutter Julia gelangte. Sie war nämlich angewiesen, alle einkommende Briefe auszuscheiden» damit tbm nicht die ganz« Masse von Briefschaften in Feindesland nachgeschickt werden dürfte. Andere Schreiben von UlpiuS Julian»-, der damals die Schätzung (und Beitreibung der Lebensmittel) unter sich hatte, kamen durch andere Boten mit Nachrichten von demkVor» gefallenen unmittelbar an MacrinuS. So geschah es, daß da« Schreiben an den Kaiser aufgehalten wurde, das an MacrinuS ab« gegangene dagegen dem MacrinuS schneller Nachricht brachte. MacrinuS, theils deshalb für sein Leben fürchtend, theils auch, weil ein gewisser Aegypter Serapio vor wenigen Tagen dem AntoninuS in« Angesicht gesagt hatte, daß er nur noch kurze Zeit leben, und Jener sein Nachfolger würde, glaubte, nicht länger säume« zu dürfen. Serapio .wurde zuerst einem Löwen vorgeworfen, und da dieser, al- «r nur die Hand vorhielt, ihn nicht anrührte» nun erst hingerichtet. Er hatte gesagt, daß er auch diesem Tod hätte durch Anrufung gewisser Gottheiten entgehen können, wenn er nur Einen Tag länger am Leben geblieben wäre. 5. MacrinuS dadurch in Furcht gesetzt,.und seine» Untergang voraussehend, zögerte nicht länger; zumal da AntoninuS auch seine Freunde und Gesellschafter Plötzlich M seinem Geburtstage unter verschiedenen Vorwänden mit scheinbar ehrenden Aufträgen von sich entfernt hatte;. .seinen vom Schicksal ihm bestimmten Helfer zu bekommen hoffte, und deshalb auch diesen Beinamen ihm beigelegt hatte) und brachte hieraufnoch zwei 1798 Cassius Dio's Römische Geschichte. Tribunen sdcr Leiblichen AureliuS NemesianuS und AureliuS Apol- linarits, zwei Bruder, und Julius MartialiS, einen Eoocaten, der einen persönlichen Groll gegen AntoninuS hegte, jweil er ihm die Stelle eines Centurio, um die er bat, nicht gegeben hatte) auf seine Seite und stellte ihm nach. Es ging aber auf folgende Weise. Am achten April brach er von Edeffa nach Carrä auf und stieg vom Pferde, um seine Nothdurft zu verrichten, da trat Martialis auf ihn zu, als ob er ihm etwas zu sagen hätte, und versetzte ihm einen Stich mit einem Dolch. Er floh dann gleich und wäre unerkannt geblieben, wenn er den Dolch weggeworfen hätte. So wurde er aber von einem der Scythen, welche AntoninuS in seinem Gefolge hatte, erkannt und niedergeschossen. Den AntoninuS aber machten die Tribunen, als wollten auch fie zu Hülfe kommen, nieder. fDtesen Scythen hatte AntoninuS nicht blos als KriegSgenossen, sondern noch als besonderen Leibwächter um sich gehabt. 8. AntoninuS hatte nämlich Scythen und Celten, nicht blos Freie, sondern auch Sklaven von Kindern und Frauen weggenommen, bewaffnet und immer um seine Person gehabt, weil er ihnen noch mehr als seinen Soldaten traute. Außer andern Ehrenbezeigungen hatte er sie selbst zu Centurionen gemacht und nannte sie seine Löwen. Mit den Gesandten, die aus fremden Ländern an ihn ge- schicktHwuroen, besprach er sich oft, ohne daß Jemand ausser den Dolmetschern zugegen war, und trug ihnen auf, wenn ihm etwas begegnen sollte, in Italien einzufallen und auf Rom loszuziehen, das leicht erobert werden könne; damit aber Nichts von diesen Unterredungen ruchbar würde, ließ er die Dolmetscher sogleich um'S Leben bringen. Wir erfuhren es jedoch später von den Barbaren selbst, und die Geschichte mit den Giften von dem MacrinuS.j Aus dem inneren Asien f 1799 Achtundsiebzigstrs Buch. ließ er sich nämlich die verschiedensten Arten Gift kommen und 'zum Theil aufkaufen, so daß er die Summe von sieben und einer halben Million Drachmen darauf verwendet, um, so viel er nur wollte» auf die verschiedenste Weise durch heimliche Tücke aus dem Wege zu schaffen. Sie wurden hierauf in seinem Palaste gefunden und sämmtlich verbrannt. fLo kam es denn, daß die Soldaten deshalb, und überdies, weil er die Barbaren ihnen vorzog, aufgebracht, ihm nicht mehr so ergeben waren, und ihm, als man ihm nach dem Leben stand, nicht zu Hülfe eilten.) Ein solches Ende nahm er in einem Alter von neun und zwanzig Zähren fund vier Tagen (er war am vierten April geboren)) und nach einer Regierung von sechs Jahren, zwei Monaten und zwei Tagen. 7. Doch es bietet sich hier sehr viel Denkwürdiges, das ich erzählen will. Als er zum letzten Mal aus Antiochien ausrücken wollte, erschien ihm sein Vater im Traume mit dem Schwert in der Hand und sprach: wie du deinen Bruder getödtet hast, so werde ich jetzt dich ermorden. Die Wahrsager warnten ihn auch vor jenem Tag, indem sie ihm geradezu erklärten, daß die Pforten der Leber bei dem Opferthier verschlossen fverwachserif seyen. Er ging hierauf durch eine Thür hinaus, ohne auf den Löwen zu achten, (den er seinen Persersäbel nannte und zu seinem Tisch- und Bettgenoffen gemacht hatte), daß dieser ihn beim Hinausgehen erfaßte und ihm sogar das Kleid zerriß. Zwar hielt er auch noch viele andere Löwen und hatte immer einige um sich; Jenen aber küßte er oft sogar öffentlich. Damit verhielt es sich auf vorgedachte Weise. Kurze Zeit vor seinem Tode füllte sich ferner, wie ich mir sagen ließ, das Innere des Sera- pistempels überall mit Feuer, ließ jedoch Alles unversehrt, und verzehrte blos das Schwert, mit dem er seinen Bruder ermordet hatte. 1800 Casflus Dio's Römische Geschichte. sAlS es hierauf erlosch, ließen fich viele Sterne sehen.) In Rom selbst trieb ein Dämon in Menschengestalt einen Esel auf da- Capitolium und von da in den Kaiserpalast, indem er dessen Herrn sucht«, wie er sagt«, und noch bemerkt«, dieser sey umgekommen. Jupiter aber herrsche noch. Al- man ihn darob festnahm und MaternianuS ihn zum AntoninuS sandte, sprach er: „ich gehe zwar hin, wie du befiehlst, werde aber nicht zu diesem, sondern zu einem neuen Kaiser kommen.* Er ging auch wirklich bt- nach Capua, dort aber war er verschwunden. 8. Die- begab sich noch bei seinem Leben.) Ferner fiel bei den circensischen Spielen )die zur Feier von Sever'S Regierungsantritt gehalten wurden) da- Bildntß des Mars, da« im Festaufzug einhergeführt wurde, zu Boden. Da« konnte aber noch natürlich zugegangen seyn; von höchster Bedeutung aber war, daß die grüne Bande, besiegt, eine gewaltig schreiende Krähe oben auf dem Obelisk gewahr ward und Alle nach ihr Hinaufblicken mit einem mal wie auf ein gegebenes Zeichen aufschrieen: sey gegrüßt, Martial, sey gegrüßt, Martial, schon lange ist'S, daß wir dich nicht mehr gesehen haben! — nicht als ob die Krähe so genannt worden wäre; sie begrüßten vielmehr den Martial, als den Mörder AntoninuS, wie auf göttliche Eingebung. Endlich hatte, wie es Einigen vorkam, Antonio»- selbst in seinem letzten Schreiben an den Senat seinen Tod prophezeit, wenn es hieß: „wünscht mir nicht mehr, hundertJahre zu herrschen!* So hatte man ihm immer gleich vom Anfang seiner Herrschaft an zugerufen; und dies war da« erste und letzte mal, daß er sich dagegen aufhielt; wie e- schien, weil sie Unmögliches wünschten, in Wirklichkeit aber gab er dadurch voraus zu erkennen, daß er nicht mehr lange Kaiser sey. Als man einmal hierin eine Bedeutung finden wollte, fiel mir auch gleich wieder eiu, daß er in Nicomediev 1801 Achtundfiebzigstcs Buch. bei einem Gastmal, da» er un- an den Saturnalien gab, unter An« herein, was bei solcher Gelegenheit pflegt gesprochen zu werden, al« wir uns erhoben, mich heranrief und sprach: sehr schön und wahr hat EuripideS gesprochen: Viel ordnet und schafft im Olympo« Zeu», Auch vieles verhängt unerwartet sein Rath, Und was du gehofft, vollendet sich nicht; Zum Unmöglichen findet die Bahn ein Gott, So endete dieses Begegniß. Damals glaubte ich, daß er die Worte nur um etwa« zu spre, chen, angeführt habe. Als er aber bald darauf seinen Tod fand und die« das Letzte war, das er mit mir sprach, glaubte man wirklich, daß er sein Schicksal gewisser Maßen ebenso vorausgesagt habe, wie Jupiter, der als BeluS zu Apamea in Syrien verehrt wird. Dieser hatte nämlich dem SeveruS früher, als er noch Privatmann war, folgende Antwort gegeben: Zeu-, dem Donnerer, gleich an Hoheit des Blicks und des Haupte« Um den Gürtel den Are- und um die Brust den Poseidon. Als er hierauf Kaiser wurde, gab da- Orakel ihm folgende Antwort: Da« ganze Hau« wird noch im Blute schwimmen dir! g. sDie Leiche Antonin'S ward sodann verbrannt und seine Gebeine Nacht- heimlich nach Rom gebracht und in der Gruft der Antonine beigesetzt: denn alle Senatoren und Privatleute, Männer und Frauen haßten ihn aufs Aeußerste und sprachen durch Wort und Der Schluß mehrerer Trauerspiele der EuripideS. Die Ueber« setzung von Donner. 1802 Cassius Dio's Römische Geschichte. That die größte Feindschaft gegen ihn aus. Durch einen eigentlichen Beschluß ward er aber nicht öffentlich für ehrlos «rllLrt, weil die Soldaten den Frieden, den ste durch MacrinuS zu erhalten hofften, nicht erhielten, und der Vortheile, die sie durch Jenen genoßen, verlustig geworden, Jenen wieder zurückwünschten. Ja es wurde ihm sogar auf ihr Andringen Heroenverehrung zu Theil, und von dem Senat förmlich zuerkannt.) Sonst aber sagte man ihm überall Nicht« als Schande nach. Man nannte ihn nicht mehr Antonin, sondern sdie Einen BasstanuS, wie er ursprünglich hieß, die Andern Cara- «alluS, wieder Andere) auch TarantaS, nach dem Namen eines Gladiators, der ebenso klein und häßlich an Körper, als frech und blutdürstig war. 1Ü. So verhielt es sich mit AntoninuS, wie man ihn auch nennen mag. Mir wurde, ehe er noch zur Herrschaft kam, von seinem Vater gleichsam zum Voraus die Weisung ertheilt, daß ich auch seine Geschichte schreiben möchte. ES kam mir nämlich vor, als ob ich auf einer großen Ebene alle Streitkräste der Nömer unter den Waffen und ihn erblickte, da er schon todt war. Da saß denn SeveruS sauf einer Anhöhe, auf einem hohen Thron und sprach mit Einigen. Wie er mich in der Nähe stehen und aufhorchen sah, sprach er: „daher, Dio, tritt näher, damit du Alles, was gesprochen und gethan wird, genau hören und beschreiben könntest!" So lebte, so starb derTaran« taS. sMit ihm kamen zwar auch die Theilnehmer an seiner Ermordung um, die Einen gleich, die Andern nicht lange darauf, aber auch seine vertrautesten Gesellschafter und Freigelassenen. So verderblich wurde sein Schicksal für seine Freunde sowohl als auch für seine Feinde.) Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von Dr. Leonhard Tafel, PrLceptcr in Schorndorf. Fünfzehntes Bündchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Mchler'schen Buchhandlung. 18 4 4 . Achtlindsicbzlgstcs Buch, Schluß. 11. MacrinuS war seiner Abkunft nach ein Manritanier, aus Cäsarea gebürtig und hatte ganz unbekannte Eltern sso daß er nicht mit Unrecht dem Eiel den der Dämon in den Palast trieb, verglichen toereen kannte.f Ausser Anderem, das seine Abkunft bezeichnete, hatte er auch, wie es bei den Mauritaniern Sitte war, das eine Ohr durchstochen. Doch vergaß man dies leicht über seiner Leutseligkeit. Wenn er die Rechte und Gesetze auch nicht von Grund aus verstand, so machte er voch den redlichsten Gebrauch davon, s Ls wurde er denn als RechtSbeistan» eines F-eundcS dem PlautianuS bekannt und bekam die Verwaltung seines Vermögen« und gerieth in Gefahr, mit diesem das Leben zu verlieren, ward aber wider Erwarten auf die Fürsprache des Eilo freigelassen und bekam von ScveruS die Aufsicht über die Wagen, welche auf der Flaminischen Straße ab und zu fuhren; von AntoninuS aber erhielt er verschiedene Rechnungsämter auf kurze Zeit.j ward dann zum Leibwachcnobriften ernannt, «in« Stelle, die er aufs Beste und Gerechteste bekleidete, sw weit er nach eigenem Sinne handeln durfte. Bei solchen Eigenschaften und auf solche Weile emporgestiegen, kam er schon zu Lebzelten des TarantoS aus den vorgenannten Gründe» aus den Gedanken an Alleinherrschaft f verfolgte aber nach seinem Tode soffen weder an jenem Tage, 1804 Cassius Dlo's Römische Geschichte. noch an den zwei folgenden sein Ziel, damit eS nicht den Schein gewänne, als hätte er Jenen aus diesem Grunde umgebracht; vielmehr waren die Römer, ohne daß sie es wußten, während dieser Zeit ohne unumschränkten Herrscher. Er schickte aber nach allen Seiten hin zu den Truppen, die des Krieges wegen in Mesopotamien standen, aber nicht an einem Orte beisammen, sondern auf verschiedene Punkte vertheilt waren, Vertraute und gewann sie für stch.s indem er ihnen unter andern Versprechungen auch Hoffnung gab, sie von den Beschwerden des KriegeS , worüber fie sich am meisten beklagten, zu befreien, und ließ sich so vier Tage darauf, feS war gerade der Geburtstag Se»er'S,s die Oberherrschaft aufdringen. 12. In seiner Rede an dieselben sprach er viel tröstliche Worte und ließ auch die Andern viel Gutes erwarten. Wer au- llnehrer« bieiung gegen die Kaiser, wie man es zu nennen pflegte, lebenslänglich verurtheilt, oder eines solchen Verbrechens angeklagt war, wurde von seiner Strafe oder. von der Anklage frei. Die von CaracalluS auf die Erbschaften und Freilassungen gelegten Abgaben hob er auf und gab den Aurelianus, dessen Auslieferung die Soldaten verlangt hatten, nicht heraus.*) Auch verbot er, ihm irgend ein« Bildsäule von Silber, die über fünf Pfund, oder irgend eine von Gold, die über drei Pfund wiege, zu errichten.*') > 13. — .... '") Wenn er darob gelobt wurde, so ward dieses Loh bei den Verständigen zum Theil dadurch ausgewogen, daß er Einige unter die Consülaren einschrieb und sogleich als Statthalter in Hier fehlen 74 Zeilen, von welchen nur die Anfang-wort« übrig sind. **) Hier fehlen ebenso heben Zeilen. "') Auch der Anfang dieses Capitels ist nicht vollständig;. 1805 Achtundsiebzigstes Buch. dir Provinzen sandte; nnd doch wollte er das Jahr darauf nicht zum zweitenmal Consul sein, während er doch im ersten die Jnstgnien eines ConsulS erhalten hatte, was unter SeveruS aufgekommen und auch von seinem Sohne noch fortgesetzt worden war. Wenn er hierin bei sich selbst und bei AdveniuS ganz nach den Gesetzen handelte, so war eS um so verkehrter von ihm gethan, daß er den Marcius Agrippr erst nach Pannonien, dann nach Dacien als Statthalter schickte, und die bisherigen Statthalter dieser Provinzen SabinuS und EastinuS, vorgeblich, weil er sie in seiner Nähe haben müßte, in Wirklichkeit aber, weil er ihren Muth und ihre Freundschaft für CaracalluS fürchtete, sogleich zurückrief. Den Ägrippa schickte er denn nach Dreien und den DeciuS TricciannS nach Pannonien. Jener harte als Sklave den Kopfputz einer Dame besorgt und war deshalb von SeveruS vor Gericht gestellt worden. Später hatte er sich als Aovocat des Fisrus eine Veruntreuung zu Schulden kommen lassen und war auf eine Insel verbannt, von dem TarantaS aber mit den Andern zurückgerufen und als Consul-nt und Geheimschreiber verwendet, zuletzt aber unter die Senatoren mit Prätorenrang verstoßen worden, weil er noch unreife junge Leute unter das Heer aufgenommen hatte. TriccianuS hatte als Gemeiner unter dem Heer in Pannonien gedient, war einmal Thürstehcr bei dem dortigen Statthalter gewesen und befehligte setzt die Albanische Legion. 14. Darüber waren Viele unzufrieden, besonders aber auch, daß er den AdventuS, der früher als Profos ") und Kundschafter bei ') Lateinisch speculstore», sie waren die Feldjäger der Feldherren und wurden zu schnellen B-richten und zum Spioniern verwendet. 1806 CassiuS Dio's Römische Geschichte. dem Heere gestanden, später dies« Stelle aufgegeben und alr Fekd- briefdote gedient hotte, sodann zum Kammerdiener ernannt und endlich zum Posten eines ProcuratorS befördert worden war. zum Senator. Mitconsul und Stadtpräfekten erhob, einen Mann. der vor Alter nicht mehr sehen konnte, so ungebildet war, daß er nicht einmal lesen, und so unerfahren, daß er keinem Geschäfte vorstehen konnte. AdventuS hatte die Anmaßung, daß er nach dem Tode des Caracalla sich vor den Soldaten dahin ouSsprach: „mir gebührt eigentlich der Kaiscrthron, da ich älter als MacrinuS bin, da ich aber schon zu alt bin, so überlasse ich ihm denselben." Er schien verrückt, aber ebenso MacrinuS, daß er die höchste Würde eines Senator« einem Manne verlieh, der als Coniul in der Curie mit Niemand ein vernünftiges > Wort sprechen konnte, und deshalb am Wahltage eine Krankheit vorschützen mußte. Deswegen mußte denn auch MacrinuS gleich darauf statt seiner dem MariuS MarimuS die Sladtpräfektur übertragen. Schien es doch, als hätte er ihn blos zum Stadipräsekten gemacht, um den Senat herabzusetzen, nicht blos, weil er unter den Lohnsol- daten gedient, die Posten eines Pioforen , eines Spions, eines Centurio bekleidet, sondern auch, weil er die Stal tpräfektur eher als das Consulat erhalten hatte, das heißt, noch eher Stadtpräfekt als Senator geworden war. Er'that dies wohl in der Absicht, um seine eigene kaufoahn, daß er nämlich noch als Ritter die Oberherrschaft an sich gerissen hatte, zu beschönigen. ") l5. Dies legte man ihm nicht mit Unrecht zu Last, ebenso, daß er UipiuS Julianus und Nestor JulianuS zu Leibwachenobrtsten machte. Männer, die keinerlei Verdunst und ebenso wenig GeschäftS- ') Statt kw^Xr>)>cloäzcerox lese ich 1807 Achtundsiebzigstes Buch. erfahrung hatten, sondern unter der Regierung des Earaeallu» wegen ihrer Schlechtigkeit berüchtigt waren, da ste, welche die Feldbriefboten unter sich hatten, die schändlichsten Zuträger machten. Doch war die Zahl derer, welche dies bedachten und deshalb kein volles Vertrauen zu ihm faßten, gering: die Meisten dagegen der Privatleute freuten sich über die unverhofft schnelle Befreiung von dem Tarantas, erwarteten von ihm, nach einzelnen Beweisen eines besseren Benehmens von Seiten MacrinS. daß er sich auch im klebrigen so benehmen werde, und waren in der kurzen Zeit nicht im Falle, ein richtiges Urtheil über ihn zu fassen. Deshalb bedauerten sie seinen Tod so sehr. während sie ihn bet längerem Leben zu Haffen Ursache bekommen HStten.j Denn er fing bald an üppiger zu lebe» und sich Ipon denen, die ihm irgend eine Vorstellung machten, abzuwenden. So ließ er den MaternianuS und den DatuS ohne alles Recht...,') denn was hatten sie verbrochen, daß sie ihren Kaiser .') So behandelte er auch diejenigen, welche er im Verdachte hatte, daß sie über seine niedrige Abkunft und die ausfallende Weise, auf die er zur Herrschaft gelangte, aushalten mochten , ungerecht. Ganz das Gegentheil hätte er thun sollen, wenn er bedacht hätte, Wa« er ursprünglich war und WaS er geworden sey. Er hätt« sich nicht überheben, sondern bescheiden.*) und die Leute durch Wohlthun und in allen Stücken durch Beweise besonder!» Verdienstes z» Frieden stellen sollen. l6.") gesagt werde, vermutheten, so daß er wünschte, daß es bekannt werde, so sandte er es uns, undder Ouästor ') Kleinere Lücke» im Tert. ") Eine Lücke von 62 Zelle». 1808 Cassius Dio's Römische Geschichte. las cS, so wie auch Anderes der Art, unS vor. Doch traf cS sich, daß ein Prätor, weil gerade kein Quastor zugegen war» und der Senat einmal beisammen war, das Schreiben von MacriuuS selbst uns einmal las. 17. Als sein erstes Schreiben vorgelesen wur e, wurden ihm sowohl als seinem Sohne die gebührenden Ehrenbezeigungen zuerkannt. Letzterer ward zum Patricier, zum Prinzips JuventutiS und zum Cäsar erhoben. Die übrigen Ehren nahm Macrinus au, die Circenstschen Spiele aber, welche zur Feier seines Regierungsantritts beschlossen worden, verbat er sich, indem er erklärte, daß derselbe durch die Schauspiele an Sever s Geburtstag genugsam gefeiert werde. Des TarantaS that er damals weder in Ehren, noch in Nnehren Erwähnung, außer daß er ihn Kaiser nannte: denn er getraute sich weder» ihn für einen Halbgott, noch für einen Feind sdeS Staatsj zu erklären. Jenes ließ ihm des Verstorbenen Handlungsweise und der allgemeine Haß des Volkes, dieses die Furcht vor den Soldaten nicht zu. Andere meinten, er habe gewollt, daß seine Entehrung mehr vorn Senat und Volk, als von ihm selbst ausgehe. Zwar erklärte er, daß er durch sein ungerechtes Verfahren die Hauptschuld drS KriegcS trage und den Staat durch die vermehrten Geldgeschenke an die Barbaren sehr bedrückt habe, da solches eben so viel, als die Unterhaltung des ganzen stehenden Heeres betragen,hätte. Dennoch hatt« Keiner den Muth, öffentlich sich so wider ihn herauszulassen, daß er ihn als Feind jeeS StaateSj erklärt wissen wollte, well zu befürchten war, daß er von den in der Stadt liegenden Truppen sogleich niedergemacht werden würde. Sonst aber erlaubte man sich jeglichen Schimpf und jegliche Verhöhnung gegen ihn, indem mau seine Achtundsiebzigstes Buch, 1809 Mordthaten namentlich aufführte und ihn den schändlichsten Tyrannen, die je die Welt kannte, an die Seite stellte. 18. Ileberdieß wollte man haben, daß er die an seinem Geburtstage gefeierten circenstschen Schiele aufbeben, alle goldene und silberne Standbilder desselben ohne Weiteres einschmelzen und diejenigen, welche bei ihm die Angeber gemacht hätten, öffentlich benennen und aut'S Strengste bestrafen sollte. Denn man sagt« sich, daß nicht blos Sklaven, Freigelassene, Soldaten und Hofbediente, sondern auch Ritter, Senatoren und Damen aus den angesehensten Häusern unter ihm sich zu heimlichen Angebereien und Auschwär- zungen hergegeben hätten. Aber man wagte nicht, ihn als Feind zu erklären, obgleich man den Martialis unter dem Borwande. daß er mit dem Mars gleichen Namen führe, mit Lobsprüchen erhob und darauf antrug, ihm Ehrensäulen zu errichten, noch auch gegen MacrinuS ein Zeichen von Unzufriedenheit zu geben. Der Grund war. daß sie in der Freude über den Tod des TarantaS sich keine Zeit nahmen, über die niedrige Abkunft des MacrinuS nachzudenken, und sich ihn gerne als Oberherr» gefallen ließen, indem sie nicht sowohl daran dachten. Wem sie in Zukunft dienen mußten, als von Wem sie befreit Worden waren, und den nächsten besten vorgezogen hätten. (In etwas mochte auch die Aufhebung der unter ihrü neu aufgekommenen Bestimmungen (Alles, was nicht nur von dem Staatsschatz, sondern auch von den Privatleuten und durch die Procuratoren in den Provinzen wider Gebühr gefordert worden war, wurde aufgehoben) und die Hoffnung, daß in Zukunft dergleichen nicht mehr vorkommen werde, dazu beitragen, daß man mit der dermaligen Ordnung der Dinge sich zufrieden gab. 1810 CassiuS Dio's Römische Geschichte. 19. Als man aber hörte, daß Aarelianus ') das Leben verloren habe und sein Sohn Diadumenianu^ vorgeblich von den Soldaten, durch welche er von Antiochien zu ihm beschiedcn worden, in Wirklichkeit aber vonMacrinuS selbst zum Cäsar erklärt worden sey und den Namen AntoninuS angenommen habe. (denn er hatte dieß gethan, theils aus Schmeichelei gegen die Soldaten, damit eS nicht den Schein hätte, als ob er das Andenken an den Gestorbenen durchaus verun- klimpfen wollte, besonders weil er in Rom einige Bildsäulen, die den Alexander und solche die ihn selbst vorstellten, ingeheim hatte niederreiße» lasten, theils damit er Veranlassung hätte, ihnen weitere siebenhundert und fünfzig Drachmen auf den Mann zu versprechen) so wurde die Stimmung gegen ihn allmählig eine andere; ste bedachten, wie wenig sie schon früher beachtet worden waren; hierzu kam noch, daß Alles, was.") Lt).*) **) (Das Volk betete unter MacrinuS so zu Jupiter: „als Herr zürntest Du unser; erbarme Dich als Vater." Die Senatoren erhoben sich mit viel Vergnügen und riefen auf griechisch: „heute hast Du einen schönen Tag!» Ach, die vortrefflichen Kilser, sie wollten das Volk mit fortreißen, das aber scheute sich nicht vor dem Senat, hielt die Hände gen Himmel und rief:) „Der Römer AugustuS! Mit diesem haben wir Alles!« So haben die Menschen von Natur große Scheu vor dem Mächtigen, und Ver- *) Ks ist Caraealla gemeint, der, da er sich ohne weiteres in die Familie MarcaurelS hinein adoptirt hatte, auch Aurelia» hieß. ") Hier kommt eine Lücke am Schluß des neunzehnten und am Anfang des zwanzigste» Cavitcls. Letztere füllt Majul durch die in Klammern gesetzten Worte aus. 181 t Achtundsiebzigstcs Buch. achtung gegen den Nnmächtigen so daß die Römer den MacrinuS und den Dtadumenianus als gar nicht mehr lebend betrachteien, sondern als Todt« mit Füßen tratep. Weßhalb denn auch die Soldaten aus ihm sich Nichts mehr machten, und seine Schmeicheleien nicht mehr beachteten, besonders als die Einwohner von PergamuS, denen die von dem Tarantas früher zugestandenen Vorrechte entzogen worden waren, sich die ungebührlichsten Schmähungen gegen Ihn erlaubten und von ihm öffentlich für ehrlos erklärt worden waren. 2l. Wie es mit den Soldaten erging, soll sogleich berichtet werden. Kein Schreiben ließ damals MacrinuS in Betreff der Angebereien an den Senat gelangen, wie dieser doch gebeten hatte, und gab auch sonst Nichts darüber zu erkennen, indem er, um keine Unruhen zu erregen, uns bedeutete, daß sich nichts derartiges in dem Palaste vorgefunden habe. Der TarantaS pflegte nämlich die meisten Briefschaften, welche dergleichen enthielten, zu vernichten oder den Anbringern zurückzusenden, damit kein Beweis für ihre Schlechtigkeit vorgefunden werden könnte. Nur drei Männer, die er selbst auch als besonders haffenSwerth befunden hatte, bezeichnete MacrinuS, den ManiliuS, den Julius und den SulpkciuS ArrenianuS, welcher unter Anderen auch BassuS, den Sohn deS PomponiuS, Statthalter in Myflen, dessen Legat er dort gewesen war, fälschlich angegeben hatte. Sie wurden auf Inseln verwiesen. Er hatte nämlich ausdrücklich verboten, sie mit dem Tode zu bestrafen, »damit wir nicht — so schrieb er Wort für Wort — dessen, was wir Andern Schuko geben, gleichfalls schuldig erscheinen.f Desgleichen Lucin« PriSciUia- nuS, fvon dem Senate selbst vorgefordcrt.f welcher durch seine Verläumdungen nicht minder, als durch Erlegung wilder Thiere sich «inen Namen gemacht hatte. Denn in TuSculum hatte er oft mit 1812 Cassius Dio's Römische Geschichte. vielen Thieren gekämvst. so daß er noch Narben von ihrem Bisse ausweisen konnte.) Einmal nahm er es mit einem Löwen und einem Pardel, einer Löwin und einem Löwen zumal, allein auf; hatte aber noch viel mehr Männer von den Rittern und den Senatoren durch seine Verleumdungen zu Grunds gerichtet. Wegen dieser beiden Verdienste) ward er von CaracalluS hoch geehrt sund erhielt Prä- torenrang und wider alle Regel die Statthalterschaft von Achaja. Von dem Senat aber ward er bitter gehaßt, und jetzt in Untersuchung gezogen) und auf eine Insel verbannt. Ein solches Ende nahm cS mit den Angebern. 22. FlaccuS bekam die Präfcktur der Lebensmittel, welche ManiliuS früher verwaltete und als Belohnung für dessen Anklage erhalten hatte. Hierauf hörten die Vertheilungen bei den Schauspielen der höheren Prätoren durch die Jundiken Italiens, die ihre Gewalt über die von Marcus jAurclinS) gesetzten Schranken ausdehnten, ganz auf und wurden nur noch an den Floralien belassen. Ein gewisser DomitiuS Florus, der früher das Protokoll über die Verhandlungen des Senats zu führen hatte, und dafür Aedil werden sollte, fiel damals wegen deS PlaulianuS durch, ging aber jetzt in den Häusern umher, und bat, ihn in seine frühere Rechte wieder einzusetzen. Es geschah un» er wurde Volkstribun. AniciuS FestuS ward an AsperS Stelle als Statthalter nach Asten geschickt. Dieser jAsper) ward anfangs von MacrinuS, als der Mann, welcher die Angelegenheit in Asten wieder in Ordnung bringen könnte, sehr hochgeschätzt, jetzt aber, da er schon auf der Reise, der Provinz (denn die Bitte dieser letzter», die sich ihn noch unter Cara- calluS verbeten hatte, ward abgewiesen) nahe war, that er ihm die Schmach an, ihn noch zurückzurufen. Er sollte stch nämlich einige 1813 >uf- tem ber rch den rä- >ja. gerade che ig« rühre Ilsen. die recht ie- uS kt. el- en >er a- >ie g« Achtundsiebzigstes Buch. uiigebührlichi Aeußerungen erlaubt haben. Die Statthalterschaft über Asten wurde denn, als hätte dieser gebeten, ihn wegen Alter» und Kränklichkeit derselben zu entheben, dem FestuS, den früher Se- veruS bei der Verlosung der Aemter Übergängen hatte, übertragen. Weil aber auf diese Weise die Zeit seiner Amtsführung nur kurz gewesen wäre, ließ er ihn auch noch das folgende Jahr für AufiviuS Fronto die Stelle behalten. So bekam denn Jener weder Afrika, da die Afrikaner sich ihn verbeten hatten, noch auch Asien, wohin Ma- crinuS ihn anfänglich versetzen wollte. Er trug jedoch darauf an, ihm, weil er zu Hanse bleiben mußte, die gebührende Entschädigung von zweihundert und fünfzig tausend Drachmen zu bewilligen. Asper nahm sie aber nicht an, indem er erklärte, nicht das Geld, sondern die Statthalterschaft hätte er haben wollen. Deshalb wurde er denn später.') 23. Julia, des Tarantas Mutter, hielt sich in Antiochien auf, und wurde durch die Nachricht von seinem Tode, erst so angegriffen, daß sie sich schwer verwundete und aushungern wollte. Ihn, den sie im Leben haßte, betrauerte sie nach dem Tode, nicht als ob sie ihn gerne wieder i»S Leben zurückgeführt hätte, sondern, weil es sie verdroß, daß sie nun in den Privatstand zurücktreten müßte, weßhalb sie denn auch gewaltig über MacrinuS loszog. Als ihr aber ihr Hofstaat und ihre Ehrenwache belassen wurde, und MacrinuS, der ihre Herzensergüsse noch nicht gehört hatte, idr einige verbindliche Zeilen schrieb, faßte sie sich wieder, wollte Nichts mehr vom Sterben wissen, antwortete Jenem nicht, suchte aber die Soldaten für sich zu gewinnen .") ') Hier fehlen wieder acht Zeilen. ") Wieder eine Lücke von sechs Zeilen. 1814 Cassius Dio'S Römische Geschichte. wie sie nach Alleinherrschaft strebe, gleich einer Semirami« oder Nltocri«, mit denen sie gewissermaßen aus einer und derselben Gegend gebürtig war...") befahl ihr, Antiochien so schnell als möglich zu verlassen; übrigen« könnte sie steh hinbegeben, wohin sie wollte, sllnd als sie hörte, Wa« in Rom vorgefallen wars lag ihr Nicht« mehr am Leben: einiger Maßen trug ein Krebsschaden, den sie schon seit sehr langer Zeit an der Brust hatte, und den sie durch die Wund«, die fie sich auf die Nachricht von ihre« Sohnes Tode an einer Stelle beibrachte, gereizt hatte, dazu bei; doch war freiwillige Aushungerung die nächste Ursache ihres Todes. 24. Sie, aus bürgerlichem Stande zu solcher Höhe emporgestiegen. sah sich unter der Herrschaft ihres Mannes das Leben durch Ptautianu« verkümmert, ihren jüngern Sohn in ihren eigenen Armen htngemordet konnte den älteren so lang er lebte nicht lieben, erlebte seinen gewaltsamen Tod, mußte in den Privatstand zurücktreten, und brachte sich zuletzt selbst um da« Leben. Wenn man ihr Schicksal betrachtet, so kann man nicht Alle, die zu großer Macht gelangen, glücklich preisen, wenn ihnen nicht wahre«, ungetrübtes Vergnügen, und reines, dauerndes LebenSglück zu Theil geworden ist. Mit Juli» hatte es diese Bewandtniß; ihre Leiche ward nach Rom gebracht und in der Gruft des Caju« und Lucius beigesetzt, später aber wurden ihre Gebeine, so wie diejenigen des Geta, von ihrer Schwester Mäsa in die Kapelle des AntoninuS gebracht. 25. Aber auch Macrinus sollte nicht mehr lange leben, war ihm durch Vorzeichen vorbedeutet wurde. Ein Maulesel hatte eine» ') Eine Lücke von zwei und dreißig Zeilen. 181S Achtundsiebzigstes Buch. Maulesel und ein Schwein ein Ferkel mit vier Ohren, zwei Zungen und acht Füßen zur Welt gebracht. Es entstand ein heftiges Erdbeben; Blut floß aus der Röhre einer Wasserleitung und Bienen hatten auf dem Rindermarkt Waben angesetzt. Der Blitz schlug am Tage der Vulcrnalien in das Amphitheater und brannte sie dermaßen ab, daß die ganze obere Gallerie und der untere Kreis in Feuer aufging, und auch das klebrige, ausgebrannt, zusammenstürzte. Keine menschliche Hülfe, obgleich Alles von Wasser troff, auch nicht der Regen vom Himmel, der in Strömen herabschoß, vermochte Einhalt zu thun, so gierig wurde beiderlei Wasser von den Blitzen aufgezehrt; und daS Gebäude stand theilweise lang- Zeit in Trümmern, so daß die Gladiatorenspiele geraume Zeit auf dem Stadium gegeben werden mußten. Dies war eine Vorbedeutung der Zukunft: denn wenn auch unter seiner Regierung überhaupt viele andere Brände auS- brachen und kaiserliche Landhäuser in Asche legten, was ohnehin stets für eine üble Vorbedeutung gehalten worden ist, so war doch dieser Brand unmittelbar für ihn Unglück weissagend, weil er die circensi- rchen Spiele VulcanS aufgehoben zu haben schien. Daraus ward geschloffen, daß eine Veränderung bevorstehe. Hierzu kam noch, daß an jenem Tage der Tiberfluß austrat und mit solchem Ungestüm auf den Markt und die nahen Straßen sich stürzte, daß selbst Menschen mit fortgerissen wurden. Eine Frau von übermenschlicher Größe und wildern Aussehen erschien» wie ich mir sagen ließ. Mehreren und sagte, daß dieß noch Nichts heiße gegen das, was noch kommen werde. So geschah es denn auch. 26. DaS Unglück beschränkte sich jedoch nicht allein auf die Stadt, sondern erstreckte sich über das ganze Reich, aus dem Alles in Massen in diese« Theater zusammenströmte. Den Krieg mit den Dr» Casstu». 1S« Bdch». 2 1816 Casfius Dio's Römische Geschichte. Parthern beendigte man selbst nach Verlusten, am verderblichsten aber ward die Habsucht und der aufrührische Sinn der Soldaten. Mit beiden veihielt es sich folgender Maßen.) MacrinuS sah, daß ArtabanuS über die ihm zugefügten Verluste sehr aufgebracht und mit großer HeereSmacht in Mesopotamien eingefallen war. sandte ihm vorerst aus freien Stücken die Kriegsgefangenen mit freundlichen Anträgen zu, indem er ihn zum Frieden ermähnte und alle Schuld von dem Vorgefallenen auf den TarantaS schob. Als dieser aber nicht darauf einging, und verlangte, er müßte die geschleiften festen Plätze und die Städte, welche zerstört worden waren, wieder herstellen, ganz Mesopotamien räumen und für die an den KönigS- gräbern verübten Unbilden Genugthuung geben; fauch auf sein großes Heer pochte, und den MacrinuS, als wäre er wider Verdienst Kaiser geworden, verachtete, unversöhnlichen Haß hegte, und hoffte, selbst gegen seinen Willen seine Plane durchzusetzen;) so hatte Ma- ccinus keine Zeit zu längerer Berathung, sondern mußte ihm, der schon bis NistbiS vorgerückt war, entgegenziehen und ward geschlagen, als es über dein Wasser zwischen beiden Heeren zur Schlacht gekommen war.*) schickten Gesandte und Herolde an einander und schloßen Frieden. 27. MacrinuS getraute aus angeborner Feigheit, (als Mauri- tanier war er sehr furchtsam) und wegen Mangels an Krieg-zucht nicht, den Krieg fortzusetzen, sondern) gab, um den Frieden zu erhalten, sehr große Geschenke und Summen an ActabanuS selbst und an seine Großen, so daß sich die Kosten aus fünfzig Millionen Drachmen belaufen haben sollen f.und dieser.und weil ') Hier fehlen wieder 54 Zeilen, 1817 Achtundsiebzigstes Buch. seine Leute über die lange Zeit, welche sie gegen ihre Gewohnheit von der Heimath enlfernt seyn mußten, und über den Mangel an Lebensrnitteln, die sie Weser in Magazinen, (welche bei ihnen nicht üblich sind) noch in.festen Plätzen vorfanden, mißstimmt waren, schloß nicht ungerne Frieden. MacrinuS schrieb jedoch dem Senat nicht den ganzen Hergang der Sachen, weßhalb man Siegesopfer beschloß und ihm den Namen ParihicuS gab. Er nahm dielen jedoch nicht an, weil er sich schämte, einen Beinamen von Feinden zu führen, von denen er besiegt worden war. Auch der Krieg mit den Armeniern, von dem ich oben gesprochen hatte, wurde beigelegt, da TerioateS das ihm von MacrinuS zugeschickte Diadem annahm, seine Mutter, welche der TadantaS eitf Monate gefangen gehalten hatte, so wie die in Armenien gemachte Beute und die festen Plätze, welche sein Vater in Eappadocien inne gehabt hatte, zurückerhielt, daß er aber das Geld nicht erhielt, das er jährlich von den Rämern zu erhalten pflegte waren die Dakringec") Schuld, welche in Dacien verheerend eingefallen waren, und die Feindseligkeiten fortsetzen zu wollen schienen, nachdem sie die Geißel, welche CaracalluS als Pfand ihrer Bundestreue von ihnen genommen hatte, zurückerhalten hat« ten.j Damit hatte e« also solcherlei Bewandtniß. 28. Jetzt b.kamen die Römer einen neue», nicht ausländischen, sondern einen Bürgerkrieg. Die Soldaten, jihcils durch die Niederlagen. noch mehr aber, weil sie keine Anstrengung mehr freiwillig übernehmen wollten und zu Allem zu verweichlicht waren, keinen Kaiser, der ihnen kräftig den Zügel hielt, sondern Alles im Ueberfluß ') So lese ich nach ReimarS Vorschlag, da Dacler nicht stehe» kann. 1818 Cassius Dio's Römische Geschichte. haben, aber Nichts dafür thun wollten.j empörten sich. Noch weiter erbitterte sie die Kürzung des Solde- und die Entziehung der Belohnungen und der Befreiung von den Lagerdiensten, deren sie von dem TarantaS genossen, (obgleich sie keine dieser Vergünstigungen ") verlieren sollten ij noch mehr wurde ihre Widerspännstigkeit genährt durch ihr langes Zusammenseyn an einem Ort, da sie des Kriegewegen in Syrien überwintert hatten. MaciinuS vermeinte als Feldherr und kluger Mann gehandelt zu haben, wenn er den bereits unter den Waffen stehenden Nichts entzog, sondern Alles, was ihnen einmal von Antoninus ausgesetzt war, ungeschmälert ließ, den Neueintretenden aber erklärte, daß sie mit dem alten, von SeveruS bestimmten Solo aufgenommen würden. Denn von diesen hoffte er, daß sie, vereinzelt bei dem Heere ankommend und ansang-, weil es nicht In den Kampf ging, und auS Furcht und später im Verlaufe der Zeit an ihren Sold gewöhnt, die Andern aber, weil sie Nichts verloren. sich ruhig verhalten würden. 29. Wäre man in die heimischen festen Plätze abgezogen, und hätten sie sich dort zerstreut, so wäre es recht gut angegangen. Vielleicht wäre Keiner von ihnen unzufrieden geworden, indem sie gedacht hätten» man werde ihnen auch künftig Nichts entziehen, weil man ihnen jetzt Nichts abbreche. Wären sie aber auch unzufrieden gewesen, so waren ihrer doch nur wenige beisammen, und standen unter Befehlshabern des SenatS, so daß sie nicht viel Unheil anrichten konnten. So aber in Syrien zusammengedrängt, und besorgt, man möchte auch über sie, wenn sie zerstreut würden, neue Bestimmungen treffen; (renn jetzt, glaubten sie, schmeichle man ihnen blos *) Statt äiro^aooel» lese ich ovu ärkvXaöSkl». 1819 Achtnndfiebzigstes Buch. In dem Bedrängniß des Kriegs) Iheils auch.machten Jene einige Soldaten nieder und plünderten einige Theile Mesopotamiens. Diese aber wütheten selbst gegen einander, setzten ihren Kaiser ab, und wählten, waS noch das Schlimmste war, an seine Stelle einen andern, von dem man nur Schlechtes und Schändliches weiß. 3V. Auch dies scheint mir augenfälliger als irgend etwas «or- bedeutet worden zu sein. An jenen Tagen ward eine Sonnenfinfierniß weit hin sichtbar, ein Komet ließ steh längere Zeit sehen, und ein anderes Gestirn, das, mit seinem Schweif von Westen gegen Osten gerichtet, mehrere Nächte hindurch erschien, setzte uns gewaltig in Angst, so daß wir ur.S immer die Worte Homers wiederholen mußten: Und es erscholl wie Drommeten die Lust rings; und es ver- nahin's Zeus. ES begab sich aber folgender Maßen. Mäia, die Schwester der Kaiserin Julia, hatte json ihrem Gemahl, dem Consular Julius) zwei Töchter, SoämiS und Mamäa, und zwei Enkel, den einen von SoämiS, die ihren LaudSmann VariuS MarcelluS, joenn dieser war aus Apamea gebürtig, einen kaiserlichen Prokurator uud dann Senator) zum Gemahl gehabt, aber durch den Tod verloren, jmit Namen AvituS . . .); von Mamäa aber, der Gemahlin des GesfiuS Marcia- nus, auch eines Syrers, saus der Stadt Arcc) gebürtig, der Prokurator war, den BassirnuS.*) 31. Gin gewisser GutychianuS, **) der bei Lustspielen und in den Gymnasien früher gefallen hatte... *) Hier fehlen acht Zeilen. **) ÄulychianuS Comazon, s. das folgende Buch. Red. 1820 Cassius Dio's Römische Geschichte. ") und den Haß der Soldaten gegen MacrinuS wahrgenommen hatte.") und auch von dem Sonnengott, den ste ElegabaluS nennen und sehr verehren, so wie auch durch andere Orakelsprüche angetrieben, unternahm er *") es, den MacrinuS zu stürzen und AviluS, den Enkel der Mäsa, obgleich er noch Knabe war, an seiner Stelle zum Kaiser zu machen, und er führte Beide« aus. s.f 1) indem er ihn für einen natürlichen Sohn des TarantaS au-gab, zog er ihm das Kleid, das dieser als Knabe getragen hatte,.an f.-s-s) Cäsar ..... .^ ss) führte ihn bei Nacht, ohne Borwiffen der Mutter und der Großmutter. in das Lager und vermochte die Soldaten, die schon lange ein« Veranlassung dazu wünschten, sich zu empören. (Als EuIychianuS dies erfuhr.-fffZ 32.(Der von Macrin gesandte JulianuS griff) da« Lager an, als wäre der erbittertste Feind darin. Er hätte es auch an demselben Tage noch einnehmen können, da die Mauritanrer, die dem TarantaS zu Hülfe geschickt worden waren, für ihren Landsmann MacrinuS auf'S Tapferste kämpften und bereits einige Thore erbrochen hatten; aber er wollte nicht, sey es nun, daß er einen Sturm ') Hier fehlen sechs Zeilen. "> Hier iedlen wieder acht Zeilen. "*) Dieser Er kann nicht SutychiannS seyn; vergl. den Schluß des Capitels. Es ist wohl Äaanys, (vergl. Cap. 38 ) Red. 1) Hier fehlen acht Zeile». 11) Hier fehlen vier Zeilen. 111) H>er fehlen wieder mehrere Zeilen. Den Anfang deS zwei und dreißiaüen Capitels ergänzt Leunktav durch kie in Klammern gegebenen Worte. k. 1821 AchtundsiebzigfleS Buch. für zu gefährlich hielt, oder daß er hoffte, die Belagerten aus gütlichem Wdge zu unterwerfen. Als aber Niemand mit ihn, unterhandeln wollte, und sie in der Nacht alle Thore verrammelt hatten, um desto sicherer zn seyn, griff er sie wieder an, richtete aber Nachts aus. Man trug den AvituS, dem man die Namen MarcuS Aurelius Antoninus gegeben hatte, auf dem Walle rings herum, zeigte Bilder von Caracalla aus seiner Kindheit, die Jenem gleichen und dartbun sollten, daß er ein Sohn desselben sey, vor und riet: was beginnt ihr, Soldaten? Wollet ihr so gegen den Sohn eures Wohlthäters kämpfen? Die» that seine Wirkung: die Soldaten Julirn's, welche ohnedtiß zum Aufruhr geneigt waren, tödteten ihre. Offiziere, bis auf Julian, welcher sentflohen warf und ergaben sich an den PseudantoninuS. Sie ließen sich nämlich anfangs von ihren Centurionen und den niedren, Offizieren zurückhalten, und kamen zn keinem Entschlüsse: da beredete Eutychian»» den FestuS. den ehemaligen Kämmerer des TarantaS, sie alle niederzumachen, indem er Jedem das Vermögen und die Stelle deS Getödteten im Heere versprach. Auch hielt der Knabe eine ihm an die Hand gegebene Ned« vom Wall herab, in welcher er den TarantaS als seinen Vater lobte und den MacrinuS als.') 33 .") 34 .") Einige und tödtete die Tochter des Mar- cianuS und seine» Schwiegersohn» von den übrigen Soldaten sam- ') Wieder eine Lücke. *') Das ganze dre, und dreißigste Capitel besteht au» vier und dreißig nicht zusammendängenden Zeilen Auch der 'Anfang des vier und dreißigste» Capitels fehlt. 1822 Cassius Dio's Römische Geschichte. mette er so viel, als er in der Eile zusammenbringen konnte, und lieferte ein Dessen; (MarcelluS war schon tod>) brachte dielen') um. wagte aber ohne MacrinuS nicht weiter vorzurücken« und ließ diese» ersuchen zu kommen. Macrinus säumte nicht, in Apamea bei den albanischen Truppen eiezutr.ffen, und e,kläre seinen Sohn, obgleich er eist zehrn Jahre alt war, zum Kaiser, dam t er dadurch Veranlassung bekäme» den Soldaten unter Anderem je sünftau'end Drachmen zu versprechen und sie günstiger für sich zu stimmen. Auch ließ er sogleich Jedem tausend Drachmen auszahlen, gab auch den klebrigen die «olle Brvd- ration, und andere ihnen entzogene Vortheile wieder, indem er hoffte, sie dadurch zu besänftigen. Aus demselben Grunde ließ er auch da- Volk speisen und an jeden Bürger hundert und fünfzig Drachmen vertheilen, ehe er ihnen noch von dem Aufstande Kunde gab, damit man nicht etwa glauben möckte, er halte es wegen dessen, und nicht wegen der Erhebung seine- Sohnes gethan. Jetzt brachte ihm einer der Soldaten, die von ihm abgefallen waren den Kopf des Julian»-, welcher in einem Verstecke aufgefunden und getödtet worden war, mit vieler Leinwand umwunden und fest eingebunden, als ob e- der Kopf des PseudantoniuuS wäre, da das Siegel deS JulianuS darauf gedrückt war. '*) Der Soldat hatte sich, als man die Hülle wegzunehmen anfing. sogleich davon gemacht. Als MaerinuS diese Entdeckung machte, getraute er sich nicht, länger hier zu bleiben, oder da- Lager anzugreifen, sondern begab sich nach Anliochia zurück; so fielen denn anch die Albanischen und die andern in jenen Gegenden ') Wen? den Marciauus? Statt t'sz;z,,/>>aro lese ich eoi;fti/»arro 1823 Achtundsiebzigstes Buch. in den Winterquartieren stehenden Truppen von ihm ab. Nun rüstete man sich aus beiden Seiten, schickte Boten und Bliese in dieProvin« zen und zu den Legionen. Hierdurch entstand an vielen Orten über die erste Sendung des Einen in Beziehung auf den Andern, und über die beständigen und widersprechenden Botschaften große Bestürzung. Viele der Eilboten kamen so von beiden Seiten um das Leben; viele auch von denen, welche die Anhänger des AntoninuS umgebracht, oder sich nicht sogleich angeschlossen hatten, wurden zur Verantwortung gezogen und verloren das Leben oder wurden auf andere Weise zur Strafe gezogen. Ich übergehe das Uebrige, das so ziemlich den gleichen Verlauf hatte, und das im Einzelnen zu erzählen die Mühe nicht verlohnt, um. Was sich in Aegypten begab, kurz zu berichten. 35. Statthalter war daselbst Basilianus, welchen MacrinuS an JalianuS Stelle zum Leibwachcnobristcn gemacht hatte; Einiges besorgte jedoch auch Marcus SecunduS, obgleich er von MacrinuS schon zum Senator ernannt und Statthalter von Phönicier» war. Deshalb waren ihm auch Beide zugethan und hatten die Eilboten des PseudantoninuS umbringen lassen. So lange die Sache noch unentschieden war, waren sie, die Soldaten und die Bürger, unschlüssig, Was sie thun sollten: wie es bei dergleichen Unruhen gewöhnlich ist, wollten, wünschten und verbreiteten die Einen Dieß. die Anderen Jen-s. Als aber die Nachricht von des MacrinuS Niederlage kam, entstand ein gewaltiger Aufstand, bei dem Viele »om Volk und auch nicht wenige Soldaten daS Leben verloren, auch SecunduS, ein Opfer seiner Unschlüisigkeit, fiel; Basilianus, welcher fürchtete, sS würde ihm sogleich a»'s Leben gehen, entrann aus Aegypten, kam nach Italien in die Gegend von Brundisiunr, warb aber hier brltch' den Verrath eines Freundes in Rom, den er ingeheim um Lebens- 1824 Cassius Dio's Römische Geschichte. Mittel gebeten hatte, verrathen; und so wurde er, obgleich er darauf nach Nicomedien unter Segel gegangen war, umgebracht.^ 36. Macrinus schrieb zwar auch an den Senat über den Pseudan- touinus, jWas er an die verschiedenen Statthalter in den Provinzen geschrieben hatte.s nannte ihn ein Knäbchen, einen hirnverbrannten Menschen; jdem Stadtpräfelten MarimuS schrieb er unter Anderem, das sich erwarten ließ, auch, daß die neugeworbenen Soldaten AlleS gleich mit den Aelteren haben wollten, und daß nicht nur sie, daß ihnen nicht das Gleiche bewilligt ward, sondern aüch die Andern, welche Nichts verloren hätten, unzufrieden seyen; und wenn man auch von Allem', was SeveruS und sein Sohn zum Verderben der strengeren KriegSzucht ersonnen hatten, nicht sprechen wollte, so sey es schon unmöglich, daß sie außer den außerordentlichen Zulagen, die sie erhielten, den ganzen Sold beziehen; denn die Solverhöhung, wie sie von dem TarantaS ihnen zu Theil geworden sey, betrage gegen siebzig Millionen Drachme» jährlich; und doch sey es gleich mißlich, sie nicht zu entrichten; eines Theil«, weil die Soldaten, andern Theils.*) klagte und sagte sein einziger Trost sey, daß er den Brudermörder, der das ganze Reich habe zu Grund richten wollen. überlebt habe. Gr schloß seinen Brief etwa mit folgenden Worten: „ich kenne Viele, denen der Wunsch, einen Kaiser gemordet zu sehen höher steht, als ihr eigenes Leben; ich spreche hier nicht von mir selbst, als ob Jemand meinen Tod begehrt oder gewünscht hätte." Darüber rief FulviuS Diogenianus aus: „wir alle haben ihn gewünscht!" 37. Der Mann war Consular, aber etwas hirnverrückt, und Hier fehlen vier und dreißig Zeilen. 1825 Achtundsiebzigstes Buch. seine Rede hatte weder seinen eigenen, noch eines Andern Beifall. .') AvituS zog aber so rasch gegen ihn heran, daß MacrinuS kaum biSsZmma), einem Dorfe bei Nntiochien, hundert und achtzig Stadien von der Stadt enifernt. vorrücken konnte, um ihm eine Schlacht zn liefern. Durch den Muth seiner Leibwachen war er auch im Portheil; er hatte ihnen die Schupp,»Panzer und die hohlen Schilde abgenommen und ihnen dadurch mehr Gewandtheit im Kampfe gegeben, ward aber durch seine eigene Feigheit besiegt» wie ihm die Götter zuvor angezeigt hatten. An dem Tage, an welchem uns sein erstes Schreiben über seinen RegierungSantiitt vorgelesen ward. flog eine Taube auf die Bildsäule Sever'S sdessen Namen er sich beigelegt halte), die in der Curie aufgestellt war,; und später, als er uns die Botschaft über seinen Sohn schickte, wurden wir weder von den Consuln, noch von den Prätore» (da sie gerade abwesend waren), sondern von den Volkstribunen zusammenberufen, was durch die Länge der Zeit bereits außer Gebrauch gekommen war. llebcrdieS hatte er des Sohnes Namen im Eingang des Briefts, obgleich er ihn im Verlaufe Cäsar und Imperator nannte, und der Brief als von Beiden lautete, nicht aufgeführt. In der Erzählung des Hergangs ferner hatte er zwar seines Namens Diadumenian erwähnt, den Namen AntoninuS aber, obgleich er auch diesen führte, ausgelassen. DaS Ganze begab sich auf diese Weise. 38. Und wirklich, als er uns über den Ausstand des PseudantoninuS schrieb, iprachen die Consuln Einiges wider diesen, wie es in dergleichen Fällen gewöhnlich ist, auch ein Prätor und einer derVolks- trtbunen. Ihm und seinem Verwandten, beider Müttern und der ') Hier fehlen zwei und dreißig Zeilen. 1826 Casslus Di'o's Römische Geschichte. Großmutter wurde der Krieg angekündigt und erklärt, denen aber, die i sich mit diesen empört hatten, Straflosigkeit gewährt, wenn sie sich eine« beffern besännen, nie es ihnen auch Macrinu» verheißen hatte. Auch seine Rede an die Soldaten ward verlesen, woraus wir aber noch mehr seine niedrige DenkungSart und seine Thorheit erkennen mußten, jllnter Anderem) nannte er sich, den Vater, und seinen Sohn DiadumenianuS immerfort wieder, schalt auf die Jugend des PseudantoninuS, während er doch seinen eigenen Sohn, der noch viel jünger war, als di-ser. zum Kaiser e> klärt hatte. jJn der Schlacht uua be etzte GannpS *) alle enge Zugänge zu jenem Stä tchen und stellte das Heer sehr Vortheilhast auf, obgleich er sich sonst aus'« Kriegswesen nicht verstand, und ein üppiges Leben geführt hatte. So allgewaltig beherrscht Alles das Glück, daß sie ihren Lieblingen auch nie gelernte Kenntnisse gewährt. sSein Heer aber schlug sich sehr schlecht, und wenn nicht Mäsa und SoämiS, fsie kamen mit dem Knaben) von ihren Wagen gesprungen und jammernd unter die Fliehenden sich gestürzt und sie aufgehalten hätten, und auch Jener mit gezücktem Schwertchen, mit dem er umgürtet war, ihnen, wie ron einer Gottheit g-trieben auf die Feinde loszustürzen geschienen hätte, so würden sie nicht Stand gehalten und auch so sich wieder zurFlucht gewandt haben, wenn nicht MacrinuS, als er sie Widerstand leisten sah, geflohen wäre. 39. So ward er denn sam achten Junius) besiegt, und sandte seinen Sohn junter Begleitung de» EpagathuS und Anderer) zu dem Partherkönig ArtabanuS. Er selbst zog. um aufgenommen zu wer» den. als Sieger in Antiochien ein. Als aber die Nachricht von seiner ') Der Feldherr des PseudantoninuS. 1827 Achtundsiebzigstes Buch. Niederlage kam, und in Folge derselben, und auf den Straßen, sowie in der Stadt zwischen den Anhängern Beider viele Mordseenen vorfielen, entwich er Nachts aus der Stadt, nahm Pferde, ließ sich §opf und Kinn glatt schecren, zog statt des purpurnen, ein dunkles Gewand an, um so mehr wie ein Privatmann auszusehen. So kam er mit nur kleiner Begleitung nach Aegä in Cilicien, nahm dort, als wäre er ein Heerbote, ein Fuhrwe k, durcheilte Cappadocien, Gala- tien und Bithynien, bis »ach Eribülus, einem Hafen, der Hauptstadt NiccmedienS. gegenüber. fEr hatte die Absicht, nach Rom zu eilen, um dort bei dem Senat und dem Volke Hülfe zu suchen. Wäre «S ihm gelungen, durchzukommen, so würde er diese auch wohl gefunden haben: denn in Betracht der Verwegenheit der Syrier und der Jugend des Pscudantoninus, der Ausschweifungen des Gannys und d«S Comazon hatte sich die Stimmung des Volkes für ihn erklärt; so daß die Soldaten im Tode noch ihren Abfall bereuten und die überlebenden nur gezwungen sich unterwarfen. In allen Ländern, durch die er kam, wagte man nicht, wenn man ihn auch erkannte, Hand an ihn zu legen. Wie er aber aus ErilöluS nach Chalcedon überfahren wollte, da er nicht nach Nicomedien zu gehen sich getraute, fweil er sich vor CäciliuS Aristo, dem Statthalter vonBithynien, fürchtetet» so ließ er einen Prokurator um Geld bitten, ward dadurch verrathen und roch in Chalcedon festgenommen. Die von dem PseudantoninuS ausgeschickten Soldaten kamen dazu.') Gefangen nahm ihn fAureliuS CelsuS, der Centurio und führte ihn bis nach Cappadocikn wie einen.") ') Hier fehlt eine Zeile. ") Hier wierer eine Zeile. 1828 Cassius Dio's Römische Geschichte. 40. Als er hier erfuhr, daß auch sein Sohn eingefangen seh .*1 indem er durch .'*) ging, griff ihn der Eenturio ElaudiuS Pollw auf;) da stürzte er stch vom Wagen, (denn er war nicht gefesselt) brach stch den Arm, und ward gleich darauf fam . . .) *'*) So wurde denn MacrinuS, schon betagt, in einem Alter von vier und fünfzig Jahren, fweniger drei bis fünf Tages ein erfahrener Geschäftsmann, nicht ohne Tapferkeit, der so viele Heere unter seinen Befehlen gehabt hatte, von einem Knaben, den er bisher nicht einmal dem Namen nach kannte, gestürzt, wie ihm ein Orakel vorher gesagt hatte f.Jupiter Beins.) hatte ihm nämlich auf sein Anfragen die Antwort ertheilt: Greis, für wahr viel Drangsal bereiten Dir jüngere Krieger ' Deine Kraft ist gelüst, ein trauriges Alter ereilt Dich. .f und sein Sohn verlor mit ihm sein Leben.) 41. So darf Keiner, dessen Macht auch noch so befestigt scheint, daraus bauen; der Glücklichste erfährt gleich den Ucbrige» des GlückeS Unbestand. MacrinuS jhätte stch das größte Lob verdient, wenn er nicht selbst nach der Alleinherrschaft gestrebt,, sondern einem aus dem Senat die Herrschaft über die Römer übertragen und diesen zum Käser ernannt hätte. So allein wäre er dem Vorwurf entgangen. *) Hier fehlen wieder mehrere Zeilen. Hier wieder eine Zeile. Hier ist eine Lücke von 10 Zeilen, ch) Hier wieder eine Lücke. 1829 Achtundsiebzigstes Buch. daß er dem CaracalluS nicht aus Begierde nach der Alleinherrschaft, sondern um sein eigenes Leben zu retten, nach dem Leben getrachtet habe. So aber ward er sein eigener Ankläger und richtete sich selbst zu Grunde, so daß er Schande und Unglück wohl verdient zu haben schien. Er wollte Alleinherrscher seyn, ohne auch nur den Rang eines Senators zu Habens und verlor die Herrschaft eben so schnell alr^ kläglich, da sie nur ein Jahr und zwei Monate, weniger drei Tage (wenn man ste auch bis zum Tage der Schlacht rechnen will), ge- < dauert hatte. Inhalt deS neunundsiebzigsten Buchs. Im Auszug« des XipbilinuS mit Bruchstücke» des vollständigen D io. Avitns, auch Pseudantoninus genannt, läßt Viele hinrichten, kav. l—7. ör erlaubt sich Gräuel aller Art und vermählt sich mir einer Bestalln. Cap. 8—io. Bon ClagabaluS und wie er die Göttin Urania nach Rom kommen ließ und mit ClagabaluS vermählte. Cap. II. 12. Seine Ausschweifungen. Cap. 1Z—IS. Cr nimmt seinen Vetter an Sohnes Statt an und nennt ihn Alerander. Cap. 17. 18. Er wird vvm Throne gestürzt und ermordet. Cap. 19—21. Der Zeitraum begreift außer dem Rest von d«S Macrinus und deS AdventuS Consulat noch vier Jahre, in welchem Folgende Consuln waren: Nach Nach Elagabal's Ehr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre, 218. 971. Antoninus ClagabaluS und O. M. Coesatinus AdventuS. I. 8. Juni. 219. 972. Pseudanioninu« zum zweitenmal und Sacerdvs zum zweitenmal. II. 220. 97Z. Pfeudantoninus zum drittenmal und Sulychianus Comazo». III. 221. 974. GratuS Sabinianus und Seleu- cus. IV. 222. 975. Plendantoninus zum viertenmal und Marcus Aurelius Severus Alerander. II. März. Casfius Dio's Römische Geschichte rc. 1831 Neunundsicbzigstes Buch. l. AvituS, auch PseudantoninuS, der Affyrier oder auch Sar- danapalu« und TiberinuS genannt (denn auch letzter» Namen erhielt er, weil man seine Leiche in die Tiber wars) (hielt am Tage nach dem Siege seinen Einzug in Antiochien, nachdem er seinen Soldaten statt der Plünderung der Stadt, wozu sie große Lust bezeigte», fünfhundert Drachmen Jedem verheißen hatte, die natürlich die Bürger- schaft zahlen mußte. Seine Briefe enthielten außer Anderem, Madie Sache so mit sich bringt, viele Schmähungen auf den MacrinuS, auf seine unedle Geburt und seine Ermordung des AntoninuS. Unter Anderem hieß es: „Er, der nach dem Rufe des Herolds, daß jeder Nichtsenator abtreten solle, die Curie nicht betreten durste, erfrechte sich, nach meuchlerischer Ermordung des Kaisers, dessen Sicherheit ihm anvertraut war, die Herrschaft an sich zu reißen und Kaiser zu werden, ehe er noch Senator war." Von sich selber machte er nicht blos den Soldaten, sondern auch dem Senat und dem Volke die schönsten Versprechungen. Nach August, mit dem er sich auch in Hinsicht auf sein Alter verglich, und nach des MarcuS AntoninuS Vorbild wollte er handeln. Hinsichtlich der Schmähungen, welche MacrinuS über seine Jugend überallhin verbreitet hatte, bemerkte er: „Er wollte meine Jahre mir zum Vorwurf machen, er, welcher selbst seinen fünfjährigen Sohn zum Kaiser ernannt hatte." Dio Lasst»-. ILi Bdchn. 3 1832 Cassius Dio's Römische Geschichte. 2. Dieß war der Inhalt seines Schreiben- an den Senat; die Berichte über da-, was bei dem Heere vorgefallen war, und die Briefe Macrin's an Marimus schickte er nicht nur an den Senat, sondern auch an die Legionen, damit sie in Folge derselben seine Andenken verabscheuen und ihn um so mehr liebgewinnen möchten. In dem Briefe an den Senat und dem Schreiben an da- Volk nannte er sich Imperator, Cäsar, Antonin'S Sohn, Enkel der SeveruS, Felir, AugustuS, Proconsul und Volkstribun. gewählt und aufgetragen hatte, wenn er Widerstand fände, sich der Beihülfe der Soldaten zu bedienen, worauf der Senat gegen seine» Willen Alle- vorzulesen . . . ..") denn im Dränge der Umstände konnten sie Nicht- vorkehren, wie es ihre Pflicht und ihr Wohl erheischte..'") In der Angst und Bestürzung beschloß man MacrinuS.*"*) überhäuften .***) und seinen Sohn mit Schmähungen, und erhoben dagegen den TarantaS, welchen sie so oft für einen Feind des Vaterlandes erklären wollten, und wünschten, daß der Sohn dem Vater nacharten möchte. 3. 7 eine Handlung, die auch einem vorzüglichen Kaiser Ehre gemacht hätte. Obgleich Viele ssowohl Privatleute als Völkerschaften, Römer.11) und Senatoren zu Folge der Briefschaften des MacrinuS sgegen CaracalluS) und ihn selbst durch Wort und That sich Ungebühr erlaubt hatten, so erklärte ') Hier folgt eine Lücke von dreißig Zeilen. ") Wieder eine kleine Lücke von mehreren Worten. ES fehlen wieder ein Paar Worte. 1) Wieder eine Lücke von acht und zwanzig Zeilen, ss) Wieder eine Lücke von einigen Worten. 1833 Neunundftebzigstes Buch. er doch, er wollte es Keinen entgelten lassen und hielt) Wort. Sonst aber beging er die ärgsten Schändlichkeiten, Ungerechtigkeiten und Mordthaten, so daß Dinge, die bisher in Rom unerhört waren, als einheimisch an die Tagesordnung kamen, und daß während der drei Jahre, neun Monate uud vier Tage, in denen er herrschte, wenn man seine Herrschaft von dem Tage der Schlacht, durch welche er Alleinherrscher wurde, rechnen will, die kecksten Frevelthaten bald hier bald dort begangen wurden. In Syrien ermordete er den Nestor und den FabiuS AgrippinuS, den Statthalter des Landes, und die vornehmsten Ritter au« dem Gefolge Macrin's. Das Gleiche that er auch in Rom gegen diejenigen, welche mit ihm in vertrauteren Verhältnissen gestanden waren, in Arabien den Ptca und den Rianu«, den dortigen Statthalter, weil sie nicht sogleich zu ihm übergetreten waren, in Cypern den Claudius AttaluS, dem früheren Statthalter von Thracier», welcher früher im Kriege gegen Niger von Severu» au« dem Senat gestoßen, von dem TarantaS aber wieder in denselben aufgenommen und dann durch das LooS zum Statthalter CyPernS gemacht worden war. Grund seines Todes war, daß er es mit dem Comazon verdorben hatte. Als dieser nämlich früher in Thracien diente und sich ein Vergehen zu Schuld kommen ließ, hatte er ihn unter die Matrosen verstoßen.j 4. Ein solcher Mensch war Comazon (ein Name, den er als früherer Mimiker und Poffenspieler bekam), und dennoch wurde er, ohne vorher ein Amt oder eine Befehlshaberstelle, außer jenen Dienste» im Felde, bekleidet zu haben, Leibwachenobrist, (erhielt den Rang als Confulj ward hierauf wirklicher Consul (und Stadtpräfekt) und zwar nicht blos einmal sondern zum zweiten, drittenmal, eine Auszeichnung, die sonst nicht leicht Einem zu Theil geworden war, weß- z * 1834 Cassius Dio's Römische Geschichte. halb die« auch unter die größte» Widerrechtlichkeiten gerechnet werden darf. sAttaluS fand durch ihn seinen Tod; TriccianuS aber, wegen der albanischen Legion, die er unter MacrinuS mit so großer Strenge befehligte, und weil er ein unternehmender Mann war, der fich durch die KriegSämter, die er bekleidet hatte, und sein vertrautes Verhältniß mit AntoninuS, bei den Soldaten in Ansehen gesetzt hatte. Deßhalb.') wurde er nicht ohne Absicht vorausgeschickt und hielt sich in Bilhynien auf. Diesen ließ er jetzt tödten, obgleich er wegen desselben an den Senat geschrieben hatte, daß er ihm, der früher von MacrinuS aus Rom verbannt worden sey, so wie auch dem Julius Asper, die Erlaubniß zur Rückkehr gegeben habe. Ein gleiches Schicksal iraf den Sylla, der früher Statthalter von Eappadocien gewesen war, diese Provinz aber bereits verlassen hatte, weil er sich in Dinge mischte, die ihn Nichts angingen und von ihm aus Rom entboten, den keltischen Truppen begegnete, die nach den Winterquartieren in Bithynien, wo sie Unordnungen angefangen hatten, auf dem Heimzuge begriffen waren. Diese ließ er hinrichte», ohne dem Senat über sie Etwas mitzutheilen. Sejus CaruS, Enkel des Stadtpräfekten FuScianuS, wurde, weil er ein reicher Mann von Einfluß und Einsicht war, vorgeblich, weil er Soldaten von der Albanischen Legion auf seine Seite zu bringen suchte, auf die bloße Angabe PseudantoninS in dem Palaste verhört und hingerichtet;j Va- lerianuS Pätu«, weil er sein Brustbild auf goldene Münzen als Schmuck für seine Buhlerinnen hatte prägen lasse». jMan beschuldigte ihn nämlich in Folge dessen, daß er sie hätte mit seinem Brustbiloe prägen lassen, um sich in das seinem Vaterland Gala« ') Auch hier fehlen wieder einige Worte. Neunundsiebzigstes Buch. 1835 tien benachbarte Cappadocien zu begeben und bort Empörung zu stiften. 5. Außer diesen wurden noch und zwar vom Senate zum Tode verurtheiltj Silius Meffala und Pomponius BaffuS, denen Schuld gegeben wurde, daß sie, wie er sich ausdrückte, an seiner Regierung keinen Gefallen fänden. Dies entblödete er sich nicht, dem Senate gerade heraus zu schreiben, indem er fie Bekrittler und Tadler seiner Person und dessen, was im Palaste vorginge, nannte. „Die Beweise für ihre gefährlichen Absichten schickte ich euch nicht, da ihr fie ohne Nutzen lesen würdet: sie sind ja schon todt." ES war jedoch noch ein anderer Beweggrund dabei, fdaß er dem Meffala übel wollte, weil er sich im Senat stark auszulasten pflegte, weßhalb er ihn gleich Anfangs, unter dem Vorwande, seines Beistandes benöthigt zu seyn, zu sich nach Syrien entbot, damit er den Senat nicht umstimmen möchte. Beis BaffuS war es die Schönheit und die hohe Abkunft seiner Frau; sie war eine Abkömmlingin des Severus Claudius und >eS MarcuS AntoninuS. Er vermählte sich selbst'mit ihr, und sie durfte auS Furcht vor ihm nicht einmal ihren Verlust beweinen. Doch von seinen verschiedenen Vermählungen, die er einging und wobei er bald den Mann, bald dasWeib machte, will ich sogleich sprechen. In beiderlei Fällen benahm er sich auf'S Unzüchtigste, s. 6.') daß er aber ihn, der die ganze Empörung für ihn eingeleitet, ihn in das Lager geführt, die Soldaten zum Abfall verleitet, ihm den Sieg gegen MacrinuS ge- ') Zu Ende des fünften und zu Anfang des sechsten Capitels fehlen dreißig Zeilen. ") Den GannyS; s. oben 78, 3t. 38. 1836 Cassius Dio's Römische Geschichte. Wonnen hatte, seinen Erzieher, seinen Führer gleich mit dem Antritt seiner Regierung in Nicomedien umbringen ließ, ward mit Recht für die schreiendste Undankbarkeit angesehen. Er lebte zwar zu üppig und nahm gerne Geschenke an, schadete aber Niemand, und erwies dagegen Vielen Wohlthaten. Er war aber, was noch mehr heißen wollte, ein treuer Diener seines Herrn und stand bei Mäsa und SoämiS in hoher Gunst; bei der Einen, weil er gewisser Maßen ihr Zögling war, bei der Andern aber, weil er Mannes Statt bei ihr vertrat. Dies war jedoch nicht der Grund, aus dem er ihn umbrachte: er wollte ihn vielmehr ausstatten, daß er sts heirathen konnte, und ihn zum Cäsar ernennen, sondern, weil er ihn anhielt, besonnen und vernünftig sich zu benehmen. Er selbst legte Hand an ihn und verwundete ihn, weil keiner der Soldaten den Mord beginnen wollte. Ein solches Ende nahm GannyS. 7. Auch ....') Verus, welcher die dritte gallische Legion befehligte, und Gellius MarimuS, obgleich er. nur Legat bei der vierten scythischen Legion im zweiten Syrien war, ließen sich einfallen, nach der Oberherrschaft zu trachten und wurden hingerichtet. So allgemein war die Verwirrung, daß diese Männer, der Eine vom Centurio zum Senator erhoben, der Andere, eines Arztes ") Sohn, sich den Gedanken an die Alleinherrschaft in den Sinn kommen ließen. Diese nannte ich allein, nicht weil sie allein so verrückt waren, sondern weil sie zum Senate gehörten. Ein Anderer, eines Centurio Sohn, unterfing sich, dieselbe gallische Legion aufzuwiegeln, ja selbst ') Hier fehlen einige Worte. Im alten Rom wurde die Kunst der Aerzte nur von Sklaven und Freigelassenen geübt. 1837 Neunundfiebzigstes Buch. «in Wollenfabrikant die vierte, und ein Privatmann die in CyzicuS liegende Flotte, als PsendantoninuS in Nicomedien überwinterte, und so noch an vielen Orten. So leicht nahm man «S, nach der Herrschaft zu streben und Empörungen anzustiften, da so Viele wider Erwarten und sonder Verdienst den Thron bestiegen hatten. Niemand darf diesen Angaben den Glauben versagen.*) ich habe es von Privatleuten, glaubwürdigen Männern; den Versuch mit der Flotte konnte ich in der Nähe von PergamuS aus des Nähern erfahren. Ueber letztere Stadt, so wie über Smyrna ward ich von Maerinus gesetzt; und nach diesem Vorgang konnte ich auch das klebrige nicht unglaublich finden. 8. Eine solche Bewandtnis hatte es auch mit den Mordthaten, die er sich zu Schuld kommen ließ. Was er sich gegen die herkömmliche Sitte erlaubte, ist von keinem Belang und hat uns keinen Nachtheil gebracht. Nur war eine Neuerung gegen das Herkommen, daß er sich, wie ich schon bemerkte, Regentennamen beilegte, ehe fie ihm zuerkannt wurden, und daß er sich statt des Consuls MacrinuS aufzeichnen ließ» obgleich er weder dazu ernannt war, noch dieses Amt, da» schon abgelaufen war, bekleidet hatte, während er doch selbst ansang« dieses Jahr in drei Briefen nach Adventus als dem einzigen Consul bezeichnet hatte; daß er ferner jetzt zum zweitenmal Consul seyn wollte, ohne vorher ein Staatsamt bekleidet, oder auch nur die Ehrenzeichen eine- Amtes gehabt zu haben; daß er endlich bei den Votivspielen während seines Aufenthalts in Nicomedien als Consul da« Triumphkleid nicht anlegte. 9. Er heirathete Cornelia Paula, um, wie er sagte, früher Va- ') Auch hier ist eine Lücke von ungefähr einer Zeile. 1838 Casflus Dio's Römische Geschichte. ter zu werden, er, der sich noch nicht einmal Mann nenne» konnte. Bei der Hochzeit wurden nicht nur an den Senat und die Ritterschaft, sondern auch an die Frauen der Senatoren Geschenke vertheilt. Vom Volk bekam Jeder hundert und fünfzig Drachmen und die Soldaten hundert weiter zum Verschmausen. Es wurden Gladiatorenspiele gegeben, bei denen er, wie früher bei den Votivspielen, in purpurverbrämter Toga erschien. Unter vielen andern Thieren wurden auch ein Elefant und ein und fünfzig Tiger erlegt, eine Zahl, auf die man früher noch nie gekommen war. Doch er trennte sich von Paula, weil sie, wie er vorgab, ein Mal am Körper habe, und vermählte sich mit Aquilia Severa, eine Verbindung, durch die er unsere Gesetze mit Füßen trat. Sie, eine der Best« geweihte Jungfrau, brachte er auf'S Schändlichste um ihre Ehre und erfrechte sich noch zu erklären: «ich that es, damit ich, der Oberpriester mit ihr, der Obervestalin, göttcrgleiche Kinder zeugete." Ueber «ine That, ob welcher er auf dem Forum gegeißelt, in'r Staatsgefängniß geworfen und hingerichtet werden sollte, brüstete er sich noch, doch auch sie behielt er nicht lange; er nahm eine dritte, eine vierte, ein« fünfte Gemahlin, und kam darauf wiedxr auf die Severa zurück. 1V. In Rom ergaben sich mehrere Götterzeichen, unter andern hatte die Bildsäule der Isis, die auf der Zinne ihres Tempels auf einem Hunde reitet, ihr Gesicht einwärts gekehrt. Sardanapal gab auch Kämpfe und stellte viele Schauspiele an, in welchen der Athlet« AureliuS Aelir sich großen Ruhm erwarb. Er war seinen Gegnern so sehr überlegen, daß er in Olympia im Ringen und dem Pankra- tion auftreten wollte und bei den Capitolinischcn Spielen wirklich iu beiden Sieger war. Die Eleer hatten nämlich (so erzählt man sich wenigstens) aus Mißgunst gegen ihn, damit er nicht nach Hercules 1839 Neunund siebzigstes Buch. der achte würde, gar keine Ringer in das Stadium gerufen, obgleich auf der Liste auch dieses Kampfspiel stand. In Rom aber siegte er wirklich in Beiden», was noch Keinem vor ihm gelungen war. 1t. Unter PseudantoninuS Widergesetzlichkeiten gehört auch diejenige mit den» ElegabaluS, nicht, daß er einen fremden Gott in Rom einführte, oder daß er ihm auffallende Verehrung erwies; sondern weil er ihn selbst über den Jupiter setzte und sich durch einen besondern Beschluß zum Priester desselben bestellen ließ, daß er sich beschneiden ließ und sich des Schweinefleisches enthielt, sum ihn so desto reiner zu verehren.) Er wollte sich anfangs ganz entmannen. Wie er dies auS Weichlichkeit zu thun wünschte, so that er Jenes, als einem Priester des GotteS besonders zukommend und verstümmelte viele seiner Freunde auf gleiche Weise.) Auch trug er eine ausländische Kleidung, wie sie die Priester der Syrier haben. und ließ sich oft darin öffentlich sehen, woher er auch vornehmlich den Beinahmen des AffyrierS erhielt. Ich übergehe die ausländischen Gesänge, die der Sardanapal mit seiner Mutter und seiner Großmutter dem ElegabaluS zu Ehren absang, und die geheimen Opfer von Knaben, dke er ihin unter Zauberformeln schlachtete. Auch sperrte er einen Löwen, einen Affen und eine lebendige Schlange in seinen Tempel, warf das männliche Glied eines Menschen hinein, beging noch anderen gottlosen Unfug und umhängte sich auch mit unzähligen Amuletten. 12. Doch ich übergehe alles dies, um auf das Lächerlichste zu kommen, daß er seinen ElegabaluS sogar vermählte, als ob er Weib und Kind haben müßte. Diese durfte nun freilich nicht arm, nicht von gemeiner Abkunft seyn, weßhalb er Urania, die Göttin der Carthager, dazu auserkohr und sie von dorther bringen ließ, sie in dem Palast aufstellte und ihr von allen Provinzen Hochzeitgeschenkc bringen ließ. 1840 Cassius Dio's Römische Geschichte. wie er dieß bei seinen eigenen Gemahlinnen gehalten hatte. Diese Geschenke, welche noch bei seinen Lebzeiten gegeben wurden, forderte mauhernachmals ein. Als Mitgift begehrte er nur zwei goldeneLöwen, welche sodann später eingeschmelzt wurden. Der Gott selbst ward in einem goldenen Standbild aufgestellt, und mit vielfältigem Schmuck behängt. Auf diese Weise vergeudete er die großen Summen, die er in dem öffentlichen Schatze fand, und die Einkünfte reichten nicht zu seinen Verschwendungen hin. 13. Dieser Sardanapal, bei dem sogar die Götter sich ehelich verbinden mußten, lebte selbst auf'S Unzüchtigste. sTr heirathete viele Frauen, und hielt noch viel mehrere söhne gesetzlichen Titels in seinem Harem, nicht als ob er ihrer bedurft hätte, sondern um bei dem LiebeSgenuß mit seinen Lustknaben ihre Kunstgriffe nachzuahmen, fund ste zu Genossen seiner Schändlichkeiten zu nehmen, indem er sich immer unter ihnen herumtrieb. Viele Unzüchtigkeiten, die nachzusagen oder anzuhören Einer nicht aushalten würde, that er mit seinem Körper und ließ sich thun. Nur einige Lüderlichkeiten, welche, vor Aller Augen getrieben, nicht verhehlt werden können, will ich erzählen. Er ging bei Nacht in Schenken, durch falsche Haar« maS- kirt, und versah, was die Wirthinnen in solchen Häusern zu thun Pflegten; er kam in berüchtigte Lusthäuser, trieb die Dirnen hinaus, und trieb dort mit seinen Lustknaben sein Unwesen; er bestimmte endlich in dem Palast ein eigenes Zimmer für seine Geilheiten, stand nackt, wie die Lnstdirnen, unter die Thür, zog den in goldenen Ringen hängende» Vorhang zurück und suchte die Vorübergehenden mit schmachtender, gebrochener Stimme herbeizulocken. ES kamen dann auch immer welche, die Herbeschieden waren. Wie in andern Dingen, so hatte er auch hiefür seine Aufspüre» in Menge, durch welche die- 1841 Neununvfiebzigstes Buch. jenigen ausgekundschaftet wurden, welche am besten seine unzüchtigen Lüste befriedigen konnten. Dafür mußten sie jedoch zahlen, und er that sich auf solchen Erwerb viel zu Gut, stritt mit den Genossen seiner Ausschweifungen und behauptete, mehr Liebhaber als sie zu haben und mehr sich zu erwerben. 14. Dies that er mit Allen, die mit ihm fleischlichen Umgang hatten; einen begünstigten Mann jedoch hatte er, den er deshalb zum Cäsar ernannt wissen wollte. Auch als Wettfahrer trat er auf, im grünen Gewand zu Hause, wenn man das ein Haus nennen will; Kampfrichter waren theils seine vertrauteren Gesellschafter f Ritter und kaiserliche Hofbedientej selbst die Obristeu der Leibwachen, seine Großmutter, seine Mutter und seine Frauen, auch sogar einige vom Senat und der Stadtpräfekt Leo. Da sah man denn den Wagenlenker wie einen gemeinen Wettfahrer bei den Kampfrichtern und den Soldaten unter tiefen Verbeugungen um Goldstücke betteln. sWenn er Einem Recht sprach, hatte er noch allein etwas Männliches, in allem Anderen zeigte er im Handeln sowohl als im Ton der Stimme weibische Weichlichkeit.) Er tanzte beständig nicht blos auf der Orchestra, sondern auch gewissermaßen, wenn er ging, opferte, Besuche empfing oder zum Volke redete. Endlich wählte er sich (damit ich wieder auf seine Verheirathungen zurück komme) «inen Gemahl, ließ sich Frau, Gebieterin, Augusts heißen, spann Wolle, trug eine Art Netzhaube und schminkte sich (mit Bleiweiß und Karmins die Augen. Einmal ließ er sich den Bart scheeren und gab deshalb ein Fest; später aber ließ er sich die Haare ausrupfen, um auch hierin Weib zu seyn; oft nahm er auch im Bette Besuche der Senatoren an. 15. Der Gemahl der neuen August« war HierocleS, ein kart- 1842 Caffius Dio's Römische Geschichte. scher Sklave, (früher Lustknabe der Gordiu«, von dem er auch dar Wettfahren erlernte, wobei er sich auf eine sonderbare Weise die Gunst Glegabals gewann. Er stürzte bei einem Wettfabren vom Wagen gerade vor dem Sitze des Sardanapalus nieder, verlor beim Fallen den Helm und vor ihm stand er mit dem glatten Kinn und dem blonden Lockenhaar und ward alsbald in den Palast fortgerissen. Hier gewann er durch seine nächtlichen Verdienste ihn bald so, daß er hoch zu Ehren kam und mehr als der Kaiser selbst vermochte, und daß man es ganz in Ordnung fand, daß seine Mutter, noch Sklavin, von den Soldaten nach Rom geführt wurde und gleichen Rang mit den Gemahlinnen der Consularen erhielt. Oft wurden nämlich von ihm auch Andere zu Ehre und Macht erhoben, weil sie entweder an seinem Ausstände Theil genommen, oder sie in ehebrecherischem Verhältniß mit ihm lebten: denn er wollte, (um auch hierin die unzüchtigsten Frauen nachzuahmen), dafür angesehen sein und ließ sich oft geflissentlich aufderThatertappen, worüber ervon dem MannesHierocleSs tüchtig ausgescholten wurde und Schläge erhielt, daß er oft blaue Male im Gesichte davon trug. Jenen aber liebte er nicht blos mit oberflächlichem Ungestüm, sondern ernstlich und mit nachhaltiger Leidenschaft, so daß er darüber nicht nur nicht unwillig ward, sondern im Gegentheil ihn darob nur um so mehr liebte, und ihn sogar zum Cäsar ernennen wollte, und seiner Großmutter, welche es ihm verwehren wollte, deshalb drohte» und seinetwegen selbst die Gunst seiner Soldaten verscherzte; und daß dieß später die Veranlassung zu seinem Verderben ward. 46. Ein gewisser Aurelius ZoticuS, aus Smyrna gebürtig, den man auch von seine- Vaters Kunst den Koch zu nennen Pflegte, ward von ihm mit besonderer Zuneigung beehrt, fiel dann in Un- Neunundstebzigstes Buch. 1843 gnade und es ward ihm zum Heile. Der Mann hatte einen athletischen, schönen Körper und übertraf Alle an Größe des männliche» Glieds. Dies ward dem Kaiser von seinen Aufspürern hinterbracht, er wurde plötzlich von den Kampfzielen weggerissen und unter so großem Gepränge, wie es weder AugaruS unter Severus, noch Teridates unter Nero gehabt hatte, nach Rom geführt. Er ward von dem Kaiser, noch ehe er ihn gesehen hatte, zum Kämmerer ernannt, smit dem Namen von AvituS, des Kaiser- Großvater, beehrt und wie bei einem Feste mit Kränzen geschmückt^ unter allgemeiner Beleuchtung in den Palast geleitet. Bei seinem Anblicke sprang Jener im Takte auf und als dieser ihn, wie billig mit den Worten „Gebieter und Kaiser," begrüßte, erwiderte er, indem er den Nacken mädchenhaft bog und die Augen niederschlug, ohne sich lange zu bedenken: „Nenne mich nicht Gebieter! ich bin nur Gebieterin!" Er ging mit ihm sogleich in das Bad, und wurde, als er bei weiterer Entblößung ihn ganz seinem Rufe entsprechend fand, von so geiler Brunst ergriffen, daß er sich, wie eine Geliebte, an seine Brust legte, und an seinem Busen sein Abendmahl einnahm. HierocleS aber mußte befürchten, er möchte noch größere Gewalt, als selbst über ihn bekommen, und, wie eS bei Eifersüchtigen gewöhnlich ist, von ihm zu Falle gebracht werden, ließ ihm durch die ihm befreundeten Weinschenken einen schwächenden Trank beibringen. Der Mann blieb die ganze Nacht zu dem Liebesgeschäft unfähig, Waid, aller seiner Gunstbeweise wieder verlustig, aus dem Palast, aus Rom und später sogar aus ganz Italien fortgejagt, und die- war sein Glück. sJa der Kaiser trieb seine Geilheit so weit, daß er von den Aerzten haben wollte, ste sollten ihn durch anatomische Kunst zum weiblichen Genuß 1844 Casfius Dio's Römische Geschichte. der Liebe empfänglich machen, wofür er ihnen große Belohnung verhießt 17. Aber bald darauf sollte dieser SardanapaluS selbst den seiner Verruchtheit würdigen Lohn empfangen. Durch da-, was er that und mit sich treiben ließ, warb er dem Volke und den Soldaten, denen er so sehr schmeichelte, verhaßt, und wurde endlich von letzteren mitten im Lager niedergemacht. Der Hergang war folgender. Er führte den Basstanus, sein Geschwisterkind, in den Senat, und nahm ihn, während Mäsa und SoämiS ihm zu beiden Seiten standen, zum Sohne an, pries sich glücklich, daß er mit einemmal eines solchen Sohnes Vater sey, als ob er so viel älter an Jahren als dieser wäre, und erklärte, er brauche jetzt keines andern Sohnes, um sein Haus vor künftigen Unfällen sicher zu stellen; GlegabaluS habe ihm befohlen, dieß zu thun und ihn Alerander zu nennen. Ich meines Theils glaube gern, daß es wirklich durch göttliche Fügung geschehen ist und schließe dies nicht sowohl aus dem, was er selbst sagte, als aus dem, was ihm ein Anderer sagte, daß ein Alerander, au« Emesa kommend, sein Nachfolger werden würde, so wie auch aus dem, was sich in Obermysien und in Thracien begeben hat. 18. Kurze Zeit vorher nämlich kam ein Dämon, der sich für Alerander den König der Macedonier ausgab, und ihm auch an Gestalt und Anzug vollkommen glich, in den Gegenden um die Donau, ich weiß nicht auf welche Weise, zum Vorschein, durchzog als Bacchant mit vierhundert Begleitern, die ThyrsuSstäbe und Felle von Hirschkälbern trugen, aber Niemand etwas zu Leide thaten, Asien und Thracien. Alle, welche damals in Thracien waren, versichern einstimmig , daß ihm Einkehr und jegliches Bedürfniß auf öffentliche Kosten angewiesen ward, daß kein Befehlshaber, kein Soldat, kein 1845 Neunundflebzigstes Buch. kaiserlich« Einnehmer, kein Statthalter einer Provinz «r wagte, ihn zur Rede zu stellen, oder sich ihm zu widersetzen. Wie in einem Festaufzuge zog er an Hellem Tage bis nach Byzantium, wohin, wie er selbst sagte, sein Weg ihn führte. Von da ging er zu Schiff, landete an dem chalcedonischcn Gebiet, brachte dort Nachts gewisse Opfer» vergrub ein hölzernes Pferd in die Erde und verschwand. Dies erfuhr ich während meines Aufenthalts in Asien, ehe sich noch in Rom mit BassianuS Etwas begeben hatte. 19. So lange nun SardanapaluS seinen Vetter liebte, hatte er Nichts zu befürchten. Als er aber gegen Jedermann mißtrauisch wurde und merkte, daß die Stimmung sich ganz für Jenen entschied, wagte er es, andern Sinnes zu werden, und legte Alles darauf an, ihn aus dem Wege zu räumen. Wie er nun einmal wirklich den Versuch machte, richtete er nicht nur Nichts aus, sondern kam selbst in Todesgefahr. Alexander wurde nämlich von seiner Mutter, seiner Großmutter und den Soldaten sorgfältig bewacht; die Leibwachen fingen, so bald fie seinen Anschlag erfuhren, einen gewaltigen Aufstand an, und gaben sich nicht eher zu Ruhe, als bis Sardanapal mit Alexander in da-Lager kam, demüthig um sein Lebe» bat und sich die Auslieferung einiger seiner Schandgenoffen abdrängen ließ. Für HierocleS bat er auf'S Kläglichste und unter Thränen, bot selbst seine Kehle dar und sprach: „Nur den Einen laßt mir am Leben, Was ihr auch von ihm denken möget, oder tödtet lieber mich!« Kaum vermochte er fie zu besänftigen und sein Leben zu retten. Auch seine Großmutter haßte ihn ob seiner Lebensweise, da er, wie fie sagte, nicht einmal Sohn des AntoninuS sey, und entschied sich mehr für Alexander, als ob dieser in Wahrheit ihm entsprossen wäre. 20. Als er aber wieder einen Anschlag auf das Leben des 1846 Cassius Dio's Römische Geschichte rc. Alerander gemacht hatte und die Leibwachen von Neuem sich empörten, erschien er mit ihm in dem Lager, wollte jedoch, als er merkte, man lasse ihn nicht aus den Augen, umihn dann zu tüdten, während beide Mütter offener als bisher, wider einander sich aussprachen und die Soldaten aufreizten, entfliehen, und wäre auch beinah« in einem Verschlage entkommen. Er wurde aber entdeckt und niedergemacht, in einem Alter von achtzehen Jahren, und mit ihm verlor seine Mutter, die ihn fest umschlungen hielt, ihr Leben. Beiden hieb man die Köpfe ab, und ihre Leichen wurden entblößt erst durch die ganze Stadt geschleppt, dann diejenige der Mutter irgend anderswohin, die seinige aber in den Fluß geworfen. 21. Mit ihm mußten sterben Hierocles, die Obristen der Leibwache und AureliuS EubuleS, der aus Emesa gebürtig war, fund seine Lüderlichkeit und Verworfenheit so weit trieb, daß das Volk schon früher seine Auslieferung gefordert hatte.j Er war Oberrechnungsführer gewesen und hatte an Einem fort Güter eingezogen. Jetzt wurde er von dem Volk und den Soldaten in Stücke zerrissen, und mit ihm der Stadtpräfekt FulviuS, an dessen, so wie an seines Vorgängers Stelle, wieder Comazon trat: denn wie zwischen die Akten eines Lustspiels eine Larve auf's Theater gebracht wird, so mußte auch er den leeren Platz der Stadtpräfekten füllen. Der jTottj Elegabalus selbst wurde ganz aus Rom vertrieben. Mit demTiberi- uus nahm es ein solches Ende, und Keiner von denen, welche die Empörung mit ihm angefacht hatten und unter ihm mächtig geworden waren, blieb am Lebe». Inhalt des achtzigsten Buchs. Im AuSzuge des TiphtlinüS mit Bruchstücken des vollständigen Dio. Warum Dio Alexanders Regierung nicht so im Einzelne» beschrieben habe. Cap. I. Der Leibwachenobrist UlpianuS wird niedergemacht. Cap. 2. Des Persers Artarerres Unternehmungen gegen die Parther und die Römer. Cap. 3.4. Div'S zweites Consulat, Rückkehr in sein Vaterland und Schluß seiner Geschichte. Cap. 5. Der Zeitraum begreift acht Jahre, in welchen Folgende Consulu waren: Nach Nach Alexanders Chr. Erb. d. Stadt. Regier.-Jahre. 222. S75. AntoninuS SlagabaluS zum «iertenmal und MarcuS Aure- lius SeveruS Alexander. I. tl. März. 223. 978. Lucius MariuS Marimus zum zweitenmal und Lucius RosciuS AelianuS. H. 224. 977. JulianuS zum zweitenmal und EriSpinus. lll. 22S. 978. FuScuS zum zweitenmal und Derter.' IV. Dia Lasst««. 15, Bdchn. 4 1848 Casfius Dio's Römische Geschichte. Nach Nach Alerauders Chr. Erd. d. Stadt. Regier.-Jahre. 226. 979. Alexander SeveruS zum zweitenmal und Cajur MarcelluS QuintilianuS zum zweitenmal. V. 227. 980. Lucius Albinus und MarimuS AemiliuS Aemilianus. VI. 228. 98l. Tiberius Manilius Modestuä und SeveruS CalourniuS Pro- buS. VII. 229. 982. Alexander SeveruS zum drittenmal und Dio Cassius zum zweitenmal. VIII. Achtzigstes Buch. 1. Alexander trat nach seinem Tode sogleich die Regierung an sund erklärte seine Mutter Mamäa zur Augusta. Sie übernahm die Leitung der Geschäfte, wählte weise Männer in die Umgebungen ihre-Sohne», um ihn zum guten Fürsten zu bilden, und las au- dem Senate die Besten au-, um mit ihnen Alles, was zu thun war, zu berathen^ Einem gewissen DomitiuS Ulpianu» übertrug sie den Oberbefehl über die Leibwachen und die Besorgung der übrigen Regierung-geschäfte. Das Bisherige habe ich alles nach genauer Erforschung aller Umstände beschrieben, das Folgende aber war ich außer Stand genau 1849 Achtzigstes Buch. zu berichten, weil ich mich lange Zeit nicht in Rom aufgehalten habe. Als ich auf meiner Rückkehr aus Asten nach Bithynien kam, erkrankte ich und eilte von da in meine Statthalterschaft nach Africa; bei meiner Rückkunft nach Italien aber mußte ich fast im Augenblick als Statthalter nach Dalmatien und von da nach Oberpannonien; nach Rom und Campanien zurückgekehrt, begab ich mich alsbald in meine Heimath zurück. 2. Dies ist der Grund, warum ich das Folgende nicht mit der bisherigen Ausführlichkeit behandeln konnte. Ich will deswegen nur eine kurze Uebersicht über Das geben, was bis zu meinem zweiten Consulaie geschehen ist. UlpianuS hob viele verkehrte Einrichtungen des SardanapaluS wieder auf; da er aber den FlavianuS und den Chrestus hatte umbringen lassen, um ihr Nachfolger zu werden, so ward auch er von den Leibwachen, die ihm Nachts auflauerten, niedergemacht, obgleich er nach dem Palaste gestürzt war, und sich zu dem Kaiser und dessen Mutter geflüchtet hatte. Noch bei seinem Leben entstand aus geringfügigen Veranlassungen gewaltiger Auflauf des Volkes gegen die Leibwachen, so daß man sich drei Tage lang schlug und von beiden Seiten Viele das Leben verloren. Endlich zogen die Soldaten den Kürzeren und fingen an, die Häuser in Brand zu stecken. Dadurch gerieih das Volk in Furcht, eS möchte die ganze Stadt zu Grunde gehen und sah fich gedrungen, sich mit ihnen auszuhöhnen. Nach diesem Vorfalle ward EpagathuS als der Hauptursächer von des UlpianuS Tod vorgeblich als Statthalter nach Aegypte» geschickt, damit durch seine Bestrafung in Rom keine Unruhen entstehen möchten; von dort ward er nach Creta gebracht und ihm dort der Prozeß gemacht. fDa Alexander» Mutter sehr gelb- süchtig war, so suchte ste auf jede Weise Geld zusammen zu treiben. 4 * 1850 Cassius Dio's Römische Geschichte. Auch suchte sie für ihren Sohn eine Gemahlin aus, gab aber nicht zu, daß man sie Augusta nannte; bald darauf entriß sie dieselbe ihm wieder, obgleich er sie zärtlich liebte» und verbannte sie nach Afrika. Dieser wagte der Mutter» die ihn beherrschte» nicht zu widerstreben.) 3. Viele Ausstände gab er auf allen Seiten und zum Theil recht gefährliche, sie wurden aber unterdrückt. Der bedeutendste und derjenige» der nicht nur in Rom, sondern auch anderwärts gerechte Besorgniß erregte, war der Mesopotamische. Ein gewisser Perser mit Namen ArtarerreS von gemeiner» niedriger Abkunft hatte den Parthern die Herrschaft entrissen, wieder an die Perser gebracht, und herrschte nun als König über sie. Von ihm soll auch das Haus des Chosroes stammen. Nach AleranderS, des MacedonierS» Tode herrschten seine macedonischen Nachfolger lange Zeit über die Perser und die Parther, so wie über die andern Völker, bis sie selbst auf einander losgingen und Einer den Andern zu Grunde richteten. Als sie sich so gegenseitig geschwächt hatten, wagte es zuerst der Parther Arsaces ') das macedonische Joch abzuwerfen, ward König der Parther, und hinterließ die Herrschaft seinen Nachkommen» von denen der letzte ArtabanuS war. Dieser ArtarerreS) schlug die Parther in drei Schlachten, tödtete ihren König ArtabanuS, )zog gegen Atra heran und wollte von hier aus das Glück der Waffen auch gegen die Römer versuchen. Er bezwäng auch wirklich die Mauern dieser Beste, wandte sich aber, weil er in einem Hinterhalt viel seiner Leute verlor, nach Medien, bekam einen großen Theil davon durch Zwang oder den Schrecken seiner Waffen in seine Gewalt) ') Statt -äxsaitt'öifx lese ich 1831 Achtzigstes Buch. und zog von da gegen Armenien. Hier ward er von den Einge- bornen, mit denen sich Meder und ArtabanS Söhne verbanden, geschlagen, und er mußte nach den Einen flüchtig werden, nach Andern aber zog er sich blos zurück, um größere Streitkräfte zu sammeln. 4. Dieser Mann wurde uns furchtbar, da er mit einem starken Heere nicht blos Mesopotamien, sondern auch Syrien bedrohte, und verlauten ließ, er müßte Alles, was seine Vorfahren, die alten Perser, früher besessen hatten, d. h. das ganze Land bis zum griechischen Meere wieder haben. Er für fich verdiente nun zwar keine Beachtung, die Stimmung unserer Leute war aber so, daß die Einen zu ihm übergingen, die Andern sich nicht gegen ihn schlagen wollten. Denn sie find so verweichlicht, so zügellos, so verworfen, daß die in Mesopotamien stehenden Truppen fich erfrechten, ihren eigenen Feldherrn, den Flavius Heracleo umzubringen, und die Leib« wachen außer der Ermordung des Ulpianus auch über mich unzufrieden waren, daß ich die Soldaten in Pannonien in so strenger Zucht hielt, und fie mich sogar ausgeliefert haben wollten, weil fie fürchteten, man möchte fie unter gleiche Zucht nehmen, wie die Pannonischen Soldaten. 5. Allein Alerander kehrte fich nicht daran, und erwies mir unter Anderem noch die Ehre, daß er mich zum zweiten Consulat und zwar mit ihm selber erhob, und die mit dem Amte verbundenen Kosten selbst zu bestreiten versprach. Als die Soldaten darüber ausgebracht waren, besorgte er, fie möchten mir das Leben nehmen, wenn fie mich in der consularischen Amtstracht erblickten, und befahl mir deshalb die Zeit meines ConsulatS mich außerhalb Rom'S in Italien aufzuhalten. So kam ich denn erst später nach Rom und 1852 Casfius Dio'S Römische Geschichte rc. Camvanien zu ihm, hielt mich einige Tage in seiner Nähe aus, ließ mich ohne Furcht vor den Soldaten sehen, nahm dann wegen Schwäche der Füße Urlaub bei ihm und reiste nach meiner Heimath ab, um denn hier den Rest meiner Tage zu verleben, wie mir schon bei meinem Aufenthalt in Bithynien die Gottheit die augenfällige Weisung dazu gab. Im Traume nämlich glaubte ich von ihr den Befehl zu vernehmen, meine Geschichte mit folgenden Verse» zu schließen: Zeus entrückt' aus Geschoßen und aus dem Staube den Hektor, ^ Aus dem Morden der Männer und aus dem Schlach- tengetümmel. Historisches Register. Mir erste Ziffer mit darauf folgendem Komma bedeutet da» Buch, die fol- geude da« Kapitel. Fr. sind Fragmente.) AbaS, Fluß in Albanien, 37, 3. Akademie in Athen, von Sylla ihrer schönen BaumgSnge beraubt, Fr. 250. Acerraner, von Hannibal grausam behandelt. Fr. 165. Acerronia Polla, ^Begleiterin Agrippina'S ertrinkt in dem Meer, 61, 13. Achäer gerathen in Streit mit den Lacedamoniern, welche die Römer zu Hülfe rufen und dadurch die Trennung des achäischen Bundes herbeiführen. Fr. 2V3. Sie hatten von Halbjahr zu Halbjahr Bundessttzungen. Fr. 203. Achaja wird im Kriege des OctavianuS gegen SertuS hart mitgenommen. 18, 39.16. Wird bei der Theilung der Provinzen zwischen AugustuS und dem Senat senatorische Provinz, 53,12.; unter TiberiuS nebst Makedonien kaiserlich,. unter Claudius dem 1894 Historisches Register. Volk zurückgegeben, 60, 24. wird von Nero für frei erklärt, SS, 11. unter Bespafian dieses Vorrechts wieder beraubt. 63, 11. Achillas empfängt dem PompejuS mit verstellter Höflichkeit und läßt ihn dann umbringen, 42, 4. zieht mit dem Heer gegen Cäsar und läßt sogar dessen Gesandte umbringen, 42, 37. wird aus Arsinoe'S Befehl ermordet. 42, 40. (Man.) AciliuS Glabrio vertreibt den König Antiochus aus Griechenland und schützt nicht nur die Tempel, sondern verschönert fie noch. Fr. 252. (Man.) Acilius Glabrio, 35, 12. löst den LuculluS im Mithri- datischen Kriege ab, 35, 14. geht nicht zum Heer, sonder» bleibt in Bithpnien, 35, 17. gibt ein Gesetz gegen den Aemterkauf, 36, 21. (Man.) Aciliu-'vertheidigt die Stadt Oricum gegen PompejuS, 42, 14. (Man.) AcsliuS Glabrio (Cousul 844) wird von DomitiannS umgebracht, weil er ihm im Wettkampf gegen wilde Thiere überlegen ist. 67, 12. 14. (Man.) Acilius Glabrio, früherer Consul, wird von Pertinar hoch geehrt, 73, 3. Acropolis, Feste an den caspischen Pässen, 37,1. Acroceraunten am Ende von Gpirus, an dem jonischen Meerbusen, 41, 44. Acte (Claudia) eigentlich eine aus Asten gebürtige Sklavin, eine Buhlin des Nero, 61, 7. Actische Spiele wegen des Sieges bei Actium, 51, 1. 18. 53, i. 59,20. Actium, Vorgebirge. Lage desselben, 50, 12. Dem Apollo ge- Historisches Register. 1855 weiht, SO, 12. weichem auch Augustus daselbst später einen Tempel errichtet, 51, 1. und die sogenannten actischen Spiele alle fünf Jahre gibt, 51, 1. die auch unter den folgenden Kaisern gefeiert werden, 59, 20. Adana, Stadt in Cilicien, 47, 31. Adenystpä, Festung in Adiabene, 88, 22. Adiabene, Provinz in Assyrien. Lage derselben 88, 26. Kluft daselbst, Fr. 9. vergl. 68, 27. TigraneS fällt unter Nero in dasselbe ei» und verwüstet «S» 62, 20. von Trasan erobert, 68, 26. von SeverpS mit Krieg überzogen, 75, 1. 2. 3. Adler der Legionen standen unter einem kleinen Tempel, — bedeuteten Unglück, wenn man sie mit Mühe aus der Erde hob. 40, 18. flogen bei Consekrationen von den Scheiterhaufen auf, 56, 42. 74, 5. AdraS, Feldherr der Belgier gegen Cäsar. 39, 1. Adraste, bei den Britanniern als Göttin verehrt, heißt auch Andate 62, 7. und Andraste, 62, 6. Adrian, siehe Hadrian. Adrumetum, Stadt in Afrika. Cäsar landet bei ihr, wird aber zurückgeschlagen 42, 58. von TituS ScrtiuS erobert, 48, 21. Aduatiker, 39, 4. AdventuS, früher Speculator bei dem Heer, dann Kämmerer, zuletzt von MacrinuS zum Senator, Consul und Stadtpräfekt gemacht, 78, 13. 14. AeaS, siehe Anas. Aedilen, schon zu Cäsars Zeiten von den Volkstribunen vertreten, 41, 36. unter den Triumvtrn von Prätoren und Volkstribunen, 49, 16. 53, 2. Ein Aedil wird von einem Volkstribun in Ge- 1856 Historisches Register. wahrsam gebracht, 40, 45. Don Cäsar wird ihre Zahl auf sechs, zwei patricische und vier plebejische (und unter letzter« zwei Cerealen) festgesetzt, was bis auf Dio'S Zeiten so gehalten wird, 43, 51. Ein Curulädil wird ein plebejischer, 53, 33. Weil viele Senatoren in den'Bürgerkriegen verarmten, so wollen sie dieses kostspielige Amt nicht übernehmen, 49, 16. oder legen es wieder nieder, 54, 10. beaufsichtigten unter den Kaisern auch die öffentlichen Gebäude und die Kloaken, 49, 43. sorgten für die Reinlichkeit der Straßen, 59,12. trafen die Löschanstalten bei entstehenden Bränden , 53, 24. vernichteten schmähende Maueranschläge, 56, 27. hatten Senatsbeschlüsse in Verwahrung, 54, 36. Aebner suchen bei Cäsar Schutz gegen die Helvetier 38, 32. 34. bi» 39, 2. empören sich, 40, 37. 38. Aegea, Stadt in Cilicien, 47, 30. sonst auch Ae'g ä, 78, 39. A egestes, NumitorS Sohn, von Amuliu» umgebracht, Fr. 3. Aegina nimmt August den Athenern, welche bisher die Nutzung daraus gezogen hatten, 54, 7. Aegypten, erhält den PtolemäuS wieder durch Gabinius, 39, 58. empört sich gegen Cäsar, 42, 9. 34. wird bezwungen und der Cleopatra zugetheilt, 42, 44. von Antonios au« Rücksicht für Cleopatra begünstigt» 49, 41. Octavian verzeiht ihm nach der Schlacht bei Actium, 51, 16.; macht es aber zinsbar, 51,17. ES wird eine kaiserliche Provinz, 53, 12. Es erhält keine Senatoren > sondern Ritter zu Statthaltern, und Erstere dürfe» ohne besondere Erlaubniß in Privatangelegenheiten nicht dahin reisen — damit nicht ein ohnehin angesehener Mann in diesem Lande, das so viel Hülfsquellcn hat, zu mächtig werde, 51, 17. Auch soll kein Aegypter Senator werden, wovon erst unter Caracalla das . Historisches Register. 1857 erste Beispiel vorkommt, 51,17. 76, 5. Die Juden empöre« sich daselbst, 68, 32. Das Land empört sich zu M. AurelS Zeiten unter Anführung einer Priesters Jfidorus, 71, 4. Spätere Vorfälle daselbst, 78, 34. 35. Aegypter. Ihr Nationalcharakter, Leichtsinn, Unbeständigkeit, 50, 24. 51,17. Haben viele Götter, wegen deren sie oft selbst mit einander Kriege führen, 42, 34. Ihr Götterdienst wird innerhalb der Ringmauern oft, auch von Augustus, verboten, 53,2. Sie rechnen ihre Monate zu dreißig Tagen, 43, 26. — find sehr rüst- tige Lastträger» 50, 28. Severus läßt ihre geheimen Bücher überall wegnehmen, 75, 13. Aelia Capitolina, an Jerusalem'S Stelle von Hadrian erbaut, 68 , 12 . Aelia Catella, tanzt in ihrem achtzigsten Jahre noch an Rero'S Bartfeste, 61,18. Aelianus, (CasperiuS) Präfect unter Domitian und Nervs wiegelt die Leibwache gegen letzter» auf» 68, 3. und wird dafür von Tra- jan zur Strafe gezogen, 68, 5. Aelische Brücke, 68, 23. , AeliuS GalluS, siehe GalluS. Aeliu« SatürninuS, siehe Saturninus. Aelius Sejanus, siehe SejanuS. AeliuS Tubero, stehe Tubero. Aelir Aureliu«, berühmter Kunstkämpfer unter HeliogabaluS, 78, 10. Aemilia, eine Bestalln, wird ihrem Gelübde untreu, Fr. 220. AemiliauuS, Senator und Feldherr Nigers, bleibt in der Schlacht, 74, 6. 1858 Historisches Register. (EäciliuS) AemilianuS, Statthalter im Britischen Spanien wird auf Caracalla'S Befehl hingerichtet, 77, 20. (Lucius) AemiliuS Paulus beilegt den König Perrus — sein Lob, Fr. 186. läßt seinen Soldaten zu viel Freiheit im Plündern, Fr. 198—252. (Marcus) AemiliuS LepiduS, Triumvir, s. Lepidus. (Lucius) AemiliuS Paulus wird von seinem eigenen Bruder, dem Triumvir Lepidus, auf die AechtungSliste gesetzt, 47, 6., darf aber nachher nach MiletuS in die Verbannung, 47, 8. ist vielleicht derselbe, welcher unter Augustus gegen die Cantabern und die Astu- rier zu Felde zog, 53, 29. AemiliuS RectuS, s. AemiliuS. (Mamercus) AemiliuS ScauruS, s. ScauruS. AemiliuS LätuS, s. LätuS. AemiliuS SatnrninuS, s. SaturninuS. Aeneas kommt von Macedonien her, erhält Lavinia zur Gemahlin, bleibt in der Schlacht gegen den Tyrrhenerkönig Mezentius, Fr. 3. Sein Geschlecht geht mit Nero aus, 62, 18. 63, 29. Aequer erobern Tusculum, gewinnen eine Schlacht gegen Marcus MinuciuS, und QuintiuS wird gegen ste zum Dictator gewählt, Fr. 50. 51. Aerzte erhalten von AugustuS Befreiung von Abgaben auf ewige Zeiten, wegen Musa'S glücklicher Kur an dem Kaiser, 53, 30. Aesar bedeutet in etruscischer Sprache Gott, 56, 29. AeSculap, 77, 165. ' Aeserninus, s. Marcus Marcellus. Aethiopien, 63, 3. Aethiovier fallen zu Augustus Zeiten unter ihrer Königin Eaudace Historisches Register. 1859 in Aegypten ein, werden aber von PetroniuS zurückgetrieben, 5t, 5. ihre Hauptstadt Tapane ebendas. Aetna speit Feuer vor der Schlacht bei Actium, 50, 8. Aetolier unterstützen den König Pyrrhu«, Fr. 102, dagegen den FlammiuS gegen den König Philipp, Fr. 184. und den Cäsar in dem Bürgerkrieg, 41, 51. Äser, DomitiuS, s. DomitiuS. (Lucius) AfraniuS, Legat des PompejuS im Orient gegen Phraa- tes, 37, 5. wird auf des PompejuS Veranstaltung Consul 694. 37, 49. ist ein besserer Tänzer als Staatsmann, ebend. Legat in dem Bürgerkrieg in Spanien, wo er dem Cäsar viel zu schaffen macht, 41,20. muß sich aber ergeben, 41,22. ficht jedoch wieder bei Pharsa- luS gegen Cäsar und geht nach dem Verluste der Schlacht zu Cato, 42, 10. flieht nach Mauritanien, wird aber ergriffen und auf Cäsar's Befehl umgebracht, 43,12. (PubliuS) AfraniuS PotituS thut bei einer Krankheit Caligula's das Gelübde, auf den Fall seiner Genesung selbst sterben zu wollen, und der Kaiser zwingt ihn, Wort zu halten, 59, 8. Africa. Nach der pharsalischen Schlacht und der Befiegung des Scipio und des Cato nimmt Cäsar Befitz von Numidten und theilt Africa in zwei Theile: Altafrika oder Lybien in der Gegend von Carthago; Neuafrica oder das neubezwungene Numidien, 43, 9. war unter dem zweiten Triumvirat bald dem Cäsar, bald dem An- toniuS, bald wenigsten« dem Scheine nach, LeviduS zugetheilt, 48, 1. 21. 50, 6. — DaS Cyrenaische Lybien von AntoniuS der Cleopatra geschenkt, 49, 41.; bei der Theilung der Provinzen zwischen AugustuS und dem Senat wird Africa und Numidieu senatorische Provinz, 53,12. bekommt nebst Asten konsularische 1860 Historisches Register. Statthalter, die übrigen Provinzen ProprLtoren, 53,13. Caligula weist das Heer und Numidien einem Andern als dem jeweiligen Statthalter von Africa zu, 59, 20. Mauritanien wild von Kaiser Claudius in zwei Provinzen, die Tingitanische und die Cäsarische, eingetheilt und jede erhält einen Ritter zum Statthalter, 60, 9. Africaner im Rufe der Treulosigkeit, Fr. 132. Der Rohheit und Wildheit, 77, 6. Afrikanische Thiere, Elefanten, Pardel «. a. werden zu den Thierhetzen in Rom gebracht, 53, 27. 54, 26. u. s. f. Agamemnon. Vorgebliche Nachkommen desselben in Comana, einer Stadt in Cappadocien, 35,11. ' AgathokleS, König von Sicilien, Fr. 104. AgathoßheneS, ein alter Geschichtschreiber, Fr. 9. Agrarisch« Gesetze, s. I,exes. (Cäcilius) Agricola, ein niederträchtiger Schmeichler Plautian'S wird umgebracht, 76, 5. (CnejuS Julius) Agricola läßt Britannien, das er unterworfen hat, umschiffen, lebt in Dunkelheit und Dürftigkeit und wird auf Befehl de- DomitianuS hingerichtet, 66, 20. (Marcius) Agrtpp a, erst Sklave und HaarkräuSler, wird unter Kaiser MacrinuS Statthalter von Pannonien und Dacien, 78,13. (MarcuS VipsaniuS) Agrippa bekommt von Octavianus den Krieg gegen SertuS PompejuS 48, 20., wird gegen Antonius gesendet, um Sipuntum wieder zu nehmen, 48, 28. wird Consul 717., geht als solcher gegen die empörten Gallier über den Rhein, erhält dle Ehre der Triumphs, die er sich jedoch verbittet, rüstet eine Flotte gegen SertuS PompejuS aus, 48, 49. legt den Hafen bei Bajä an, 48, 50. gewinnt bei Mylä ein Seetreffen gegen deS SertuS PompejuS Admiral DemochareS, 49, 3. 4. setzt nach Sicilien über, um Historisches Register. 1861 dem CornificiuS Hülfe zu bringen, 49, 6. 7. gewinnt eine entscheidende Seeschlacht gegen SertuS PompejuS, 49, 8—19. ist der erst« und der letzte Römer, der zur Auszeichnung eine goldene Krone mit Schiffichnäbeln bekommt, 49,14. wird gegen die Dal- matier geschickt, C. 38., stellt die Marcische Wasserleitung, öffentliche Gebäude und Landstraßen her, reinigt die Kloaken und gibt dem Volk als Aedil prachtvolle Spiele, läßt Del und Salz an die Bürger vertheilen, und eröffnet dieses Zahr für Männer und Weiber unentgeldlich die Bäder, C. 42. 43. erobert gegen MarcuS AntoniuS die Stadt Methone, und läßt den König Bogud tödten-, 59,11. erobert die Insel Leucas, Paträ und Corinth, und gewinnt eine Seeschlacht gegen QuintuS NastdiuS, 59, 13., eine andere gegen SosfiuS, 59, 14. nach der Schlacht bei Actium bekommen er und Mäcenas unumschränkte Vollmacht, für Octavian in Rom und Italien zu handeln, 51, 3. Agrippa erhält als Sieger in der Seeschlacht eine meerfarbene Flagge als Ehrengeschenk, 51, 21. räth dem AugustuS, die republicanische Verfassung wieder herzustellen, 52, 2—13. ist mit AugustuS Censor, 52, 42. und 728 zum zweitenmal Consul, 53,-1. AugustuS gibt ihm seine Schwestertochter zur Gemahlin, ebendas. Agrippa verschönert die Sepia auf dem Marsfelde 53, 43. — baut den Säulengang des Nep- tunus, das laconische Bad und das Pantheon, 53, 27. — zieht, als sein HauS abbrennt, zu AugustuS in den Palast, ebendas. AugustuS übergießt ihm in einer gefährlichen Krankheit seinen Siegelring und erklärt ihn damit gewisser Maßen zu seinem Nachfolger, 53, 39. 31. Weil MarcelluS darüber empfindlich wird, gibt AugustuS dem Agrippa die Statthalterschaft Syrien. Dieser sendet aber nur seine Legaten dahin und verweilt auf LeSboS, 1862 Historisches Register. 53, SL. AugustuS zwingt ihn, um ihn als Stadtpräfect mit höherem Ansehen zu umgeben, sich von seiner Gemahlin, obgleich sie seine Nichte war, zu scheiden und sich mit der Julia zu vermählen, 54, 6. Julia gebiert Ihm den Eajus, 54, 8. Er geht als Statthalter nach Gallien, dar theils durch innere Händel, theils von den Celten beunruhigt wurde, und schafft daselbst Ruhe, 54, 11. sodann nach Hispanien, wo er mit großen Anstrengungen die Cantabern bestegt, 54, 11. erhält von AugustuS auf fünf Jahre die Gewalt eines Volkstribuns, 12. bekommt einen zweiten Sohn Lucius, welchen AugustuS nebst dem ältern adoplirt und zu seinen Nachfolgern in der Herrschaft erklärt, 54, 18. ist nicht ohne Neider, 15. geht wieder nach Syrien ab, 54, 19. bekommt Krieg in dem cimmerischen BoSporuS und beendigt ihn ruhmvoll, 54, 24. Die Tribungewalt wird ihm verlängert; er muß gegen die Pannonier zu Felde ziehen, die sich aber noch vor seiner Ankunft zu Frieden geben. Auf der Rückreise erkrankt er in Campanien und stirbt. August hält ihm selbst die Leichenrede und läßt ihn in seiner Gruft beisetzen, 54, 28. Noch nach seinem Tode wird ihm ein Sohn geboren; Agrippa Postumu« , 54, 29. Sein Lob, 53, 23. 54, 29. (Casus) Agrippa Cäsar, ältester Sohn des Vorhergehenden von Julia, 54,8. wird von August adoptirt, 54, 18. fitzt bei den Schauspielen neben Tiberius, was August mißbilligt, da er darüber stolz werden könnte, 54, 27. gibt Spiele bei der Rückkehr Augusts, 55, 8. fällst an ausschweifend zu werden, 55, 9. geht mit in den Krieg nach Armenien ab, stirbt daselbst, und seine Leiche wird nach Rom gebracht, 55, 11. 12. (Lucius) Agrippa Cäsar, zweiter Sohn des Vipsaniu» Agrippa Historisches Register. 1863 von der Julia, von August adoptirt, 54, 18. wird ausschweifend, SS, 9. stirbt noch jung, SS, 11. Agrippa PostumuS, dritter Sohn des VipsaniuS Agrippa, nach dessen Tode von Julia geboren, 54, 29. — seine niedrige Gesinnung— Fischen ist seine Leiblingsbeschästigung, er nennt sich deshalb auch Neptunus — macht dem Apgust Vorwürfe, wird auf chie Insel Planasta bei Corfica entfernt, SS, 32. August besucht ihn noch kurz vor seinem Tode, scheint sich mit ihm aussöhnen zu wollen, weßhalb Livia in den Verdacht kommt, sein Leben verkürzt zu haben, S6, 3V. Tiberius läßt den Agrippa gleich nach dem Ableben August's aus der Welt schaffen, 57, 3. — Ein Pseudo- agrippa, S7, 16. Agrippa BibulenuS, s. VibulenuS. Agrippa Herodes, s. Herodes. Agrippa, derJüngere, König vonJturäa, kommt unterVespasianus mit seiner Schwester Berenice nach Rom und erhält Prätorenrang, 66, 1S. Agrippina, August's Enkelin von Agrippa und Julia, des Germaniens Gemahlin, wird von dem Heere in Deutschland gefangen gesetzt, 57, 5. Tiberius ist mißtrauisch gegen sie, 57, 6. läßt sie umbringen, 58, L2. ihr Sohn Caligula bringt ihre Asche nach Rom und läßt sie in der Gruft deS Augustus beisetzen, 59, 3. Agrippina, des Germaniens Tochter, Gemahlin des CnejuS Domitius, Nero's Mutter, 58, 20. Nero'- Geburt, 61, 2. — treibt Unzucht mit ihrem Bruder Caligula, wird aber, da sie es auch mit Lepidus hält, aufdie Pontischen Inseln verbannt, 59, 22. Auch TigellinuS Sophonius hat verbotene» Umgang mit ihr. 59,23. Kaiser Claudius ruft sie aus der Verbannung zurück, 60, 4. sie D!» Casstu». ISi Bdchn. 5 1864 Historisches Register. schmeichelt sich so sehr bei dem Oheim ein, daß er sie zur Gemahlin nimmt. Als solche spielt sie viel Intriguen, läßt ihren Stiessohn Britanniens schlecht erziehen und vermag den Kaiser, ihren Sohn Nero zum Eidam und an KindeS-Statt anzunehmen, ist grausam und läßt Mehrere umbringen, 60, 32. — neue Liebschaft mit Pallas, 61, 3. selbst Seneca kommt in Verdacht, 61, 10. sie vergiftet den Claudius, 60, 34. will sich in die StaatSgeschäste mischen, wird aber aus den Rath des Seneca und des BurrhuS fern gehalten, 61, 3. ist herrisch selbst gegen Nero, 61, 7. soll sogar mit ihrem Sohne Blutschande getrieben haben, 61,11. soll mittelst eines künstlich sich lösenden Schiffes im Meer umkommen, schwimmt aber glücklich an'S Ufer und wird hieraus von Ruderknechten erschlagen und von dem Sohne noch als Leiche mißhandelt, 61, 12—14. (FabiuS) AgrippinuS, Statthalter in Syrien unter MacrinuS, auf den Befehl des HeliogabaluS hingerichtet, 78, 3. Agron, König in Jllyrien, Vater des PinneS und Gemahl der Teuta, Fr. 144. Agylla, nachher Cäre in Etrurien, Fr. 70. Akademie, s. Academie. Alabanda, Stadt in Carien, 48, 26. Alamannen, s. Alemannen. Alba Longa, Stadt, Ursprung ihres Namens, Fr. 3. Alba Pompes», Stadt in Ligniten, Pstanzstadt PompejuS de- Großen, Geburtsort des Kaisers Pertinar, 73, 3. Albaner in Asten überfallen den PompejuS in den Winterquartieren, 36, 37. werden von ihm sodann selbst angegriffen, 37, 3.4. Historisches Register. 1863 er verträgt sich jedoch mit ihnen, 37, S. Ihr Land wird von Publiu» CanidiuS erobert, 19, 24. Albanerbcrg, im Latinerland, 66, 3. Jupiters Standbild auf ihm, 39, 15. 44, 10. Tempel der Juno daselbst, 39, 20. Die Confuln haben dort eine eigene Wohnung, die fie während deS LatinerfesteS beziehen, 54, 29. Tiberiiis hält sich oft daselbst auf, 58, 24. auch Domitianus, 66, 3. 67, 1. 14. Albanien, 38, 31. Albanische Legion, ein Theil der Leibwache, vomAlbanerberg, wo sie in Besatzung, so benannt, 78, 13. 79, 4. stand unter Macrinu« in Syrien, 78. 34. (Lucius PvstmniuS) AlbinuS, Feldherr in Jllyrien gegen Teuta, Fc. 144. (Decimus ClodiuS Septimius) AlbinuS, Feldherr unter Commo- duS, 72, 8. Unter Pertinar und Didiur Julianus Statthalter in Britannien 73, 14. SeveruS verspricht ihn zum Mitregenten und Thronfolger anzunehmen, 73, 15. will nach Nigers Beilegung Nichts mehr davon wissen, und bekriegt ihn. Er wird bei Lug- dunnm geschlagen und entleibt sich, 75, 4—7. Album Senatorum, Verzeichniß der Senatoren, noch zu Dio'-Zel» ten gebräuchlich, 55, 3. AlchaudomiuS, arabischer Fürst, unterwirft sich dem Lucullu-» 35, 2. ist auf Seiten der Parther gegen CraffuS, 40, 20. schlägt sich unter dem Triumvirat zu BaffuS, dem Statthalter von Syrien, 47, 27. Alemannen, die Weiber derselben ziehen den Tod der Sklaverei vor, 77, 13. 14. Ihre Männer wollen dürch Zaubermtttel den Caracalla verrückt gemacht haben, 77, 15. S* 1866 Historisches Register. Alexander der Große hat ein Standbild in Gades im Tempel des Hercules, 37, 52. Octavianus läßt sich seinen Leichnam in Aleran- drien zeigen, 51, 16. Severus verschließt die Gruft auf immer, ' Caracalla äfft ihn nach, 77, 7. ff. 78, 19. desgleichen PescenniuS Niger, 74, 7. Trajanus ist sein besonderer Nacheifere» und wäre auch gern nach Indien gezogen, 68, 29. Unter HeliogabaluS durchzieht ein Dämon unter seinem Namen Thräne», kommt nach Bpzan- tium und setzt von da nach Chalcedon über, bringt Opfer, begräbt ein hölzernes Pferd und verschwindet, 79, 18. Alexander Jamblichu», des ältern Bruder, in Emesa. August nimmt ihm das Reich, führt ihn im Triumph auf und läßt ihn hinrichten, 51, 2. (Julius) Alerand er in Emesa, unter Eommodus hingerichtet, 72, 14. (Julius) Alexander, Feldherr unter Trajanus, 68, 30. Alexander, Sohn des TriumvirS Antonius und der Cleopatra, 49, 32. Antonius wirbt für ihn um die Tochter des Königs von Armenien, 49, 39. Als dieser nicht darauf eingeht, vermählt er ihn mit Jotape, einer medischen Fürstentochter, 49, 40. 44. und weist ihm das eroberte Armenien an, 49, 41. Der Vater nennt ihn Sol, seine Schwester Cleopaira Luna, 50, 25. 51, 21. August läßt ihn am Leben, führt ihn aber im Triumph auf, 51, 21. Alexander Severus, Kaiser, heißt eigentlich Basilanus, ein Enkel der Julia Mäsci, Sohn der Julia Mamäa von GessiuS MarcianuS, 78, 30. wird von HeliogabaluS, dessen Geschwisterkind er ist, adoptirt, 79, 17. und »ach dessen Ermordung Kaiser, 80, 1. erklärt seine Mutter zur Augusta, und sie wählt die weisesten Historisches Register. 1867 Mariner in seine Umgebung und zu Berathern in den Staatsge- schäften. 80. 1. Alerandrien empört ilch gegen Julius Cäsar. 42, 34—44. Die Bibliothek brennt ab, 42, 38. Antonius Gymnafiarch daselbst, SO, 5. soll nach einer Bestimmung des Augustus keine Senatoren haben und bekommt solche erst unter Septimius Severus, 51, 17. Caracalla wüthet in dieser Stadt. Das Museum und der Speisesaal der Gelehrten wird zerstört. 77, 23. Alerandrier, ihre Schilderung, 39, 58. SO, 24. Ihre Spottsucht zeigt sich gegen Vespasianus, 66, 8. gegen Caracalla, welcher sich grausam an ihnen rächt, 77, 22. 23. AugustuS schont sie aus Rücksicht für Alexander den Großen, 51, 16. Alienus, mit seinem vollständigen Namen AuluS AlienuS Cäcina, wird von BitelliuS gegen Vespasianus geschickt, geht zu ihm über, und beredet auch seine Soldaten, diesen als Kaiser anzuerkennen. Sie bereuen es und setzen ihn in Cremona gefangen, 65, 10. lassen ihn wieder los, um sie nach einer blutigen Schlacht mit Antonius PrimuS zu vergleichen, 65, 14. verschwört sich gegen BespasianuS und wird auf Befehl des Titus hingerichtet, 66, 1k. Alison, Fluß, jetzt Afpie, 54, 33. Allobroger, 38, 32. 40, 39. nehmen an der Catzlinarischen Verschwörung Theil, 37, 34. empören sich. 37, 47. 38, 31. Allncius, Fr. 171. Alma, Berg bei Sirmium in Pannonien, 55, 30. Alpen, celiische, auf ihnen entspringt der Rhein, 39, 49. cottische, 60, 24. Seealpen, 54, 24. Tridentinische, 54, 22. Amanus, Bergkette zwischen Cilicien und Syrien, 48, 41. Ambitus, s. v. a. Aemterkauf, Gesetz des Calpurm'us Piso dage- 1868 Historisches Register. gen, 36, 21. Durch zehnjährige Verbannung geschärft, 37, 29. Gesetz des Cornelius, 36,21. Des PompejnS, 411, 52. D«S AugustuS, 54, 26. Ambriorir, der Gallier, fuhrt die Eburonen an, 40, 5. ff. wird von Cäsar besiegt, 40, 11. fängt von Neuem Krieg an und macht den Römern viel zu schaffen, 40. 31. 32. Cäsar läßt sein Land plündern, ebendaselbst. Ameisenhaufen in der Stadt bedeutet Unglück, 54, 1g. Amphictyonen, Fr. 251. 252. Amphitheater, Beschreibung desselben, 43, 22. brennt unter MacrinuS ab, 78, 25. des TituS, mit vieler Pracht eingeweiht, 66, 25. Amtsbewerber, s. Cqndieaten. Amphilochus. Sein Orakel zu MalluS In Cilicien, 72, 7. , Amulius, König von Alba, tödtet seinen N.ffen, Fr. 3. AmyntaS, Feldherr des Dejotarus, und sein Staalsekretär, 49, 32. geht von Brutus zu OetavianuS und Antonius über, 47, 48. wird Fürst von Galatien, 49, 32. von AugustuS bestätigt, 49, 51. nach seinem Tode wird sein Reich römische Provinz, 53, 26. AnaitiS, Gebiet in Armenien, der Göttin AnaitiS geweiht, 38, 31. 36. * . AnaS, Fluß bei Apollonia, 41, 45, sonst auch AeaS, Avus. Anchialus, KLnig,der Heniocher und Machelonen, unter Trojan»-, 68, 18. 19. AncuS Marcius, Fr. 24. 25. ^ Andate, Göttin der Britannier, 62, 7. Anderium, Festung in Dalmatien, ,wi>d gegen TiberiuS und Germaniens tapfer vertheidigt, 56, 12. 14. Historisches Register. 186S Andraste, Göttin der Britannier, s. Adraste. Andreas, Anführer der emhörten Juden unter Trajan, 68, 32. AntcetuS, Freigelassener des Nero, muß dessen Mutter umbringen, 61, 12. 13. AnictuS Cornelius, verschwört sich gegen Caligula und wird hingerichtet, 59. 25. AniciuS FestuS, Statthalter in Asien unter MacrinuS, 78, 22. AnnäuS CornutuS, unter Nero im Rufe der Gelehrsamkeit, 62, 29. AnniuS VernS, 69. 21. Vater des MarcuS AnniuS VeruS, s. VeruS. AnniuS VinicianuS ist nach Caligula'S Tod mit im Vorschlag als Kaiser, entleibt sich, 60, 15. AnniuS VivianuS, des Corbulo Schwiegersohn, wird von Nero zum Consul gemacht, 62, 23. Anthemusien, Landschaft in Mesopotamien, hat seinen eigene« Fürsten, 68, 21. Antigonia, Stadt in Syrien, 40. 29. AntigonuS von dem Partherkönige PacoruS in Palästina, statt des von den Römern zum Statthalter bestellten HyrcanuS, zum Fürsten gemacht, 48, 26. muß an VentidiuS, der sein Land eroberte, große Summen bezahlen, 48. 41. wird seiner Treulosigkeit wegen von SosfiuS bekriegt, überwunden und hingerichtet. 49, 22. AntimachuS, griechischer Dichter, 69, 4. AntinouS, Lustknabe Hadrian'S, stirbt und erhält allorten im römische» Reiche Bildsäulen, 69, 11. auch wird ihm zu Chren eine Stadt in Aegypten .Antinoia, AntinupoliS, genannt, 69, 11. Autiochia von den Parthern belagert, 40, 29. Desgleichen von 1876 Historisches Register. Dolabella, 47, 30. von LabienuS erobert» 48, 23. Großes Erdbeben unter TrajamiS, der sich damals in der Stadt befand, 68, 24. wird unter Sept. SeveruS erobert, 74, 8. Seine Vorstadt heißt Daphne, 51, 7. AntiochuS, König von Syrien, führt Krieg mit den Römern, verfällt aber nach der Einnahme von ChalciS in Schmelzern; Fr. 184. 186. AntiochuS von Commagene unterwirft sich den Römern unter Ln- culluS, 35, 2. wird vott AntoniuS bekriegt, 49, 22. August»» läßt ihn durch den Senat vprfordern, weil er einen Gesandten seines Bruder» heimlich hatte umbringen lassen, — und hinrichten, 52, 43. AntiochuS, deS Vorigen Sohn. Caligula gibt ihm das väterliche Reich zurück, und überdies die Küste von Cilicien, 59, 8. macht in Gallien dem Caligula den Hof und ist im Verdacht, daß er ihn zu weiteren Grausamkeiten verleitete, 59, 24. muß sein Reich von Neuem verloren haben, da er er von Claudius zurückerhält, 60, 8. AntiochuS, cynischer Philosoph aus Cilicien zu Lebzeiten Caracal- la'S, 77, 19. 21. AntistiuS Labe» freimüthig gegen AugustuS, 54, 15. (Casus) AntistiuS, Consul, 67, 14. Antium, Stadt, 58, 25. Antonia, Mutter Livilla'S, der Gemahlin des Drusu», 58,11. wird von ihrem Enkel Caligula genöthigt, sich selbst das Leben zu nehmen, 59, 3. AntoninuS PiuS, wird von Hadrian adoptirt und zum Thronfolger ernannt, 69, 20. vermag durch dringende Bitten den Senat, Historisches Register. 1871 dem Hadrian göttliche Ehre zuzuerkennen, 70, 1. hat das Lob der Rechtschaffenheit, ist aber bei der Rechtspflege zu sehr Grübler; er bezeigt den Christen Achtung, 70, 3. 5. AntoninuS der Philosoph, oder Marcus AureliuS, noch zu Ha- drians Lebzeit und auf dessen Geheiß von AntoninuS Plus adoptirt, 70, 1. 71, 1. nimmt den L. VeruS zum Milregenten an, und gibt ihm seine Tochter Lucilla zur Gemahlin, zwingt ihn abdr, weil er ihm nach dem Leben trachtet, den Giftbecher zu trinken, 71, 2. kriegt lange mit den Jazpgen und Marcomannen, auch mit den nach Italien vordringenden Deutschen und hat dabei PompejanuS und Pertinar zu Feldherren, 71, 3. liefert den Jazpgen auf der ge« frornen Donau eine blutige Schlacht, 71, 7. fiegt über die Quadern 71, 8—10. schließt Frieden mit diesen Völkern, 71, 15-^-19. besonders auf die Nachricht von der Empörung des Avidius CasfluS in Syrien, 71, 22. Er benimmt flch edelmüthig vor und nach dieser Empörung, 71» 24—28. zieht gegen die Scythen zu Feld, stirbt aber »»vermuthet, und, wie Dro berichtet, durch Gefälligkeit der Aerzte gegen Commodus, 71,33. Sein vortrefflicher Charakter als Mensch und als Fürst, 71, 29. 32. 34—36. (Casus) AntontuS, 37, 10.25. ist als Consul Mitverschworner des Catilina, 37, 30. wird hinterstelltg, ist aber immer noch zu fürchten, 37, 32. bekommt, weil man seine Verbindung mit Catilina nicht weiß, den Krieg wider ihn zu führen, 37, 33. Cicero überläßt ihm Macedonien als Provinz, 37, 33. Bei der Schlacht gegen Catilina stellt er flch krank, überläßt den Oberbefehl dem MarcuS PetrejuS und wird als Imperator begrüßt, 37, 39. 40. wird wegen Bedrückungen in Macedonien angeklagt, und, obgleich von Cicero vertheidigt, aus der Stadt verwiesen, 38, 10. 1872 Historisches Register (Marcus) Antonius, Großvater des TriumvirS, wivd zu Cinna's Zeiten umgebracht, 45, 47. (Marcus) Antonius, Vater deS TriumvirS, hinterließ so viele Schulten, daß seine Söhne die Erbschaft nicht antreten wollten, 45. 47. (CajuS) Antonius, des TriumvirS Bruder, Prätor, wird von den Pompejanern auf einer Insel gefangen genommen, 41, 40. 42, 11. 45, 8. nimmt sich Macedonien als Provinz, cbendas., geräth als Statthalter MacedonienS in des Brutus Hände, 47, 21. wird anfangs gut, später als Aufwiegler der Soldaten strenger gehalten und zuletzt, vielleicht ohne Vorwissen des Brutus, umgebracht, 47, 23. 24. (Lucius) Antonius, Bruder des TriumvirS, Bolkstribun, trägt auf Vertheilung von StaatSländereien an, 45, 9. Der Triumvir überläßt ihm die Belagerung von Mutina, 46, 37. — wird Con- sul im Jahr 713. 48, 4. hält in seinem Consulat einen Triumph über vorgeblich besiegte Alpenbewohner, ebendaselbst. ist mit Fulvia dem OctavianuS in Allem entgegen, 48, 5—10. ES kommt zu förmlichen Feindseligkeiten. Antonius bemächtigt sich Rom'S, «nt- stieht aber bei OctavianS Annäherung. wird in Perusia belagert und muß sich ergeben, 48, 12—14. (Marcus) Antonius, der Triumvir, setzt sich als Bolkstribun bei Cäsar in Gunst, 41, 1. 2. zögert mit den Truppen in Brundusium, 41, 4. 5. wird Reiterobrist des Dictators, 42, 21. hat, während Cäsar in Acgypten verweilt, die höchste Gewalt in Rom, 42, 27. macht den Lucius Cäsar zum Stadtpräfecten, 42, 30. wird Consul mit Cäsar im Jahr 710; 43, 4g. sollte anfangs mit Cäsar ermordet werden, 44,19. flieht und versteckt sich nach Cäsars Er- Historisches Register. 1873 mordung, ermannt sich aber und versammelt den Senat in dem Tempel der TelluS, 44, 22. stößt durch seine Leichenrede auf Cäsar die »am Senat ausgesprochene Amnestie um, 44, 36—50. mißbraucht den ihm gewordenen Auftrag, Cäsars Papiere zu untersuchen, sucht den OctavianuS von der Erbschaft auszuschließen, mit LepiduS dagegen sich gut zu stellen, 44, 53. 45, 5. läßt einmal den OctavianuS von der Rednerdühne Herabreißen, 45, 7. versöhnt sich scheinbar mit demselben, ihr gutes Vernehmen ist jedoch nicht von langer Dauer, 45, 8. um das Volk für sich zu gewinnen, läßt er durch seinen Bruder Lucius eine neue Vertheilung von Staatsländereien an da- Volk beantragen, 45, 9. er verfügt nach Willkühr über die Statthalterschaften, wobei er die Mörder deS Cäsar auffallend zurücksetzt, 45, 10. will in Brundusium die von Macedonien gekommenen Legionen übernehmen, wird aber von OctavianuS überboten 45, 12. wendet sich nach Gallien, um dem DecimuS Brutus die Provinz zu nehmen, dieser aber will nicht weichen und wird von OctavianuS unterstützt, 45, 14. 15. der Senat befiehlt ihm, Heer und Provinz abzugeben und nach Macedonien zu gehen, 46, 29. Er schlägt Brutus und CasfiuS zu Consuln vor, 46, 30. Ohne seine Erklärung abzuwarten, überträgt der Senat den Consuln und dem OctavianuS die Führung der Kriegs, in dem jenseitigen Gallien aber dem LepiduS und dem MunatiuS PlancuS, 46, 29. 30. Er belagert den PlancuS in Mutrna, 46, 35. Er zieht den zum Entsatz heranrückenden Consuln und Octa« viuS entgegen, und besiegt sie, geht, dem VibiuS Pansa unterwegs aufzulauern; wird aber endlich in einer Hauptschlacht besiegt, 46, 36 — 38. OctavianuS, von dem Senat zurückgesetzt, unterhandelt iugeheim mit ihm, 46, 41. nach und nach sammelt er wieder ei» 1874 Historisches Register. Heer aus den von, Schlachtfelo Entkommenen, 46, SO. LepiduS tritt zu ihm über und alle Drei vereinigen sich jetzt, 46, 81. sie kommen bei Bononia zusammen, 46, 56. Die Triumvirn ziehen in Rom einund gräuliche Mordscenen beginnen, 47, 2—8. An- toniuS zieht gegen Brutus und Cassius, findet fich aber in Brun- dufium von StatiuS, welcher die Flotte derselben befehligt, gehindert, 47, 36. Tr vereinigt sich vor Philippi mit Octavian, 47, 37. Er schlägt den CassinS, dagegen wird Octavianus von Brutus geschlagen, und Beider Lager erobert, 47, 45. nach EasfiuS' Tod sammelt Brutus noch einmal seine Streitkräfte, verliert aber die zweite Schlacht und bringt fich selbst um's Leben, 47, 47—49. Antonios theilt fich mit Octavianus in die Provinzen, 48, 1. geht nach Asien, wird Cleopatra bekannt, und läßt hier den Plancus, in Syrien den Sara zurück, 48, 24. läßt die Geschwister der Cleopatra in EphesuS vom Altar des Dianatempels reißen und umbringen, ebendaselbst. er schwelgt in Aegypten, rafft fich aber wieder zusammen, sucht TyruS zu entsetzen, geht aber Wetter nach Griechenland, trifft hier seine Mutter und seine Gemahlin, erklärt den > Octavianus als Feind und tritt mit Sertus in Verbindung, 48, 27. geht nach Italien, erobert Sipuntum, muß aber Brundufium förmlich belagern, 48, 27. Indessen stirbt seine Gemahlin in Sicyon und er verträgt fich aufs Neue mit Octavian, 48, 28. sie verbinden sich beide gegen SertuS, 48, 29. Die Soldaten fordern in Brundufium die versprochenen Gelder, werden aber von Octavianus beschwichtigt, 48, 30. Senat und Volk sind über den Krieg gegen Sertus ungehalten; Antonios und Octavian kommen darüber selbst in Lebensgefahr und sehen fich gezwungen, sich mit SertuS zu vergleichen, 48, 30. Sie kommen bei Misenum zu- Historisches Register. 1875 sammen und versöhnen sich, 48, 36—38. Antonius geht nach Griechenland zurück, legt sich den Namen deS zweiten Bacchus bei» läßt sich von den Aihenern mit ihrer Göttin Athene vermählen und mit einer Aussteuer beschenken, 48, 39. den VentidiuS schickt er nach Asien gegen die Parther voraus, 39. kommt, auf Octavian's Einladung, noch einmal nach Brundusium wegen des gegen Sirius zu eröffnenden Kriegs, eilt aber wieder, ohne den Octavian zu sprechen, nach Aegypten zurück, 48, 46. kommt nach Octavian'S Verlusten zur See noch einmal nach Italien, aber mehr, um Oc- tavtan auszuholen Seine neue Gemahlin Octavia versöhnt die Widerstrebenden, wird aber bald, vorgeblich, damit sie nicht den Gefahren des PartherkriegS ausgesetzt wäre, von Antonius nach Italien zurückgeschickt, 48, 54. gibt dem Octavian einige Schiffe gegen SertuS, 49, i. wird auf seinen Legaten VentidiuS eifersüchtig. erscheint selbst in Syrien, nimmt Jenem den Oberbefehl und gibt ihn dem SossiuS; er selbst aber geht nach Italien, 49, 23. überträgt dem von den Parthern übergetretenen MonäseS die Führung des Krieges und macht, als dieser wieder zu Jenen abfällt, dem PhraateS, um Zeit zu gewinnen, FrtedenSanträge, 49, 24. belagert die Stadt PraaSpa, verliert dabei viele Leute, läßt sich durch Vorspiegelung deS Friedens verleiten, die Belagerung aufzugeben, findet sich betrogen, verliert durch die ihn rings umgebenden Feinde und durchchie Kälte viele Mannschaft, legt sein Heer in Armenien in die Winterquartiere und eilt zu Cleopatra zurück, 49,25—31. verfügt nach Willkühr über die kleineren Fürsten- thümer deS Morgenlandes und vergibt mehrere an Cleopatra, 49, 32. 33. SertuS wird auf einen Befehl des AntoniuS getödtet, 49, 18. Er will mit Hülfe des MederkönigS den König von 1876 Historisches Register. Armenien bekriegen, kehrt aber auf die Nachricht, daß seine Gemahlin Octavia zu ihm reise, nach Aegypten zurück, und befiehlt ihr, nach Rom zurückzukehren, lästjevoch dtevonibr mitgebrachten Geschenke und Soldaten in Empfang nehmen, 49, 33. bekommt den ArtabazeS durch List in seine Gewalt, 49, 39. erobert ganz Armenien, führt den gefangenen König in Alerandrien im Triumph auf, bewirthet die Alerandrier aufs prächtigste» und verschenkt ganze Provinzen an Cleopatra, Cäsarton und seine mit Cleopatra erzeugten Kinder, 49, 41. schreibt zu gleicher Zeit an den Senat, daß er geneigt sey, dem Triumvirat zu entsagen, aber nur in der Abficht, den Octavian zu Gleichem zu nöthigen, ebendas. schließt mit dem Mederkönig den Vertrag, daß diese.- ihm gegen Octavia- nuS, er hingegen denrselbeu gegen die Parther beistehen solle, geht dann nach Jonien und Griechenland ab, um fich zum Kriege gegen OctavianuS zu rüsten, 49, 44. Klagen Beider über einander, 59. 1. In Rom find die beiden Consuln für ihn thätig, richten aber Nichts aus und gehen zu ihm ab, 50, 2. sein Testament, da« OctavianuS sich zu verschaffen weiß, empört alle VaterlandS- freunde; man erklärt der Cleopatra, im Grunde aber ihm, den Krieg, 50, 3. Er läßt sich Gymnasiarch von Aegypten, Osiri« und Bacchus nennen, 50, 5. Die Provinzen des römischen Reiche«, welche zu ihm halten, werden aufgezählt, 50, 6.— will selbst und zwar in Italien angreifen, besinnt sich aber eine- Andern und überwintert in dem PeloponneS, 50, 9. geht von da nach Actium, wo seine Flotte vor Anker liegt, 50, 13. Schlacht bei Actium, 50, 31—35. flüchtet sich erst in den PeloponneS, dann nach Asric» zu PinariuS ScarpuS, und wie ihn dieser nicht aufnimmt, nach Alerandrien zurück, 51, 5. sucht den OctavianuS durch Unterhand- Historisches Register. 1877 langen hinzuhalten, erhält aber keine Antwort, 51, 6. will nach Spanien oder Syrien, oder an den arabischen Meerbusen flüchten, 51, 6. 7. sendet noch zwei Mal Botschaft an Octavianus und beruft sich auf ihre frühere Freundschaft, 51, 8. marschirt gegen den Cornelius Gallu», der die Stadt Parätonium besetzt hat, zieht gegen ihn den Kürzeren, und verliert einen Theil seiner Flotte, 51, S. Indessen bemächtigt sich OctavianuS PelusiumS, AntoniuS kommt gegen ihn in Vortheil, verliert aber wieder und läßt sich durch die treulose Cleopatra verleiten, nach Alerandrien zurückzukehren, 51, 10. Auf die falsche Nachricht von ihrem Tode stürzt er sich in sein Schwert, rafft sich aber wieder auf, als er hört, daß sie noch lebt, läßt sich in ihr Grabdenkmal Hinaufwinden, und stirbt in ihren Armen, ebendas. wird mit Cleopatra in einem Sarge beigesetzt, 51, 15. hinterläßt von Fulvia einen Sohn Julius, von Octavia zwei Töchter, die einen Theil des väterliche» Vermögens erhalten, ebendas. Schicksal seiner mit Cleopatra gezeugten Kinder; sein Charakter, 51, 15. AntoniuS Muss, stehe Musa. AntoniuS Primus, stehe Primus. AntouiuS, ein Ritter, unter Nero vorgeblich wegen Giftmischerei hingerichtet, 61, 7. (Lucius) AntoniuS SaturninuS, stehe SaturninuS. An tylluS, vielleicht für AntulluS, Antoniolus, Sohn des Trtum» virS AntoniuS, wird in seinem zehnten Jahr mit Auguft'S Tochter Julia verlobt, 48, 54. nach des Vaters Tode hingerichtet, 51, 15. AnulinuS, Feldherr des Kaisers Sept. SeveruS gegen PeScenniuS Niger, 74. 6. 75, 2. 3. Aosta, Stadt, stehe August» Prätorianornm. 1-878 Historisches Register. Apamea, 47, 27. 48, 25. Orakel des Jupiter BeluS daselbst, 78, 8. 30. 34. 40. ApclleS, berühmter tragischer Schauspieler unter Caligula, 5g, 5. Apiaten, eine gallische Völkerschaft, 39, 46. bei Cäsar SotiateS. Apicata, Gemahlin Sejan'S, gibt sich selbst den Tod, obgleich sie von ihm geschieden war, und also Nichts zu befürchten hatt«, 58, 11. ApiciuS, ein Schweiger, 57, 19. Apis, von den Aegyptern göttlich verehrt. AugustuS begehrt ihn nicht zu sehen, 51, 15. ApocolocynthosiS, Titel einer Spottschrift Senecr'S auf den . Kaiser Claudius, 60, 35. Apollo weint drei Tage nach einander, Fr. 216. Apollo GrannuS, 77, 15. (Aurelius) Npollinaris, Leibwachenobrist unter Caracalla, und Mitverschworener gegen denselben, 78, 5. Apollinarische Spiele, unter Cäsar von einem Stadtpräfekt gegeben, 43, 48. von einem Prätor, 47, 20. — von dem Prätor Agrippa mit besonderer Pracht, 48, 20. ApollodoruS, ein berühmter Baumeister unterTrajanuS, wirdvon HadrianuS aus Künstlerneid hingerichtet, 69, 4. Apollonia, Stadt am ionischen Meerbusen, eine Pfianzstadt der Corinther, Fr. 122, 47, 21. hat eine Art Redneracademie, weß- halb sich OctaviuS bei Cäsars Ermordung dort aufhält, 45, 3. In seiner Nähe steigen häufig Flammen aus der Erde auf, ohne ' jedoch Schaden zu thun; sie werden beim Regcnwetter stärker. Auch ein Orakel ist daselbst, 41, 45. Historisches Register. 1878 Apolloniu«, der Aegypter, sagt dem Caligula seinen Tod voran-, 59, 29. Apolloniu« von Nicomedien ist Lehrer des Marcu« Aureliu« t« der Philosophie, 71, 35. Apolloniu« von Tyana tritt in EphesuS in derselben Stunde, in welcher DomitianuS in Rom ermordet wird, öffentlich auf und verkündigt das glückliche Ereigniß, 67,18. Caracalla läßt ihm zu Ehren «inen kleinen Tempel erbauen, 77, 18. Apollophanes, Befehlshaber des Sertu« Pompejus liefertet« glückliches Treffen'gege« den Octavianu«, 48, 47. wird aber vo» MenaS geschlagen, 48, 48. ergibt sich an Elstern, 49, 10. AppiuS Claudius Pulcher, stehe Claudius. APPiuS Claudius, Pcätor, stehe Claudius. (Casus) AppiuS SilanuS, stehe SilanuS. AprontanuS, Dio'S Vater, Statthalter in Cllicten, 69,1. Apronianus, Statthalter in Asten unter Sept. Severu«, wird ab« wesend zum Tode verurtheilt, 76, 8. Apsu«, Fluß in Macedonien, 41, 46. (Lucius) ApulejuS SatnrninuS, stehe SaturninuS. Apuler, Völkerschaft am säuischen Meerbusen, Fr. 7. Aqua Virgo oder Jungfrauenwaffer, wird von Agripp» in einer besondern Wasserleitung in die Stadt geführt und das Augustische genannt, 54, 11. Aquä Juliä, der Julische Canal, oder die Julische Wasserleitung, in die Stadt geführt, 48, 32. an Capua'S Bürger überlasse«, 49, 14. Aquila, des MäcenaS Freigelassener, ist Geschwinhschreiber, 55, 7 . Dl» S«sst„. 1« Bdch». 6 1880 Historisches Register. (Pontius) Aquila, einer von Cäsars Mördern, Unterfeldherr des DecimuS, 48, 38. erhält eine Ehrensäule 46, 40. (Julia) Aquilia Severa, ein« Bestalln, wird Gemahlin des Kai« fers HeliogabaluS, von ihm verstoßen und wieder angenommen, 79. 9. AquiliuS FioruS, stehe FloruS. Aquitanien wird von Cäsar bezwungen, 39, 46. Arabien, NabatäischeS und JturäischeS (in diesem LysaniaS, in.jenem MalchuS König) werden von dem Triumvir AntoniuS an Cleopatra und ihre Kinder verschenkt, 49, 32. In dem Jturäischen wird SoämuS von Caügula als König eingesetzt, 59, 12. Das glückliche, 53, 29. DaS Peträische wird unter Trajanus römische Provinz, 68, 14. Seht. SeveruS macht einen Zug in das Land, 71, 1. vergl. 79, 3. Arabton, Scheich oder Fürst einer arabischen Horde, 48, 22. AraduS, Insel, 47, 30. verweigert dem Triumvir AntoniuS den Tribut, 48, 24. hält stch auch gegen deS AntoniuS Legaten Ven« tidiuS sehr tapfer, 48, 41. wird von Casus SosfiaS erobert, 49, 22. Arar-S, 36, 35. 49, 44 . Araris, Arar, Saone, 38, 32. ArbandeS, des SporaceS Sohn aus Mesopotamien, wird von Trajanus geliebt, 68, 21. Arbela, durch Alexanders Sieg berühmt, wird von Caracalla erobert, welcher die dortigen Gräber der parthischen Könige zerstört, 78, 1. Arbornesen, stehe Narbonenser. Arce, Stadt in Syrien, 78, 30. Historisches Register. 1881 Archelaus, König von Cappadocien, vermittelt den Frieden zwischen Sulla und MithridateS, dessen Feldherr er früher gewesen war» Fr. 258. 261. Archelaus, Sohn des Vorigen, von Berecine zum Gemahl und Mitregenten von Aegypten genommen, wird von GabiniuS umgebracht, 39, 57. 58. Archelaus wird von AntoniuS an AriaratheS Stelle zum König von Cappadocien gemacht, 19, 32. von AugustuS bestätigt, 51, 2. bekommt noch das Küstenland Ciltciens und Kleinarmeniens, 51, 9. wird von Tiberius, weil er ihm während seiner Aufenthalts in Rhodus keine besondere Aufmerksamkeit schenkte, nach Rom entboten und rettet kaum sein Leben, stirbt aber bald darauf, 57, 17. Archelaus HerodeS, stehe HerodeS. Archiv des Senats, auf Befehl des Tiberius wieder in Ordnung gebracht, 57,16. Das kaiserliche Archiv geht unter Commodu» größten Theils in Flammen auf, 72, 24. Ardiäer, sonst Sardiäer, eine illyrische Völkerschaft, Fr. 144. Arduba, Stadt in Dalmatien, wehrt stch hartnäckig gegen Tiberius und GermanicuS, 56, 15. AretaS, König im Peträischen Arabien, hatte Syrien sehr beunruhigt, wird aber von PompejuS besiegt und in Fesseln gelegt, 37, 15. ArgentocoruS, 76. 16. Argessa, alter Name von Italien, Fr. 3. Argyrippa, Stadt in Apulien, später Arpi, Fr. 7, s. Arpi. AriaratheS, König in Cappadocien, von dem Triumvkr AntoniuS de« Throne« entsetzt, 49, 32. Ariminum, 41, 4. 55, 34. S» 1882 Historisches Register. AriobarzaneS, König von Cappadocien, Fr. 242. 258. 261, erhält nach der Pharsalischen Schlacht von Cäsar einen Theil des von DiotaruS besessenen Reichs, Galatien, und ein Stück des dem PharnaceS abgenommenen Armeniens, 4t, 63. wird »von Brütn« und CasssuS, welche ihm nicht recht trauen, gefangen genommen und umgebracht, 47, 33. AriogäsuS, König der Jazygen, unter Marcu» Aurelius, 71, 13. 14. Ariovist, König der Celten, unter Cäsars Consulat zum Freund und Bundesgenossen der Römer angenommen, war über den Rhein gegangen und hatte den Aeduern und Sequanern zugesetzt. Diese suchen Hülfe bet Cäsar. Ariovist spricht stolz mit Cäsar, 38, 34. 42. wird nach blutigem Kampfe besiegt und entkommt auf einem Fahrzeuge über den Rhein, 38, 47 —SO. Aristio vertheidigt Athen gegen Sulla, Fr. 253. Aristio, Freund des MithridateS, Feind des Archelaus, König« von Cappadocien, wird auf Snlla'S Befehl hingerichtet, Fr. 258. Aristio im eretischen Kriege, 36, 2. (CäciliuS) Aristo, Statthalter in Bithynien unter MacrinuS, 78, 39. Aristobulus, Fürst und hoher Priester der Juden, 37, 15. wird von PompejuS als Gefangener fortgeführt, 37, 15. entkommt au« Rom, wird aber an PompejuS ausgeliefert, 39, 56. hernach von Cäsar nach Judäa geschickt, um das Land von der Pompejanische» Partei abzubringen, 41, 18. Aristoteles soll nach Caracalla Schuld an Alexanders Tod gewesen sein, weshalb er auch die Schriften der Aristoteltker verbrenne« lassen will. -7, 7. Historisches Register. 1883 Artn« aus Alerandrien, Philosoph in des Augustus Gefolge, 51, 16. 52, 36. Armenien (Großarmenien) hat TigraneS zum König, 85,8. 36, 28—36. '37, 5. ArtavaSdes, 49, 25. AntoniuS nimmt Letzter« gefangen, führt ihn in Alerandria im Triumph auf und bemächtigt sich des ganzen Landes, 49, 46. und vergibt es später an seinen mit Cleopatra gezeugten Sohn Alexander 49, 41. geht wieder für Rom verloren, 49, 44. Unter AugustuS findet sich ein König Ar- tabazeS, an dessen Stelle auf Verlangen der Armenier von den Römern TigraneS zum König gemacht wird, 54. 9. Das Land empört sich, und Augustus sendet erst den TiberiuS, 55, 9. hierauf den CajuS Cäsar dahin, 59, 11. Unter TiberiuS gibt es der Partherkönig Artabanus seinem Sohne ArsaceS, TiberiuS aber dem TeridateS und kurz darauf dem MithridateS, 58, 26. Unter Nero führt besonders Corbulo glückliche Kriege daselbst. und TeridateS > empfängt zu Rom das Diadem, 62, 19. 63, 1—5. Desgleichen EredareS unter TrajanuS, 68, 17. Trajanus macht es zur römischen Provinz, 68, 18. 19. Unter MarcuS Aurelius sängt der Satrap TeridateS daselbst Unruhen an, 71, 14. Es hat einen eigenen Fürsten SoämuS, 71, Anhang. Unter Sept. SeveruS SanatruceS, 75, 9. Caracalla kriegt daselbst mit ungünstigem Erfolg. 77, 21. Kleinarmenien, 35, 9. AntoniuS gibt es dem Polemo, 49, 33. 44 . Augustus dem ArchelauS, 54, 9. Caligula dem CotyS, 59, 12. ArmeniuS, der Cherusker, hintergeht den VaruS durch verstellte Freundschaft, 56, 19. ArnuphiS, ein ägyptischer Zauberer unter MarcuS AureliuS, 71,8. 1884 Historisches Register. Arria, eine Römerin, stirbt muthig und ermuthigt auch ihren Gemahl PLtus zum Sterben, 60, 18. (FlaviuS) ArrianuS, Statthalter in Cappadocien unter Hadrian, 69 , 15 . (Lucius) ArruntiuS, ein Gelehrter unter TiberiuS, nimmt fich das Leben, um nicht den Caligula zum Herrn zu haben, 58, 27. Arpi. früher Argyrippa in Apulien, Fr. 7. (SintricuS) ArsaceS, König der Parther. MithridateS, TigraneS und LuculluS suchen ihn für sich zu gewinnen; er erklärt stch^aber für Keinen, 35, 1—3. stirbt, 36, 28. ArsaceS, Sohn des Artabanus, bemächtigt stch Armeniens unter TiberiuS, 58, 26. ArsaniaS, Fluß, fällt in den Euphrat. An ihm liegt die Stadt Rhandea, 62, 21. Arsinoe, Schwester der Cleopatra, erhält von Cäsar die Insel Cypern, 42, 35. GanymedeS bringt fie von da nach Aegypten, um fie auf den Thron zu setzen, 42, 39. wird von Cäsar im Triumph ausgeführt, aber wieder in Freiheit gesetzt, 43,'19. wird von AntoniuS umgebracht, 48, 24. Artabanus, der Zweite, König der Parther unter TiberiuS, gibt seinem Sohne ArsaceS nach dem Tode des Artares Armenien, greift Cappadocien an, und drückt seine Unterthanen, welch« deshalb «inen neuen König von TiberiuS verlangen, 58, 26. bedroht unter Caligula Syrien, wird aber von Lucius VitelliuS gedemüthigt, 59,27. Artabanus, dem Vierten, wirb von Caracalla ohne Grund der Krieg angekündigt und das Land verwüstet, 78, 1. Artabanus bekriegt Historisches Register. 1885 die Römer unter Macrinus, 39. schließt Frieden, 78, 26. 27. 39. wird von dem Perserkönig ArtarerreS bekriegt und getödtet, 80, 3. ArtabazeS, des Tigranes Sohn, König in Armenien zu Craffu» Zeiten, 40, 16. Artabaze-, der Zweite, oder ArtariaS, unter August, wird von seinen Unterthanen umgebracht, 51, 9. Artacier, Völkerschaft in Thränen, 51, 27. ArtavaSdeS, König von Medien, bietet dem AntoniuS Freundschaft an. 19, 25. wird von Altares gefangen genommen, 19,11. 51, 9. ArtavaSdeS, König von Armenien, unterstützt den M. AntoniuS nicht gegen dieParther, 19, 25. AntontuS will sich an ihm rächen. 19, 33. lockt ihn in da« Lager, läßt ihn fesseln und führt ihn bei seinem Triumph in Alerandrien vor seinem Wagen her, 19, 39. 10. wird nach der Schlacht bei Actium ermordet, 5l, 5. Artares ist gemeinschaftlicher Name der Könige von Armenien. Ein König dieses Namens wird von den Soldaten an Statt seine- Vaters ArtavaSdeS zum König gcmicht und von AntoniuS besiegt, 19, 39. besiegt seinerseits den Mederkönig ArtavaSdeS, 19,11. 5t, 16. ArtaraS, Partherkünig, 58, 26. Artarata, Stadt in Armenien, 36, 31. 35. 19,39. wird von Corbulo unter Nero geschleift, 62, 20. TeridateS darf sie wieder aufbauen, 63, 6. und nennt sie Neronia, 63, 7. ArtarerreS, König der Perser zu Alexander Severus Zeiten, bemächtigt sich nach der Ermordung Artaban'S der Herrschaft in Parthien, macht auch Angriffe auf Armenien, Mesopotamien und Svrien, 30, 3. 4. 1886 Historisches Register. Artemis, Anführer der empörten Juden unter Trajan, 68, 32. Artemis, die Taurische, in Comana, 35,11. ArticulejuS PetuS, 54, 14. ArtoceS, König der Jberier, greift den PompcjuS an, muß aber den Frieden damit erkaufe», daß er seine Söhne ausliefert, 37, 1 . 2 . Artorius, Arzt des AugustuS, gemeint, aber nicht genannt, 47, 4. Arverner, Völkerschaft in Gallien, empören sich gegen die Römer, 46, 33. Cäsar zieht-gegen sie zu Feld, richtet aber nicht viel aus, 40, 35. 36. Asander, von PharnaceS zum Statthalter in BoSporuS bestellt, empört sich wider ihn und bringt ihn um, weshalb Cäsar ihn verabscheut und den MithridateS von PergamuS gegen ihn in'S Feld schickt, 42, 46—48. stirbt, 54, 24. AsiaticuS, s. ValeriuS. Asien wird römische Provinz, 53, 12. soll nach den Bestimmungen des AugustuS Proconsuln zu Statthaltern bekommen, 53,14. doch verfügt derselbe, obgleich die Provinz senatortsch ist, selbst darüber, 54, 7. sendet einmal einen außerordentlichen Statthalter dahin, 54, 30. AsiniuS GalluS, des DrusuS Bruder von mütterlicher Seite, unter Claudius verwiesen, 60, 27. AsiniuS Pollio, besiegt die empörten Parthiner in Jllyrieo» 48, 41. (CasstuS) AsclepiodotuS läßt sich unter Nero nicht al« falscher Zeuge gebrauchen, 62, 26. Aspar, witziger Spötter unter Sept. SeveruS, 76, 9. (Julius) Ascher, Statthalter in Asten unter Macrinu«, 76, 22. Historisches Register. 1887 Aspir, Stadt in Syrien, 37, 7. AsPiS, Stadt in Afrika, sonst Clupea, 41, 41. 48, 52. s. Clupea. Assessoren, s. Beisitzer. Assyrien heißt auch Atyrien, 68, 26. Astingcr an der Donau tragen den Römern Bunde«genoffenschaft an, 71, 12. Astrologen. Augustus legt ihnen das Handwerk, 56, 25. Tiberiu« läßt die fremden hinrichten und gegen die einheimischen eine strenge Verordnung ergehen, 57, 15. unter Mtelliu« au-Rom und Italien vertrieben, 65, 2. auch von Vespafianus, 66, 9. Austurier, eine spanische Völkerschaft, werden von.StatiliuS Taurus unter August besiegt, 51, 29. empören sich wieder, und werden von Lucius AemiliuS zu Paaren getrieben, 53, 25.29. auch von Agrippa, 54, 5. 19. Asyl, unter Romulus bestellt, wird nachher so umzäunt, daß es nicht mehr mißbraucht werden kann, 47, 19. Cäsar-Kapelle dient auch als Asyl, ebendas. und 51, 15. AtaniuS Secundus, 39, 8. Atejus Capito tritt gegen Pompejus und Craffus auf, 39, 32. 35. Atejus Capito äußert sich freimüthig gegen TiberiuS, 57, 17. Athambilus, Fürst der kleinen Insel Messene auf dem Tigris unter Trajan, 68, 28. Athen wird von Sulla belagert und er läßt die heiligen Haine und die schönen Baumgänge der Akademie und des Lyceums niederhauen, Fr. 251. erleidet eine HungerSnoth; die heilige Lampe der Athene erlöscht, Fr. 253. 254. hält sich gegen Cäsar, 42, 14. empfängt Brutus und CassiuS auf's Glänzendste und setzt ihnen Bildsäulen, 47, 29. 39. auch dem Antonius und Cleopatra, 59, 15. 1888 Historisches Register. verliert Aegina und Greiria, 54, 7. wird besonders von Hadrian begünstigt und erhält die Insel Cephalonta zum Geschenk. 69, 16. erhält von MarcuS AureliuS neue Vorrechte und dieser stellt Lehrer in allen Wissenschaften daselbst an, 7t, 31. Athenäum, Tempel der Minerva, von August erbaut, 51, 22. von Hadrian, 73, 17. Athenio, ein Cilicier, führt eine Sklavenrotte in Sicilien an, Fr. 250. AthenodoruS, Philosoph und Vertrauter August'S, ist sehr freimüthig gegen denselben, 56, 43. Athluli, Stadt im glücklichen Arabien, 53, 29. AtiniuS, 38, 6. AtlaSgebirge, 60, 9. 75, 13. Atra, Stadt in Arabien, verehrt die Sonne und wird durch sie beschützt, 66, 31. gegen Trajan ebendas., gegen SeveruS, 75, 10. bis 12. gegen ArtarerreS, 80, 3. (Lucius SemproniuS) Atratinu S, 49, 39. Atrebaten, Celten oder Beigen, machen dem Cäsar unter ihrem Ansührer Commius viel zu schaffen, werden aber doch endlich bezwungen, 40, 42. 43. AtreuS, ein Trauerspiel unter diesem Titel von ScauruS, 58, 24. At taluS, von PrufiaS angegriffen, wird von den Römern in Schutz genommen, Fr. 198. (Claudius) AttaluS, früher Statthalter in Thrakien unter Macri- nus, wird aus Cvpern auf Befehl des HeliogabaluS hingerichtet, 79, 3. 4. Attegua» Stadt in Spanien, wird von Cäsar im Kriege wider den jüngern Pompeju« erobert, 43, 33. 34. Historisches Register. 1889 Attia, Augusts Mutter, 45, 1. stirbt und erhält ein feierliches Let- chenbegängniß, 47. 17. AttianuS, Vormund Hadrians, 69, 1. AtticuS NumeriuS, ein Senator, wollte den Geist des Augustus gen Himmel aufsteigen gesehen haben und wird deshalb von Livia reichlich beschenkt, 56, 46. AtticuS HerodeS, Lehrer des MarcuS AureliuS in der Beredsamkeit, 7t, 35. Atyrien, 68. 26. Avaricnm, Stadt der Bituriger, wird von Cäsar erobert, 40, 34. AvernuS, See bei Cumä in Campanien, 48, 50. in Adiabene, Fr. 9. bei Babylon und bei HierapoliS, 68, 27. AuctoritaS Senatus, 4t, 3, 42, 23, 55, 3. AugaruS, König von OSroene, im zweite» römische» Bürgerkrieg mit den Römern verbündet, trägt die Hauptschuld an CasstuS Un- glück, 40, 20. fällt den Römern in den Rücken, 40, 23. AugaruS, König von OSroene, sendet dem Trajan bei seinem Feldzug in den Orient Geschenke, will aber, um nicht gegen die Parther zu verstoßen, nicht persönlich erscheinen, 68,18. kommt aber später doch und wird des Kaisers Vertrauter, 68, 21. ^ AugaruS läßt zu CaracallaS Zeiten die Großen seines Reiches ermorden; Caracalla nimmt ihm sein Land, 77, 12. Augurium SalutiS, 37, 24. 25. 51, 20. Augurwürde, 48, 36. 51, 1. Augusts Emerita, jetzt Merida, wird von AugustuS für seine alten Soldaten angelegt, 53, 26. August» Prätorianorum, jetzt Aosta, 53, 25. 1890 Historisches Register. Augustalien, 54,10. 14. 55,8. auch bei August« Geburtstag roch lange nach seinem Tode gefeiert, 56. 25. 29. 46. 47. wegen Zurückkunft der Kaiser«, 57, 14. 53. 34. Augustaner, eine Schaar Soldaten, welche Nero nur dazu hält, ihm bei seinen Narrheiten Beifall zu klatschen, 61,20. Sie begleiten ihn auch nach Griechenland, 63, 8. A ugustuS sCajuS Julius Cäsar OctavianuS) bei Dio wahrscheinlich durch einen Fehler des Abschreiben- auch Cäpia « genannt, 45, 1. Seine Ankunft und Vorbedeutungen künftiger Größe, 45,1. 2., wird von Cäsar adoptirt, gut erzogen und zum Erben eingesetzt, 44, 35. 45, 2. wird noch sehr jung von Cäsar zum Reiterobristen angenommen, 43, 51. befand sich bei Cäsars Ermordung zu Apollonia» um ihn von dort aus auf seinem Feldzuge gegen die Parther zu begleiten, wußte damals noch Nicht-von seiner Adoption und der Erbschaft, geht, auf die Nachricht davon nach Rom, 45, 3. 4. tritt ansang« sehr leise auf; ordnet sich dem Antoniu« unter, obgleich ihn dieser um die Erbschaft bringt, sucht Volkstribun zu werden, und läßt sich durch den Volkstrtbun Ttbe- riuS Cannutiu« dem Volke vorstellen, verspricht diesem die Auszahlung des ihm von Cäsar ausgesetzten Vermächtnisses und macht sich dadurch, so wie durch glänzend« Schauspiele sehr beliebt. 45, 5—7. Antoniu- läßt ihn einmal durch Liktoren von der Rednerbühne Herabschleppen, 45, 7. dies« Gewaltthat macht jedoch dem OctavianuS noch mehr Freunde, 45, 8. Er versöhnt sich mit AntoniuS, aber nur auf kurze Zeit, 45, 9. Er bietet den au« Macedonien zurückgekehrten Soldaten «ine größere Summe als Antoniu«, wirbt auch in Campanien viel Volk und eilt dann mit ihnen nach Rom, 45, 12. Als Antoniu« den DecimuS Brutus 189L Historisches Register. in Gallien aus der Statthalterschaft verdrängen will, räth er diesem zum Widerstand, 45,14. 15. Er wird, da der Senat de« Antoniu« den Krieg erklärt, mit dem Titel eines Prätors gegen ihn gesandt, 48, 29. er schlägt nach einigen Verlusten den Antonios bei Mutlna, 46, 36—38. macht Ansprüche auf das Consulat, steht sich aber vom Senat gering geachtet und Brutus begünstigt. Er erhält blos konsularische Ehren, 45, 39—41. Er macht deßhalb dem Antoniu« Friedensvorschläge, 45, 41. Auf die Nachricht, daß AntoniuS und LepiduS zusammenhalten, schmeichelt ihm der Senat von Neuem, und überträgt ihm den Krieg über diese. Er übernimmt ihn zum Schein, leitet es aber so ein, daß seine Soldaten erklären, daß sie gegen kein Heer, das schon unter ihm gedient habe, fechten würden. Vierhundert derselben gehen sogar nach Rom und verlangen unter Anderem auch das Consulat für ihn, richten aber noch immer Nichts au». Jetzt verbindet er sich enger mit Antoniu« und LepiduS, rückt vor Rom und wird nun Consul, 45, 42—45. Dolabella muß das Heer an ihn abtreten; er wird nun förmlich in das Geschlecht der Cäsarn adoptirt, heißt jetzt CajuS Julius Cäsar OctavianuS, 45, 46—48. Er fängt an , Cäsar- Mörder zu verfolgen, 45, 49. Er stellt sich, als ob er im Ernst gegen AntoniuS und LepiouS zu Felde ziehen wollte, 45, 5ü. thut aber Nichts, weil er durch sie erst den Brutus und den CasfiuS bezwingen will, läßt vielmehr durch PediuS im Senat darauf antragen, dem AntoniuS und dem LepiduS zu verzeihen und ihnen die Rückkehr nach Rom zu gestatten, 45, 52. Beide rücken mit ihren Heeren herbei, treffen bei Bononia mit ihm zusammen und verabreden, Jeder seine Gegner ermorden zu lassen; ste ver-" «iden sich «ud theilen sich in die römische» Provinzen. Lepidn« soll 1892 Historisches Register. da- nächste Jahr al- Consul in Rom bleiben, Octavianus und Antonius wollen gegen Brutus und CasstuS zu Felde ziehen und Octavian soll FluviaS Tochter zur Ehe nehmen. 45, 55. 56. Sie treten ihren Feldzug gegen Brutus und CasstuS wirklich an, lassen aber gegen SertuS, der im Besitze von Sicilien ist, einen Theil des Heeres zurück, um Italien zu decken, 47, 36. Oct. erkrankt in Dyrrhachium, eilt dem AntoniuS nach und beide lagern ihren Feinden bei Philippi gegenüber, 47, 37. in der Schlacht steht er mit seinem Heere zurückgeschlagen und verliert sein Lager, 47, 45. Brutus wagt nach des CasstuS Tode noch eine Schlacht, verliert sie und stürzt sich in sein Schwert, 47, 48. 49. Octavian schließt mit Antonius einen neuen Vertrag, in welchem LepiduS ausgeschlossen wird, 48, 1. schickt der ränkesüchtigen Schwiegermutter die Tochter zurück, 48, 5. bekommt in Rom Streit mit Fulvia und Lucius Antonius, dem Bruder des Trium- virs, über die Vertheilung von Ländereien an ausgediente Soldaten, welche ihm MarcuS Antonius überlassen hatte. Fulvia und Lucius Antonius schlagen sich auf die Seite der Unzufriedenen und bringen dadurch den Octavian in große Verlegenheit, so daß er mehrere Grundstücke, namentlich die der Senatoren von der Vertheilung au-nehmen muß, aber dennoch nicht verhindern kann, daß es in Rom sowohl, als auch in anderen Städten zwischen Grundbesitzern und Soldaten zu blutigen Auftritten kommt. 48, 6—9. Er versucht es auf verschiedene Weise, mit seinen Gegnern sich zu vergleichen, bis seine Veteranen sich zu Schiedsrichtern auswerfen und den Lucius Antonius und die Fulvia für schuldig erklären, 48. 10—12. Es kommt zu einem förmlichen Krieg in Italien, Octavian belagert den Antoniu« in Perusia und zwingt Historisches Register. 1893 ihn, sich zu ergeben, worauf sich Alles für Öctavian erklärt und Fuloia mit ihren Kindern zu ihrem Gemahle flüchtet, 48, 13—15. Öctavian sucht den SertuS für sich zu gewinnen und heirathet zu dem Ende eine Verwandte von ihm, Scribonia. 18, 16. Da SertuS,sich nicht zufrieden gibt,-so überträgt er, während er selbst in Gallien zu thun hat» den Krieg gegen ihn dem MarcuS Vtpsa- »iuS Agrippa, 48, 20. dem LepiduS überläßt er die Statthalterschaft von Asrica, 48, 20. Antonius fängt neue Feindseligkeiten an und belagert Brunduflum, 48, 27. Auf die Nachricht von FulviaS Tode versöhnen sich Beide, vertheilen die Provinzen des römischen Reiches aufs Neue und verbinden sich zu gemeinschaftlichem Kriege gegen SertuS', 48,28. 29. In Rom ist man so darüber aufgebracht, daß Öctavian und Antonius in Lebensgefahr kommen und mit dem SertuS Frieden zu schließen sich genöthigt sehen, 48, 31. Öctavian scheidet sich von Scribonia, 48,34. nimmt, um sich einen Anhang zu machen, die schlechtesten Menschen, selbst Sklaven in den Senat auf, 48, 34. Kommt bei Misenum mit SertuS zusammen und verträgt sich mit ihm, 48, 36—38. Ihr gutes Vernehmen ist nicht von Dauer, weil Octa» vian den zu ihm übergegangenen MenaS nicht ausliefern will. Er fordert den Antoniu« zur Theilnahme an dem Kriege auf, dieser aber läßt ihn im Stich. 48, 46. Seine Flotte leidet unter dem Oberbefehl der CalvinuS SabinuS großen Verlust, und er selbst ist in einem Scetreffen gegen ApollophaneS unglücklich, 48, 47; und kommt in einem Sturme sehr zu Schaden, 48, 48. Er begnügt sich vorerst Italiens Küsten zu schützen, läßt neue Schiffe durch Agrippa bauen, 48, 4g. Wie die Flotte fertig ist, geht er unter Segel, wird wieder von einem Sturme überfallen; doch geht 1894 Historisches Register. Mena« wieder zu ihm über. 49. 1. Agrippa gewinnt eine Seeschlacht, 49, 3. 4, Er selbst landet in Sicilien und glaubt, dem von Sertu« geschlagenen Sertu« vollend« den Garaus machen zu könne», ist aber unglücklich und geräth in Lebensgefahr, und ist froh, sich an die italische Küste zu retten, 49, 5. Um da« tu Sicilien zurückgelassene Heer zu retten, sendet erden Agrippa hinüber , der sich auch mit dem Coruificiu«, der indessen in großer Verlegenheit war, glücklich vereinigt, 49, 6, 7. Octavia« geht selbst wieder nach Sicilien hinüber, und Agrippa gewinnt die Seeschlacht, welcher beide Landheere vom Gestade aus zusehen. 49, 8—10. Octavian kommt in Meffana, da« Lepidu« in Besitz genommen hatte, in Lebensgefahr, gewinnt aber die Soldaten desselben und entsetzt ihn aller seiner Würden, 48,11. 12. Da« Heer empört sich gegen Octavian, er bleibt jedoch fest und vertheilt nur an diejenigen, die er für lobwürdig hält, Geld und Land, 49, 13. 14. Er kehrt nach Rom zurück, wo man ihm große Ehren zuerkennt, 49, 15. Er zieht gegen die Japyden, 49, 15. gegen die Pannonier, 49, 36. 37. gegen die Dalmatier, 49, 38. Antoniu« rüstet sich in Jonien und Griechenland gegen ihn zum Krieg, 49, 44. Beide beschweren sich über einander, 5l), 1. die beiden Consuln vom angetretenen Jahre 722, welche e« mit Antoniu- halten, suchen Octavian zu stürzen, erreichen ihre Absichten nicht und flüchten zu Antoniu«, 50, 2. Octavia» weiß sich des Antoniu« Testament zu verschaffen, und theilt e« dem Senat und dem Volke mit, worüber allgemeine Erbitterung entsteht, 50, 3. Man erklärt den Krieg, vorgeblich gegen Cleopatra, im Grunde aber gegen Antoniu« selbst, 50, 4. Angabe der Provinzen, welche 1895 Historisches Register. für Octavian sind, 5V, 6. Er geht im Frühling des Jahres 723 über das Ionische Meer nach Actium, wo des AntontuS Flotte vor Anker liegt, 50,12. Schlacht bei Actium, 50, 31—35. Das Landheer des AntoniuS ergibt sich an ihn, 51, 1. Octavian nimmt Rache an Königen, Städten und Einzelnen, die es mit AntoniuS hielten, und belohnt seine Anhänger, 51, 2, läßt sich in die «leusinischen Geheimnisse einweihen, 51, 4. geht, weil er seinen alten Soldaten nicht traut, nach Italien; Senat, Ritter und Volk empfangen ihn in Brundusium, er stellt seine Soldaten, so weit es angeht, zufrieden, 51, 4. eilt dann nach Asten, um den Krieg gegen AntoniuS und Cleopatra fortzusetzen, 51, 5. erhält von Cleopatra prächtige Geschenke, dem AntoniuS aber antwortet er auf dreimalige gütliche Vorschläge mit keinem Wort, 51, 0. 7. schickt seinen Freigelassenen ThprsuS an Cleopatra und stellt sich in sie verliebt. Cleopatra geht in die Schlinge, räth dem AntoniuS, weil Octavian auf seinem Tode besteht, die Flotte zu verlassen. Octavian bemächtigt sich, von ihr selbst heimlich unterstützt, der Hafenstadt Pelusium, leidet durch einen tapfern Angriff deS^AntoniuS einigen Verlust, verbessert sich jedoch und rückt in Alerandrien ein, 51, 8. 9. Auf die ihm durch Cleopatra zugekommene Nachricht von des AntoniuS Tode, schickt er einige Vertraute an sie ab, denen es gelingt, sich ihrer zu bemächtigen und sie in ihren Palast zurückzubringen. Sie wünscht Octavian zu sprechen, er besucht sie, bleibt kalt bei ihren Liebe-manövern, tröstet sie jedoch, sieht aber seine Absicht, sie im Triumph auszuführen, durch ihren Tod vereitelt, 51,10—14. Er ist gnädig gegen die Aegypter, läßt sich die Gruft Alexanders zeigen, 51, 16, macht das Land zur Dio Cafstus. 1SS Bdchn. 7 1896 Historische Register. römischen Provinz, in der jedoch kein Senator Statthalter werden darf, 51, 17. Mit den daselbst vorgefundene« Schätzen befriedigt er seine Offiziere und Soldaten und bezahlt seine Schulden. Neue Ehrenbezeigungen werden ihm in Rom zuerkannt, 51, 17—19. Von Aegypten geht er nach Syrien und dann im Minier nach Asten, um hier und in Parthien Alles in Ordnung zu bringen, 51, 18. von da im nächsten Sommer nach Griechenland und Italien, wo er einen dreitägigen Triumph hält, 51, 21. Er schließt zum ersten Male den JanuStempel, 51, 20. Auf den Rath des MäcenaS gibt er der Alleinherrschaft den Vorzug vor der Volksherrschaft, 52,1—40, nimmt den Jmpe- ratorentirel »ach seiner ueueu Bedeutung an, 52, 41. übernimmt mit Agrippa das Censoramt und vermindert die Zahl der Senatoren, 52, 42. gibt Carthago wieder die Rechte einer Pflanzftadt, entbietet den Antiochus von Commagene vor den Senat und läßt ihn hinrichten, 52, 43, tauscht die Insel Capreä von den Neapolitanern ein, ebendaselbst, hält den ersten Census, 53,1. läßt den Apollotempel und die Nebengebäude nebst den Büchersälen einweihen , ebendas. stellt steh, als ob er sich der Alleinherrschaft begeben wolle, läßt steh diese aber wieder auf zehn weitere Jahre aufdringen, 52, 13. Auch wird sie ihm immer wieder prolongirt, 53,16. Er theilt die Provinzen zwischen sich und dem Senat und macht neue Einrichtungen, 53, 12—15. Man gibt ihm den Ehrentitel August» S, 53, 16. Cr läßt die stamiuische Straße ausbessern, geht nach Gallien und Hispanien, 53, 22. erkrankt auf I dem Feldzuge gegen die Cantabern und die Asturier in Tarracona, 53, 25. schließt den JanuStempel zum zweiten Mal, 53, 26. kommt nach Rom zurück, 53, 28. Er erkrankt von Neuem und Historisches Register. 1897 übergibt seinem Kollegen im Konsulat, Piso, ein Verzeichniß der Kriegsmacht und der Staatseinkünfte und dem Agrippa seinen Siegelring, wird aber durch den Wasserarzt AntoniuS Muss wieder hergestellt, 53, 30. Der Senat bestimmt, daß Augustu« auf Lebenszeit Volkstribun seyn, im Senat, selbst wenn er nicht Cousul wäre, über beliebig« Gegenstände einen Antrag zur Berathung halten und auf immer, selbst innerhalb der Stadt, pro- consularische Gewalt haben sollte, 53, 32. Er schlichtet deu Streit zwischen TeridateS und PhraateS in Parthien unter der Bedin- , gung, daß die von CraffuS verlorenen Feldzeichen zurückgegeben würden, 53, 33. Er verbittet sich die vom Volk ihm angetragene Diktatur, nimmt aber die Aussicht über die Getraidelieferungen an, und wählt zwei Männer, die unter ihm das Geschäft besorgten, 54, 1. auch das Censoramt nimmt er nicht an, 54, 2. FanniuS Cäpio verschwört sich mit Anderen wider AugustuS, -die Schuldigen werden hingerichtet, 54, 3. Er weiht den Tempel des Jupiter« TonanS ein, 54, 4. er geht in die Provinzen, um sie besser einzurichten, macht den Agrippa, weil in seiner Abwesenheit Unordnungen in Rom vorfallen, zum Stadtpräfekt und vermählt ihm seine Tochter Julia, 54, 6. Seine Einrichtungen in Sicilien, Griechenland und Asien. — Er bekommt die Römischen Feldzeichen aus Parthien zurück und thut sich nicht wenig darauf zu Gut, 54, 7. 8. Einrichtungen in den Königreichen des Orients, 54, 9. Er kommt nach Rom zurück, wo man ihn mit noch größerer Gewalt bekleidet, 54,10. mustert den Senat und wünscht ihn auf dreihundert zu reduciren, muß es aber bei sechshundert bewenden lassen, 54, 13. 14. 17. weiht den von ihm neuaufgebauten Qui- 'T' 2- 1898 Historisches Register. rtnuStempel ein, und reist nach Gallien, um, wie man meint, mit Terentia, der Gemahlin des Mäcenas, ungestörter leben zu können, 34, 18. 19. zieht gegen die Celten; sie stellten aber Geißel, 54, 20. läßt gegen den dortigen Statthalter LicinuS eine Untersuchung anstellen, wird aber auf eine listige Weise getäuscht, 54, 21. gründet in Gallien und Spanien mehrere Pflanzstädte, 54,23. kommt bei Nacht nach Rom zurück, um dein Volke die Kosten eines feierlichen Empfangs zu ersparen, 54. 25. mustert von Neuem den Senat, 54, 26. wird nach des LepiduS Tod Pon- tifer Mariyms, und richtet einen Flügel des Palastes zu den Verrichtungen desselben ein, 51, 27. hält dem Agrippa eine Leichenrede, 54, 23. nimmt nach Agrippa'S Tode, weil dessen Söhne noch zu jung find, den TiberiuS zum Gehülfen an, 54. 31. vermählt Julia mit ihm und hält seiner verstorbenen Schwester Octavia eine Leichenrede, 54, 35. schließt den JannuStempel zum dritten Mal, 54, 36. hält dem DrusuS eine Leichenrede, 55, 2. — zieht gegen die Celten zu Felde, bleibt jedoch selbst diesseits des Rheins und schickt nur TiberiuS hinüber, 55, 6. erweitert die Ringmauer RomS, «bendas., Kümmernder seine Enkel CajuS und Lucius, besonders aber über Julia, 55, 9.10. Beide Enkel sterbe», 55,11. Er adoptirt den TiberiuS, so aber, daß er seines Bruders DrusuS Sohn, Germaniens, adoptiren muß, 55, 13. mustert den Senat von Neuem, hält eine Schätzung über die römischen Bürger in , Italien, welche nicht unter sünfzigtausend Drachmen besitzen, 55, i 13. CnejuS Cornelius Cinna, Enkel des Pompejur MagnuS, ver- ! schwört sich wider ihn, 55, 14. AugustuS verzeiht ihm auf die Fürbitte Livia'S und macht ihn sogar zum Consul, 55, 22. Er besorgt im späteren Alter die Staatsgeschäste vom Palaste aus Historisches Register. 1899 unter Beiziehung von Beisitzern aus dem Senat, 55, 27. Bei der Empörung derDalmatier und Pannonier isi TiberiuS zu läßig und August schickt deßhalb den Germaniens auch dahin. 55, 2g—31. erlaubt dem Senat, die meisten StaatsgeschLfte ohne ihn zu besorgen, kommt in keine Sitzung mehr, nimmt sich aber desto eifriger der Kriegegeschäfte an, 55, 34. wünscht die Ehen in Rom zu befördern, 56, 1—9. Papisch-Poppäisches Gesetz dafür, 56, 10. erhält die Schreckensnachricht von der Niederlage des Varus, 56, 23. 24. zieht sich noch mehr zurück, verbittet sich die Theilnahme an den Ehrentagen seiner Lieblinge, und die Aufwartungen im Palast, 56, 27. erbittet sich einen Ausschuß von zwanzig Senatoren, 56, 28. reiset nach Campanien, gibt Spiele in Neapel und. stirbt in Nola, 56, 29. Livia steht im Berdacht, seinen Tod befördert zu haben, weil er sich mit Agrippa Postumus aussöhnen zu wollen schien und ihn auf seiner Insel besucht hatte, 56, 30. Seine Leiche wird von den angesehensten Männern jedes Orts getragen, in der Nähe von Rom aber von den Rittern übernommen, 56, 31. sein Testament und seine anderweitigen Bestimmungen, 56, 32. 33. sein Begräbniß, 56, 34. Leichenrede des TiberiuS, 56, 35—41. Tempel und andere Ehrenbezeigungen, die man ihm noch nach seinem Tode zuerkennt, 56, 46. 47. Sein Tempel wird von Caligula eingeweiht, 59, 7. Aus seinem Privatleben ist noch zu bemerken: Sein Siegel war zuerst eine Sphinr, dann sein eigenes Bildniß, 51, 3. Er hatte eine Geheimschrift. Der Livia blieb er nicht immer treu, 54, 19. 56, 43. Freimüthigkeit von Freund und Feind nimmt er nicht übel. Sein Lob, 56, 43. 44. AvtdiuS Cassiur, ein Syrer von Geburt, ist ein Mann von Verdiensten, 71, 2. hat unter MarcuS AureliuS den Oberbefehl gegen 1900 Historisches Register. die Parther, 74, 2. ist sodann Statthalter über ganz Asten, 71, 3. wird von Fausttna znr Empörung gegen MarcuS Aurelius verleitet, 71, 22. tritt auf die fälschliche Nachricht von des Kaisers Tode offen hervor, 71, 23. wird von einigen Offizieren niedergemacht, 71, 27. der Kaiser läßt seine Briefschaften verbrennen, 71. 28. (Julius) AvituS, Consular, Gemahl der Julia MLsa, Großvater des Kaisers HeliogabaluS, 78, 30. AvituS, Enkel desselben, nachher Kaiser HeliogabaluS, w. m. s, 78, 30. 31. Aurelia Severa, Bestattn unter Caracalla lebendig begraben, 77. 16. AurelianuS, Senator unter Macrinus, soll den Soldaten au-ge- liefert werden, 78, 12. wozu sich der Kaiser endlich versteht, 78, 1S. (QuintuS) Aur e li nS stirbt wegen seine» Albanerguts, Fr. 270. Aurelius, s. Antoninus der Philosoph. AureliuS Aelir, berühmter Athlet unter HeliogabaluS, 79, 10. Aurelius ApollinartS, stehe ApollinariS. Aurelius EubuluS wird nach des HeliogabaluS Tode von dem Voll aus Erbitterung in Stücke zerrissen, 79, 21. Aurelius NemestanuS, Leibwachenobrist unter Caracalla und Mit- verschworener gegen denselben, 78, 5. Aurelius ZoticuS, stehe ZoticuS. AureuS, Golsmünze, fünf und zwanzig Denare in Silber, St, 12. Nur um Coronarium oder Kronengolv mußte von den Provinzen für die triumphirenden Imperatoren entrichtet werden, 48, 42. 77, 9. Historisches Register. 1901 von August bei seinem Triumph über die Cleopatra «klaffen, S1, 21. Aurum Judaicum, s. Judensteuer. Ausonien, Gränzen desselben in alte» Zeiten- Fr. 3. 4. Auspicien konnten nur ein Mal genommen werden und galten den ganzen Tag, an welchem dann keine Stimmensammlung in den Eomitien vorgenonnnen werden durfte, was von ClodiuS aufgehoben wird, 38, 13. Arona, ein Fluß in Gallien bei RheimS, 39, 2. B. Babylon, Harj'daselbst, 68, 27. von Trojan erobert, 68 26.27- eben so von SeptimiuS SeveruS, 75, 9. Bacchus, Nationalgott der Thracier, 54, 34. erhält mit Hercules von Septimiu» SeveruS einen Tempel, 76, 16. Baden, gemeinschaftliche», beider Geschlechter, wird von Hadria« verboten, 69, 8. Sabina Poppäa badet sich täglich in der Milch von fünfhundert Eseln, 62, 28. BäbtuS MarcellinuS, Senator unter SeptimiuS SeveruS, wird zum Tode verurtheilt, 76, S. 9. B ädcr. Lakonische beS Agrippa, 53, 27. 59, 29. Cutilische im Sa- bknrrland, 66,17. warme Schwimmbäder des MäcenaS, 55, 7. des TituS, von ihm mit vieler Pracht eingeweiht, 66, 25. Bärte: Die RStner legten gewöhnlich mit dem ein und zwanzigsten Jahre ihre Bärte ab, August mit dem vier und zwanzigsten, 48, 34. Bartfest» ebendaselbst. Rero'S Bartfest oder Juvenalicn, 67, 14. Hadrian läßt ihn zuerst unter den Kaisern wuchsen, 68, 15. Bätica wird senatortsche Provinz, 53, 12. 77, 20. s. Spanien. 1902 Historisches Register. Bajä, Beschreibung der Gegend und der dortigen warmen Bäder, 48, 50. 51. 49, 1. Bambalio, Spottname des Schwiegervaters von dem Triumvir M. AntoniuS, 45, 47. BanadaSpuS, König derJazyqen unterMarcuSAurelius, 71, 16. Banden der Wettfahrer, die weiße, die rothe, die dunkelgrüne, die meergrüne, 61, 6. Domitian vermehrte sie noch mit zwei, der goldenen und der purpurnen 67, 4. die dunkelgrüne begünstigten Ealigula, Nero, VeruS, Commod»S,HeliogabaluS; die meergrüne Vitellius und Caracalla, 61, 6. Barbillische Spiele, s.EphesuS. Barbillus, Sterndeuter unter VespastanuS, 66, 9. BargioraS, Ansührer der Juden, wird bei der Belagerung Jerusalems gefangen und hingerichtet, 66, 7. BasiltanuS, unter MacrinuS Statthalter in Aegypten, dann Leibwachenobrist, wird von der ffegenden Partei des HeliogabaluS umgebracht, weil er seinem Wohlthäter MacrinuS treu blieb, 78, 35. Basilica, 44, 11. BassäuS RufuS, Leibwachenobrist unter MarcuS AureliuS, 71, 5. BassianuS, 78, 30. 79, 17. (EäciliuS) BassuS, diente früher unter PompejuS, begab sich dann nach TyruS, und empörte sich gegen den dortigen Statthalter Syriens, Julius SertuS, ließ sich selbst Statthalter nennen, war von dem Araber AlchaudoniuS unterstützt, 47, 26. 27. hielt sich einige Zeit, ward aber von CasstuS genöthigt, abzutreten, 47, 26. (Lucius) BassuS, von Aristio im Seeräuberkriege zur See besiegt, 36, 2. Historisches Register. 1903 PomponiuS BassuS, Consular, auf Befehl des HeliogabaluS hingerichtet, 7g, 5. Bastarner, ein Volk im Scythenlande, 38, 10. dringen über die Donau in Mysien ein, und werden von MarcuS CraffuS besiegt, 51, 23—25. Batana, sonst Ecbatana, von Trajanus eingenommen, 68, 23. Bataver, ein fremdes Reitercorps bei den Römern schon unter AugustuS, 55, 24. 69, 9. BathylluS, Pantomim unter AugustuS, 54, 17. Bato, ein Dalmatier, wiegelt seine Landsleute gegen die Römer auf, 55, 29. stricht freimüthig gegen AugustuS 55, 33. unterwirft sich endlich, 58, 13. 16. Bato, ein Pannonier, Fürst der Breuker, macht gemeinschaftliche Sache mit dem Dalmatier Bato gegen die Römer, 55, 29. wird aber von ihm getödtet, 55, 34. Bato, ein Gladiator unter Caracalla, muß an einem Tage mit drei Gegnern fechten, 77, 6. Bauli, Landhaus. Caligula läßt von ihm aus auf einige Tage eine Brücke nach Puteoli anlegen, 59, 17. 61, 13. Begnadigungsrecht» dem AugustuS wird dabei eine entscheidende Stimme eingeräumt, 51, 19. Begräbniß innerhalb des Zwingers, das nur hochverdienten Männer» und den Bestalinnen erlaubt war, wird dem Cäsar noch bei Lebzeiten zuerkannt, 44, 7. muß sonst fünfzehn Stadien von -der Stadt entfernt sein, 48, 43. Beisitz er der Statthalter in den Provinzen. Beisitzer eines Quä- florS in Creta, 57, 14. Verordnung des AugustuS darüber, 53, 14. des Kaisers Claudius, 60, 15. 1904 Historisches Register. Beigen, von Cäsar bezwungen, 39, 1—5. 4», 42. Bellona, 42, 26. In ihrem Tempel vor der Stadt versammelt sich der Senat, wenn ein Feldherr um die Ehre des Triumphes nachsucht, auch gibt man dort den Gesandten der Völker, mit denen man in Krieg steht, Audienz, vergl. Fr. 137. Hadrian stellt «ine Bildsäule des PharaSmaneS daselbst auf, 69, 15. BeluS, Jupiter, sein Orakel zu Apamea, 78, 9. 49. Beneventum, 66, 9. Berenice, wird an ihres Vaters PtolemäuS Statt von deit Aegyp- lern auf den Thron gesetzt, 39, 13. vermählt sich mit SeleucuS und macht ihn zum Mitregenten; weil er ihr aber nicht zusagt, läßt ste ihn umbringen und nimmt den Archelaus zum Gemahl, 39, 57. Der Vater läßt ste hinrichten, 39, 58. Berenice, Agrippa'S des Aeltern Tochter, aus Judäa, von IMS geliebt, kommt mit ihrem Bruder Agrippa nach Rom. TituS entläßt ste, weil das römische Volk eine Vermählung mit ihr nicht gerne sieht, 66, 15. Bessen, eine räuberische Völkerschaft in Thracien, werden von MarcuS Crassus bekriegt, 47, 25. Sie verehren den Bacchus, 51, 25. werden von Casus MarcelluS unterworfen, 54, 29. empören sich unter VologäsuS, 54, 34. BetillinuS, 59, 25. Bibliothek in Alerandkien brennt ab , 42, 38. die Octavtsche in Rom, von Augustus seiner Schwester Octavia zu Ehren so benannt, 49, 43. brennt unter Titu« ab, 66> 24. Die Bibliothek des Apollo PalatinuS, auch von AugustuS angelegt, 53, 1. deS TrajanuS, 68, 16. (MarcuS) BibuluS, mit Cäsar Aedil, 37, 8. dann sein Kollege Historisches Register. 1905 im Consulat, widersetzt sich dem Ackergesetz desselben, wir!» mißhandelt, kommt nicht wieder in den Senat, protestirt von Haus aus gegen das von Cäsar Vorgenommene, 38, 4—6. wird in seiner Rede bei Niederlegung des ConsulatS von ClodiuS unterbrochen, 38, 12. ist Statthalter in Syrien nach des Craffns Niederlage, 40, 30. 51. befehligt die Flotte des PoMpejuS und erschwert dem Cäsar die Ueberfahrt, 41, 44. stirbt, 41, 48. Bienenschwärme, die sich irgendwo niederlassen, bedeuten Unglück, 41, 61. 42, 26. 47, 2. 40. 54, 33. und anderwärts. Bildsäulen, von andern Besitzern entlehnt, Fr. 206. und 48, 42. neue Köpfe anderer Personen darauf gesetzt^ 72, 22. Kaiser Claudius verbietet den Mißbrauch, daß Jeder sich dergleichen nach Belieben setzen ließ, 60, 25. BithynicuS, 48, 19. Bithynien. König NicomedeS wird von Sylla wieder eingesetzt, Fr. 258. Bithynien wird senatorische Provinz, 53, 12. Augu- stuS selbst trifft dort besondere Einrichtungen, 54, 7. Es wird unter Hadrian statt PamphylienS kaiserliche Provinz, 69, 14. Erdbeben daselbst', 70, 4. Bituriger, Völkerschaft in Gallien, 40, 33. (JuniuS) BläsuS! Seine Soldaten empören sich in Pannonien gegen ihn, 57, 4. Blitzstrahl zehrt alle für Nero aufgetragene Gerichte auf, 61, 16. BocchuS, Fr. 224. 22h. BocchuS bekommt von Cäsar den Königstitel, im Cäsarischen Mauritanien, 41, 42. ist aus Seite des jüngern PompejuS, 43, 36. entreißt dem Bogud daS Reich, 48, 45. stirbt und sein Reich wird römische Provinz, 49, 43. 1906 Historisches Register. Bodunen, Völkerschaft in Britannien, 60, 20. Bogud oder BogudeS erhält von Cäsar den Königstitel im Tin- gitanischen Mauritanicn, 41, 42. ist im spanischen Kriege auf Cäsar'S Seite, 43, 36. trägt am meisten zum Siege bei, 43, 38. fällt in Spanien ein, verwüstet das Land, verliert aber indessen sein eigenes, 48, 45. wird auf Befehl des Augustus getödtet, 50, 6 . 11 . Bona Dea. Ihr Gottesdienst wird von den Vestalinnen in den Häusern der Consuln und Prätoren abgehalten, 37, 35. 45. Bononia, von Hirtius und Pansa besetzt, 46, 36. das Triumvirat daselbst geschlossen, 46, 55. erhält von Augustus neue Pflanzbürger, 50, 6. Borysthen'eS, Leibpferd des Hadrian, erhält eine Ehrensäule, 6g, 10. Bosporus, 36, 33. Polemo wird von Augustus als König daselbst eingesetzt, 54, 24. BrennuS bringt die in Delphi geraubten Tempelschätze nach Tolosa, Fr. 226. Breviarium Jmperii oder Verzeichniß der Kriegsmacht und der Staatseinkünfte von August dem Piso übergeben, 53, 30. Breuker, Völkerschaft in Pannonien, 55, 29. 34. siehe Bato, der Pannonier. Brigantium, jetzt Coruüa, Stadt in der spanischen Provinz Gallicien, 37, 53. BritannicuS, eigentlich Claudius TiberiuS Germaniens, Sohn des Kaisers Claudius von Meffalina, wird geboren, 60, 12. erhält den Beinamen BritannicuS, 60, 22. Die Stiefmutter AgriPPina läßt ihm eine schlechte Erziehung geben und kränkt ihn auf jede 1907 Historisches Register. Weise, 60, 32. Claudius erfährt es endlich und sucht seine Lage zu verbessern, 60, 34. Er wird von Agrippina und Nero nach deS Claudius Tode vergiftet, 61,7. Britannien, Beschreibung des Landes, Lebensart der Einwohner, ihre Regierungsform, Waffen u. s. w. 62, 7. 76, 12. Die älte» sten Griechen und Römer kannten es garnicht; später hielten es die Einen für eine Insel, die Andern für ein Festland. Erst Agricola überzeugte sich, daß es eine Insel ist, dann auch Seht. Severus, 39, 50. 66, 20. 76, 12. daS Land hat viel Wald und Gesträuch, 40, 2. schöne Pferdezucht, 3g, 51. Cäsar unternimmt von Gallien auS einen Fcldzug dahin, 39, 50—53. 40, 1—4. AugustuS beabsichtigte das Gleiche, 49, 38» 53, 22. 25. Caligula'S abenteuerlicher Zug, 59, 25. PlautiuS kriegt daselbst unter Claudius, 60, 19. ES empört sich unter Nero, achtzigtausend Römer und Bundesgenossen kommen um, und das Land geht beinahe für Rom verloren, 62, 1. Die Britannier werden jedoch von PaulinuS besiegt, 62,12. Unter TituS führt Agricola daselbst Krieg, 66, 20. Unter Commo- dus empören sie sich wieder und übersteigen den von den Römern aufgeführten Wall, 72, 8. Septimius SeveruS unternimmt einen Feldzug dahin, um den noch »»bezwungenen Theil zu erobern, 76, 13. Treffende Antwort einer Britannien», 76,16. Eintheilung der Eingebornen, 76, 12. Brücke Trajans über die Donau. Hadrian läßt die obere Belegung abtragen, weil sie die Feinde zu Streiszügen verleitet. Zu Dio'S Zeiten standen nur noch die Pfeiler ohne die Schwibbögen, 68, 13. Brundusium, Stadt in Italien, 37,20. 41, 11. 12.44. 51, 19. u. s. s. 1908 Historisches Register. Brutus stellt sich blödsinnig, Fr. 11. vertreibt die Tarquinier aus Rom, Fr. 27. seine Bildsäule unter den sieben Königen RomS, 13,15. (DecimuS) Brutus, auch JuniuS und Minus genannt, 41, 13. 11. ist Legat des Cäsar im Gallische» Kriege, 38, 10. Mitver- schworeger gegen Cäsar, 14, 13.18. AntoniuS sucht ihn au« seiner Statthalterschaft Gallien zu verdrängen; er wird aber von OctaviuS unterstützt, 45, 14. 15. 35. in Mutina belagert, 46, 35. 36. mag zeichnet ihn au« und überträgt ihm das Heer des Octavian, 46, 40. Er muß «S jedoch später an ihn abtreten, 16, 47. will zu seinem Bruder nach Macedonien flüchten, fällt aber den Feinden in die Hände und nimmt sich das Leben, 16, 53. (Marcus) Brutus Cäpio, 41, 63. 14, 12. ist nach Dio kein Abkömmling des Brutus, der die Tarquinier vertrieb, 14, 13. war Schwestersohn und Eidam des jüngern Cato, 44, 14. wird in der Pharsalischen Schlacht gefangen und begnadigt, 41, 63. Prätor und als solcher Cäsar'« Mörder, auch seine Gemahlin Pore!» weiß um die Verschwörung, 44,12. vergleicht fich mit MarcuS AntoniuS, 14, 34. verläßt, als das Volk über Cäsar's Ermordung in Wuth geräth, mit Casstus die Stadt, und, da OctaviuS auf dem Schauplätze auftritt, Italien, und wird in Athen aufs Ehrenvollste empfangen, 47, 20. wird von AntoniuS zum Consul vorgeschlagen, 46, 30. 33. Marcus Brutus, CassiuS und Sertus Pom- pejuS werden vom Senat zum Schutze des Vaterlandes herbeigerufen, 46, 51. Statt in die ihm zugetheilte Provinz Creta abzugehen , bemächtigt er sich MacedonienS und Griechenland, 47, 20. wird auch vom Senat in dem Besitze derselben bestätigt, 46, 40. 47, 22. trägt dem Octavian Frieden an, und will sich mit ihm ge- 1809 Historisches Register. gen AntoniuS verbinden, da erklärt Jener seine Absicht, die Mörder seines Vaters zur Strafe zu ziehen, 47, 22. Geprägte Münzen von ihm, 47, 28. Auf die Nachricht von dem geschlossenen Triumvirat verbindet auch er sich enger mit CassiuS, 47, 32. besiegt die kycier, die nicht für ihn Partei nehmen wollen, und erobert ihre Städte MchruS, Patara und LanthuS, 47, 34. vereinigt sich mit CassiuS und Beide ziehen nach Macedonien, schlagen sich durch die bereits angekommenen Heere unter NorbanuS und Sara durch, und beziehen ein Lager vor Philippi, 47, 37. In der nun folgenden Schlacht schlägt er des kranken OctavianuS Flügel, und erobert sein Lager, 47, 45. Nach der CassiuS Tod sammelt er noch einmal alle Streitkräfte, verliert aber die Schlacht und stürzt sich in sein Schwert, 47, 48. 4S. Bucolen, Räuber in den sumpfigen NiederungenAegyPtenS, 71,4. Bulla, ein kecker Räuber, 76, 10. Bunduica, Königin in Britannien, empört sich unter Nero gegen Rom, 62, 2. ff. und stirbt, 62, 12. ' Bürgerrecht, der Senat durfte keinen Bürger ohne Vorwissen des Volkes hinrichten lassen, 37, 42. 36, 14. Wer in den Provinzen von einem Statthalter oder Imperator das Bürgerrecht erhielt, nahm zur Dankbarkeit den Namen seines Wohlthäters an, 60,17. das Bürgerrecht konnte man unter Kaiser Claudius um ein Spottgeld erhalten. Sprichwort darüber, 60, 17. Das Bürgerrecht wird unter Kaiser Caracalla auf das ganze römische Reich ausgedehnt, 77, 9. BurruS, Leibwachenobrist und Miterzieher Nero-, 61, 3. versieht mit Senaca nach Agrippina'S Entfernung die StaatSgeschäste, 1910 Historisches Register. 61, 4. zieht sich nach Ermordung des Britanniens zurück/ 6 t, 7. wird wegen seiner Freimüthigkeit umgebracht, 62, 13. Burrher, eine Völkerschaft in der-Nähe von Dacien, 68, 8. 71, 18. 72, 3. Byzantium, 73, 18. 74, 8. Seine Lage und Befestigung, 74, 10—14. Seine tönende» Thürme» 74,14. Hält es mit PeS- cenniuS Niger und wird von SeveruS belagert, hält sich aber drei Jahre lang auf'S Tapferste, 74,12.13. wird endlich eroberl, seiner Freiheit und seines Stadtrechts beraubt, geschleift und den Perinthiern als Dorf zugetheilt, 74, 14. 78, 1. C. Cabira, Stadt in PontuS, 33, 10. (MarcuS) CäctliuS RufuS, s. MarcuS Cölius RufuS. Cäcilius Aemilianus, s. AemilianuS. . Cäcinä AliennS, s. AlienuS. Cäcina PLtuS, s. PLtus. Cäcina SeveruS, Statthalter in Mysten unter Augustus, 55, 2S. Cäcina TuscuS, unter Nero Statthalter in Aegypten, 63, 18. Cänis, Antonia'S Gesellschafterin, Mutter des Kaisers Claudius, Vespastan's Buhlin, von diesem besonders zu Geldmäcklereien gebraucht, 68, 14. CäpiaS, bei Dio ein Name des AugustuS, wahrscheinlich ein Fehler des Abschreibers, 45, 1. tQuintu» ServiliuS) CLpio, kriegt gegen MriathuS, ist wegen seiner strengen Kriegszucht bei den Soldaten nicht beliebt, Fr. 208. sQuintuS ServiliuS) Cäpio, im Jahr 648 Consul, dann Procon« sul im Narbonenfischen Gallien, ist eifersüchtig auf den Consul Historisches Register. 1911 MalliuS im Kriege gegen die Cimbern, Fr. 227. hat Streit mit dem Drusus, Fr. 234. 235. Cäre, früher Agylla, Fr. 70. (CajuS Julius) Cäsar führt sein Geschlecht auf die Venus zurück, 43,22. weshalb er eine bewaffnete Venus auf seinem Siegel führt, 43, 43. sucht sich einzuschmeicheln, 37, 37. schürzte sich nach- läßig in seiner Jugend, 43, 43. Sylla läßt sich nur auf die Fürbitte Anderer bewegen, ihm das Leben zu schenken, ebendas. unterstützt den Vorschlag des ManilinS, dem PompejuS den Krieg gegen den MithridateS zu übertragen, weil er auch ohne ihn durchgegangen wäre, weil er das Volk für sich gewinnen und gleiche Vergünstigung für sich vorbereiten, wollte, 36, 26. gibt als Aedil dem Volke prächtige Schauspiele, 37, 8. verfolgt diejenigen, welche unter Sylla die Geächteten aufgesucht und umgebracht hatten, 37, 10. will Catilina verschont wissen, ebendas. schlägt viele Ehrenbezeigungen für PompejuS vor, um sich beliebt zu machen und ihn zu stürzen, 37, 21. 22. unterstützt die Klage gegen VatiniuS wegen Ermordung des Saturninus, 37, 27. ist nicht für die Hinrichtung der Verschworenen, 37, 36. läßt, gegen das von Sylla gegebene Gesetz, den LabienuS vorschlagen, die Wahl der Priester dem Volke zu übertragen, und wird selbst zum Pontifer gewählt, 37, 37. schlägt als Prätor vor, den Namen des CatuluS vom Tempel des Jupiter Capitolinus abzunehmen und dem PompejuS die Vollendung des Baue- zu übertragen, 37, 44. er entläßt seine Gemahlin, 37, 45. Nach vollendeter Prätur bekommt er Lusitanien zur Provinz, bezwingt die Bewohner des hermini- schen GebirgS und andere Völkerschaften, und eilt dann nach Rom zurück, um sich um das Consulat zu bewerben, das er auch erhält, Di» Lasst»-. 15s Vdchn. b 1912 Historisches Register. deshalb aber auf den Triumph verzichten muß, 37, 52—54. er schmiegt sich an PompejuS und Craffus, welche damals die größte Macht besaßen, aber auf einander eifersüchtig waren, versöhnt sie und verbindet sich mit ihnen, 37, 55—58. Als Consul bringt er im Jahr 695 eine neue Vertheilung von Ländereien in Vorschlag, findet an Cato einen Widersacher, läßt ihn in'S Gefängniß führen, aber sogleich wieder auf freien Fuß setzen,.38, 1—3. Zwar sprechen auch PompejuS und Craffus dafür; desto mehr aber widersetzt sich sein AmtSgenoffe BtbuluS; Cäsar setzt aber doch seinen Willen durch, 38, 4—7. Um den Ritterstand für sich zu gewinnen, bewirkt er, daß ihm der dritte Theil der Pachtgelder erlassen wird, 38, 7. Dem PompejuS gibt er seine Tochter zur Gemahlin; er selbst aber vermählt sich mit der Tochter Piso's, der gerade Consul war, im Jahre 696. Er bekommt Gallien als Provinz, 38, 8. 9. Vor seinem Abgang hetzt er den ClodiuS auf den Cicero, 38,12. und benimmt sich bei dieser Gelegenheit sehr falsch. In Gallien sucht er jede nur mögliche Veranlassung zum Krieg, 38, 31. Zuerst siegt er über die Helvetier, die ausgewandert waren, um sich neue Wohnsitze zu suchen, von ihm aber zurückgewiesen wurden, 38, 32. 33. Rächst dem bekriegt er Ariovist, einen Celtenkönig, den er endlich nach hartem Kampfe aus dem Felde schlägt, 38. 34—50. Krieg mit den Belgen, 39, 1. 2. mit den Nervtern, 39, 3. mit den Aduatikern, 39, 4. hilft zur Rückkehr des Cicero, 39, 10. unterstützt, obgleich abwesend, den ClodiuS und schickt ihm Anklagepunkte gegen Cato zu, 39, 23. Krieg mit den Venetern, 39, 40—43. 45. mit den Morinern und Menopiern, 39, 44. Sein Legat Sabinus schlägt die Uneller, 39, 45. Mit gleichem Erfolge kämpft Publius Craffus in Aquitanien. 39, 46. Historisches Register. ^ 1913 Er zieht gegen die celtischen Völkerschaften der Tenchterer und Ufipeten zu Feld, 39, 47. 48. geht zuerst über den Rhein, da er von den Ubiern gegen die Sigambern zu Hülfe gerufen wird, 39, 48. er macht einen Seezug nach Britannien, der Rom jedoch von keinem wesentlichen Nutzen ist, 39, SO—83. zieht zum zweitenmal nach Britannien, wo er nach schweren Kämpfen die Britannier zwingt, um Frieden zu bitten und Tribut zu bezahlen, 40, 1—4. Indessen hatten die Eburonen seine Unterfeldherren SabinuS und Eotta angegriffen und niedergemacht, 40,4—6. auch die Nervier den Ouintus Cicero eingeschlossen, den er jedoch entsetzt, 40, 7. 8. bald nachher macht ihm Ämbriorir viel zu schaffen, 40, 31. die Arverner empören sich unter Vercingetorir, fallen den Biturigern inS Land, nehmen ihre Stadt Avaricum ein, aus der sie nach einer langen Belagerung von den Römern wieder vertrieben werden, 40, 33. 34. Nun rückt er selbst in ihr Land ein, belagert ihre Stadt Gergovia, muß aber wieder abziehen, 40, 36. 37. die Aeduer empören sich, 40, 37. 38. Auch Vercingetorir macht ihm zu schaffen, unterwirft sich jedoch, 40, 39—41. Krieg mit den Beigen, 40, 42. 43. Cäsar kehrt nach Italien zurück, will aber sein Heer nicht entlassen, 40, 44. Jntrigen in Rom gegen ihn. Er versöhnt sich mit dem Volkstribun Curio, bezahlt dessen Schulden, und findet jetzt an ihm den thätigsten Beförderer seiner Plane, 40, 59—6S. Curio eilt aus Rom zu ihm; er sendet ihn mit der Erklärung zurück, daß er bereit sey, Provinz und Heer abzutreten, wenn Pom- pejuS das Gleiche thue, 41, 1. Sein Antrag wird verworfen und ihm eine Frist gesetzt, innerhalb welcher er sein Heer entlassen soll, 41, 3. Er spricht vor dem Heere von der Unbllligkeit seiner 8 * 1914 Historisches Register. Gegner; es erklärt sich für ihn; er rückt in Italien ein, wo Alles sich ihm unterwirst, 4l, 4. Er zieht vor Rom und fordert Pom- pejuS zur rechtlichen Erörterung ihrer Zerwürfnisse auf, erobert Corfinium, entläßt aber Domitius und andere Senatoren, 41, 10. 11. Da PompejuS in Italien sich in keine Schlacht einläßt, belagert er ihn in Brundussum, PompejuS aber geht mit seinem Heer unter Segel, 41, 12. Cäsar läßt in Brundussum eine Besatzung, kehrt nach Rom zurück und sucht Senat und Volk zu beruhigen, schlägt auch vor, noch einmal eine Deputation an die Consuln und den PompejuS zu schicken, 41, 15. bemächtigt sich der Schatzkammer, 41, 17. nimmt Sardinien und Sicilien in Besitz, 41, 18. 41. geht nach Spanien ab und überläßt die Belagerung von Massslia seinen Legaten, 41, 19. findet in Spanien an Afranius und PetrejuS tapfere Gegner, die er jedoch am Ende besiegt, 20. ^ bis 22. Massslia ergibt sich, 41, 25. Ein Hecrtheil empört sich in Placentia, Cäsar bringt sie zur Ruhe, 41, 26—35. Er wird von dem Prätor LepiduS, dem nachmaligen Triumvir zum Dictator ernannt, trifft mehrere Anordnungen, namentlich wegen der verschuldeten Bürger, und legt sodann die Dictatur wieder nieder, 41,36—38. nimmtdieWeihgeschenkeinden Tempeln undvomCapi- tolium weg, 41,39. schifft sich mitten im Winter mit einem Theil seines Heeres ein, und schickt dann die Schiffe, um dieZurückgebliebenen abzuholen. BibuluS thut ihm aber kräftigen Widerstand, 41, 45. zwingt einige Städte zur Uebergabe, ebendas. will auf einem Boote nach Italien übersetze», wird aber durch einen Sturm zur Rückkehr gezwungen, 41,46. bezieht dem PompejuS gegenüber ein Lager, 41, 47. Nach der Ankunft des übrigen Heers unter An- toniuS belagert er den PompejuS in Dyrrhachium, kommt aber in Historisches Register. 1919 Lebensgefahr, -11, 50. zieht nach Aufhebung der Belagerung nach Thessalien, wo seine Legaten im Nachtheil waren, und sammelt nach und nach neue Streitkräfte, 41, 51. die Schlacht bei Phar- salus. 41,53—62. Er läßt die früher schon einmal begnadigten Ritter und Senatoren hinrichten, erlaubt aber Jedem seiner Parteifreunde, einen loSzubitten, 41, 62, ist sehr milo und läßt die bei Pompejus vorgefundenen Briefschaften verbrennen, ohne sie zu lesen, 41, 63. verfolgt den Pompejus, geht nach Aegypten, erfährt hier seines Gegners Tod, weint eine Thräne über ihn und ehrt seine Asche, 42, 6—8. In Rom erkennt man ihm jetzt außerordentliche Ehrenbezeigungen und bisher unerhörte Vorrechte zu, 42, 17—20. Die ihm auf ein Jahr zuerkannte Dictatur nimmt er an und macht dem AntoniuS zu seinem Reiterobrist, 42, 2l. in Aegypten bringt er das Volk durch Gelderpreffungen, durch Vergreifen an ihren Gottheiten und durch Begünstigung der Cleopatra in Aufstand, 42, 34. wird durch Cleopatras Schönheit gefesselt, macht sie zur Mitregentin ihres Bruders, gibt der Arfinoe und ihrem Bruder Ptolemäus das den Römern zugehörige Cypern, 42, 35. PothinuS veranlaßt den Achillas mit dem Heer gegen Cäsar anzurücken, dieser läßt Truppen auS Syrien kommen, und liefert ihnen Gefechte, die jedoch Nichts entscheiden, 41, 38. Indessen hatte der Verschnittene GanymedeS Archinoe heimlich aus Cypern herübergebracht und als Königin ausgerufen. Cäsar läßt, aus Furcht, PothinuS möchte auch den Ptolemäus entführen, Jenen umbringen, diesen aber genauer bewachen, und durch ihn den Aegyptern Frieden anbieten, 42, 40. GanymedeS läßt den Achillas umbringen, übernimmt selbst den Oberbefehl über Landheer und Flotte 1916 Historisches Register. und thut den Römern vielen Schaden. — Cäsar überfällt ihn, besetzt die Insel PharoS, wird jedoch wieder vertrieben und entrinnt nur durch Schwimmen dem Tode, 42, 40. Indessen kommen die Truppen aus Syrien an, dem Tiberius Claudius Nero und dem Mithridates gelingt es, sich des Nils zu bemächtigen, 42, 41. 42. die Aegypter bitten um Frieden lind um Freilassung des Ptolemäus. Cäsar entläßt ihn, nun aber beginnen die Feindseligkeiten von Neuem. Cäsar siegt, PtolemäuS ertrinkt, und jetzt gibt Cäsar der Cleopatra das Reich, so aber, daß sie sich mit ihrem jünger» Bruder Ptolemäus vermählen soll, 42, 42—44. Von Aegypten aus zieht Cäsar gegen Pharnaces, der indessen bedeutende Eroberungen in Syrien gemacht, auch Cäsars Befehlshaber CnejuS Domitius CalvinuS besiegt hatte, überwindet ihn und vertheilt die Länder Asiens von Neuem, 42, 48. Er geht sodann über Bithynien und Griechenland nach Italien zurück, rafft überall Gelder, sogar als Darlehen, zusammen, um seine Soldaten zu belohnen und einen Triumph damit zu bestreiten, 42, 49. 50. Er gewinnt das gemeine Volk durch Geschenke auf Anderer . Kosten für sich, befördert seine Anhänger zu Aemtern und Ehren- stellen, vermehrt deshalb die Zahl der Priester, Prätoren u. s. w., 42, 51. Seine Soldaten lehnen sich auf und verlangen Belohnung und Abschied. Cäsar läßt sich nicht schrecken, und gibt ihnen letzter», worauf ihn jedoch die Meisten bitten, sie noch ferner an seinen Siegen Theil nehmen zu lassen, 42, 52—55. Er fährt noch im Winter nach Afrika, wo Cato und Scipio den Plan gemacht hatten, den jünger» PompejuS nach Spanien zuschicken, selbst aber mit einer Flotte nach Italien zu segeln; er landet und bezieht in Ruspina seine Winterquartiere, 42, 56—58. Im fol- Historisches Register. 1917 genden Jahr ist er Consul und Dictator zugleich, 43, 1. In Afri'ca kommt er sehr in's Gedränge, da Petrejus und LabienuS nebst Scipio und Juba zumal auf ihn andringen, 43, 2. SittiuS macht ihm durch einen Einfall tnNumioie», wohin er so den Juba zurückzukehren nöthigt, eine sehr glückliche Diversion, 43, 3. Juba kehrt zwar zurück; indessen waren aber Verstärkungen aus Italien nachgekommen, und Cäsar gewinnt die Oberhand, 43,4—10- Er bedauert, daß er den Cato nicht begnadigen konnte. SeinAnti- cato, 43, 13. Nach Beendigung des Africanischen Kriegs schickt er den CajuS Didius nach Spanien gegen den jungen Pompejus; er selbst geht nach Rom, wo man ihm schon vor seiner Ankunft die Ehre eines Halbgotts, eine zehnjährige Dictatur und andere außerordentliche Ehrenbezeigungen zuerkannt hatte, 43, 14. Er hält an vier Tagen nach einander vier verschiedene Triumphe, 43, 19. Spottlieder seiner Soldaten, 43, 29. gibt dem Volke einen kostbaren Schmaus und vielerlei Spiele, 43, 21—24. gibt gute Gesetze, 43, 28. verbessert den Kalender, 43, 26. beruft aber zu Viele aus der Verbannung zurück, nimmt schlechte Menschen in den Senat auf und zeigt zu viel Vorliebe für Cleopatra, 43, 27. Er geht nach Spanien gegen CnejuS PompejuS, erkämpft über ihn bei Munda einen seiner letzten Siege, 43, 28—39. und hält über ihn wieder einen Triumph, 43, 42. Neue Rechte und Ehrenbezeigungen werden ihm zuerkannt, 43, 43—45. Neue Einrichtungen im Innern des Reiches, 43, 46—59. Man überträgt thm die Führung des Krieges gegen die Parther, um die durch CraffuS erlittene Schmach zu rächen, 43, 51. Uebertriebene Ehrenbezeigungen, 44, 4—8. Er erbittert aber dadurch sehr, daß er den Senat, welcher ihm seine Beschlüsse in Masse überbringt, tn der Borhalle, 1918 Historisches Register. des Tempels sitzend empfängt, 43, 8. noch mehr aber, daß er den ihm unbefugter Weise angebotenen Königstitel nicht mit gehörigem Nachdruck zurückweist, 44, g—11. Die Erklärung der fünfzehn Priester, daß in den sibyllinischen Büchern stehe, die Parther könnten nur durch einen König überwunden werden, Was ihnen von Cäsar selbst unter die Hand gegeben schien, beschleunigte die Ausführung des schon längst gehegten Anschlags auf sein Leben, 44, 15. Vorbedeutungen, 44, 17. 18. Ermordung selbst, 44, 19. Leichenrede des AntoniuS, 44, 36—49. Seine Geschmeidigkeit gegen die gemeinen Bürger, 37, 37. Er war von Natur mild und überschritt nur selten zur Wahrung seiner eigenen Sicherheit die Gränzen billiger Strenge, 38, 11. Seine Geheimschrift, 40, 9. Er ist sehr verliebter Natur, 42, 34. 44, 7. (CajuS) Cäsar, Agrippa'S Sohn, siehe Agrippa. (Lucius) Cäsar, Agrippa'S Sohn, siehe Agrippa. (Lucius) Cäsar, Aedil, 37, 8. Consul im Jahr 890. Richter in der Sache de» RabiriuS mit Julius Cäsar, 37, 27. MarcuS AntoniuS macht ihn zum Stadtpräfecten, 42, 30. setzt ihn aber später auf die Aechtungsliüe, 47, 6. läßt ihn jedoch auf Julia'S Fürbitte am Leben, 47, 8. (Lucius) Cäsar, des Vorigen Sohn, von PompejuS mit Aufträgen an Julius Cäsar gesandt, 41, 5. wird auf Befehl des Julius Cäsar umgebracht, 43,12. ^ Cäsarion, Sohn CleoPatra'S vorgeblich von Julius Cäsar, erhält von den Triumvirn den Titel eines KönigS von Aegypten, 47, 31. und von AntoniuS nochmals den Namen PtolemäuS und König der Könige, 49, 41. wird von Octavian nicht als Cäsar'S Sohn Historisches Register. 1919 anerkannt, 50, 1. 3. flieht nach Cleopatra'« Tode nach Aethiopien, wird aber eingeholt und umgebracht, 51, 15. (Lucius) Cäsetius Flavus, von Nero nach Cappadocien gesandt, um den Corbulo zu unterstützen, 62, 20. Cäsonia, Gemahlin Caligula's, 59, 23. wird mit ihm und ihrem Töchterchen Drustlla umgebracht, 59, 39. CajobomaruS, König der Quaden, von Kaiser Caracalla umgebracht, 77, 20. (Casus) Cäsar, August'« Enkel, s. Agrippa. Calabrien, früher Mefsapien und Salentien genannt, Fr. 7. 8. Caläcien, s. Gallicien. Caledonier, Völkerschaft in Nordbritannien, 76,11. 12. treten unter Septimius SeveruS von den Römern zu den Mäaten über, 75, 7. 12. OnintuS Futius CalenuS, 45, 46. gibt als Prätor das Gesetz, daß die TribuS in den Comitien einzeln stimmen sollen, 38,8. ist Legat Cäsars gegen PompejuS und erobert Athen, Megara und Paträ 42, 14. ist Consul, 42, 55. Heftige Rede desselben gegen Cicero, 46, 1—28. geht nicht an AntoniuS ab, 46, 32. Statthalter im transalpinischen Gallien, 48, 10. stirbt, 48, 20. (Casus) Caligula Germanicus, des Germanicus Sohn von Agrippina, 59, 1. wird von Kindsbeinen auf im Lager erzogen, 57, 5. von TiberiuS zum Priester gemacht, 58, 8. darf fünf Jahre früher als gewöhnlich sich um Staatsämter bewerbe», 58, 23. vermählt sich mit des SilanuS Tochter Claudilla in Antium, 58, 25. beschleunigt den Tod des TiberiuS, hält ihm aber eine Leichenrede, 58, 28. wird Kaiser und gibt anfangs gute Hoffnungen, wird aber bald der zügelloseste Wüstling und der grausamste Wüthrich; 1920 Historisches Register. 58, 59. ff. hat verbrecherischen Umgang mit der eigenen Schwester, 59,11. verstößt seine erste Gemahlin, und vermählt sich mit Claudia Orestina, die er am Hochzeittage ihrem Bräutigam Piso entreißt, aber wieder verstößt, 59, 8. und sich mit Lollia Paulina, eigentlich der Gemahlin des MemmiuS ReguluS vermählt, aber auch diese ver« stoßt er bald wieder, 59,12. läßt von Bauli nach Puteoli eine Brücke bauen und giebt Festlichkeiten, macht einen Feldzug nach Gallien und plündert die Provinz, 59, 21. verstößt die Paulina und vermählt sich mit Milonia Cäsonia, 59, 23. Auch nach Britannien zieht er, 59, 25. wird von CasstuS CHärea und Cornelius SabinuS umgebracht, 59, 29. Seine ehernen Münzen werden nach seinem Tode eingeschmolzen, 60, 22. CallistuS, Freigelassener und Vertrauter des Caligula, 59, 19. lebt noch unter Claudius, 60, 3. (Casus) CalpurniuS Piso, gibt als Consul das Gesetz über den Aemterkauf oder AmbituS, 36, 21. das Volk zerbricht ihm die FaSceS, und er entgeht kaum dem Tode, 36, 22. CalpurniuS CraffuS, s. CraffuS. (Julius) Calvaster reitet sich unter Domitian dadurch das Leben, daß er sich der Päderastie zeiht. 67. 11. Calvia Crispinella, eine vornehme Römerin, läßt sich als Kammerfrau bei SporuS gebrauchen, 63, 12. CnejuS DomitiuS CalvinuS, Cäsars Legat gegen PharnaceS, verliert eine Schlacht, 42, 46. Cäsar läßt ihn nach Beilegung deS PharnaceS als Statthalter zurück, 42, 49. Er besiegt die Cere- taner in Spanien, hält einen Triumph und verwendet einen Theil der Beute auf den Wiederaufbau der alten KönigSburg in Rom, 48. 42. Historisches Register. 1921 Calvtsius SabinuS, Senator und vorher Statthalter in Pannonien, unter Caligula hingerichtet, 59, 18. (Flavius) Calvisius, Statthalter in Asgypien, unter MarcuS AureliuS, 71, 28. CambyseS, Fluß in Albanien, ist sehr kalt, 37, 3. (FuriuS) CamilluS, Dictator, Eroberer der Stadt Falerii, Fr. 52. verläßt die Stadt, Fr. 52—54. lehnt die Dictatur ab, Fr. 58. zieht gegen die Tusculaner, Fr. 64. (FuriuS) CamilluS ScribonianuS, Statthalter in Dalmatien, verschwört sich gegen den Kaiser Claudius, SO, 15. gibt sich selbst den Tod, 60, 15. Cammunier, Alpenbewohner, 54, 20. Camulodunum, Stadt in Britannien, Residenz des CynobeliinuS, wird von Kaiser Claudius eingenommen, SO, 2l. Candace, Königin Aethiopiens, fällt zu Augustu» Zeiten inAegyP- ten ein, 54, 5. Candidaten deponiern nach einer Bestimmung des AugustuS eine Geldsumme, die sie nicht zurückerhalten, Wenn sie sich der Bestechung schuldig machen, 55, 5. CandiduS, Feldherr des Septimus SeveruS gegen PeScenniuS Niger, 74, 6. 75, 2. (PubliuS) CanidiuS CraffuS besiegt die Asiatischen Jberter, 49, 24. Cannä, Stadt in Italien, durch eine Schlacht bekannt, Fr. 159. Cantabern, eine Völkerschaft in Spanien, werden unter AugustuS von Statilius TauruS besiegt, 51, 20. von AugustuS, 53, 20. 25. 54, 5. desgleichen von Agrippa, 54, 10. CanuWim, Stadt, Fr. 181. 1922 Historisches Register. (Titus) CanusiuS, Feldherr des AugustuS gegen die Cantabern und die Austurier, 53, 25. Canutia CreScentia, Vestalin unter Caracalla, stürzt sich von einem Hause herab, 77, 16. (TiberiuS) CanutiuS, Volkstribun, 45, 6. 48, 14. (Atejus) Capito, s. AtejuS. Capito, Vater des BetilitnuS, hingerichtet, 59, 25. Capito, ein übermüthiger Mann unter Galba, 64, 2. kapitolinische Spiele, 79, 10. Capitolium hieß früher anders, Fr. 13. ein Sibyllenspruch über dasselbe, Fr. 59. wird vom Blitze getroffen, Fr.263. 37, 9. 42, 26. von den Vitellianern in Brand gesteckt, 65,17. aufihm werden die Gesetztafeln aufbewahrt, 39, 21. 44, 7. auch Senat gehalten, 39, 9. 60, 1. Cappadocien, Fr. 258. AntoniuS gibt eS dem Archelaus, 49, 32. Nach dessen Tode wird es unter TiberiuS römische Provinz und erhält immer einen römischen Ritter zum Statthalter, 57, 17. Artabanus, der Partherkönig, sucht er zu erobern, 58, 26. desgleichen Pharasmanes, König von Jberien, 69,15. Capreä, eine Insel, von AugustuS gegen andere Ländereien eingetauscht, 52, 43. TiberiuS hält sich daselbst auf, 57, 12. 58, 5. ff. 72, 4. Capua, Fr. 84. 45, 12. erhält von Cäsar Colonierechte, 38, 7. und wird auch von AugustuS begünstigt, 49, 14. Capy», König von Albalonga, Fr. 3. Caracalla oder CaracalluS, mit seinem eigentlichen Namen MarcuS AureliuS AntoninuS» Sohn des SeptimiuS SeverOl, heißt auch von seinem Großvater BasfianuS, und Caracalla, von einer Historisches Register. 1923 ^ besondern Kleidung, die er trug, 78, S. und TarantaS nach einem. ^ Gladiator, 78, 9. leitet sein Geschlecht von drei Völkern, den s Galliern, den Africanern und den Syriern ab, von denen er jedoch nur die Nationalfehler überkam, 77, 6. war schon zu seines Vaters ; Zeiten sehr ausschweifend und mit seinem Bruder Geta verfeindet, I 76, 7. zückt einmal auf dem Marsche das Schwert selbst gegen f seinen Vater, 76, 14. erkennt zwar seinen Bruder als Mitkaiser s an, läßt ihn aber auf der Mutter Zimmer und in ihren Arme» s ermorden, 77, 1. 2. läßt viele Menschen hinrichten, 77.3—6. I äfft den Alerander in Allem »ach, 77, 7—9. erlaubt sich Bedrückun- ! gen, um seine Verschwendungen fortsetzen zu können, 77, 9. i gibt allen Bewohnern des Römerreichs das Bürgerrecht, 77, 9. legt keinen Werth auf die Wissenschaft, will über in Allem mitsprechen; ist jedoch kein übler Redner, 77, 10. Ist kein Feldherr, obgleich er sich in Kost und Anstrengung den gemeinen Soldaten gleichgestellt, 77,13. kriegt mit den Alemannen und den Cennen, einer keltischen Völkerschaft, 77, 13. 14. ist verrückt, 77, 15. kriegt in Parthien mit Vologäsus, 77,19. 21. verfährt grausam mit den Alerandriern, 77, 22. 23. kriegt gegen die Parther, plündert aber blos ihr Land, 78, 1. die Parther machen selbst Gegenrüstun- gen, 78, 3. Caracalla wird in diesem Feldzuge auf Veranstaltung des MacrinuS ermordet, 78, 5. nach seinem Tode wird bei ihm ein großer Vorrath verschiedener Gifte vorgefunden, 78, 6. er hält viele Löwen, von denen Einer sein Tisch-und Bettgenoffe war, 78, 7. Abscheu gegen ihn nach seinem Tode, 78, 17. 18. Caralis, Stadt in Sardinien, jetzt Cagliari, 48, 30. lCnejuS Papirius) Carbo veranlaßt durch seine Gewaltthätigkeiten viele Römer, die Stadt zu verlassen, Fr. 262. 52, 13. 1S34 Historisches Register. (Casus) Carbo, 36, 23. klagt den Casus Cotta der Bedrückung an, wird aber von dessen Sohne des gleichen Vergehens beschuldigt, 36, 23. Cardynische» Gebirge, s. CordynischeS, und Corduene. Carrä, Stadt in Mesopotamien, 40, 25. die Einwohner find eine Colonie der Macedonier, 37, 5. (Casus) Carrinas besiegt die Moriner, 51, 21. CarrinaS SecunduS, ein Redner, wird von Caligula aus der Stadt verwiesen, 59, 20. Carthago, von Cäsar wieder aufgebaut, 43, 50. bekommt auch von AugustuS Pflanzbürger, 52, 43. Carthager, Fr. 123. 124. 129. 131. 133. 134. 136. 137. 141. 142. 150. 152. 153. 180. 181. 203. (PublruS ServiliuS) Casca, Mitverschworener gegen Cäsar, 44, 52. 46, 49. (Casus) CaSca, beugt einer Namensverwechselung mit seinem Namensbruder vor, 44, 32. Carthalo, karthagischer Gesandter in Rom, Fr. 167. CasperiuS AelianuS, flehe AelianuS. Caspisches Meer, 37, 5. Cassivellanus, flehe CaSvellanuS. (AvidiuS) CassiuS, flehe AvidiuS. CassiuS Clemens ist freimüthig gegen SeptimiuS SeveruS, 74, 9. (Casus) CassiuS Longinus übernimmt nach des CraffuS Tode die Statthalterschaft von Syrien und wehrt den weiteren Fortschritten der Parther, 40, 25—29. verbindet sich nach der Pharsatischen Schlacht mit Cato, geht dann aber bald zu Cäsar über und wird Historisches Register. 1925 begnadigt, 42,13. ist einer der Haupiverschworenen gegen Eäsar, 44, 14. rettet steh nach Ermordung desselben, auf das Capitolium, erscheint aber nach dem mit Antonius geschlossenen Vergleich wieder öffentlich in Rom, 44, 34. weil das Volk aber gegen Cäsars Mörder von Neuem aufgereizt wird, geht er mit Brutus nach Cam- pgnien, und, als Octavian feindlich gegen sie auftritt, verläßt er Italien und wird mit Brutus in Athen auf's Ehrenvollste empfangen, 47, 20. Statt in die ihm zugetheilte Provinz Bithynien abzugehen, eilt er nach Syrien, wo er vom Feldzuge des CraffuS her viele Freunde hat, 47, 21. Er wird von TreboniuS mit Geld unterstützt, wodurch er seine Partei verstärkt, 47, 26. erobert Judäa, 47, 28. bietet dem Octavianus Versöhnung an,' worauf ihm derselbe die Statthalterschaft Syriens bestätigt und den Krieg gegen Dolabella aufträgt, 47, 28. 29. dieser, in Laodicäa eingeschlossen, entleibt sich > und nun erobert CasstuS die Stadt TarsuS, welche sich feindselig gegen ihn bezeigt hatte, und brandschatzt die Einwohner, 47, 31. Auf die Nachricht von dem Triumvirat schließt er sich enger an Brutus an, 47, 32. besiegt die Rhodier und erobert die Insel, läßt auch den AriobarzaneS, welchem er nicht traut, gefangen nehmen und hinrichten, 47, 33. vereinigt sich mit Brutus und Beide ziehen nach Mocedonie«, schlagen sich durch die Heertheile des NorbanuS und des Sara durch und beziehen einLagerbei Philippi, 47, 35. Schlacht beiPhilippi; Caffus, der dem Antonius gegenüber zu stehen kommt, wird von ihm geschlagen, 47, 45. und entleibt sich, in der Meinung, Brutus sey gleichfalls geschlagen, 47, 46. (Lucius) Cassins ergibt sich nach der Schlacht bei PharsaluS mit der Flotte an Cäsar, 42, 6. 1926 Historisches Register. (Lucius) CassiuS LonginuS, Statthalter in Asten unter Caligula, 59, 29. (Quintus) CassiuS, Volkstribun, 41, 1. drückt Spanien als Statthalter, wird deshalb verklagt und ertrinkt in dem Ebro, 42, 15. 16. Castor und Pollur haben Tempel in Rom, 59, 28. 76, 14. 77, 1. vergl. 37, 8. Castor erhält das bisher von AttaluS und Deiotarus besessene Gebiet von Galatien, 48, 33. Castrirung, stehe Entmannung. Castuboken, eine Völkerschaft, 71, 12. CasvcllanuS, ein Britannischer Fürst und Heerführer gegen Cäsar, 4», 2. Cataratacus, Fürst in Britannien, unter Claudius, 60, 20. Catilina spürt zu Sylla's Zeiten Geächtete auf, 37, 10. verbindet sich mit CnejuS Piso, die damaligen Consuln Cotta und Torqua- tus umzubringen, 36, 27. verschwört sich, die StaatSverfaffung umzustürzen, 37, 10. 29. bewirbt sich um das Consulat; weil aber auf Betrieb des Cicero die Gesetze wegen Aemterkaufs verschärft wurden, so macht er den Plan, den Cicero und Andere bei den Wahlcomitien zu ermorden. Es mißlingt ihm, und jetzt geht er damit um, sogar den ganzen Senat zu ermorden; hat innerhalb und außerhalb Roms einen starken Anhang, 37, 29—32. Wie sein Anschlag in Rom vereitelt wird, geht er nach Fäsulä und bringt Truppen zusammen, 37, 33. nimmt den Titel und die Ehrenzeichen eines Consuls an und bleibt nach tapferem Kampfe auf der Wahlstatt, 37, 39. 41. 42. CattliuS, später MarcuS Annius VeruS genannt, 69, 21. 1927 Historisches Register. (CajuS) Cato, Volkstribun, widersetzt sich der Wiedereinsetzung des PtolemäuS in Aegypten, 39,18. und den Comitien zu Gunsten des PompejuS, 39, 27. (CajuS PorciuS) Cato ist unglücklich gegen die ScordiSker, Fr. 221. (Lucius PorciuS) Cato verliert durch Empörung der Soldaten beinahe daS Leben, Fr. 243. (MarcuS PorciuS) Cato CensoriuS, ein heftiger Feind der Scipio, Fr. 190. (MarcuS PorciuS) Cato, MicensiS, widersetzt sich den Ehrenbezeigungen des PompejuS, sei» Charakter, 37, 22. gibt durch seine Rede den Ausschlag, Caiilina und seine Anhänger mit dem Tode zu bestrafen, 37, 36. widersetzt sich dem PompejuS, 37, 43. 49. und dem Craffus und Cäsar, 37, 87. ist besonders gegen das Ackergesetz, wird deshalb vom Senat aus in'S Gefängniß geführt, aber wieder entlasten, 38, 3. bequemt sich endlich, in den Vorschlag zu willigen, 38, 7. wird Prätor, 38, 7. wird nach Cypern geschickt, 38, 30. tritt eine Zeitlang auf des ClodiuS Seite, weil Cicero darthut, daß Alles, was ClodiuS als Dolkstribun gethan hat, ungültig sey, wodurch auch seine Statthalterschaft in Cypern ungültig gewesen wäre, 39, 22. man will ihn, weil er sich den Triumph über Cypern verbittet» außer der Ordnung zum Prätor machen; aber auch dies schlägt er aus, 39, 23. ClodiuS ist undankbar gegen ihn, 23. Er sucht um die Prätur nach, PompejuS und Craffus verhindern es, 39, 32. dagegen widersetzt er sich auch den ehrgeizigen Planen dieser Männer» 39, 34. bewirbt sich vergeblich um das Consulat, 40, 58. ist Statthalter in Sicilien, glaubt es aber gegen Curio nicht behaupten zu können, und geht zu PompejuS ab, 41, 41. war von PompejuS in Dyrrhachkum zurückge- Dio Cassias. 1SS Bdchn. 9 1928 Historisches Register. lasten worden, um den Cäsarianern die Ueberfahrt zu «erwehren, und die pontinischen Zllyrier zu beobachten. Nach der Schlacht bei PharsaluS geht er nach Corcyra, sammelt die Entkommene» und wird hierin von LabienuS, Afraniu« und Octavius getreulich unterstützt, 52, 10. will den Peloponncs erobern, geht aber auf die Nachricht von des PompejuS Tode zu Scipio nach Africa, 42, 13. überläßt diesem den Oberbefehl und übernimmt die Stelle eines Befehlshabers in Utica, 42, 57. Nachdem Scipio und Juba die Schlacht verloren, nimmt er sich selbst das Leben, 43, 10. 11. (MarcuS) Cato, Quästor, 47» 7. Catoniu» JustuS, Leibwachenobrist, wird von Meffalina heimlich aus dem Wege geräumt, 60, 18. Catten, stehe Chatten. Catvellaner, Völkerschaft in Britannien, 60, 20. Catugnatu«, Fürst der Allobroger» führt diese gegen die Römer an. 37, 47. 48. (OuintuS) EatuluS, Fr. 271. hält eine Rede gegen die llebertra- gung de- Oberbefehls gegen die Seeräuber an PompejuS, 36, 14—19. wird von Cäsar angeklagt, 37, 44. sein Lob. — stirbt, 37, 46. Eatus DecianuS, Statthalter in Britannien unter Nero, 62, 2. CaucasuS, 37, 1. 5. lAurelius) CelsuS nimmt den Kaiser MacrinuS gefangen, 78, 39. lJubentiu«) Celsur rettet sich durch eine List daS Leben, 67, 51. (Lucius PubltuS) Celsu« erhält seiner Verdienste wegen eine Bild» sänke, 68, 16. wird aber von Hadrian hingerichtet, 69, 2. Celten die an beiden Rheinufern wohnenden Völker, 38, 34.40. S9,49. Celten für Deutsch«, 53,12. groß von Wuchs, wild und Historisches Register. 1929 kriegerisch, 38, 37. 47. fallen unter Augustus in Gallien ein, schlagen den römischen Feldherrn LolliuS, — erbieten sich aber zum Frieden und geben Geißel. 54. 26. auch die älteren Gallier heißen Celten, 39, 49. für Beigen, 39, 1. 2. 6V, 2V. kommen »eben den Trevirern vor, 51, 26. Eeltiberier, Fr. 171. Cennen, eine CeltischeVölkerschaft, werden vonCaracalla bekriegt, 77, 14. Cenotaph des DrusuS am Rheine, 55, 2. Censoren, 4V, 57. 53, 17. sollen auf den Vorschlag des ClodinS Keinen aus dem Senat stoßen, der nicht von beiden Censoren als unwürdig befunden wird, 38, 13. Ein Censor wird durch einen Volkstribun behindert, 37, 9. QuintuS Scipio hebt die von ClodiuS gemachte Bestimmung wieder auf, 46, 57. Appiur Claudius streicht Viele wider den Willen seines AmtSgenoffen von der Senatorenliste, 46, 63. Einer hebt die Anordnungen des Andern aus, Fr. 206. 211.- Cäsar wird lebenslänglicher Censor, 44, 5. Sie durften, wenn ste die Feierlichkeit der Lustrum'S begingen, keine Leiche sehen, 54, 28. Niemand will mehr Censor werden, 40, 57. Sie hören unter den Kaisern auf, welche dieses Amt sich allein vorbehalten, 52, 42. 53, 18. doch hatten sie Untercensore». Da« letzte Beispiel zweier Privatpersonen als Censoren findet sich unter Augustus, 54, 2. Statt dieser Benennung heißt Cäsar PräfectuS MoribuS, 43, 14. Domitian übernimmt diese- Amt auf Lebenszeit, 67, 4. Cephalenia wird von Hadrian den Athenern geschenkt, 69, 16. Cerealädilen, siehe Aedilen. tQuintuS PetiliuS) Cerealis, Senator, führt Trajans Truppen 9 * 1930 Historisches Register. gegen VitelliuS an, dringt in Rom ein, 65, 18. führt unter Vespa- fianuS in Deutschland Krieg, 66, 3. Cerellia, junge Gemahlin des Cicero, 46, 18. C e r e S, ihr Tempel brennt ab, 50, 10. Spiele derselben, 47, 40. Ceretaner, spanische Völkerschaft, empört sich, wird aber von DomitiuS CalvinuS bezwungen, 48, 42. CesenniuS Lento tödtet den jünger» PompejuS in Spanien, 43, 40. (Casfius) Chärea, Tribun der Leibwache, wird von Caligula beschimpft und ermordet ihn, 59, 29. wird hingerichtet, 60, 3. Chalcedon, 78, 39. 79, 18. Chalcidicum, SLulengang um das Athenäum, von AugustuS erbaut, 51, 22. ChariomeruS, König der Cherusker, Bundesgenosse der Römer, wird unter Domitian von den Chatten aus dem Land« vertriebe«, 67,5. ' Chatten, 54, 36. 55. 1. Chaucer, eine deutsche Völkerschaft, zu August's Zeiten, 54, 32. 33. werden von Corbulo bezwungen, 60, 30. ChaunäuS, König in Syrien, 49, 19. Cherusker, deutsche Völkerschaft, zu August's Zeiten, 54, 32. 33. 55, 1. ChoSroeS, 80, 3. ChrestuS, Leibwachenobrtst unter HeliogabaluS, wird umgebracht, 80, 2. Christe« werden von Dio Juden genannt, unter Domitian, 67,14. unter Nerv«, 68, 1. als Gottesläuguer, 67, 14. werden von Nerv» milder behandelt, 68,1. auch von AntoninuS Pin-, 70, 3. Brief Historisches Register. 1931 des Marcus Aurelius zu ihren Gunsten bei dem^durch fie erfochtenen Sieg über die Quaden, 71, 9. (Marcus TulliuS) Cicero begünstigt den Vorschlag des Manilius, 38, 26. wird ein Neberläufer gescholten, 36, 26. 27. wird Consul» 37, 25. trägt als solcher aus Furcht vor Catilina einen Panzer, 37, 29. unterdrückt das Catilinarische Complot, 37, 16—36. geht nicht in seine Provinz Gallien, 37, 33. wird von Cäsar bei dem Volke verdächtigt, 37, 38. Soll nebst Lucullus den Cäsar und den Pompeji,» haben umbringen wollen, 38, 4. wird von Cäsar angefeindet, weil er den von ihm angeklagten Cajus Antonios vertheidigte, 38, 16. Cäsar stiftet den ClodiuS gegen ihn an, 38, 12. Er macht sich durch seine hohe Meinung von sich selbst und durch seine Spöttereien viele Feinde, 38, 12. Cäsar und Pom- pejuS täuschen ihn bei der Anklage des Clodius gegen ihn, 38, 15. Er verläßt die Stadt; sein Vermögen wird eingezogen, sein HauS niedergerissen und die Baustelle der Göttin Freiheit geweiht, 38, 17. geht nach Sicilien, um von da nach Macedonien überzusetzen, 38, 17. 18. Pompejus, Milo und der damalige Consul Lentulus Spinther sind für seine Zurückberufung, 39, 6—9. zur Dankbarkeit bringt er in Vorschlag, dem Pompejus die Aufsicht über die Veiproviantirung der Stadt nebst der proconsularischen Gewalt aus fünf Jahre zu übertragen, 39, 9. schreibt eine geheime Geschichte, die erst nach seinem Tode bekannt gemacht werden soll, 39, 10. bekommt sein Vermögen und die Baustelle seine» HauseS zurück und andere Verluste ersetzt, 39, 11. Clodius macht einen Angriff auf sein HauS, 39, 20. nimmt die seiner Verbannung wegen von Clodius aufgestellten Tafeln weg und bringt sie in sein Haus, 39, 21. vertheidigt den Milo, aus Furcht nicht mit Erfolg, 1932 Historisches Register. 4V, 54. Gleich erfolglos war seine Anklage des Plancus, 40, 55. geht zu PompejuS inS Lager, 41, 18. kehrt nach der Schlacht von PharsalnS nach Rom zurück, 42, 10. empfiehlt nach Cäsar'S Ermordung eine Amnestie, 44, 23-33. will nach Griechenland reisen, kehrt aber auf die Nachricht, daß man sich zum Frieden neige, nach Rom zurück und erklärt sich für Octavianu», 45, 15. Vorbedeutungen seines nahen Untergangs, 45, 17. hält eine heftige Rede gegen Antonius, 45, 18—47. Gegenrede des CalenuS, 48, 1—28. will nicht als Gesandter zu Antonius in das Lager abgehen, 46, 32. wird umgebracht und von Antonius und Fulvia noch nach seinem Tode mißhandelt, und sein Mörder Popiliu» LänaS reichlich belohnt, 47, 6—17. Mit seiner Wittwe vermählt sich VibiuS RufuS, 57, 15. (QurntuS) Cicero ist Legat Cäsars im Gallischen Kriege, 40, 7. wird von den Galliern eingeschlossen, von Cäsar aber entsetzt, 40, 8—10. kommt auf die AechtungSliste, sein Sohn verbirgt ihn, wird, um seinen Aufenthalt anzugeben, auf die Folter gebracht, und nun liefert sich der Vater selbst den Mördern aus, 47, 10. (Marcus) Cicero, der Sohn. Der Vater will ihn nach Athen begleiten, geht aber zurück, 45, 15. Er ist dem Trunke ergeben, 46, 18. ist nachgewählter Consul, 51, 19. Cilicien, 48, 41. wird eine kaiserliche Provinz, 53, 12. Das Küstenland wird dem AntiochuS von Commagene gegeben, 59, 8. ein Theil desselben dem Polemo, 60, 8. Cilicier, 35, 2. Cilicische Pforten, 48, 41. 74, 7. (JuniuS) Cito, Statthalter Bithyniens unter Claudius, 60, 33. Historisches Register. 1933 Cilo, Erzieher des Caracalla und Stadtpräfect unter Septimius SeveruS. Caracalla will ihn umbringen lasten, 77, 4. 3. Ctmbern, 39, 4. werden weichlicher, Fr. 231. Cimmerischer Bosporus 42, 45. CincinnatuS, stehe QuintiuS. CineaS, Freund des Königs PyrrhuS von EpiruS, Fr. 101. 115. (Cornelius) Cinna, Prätor, Milverschworener gegen Cäsar, 44,50. (CnejuS Cornelius) Ein na, steht dem Augustus nach dem Leben, wird aber auf Livia's Fürbitte begnadigt und sogar zum Consul gemacht, 55, 14. (Lucius Cornelius) Cinna bewirlt, daß Splla die Führung eine« KriegeS aufgetragen wird, um ihn aus der Stadt zu entfernen, Fr. 246. 248. 252. verstärkt durch seine Gewaltthätigkeiten SyllaS Partei, Fr. 262, 263. (Helvius) Cinna, Volkstribun, wird durch ein Mißverständniß von dem Pöbel niedergemacht, 44, 50. 45, 47. CioS, Stadt in Bithynien. 74, 6. Cira, Höhle in Thracien, wohin die Titanen nach ihrer Niederlage geflohen sein sollen, 51, 26. Circensische Spiele. Die Senatoren bekommen in denselben unter AugustuS abgesonderte Sitze, 55, 22. Cirrhätsches Gebiet, früher zu Delphi gehörig, 63, 14. Cirta, Stadt in Africa, wird von MariuS erobert, Fr.224. 48, 21. (EruciuS) ClaruS, stehe EruciuS. (Junta) Claudia Oreftina, Tochter deck SejanuS, eine der Gemahlinnen Caligula'S, 59, 8. Claudiopo lis, früher Bithynium, Stadt in Bithpnien, 69, 11. (Appius) Claudius Pulcher, wird Consul im Jahr 611. mit 1934 Historisches Register. MetelluS, reizt ,die Salassier, eine gallische Völkerschaft, zu Feindseligkeiten gegen die Römer, Fr. 204. verlangt einen ihm nicht zukommenden Triumph, Fr. 204. ist ein strenger Censor, Fr. 211. (AvpiuS) Claudius, 39, 60. Präior, Bruder des Volkstribuns Clodius, widersetzt sich der Zurückberufnng Cicero's, 39, 61. (Casus) Claudius, Fr. 125. 127. 128. Claudius bricht den Frieden mit den Liguriern und wird verbannt, Fr. 140. (Tiberius) Claudius Nero führt dem Cäsar Truppen aus Syrien nach Aegyten zu Hülfe, 42, 40. (TiberiuS) Claudius Nero, Vater des Kaisers Tiberius, erster Gemahl der Livia, flieht mit Gemahlin und Sohn vor August»-, 48, 15. (Tiberius) Claudius Nero Germaniens, Kaiser, Sohn de-DrusuS, Livia'S Enkel, 60, 2. Väterlicher Oheim des Caligula, von Tiberius vernachläßigt, wird zuerst Consul unter und mit Caligula, 59, 6. auch Caligula läßt ihm keine Ehre erweisen, 59, 23. hatte sich bei Caligula'S Ermordung versteckt, wird aber von den Soldaten hervorgezogen, und in seinem fünfzigsten Jahr zum Kaiser gemacht, obgleich der Senat die Republik wieder herzustellen wünschte, 60, 1. 2. Seine Kränklichkeit und sklavische Erziehung hatte ihn verdorben: er läßt sich von Weibern und Hofschranzen beherrschen und ist sehr furchtsam, 60, 2. handelt, sich selbst überlassen, ganz vernünftig, ließ denjenigen, welche nach der Oberherrschaft gestrebt oder für die Republik gestimmt hatten, es nicht entgelten, nahm auch keine Klage über Majestätsverbrechen an, 60, 3. 4. ist herablassend und nicht habsüchtig, 60, 6. legt den Hafen zu Ostia an, will den Fucinischen See in die Tiber leiten, was Historisches Register. 1935 ihm jedoch nicht gelingt, 60, 11. hat Wohlgefallen an blutigen Schausvielen, und läßt sich von Meffalina' und seinen Freigelassenen, welche seine Furchtsamkeit mißbrauchen, zur Hinrichtung Unschuldiger verleiten, 60, 14. wird nach Entdeckung der Verschwörung des AnniuS VtnicianuS und des CuriuS CamilluS ScribonianuS grausam, 60, 15. beendigt den Krieg in Britannien, 60, 21. hält einen Triumph und gibt Spiele, 60, 23. vermählt sich nach Meffalina'S Hinrichtung mit Agrippina, seiner Nichte, und Nero'S Mutier, 60, 31. läßt sich von ihr bereden, den Nero zu adoptiren, 60, 32. will sich auf die Entdeckung ihrer Ränke und der harten Behandlung seines Sohnes BritannicuS von ihr scheiden, sie kommt ihm aber zuvor und vergiftet ihn durch einen Pilz, 60, 34. 35. Spottschrift Seneca'S auf ihn, ApocolocynthofiS, 60, 35. Claudius LivianuS, Leibwachenobrist unter Trajan, 68, 9. Claudius, ein Räuber in Judäa , kommt selbst zu dem Kaiser Se- verus, und gibt sich für einen römischen Offizier aus, 75, 2. Cleander, Freigelassener des CommoduS, ist übermüthig und wird vom Volke ermordet, 72, 9. 12. 13. Clemens, früher Sklave des AgrippaPostumuS, gibt sich für diese» aus, bekommt großen Anhang in Gallien und Italien, zieht gegen Rom selbst heran, wird aber von TibcriuS durch eine List aufgegriffen, auf die Folter gebracht und hingerichtet, 57, 16. Clemens, Statthalter in Dacien unter MarcuS AureliuS, 71, 12. Clementia Julia, 44, 6. Cleopatra, Königin von Aegppten, ist außerordentlich schön, 42, 34. 35. Cäsar übergibt ihr die Regierung, sie soll sich aber mit ihrem jünger» Bruder PtolemäuS vermählen, 42, 44. kommt nach 1936 Historisches Register. Rom und wohnt bei Cäsar, der sie für eine BundeSgenossin vnd Freundin de« römischen Volkes erklärt, 43, 27. Sie unterstützt den Dolabella und erhält für ihren Sohn den Titel eines Königs von Aegypten, 47, 31. AntoniuS verliebt sich in fie, 48, 24. hält vor ihr einen Triumph, 4g, 4V. gibt ihr den Titel Königin der Könige und mehrere Provinzen, 49, 41. fie wird übermüthig und bildet fich bereits ein, Rom'S Königin zu werden, 50, 5. räth noch vor der Schlacht bei Aciium dem AntoniuS, mit ihr nach Aegypten zurückzukehren, 50, 15. sticht während der Schlacht zuerst, 50, 33. kommt angeblich als Siegerin nach Aegvpten zurück, läßt viele Große umbringen, beraubt Tempel und Unterthanen, vermehrt ihr Heer und wirbt um neue Bundesgenossen, 51, 5. schickt prachtvolle Geschenke an AugustuS, und dieser macht ihr die schönsten Verheißungen, wenn fie den AntoniuS umbrächte, 51, 6. fie schickt zweimal Gesandte an August. Dieser schickt seinen Freigelassenen TyrsuS an fie und läßt ihr vorspiegeln, als ob er in fie verliebt wäre, 51, 8. Sie setzt ihn durch Verrath in den Besitz der Hafenstadt Pelufium, 51, 9. verlockt den AntoniuS, der fich nach Spanien wenden will, nach Alerandrien zurück, wahrscheinlich um ihn da umbringen zu lassen. Sie verbreitet die fälschliche Kunde von ihrem Tode, AntoniuS stürzt fich, auf die Nachricht davon, in sein Schwert, läßt fich aber, als er hört, daß fie noch lebe, in ihr Grabdenkmal Hinauswinden, und stirbt, in ihren Armen, 51, 10. Sie läßt dem AugustuS den Tod des AntoniuS melden, stellt sich, als ob fie fich mit ihren Schätzen vrrbrennen wollte, läßt fich aber durch Abgeordnete des AugustuS berücken und kehrt in ihren Palast zurück. Sie wünscht den AugustuS selbst zu sprechen, bietet alle ihre Reize auf, ihn zu fesseln. Wie dieser aber kalt bleibt, merkt fie seine Historisches Register. 1937 Arglist, täuscht ihre Aufseher und nimmt sich durch eine an den Arm angelegte Natter, oder durch eine vergiftete Haarnadel, das Leben. AugustuS konnte sie nicht mehr inS Leben bringen, obgleich er Psyllen hatte holen lassen, 51, 11—14. Ihr Charakter. Sie wurde mitAntoniuS in Einem Sarge beigesetzt, 51,15. und wenigstens im Bildniß im Triumphe aufgeführt, 51, 21. Cleopatra, ihre Tochter, wird mit dem jüngern Juba vermählt, 51, 15. Clodia Läta, eine Bestalln, wird auf Befehl Caracalla'S lebendig begraben, 77, 18. lPubltuS) ClodiuS, Schwager des LuculluS, verleitet dessen Heer zum Aufstand, 35, 14. wird von den Seeräubern gefangen, jedoch aus Furcht vor PompejuS wieder freigelassen, veranlaßt neue Unruhen in Antiochien, wobei er jedoch beinahe das Leben verliert, 35,17. schändet während des Gottesdienstes der Bona Dea die Gemahlin Cäsars, 37, 45. wird darob, so wie wegen seiner Ver- rätherei bei NistbiS und wegen strafbaren Umgangs mit seiner Schwester, angeklagt, aber freigesprochen, 37, 45. 46. schlägt vor, daß die Patricier auch sollten Volkstribunen werden können, und läßt sich, als er nicht durchdringt, von einem Plebejer adoptiren, 37, 51. wird Volkstribun und bet seiner Anklage Cicero'» von Cäsar unterstützt, 38, 12. 14. entläßt, durch Geld bestochen, den jungen TigraneS, mißhandelt den PompejuS, weshalb dieser Cicero'» Rückkunft befördert, 38, 30. Er erlaubt sich Gewaltthätigkeiten, um diese zu hintertreiben, 38, 6. 7. wird Aedil, um als solcher einer Anklage zu entgehen, 39, 18. klagt Milo an, 39, 18. greift Cicero'S Haus an, wird aber von Milo zurückgetrieben, 39, 20. Cicero behauptet die Ungesetzlichkeit seiner Wahl 1938 Historisches Register. zum BolkStribuu, wodurch alles vcn ihm Vorgenommene ungültig würde. 3g, 2V. Weil dadurch auch Cato's Thätigkeit auf Cppern ungültig wäre, vertheidigt ihnCato, 39, 22. tritt wieder auf Seite de« PompejuS und unterstützt dessen gesetzliche Bewerbung um das Consulat, wird aber beinah darob im Senate ermordet, 39 29. wird von Milo auf der Landstraße umgebracht, 40, 48. Seine Gesetze, 38, 13. Clodius. ein jüngerer, Legat unter Brutus, 47, 24. (Sertus) Clodius, Lehrer des MarcuS AntoniuS in der Beredsamkeit, 45, 30. Clunia, Stadt in Spanien, 39, 54. Clupea, flehe Clypea. Clusier, von den Galliern bedrängt, nehmen zu den Römern ihre Zuflucht, Fr. 55. (Casus) CluviuS, defignirter Consul unterAugustuS, wird, von den Andern verdrängt, wenigstens unter die Zahl der Consularen geschrieben, 52, 42. CluviuS Rufus, ein Consular, läßt sich in Griechenland von Nero als Ausrufer gebrauchen, 63,14. Clppea auch Clupea oder AspiS genannt, eine Stadt in Africa, 48, 52. CnosischeS Gebiet, 49, 14. Cölesprien wird kaiserliche Provinz, 53, 12. (MarcuS) CLlius Rufus, stehe Rusus. Cöranus, Anhänger de- PlautianuS, wird nach dessen Sturze verbannt , aber »ach sieben Jahren zurückberufen, und ist der erste Aegypter, welcher Consul wird, 76, 5. Solchis, 36, 33. 37, 3. Historisches Register. 1939 CollatinuS, Fr. 2S. Kollegien oder Innungen werden von ClodiuS wieder hergestellt, 38, 13. Colops, Fluß in Pannonien bei SiScia, von Kaiser TiberiuS abgeleitet, 48, 37. Comana, zwei Städte dieses Namens in Cappadocien, 35, 11. Comazon, 78, 39. 7g, 3., stehe EutychianuS, 79. 21. Comitten, durften nicht vor Verlauf der ersten Tagesstunden gehalten werden, 39, 65. Nichtbeamte konnten in ihnen vor den Beamten das Wort nehmen, 39, 35. Die Stimmen sollen vermöge des Fufischen Gesetzes einzeln gesammelt werden, 38,8. durch vorgeblich ungünstige Auspicien konnte die Abstimmung behindert werden, 38, 13. 40, 45. auch durch Volkstribunen, 40, 45. Sie konnten unterbrochen werden durch Erhebung der Standarte auf demJaniculum, 37, 27. oder wenn Jemand epileptisch wurde, 46, 33. PompejuS erneuert daS Gesetz, daß die Candldaten sich persönlich um die Staat-ämter bewerben mußte», macht aber bald mit sich selbst eine Ausnahme, 40, 56. Cäsar wird die Leitung derselben übertragen, 42, 20. selbst die der Comitia Tribut«, obgleich er ste abzulehnen scheint, 43, 47. AugustuS beschränkt den Einfluß de« Volkes in denselben, 53, 21. hebt ste jedoch nicht ganz auf, 56, 40. Sie werden von TiberiuS abgeschafft, 58, 20. von Caligula wieder hergestellt» 59, 9. aber gleichfalls wieder aufgehoben, 59, 20. zu Dio's Zeiten nur noch der Form wegen gehalten, 58, 20. Commagene, Landschaft in Syrien an dem Euphrat und demTau- r«S, 35, 2. König AntiochuS» 35, 2. 49, 20. MithridateS unter August, 54, 9. von Caligula dem jüugern AntiochuS wieder gegeben, 59, 8. 1940 Historisches Register. ComrniuS, Feldherr der Atrebaten, macht Cäsar viel zu schaffen, 40, 42. 43. (Lucius) Co mmoduS der Aeltere, von Hadrian adoptirt, stirbt noch vor diesem, 69, 17. (Lucius) Commodus, sein Sohn, stehe VeruS. (Lucius oder richtiger MarcuS Aureliu») CommoduS, Sohn des AntoninuS PhilosophuS. Dieser läßt ihn bei der Empörung des AvtdiuS CasfiuS ins Lager kommen, um ihn, der erst vierzehn Jahre alt war, als volljährig und zu seinem Nachfolger zu erklären, 71, 22. ist aber blödstnnig, ebendas. Sein Vater vermählt ihn mit Crispina, und nimmt ihn aus seinem Zuge gegen die Scythen mit, 71,33. die Aerzte sollen, um ihm gefällig zu sein, den Tod seines Vaters beschleunigt haben. Er ist bei seinem Tode erst neunzehn Jahre alt, ist im Ganzen nicht bösartig, läßt fich aber von seinen Umgebungen zur Schweiger« und zur Grausamkeit verleiten, 72, 1. führt nicht gerne Krieg und schließt deshalb mit den Markomannen und Burrhern Frieden, 72,1—3. läßt seine Schwester Lucilla, seine Gemahlin Crispina und viele verdienstvolle Männer um's Leben bringen, 72, 4. 5. nimmt stch der Regierungsgeschäfte nicht an, und geht seinem Vergnügen nach. Seine Hauptbeschäftigung ist Wettfahren, 72,10.16—26. gibt stch ein« Menge Ehrennamen, 72, 15. läßt dem Koloß den Kopf abnehmen und seinen eigenen darauf setzen, und will mit aller Gewalt für einen Hercules angesehen werden, 72, 22. der Leibwachenobrist LätuS und der Kämmerer EclectuS geben ihm Gift, und weil dieses nicht wirkt, ersticken sie ihn im Bade, 72, 22. Er wird von Senat und Volk verwünscht, und man mißhandelt sogar seine Bildsäule, 73, 2. Concordiatempel, von Cäsar erbaut, 44, 5. ^ Historisches Register. 1941 Consecration verstorbener Kaiser, Feierlichkeiten dabei, 74, 4. S. Consiliarii, s. Räthe. (RoSciuS) ConstanS, Statthalter von Sardinien, 75, 18. Consulare», mußten, aus dem Senate gestoßen, um wieder einzu- rücken, erst noch einmal Prätoren werden» 37, 30. 42, 52. auch solche werden so genannt, welche zwar zu Consuln ernannt wurden, das Amt aber nicht wirklich bekleidet hatten, 52, 42. Consularische Ehren oder konsularische Auszeichnung, berechtigen nicht, sich später Consul zum zweitenmal zu nennen. Kaiser SeveruS macht zuerst eine Ausnahme mit PlautianuS, 46, 46. 78, 13. Eonsul. Einer wird Consul ohne vorher Prätor gewesen zu sein, 56, 26. 28. 62, 23. oder ein anderes StaatSamt bekleidet zu haben, 76, 5. oder auch nur Senator gewesen zu sein, 48, 33. durch einen Zwischenkönig gewählt, wenn die Wahlen verhindert wurden, 39, 27. 31. 40, 45. auf mehrere Jahre voraus gewählt, unter Cäsar, 43, 51. unter den Triumvirn, 47, 19. 48, 35. 50, 10. die destgnirtcn Consuln konnten schon im Voraus Verordnungen gebe», 40, 66. einmal fünf und zwanzig in einem Jahr, 72, 12. Quin- tuS Marcius Rer Consul ohne einen Kollegen, 35, 4. PompejuS, 40,50. MarcuS LolliuS, 54,6. Caligula, 59,24. ConsuleS suffecti, 48, 35. sollen nach einer Bestimmung deS TiberiuS keinen gerichtlichen Beistand leisten, 57, 21. durften nicht aus der Stadt abwesend seyn, außer wenn sie Heere befehligten, in welchem Falle die Prätoren ihr« Stelle vertraten, 46, 45. 59, 24. werden von einem Volkstribun in'S Gefängniß gesetzt, 37, 50. 38, 6. können durch Ankündigung von Feiertagen die Betreibung von Staatsangelegenheiten und die Abhaltung von Volksversammlungen verhindern, 38, 6. Unter Cäsar kommt e« zuerst vor, daß mehr 1942 Historisches Register. als zwei Consuln in einem Jahre waren: Sie haben Nichts vor einander voraus, nur wird das Jahr nach denen, die das Jahr antreten, berechnet, 43, 46. Sie schworen bei Niederlegung ihres AmteS, dasselbe nach bestem Gewissen verwaltet zu haben, 37, 38. (CnejuS DomitiuS) Corbulo sorgt unter TiberiuS und Caligula für die Landstraßen, ist aber dabei oft ungerecht, 59,15. kriegt glücklich gegen die Chaucer in Deutschland, 69, 39. ist ein Römer vom alten Schlag. Seine Thaten gegen die Parther und Armenier machen, daß man ihn an Nero'S Stelle zum Kaiser wünscht, er bezeigt aber keine Lust dazu, 62, 19—23. wird aus Nero'S Befehl hingerichtet, 63, 17. Corcyra, 48, 54. Sammelplatz der Schiffe OctavianS vor der Schlacht bet Actium. Hasen daselbst mit süßem Wasser, 59, 12. Corduba, von Cäsar belagert, 43, 32. eingenommen, 43, 39. Corduene,-37, 5. Cordynisches Gebirge, stehe GordyäischeS Gebirge. Corfinium, 41, 11. Corinth, Stadt am Isthmus, hatte den Vorsitz in den Versammlungen des achäischen Bundes, Fr. 293. wird von Cäsar wieder aufgebaut, und erhält das Recht einer römischen Pflanzstadt, 43, 59. wird von Agrippa eingenommen, 59, 13. CoriolanuS, Fr. 38—43. Cornelia, Gemahlin Pompeju« des Großen, darf nach dem Tode ihres Gemahls nach Rom zurückkehren, 42, 5. Cornelia Paula, Gemahlin der HeliogabaluS, von der er sich jedoch bald wieder scheidet, 79, 9. (CajuS) Cornelius, Volkstribun, gibt ein Gesetz über die Besetzung der Aemter, daß der Senat keinem ein Amt verleihen solle, der Historisches Register. 1943 nicht regelmäßig darum anhielte, oder ei» dem Volke zuständiger Recht sich anmaßte; daß der Senat zwar Gesetze vorschlagen dürste, daß diese aber vom Volke genehmigt werden, 36, 21. 22. die Prä- toren aber die Grundsätze, nach denen sie Recht sprechen wollten, voraus bestimmen müßten, 36, 23. Cornisicia darf sich die Art ihres Todes wähle», 77, 14. (Quintut) CornificiuS, Statthalter in Afrika unter den Trium- virn, 48, 17. 21. (Lucius) CornificiuS, Feldherr des QctavianuS, geräth auf Meisten in Noth und wird von Agripp» gerettet, 49, 6. 7. Cornelius CoffuS bezwingt unter AugustuS die Gätulier und verdient sich den Namen GätulicuS, 58, 28. Corocotta, ein indisches Thier, vielleicht die Hyäne, 76,1. Corocotta, ein berüchtigter Straßeuräuber, stellt sich, da eine beträchtliche Belohnung auf seinen Kopf gesetzt wird, selbst, und erhält den auf seinen Kopf gesetzten Preis, 56, 43. (Sulpicius) Corona, ein Senator spricht den MarcuS Brutus frei, 46, 49. Corsica, stehe CyrnuS. CoS, Insel, hat einen Tempel des AeSculap, 51, 8. Costuboken, eine sarmatische Völkerschaft, 71, 12. Cotiner, eine sarmatische Völkerschaft, 71, 12. (Lucius) Cotta, 36, 27. Legat Cäsars im Gallischen Kriege, von Ambiorir umgebracht, 40, 5. 6. (MarcuS) Cotta wird wegen Bedrückung der Provinz angeklagt, 36, 23. (MarcuS Julius) CottiuS, Herr der nach ihm benannten Alpen, bekommt unter Claudius den Königstitel, 60, 24. Dio TasstuS. 1SS Bdchn. 10 1944 Historisches Register. CottyS, König von Thraci'en, 54, 20. hat einen Sohn Namens RheScuporiS, 54, 34. Cotys wird von Caligula zum Könige über Kleinarmenien und einen Theil Arabiens gesetzi, 59, 42. Crantia, flehe Carteja. (Licinius) Crassus, Fr. 174. (Marcus Licinius) CrassuS steht im Verdacht, an der Catilinari- schen Verschwörung Theil genommen zu haben, 37, 35. 38. ist ein Nebenbuhler des Pompejus, versöhnt stch jedoch mit ihm durch Cäsars Vermittlung, worauf fich alle drei unter stch verbünden, 37, 55—58. ist für Cäsars Ackergesetz, 38, 5. läßt den Cicero durch seinen Sohn gegen ClodiuS unterstützen. 38, 17. begünstigt seine Zurückberufung, 39, 10. verbindet stch mit Pompejus gegeu Cäsar, 39, 26. erhält Syrien als Provinz, 39, 33. kämpft unglücklich gegen die Parther, 40, 12. und verliert durch ste da- Leben, 40, 27. (PubliuS Licinius) CrassuS, des Vorigen Sohn, ist Cäsars Legat, 39, 31. besiegt die Aquitanier, 39, 46. wird mit seinem Vater von den Parthern niedergemacht, 40, 21. (MarcuS Licinius) Crassus, obgleich früher auf Seiten des Sertul PompejuS und des Marcus AutoniuS, wird dennoch Consul unter AugustuS im Jahr 724, sodann Proconsul in Griechenland und Macedonien, zieht gegen die Datier und die Bastarner, 51, 23. Cremona, 64, 10. 65, 1. wird unter VitelliuS erobert. Großer Geldverkehr daselbst, 65, 15. CremutiuS Cordus hatte eine Geschichte des AugustuS geschrieben. Tiberius läßt ihn hinrichten und seine Schriften verbrennen. Sie erhalten fich dennoch, 57, 24. Historisches Register. 1943 Creniden in Macedonien, 47, 35. Creta, Insel, Fr. 272. MetelluS kriegt daselbst, Fr. 273. 36, 1. wird eine senatorische Provinz, 53, 12. CriSpina, Gemahlin des Kaisers CommoduS, 71, 33. kommt in Verdacht ehelicher Untreue — Folgen davon, 72, 4. Crispinella, stehe Calvia. CriSpuS, 47, 28. (Julius) CriSpuS, Tribun der Leibwache unter Septimiu» SeveruS, wird auf Befehl desselben hingerichtet, 75, 10. (VibiuS) CriSpuS, 65, 2. Ctesiphon, Residenz der persischen Könige, 40, 14. von Trajanu« eingenommen, 68,28. desgleichen von des VeruS Feldherrn CasstuS, 71, 2. von SeveruS, 75, 9. Culenische Spiele, 77, 24. Cumä, Stadt, 48, 46. 50. Curatores Viarum, stehe Straßenbau. Curiatgesetze, 37, 51. 39, 11. 45, 5. über die Gewalt der Statthalter, 39,19. über die Wahl der Staatsbeamten, 41,43. s. Gesetze. Curien, Fr. 16. die Hostilische brennt ab. Faustn« Sylla bekommt den Auftrag, sie wieder aufzubauen, 40, 29. wird niedergerissen, neuaufgebaut und Julia genannt, 44,5. wird ausgebessert und von AugustuS eingeweiht, 51,22. die octavische, 55,8. die Pompejische, 44, 16. mit einem JanuSaltar vor derselben, 73, 13. (Casus) Curio wird mit des Pompeju» Hülse Volkstribu», 40, 59. wird mit Cäsar versöhnt. Dieser bezahlt seine Schulden und macht ihm schmeichelhafte Versprechungen, 40, 60. arbeitet in Cäsars Interesse, 40, 61. 62. schlägt vor, daß alle Feldherren ihre Heere entlassen sollen, 40, 62. eilt zu Cäsar, 40, 65, kommt mit Briefen 10 * 1946 Historisches Register. an den Senat zurück, 41,1. muß aus Rom entfliehen und'schildert dem Heere, wie man in Rom mit Cäsar verfahre, 41, 4. unterwirft für Cäsar Stellten, 41, 41. geht nach Asrica und findet in einer Schlacht gegen Juba seinen Tod, 41, 41. 42. Curio, sein Sohn, wird in der Schlacht bei Actium auf Befehl des OctavianuS umgebracht, S1, 2. (MarcuS) Curtius, Fr. 68. 45, 32. Cybele, ihre Bildsäule geht von selbst von Rom nach dem Meere hin und kommt zurück, 48, 43. Cydvnia, Stadt auf Creta, 36, 2. von August für eine freie^Stadt erklärt, 52, 2. Cynvbellinus, König in Britannien, 60, 20. Cypern, 3S, 12. wird eine kaiserliche Provinz, 53, 12. aber noch unter August an den Senat abgetreten, 54, 12. 54, 4. Judenaufstand daselbst, 68, 32. CvrenaischeS Libyen wird eine senatorische Provinz, 53, 12. Cyrene, 42, 13. 49, 34. Judenaufstand, 68, 32. CyrnuS, Fluß in Medien, sonst CyruS, 36, 36.37. 37, 2.3. 67, 12. CyrnuS, sonst Corstca, Insel, 67, 12. CyrrhestischeS Syrien, 49, 20. Cythere, Insel, wird von AugustuS den Lacedämoniern geschenkt, 54,7. CyzicuS, seine Bürger werden, weil sie römische Bürger gegeißelt und getödtet hatten, von August zu Sklaven gemacht, 54, 7. erhalten aber ihre Freiheit wieder, 54, 23. verlieren sie von Neuem unter Tiberius, 57, 24. leiden viel durch ein Erdbeben. Schöner Tempel daselbst, 70, 4. Schlacht daselbst zwischen SeptimiuS Se- veruS und PeScenniuS Niger, 74, 6. Eine Flotte liegt in seinem Hasen, 79, 7. Cassius Dio's Römische Geschichte, übersetzt von Dr. Leonhard, Tafel, Präceptor in Schorndorf. Sechszehntts Bändchen. Stuttgart, Verlag der I. B. Metzler'schen Buchhandlung. 1 8 4 4 . Historisches Register. Schluß. D. Dacier, 71, 12. von den Griechen Geten genannt, heißen sich selbst Datier, so auch die Römer, 67, 6. Gränzen ihres Landes, 51, 22. Marcus Craffus kriegt gegen sie unter Augustus, 51, 23. Sie gehen zu Augustus Zeiten über die gefrorene Dona« und plündern Pannonien, 54, 36. fallen auch in Mysien ein^ 55, 30. werden unter DomitianuS bekriegt, 67,6. 10. ebenso unter TrajanuS, worauf ihr Land römische Provinz wird, 68, 6. 8—14. Dadasa, eine Feste, 35, 12. Dacriger, stehe Dancriger. Dalmatien wird von AugustuS bekriegt, 49, 36. Triumph über dasselbe, 51, 21. die Dalmatier haben einen Anführer Dato, 55, 29. wehren sich lauge, 55, 30. erhalten Frieden, 55, 33. ihr Land wird nicht senatorische Provinz, aber noch unter August eine kaiserliche, 56, 14. (Lucius) Damasippus, Gegner Sylla'S, der ihm den Kopf abschlagen und auf einem Pfahl um die Stadt Präneste tragen läßt, Fr. 266. Damostratia, Buhlerin deS Kaisers CommoduS, 72, 12. 1948 Historisches Register. Dancriger, eine sarmatischeVölkerschaft, 71,12. fallen in Dacie» ein. 78, 27. Daphne, Vorstadt AntiochienS in Syrien, 51, 7. Dapyr, König der Geten unter AugustuS, 51, 26. Dardaner, eine thracische Völkerschaft, 38, 10. 51, 23. 27. DardanuS, Fr. 260. Datus, Befehlshaber bei der Leibwache, wird auf Befehl der Ma- crinus hingerichtet, 78, 15. DecebaluS, König der Dacier, ein geschickter Feldherr der Dacier, kriegt schon unter Domitlanus gegen die Römer, 67, 6. Domi- tianus trägt ihm einen Frieden an, gibt ihm bedeutende Geldsummen und geschickte Arbeiter, 67, 7. Er läßt Bäume köpfen, als Soldaten kleiden und bewaffnen, eine Kriegslist, durch die er die Römer täuscht, 67,10. kriegt mit TrajanuS und sieht sich genöthigt, Frieden anzubeten, 68, 6. 8. muß persönlich erscheinen und um Frieden bitten, 68, 9. bricht ihn aber bald wieder, kauft Waffen an, nimmt Ueberläuser bei sich auf und wird deshalb von TrajanuS von Neuem bekriegt. Er bietet alle Völker umher auf, sendet, weil er mit Gewalt nichts richtet, Ueberläuser als Meuchelmörder zu Trajan, lockt TrajanS Unterfeldherrn LonginuS zu einer Unterredung herbei, behält ihn gefangen und glaubt so bessere FriedenS- bedingungen zu erhalten; LonginuS nimmt aber Gift und überhebt so den Kaiser aller Verlegenheit, 68, 11. 12. TrajanuS geht mit seinem Heer über die neuerbaute Donaubrücke, erobert Land und Hauptstadt und DecebaluS stürzt fich in sein eigenes Schwert, 68,14. Decennaliender Kaiser, kommen von AugustuS her, weil dieser sich die Alleinherrschaft immer wieder auf je zehen Jahre übertragen ließ, 53, 16. 1949 Historisches Register. DecianuS Catus veranlaßt unter Nero als Einnehmer der kaiserlichen Gefälle in Britannien eine gefährliche Empörung, 62, 2. DecidiuS Sara, Legat gegen Brutus und CasfiuS, 47, 35. 36. Decius, sein Opfertod, Fr. 74. 75. 45, 32. DeciuS Jubellinus handelt treulos gegen die Einwohner von Rhegium, Fr. 105. DeciuS gegen Pyrrhus, Fr. 116. Decimirung, bei Soldaten, 49, 27. 38. DejotaruS, König von Galatien, hält es mit Pompejus, kämpft mit in der Schlacht bei Pharsalus, erhält von Cäsar Verzeihung, 41, 60. und statt eines abgetretenen Theils von seinem Reich einen Theil von Armenien, 41, 63. tritt dem Marcus Brutus bei, 47, 24. zieht sich aber bald von ihm zurück, 47, 48. Deldo, König der Bastarner unter AugustuS, 51, 24. Dellius, 50, 23. Delphi, großes silbernes Faß daselbst, Fr. 252. Nero reißt den Tempel nieder und wirft Leiche» in die Erdkluft, 63, 14. Delphine werden zuerst von Agrippa auf der Spinades Circus aufgestellt, 4g, 43. Dcmetriu» PhariuS, übermüthiger Vormund des PinneS in Jllyrien wird nach Rom entboten, erscheint aber nicht, weshalb die Römer wider ihn zu Felde ziehen, Fr. 149. Gemahl der Königin Teuta, Fr. 144. Demetrius, Freigelassener des Pompejus, soll eS eigentlich gewesen sein, der da« nach Pompejus benannte Theater erbauen ließ, 39, 38. Demetrius, Freigelassener Cäsars, wird von AntoniuS zum Statthalter von Cypcrn gemacht, 48, 40. 1950 Historisches Register. DemetriuS, cynischer Philosoph, unter Vespasianus auf eine Insel verbannt, 66, 13. schleicht sich wieder in Rom ein und holt sich eine Tracht Schläge, 66, 15. Demochare- befehligt eine Flotte deS SertuS PompejuS, 49, 2. wird gefangen und nimmt sich selbst das Leben, 38,18. DemocedeS, ein berühmter Arzt, 38, 18. Dentheleten, eine mit den Römern verbündete Völkerschaft in Thracien, deren König Sitas unter AugustuS vorkommt, 51, 23. 25. verheeren Macedonien, 54, 20. Deribitorium, das größte Gebäude, daS jemals unter Dach gekommen ist, 43, 22. war zu Dio'S Zeiten oben offen, 55, 8. wurde auch als Theater gebraucht, 59, 7. brennt unter TituS ab, 65, 24. Deutsche (siehe auch Gelten) find die mehr landeinwärts wohnenden Völker nach Dio, 71, 3. von hohem Wuchs, 38, 35. streiten fast nackt und mit bloßen Köpfen, 38, 45. ihre Waffen vornehmlich 38,49. Sie lassen sich von wahrsagenden Frauen begleiten, 38, 48. und führen auch ihre Weiber und ihre Kinder auf Wagen mit sich in den Krieg, 38, 50. siehe Celten und Alemannen. Deutschland, von Cäsar bezwungen, 38, 49. 60. empört sich, 51, 20. VaruS erleidet eine Niederlage, 56, 18. 21. TiberiuS und GermantcuS gehen dahin ab, 56, 25. GermanicuS kämpft mit Erfolg, 57, 18. Es empört sich unter VespafianuS, wird aber von CerealiS beruhigt, 66, 3. Feldzug DomitianS, 67, 4. Caracalla'S, 77, 13. DiadumenianuS, Sohn des Kaisers MacrinuS, wird zum Cäsar erklärt, 78, 17. 19. wird gefangen genommen, 78, 40. DiäuS, Vorsteher des achäischen Bundes, Fr. 203. Historisches Register. 1951 Diana, Taurtsche, die Bürger von Comana wollen eine Bildsäule von ihr besitzen, 38, 11. Diatessaron, musikalisches Kunstwort, 37,18. Dictatoren wurden bei Nacht gewählt, Fr. 88. von dem Consul, 41, 36. in der Regel nur auf sechs Monate, und ihre Gewalt ging nicht über die Gränze Italiens mit alleiniger Ausnahme des AtiliuS CalatinuS, 36, 17. Während der Dictatur waren außer dem Bolkstribunal alle Magißraturen außer Wirksamkeit gesetzt, 42, 29. die Dictatur wird nach Cäsar'S Tode auf immer abgeschafft, 44, 51. 46, 24. daher die Kaiser auch nie diesen Namen annehmen wollten, 53, 17. 54, 1. (Casus) DidiuS, Legat Cäsar- gegen den jünger» PompejuS in Spanien, 43, 14. kommt um, 43, 40. (QuintuS) DidiuS, Statthalter in Syrien nach der Schlacht bei Actium, 51, 7. DidiuS Julianus, siehe Julianus. DingiS, ein daclscher Großer, von DecebaluS an Domitian gesandt, 67, 7. erhält von ihm das Diadem, ebendas. Dienstjahre der Soldaten werden von AugustuS bei der Leibwache auf zwölf, bei den andern Heeren auf sechSzehn Jahre gesetzt, 54,25. Dio CasstuS erzählt von sich, daß er Statthalter in Africa, in Dal- matien und Pannonien gewesen sey, 49, 36. führt seinen Vater Apronianus als Statthalter in Cilicien an, 69, 1. erhält im Traume Befehl, seine Geschichte zu schreiben, sammelt zehen Jahre und bringt zwölf Jahre mit der Ausarbeitung zu, 72, 23. Pertinar macht ihn zum Prätor, 73, 12. wird von Macrinus über Smyrna und PergamuS gesetzt, 79, 7. hat auch ein Buch über Träume und Vorzeichen geschrieben, 72, 23. 1952 Historisches Register. Diodatus. 63, 8. 17. DiodoruS, berühmter Tonkünstler unter Nero, 63, 8. 20. Diogenes, Philosoph, wird ausgepeitscht, 66, 15. DtogenianuS, siehe FulvtuS, Sophist. Dionysien, 69, 16. DionysiuS, aus Milet, Redner unter Hadrian, 69, 3. DioScuren, stehe Castor. DiScession der Senats, wenn er nicht einig werden konnte, 4t, 2. Dodona, Tempel daselbst — s. Jupiter. (PubltuS Cornelius) Dolabella wirst sich zum Vertheidiger der Verschuldeten auf, 42, 29. 32. 53. Cäsar macht ihn zum Consul, 42, 33. maßt sich nach Cäsars Ermordung das Consulat vor der ihm bestimmten Zeit an, 44, 22. 29. 45, 15. Als Consul zum Statthalter von Syrien bestimmt, hält er sich lange unterwegs auf. läßt in Smyrna tückischer Weise den TreboniuS ermorden, worauf der Senat ihn als Feind erklärt, bevor er noch wußte, daß CasfiuS sich Syriens bemächtigt hatte. Dieser erhält die Führung des Kriegs wider ihn, 47, 8—29. Dolabella rückt, während CasfiuS in Syrien steht, in Judas, Cilicien und Syrien ein, wird in Laodicäa eingeschlossen und bringt sich selbst um'S Leben, 44, 30. Domitia, Muhme der Nero, wird von ihm vergiftet, 61,15. Domitia, DomitianS Gemahlin, 67, 3. ist mit unter den gegen ihn Verschworenen, 67, 15. DomitianuS, Kaiser, rettet sich gegen die Vitellianer mit seinem Oheim SabinuS auf da» Capital, entkommt bei Erstürmung desselben und hält sich in einem Privathaus verborgen, 65, 17. spielt vor Ankunft des VespafianuS nebst MucianuS in Rom den Herrn, Historisches Register. 1953 66/ 2. fürchtet sich deshalb vor seinem Vater und zieht sich aus das albanische Landhaus zurück, 67,1. lebt in Liebeshändeln mit Corbulo'S Tochter DoMitia, 66, 3. oder spießt Fliegen, 66, g. wird von seinem Vater etwas gedemüthigt,>66, 10. kommt in Verdacht, seines Bruders TituS Tod befördert zu haben, 66, 25. Er verfolgt die Freunde seiner Vaters und seines Bruders auf's Grausamste, 67, 2. scheidet sich von Domitia, hat vertrauten Umgang mit seiner Nichte Julia, den er auch nach seiner Aussöhnung mit Domitia noch fortsetzt, 67, 3. läßt viele Männer von Verdienst und auch einige Vestalinnsn umbringen, 67, 3. nimmt das Con- sulat auf zehen Jahre und das Censoramt auf Lebenszeit an, 67, 4. kriegt mit DecebaluS, hält sich aber vom Kriegsschauplätze fern und lebt in einer Stadt Myfiens seinen Lüsten, 67, 6. kündigt den Quaden und den Marcomannen den Krieg an, läßt von letzter» besiegt, -dem DecebaluS Frieden anbieten, beschenkt ihn reichlich und überläßt ihm viele geschickte Arbeiter und Künstler, 67,7. hält dessen ungeachtet einen prächtigen Triumph und gibt allerhand Spiele, 67, 8. gibt auch ein Gastmahl, bei welchem Alles schwarz ist, schreckt dadurch seine Gäste, beschenkt sie aber reichlich, 67, 9. AntoniuS, Statthalter iu Deutschland, empört sich, bleibt aber im Treffen. Doch läßt Domitian alle seine Briefschaften verbrennen, 67, 11. Nach vielen Mordthaten entsteht eine Verschwörung gegen ihn, an welcher selbst seine Gemahlin Theil nimmt, und er wird umgebracht, 67, 15. 17. Sein Charakter, 67, 1. Seine Bildsäulen und Triumphbogen werden niedergerissen, 68,1. (CnejuS) DomitiuS benimmt sich edel, Fr. 226. Sein Gesetz über Priesterämter wird von Sylla abgeschafft, von Cäsar aber wieder in Wirksamkeit gesetzt, 37, 37. 1954 Historisches Register. (Lucius) Domitius Aenobarbus, 39, 31.60. ernannter Nachfolger Cäsar'« in Gallien, wehrt sich gegen denselben in Corfintum, wird aber großmüthig auf freien Fuß gesetzt und geht zu Pompeju-, 41, 11. unterstützt die Massilier gegen Cäsar, 41, 21. (Cnejus) DomitiuS Aenobarbus, einer der Verschworn»» gegen Cäsar, hält das Ionische Meer besetzt, 48, 7. flieht zu AntouiuS, 48, 16. OctavianuS verzeiht ihm, 48, 29. Er geht wieder zu AntouiuS, 50, 2. aus Aerger über Cleopatra wieder zu Octavia- uuS — stirbt, 50,13. (Lucius) Domitius, 54, 18. (CnejuS) Domitius Aenobarbus, Nero'sBater, 58,20.vonMacro verfolgt, 58, 27. Naives Geständniß, 61, 2. (Cnejus) Domitius Calvinu», Legat Cäsars gegenPharnaceS verliert eine Schlacht, 42, 46. bleibt als Statthalter zurück nach Beilegung des PharnaceS, 42, 49. Domitius Äser rettet sich auf eine kluge Weise, 59, 19. Anekdote von ihm, 60, 33. Domitius UlpianuS, siehe UlpianuS. Donaubrücke Trajan'S, 68,12. 13. DoryphoruS, Geschwindschreiber Nero'S, erhält ein reiches Geschenk, 61, 5. Drusilla, Caligula'S Schwester, Gemahlin de- Marcu» Lepidus, und zugleich Liebschaft des eigenen Bruders, stirbt und wird von Caligula für eine Göttin erklärt, 59, 11. Drusilla, Caligula'S Tochter von Cäsonia, wird ermordet» 59, 28. 29. (Marcus) Drusus, Fr. 221. 234. 235. (LiviuS) DrusuS, Vater der Livia, 48, 44. Historisches Register. 1955 DrusuS, Vater deS Germanien« und de«Claudius, erhält von Au- gustu« die Erlaubniß, fünf Jahre früher als gewöhnlich um Staatsämter sich zu bewerben, 54,10. wird gegen die Rhätier geschickt. und besiegt sie, 54, 22. zieht gegen die Sigambern und die Usipeten. Jbre Fürsten unterwerfen sich, seine Schiffe gerathen auf der Elbe fast aus'S Trockene. Er wird ganz eingeschlossen, 54. 32. 33. dringt bis über die Elbe vor, wird krank über der Erscheinung einer Frau, stirbt noch vor seiner Rückkunft über den Rhein und wird in Rom Prachtvoll bestattet, 55, 1. 2. DrusuS, Sohn deS Tiberius, darf den SenatSfitzungen beiwohnen, noch ehe er Senator ist und vor Bekleidung der Quästur seine Stimme vor den vom Amt getretenen Prätoren abgeben, 56, 17. wirdQuästor, 56, 25. hält dem AugustuS eine Leichenrede, 56, 34. soll in Pannonien einen Ausstand der Soldaten unterdrücken, 57. 4. ist ausschweifend und grausam, 57, 13. wird Consul, 57.14. gibt Beweise seines Ungestüms und der Vollerer, 57, 14. stirbt an Gift. das ihm Sejan durch seine eigene Gemahlin Livilla beibringen läßt. TiberiuS hält ihm eine Leichenrede, 57. 20. 22. DrusuS, des GermanicuS Sohn, wird von SejanuS und seiner eigenen Gemahlin angeschwärzt, 58,3. und auf Befehl des Tiberius umgebracht. 58. 22. DrusuS. ein falscher, gibt sich für den Vorigen aus, tritt unter Tiberius in Griechenland und Jonien auf, findet Anhang und bedroht Syrien, wird aber ergriffen, 58, 25. Du ras, König der Dauer, tritt freiwillig dem Decebalu« den Thron ab. 67. 6. DuriuS, 37, 52. Dio EasfiuS. 16S Bdchn. 2 1956 Historisches Register. Dyn amiS, Tochter des PharnaceS, des MithridateS Enkelin, erst AsanderS, dann ScriboniuS', endlich Polemo'S Gemahlin, 54, 24. Dyrrhachium, auch Epidamnus, Grund veränderter Benennung, 41, 13. 14. 49. PompejuS landet daselbst, 41, 14. Dysidiaten, Völkerschaft in Dalmatien, 55, 29. E. . Eburonen, eine gallische Völkerschaft, sonst auch Tongern, zwischen dem Rhein und der MaaS, überfallen Cäsars Legaten Sabinur und Cotta, 4V, 5. 6. Ebusur, eine der balkarische» Inseln, 43, 29. jetzt Jvica. EclectuS, Kämmerer de« CommoduS, 72, 19. ermordet diesen, 72, 22. bleibt dem Kaiser Pertinar treu und stirbt mit ihm, 73, 10. Edessa, Stadt, 68, 21. Edictum Prätorum, Gesetz des Volkstribuns Cornelius darüber, 36, 23. Egnatiu« RufuS, der Aedil» ist unbescheiden gegen Augustus, 53, 24. EgnatiuS Celer, aus BerhtuS, Philosoph, tritt als falscher Zeuge gegen SoranuS aus, 62, 26. Ehe, das zwölfte Jahr wird bei Mädchen für das reife Alter zur, Ehe angenommen, 54,16. Augustus gibt Gesetze zur Beförderung der Ehen, 54,16. Ehelosigkeit, Gesetze dagegen, 54, 16. 56, 1. ff. Ei- wird zur Abkühlung des Weins gebraucht, 76, 5. Elagabal, Name der Sonne, 78, 31. wird von Heliogabalus unter die römischen Gottheiten aufgenommen. Der Kaiser selbst 1957 Historisches Register. wird sein Priester und vermählt ihn mit der karthagischen Urania, 79, 11. 12. muß nach HeliogabaluS Tode wieder fort, 79, 21. Elagabal, stehe AvituS und HeliogabaluS. Elbe entspringt auf dem vandalischen Gebirg, 55, 1. 77, 14. Eleer, Völkerschaft. 79, 10. Elefanten sollen sich von denen , die fie in andere Länder führen, schwören lassen, daß man ihnen Nichts zu Leid thun wolle, sollen ihre Landessprache und die Erscheinung des Neumonds verstehen, 39, 38. Ein Elefant stegt über ein Nashorn, 55, 27. Sie tra» gen Fackeln, 43, 22. Cornificius reitet auf einem Elefanten von einem Schmause nach Haus, 49, 7. können seiltanzen, 61, 17. Caracalla bedient fich ihrer im Krieg, um dem Alexander nachzuäffen, 61, 77. Elegia, Stadt in Armenien, 71,2. wird von Trajan erobert, 68, 18. Elephantine, Stadt in Aegypten, 54, 5. Eleuthera, Stadt in Creta, 36, 1. Eltern hatten das Recht, ihre Kinder am Leben zu strafen, 37,36. Elymer, ein altes Volk in Sicilien, Fr. 3. Emesa, Stadt, 72, 14. 79, 17. 21. Ennia Thrasylla, Gemahlin des Leibwachenobrists Macro, 58, 28. buhlt mit Caligula, wird aber von ihm umgebracht, 59, 10. Entaphien bei dem Verbrennen der Leichen auf den Scheiterhaufen geworfen, 74, 4. EntelluS, Geheimschreiber DomitianS, ist unter den Verschworenen, 67, 15. Entmannung im ganzen römischen Reiche verboten, 67, 2. 68 , 2 . I 1958 Historisches Register. EpaphrodituS, Freigelassener Augufi'S, an Cleopatra abgesandt. um sie von dem Gedanken an den Selbstmord abzubringen, 51, 11. EpaphrodituS, Freigelassener Nero's, tödtet diesen 63, 29. wird unter DomitianuS umgebracht, 67, 14. Eph esuS, 39, 16, erhält einen Tempel Cäsars, 51, 20. Barbillische Spiele daselbst, 66, 9. EpichariS, besonders thätig in der Verschwörung gegen Nero, soll auf die Folter gebracht werde», erdrosselt sich aber selbst, 62, 27. EpidamnuS, später Dyrrhachium, welches man sehe. GpidauruS, Stadt, wird von Sylla ihres Tempelschmucks beraubt, Fr. 251. Epirus, Fr. 254. 41, 44. wird mit Griechenland römische Provinz und zwar eine Senatorische, 53, 12. Erb sch aft e n, der zwanzigste Theil derselben fällt unter AugustuS dem Staate zu, 55, 25. 56, 28. der zehnte unter Caracalla, 77, 9. was jedoch MacrinuS wieder aufhebt, 78, 12. Erdbeben, 37, 11. Beschreibung eines solchen, 68, 24. in Asien unter TiberiuS, 57, 17. in Antlochien unter Trojan, 68, 24. Erdklüfte, gisthauchende, bei Babylon und in HierqPollS, 68, 27. Eretria, von AugustuS den Athenern genommen, 54, 7. Eribolus, Hafen, Nicomedlen gegenüber, 78, 39. EridanuS, Fluß, 37, 9. 41, 36. EruciuS Clarus, Feldherr unter Trajan, 68, 30. EruciuS ClaruS, Consular, wird von SeverüS tückisch behandelt, 74, 9. Eryr, König der Glymer in Sicilien, Fr. 3. Historisches Register. 1959 E ssich, zur Erweichung von Felsen gebraucht, 36, 1. Etrurien, Aufstand daselbst, 4g, 15. Gvander» aus Creta, Bundesgenosse des Königs PerseuS, von diesem heimlich umgebracht, Fr. 193. Euböa, Fr. 258. Eulen bedeuten Unglück, 50, 8. EumeneS, Fr. 191. 193. Evocaten, ausgediente Soldaten, die sich wieder zum Kriegsdienste gebrauchen lassen, 45, 12. 55, 24. EvoduS, Erzieher Caracalla'S 76, 3. aufdeffen Befehl hingerichtet, 76, 6. 77, 1. Euphrat, Fluß, soll durch Kanäle in den Tigris geleitet werden, 68, 28. EuphrateS, Philosoph unter Hadrian, stirbt eines freiwilligen Tode«, 69. 8. Guprcpes, berühmter Wettfahrer, wird auf Caracalla'S Befehl umgebracht, 77. 1. EutychianuS bringt den HeliogabaluS auf den Thron, 78, 31. 32. wird auch spottweise Comazon genannt, 78, 39. Leibwachenobrist mit konsularischer Auszeichnung, mehr als einmal Consnl, und Stadtpräfekt, 79. 4. EredareS, König in Armenien unter Trajan, 68, 1 . Eriltrte, stehe Verbannte. F- Fabier, dreihundert und sechs bleiben in einer Schlacht, Fr. 46. FabiuS Cäso, geht vom Cavitolium mitten durch die Gallier, um auf einem nahen Hügel ein Opfer zu verrichten, Fr. 57. 1960 Historisches Register. (MarcuS) FabiuS, Gesandter in Carthago, Fr. 152. (QuintuS) FabiuS MarimuS Gurges verliert eine Schlacht gegen die Samnitcn, siegt jedoch später, als ihm sein Vater als Legat beigegeben worden, Fr. 463. (QuintuS) FabiuS MarimuS, Aedil, wird an dieZlpolloniaten ausgeliefert, Fr. 122. (QuintuS) FabiuS MarimuS (Cunctator) verkauft sein Landgut, das Hannibal verschont hatte, um Gefangene loszukaufen, Fr. 158. 168. Seine Rede. Der ihm gleichgestellte Reiterobrist MinuciuS unterwirft sich ihm wieder, ebendas. (Cajus) FabiuS, Legat Cäsars in Spanien gegen ÄfraniuS und PetrejuS, ist nicht glücklich, 41, 20. (QuintuS) F a b i u S MarimuS, Befehlshaber Cäsars in Spanien gegen den jünger« PompejuS, 43, 31. hält einen Triumph, obgleich sein Sieg nicht sehr bedeutend war, 43, 42. stirbt am letzten Tage seines ConsulatS, 43, 46. FabiuS AgriPPinuS, Statthalter in Syrien, auf Befehl deSHelio- gabalu» hingerichtet, 79, 3. Fabricisch e Brücke nach der Tiberinsel, von Stein aufgeführt, 37, 45. (Cajus) FabriciuS läßt sich nicht bestechen, zeigt sich als Vaterlandsfreund, Fr. 100. kommt wegen Auswechslung der Gefangenen als Gesandter zu PyrrhuS, Fr. 113. verabscheut den Verrath, Fr. 116. Fackeln werden, von MarcuS AureliuS an, Kaisern und ihren Familien vorgetragen, 71, 35. Fahnen; der Adler stand in einem kleinen Gehäus, Sacellum, auf Historisches Register. 1961 einem unten spitzigen Schafte. Wenn er nicht leicht aus der Erde sich heben ließ, war es von übler Vorbedeutung. Fliegende Fahnen oder Verillen. — Ein solches war während der Comitien auf dem Janiculum aufgesteckt, 37,27. 28. Agrippa bekommt von AugustuS ein meergrünes zur Auszeichnung, 51, 21. Falcidisches Gesetz, 48, 33. Faler 1 i, Stadt, ergibt sich an CamilluS, Fr. 52. 53. sCajuS FuficiuS) Fango, stehe Fustcius. Fanniu» Eäpio, Haupt einer Verschwörung gegen August, 54. 3. (Marcus) FavoniuS, Senator, ahmt den Cato nach, 38, 7. widersetzt sich mit ihm dem PompejuS und dem Craffus, 39, 34. 35. ist auf Brutus und CasstuS Seite und wird nach der Schlacht bei Philippi hingerichtet, 47, 49. Favorinus, Sophist unter Hadrian, 69, 3. Faustina, 74,3. des MarcuS AureljuS Gemahlin, erhält den Namen Mater Castrorum, 71, 10. verleitet den AvidiuS CasfiuS zur Empörung gegen ihren Gemahl, 71, 22. stirbt, 71, 29. ihr zuerkannte Ehren, 71, 31. (Annia) Faustina, des HeliogabaluS Gemahlin, 79, 5. FaustuS, Sylla'-Sohn, gibt dem Volke Gladiatorcnspiele, 37, 51. geht nach der Schlacht bei PharsaluS zu Cato, 42, 13. 39, 17. erhält den Auftrag, die Curie wieder zu bauen, 40, 50. wird gefangen und auf Befehl Cäsars getödtet, 43, 12. FebruariuS, Consul, aus der Stadt gepeitscht, Fr. 61. FebruariuS, Monat, verkürzt, Fr. 61. Feiertage, 38, 6. 1962 Historisches Register. FelicitaS, Göttin, SO, 10. LuculluS erbaut ihr einen Tempel, Fr. 208. Ein anderer zu Ehren Cäsar» erbaut. 44, S. Feuerwache, von AugustuS eingeführt. 55, 26. FideS hat einen Tempel, 45, 17. FiguluS, Consul, 37, 10. (CajuS) Fimbria empört sich gegen FlaccuS vor Byzantiner, Fr. 252. 257. Seine Grausamkeiten. Fr. 257. (ValeriuS) FlaccuS befehligt im mithrldatischen Krieg und hat an seinem Legaten einen gefährlichen Gegner, Fr. 257. (Lucius) FlaccuS, 36, 37. Flaccus wird von Pertinar entlassen. 73, 8. FlaccuS hat die Aufsicht über die Kornvorräthe unter MacrinuS, 78, 22. Flamen Dialis von August erwählt, 54, 36. Flamininus besiegt den Philipp, König von Macedonien, Fr. 184. 252. Flavia Domitilla, Gemahlin des FlaviuS Clemens, verbannt wegen JudenthmnS (oder vielmehr ChrikenthumS), 67, 14. ^ Flavianus, Leibwachenobrist unter Heliogubalus, 80, 2. (Lucius) FlaviuS, Volkstribun, 37, 50. FlaviuS Clemens, Consul und Verwandter des DomitiannS, wird des Atheismus beschuldigt und hingerichtet, 67, 14. FlaviuS SulpicianuS, Schwiegervater des Pertinar und Stadt- präfekt, 73. 7. will Kaiser werden, wird aber von JulianuS überboten, 73, 11. auf des SeveruS Befehl hingerichtet, 75, 9. FlaviuS TitianuS ist Procurator in Alerandrien unter Caracalla, 77, 21. FlaviuS MaternianuS, Befehlshaber unter Caracalla, 78, 4. Historisches Register. 1963 FlaviuS Heracleo, Feldherr unter Alexander Severu», wird von seinen eigene» Soldaten umgebracht, 80, 4. . (Lucius CäialiuS) FlavuS, der Volkstribun, nimmt der Bildsäule Cäsars das Diadem wieder ab» 44, 9. wird zum Consul vorgeschlagen, 44, 11. Fleisch, gekochtes, verbietet Kaiser Claudius dem Volke feil zu bleiben, 60. 6. Floralien, 58, 19. 78, 22. (Aquilius) Florus, Vater und Sohn, solle» nach der Schlacht bei Actium um das Leben losen; Keiner aber will den Andern überleben, 51, 2. Formula Provinciä, Etat der Einnahmen und Ausgaben, Verfassung der Provinzen, 53, 15. Fortuna publrca, 42,26. respicienS, zurückblickende, 42,26. redur, unter August, 54, 10. Forum Cornelii, jetzt Jmola, 46, 35. Forum Trajani, 68, 16. Fratrien, oder Innungen, Fr. 16. Freigelassene mußten, wenn sie das Bürgerrecht erhielten, sich in eine TribuS aufnehmen lassen, 39, 24. mußten, wenn sie keine Kinder hatten, ihren früheren Herren einen Theil ihres Vermögens vermachen, 51, 15. konnten sogar Senatoren werden, 40, 63. 43, 47. u. a. Fremde sollen nach dem Gesetze deS CajuS PapiuS in Rom nicht geduldet werden, 37, 9. FrtedenStempel/von VespasianuS eingeweiht, 66, 15. Friesen, ergeben sich unter Augußus an Drusus, 54, 32. (Cornelius) Frontö, 69,18. (Verfasser der Schrift sie äitkersntis 1964 Historisches Register. voesbulorum, Lehrer des Marcos AureliuS in der Beredsamkeit, 71, 35. F u e i n i s ch c r See soll in die Tiber geleitet werden, 60, 11. (Der . Kanal stürzt ein.) Fufisches Gesetz, die Stimmen in den Comitien einzeln abzugeben, 38, 8. (CajuS) Fusicius Fango, von Octavian zum Statthalter in Libyen bestellt, 48, 22. 23. (Quintus) Fufius Calenus, siehe Calenus. Fufius Geminus, Legat des Augustus im Kriege gegen die Pannonier, 49, 38. FulciniuS Trio, ehemals Anhänger Sejans, wird hingerichtet, sagt aber in seinem Testament dem TiberiuS die derbsten Wahrheiten, 58, 25. Fulvia, Gem.ahlin erst des Volkstribuns ClodiuS, dann des Mar- cns Antonios, 46, 56. höhnt Cicero noch nach dem Tode, 47, 8. ^ ist herrschsüchtig, 48, 4. 10. gebieterisch gegen Octavianus, der ihr ihre Tochter, seine Gemahlin, zurückschickt, 48, 5. geht zu ihrem Gemahl, 48, 6—15. spricht ihn in Griechenland, 48, 27. stirbt in Sicyon, 48, 28. (QuintuS) FulviuS Censor, Fr. 211. (AuluS) FulviuS wird als Verschwörer von seinem Vater getödtet, 37, 36. FulviuS. 73, 17. FulviuS DiogenianuS, 78, 36. FulviuS, Stadtpräfect, 79, 21. (PubliuS) FuriuS PhiluS nimmt den PompejuS und den Metellu« Historisches Register. 1965 als Legaten mit nach Spanten, obgleich sie seine Feind« sind» Fr. 212. (Publius) Furius, wird als Volkstribun in voller Versammlung niedergemacht, Fr. 233. (Casus) FurniuS, Befehlshaber unter Augustus gegen die Can- tabern und Asturier, 54, 5. Furtius wird von MarcuS AureliuS den Jazygen zum König gegeben, aber von ihnen bald wieder vertrieben, 71, 13. FuScianus, Stadtpräfcct, 79, 4. FuScus, Feldherr unter Domitianus, 68, 9. Fuscus, Reffe des Servianus, auf des Hadrianus Befehl hingerichtet, 69, 2. G. Gabii, Stadt, 48, 12. GabiniuS unterstützt des Pompejus Absichten und schlägt diesen zum Oberfeldherrn gegen die Seeräuber vor, 36, 6. hält eine Rede, 36, 1Ü—12. wird Consul, ClodiuS zerbricht ihm die Fasces, 38, 30. als Statthalter in Syrien drückt er die Provinz, 39, 55. 56. wird von Pompejus beauftragt, den Ptolemäus »ach Aegypten zurückzuführen, 39, 55—59. wird darob angeklagt, von Pompejus und Craffus aber in Schutz genommen, aber dennoch verbannt, später aber unter Cäsar zurückberufen, 39, 60—63. vertheidigt die Stadt Salon« gegen Octavianus und stirbt, 42,11. (PubliuS) GabiniuS besiegt die Marsen und erhält den einzigen seit der Varischen Niederlage noch in deutschen Händen befindlichen Legionenadler zurück, 60, 8. Gades, (Cadir) Stadt in Spanien, eine Colonie von Tyrus, ver» 1966 Historisches Register. ehrt den Hercules, 37, 52. 43, 39. 77, 20. Cäsar gibt ihr Römisches Bürgerrecht, 4l, 24. Gätulien, 53, 26. empört sich unter August gegen seinen König 2uba. Die Gätulier verheeren die benachbarten römischen Provinzen, werden aber von Cornelius CoffuS besiegt, 55, 28. GajobomaruS, König der Quaden unter Caracalla, 77, 20. Galäsus, ein Freigelassener, spricht sich freimüthig gegen Kaiser Claudius aus, 60, 16. Galatien erhält den Mithridates, 42, 48. sodann AmpntaS, 49, 32. wird Römische Provinz, 53. 26. lServiuS) Galba besiegt die Allobroger, 37, 48. die Veragrer, 39, 5. wird Prätor, 39, 65. sServiuS Sulpicius) Galba, Kaiser, erfährt von TiberiuS sein künftiges Schicksal» 57, 19. besiegt die Chatten unter Claudius, 60, 8. wird von Binder, dem Statthalter Galliens, an Neros Statt als Kaiser vorgeschlagen, von den Soldaten als solcher ausgerufen, und «om Senate bestätigt, 63, 23. 29. regiert gut, läßt nur seinen Freigelassenen zu viel Gewalt, 64, 2. weist ungerechte Forderungen der Soldaten muthig zurück, 64, 3. Die Legionen in Deutschland, mit ihm unzufrieden, rufen den VitelliuS als Kaiser aus, 64, 4. Er adoptirt den jungen Ptso. Otho, dadurch beleidigt, beredet die Leibwache, ihn selbst als Kaiser auszurufen, 64,5. Galba wird auf der Straße umgebracht, 64. 6. — Sein Siegel war ein Hut auf dem Vordertheil eines Schiffes, 51, 3. Galeria Fundana, Gemahlin des VitelliuS, liebt die Pracht und ist verschwenderisch, 65, 4. Gallicien, 37, 53. Gallien, Cäsar führt daselbst Krieg, 38, 31—50. 39, 1—5. Historisches Register. 1967 44—54. 4V, 4. 11. und 31—43. Gallia Togata und Comata, warum so benannt, 46, 55. Gallia Togata, zu Italien geschlagen, 48, 12. Das Cisalpinische erhält römisches Bürgerrecht, 41, 36. Das Narbonensische, Lugdunische und keltische wird kaiserliche Provinz. 53, 12. Das Narbonensische jedoch unter AugustuS noch vertauscht, 53, 12, 54, Charakter der Eingebornen, 39, 45. 77, 6. Vergl. Fr. 55—57. 156. 38, 40. 39, 25. Warum sie unter Brennus gegen die Römer ziehen, Fr. 55. (Lucius Junius) Gallio, Seneca'S Bruder, hat einen witzigen Einfall über des Kaisers Claudius Tod, 60, 35. kündet den Cither- spieler Nero öffentlich an, 61, 20. (Aelius) GalluS, Statthalter in Aegypten unter AugustuS, kriegt unglücklich in dem glücklichen Arabien, 53, 29. (Asinius) GalluS, siehe Asinius. (Cornelius) GalluS erobert Parätonium in Aegypten, thut dem AntoniuS zu Land und zu Wasser vielen Schaden, 51, 9. ist erster Statthalter in Aegypten, 51, 17. begeht daselbst Ausschweifungen, wird aus allen kaiserlichen Provinzen verwiesen und bringt sich, da der Senat eine Untersuchung gegen ihn anstellen will, um's Leben, 53» 23. 24. (NoniuS) GalluS bezwingt die Trevirer und die Deutschen, 51, 20. (Publiu» AquiliuS) GalluS, 39, 32. 33. (TifienuS) GalluS, stehe TistenuS. Gqnna, Weissagerin im Celtenland nach Veleda'S Tode, kommt unter DomitianuS nach Rom und wird ehrenvoll empfangen, 67, 5. Gannys, Erzieher und Feldherr deS HeliogabaluS gegen MacrinuS, 78, 38. 39. lebt in vertrautem Umgang mit Julia SoämiS, ist 1968 Historisches Register. zur Schweigern geneigt, thut aber Niemand etwas zu Leid, — wird von HeliogabaluS hingerichtet, 7g, 6. GanymedeS, ein Verschnittener in Aegypten, macht Arfinoe zur Königin, läßt den Feldherrn Achillas umbringen und übernimmt selbst den Oberbefehl, 42, 39. 40. Gastmal, bei welchem alle Gegenstände schwarz sind, unter Domi« tianuS, 67, 9. Gauda, ein Africaner, ist mit Metellus unzufrieden, daß er ihm nicht genug Ehre erweist, Fr. 223. Gaziura, Stadt in Pontus, 35, 12. Geheimschrift Cäsars, 40, 9. — August'S, 51, 3. GelliuS Poplicola handelt treulos gegen Brutus und CasstuS, wird begnadigt, geht aber dennoch zu OctavianuS und AntoniuS über, 47. 24. 48, 54. GelliuS MarimuS will sich unter HeliogabaluS zum Kaiser auswerfen, wird aber umgebracht, 79, 7. (Casus) Geminius RufuS wird unter TiberiuS gezwungen, sich selbst zu todten, 51, 4. Gemonische Treppen oder Stufen, 60, 16. 65, 21. Genius — Alexanders, 80, 5. Gentius, Fr. 191. Genucla, fester Platz an der Donau, 51, 26. GenusuS, Fluß in Thessalien, 41, 52. Gergovia, Stadt der Arverner, von Cäsar belagert, 40, 36. . Gerichte, Senatoren und Rittern gemeinschaftlich übertragen, 43, 25. Gerichtsform, Pompejus macht die Bestimmung, daß der Rechts« anwalt des Klägers zwei, der des Beklagten drei Stunden sprechen Historisches Register. 1969 darf; bei Staatsverbrechen wurden früher die Verdienste der Schuldigen in förmlichen Reden gerühmt, was gleichfalls aufgehoben wird, 40, 52. Germanen und Germanien, siehe Deutsche und Deutschland. Germanicus, Cäsar, deS DrusuS Sohn, wird auf Befehl des Au- gustus von dem TiberiuS adopttrt, 55,13. geht nach Dalmatien ab, um den Krieg eifriger als TlberiuS zu führen, 55, 31—33. setzt den Krieg gegen die Dalmatier fort, 56, 11. kommt nach Rom, erhält Triumphinsignien, Prätorenrang und die Erlaubniß, sich früher um das Consulat zu bewerben, 56, 17. geht nach der VaruS Niederlage mit TiberiuS nach Deutschland, 56, 25. wird Consul und macht sich beim Volke beliebt, 56, 26. geht nach Deutschland, wo sich das Heer empört und ihn statt des TiberiuS zum Kaiser ausruft, 57, 5. Er weigert sich, selbst mit Todesgefahr, TiberiuS dankt ihm, ist jedoch über seine Beliebtheit sehr eifersüchtig. 57, 6. begräbt die Gebeine der unter Varus Gebliebenen, erbeutet die verlorenen Fahnen, stirbt in Antiochia durch Piso'S und Plancina'S Tücke und die Spuren der Vergiftung sind an seinem Leibe sichtbar, 57, 18. Sein Lob, ebendaselbst. Gerste für Korn, militärische Strafe, 40, 27. 38. Gesandte der Feinde bekommen vor der Stadt Audienz, Fr. 137. - 138. 167. 209. andere wurden freigehalten und bekamen von der Republik Ehrengeschenke, Fr. 209. find unverletzlich, Fr. 177.185. Unter August hören zwei Consularen ihr Ansinnen und bringen denselben Bescheid, 55, 27. Ebenso unter TiberiuS, 56, 27. Andere Kaiser lassen dem Senat die Ehre, sie anzunehmen, 68, 9. 69, 15. Sie saßen bei den Schauspielen unter den Senatoren, 68,15. 1970 Historisches Register. Geschwindschreiberei, mit besonderen.Zeichen, 55, 7. Gesetze und Gesetzesvorschläge: die Römer bekommen sie von den Athenern, 44, 26. erhalten Rechtskraft durch die Comttien, und der Senat konnte Borschläge dazu machen, 36, 22. Sie werden beschworen, 38, 7. aus dem Capitoltum in Säulen oder Tafeln eingegraben, 37, 9. 39, 21. 41, 14. 45, 23. die dem Cäsar zuerkannte» Ehrenbezeugungen sollen mit goldenen Buchstaben auf silbernen Säulen verzeichnet werden, 44, 7 Die Kaiser find nicht an sie gebunden, 53, 18. 28. 56, 32. lAckersgesetze der Gracchen, Fr.213—215. 217. 218. von RulluS, 38, 5. von Cäsar, 38, 1. von Lucius AntoniuS, 45, 9. von den Triumvirn, 47, 14. von Aemterkauf, äs gmbitu, von AciliuS Glabrio, 36, 21. das Calpurnische von Casus Calpurnius Piso und AciliuS, 36, 21. das Cornelische, von dem Volkstribun Casus Cornelius, 36,21. das Pompejische, 40 , 52. das Augustische, 54, 16. Die annaleS; öftere Ausnahmen von diesen Gesetzen bet Cäsar und der kaiserliche» Familie, 46, 29. 46. 53, 28. ff. Gesetze August s, 54, 16. Cäsar'S Mörder auch abwesend zu verurtheilen, 46, 48. über Aemterkauf, 54, 16. daß die Redner kein Geld von den Clienten nehmen sollen, 54, 18. den Mielh- zin« ganz oder theilweise zu erlassen, 48, 9. geschärfte Strafen gegen das üppige Leben der Verbannten, 56, 27. über Freilassung der Sklaven, 55, 13. gegen die Ehelosigkeit, äs msritanäis orämibus, 54, 16. 56, 1—6. über den Senat,.die Sitzungszeit, Besuch desselben, Senatsbeschlüffe, 55 ; 3. über die vor Gericht Nichterscheinenden, 54, 3. über Ersparnisse, 55, 25. Historisches Register. 1971 über die Wahl von Voikstribunen aus dem Ritterstande, 54, 30. 56, 27. — Cäsar'S sehrzahlreiche, 38,7. z.B.Ackergesetz, 38,1. Gesetz über Herabsetzung des Mieibzinses, 42, 51. daß die Richter aus den Senatoren und den Rittern genommen werden sollen, gegen den LuruS, über Belohnung derer, welche mehrere Kinder haben, über die Zeit der Statthalierei, 43, 25. über Verträge, 58, 21. über Wucher und verpfändete Grün stucke, 41, 37. über Cirkulation des Geldes, 41, 38. über die Verbesserung des Kalenders, 43, 26. — CalvurnischeS, über Aemterkauf, 38, 21. — Claudische, mehrere von Kaiser Claudius, 60,11. über Verpflegung kranker Sklaven, 60. 29. — Clodische, vom Bolkstriban Clodius über Innungen oder Zünfte, (Collegien) und Kornvertyeilung, 38, 13. über die Befugnisse dev Censoren 38, 13. 40, 57. über Auspicien, 38, 13. auf Cicero bezüglich-, 38, 14. 17. — Clölische, über das Erlassen des MiethzinseS und der Schulden 42, 22. kommt aber nicht zu Stand, 42, 23. — CornelischeS, stehe Sylla. — C^orn »tische, vom Bolkstnbun Cornelius über Aemterkans, 38, 21. über Edwte der Präloren, 36 23. — Curiatgesetze über Adoption, 37, 51. 39, 11. 45, 5. über die militärische Gewalt der Statthalter, 39, 19. über die Wahl der Staatsbeamten, 41, 43. — Doladclla's über MiethzinS und Schulden erlassen, wird nicht rechtskräftig, 43, 22. — DomitischeS, daß das Volk dieOberpriester wählen soll, wird von Sylla abgeschafft, von Cäsar wieder hergestellt, 37, 37. Dio CassiuS. 16S Bdchn. 3 1972 Historisches Register. — Domitians, «erbietet die Entmannung, 67,2. — FalcidischeS, über Testamente, 48, 33. — Fusisches, die Stimmen in den Comitien einzeln abgeben zu lassen, 38, 8. — Gabinische«, dem Pompeju« den Oberbefehl gegen die Seeräuber zu übertragen, 36, 6. — de« Gracchus, zu Gunsten de« KriegSdienstethuenden Volke«, und Uebertragung de« Richteramts von den Senatoren auf die Ritter, Fr. 215. — HadrianS, daß kein Senator öffentliche Gefalle pachten soll, 69, 16. — Julische, siehe Augusts und Cäsars. — ManilischeS, dem PompejuS den Krieg gegen den MithridateS zu übertragen, 36, 25. auch Freigelassenen ein Stimmrecht in den Comitien zu geben, 36, 25. — des Metellus Nepos über Abschaffung der Abgaben, 37, 51. — de« Nerva, gegen die Entmannung und die Verhetrathung mit des BruderS«Tochter, 68,2. — PapischeS, daß Fremde nicht in Rom geduldet werden sollen, 37, 9. ' — P a P i s ch - P o p P ä i sch e S zur Beförderung der Ehen, äs msritsn- ä>8 oiäinibus, 54,16. 56,1. sf. Der Senat entbindet den AugustuS desselben in Hinsicht auf Livia, daß er ihr in feinem Testamente mehr vermachen konnte, als dieses Gesetz gestattete, 56, 32. — PlautischeS über Gewaltthätigkeit, 37, 31. 39, 7. — des Pompeju- über Richter und'Gerichtsform, 40, 52—55. über Comitien, 40, 56. — PorcischeS, über Unverletzlichkeit römischer Bürger, 45, 32. Historisches Register. 1973 — Regiu gab dem Cäsar die Entscheidung über Krieg und Frieden, -12, 80.53,16.17. — Roscisches gibt den Rittern besondere Plätze in dem Theater, 36, 25. 60, 7. — SemyronischeS, stehe oben des Gracchus. — 8 umtusrise d.h. gegen den Luxus, von PompejuS, gingen aber nicht durch, 39, 37. von Cäsar, 43, 25. von AugustuS, 55, 25. — des SeveruS gegen Ehebrecher, 76, 16. — des Syllä, CornelischeS über den Priefterstand, und den Pontifer Marimus, 37, 37. — Voconisch « S, daß kein Frauenzimmer über fünf und zwanzigtau- send Drachmen erben dürste. AugustuS enthebt wegen Livia'S einige Frauen davon. GessiuS MarcianuS, aus Syrien, kaiserlicher Prokurator, Gemahl der Julia Mamäa, 78, 30. 34. (CnejuS HostdiuS) Geta, stehe HostdiuS. lPubliuS Septimius) Geta, Bruder des Kaisers SeveruS, entdeckt auf dem Todtenbette seinem Bruder des Plautianus Ränke und SeveruS läßt ihm dafür eine Ehrensäule errichten, 76, 2. (PubliuS Septimius) Geta, Sohn des Septimius SeveruS lebt sehr ausschweifend und in der bittersten Feindschaft mit seinem Bruder Caracalla, 76, 7. dieser erkennt ihn zwar »ach de- Vaters Tode als Mitregenten an, läßt ihn aber, unter dem Vorwand, sich mit ihm versöhnen zu wollen, in seiner Mutter Zimmer und iu ihren Armen ermorden, 77, 1. 2. schändet noch sein Andenken, reißt seine Bildsäulen nieder, verstümmelt die Inschriften und schmelzt seine Münzen ein, 77,12. 3 * 1974 Historisches Register. Geten wohnen über dem HämuSgebirg und an der Donau, 51, 24. 26. 27. siehe Dacier. Gift. Vergiftete Nadeln sind an der Tagesordnung im ganzen Römerreich unter Domitian, 67, 11. unter Comodus, 72, 14. Gifthauchende Erdklüste bei Babylon und HierapoliS, 68, 27. Giraffe (Kamelpardel), beschrieben, 43, 23. Gladiatoren stürmen sogar in die Volksversammlung, 39, 7.8. hatten ein eigenes Gebäude, 72, 22. Schon unter Cäsar treten Ritter und Senatoren als solche auf, 43, 23. auch unter AugustuS, 51, 22. VitelliuS duldet es nicht/65, 6. Unter den Kaisern wurden Gladiatorcnspiele von den Prätoren auf öffentliche Kosten gegeben, 55, 31. 56, 25. von Weibern gehalten unter Kaiser Se- veruS, 75, 16. Sie wurden gegeben bei Einweihung von Theatern, 51, 23. bei Siegesfesten, 53, 1. bei Leichenbegängnissen, 37, 8. 51. 39, 7. 43, 22. 55, 8. 27. Götter hatten das Recht dreier Kinder, wodurch sie gewisser Erbschaften theilhaftig werden konnten, 55, 2. Gomphi, kleine Stadt in Thessalien, von Cäsar hart behandelt, 41, 51. GordyäischeS Gebirge, 68, 26. Gordyene, siehe Corduene. Gorgothy, Beste in Gallien, 40, 35. (Tiberius) GracchuS, Feind der Scipionen, jedoch billiger als Cato. Scipio Africanus gibt ihm seine Tochter zur Gemahlin, Fr. 196. (Tiberius) GracchuS, des Vorigen Sohn, ein ausgezeichneter Volksfreund, hat an MarcuS Octavius den hartnäckigsten Gegner, Fc. 214. 215. (Cajus) GracchuS, des Vorigen Bruder, ihm an Talent nicht gleich, Historisches Register. 1975 aber ein größerer Redner, geht auf der Rednerbühn« auf und ab, und hat einen Flötenspieler hinter sich, der ihn in gehörigem Ton erhält. Sein Tod, Fr. 217. 218. GräcinuS Laco, Befehlshaber der Schaarwache unter Tiberius, 58, 9. 12. Statthalter in Gallien, 60, 23. (Apollo) GrannuS, 77, 15. H- HadrianuS, Kaiser, Sohn des Hadrianus Afer, 69, 3. stammt vom Großvater her aus Italic« in Spanien und ist mit Trajan verwandt, der auch sein Vormund war, ist von Trajan nicht förmlich advptirt, 69,1. war ein Freund der Kunst und der Gelehrsamkeit, aber ein Neider der Gelehrten und Künstler, 69. 3. 4. ist eigenstnnig, neugierig und veränderlich, 69, 4. thätig in der Regierung, edelmüthig, freigebig, streng gegen die Heere und das Volk, 69, 5. 6. herablassend gegen Senat und Freunde, 69, 7. großer Jagdliebhaber, 69, 10. bereist die Provinzen und läßt sich in die eleustnischen Mysterien einweihen, kellt in Aegypten das verfallene Grabmahl des PompejuS wieder her und baut zu Ehre» seines Lieblings AntinouS die Stadt Antinoia , 69, 11. in Judäa baut er an der Stelle von Jerusalem die Stadt Aelia Capitolina, worüber die Juden sich empören, 69, 12—14. Krieg gegen die Albaner, 69, 15. adoptirt den Commodus, 69, 17. Nach dessen Tode den AntoninuS, welcher den MarcuS AnniuS VeruS und den jüngern Commodus adoptiren muß , 69, 21. stirbt an der Wassersucht, 69, 22. 23. hat selbst sein Leben beschrieben, 69, 11. Brief desselben zu Gunsten der Christen, 70, 3. der Senat will ihm göttliche Ehre nicht zuerkennen, 70, 1. 1976 Historisches Register. Hadrianotherä (HadrtanSjagd), Stadt in Mysten, von Hadrian erbaut, 69, 10. Hamilcar, Fr. 132. Hannibal, Fr. 130. Hannibal, Fr. ISO. 155. 158. ist grausam gegen die Ruceriner, Fr. 16l. gegen die Acerraner, Fr. 165. siegt bei Camä, Fr. 159. verläßt Italien, Fr. 197. Hanno, Fr. 126. spricht als Gesandter der Carthager frei in Rom, Fr. 132. 141. Harz, bei Babylon, 68, 27. Hellas wird mit Asten Senatorische Provinz, 53, 12. Helvetier wolle» sich an den Alpen niederlassen, werden von Cäsar geschlagen. Ein Theil kehrt zurück, ein anderer wird aufgerieben, 38, 31-33. HelvidiuS PriScuS spricht freimüthig gegen VitelliuS, 65, 7. ist unbillig gegen Vespastanus und vertheidigt eifrig die Democratie, stiftet Parteiungcn und verliert das Leben, 66, 12. H elv iu s Agrippa, Oberpriester unter Domitianus fällt in der Curie todt zu Boden, 67, 3. HelviuS Blafio, 46, 53. Hentocher haben unter Trajanus einen König Anchialus, 68, 18. Heras, cyntscher Philosoph, kommt trotz dem Verbote Vespastan'S nach Rom und verliert das Leben, 66, 15. HerenniuS Senecio, stoischer Philosoph wird unter Domitian hingerichtet, weil er das Leben des HelvidiuS PriScus geschrieben hatt-, 67, 13. Herculanum, unter TituS durch ein Erdbeben verschüttet, 66, 23. Historisches Register. 1977 Hercules wird Vater des CaiinuS, Fr. 3. hat einen Tempel i« TyruS, 42,49. in Gades oder Cadir, 43, 39. S2. HerminischeS Gebirge in Lusltanien, (jetztArminho in Portugal,) 37, 52. Hermes, Luftgott, 71, 8. Hermvgener, Arzt unter Hadrian, 89, 22. HerodeS, Archelaus des Großen Sohn, 54, 9. 55, 27. HerodeS, bekommt unter Kaiser ClaudiuSeinen kleinen LandeSbezirk und den Rang eines PrätorS, 60, 8. HerodeS AtticuS, siehe Atticus. (Claudius) HerodeS, Redner, 71, 35. Hierapolis, giftige Erdkluft daselbst schadet Verschnittenen Nichts, 68, 17., Hierapydna, Stadt in Creta, 36, 2. HierocleS, Wettfahrer und Lustknabe des HeliogabaluS, 79, 15. 19. (AuluS) Hirtius, Consul, 45, 17. 46, 36. 37. wird als Imperator begrüßt, 46, 38. bleibt im Treffen bei Mutina, 46, 39. Hispali, jetzt Sevilla, wird von Cäsar erobert, 43, 29. Hoffnung, ihr Tempel brennt ab, 50, 10. Homer, wird von Kaiser Hadrian dem Dichier AntimachuS nachgesetzt, 69, 4. Honor, Gottheit, Fr. 18. HoratiuS CocleS — lahme Hüfte, 45, 32. HoratiuS Pulvillus läßt sich bei Einweihung des ZupitertempelS durch die Nachricht von seines Sohnes Tode nicht stören, Fr. 32. Hortcnsius, tapferer Feldherr zu Sylla'S Zeiten, Fr. 255. 1978 Historisches Register. HortensiuS, Cicero'S Nebenbuhler in der Beredsamkeit, schlägt die Führung des Kriegs gegen die Erster aus, Fr. 273. HortensiuS wireri.tzt sich dem Gesetze über den.LuruS, 39, 37. ist Statthalter in Macedonien, 47, 21. HokidiuS Geta wird von «einem Sohne gerettet, 47, 8. HosidiuS Geta besiegt die Mauritanier, 60, 9. verschafft sich durch Zaubermitkel Wasser in der Wüste, besiegt die Britannier, 60, 20. (Tullus) Hosti liuS, siehe TnlluS. Hosttlische Curie, siehe Curie. Hunde, ein Beispiel ihrer Treue, 58, 1. Hyrcanus, Fürst und Hoherpriester der Juden, von'PompejuS zum Könige gemacht, 37, 15. 16. von PacoruS abgesetzt, 48, 26. Hut ist bei denScptben ein Vorrecht-höherer Stände, 68, 9. theffa- lische in Rom bei Schauspielen, zum Schutz gegen die Sonne gebraucht, 59, 7. I. , JamblichuS, König einer arabischen Horde, wirb von AntontuS gefoltert und getödtet, 5t>, 13. hat einen Bruder Alerander, 51, 2. JamblichuS, der jüngere, bekommt von Augustus seines Vaters Antheil an Arabien wieder, 54, 9. Janiculom, 37, 27. 28. 46, 44. 45. JanuS , Fr. 21. hat einen Altar vor der Curie, 23, 13. sein Tempel wird von AugustuS dreimal geschloffen, 51, 20. 53, 26. 54, 26. Japyden. eine illyrische Völkerschaft, haben eine Hauptstadt Metu- lum, werden von Octavian besiegt und belagert, 49, 35. 51, 21. Zapp gen am jonischen Meerbusen, Fr. 7. Historisches Register. 1979 Zazygen, ein sarmatisches Volk, führen Krieg mit MarcuSAure- lius, 71. 3. Kampf a»f der gefrornen Donau. 71. 7. 8. erhalten Frieden, konnten den Römern beim Frieden hunderttausend Gefangene zurückgeben, 71. 13—16. 18. 19. Zberter in Allen, find Gränznachbarn der Albaner und Armenier, , auf beiden Seiten des FluffeS Cyrnus wohnhaft, werden von Pom- pejus befiegt, 37, 1—7. von PubliuS CanidiuS CraffuS. 49, 24. 3beruS. Gbro, Fluß in Spanien. ZberuS. kaiserlicher Freigelassener unter TiberiuS. Stadthalter in Aegypten, 58, 19. Zchniä, kleine Stadt in Mesopotamien, 4i>, 12. Jerusalem, 37, 15. vonPompejuS erobert und geplündert, 37,16. von Titus, 66, 4—7. an ihre Stätte baut Hadrian Aelia Capi« tolina, 69, 12. (PubliuS) Jgnatius Celer, Falscher Zeuge gegen SoranuS, 62, 26. Zlerda, Stadt in Spanien, jetzt Lerida, 41, 20. 21. Zlium, von Fimbria eingenommen und hart behandelt, Fr. 257. Jllhrien, Fr. 102. 41, 49. 45, 41. ZluS, älterer Name des AScaniuS, hernach Zulus, Fr. 3. Zmmä, kleine Stadt zwischen Antiochien und Chalcis, 78, 37. Imperator, 37, 40. als Titel den übrigen Namen vorgesetzt, zuerst unter Cäsar, 43, 44. 52, 41. LabienuS, welcher mit den Parthern gegen Rom kämpft, läßt fich Imperator ParthicuS nennen, 48, 26. der Titel bleibt später den Kaisern allein eigen, 51, 25. die damit verbundene Gewalt, 53, 17. ZncitatuS, Pferd deS Caligula, 59, 14. 28. 1980 Historisches Register. Indien, 68, 2g. 8S, 16. schickt Gesandte an August, um einBünd- ^ niß zu schließen, 54, 9. an Trasan, 68, 15. Jndutioniarus, Heerführer der Gallier. 40, 11. 31. Innungen, stehe Collegien. Jnsubrer, Volk, Fr. 146. Zntercalation hing von den Priestern ab, 40, 62. Wie Cäsar bei der Kalenderverbefferung verfährt, 43, 26. Jnterrcr mußte ein Patricier sein, 46, 45. Zosephus, der GeschichtSschreiber. prophezeit dem VespasianuS die Kaiserwürde, 66, 1. Jotape, Tochter des Mederkvnigs, mit Alerander, dem Sohn deS AntoniuS und der Cleopatra, vermählt, 4g, 44. Augustu« gibt ste dem Vater zurück, 51, 16. ' Jphigenia, die Einwohner von Eomana wollen ihr Opfermeffer noch besitzen, 35, 11. Jsar, Fluß im Lande der Allobroger, 37, 47. Jsaurier führen Krieg mit den Römern, und werden erst spät bezwungen, 55, 28. Jsidoru«, ein ägyptischer Priester, führt die empörten Aegypter an, 71, 4. Isis, 40, 47. 42, 26. 66, 24. 79, 10. stehe auch S-rapis. Jssa, eine Znsel gegenüber von Jllyrten, Fr. 14. 149. 60, 15. JssuS, Schlacht zwischen Severus und Niger daselbst, 74, 7. 8. Isthmus, 55, 27. Cäsar soll ihn durchgraben, 44/5. auch Nero will dar Gleiche, 63, 16. Jstrianer, eine Völkerschaft in Thracien, 38, 10. Eine Stadt daselbst heißt Genucla, 51, 26. Jstrien, 54, 20. Italien, früher Argessa, Saturnien, Ausonien, Tyrrhenien, Fr. 3. 1981 Historisches Register. Jturäa, 49, 32. SoämuS wird »on Caligula als König derJturäi- schen Araber eingesetzt, 59, 12. Juba, Hiempsal'S Sohn, König von Numidien, hält es mit Pom- pejuS und tödtet in einer Schlacht Curto, 4t, 41. 42. verbindet sich mit Cato und entleibt sich nach dem Verlust der Schlacht, 43, 3—8. Triumph über ihn, 43, 19. Juba, der Jüngere, bekommt von AugustuS die junge Cleopatra zur Gemahlin, 56, 15. und für den Verlust seines väterlichen Reiches einige Bezirke Galatiens, 53, 26. Judäa und seine Bewohner, 37, 15. 16. Sie verehren nur einen Gott, dessen Name unbekannt ist, 37, 16. 17. An ihrem Sabbath wehren sie sich nicht gegen ihre Feinde, 37, 17. 49, 22. verbreiten sich überall hin, 37, 17. Kaiser Claudius erlaubt ihnen in Rom zu bleiben, sie dürfen aber keine Synagogen halten, 60, 6. Sie müssen eine gewisse Steuer, surum luclsioum, entrichten, empören sich und begehen Grausamkeiten in Cyrene, Aegypten, aufCypern, weßhalb sie sich später auf letzterer Insel nicht mehr sehen lassen durften, 68, 32. vergl. 39, 56. Sie empören sich unter Hadrian, weil er an Jerusalems Stelle die Stadt Aelia Capitolina erbaute, 69, 12—14. Jugurtha schließt Fnedensbedingungen des Metellus. Er wird von BocchuS an Marius ausgeliefert, Fr. 222. 225. Julia, Cäsars Tochter, des Pompejus Gemahlin, stirbt über der Geburt einer Tochter, 39, 64. Cäsar gibt ihr zu Ehren Thierhetzen und Gladiatorcnspiele, 43, 22. Julia rettet durch ihre Fürsprache ihrem Bruder Lucius Cäsar das Leben, 47, 8. geht aus Furcht vor OctavianuS zu SertuS Pompejus, 48, 15. 1982 Historisches Register. Julia, August'S Tochter^ anfangs verlobt mit des Marcus AntoniuS Sohn, AntulluS , 48, 54. mit MarcelluS vermählt, 53, 27. mit Agrippa, 54, 6. von dem sie des CajuS Cäsar, des Lucius Cäsar, des Agrippa PosiumuS Mutter wird, 54, 8. 18. 29. muß sich mit Tiberius vermählen, 54, 31. dieser findet kein Gefallen an ihr, 55, 9. wird von AugustuS wegen ihrer Ausschweifungen auf die Insel Pandataria verwiesen und sehr streng gehalten, 55, 10. Augustus bedenkt sie in seinem Testament, erlaubt ihr aber nicht nach Rom zurückzukehren, 56, 32. auch Tiberius nicht. Sie stirbt vor Kummer und Mangel, 57, 16. Julia, des DrusuS Tochter, Nichte des Tiberius, wird mitSejanus vermählt, 58, 21. von Meffalina um'S Leben gebracht, 60, 18. Julia Livilla, s. Livilla. Julia, des TituS Tochter, wird von ihrem Oheim Domitian geliebt, 67, 3. Julia Domna, des SeveruS Gemahlin, wird Philosoph, 75, 15. Ihr jüngerer Sohn Geta wird ihr von Caracalla in den Armen getödtet, 77, 2. Caracalla gibt ihr einigen Antheil an den Staatsgeschäften, 77, 18. 78, 4. wiegelt nach seinem Tode die Soldaten auf, muß deshalb ihren Wohnsitz in Antiochia verlassen, und hungert sich freiwillig aus, 78, 22. Ihre Leiche wird in Rom beigesetzt, 78, 24. Julia MLsa, Schwester Julia's, ist an einen Consular Julius Avi- tuS vermählt und hat zwei Töchter Julia Soämis und Julia Mamäa. Ihre Enkel von Jener sind HeliogabaluS und von dieser Alerander SeveruS, 78, 30. hat kein Gefallen an Ersterem, 79, 19. 1983 Historisches Register. Julia Soämis, Tochter der Vorigen» mit Variu« Marcellus vermählt, und Mutter des HeliogabaluS, 78,30. ist selbst in der Schlacht gegenwärtig, 78, 38. wird mit ihrem Sohne umgebracht, 79, 30. Julia Mamäa, zweite Tochter der Julia Mäsa, an Gessius Mar- cianuS, kaiserlichen Procurator vermählt, hat von ihm einen Sohn Alexander SeveruS, 78, 30. ist sehr habsüchtig und herrisch, 80. 2. Julia Corneli» Paula, Gemahlin des HeliogabaluS, 78, 9. JulianuS, Feldherr Domitians gegen Decebalus, 67, 10. Juli anuS SalviuS, Leibwacheuobrist» unter CommoduS hingerichtet, 72, 14. JulianuS, Feldherr unter Doinitian in Dacien, 67, 10. JulianuS DidiuS, Kaiser, von senatorischer Abkunft, aber schlechtem Charakter, ward früher nach Mailand verwiesen, wird Kaiser, weil er den Soldaten am meisten bietet, 73, 11. zieht an der Spitze der Leibwache in die Stadt ein und rühmt dem Senate sein Verdienst, 73, 12. ergibt sich dem Wohlleben, da» Volk steht auf und sieht sich nach PeScenniuS Niger um, 73,13. dieser zieht heran, JulianuS will ihn als Mitregenten anerkennen, wird von der Leibwache verlassen und im Palaste umgebracht, 73,17. JulianuS Nestor, Leibwachenobrist unter MacrinuS, soll die zu Gunsten des HeliogabaluS unternommene Empörung unterdrücken, 78, 32. flieht, wird aber aufgegriffen und niedergemacht, 78, 34. (UlPianuS) Julianus, Leibwachenobrist unter MacrinuS, 78, 4. 15. 1984 Historisches Register. Juliopolis, späterer Name der Stadt TarsuS zu Ehren Cäsar-, 47, 26. Julische Curie, von August erbaut, 51, 22. JulischeS Forum, 43, 32. Julius, Senator, Angeber unter Caracalla, wird von Macrinus auf eine Insel verwiesen, 76, 21. (SertuS) Julius wird von Cäsar zum Statthalter von Syrien und der Umgegend gemacht, uud von seinen Soldaten getödtet, 47, 26. Julius Alerander, Feldherr unter Traja», 68, 30. Julius Asper, Statthalter in Asten unter Macrinus, 78, 22. Julius Calvaster, stehe Calvaster. Julius SabinuS, stehe SabinuS. Julius SacerdoS, stehe SacerdoS. Julius SeveruS, stehe SeveruS. JuluS, Sohn der MarcuS AntoniuS, behält unter August einen Theil seines Vermögens, 51, 15. gibt prächtige Spiele, 54, 26. wird Consul, 54, 36. wird als Anbeter Julia'S hingerichtet, 55, 10. (Markus) JuniuS, Statthalter in Cappadocien unter Trajan, 68, 1S. JuniuS BläsuS, stehe BläsuS. Juniu» Cilo, stehe Cilo. JuniuS Gallio, Seneca'S Bruder, s. Gallio. JuniuS Rusticu», s. RusticuS. JuniuS Silanns, s. SilanuS. JuniuS Torquatus, s. TorquatuS. 1985 Historisches Register. Jupiter BeluS hat zu Apamea ein Orakel, 78, 8.40. Capitolinn» hat eine Kapelle im Siegestempel, 45, 17. Latiaris, 47, 40. den Olympias will Caligula in sein Bild umwandeln lassen, 59, 28. Tonans, 54, 4. Victor, 47, 40. Sein Tempel auf dem Cavi- tolium wird von den Vitellianern angezündet, 65, 17. brennt wieder ab unter Titus, 66, 24. Sein Tempel in Dodona wird von den Thraciern geplündert, Fr. 245. Inridici hatten die JuriSdiclion über die italischen Städte, was von MacrinuS abgeschafft wird, 78, 22. 1 us primse peistioni«, 53, 32. lus trium liberüm 58, 2. wird auch Göttern zu Theil, s. Götter, dann auch den Veftalinnen, 56,10. Juvenalien, 61, 19. 67,14. JuventaS, Göttin, 54, 19. JuventiuS Cethus rettet sich unter Domitian durch eine List, 67, 13. (MarcuS) JuventiuS, Legat, gibt sich den Tod, 46, 51. K. Kalender, von Cäsar verbessert, 43, 26. Katzen über den Weg laufend, bedeuten Unglück, 58, 5. Kenchreä, 63, 17. Koloß in der heiligen Straße von Vespafianus aufgestellt, 66, 15. EommoduS läßt seinen eigenen Kopf darauf setzen, 72, 22. Kraniche müssen mit einander kämpfen, 66, 25. Kriegsfahne auf dem Janiculum während der Eomitten, 37, 27. 28. 1986 Historisches Register. Kriegskasse von Augustus gestiftet und dotirt, 55, 25. 32^ Kriegstribunen mit konsularischer Gewalt, 40, 45. Kronen von Fürsten und Königen den Siegern übergeben, 42, 49. später in eine Steuer verwandelt, 51, 21. (Kronerigold, surum ooronsrium.) Agrippa erhält eine goldene Krone mit Schiff- schnäbeln (oorons rostrotu,) 49, 14. Kuchen, Brodkuchen dienen als Unterlagen der Speisen, Fr. 3. Kugeln, eiförmige bei den circenflschen Spielen von Agrippa aufgestellt, 49, 43. L. Labeo, stehe AntistiuS. (Titus) LabienuS klagt den RabiriuS der Ermordung des Satur- ninuS an, 37, 28—28. 37. besiegt als Legat Cäsars die Trev-rer, 40, 31. tritt zu Pompeju» über, 41, 4. bringt Eäsarn in Africa Verluste bei, 43, 2. geht nach Spanien zu dem jüngeren Pom- pejus, 43, 30. (TituS) LabienuS, Sohn des Vorigen, verbindet sich mit den Parthern gegen die Römer, 48, 24. schlägt Sara, 48, 25. erobert Cilicien und viele Städte Asiens, 48, 26. wird von VcnttdiuS besiegt und in einem Schlupfwinkel aufgefunden, 48, 39—41. Lacedämon schickt den Karthagern Hülfstruppen, Fr. 134.203. erhält von Augustus die Insel Cythere, 54, 7. gehorcht noch zu Nero's Zeit des LycurguS Gesetzen, 63, 14. Lacetanier, ein Volk in Spanien, 45, 10. Laconische Bäder, von Agrippa angelegt, 53, 27. LälianuS, früher Oberschaarwächter, wird unter Nero Statthalter in Armenien, 61, 6. Historisches Register. 1987 (Decimus) LäliuS, Statthalter in Afrika unter den Triumvirn, 48, 21. (Aemil.) LätuS, prätorischerPräfekt unterCommvdus, 72, 1V. steht dem CommoduS nach dem Leben, 72, 22. trägt Pertinar die Herrschaft an, 73, 1. wiegelt die Soldaten gegen ihn auf, 73, 8. bestimmt dem Falco den Kaiserthron, 73, 8. wird auf Befehl des Julianus umgebracht, 73, 16. LätuS, Feldherr des SeptimiuS SeveruS, 75,2. 6.8. sein Lob, 75, 9. wird auf Befehl des Kaisers aus Neid umgebracht, 75, 10. Lävinus, Fr. 112. (Lucius) Lamia, Stadtvräfekt unter TiberiuS, 58, 19. (Lucius) Lamia AemilianuS tritt seine Gemahlin Domitia an DomitianuS ab, 66, 3. Lampe, Stadt auf Creta, erhält von AugustuS ihre Freiheit, 51, 2. Lancia, Stadt in Spanien, 63, 25. Landchartsn, in Zimmern aufgehängt 67, 12. Läppa, Stadt aus Creta, 36, 2. - Larcius, der Lydier, will Nero für Citherspiel bezahlen, 63, 21. Larginus Proclus sagt in Deutschland des DomitianuS Todestag voraus und wiederholt es vor dem Kaiser, 67, 16. Lasthenes, ein Creter, wirb von Metellus gefangen genommen. 36, 2. Lateran»-, Feldherr des SeptimiuS SeveruS, 75, 2. Latiarien, 47, 40. LatiariS läßt sich von Sejanns gebrauchen, die verdienstvollsten Männer zu verderben, 58, 1. Latiner, Fr. 72—77. Dio CasfiuS. lss Bdchn. 4 1988 Historisches Register. Latinerfest, 41, 14. 44, 4. 49, 42. 53, 32. 54, 6. LatinuS, Sohn des Hercules, Fr. 3. wird von Aeneas besiegt und gibt ihm seine Tochter Lavinia zur Gemahlin, Fr. 3. Laurentium, Stadt in Latium, auch Troja genannt, Fr. 3. Legaten, Unterfeldherren, Adjutantendes Woherren, siegen auf Rechnung ihrer Imperatoren, 49, 4. 21. dürfen triumphiren, 48, 42. 54, 11. unter TiberiuS nicht, 54, 31. sind Statthalter in den kaiserlichen Provinzen, 53, 13. Lexes, siehe Gesetze und Gesetzesvorschläge. Legionen werden nach der Ordnung der Aushebungen benannt, 38, 47. haben einen goldenen Adler als Standarte, 40, 18. unter AugustuS drei und zwanzig, nach Andern fünf und zwanzig, von denen zu Dio'S Zeiten noch neunzehen übrig sind, 55, 23. 24. von Anderen Kaisern errichtete, 55, 24. Einzelne: die dritte. Gallische, 65, 14. unter HeliogabaluS in Phönizier,, 79, 7. die Vierte, 45,13. unter HeliogabaluS in Scythien, 79,7. die siebente und eilfte unter Claudius, die claudianischen, (getreuen, patriotischen, pras Läelss) genannt, 55, 23. 60, 15. die achte, Augusta, verliert ihren Namen, weil sie nicht tapfer kämpft, 54,11. die neunte lehnt sich gegen Cäsar auf, 41, 26. wird entlassen, 41, 26—35. die zehnte, Cäsar'S Leiblegion, 38, 46. 47. empört sich mit den andern, 42, 52. die zwölfte, oder die donnernde, 55, 23. hat ihr Standquartier in Melttene in Cappadocien, 71, 9. Leibwachen oder prätorianische Cohorten find unter August 10,000 Mann stark, 55,24. bekommen doppelte» Sold, 53,11. dienen zwölf Jahre, nachher sechSzehen, 55, 23. erhalten unter TiberiuS ein eigenes Lager vor der Sadt, 57,19. werden von SeptimiuS Se- Historisches Register. 1989 vernS entlassen, 74. 1. Dieser ersetzt den Abgang aus allen Legionen, 74, 2. Leibwachenobriste, stehe Präfecti Prätorio. (ManliuS) LentinuS, 37, 47. 48. (Lucius Cornelius) LentuluS, Fr. 151. 152. (CnejuS Cornelius) LentuluS, stimmt sür Carthago'S Zerstörung, Fr. 182. (PubliuS) LentuluS, früher aus dem Senatesgestoßen, nimmt Antheil an der Cattlinarischen Verschwörung, 37, 30. will Nichts unternehmen, 37, 32. will die Stadt in Brand setzen, 37, 34. wird von Cicero im Gefängniß hingerichtet, 37, 36. (PubliuS) LentuluS Spinther befördert Cicero'S Zurückberufung aus der Verbannung 39, 6. hilft seinem Sohne zum Augurat, 39, 17. LentuluS GätulicuS, Statthalter in Deutschland, wird auf Befehl des Caligula hingerichtet, weil er die Liebe der Soldaten besitzt, 59, 22. Leo, Stadtpräfekt unter HeliogabaluS, 79, 14. (AemiliuS) LepiduS, Fr. 271. 36, 25. (MarcuS AemiliuS) LepiduS, Prätor, 41, 36. befehligt die Reiterei und wird Consul mit Cäsar (708), der ihm einen unverdienten Triumph zuerkennt, 43,1. Statthalter im Narbonenstschen Gallien und dem diesseitigen Spanien, 43, 51. sollte anfangs mit Cäsar ermordet werden, besetzt nach Cäsars Ermordung mit seinen Soldaten das Forum und spricht zu dem Volke, 44, 22. will sich zum Herrn von Rom machen, 44, 34. wird Pontifer MarimuS, 44, 53. schickt dem AntoniuS bei Mutina Verstärkung zu, 46, 39. 4 * 1990 Historisches Register. tritt zu Antonios und Octavianus über, 46, 50. 51. verbündet sich mit ihnen zu einem Triumvirat, 46, 55. 56. wird Consul, 47, 16. wird von den andern Triumvirn zurückgesetzt, 48, 1. 2. 4. 22. er» hält die Statthalterschaft in Afrika, 48, 20. tritt mit SertuS PomPejuS in Unterhandlung, 4g, 8. ergibt sich an Octavianus, darf in Italien unter Bewachung als Privatmann leben, 49,11. 12. muß nach Rom ziehen, wo er sich dem Gespött und Hohngelacht« preisgegeben sieht, 50, 20. 54, 15. 17. stirbt, 54, 27. LepiduS, sein Sohn, verschwört sich gegen August, 54,15. (Marcus) Lepidus, Feldherr unter TiberiuS und Germaniens gegen die Dalmatier, 56, 12. (Marcus) Lepidus, Gemahl der Drufilla, Caligula'S Schwester und Nebenbuhler des Kaisers bei Agrippina und Livilla, wurde später hingerichtet, 59, 11. 22. Libo,41, 48. (Lucius) Libo, Consul, 49, 38. Ltburner, Völkerschaft in Jllyrien, 49, 34. LiciutuS, Statthalter in Gallien, bedrückt die Provinz und hintergeht August, 54, 21. (QuintuS) LiciniuS Nerva, nimmt sich der Sklaven an, Fr. 229. (Quintus) LiciniuS Stolo, erster Reiterobrist aus den Plebejern, Fr. 67. LiciniuS Sura, s. Sura. Lictoren schlagen an das Thor, Fr. 85. dürfen keine Sklaven sein, 48, 43. Jede Bestalln hatte einen Lictor, 47, 19. Liger (Loire), Fluß in Gallien, 39, 40. Ligurer, Bewohner der Seeküste von Etrurie« an bis nach den Seealpen und Gallien, Fr. 6. der Frieden mit ihnen gebrochen. Historisches Register. 1991 Fr, 110. die Ligurer, welche Comati heißen, werben von August bezwungen, 54, 24. Lipara, Insel, Fr. 8. Ihre Bewohner, welche zu SertuS Pom- pejuS gehalten hatten, werden von Octavian nach Campanien versetzt, 48, 48. LitavicuS, der Aeduer, 40, 37. Livia flieht mit ihrem damaligen Gatten TiberiuS Claudius Nero und ihrem Sohne TiberiuS vor AugustuS, 48, 15. wird August'S Gemahlin, 48, 43. 44. dieser läßt ihr und seiner Schwester Octavia Standbilder errichten, erklärt fie für unverletzlich, entbindet flch von curatorischer Pflege, 49, 38. kommt bei Mar- cellus in üblen Berdacht, 53, 33. räth dem AugustuS, ein milderer Herrscher zu sein, 55,14. ff. verdächtig bei des AugustuS Tod, 56,30. erhält die Namen Julia und August«, 56, 46. will flch unter TiberiuS in Regierungsgeschäfte mischen, 57, 12. TiberiuS läßt ihrer Leiche nur die gewöhnlichen Ehren bezeigen, 58, 2. ihr Enkel Claudius aber fle zur Göttin erklären; war im Ganzen gut, 58. 2. Livilla, Antonia's Tochter, Gemahlin des jüngeren DrusuS, vergiftet diesen auf Anstiften des SejanuS, 57, 22. wird dafür am Leben gestraft, 58, 11. Livilla, die jüngere, Caligula'S Schwester, wird nach den Pontischen Inseln verwiesen, 59, 22. heißt auch Julia, 60,4. Livor (Neid), wird als Gott verehrt, 59,17. Locrer, PyrrhuS plündert ihren Schatz der Perephatte oder Pro« serpina, Fr. 118. Sie werden von Scipio'S Soldaten mißhandelt, Fr. 176. unterstützen Cäsar, 41, 51. 1992 Historisches Register. Locusta (Lucusta), wird zur Vergiftung des Kaiser-Claudius gebracht, 60, 31. unter Galba hingerichtet, 64, 3. Lollia Paulina, Caligula'S Gemahlin, 59, 12. wird vonAgrippina umgebracht, 60, 32. LolliuS, Consul ohne Collegen, 54, 6. besiegt die Besten, und wird von den Deutschen besiegt, 54, 20. LonginuS, Unterfeldherr des TrajanuS. Von DecebaluS gefangen genommen, vergiftet er sich, um TrajanuS wegen seiner nicht in Verlegenheit zu bringen, 68, 12. LucanuS wird von Nero das Dichten niedergelegt, 62, 29. LuctanuS ProcluS, ein alter Soldat, weiß auf eine sinnreiche Weise unter Domitian sich auf das Land zu retten, 67, 11. Lucilla, mit Lucius VeruS vermählt, 71, 1. dann mit Claudius PompejanuS, 71, 3. wird hingerichtet, 72, 4. Lucius Cäsar, siehe Lucius Agrippa. Lucius Cornelius in Tarent, Fr. 99. Lucius ManliuS in Afrika, Fr. 131. Lucretia, Gemahlin des CollatinuS, nimmt sich das Leben, Fr.28. (QuintuS) LucretiuS Of-lla, stehe Ofella. Lucrinischer See oder Busen, 48, 50. (Lucius) Lucullur erbaut der GlückSgöttin(FelicitaS) einen Tempel von der spanischen Beute, Fr. 273. besiegt den MithridateS und den TigraneS, Fr. 273. nimmt Tigranocerta ein, Fr. 273. wird aber absichtlicher Zögcrung beschuldigt, 35, 2. erleidet Verluste, 35, 5. erobert Nisibis, 35,6. 7. während TigraneS und MithridateS viele Städte Armeniens besetzen, 35, 8. Das Heer wird unzufrieden, 35, 14. und verläßt ihn, 35', 15. wegen seiner Strenge und Unfreundlichkeit, 35, 16. widersetzt sich dem PompejuS, Historisches Register. 1993 37, 4g. dingt Meuchelmörder gegen Cäsar und PompejuS, 38, 8. (Lucius) LuculluS schlägt die Statthalterschaft vonBithynten aus, der Consul AciltuS läßt ihm den Amtsstuhl zerschlagen, 36, 24. Lugdunum (Lyon) wird erbaut, 46, 50. vergl. 65, 1. 73, 3. 75, 6. 77, 21. Bei einem Altar daselbst werden noch zu Dio'S Zeiten Feierlichkeiten zu Ehren des AugustuS begangen. Lupercalien, 44, 11. 45, 30. Julianische, 44, 6. Lupia (Lippe), Fluß, 54, 33. Lupus, Feldherr des SeptimiuS SeveruS, 75, 7. Lusitanien, 53, 26. (QuintllS) Lusius, Feldherr unter TrajanuS, ein Fürst aus Mauri- tanien, hält sich tapfer im Dacischen Krieg, 68, 8. auch im Orient, 68, 22. 30. gegen die Juden, 68, 32. wird Consul und dann Statthalter in Palästina, aber von HadrianuS hingerichtet, 68, 32. Lustration des Heers vor der Schlacht, 47, 38. 40. (Cajus) LutoriuS PriScuS. dichtete auf den Tod des Germaniens, desgleichen auf den künftigen Tod des DrusuS, und wird deshalb vom Senate zum Tode verurtheilt, 57, 20. LuruS, Gesetze dagegen, siehe loges sumtusiise unter Gesetze. Lycaonien, ein Theil davon Galatien einverleibt, 4g, 32. wird römische Provinz. 53, 26. wird Prätorische Provinz, 53, 12. Lycien wird unter ClaudiusPamphylien einverleibt, 60, 17. Seine Bewohner werden von Brutus bezwungen, 47, 33. 34. Lygter in Mysten bewohnen den größten Theil Schlesiens und einige Woywodschaften Polens, 67, 5. S8 1994 Historisches Register. LycomedeS, König eines Theils voy dem cappadocischen PontuS, verliert unter AugustuS sein Reich, 51, 2. Lyon, stehe Lugdunum. LysaniaS, König Zturäa'S, durch AntoniuS, wird später auf Befehl desselben umgebracht, 49, 32. M. Macedonien wird, 53,12,.Volksprovinz, unter TiberiuS kaiserliche, unter Claudius wieder Volksprovinz, 8V, 24. Macella, kleine, feste Stadt in Sicilien, Fr. 230. acennitl's, Landschaft mit dem Berg Atlas, 75, 13. achaon, ein Sklave, beschreitet das Prachtbett des Jupiter Capi- tolinuS, 59, 9. MachareS, Sohn des Mithneatcs, wird auf Befehl seines VaterS umgebracht, 36, 33. Machelonen, eine Völkerschaft am PontuS EurinuS, haben einen König Anchialus, 68, 19. MacrinuS, Kaiser, ein Mauritanier, 78, 11. 27. gefällt dem Plan- tianuS, besorgt ihm seine Privatgeschäfte und Gelder, bekommt das Fuhrwesen auf der Flaminischen Straße unter stch, und wird dann Leibwachenobrist, 78, 11. läßt den Caracalla umbringen, 78, 4. 5. wird von den Soldaten als Kaiser ausgerufen, 78, 11. verspricht dem Senat viel Schönes , wird aber schwelgerisch, und benimmt sich auch sonst nicht zum Besten, 78,13—15. wird durch eine Hinrichtung, die Ernennung seine- Sohnes DiadumenianuS zum Cäsar und die Annahme der Namens AntoninuS verhaßt, 78, 19. wird von dem Parlherkönig ArtabanuS geschlagen und schließt mit ihm Frieden, 78, 26. 27. vergleicht sich mit Teridate«, LAN 1995 Historisches Register. König von Armenien, 78, 27. Zügelloflgkeit der Moldaten, 28. EutychianuS stellt den Knaben HeliogabaluS als Gegenkaiser auf, 31. Sein Feldherr Julianus muß entfliehen und seine Soldaten gehen zu Letzterem über, 32. MacrinuS macht ihnen Versprechungen; aber auch die übrigen Soldaten verlassen ihn, 34. In der entscheidenden Schlacht flieht er zur Unzeit, 38. und wird in Chalcedon ermordet, 78, 39. 40. (NLviuS SertoriuS) Macro wird Nachfolger des Sejanus, 58, S. 12. führt Caligula bei der eigenen Gattin ein, 58, 28. wird von diesem hingerichtet, 59, 10. Mästen, Völkerschaft in Nordbritannien, wohnen nächst derSchutz- mauer,«76, 12. fallen ab und lassen sich mit Geld abfinden, 75, 5. MäcenaS, römischer Ritter, besorgtwährend OctavianS Abwesenheit die Staatsangelegenheiten in Rom, 49, 16. räth August, die Alleinherrschaft beizubehalten. 14—40. Seine Gemahlin gefällt auch August, 54, 19. erfindet gewisse Buchstaben und Zeichen für das Geschwindschreibe» — stirbt, 55, 7. MäotiS, See, 36, 33. Mäsa, Schwester des Kaisers SeveruS, 78, 30. 38. 7g, 6. 17. Nsgister eguitum, Reiteroberst, der erste Plebejer war Stolo, Fr. 67. mußte nach der Regel wenigstens Prätor gewesen seyn, die erste Ausnahme macht M. AntoniuS, 42,21. dem Dictator gleichgestellt, Fr. 158. LepiduS ist Consul und Reiteroberst zugleich, 43, 33. Asgistrstus, s. Staatsbeamte, ggistri vioorum, Straßenmeifter unter AugustuS, 55, 8. ago, Fr. 179. alchuS, nabatätscher König, 48, 41. 49, 32. 1996 Historisches Register. Mallius gegen die Cimbern, Fr. 227. MalliuS LentinuS, stehe LentinuS. Mallus, Stadt i'n Cilicien, mit einem Orakel des AmvhilochuS, 72, 7. Mamäa, 78, 30. 80, 1. MamercuS AemiliuS Scaurus, s. Scaurus. Mamertiner, Fr. 104. 105. 108. 124. 230. Mamaitis, flehe Anritis. MancinuS wird von den Römern an die Numantier ausgeliefert, Fr. 209. Manilius, Bolkstribun, schlägt vor, den Freigelassenen gleiches Stimmrecht mit ihren früheren Herren zu geben, dem PompejuS den Oberbefehl zu übertragen, 36, 25. wird in Anklagestand versetzt, 36, 27. ManiliuS hatte die Aufsicht über die Lebensmittel unter Caracalla, 78, 21. Manisarus, aus dem Geblüt der parthischen Könige, 68, 22. (Lucius) Man lins, stehe Lucius. (MarcuS) Manlius CapitolinuS, zum Tode verurtheilt, Fr. 62. 63. 38. 27. (PubliuS) ManliuS, Dictator, Fr. 67. (TituS) ManliuS Torquatus erlegt den Celtenkönig. Fr. 69. streng gegen seinen Sohn. Fr. 72. 73. (Lucius) Manlius Torquatus, 37, 1. (CajuS) Manlius, 37, 30. 31. Mannus, König einer Landschaft in Arabien unter Trajan, 68, 21 . 22 . Historisches Register. 1997 MarcellinuS, Consul, widersetzt sich dem Pompejus und dem CraffuS, 39. 27. 30. (Marcus Claudius) MarcelluS. — Sein edler Charakter, Fr. 162. Seine Klugheit. Fr. 163. 164. (Marcus Claudius) MarcelluS, ein Redner, 40, 58. ist auf Seiten des Pompejus, 40. 59. übergibt dem Pompejus zwei Legionen, 40, 64. 65. (MarcuS) MarcelluS bleibt neutral bis zur Schlacht bei Pharsaluö, 42, 15. 16. wird von Cäsar geschätzt, 16. (Marcus) MarcelluS, August'S Schwiegersohn, anfangs mit der Tochter des SeriuS Pompejus verlobt, 48, 38. erhält August'S Tochter Zulia zur Gemahlin und Senatorenrang, 53, 27. 26. stirbt bald. Ehrenbezeigungen, die ihm August erweisen läßt, 53, 31—33. (Claudius) MarcelluS bezwingt die Besten, 54. 20. MarcelluS verschwört sich gegenVespastanus und nimmt sich selbst das Leben, 68, 18. (VariuS) MarcelluS aus Syrien, kaiserlicher Prokurator, Senator, Gemahl der Julia Soämis, Vater des Heliogabalus, 78, 30. 34. (UlpiuS) MarcelluS, Feldherr unter CommoduS, 72, 8. Marcia begünstigt die Christen unter CommoduS, befördert dessen Tod, 72, 4. 13. wird unter DidiuS JulianuS hingerichtet, 73, 16. MarcianuS, stehe Geffius. MarciuS Verus, Feldherr, s. Martins. Marcische Wasserleitung, von Agrippa wieder hergestellt, 49, 42. (AncuS) MarciuS, stehe Ancus. (Quintus) MarciuS Rer, Consul, 686. dann Statthalter in Cili- 1998 Historisches Register. cien, unterstützt denLuculluS nicht, 35,15. 17. setzt seinen Schwager über die Flotte, 16. muß dem PompejuS die Provinz vor der Zeit abtreten, 36, 28. und auch das Heer abgeben, 36, 3i. (Lucius) MarciuS PhilippuS, August'S Stiefvater, 45, 1. MarciuS Agrippa, Statthalter in Pannonien und Dacien unter MacrinuS, vorher Sklave, dann Haarkünstler, 78,13. Marcomannen, 77, 20. von DomiiiuS bekriegt, 67, 7. von Mar- cuS AureliuS, 71, 3. 8. 13. Friede mit ihnen, 71, 15. sollen mit den Quaden nicht verkehren, sich fern von der Donau halten, nur an bestimmten Orten Markte haben, 71, 11. 16.18. 20. Frieden, 72, 2. MarcuS CurtiuS, stehe CurtiuS. MariuS, sein schlechter Charakter, sein glücklicher Krieg gegen die Cimbrer, schmeichelt sich bei den Patriciern ein, ist grausam bei seiner Rückkehr aus der Verbannung, Fr. 222. 223. 224. 225. 231. 239. 248. 36, 14. MariuS, sein Sohn, ebenso grausam, Fr. 249/ (Lucius) MariuS, Feldherr im Kriege gegen die Allobroger, 37, 48. MariuS MarimuS, Stadtpräfekt unter MacrinuS, 78,14.16. 79, 2. MariuS SecunduS, Senator, wird von der Partei des HeliogabaluS ermordet, 78, 35. Markomannen, stehe Marcomannen. Mars Ultor, sekn Tempel von AugustuS erbaut, 54, 8. Marsen, Fr. 238. 60, 8. Marseille, stehe Masstlia. Martialien, 56, 46. Historisches Register. 1999 (Julius) Martialis, stößt den Caracalla nieder, 78, 5. 18. Martius Verus, Feldherr unter MarcuS AureliuS, 71, 14. 23. (Casus Epidius) Marullus, Volkstribun, widersetzt sich Cäsars Krönung, 44, 9. Masinissa, Fr. 173. Massilia, von Cäsar belagert, 41,19. 21. ergibt stch »ach langer Gegenwehr, 41, 25. Mastor, der Jazyge, soll Hadrian tödten, 69, 22. Masyas, König der Semnonen unter DomitianuS, 67, 5. MaternianuS, Befehlshaber unter Caracalla, 78, 4. wird unter Macrinus hingerichtet, 78,15. Mauer, zu Ehren der Sieger in berühmten Spielen niedergerissen, um sie durch die Oeffnung ihren Einzug halten zu lassen, 63, 29. Mauerbrecher» ihre Wirkung geschwächt oder unkrästig gemacht, 68, 4. Ein Maulesel bringt Junge zur Welt, 64,1. Mauren unter Claudius besiegt, 60, 9. durchstechen sich die Ohren, 78, 11. dem MacrinuS zu Hülfe geschickt, 78, 32. Mauritanien, 49, 43. in Tingitana und Cäsariensi» getheilt, unter Claudius, erhält römische Ritter zu Statthaltern, 60, 9. Mausoleum, der Cäsar» Casus und Lucius, 78, 24. (Lucius) MarimuS, Feldherr DomitianS, gegen Antonius in Deutschland, 67, 11. hält sich tapfer in Dacien unter Trajavus, 68, 9. in Parthien, stirbt daselbst, 68, 30. MarimuS QuinctiliuS, 72, 5. MarimuS Vtnder, siehe Viuder. Mazäer, Völkerschaft in Dalmatien, von Germanicu« bezwungen, 55, 32. 2000 Historisches Register. MebarsapeS, König in Adiabene unter Trajanus, 88, 22. MedeuS erhält von AugustuS einen Theil des cappadocischsn Pon- tuS, 51, 2. Mediolanum, 73, 11. Meer, rothes, woher so benannt, 68, 28. Megalensische Spiele, unter Cäsar von VolkSädilen besorgt, 43,48. Megara, von CalenuS erobert, 42, 14. Meilenstein, siehe Milliarium Aureum, MilliariuS. Melitene, Bezirk von Cappadocien, später Kleinarmenien, 71, 9. MemmiuS ReguluS tritt seine Gemahlin an^Caligula ab, 59, 12. Menapier» eine Völkerschaft in Gallien, nebensdenMorinern, und von Cäsar bezwungen, 39, 44. MenaS, Freigelassener des Sertus PompejuS, hält sich tapfer in Etrurien und Sicilien, 48, 30. läßt die von PompejuS an ihn Abgeordneten umbringen und ergiebt sich,"mit der Motte an Octa- vianuS, 48, 45. wird von ihm zum Ritter gemacht, 48, 45. geht wieder zu PompejuS über, 48, 54. zu Octavianu«, 49, 1. fällt in' einem Treffen gegen die Pannonier, 49, 37. MenecrateS, an MenaS Stelle Befehlshaber der Flotte, fällt in Campanien ein, bleibt aber bald in einer Seeschlacht, 48, 46. MenecrateS, Meister im Citherspiel, bekränzt Nero, 63,1. MenemachuS, 35, 17. MeneniuS, Feldherr, Fr. 46. Mensch ohne Arme, aus Indien, ist sehr kunstfertig, 54, 9. MercuriuS, siehe Hermes. Merder, Völkerschaft in Thracien, 51, 25. Merida oder Augusts Emerita, 53, 28. MesapYgien, alter Name von Calabrien, Fr. 8. Historisches Register. 200t Mesene, stehe Meffene. Mesomedes, der Harfenschläger, läßt dem Caracalla ein Ceno- taphium errichten^ 77, 13. Meso p otami en, 35, 6. 37, 5. hat griechische Colonien, 40, 13. von CraffuS verheert, 40, 12. geht wieder verloren, 40, 13. von TrajanuS erobert, 68, 22. von den Parthern, 75, 9. 78, 26. (SiliuS) Mcssala, stehe SiliuS. (MarcuS ValeriuS) Messala CorvinuS, steht auf der Liste der Geächteten, bleibt aber am Leben, 47, 11. geht zu Brutus und CasstuS über und wird des Letzteren vertrauter Freund, 47, 24. wird von Octavian zum Augur, 49, 16. 38. zum Consul gemacht, 50, 10. 51, 7. 53, 27. Messalina, Gemahlin des Kaisers Claudius, ist eifersüchtig auf Julia, des Kaisers Nichte, bewirkt, daß sie aus der Stadt verbannt wird, und läßt sie umbringen, 60, 3l. ist,Schuld am Tode des ApPiuS SilanuS, 60, 14. begeht die größten Grausamkeiten, 60, 15. verkauft das Bürgerrecht, Aemter, Statthalterschaften, 60, 17. ist selbst höchst unzüchtig und verführt auch Andere zur Unzucht, 60,18. 31. läßt ihrem begünstigten Liebhaber Bildsäulen errichten, 60, 22. 27. vermählt flch mit CajuS SiliuS, wird aber verrathen und hingerichtet, 60, 31. (Valerius) Messalinus, 55, 29. Messana, Stadt in Sicilien, Fr. 124. 125.126. 230. 48, 17. Messene, eine Insel, auf dem Tigris, hat unter TrajanuS einen König AthambiluS, 68,28. (QuintuS) MetelluS, Fr.212. 232. 263. 272. 273. wird Consnl, 37, 49. MetellnS Cäcilius Creticu« besiegt die Creter, Fr. 273. 2002 Historisches Register. (Lucius) MetelluS stirbt als Consul, 35, 4. (Quintus) MetelluS Celcr, Unterfeldherr des Pompejus gegen Mithridates, 36, 37. rettet den Rabirius durch Wegnahme der Fahne auf dem Janiculum, 37, 27. 28. Prätor, 37, 32. befehligt «in Heer gegen Catiliua, 37, 39. widersetzt flch dem ClodiuS bei Bewerbung um das Volkstribunat, 37, 51. desgleichen dem Acker« gesetz deS Cäsar, 38, 7. (QuintuS) Metellus Nepos, des vorigen Bruder, tritt gegen Cicero auf, weil er Bürger hinrichten ließ, 37, 42. trägt auf Zurückberufung des Pompejus an, 37, 43. ist Cicero'S Feind, 39, 6. befördert seine Rückkehr, 39, 8. besiegt in Spanien die Vaccäer, 39, 54. MetelluS NumidicuS, Fr. 223. nöthigt den Zugurtha zu harte» Friedensbedingungen, Fr. 222. Methone, von Agrippa eingenommen, 50,11. MetiuS PompofianuS sollte der Sage nach einmal Kaiser werden, und wird deshalb von DomitianuS hingerichtet, 67,12. MetrophaneS soll dem Mithridates zum Frieden rathen, 36, 28. Metropolts, Stadt in Thessalien, wird von Cäsar eingenommen, 41. 51. MettuS Fufetiu«, Fr. 23. Metulum, Hauptstadt der Japyden, 49, 35. MezentiuS, König der Tyrrhener, Fr. 3. Midaium, Stadt in Phrygien, 49,18. Miethztns. 42, 22. 51. 43, 32. 47, 14. 48, 9. MiletuS, Stadt, 59, 28. Milliartum aureum, 54, 8. MilliariuS, Meilenstein, Fr. 14. Historisches Register. 2003 Milo, Volkstribun, betreibt hauptsächlich Cicero'- Zurückberufuug, 39, 6. 8. wird von ClodiuS angeklagt, 39, 18. tödtet ClodiuS auf der Heerstraße, 4V, 40. bewirbt sich um das Consulat, 40, 49. wird verbannt, 40, 53. 54 wird von Cäsar nicht zurückberufen, 41, 36. fängt in Campanien Unruhen an, bei denen er aber um« kommt, 42, 22—25. Minerva'- Bildsäule auf dem Capitolium errichtet, 38,17. vom Sturm zerstört, 45, 17. MinuciuS RufuS, Reiterobrist, Fr. 158. MtnuciuS, Feldherr, unglücklich gegen die Aequer, Fr. 51. (QuintuS) MinuciuS, Volkstribun, 37, 43. Misenum, 48, 36. 50. 68, 28. 73, 16. MithraS, Nationalgottheit der Perser, 63, 5. MithridateS, König von PontuS, läßt in einer Nacht alle Römer in Asien ermorden, Fr. 244. schließt Frieden mit den Römern, Fr. 258—261. Sylla setzt ihn auch in gutes Vernehmen mit Ariobarzanes und NicomedeS, Fr. 261. MithridateS Verbindet sich mit Tigranes und ArsaceS gegen die Römer, 35, 1. schlägt sich mit ihnen: mit Fabius, 35, 9. mit Triarius, 35,10. wird verwundet, 35,9. 13. nimmt mehrere Landschaften weg, 35, 9. schlägt TriariuS, 35, 12. erobert fast sein ganze- Reich wieder, 35, 17. Pompejus zieht gegen ihn, 36, 28. wird besiegt und stiehl, 35, 30—32. wird von seinem Schwiegersohn TigraneS nicht aufgenommen, geht nach ColchiS und dem BvSpvruS, läßt seinen Sohn MachareS umbringen, 35, 33. will durch Scythien gehen und in Italien einfallen, 37, 11. wird von den Seinigen verlassen und begeht Grausamkeiten, 37, 11. 12. Auf dem Zuge gegen seinen Sohn PharnaceS wird er von Allen Dio CasstuS. 16i Bdchn. 2 2004 Historisches Register. verlassen, stößt sich das Schwert in die Brust und wird von den Soldaten seine- Sohne- vollends niedergemacht, 37, 10. 11. 13. 14. MithridateS, der Meder, Schwiegersohn des TigraneS, unterstützt den Pontischen MithridateS gegen die Römer, 38, 14. wird von Orode» au- Medien vertrieben, 39, 56. MithridateS von PergamuS nimmt für Cäsar Pelusium ein, 42, 41. bekommt von Cäsar Galatien und den Bo-poruS, 42, 48. MithridateS von Commagene wird von AugustuS zum Könige gemacht, 54, 9. MithridateS von Jberien, unter TiberiuS in Fesseln nach Rom gebracht, wird von Claudius entlassen, 60, 8. MithridateS, wahrscheinlich des Vorigen Sohn, wird König in Armenien, 60, 8. MithridateS, Nachkomme de- berühmten M., wird König vom Bosporus unter Claudius, 60, 8. Mnester, Pantomime unter Claudius, Günstling der Meffalina, 60, 22. 28. wird hingerichtet, 60, 31. Mona, Insel (Anglesea), 62, 7. MonäseS, ein Großer in Parthien, geht zu AntoniuS über, 49, 23. kehrt aber bald nach Persien zurück, 49, 24. MonäseS, König von Parthien unter Nero, 62, 20. Monarchte, mit der Republik verglichen, 52, 2—13. Monate, 67, 4. MondSfinsterniß, 60, 26. Monobazus, König von Adiabeue uuter Nero, 62, 20. (Julius) MontanuS, ein Senator, bläut den Nero einmal bei Historisches Register. 2005 einer seiner nächtlichen Streifereien tüchtig durch, büßt aber mit dem Leben dafür, 61, S. Mariner, eine gallische Völkerschaft, 39, 50. 51. von Cäsar besiegt, 39, 44. empören sich, werden aber von Casus CarinaS bezwungen, 51, 21. Mucia, de« SertuS PompejuS Mutter, 48, 16. Mucianus betreibt VespasianS Ernennung zum Kaiser, 65,8. zieht mit dem Heere voraus und trifft mit DomitianuS die nöthigen Vorkehrungen, 65, 9—22. spielt daselbst vor der Ankunft des VespafianuS eine große Rolle, 66, 2. MuciuS, Fr. 250. 45, 32. ' Münzen, eigene, sollen nach des Mäcena» Vorschlag in den Provinzen nicht geschlagen werden, 52, 30. die ehernen Münzen des Caligula läßt der Senat einschmelzen, 60, 22. VitelliuS läßt diejenigen seiner Vorgänger Nero, Galba, Otho im KurS, 65,6. Verblichene schmelzt TrajanuS ein, 68,15. die Münzen mit GetaS Kopfe vernichtet Caracalla, 77, 12. Unter ihm waren die Goldmünzen vergoldetes Blei, und die Silbermünzen versilbertes Erz, 77,14. Privatleute dürfen keine Münzen mit ihrem Bildnisse prägen, 79,4. des Brutus Münzen führen den Hut mit zwei Dolchen, 47, 25. Cäsar- Münzen, kster xstrisk, 44, 4. die Goldmünze, nurkus, betrug fünfund zwanzig Drachmen in Silber. Durch einen silberfarbigen Staubregen erhielten einmal eherne Münzen da- Aussehen von silbernen, aber nur auf kurze Zeit, 75, 4. (Lucius) MummiuS, Censor mit Scipio AsricanuS dem jüngeren, Fr. 206. (Lucius) MuuatinS Planen-, Statthalter in einem Theile de» 5* 2006 Historisches Register. jenseitigen Galliens, wird von Brutus und Octavianus gegen AntoniuS aufgeboten, 46, 29. verläßt den Brutus, 46, 53. wird Consul, 47, 16. AntoniuS überträgt ihm Asien, 48, 24. sagt sich von AntoniuS los, 50, 3. Censor unter August, 54, 1. (TituS) MunatiuS Plancus, Volkstribun wiegelt das Volk nach ClodiuS Ermordung auf, 40, 49. und wird von Cicero angeklagt, 40, 55. 46, 38. Munda, Stadt in Spanien, von Cäsar erobert, 43, 39. Muränen, von den Römern in Teichen mit viele» Kosten unterhalten, werden von VediuS Pollio mit Mcnschenffeisch gefüttert, 54, 23. (LiciniuS) Muren«, 37, 39. verschwört sich gegenAugustuS, 54, 3. (AntoniuS) Muss rettet den AugustuS in einer gefährlichen Krankheit durch Hydropathik, 53, 30. Museum Nletandrium, von Caracalla niedergerissen, 77, 23. MusoniuS RufuS, Philosoph, unter Nero aus der Stadt verwiesen, 62, 27. darf unter VespasianuS in der Stadt bleiben, 66, 13. Mutina, jetzt Modena, Stadt in Oberitalien, 46, 30. 49, 14. Mylä, Stadt in Sicilien, 48, 17. 49, 7. Mylassa, Stadt in Carlen, 48, 26. Myndu«, Stadt in Carien, 47, 33. MyruS, Stadt in Lycien, ergibt sich an Brutus, 47, 34. Mysien, seine Lage, 51, 22. spätere, 51, 27. wird von MarcuS I CraffuS unter August bezwungen, 51, 23. 25. 27. N. Rabatäer, Völkerschaft, 48, 41. 49, 32. Historisches Register. 2007 Namen, bei Adoptirten abgeändert, 48, 47. bei den Römern kommen zuweilen zwei Vornamen vor, 60, 14. Naphtha, Erdharz, Fr. 173. NarbonensischeS Gallien, Fr. 152. 37,^47. wird erst kaiserliche Provinz, bald darauf aber vertauscht, 53, 12. 54, 4. NarctssuS, Freigelassener des Kaisers Claudius, verleitet diesen zu Grausamkeiten, 60,14. Geheimschreiber der Kaisers, 60, 31. ist unverschämt, 60, 33. wird hingerichtet und hinterläßt zwanzig Millionen, 60, 34. Narcissur, Nero'S Freigelassener, unter Galba hingerichtet, 64, 3. NarcissuS, Fechtmeister, erdrosselt den Kaiser CommoduS im Bad, 72. 22. wird auf des Kaisers SeveruS Befehl den wilden Thieren vorgeworfen, 73, 16. Naristen gehen zu den Römern über und erhalten Ländereien, 71, 21. Nashorn bei AugustuS' Triumph überAegypten zuerst in Rom gesehen. 51, 22. Naumachie, oder Seeschlacht, auf einem auf dem Lande gegrabenen Becken von Cäsar gegeben, 42, 23. von AugustuS, 55, 10. von Claudius, 60, 33. von Nero, 61, S. von TituS, 66, 25. von DomitianuS, 67, 8. NeaPoliS, Stadt in Macedonien an der See, der InselThasoS gegenüber, 47, 35. Neapolitaner treten Capreä an AugustuS ab, 52, 43. NemesianuS, stehe AureliuS. Neptuns Säulengang von Agrippa erbaut, 53, 27. Neptun- Tempel abgebrannt, 66, 24. Nero, Sohn de-DomitiusAhenobarbus vonAgripp-ina, von Kaiser 2008 Historisches Register. Claudius aboptirt und zum Schwiegersohn angenommen, 60, 32. unterdrückt das Testament des Claudius, 61,1. läßt stch anfangs von Agrippiua, dann von BurruS und Seneca leiten, 61, 3. 4. wird Verschwender — Tyrann, 61, 5. läßt den BritannicuS vergiften, 61, 7. wird bei einer Nachtschwärmerei durchgebläut, 61, S. soll mit der Mutter Blutschande getrieben haben, 61, 11. läßt sie ermorden und frevelt noch gegen ihre Leiche, 61, 12—14. gibt vor, fie habe sichjsselbst entleibt, und man stellt ein Dankfest an, daß er die ihm von ihr drohende Gefahr überstanden, 61, 17. 18. Spottschriften, 61, 16. läßt seine Muhme Dvmitia vergiften, 61, 17. hält ein Bartfest, bei dem er als Sänger und Citherspieler auftritt, 61, 19. 20. entläßt seine Gemahlin Octavta und läßt sie hinrichten, desgleichen BurruS, 62, 13. erscheint als Wettfahrer und gibt in einem gegrabenen Becken ein Fest, bei dem das weibliche Geschlecht Jedermann preis gegeben wird, 62, 15. Brand in Rom, von ihm angestiftet, 62,16. 17. steht selbst zu und besingt den Brand von Troja, erpreßt ungeheure Geldsummen, 62,18. Hinrichtungen jaus' Veranlassung der Pisonischen Verschwörung, 62, 24—27. tödtet jseine schwangere Gemahlin durch einen Fußtritt, 82, 27. wünscht sie zurück, nimmt eine ihr gleichende Weibsperson zu sich, vermählt stch förmlich mit dem Freigelassenen SporuS, obgleich er selbst schon als Weib an PythagoraS vermählt war, 62, 28. will eine römische Geschichte in Versen schreiben, 62, 29. gibt dem TerioateS das Diadem von Armenien mit großer Pracht, 63, 1—5. zeigt sich diesem als Citherspieler und Wettfahrer, 63,6. unternimmt mit großem Gefolge eine Kunstreise nach Griechenland und macht sich in höchstem Grade lächerlich, 63,9. 10. läßt dort viele Menschen hinrichten und ihr Vermögen «in- Historisches Register. 2009 ziehen, 63, 11. will den Isthmus von Korinth durchstechen lasten, was er jedoch nicht ausführt, 63, 18. kehrt auf die Nachricht von einer Verschwörung nach Rom zurück und hält einen glänzenden Einzug, 63, 19. 20. tritt auch hier wieder als Citherspieler und Wettfahrer auf, 63, 21. Vinder empört stch und schlägt Galba als Kaiser vor. der auch vom Heere als solcher ausgerufen wird. RufuS und RubriuS GalluS gehen zu den Empörern über, 63, 22—26. Nero flieht auf das Landhaus eines Freigelassenen, 63, 28. wird aufgesucht, stürzt sich in sein Schwert, und wird von Epaphro- ditllS «ollenS umgebracht. Mir ihm stirbt das HauS des AcneaS und AugustuS aus, 63, 29. Neronia, stehe Artarata. Nerva, siehe Licinius. Nerva stirbt aus Aerger über Tiber'S Benehmen eines freiwilligen Hungertodes, 51, 22. Nerva, der Kaiser, kommt, obgleich ihm unter DomitianuS die künftige Kaiserwürde vorausgesagt worden, mit dem Leben davon, 67, 15. wird als Kaiser anerkannt, 68, 1. ist aber an Geist und Leib sehr geschwächt, verbietet alle Anklagen wegen Majestätsverbrechen und wegen des Christenthums, 68, 1. setzt sein eigener Vermögen zu, 68, 2. adoptirt den Trajanus, um stch mehr zu sichern und stirbt bald darauf, 68, 3. 4. Nervier, von Cäsar bezwungen, 39, 3. empören sich, 40, 7. Neucarthago, Fr. 171. Neujahrsgeschenke, dem AugustuS gemacht, 54, 35. Nicäa, Hauptstadt Bithyniens, 62, 26. See in der Nähe, 74, 6. mit trefflichen Meeräschen, 75, 15. Tempel der Göttin Rom daselbst errichtet, 51,20. Schlacht zwischen SeveruS und Niger, 74, 6. 2010 Historisches Register. Nicephorion, Stadt in OSroene, eine griechische Kolonie, 40, 13. NicomedeS, König von Bithynien, fällt dem MithridateS in daS Land, Fr. 242. 258. 261. NicomedeS hatte den Cäsar zum Lustknaben, 43, 20. Nicomedien, 77, 18. ein Tempel des AugustuS daselbst, 51, 20. Nicopolis, eine von PompejuS angelegte Stadt in Kleinarmenien, wird Cappadocien einverleibt, 36, 33. Nicopolis, eine Stadt in der Nähe von Actium, von AugustuS nach der Schlacht bei Actium erbaut, 51,1. Nicopolis, von AugustuS in Aegypten angelegt, 51, 18. lCajuS PeScenniuS) Niger, unter CommoduS Feldherr gegen die Sarmaten, 72, 8. unter ihm und Pertinar Statthalter in Syrien, 73,13. ist ein beschränkter Kopf, 74, 6. das Volk in Rom wünscht ihn zum Kaiser zu haben, 73, 13. besetzt gegen SeveruS Byzan- tium, 74, 6. verliert eine Schlacht bei JffuS und wird aus der Flucht niedergemacht, 74, 8. NigidiuS FiguluS sagt Augusts Größe voraus, 45, 1. NigrinuS, «onHadrian hingerichtet, 69, 2. Nil hat nach Dio seine Quellen auf dem Atlasgebirge, 75, 13. Nilpferd, bei August'S Triumph über Aegypten vorgeblich zuerst in Rom gesehen, 51, 22. (Casus) NinniuS QuadratuS, Volkstribun, wirkt für Cicero gegen Clodius, 38, 14. 16. befördert Cicero'« Rückkunft, 38, 30. widersetzt sich mit Cato den Absichten des PompejuS und des CraffuS» 39, 35. NinuS, Stadt in Assyrien, 68, 2 6. Nisibi», Stadt in Mesopotamien, von TigraneS den Parthirn abgenommen, 35,6. von LuculluS erobert, 35,7. von Trajan, Historisches Register. 2011 68, 23. von LufiuS erobert, 68, 30. von den Osroenern unter SeptimiuS SeveruS belagert, 75,1. Gränzstadt des römischen Reichs, verursacht vielen Aufwand, 75, 3. gehört noch zu Dio'S Zeiten den Römern, 35, 7. Nola, Fr. 163. 56, 31. NoniuS BalbuS, Volkstribun, unterstützt den OctavianuS im Senat gegen den Anhang de» Antonius, 50, 2. NoniuS GalluS besiegt die Treuerer und Celten unter August, 51,20. (Casus) Norbanu», Unterfeldherr der Triumvirn gegen Brutus und CasstuS, 47, 35. 36. NorbanuS, Leibwachenobrist unter DomitianuS, 67, 15. Noriker fallen unter Augustus in Jstrien ein, 54, 20. Noviodunum, Stadt in Gallien, enthielt Cäsars Krieg-kasse und Magazine, welche von den Aeduern geplündert und in Brand gesteckt werden, 40, 38. Nuceriner, werden von Hannibal mißhandelt, Fr. 161. Numa, Fr. 19. soll am Tage der Erbauung RomS zur Welt gekommen seyn, seine Regierung, Fr. 20. Numantiner. Fr. 207. 209. Numerianus, ein Grammatiker oder vielmehr Schulmeister, sammelt in dem Kriege SeverS gegen Albinus ein kleines Corps, mit dem er Jenem gute Dienste leistet, verbittet sich all« Belohnung bis auf einen kleinen Gehalt, mit dem er seine Tage ruhig auf dem Lande beschließt, 75, 5. Numerius Atticus will AugustuS Geist in den Himmel aufsteige» gesehen haben, 56, 46. Numiciu», Fluß in Latium, Fr. 3. Numidien wird mit Afrika senatorische Provinz, 53, 12. 2012 Historisches Register. Nundinä auf eine» anderwTag verlegt, wen» sie mit gewissen Festtagen zusammenfielen, 60, 24. Nursia, Stadt im Sabinerland, von Octavian erobert und geplündert, 48, 13. Nymphäum, Ort bei Apollonia, hat ein merkwürdiges Orakel, 41, 45. Nymphidius, ein Freigelassener des Galba, will fich gleiche Will- kühr, wie Nero'S Freigelassene erlauben, wird aber zur Strafe gezogen, 64, 2. O. ' Obelisk, 63, 21. Octavia, des AugustuS Schwester, 47, 7. des MarcelluS, später des Antonius Gemahlin, 48, 31. versöhnt ihren Gemahl mit Brutus, 48, 54. wird von Antonius in Italien zurückgelassen, ebendas. bringt ihrem Gemahl Soldaten und Geschenke in den Orient, muß aber umkehren, 49, 33. Antonius scheidet fich von ihr, 50, 3. Ihre Töchter erhalten einen Theil des väterlichen Vermögens, 51, 15. AugustuS hält ihr eine Leichenrede, 54, 32. Octavia, Tochter des Claudius, zuerst mit Julius SilanuS, 60, 31. dann mit Nero vermählt, 60, 32. steht sich den Buhlinne« nachgesetzt und wird endlich von Nero umgebracht, 62,13. OctavianuS, stehe August. OctaviuS, Hauptgegner des TiberiuS GracchuS, Fr. 214. (MarcuS) OctaviuS, Feldherr desPompejuS, 42, 11. vertreibt den Dolabella aus Dalmatien und nimmt Casus Antonius gefangen, 41, 40. verbindet sich nach der Schlacht bei Pharsalus mit Cato, nimmt Salona ein und setzt nach Corcyra über, 42, 11. Historisches Register. 2013 (CnejuS) OctaviuS zu Sulla'S Zeiten Consul mit Cinna ist ein milder Charakter und ein guter Redner, aber als Staatsmann zu unenergisch, Fr. 246. 247. (Lucius) OctaviuS, Unterfeldherr des Pompejus, 38, 1. in Creta, 36, 1. 2. (Cajus) OctaviuS, des Augustus Vater, 45, 1. (Marcus) OctaviuS, Legat des Dolabella in Syrien, entleibt sich mit diesem, 47, 30. October, unter Domitian DomitianuS genannt, 67, 4. Odeum, unter TrajanuS erbaut von Apollodorus, 69, 4. Odrysen, Völkerschaft in Thracien, verehren den Bacchus, 51, 25. Oenotrien hieß die Landschaft, in welcher später Rom erbaut wurde, Fr. 5/ (QuintuS Lucretius) Ofella, Fr. 265. Consul 673, wird vonSylla auf dem Forum umgebracht, 37, 10. Ohren, durchstochen in Mauritanien, 78, 11. Olympia, Stadt. Sulla plündert seine Tempel, Fr. 251. Opiker, alter Name der Campanier, 38, 37. (MarcuS) Oppius will aus Armuth die Stelle eines AedilS niederlegen, wird aber vom Volke unterstützt und nach seinem Tode auf öffentliche Kosten prächtig zur Erde bestattet, 48, 53. OpPtuS Statianus, Nnterfeldherr der AntoniuS gegen die Parther, 49, 25. Orakel des Aesculap, 77, 15. des AmphilochuS zu MalluS, 72, 7. des Apollo zu Delphi, von Nero zerstört, 63, 14. des Apollo GrannuS, 77, 15. in Apollonia (Nymphäum), 41, 45. des Hercules in Cadir, 77, 20. des Jupiter BeluS in Apamea, 78, 8. 40. des SerapiS, 77, 15. 2014 Historisches Register. sCornelia) Oresttlla, Caligula's Gemahlin, SS, 3. wird verbannt, 89 , 8 . Orgetorir veranlaßt die Helvetier zur Auswanderung, 38, 31. Oricum, Stadt in EpiruS, 41, 45. vonCnejusPomPejuS belagert, 42, 12. OrnodapaNteS, persischer Satrap, 40, 30. OrodeS, König der Parther zu Craffus Zeiten, 39, 56. 40, 14. schickt Gesandte an Craffus» dann seinen Surena gegen ihn und geht selbst »ach Armenien, um den ArtabazeS von der Vereinigung mit den Römern abzuhalten, 40,16. Ornodapantes empört sich gegen ihn, 40, 30. will sich nicht mit PompejuS einlassen, 4l, SS. Brutus und Casfius wollen Unterstützung von ihm, 48, 24. Er wird von Phraates umgebracht, 49, 23. Oröses, König der Albqner, überfällt den PompejuS in den Winterquartieren, wird aber zurückgeschlagen, 36, 37. wird von Pom- pejus aufgesucht und besiegt, 37, 4. OsaceS befehligt die Parther nach Craffus Befieguvg, dringt in Syrien ein, wird aber in einem Hinterhalte niedergemacht, 40, 28. Osiris, 50, 25. Osroener, von SeveruS bekriegt, 75, 1. Caracalla nimmt ihrem König AugaruS das Land, 77,12. OSroes, König der Parther, bittet TrajanuS um Frieden, 68, 16. 22. Ostia erhält von Kaiser Claudius einen Hafen, 60, 11. (MarcuS SalviuS) Otho, Kaiser, nahm früher an Nero'S Ausschweifungen Theil, erhält von diesem Sabina zur Gcenahlin und hat sie mit ihm gemeinschaftlich, 61, 11. vermag später die Leibwache, ihn zum Kaiser auszurufen, 64, 5. sucht sich beliebt zu Historisches Register. 2019 machen, erlaubt aber der Leibwache Ausschweifungen, 64, 7—9. will den Vitcllius als Mitregenten anerkennen, läßt eine Schlacht bei Eremona liefern, die unglücklich für ihn ausfällt, 64,16. räth den Legionen in Rom, sich dem Sieger zu unterwerfen, und stürzt stch in sein Schwert, 64, 15. P- Pachten, Hadrian verbietet den Senatoren das Pachten von Ge- fällen, 69,16. Pächter öffentlicher Einkünfte erlauben stch Bedrückungen in Asien, Werden aber von RutiliuS eingeschränkt, Fr. 236. und von Cäsar, der ihnen jedoch auch einmal den dritten Theil des Pachtgeldes erläßt, 38, 7. PacoruS, OrodeS Sohn, König von Parthien, fällt in Syrien ein, wird aber von CasstuS geschlagen, 40, 28—30. 48, 24. PacoruS, König von Parthien zur Zeit des Marcus AntoniuS, 48, 24. erobert Syrien, 48, 26. 49, 19. bleibt in einem Treffen gegen VentidiuS, 49, 20. (SertuS) PacuviuS, Volkstribun, devovirt sich für August, 53, 20. Päonien mit Pannonien verwechselt, 49, 36. (PubliuS) PätuS wird der Bestechung beschuldigt, 38, 27. PätuS Cäcina, 60, 16. PätuS Thrasea, freimüthiger Senator unterNero, 61,15. wird bei Gelegenheit der Pisontschen Verschwörung umgebracht, 62, 26. PätuS BalerianuS, 79, 4. Palästina, 37, 15. 39, 56. wird von den Parthern in Besitz genommen, 48, 41. AntoniuS schenkt einige Theile seinen und der 2016 Historisches Register. Cleopatra Kindern, 49, 32. LufiuS QuintuS, Statthalter unter Trojan, 63, 32. wird von SeveruS besucht, 75, 13. Palatinische Spiele, s. Augustalien und Spiele. Palilienfest, RomS Crbauungstag, 43, 42. 45, K. Palla, deren Sohnesliebe, 47, 24. Pallas, Freigelassener des Claudius, 60, 31. ist menschenfreundlich, 60, 31. 62, 14. ist AgrippinenS Liebhaber, 61, 3. wird von Seneca losgebeten, 61, 11. wird hingerichtet, 62,14. hinterläßt sechszehen Millionen, ebendas. Palma, Statthalter in Syrien, erobert einen Theil von Arabien, 68, 14. TrajanuS läßt ihm eine Bildsäule setzen, 68, 16. Er wird von Hadrian hingerichtet, 69, 2. PammeneS, Citherspieler, 63, 8. Pamphylien wird senatorische Provinz, 53,12. unter Claudius wird ihm Lycien einverleibt, 60,17. unter Hadrian bekommt es der Senat statt Bithyniens, 69,14. Panares, Kreter, von Metellus gefangen genommen, 36, 2. Pandatarta, Insel, jetzt Santa Maria, 55, 10. Pandion, Leibkutscher Caracalla's, wird von diesem dem Senat empfohlen, 77, 13. Pangäisches Gebirge in Macedonien, 47, 35. Pangäum, 47, 40. Panhellenium, dem Kaiser Hadrian zu Ehren errichtet, 69,16. Pannonien, mit Päonien verwechselt (stehe dieses) an der Donau, gränzt auf der einen Seite an Noricum, auf der andern an europäisch Mysten, 49, 36. Grund der Benennung, Nationalcharakter, Lebensart, ebendaselbst, wird von August unterworfen, 49, 37. Triumph über dasselbe, 51, 81. Es empört sich, und macht einen 2017 Historisches Register. Einfall in Jstrien, 84, 20. 24. nach Agrippa werden die Pannonier von TiberiuS besiegt, 54, 31. 55,2. von Baton angeführt, von SilvanuS besiegt, 55, 28. 34. (CajuS Vibius) Pansa, Consul, 711., 45, 17. 46, 33. 36. wird von den Soldaten als Imperator begrüßt, 46, 38. stirbt an seinen Wunde» im Treffen bei Mutina, 46, 37—39. Pantheon, von Agrippa ausgebaut, 53, 27. brennt unter TituS ab, 66, 24. Paphlagonien, Fr. 258. 259. hatte zu August'S Zeiten einen König PhiladelphuS, 50, 13. Paphos, Znsel, erleidet Verluste durch ein Erdbeben, wird von August unterstützt und darf den Namen Augusta führen, 54, 23. PaPiaLer, siehe PapischeS Gesetz. PapianuS, 77, 3. Papinianus, Leibwachenobristunter SeptimiuS SeveruS, 76,10. 15. wird von Caracalla hingerichtet, 77,1. PapiriuS, Fr. 80. 86. 87. (CajuS) PapiriuS, Fr. 143. (DionvstuS) PapiriuS, Getreideaufseher unter Commodus bringt den Pöbel gegen Cleander auf, 72,13. wird von Commodu» hingerichtet, 72, 14. PapischeS Gesetz duldet keine Fremden in.Rom, 37, S. PapischpoppäischeS Gesetz soll die Heirathen befördern, 56, 10. Parätonium, Stadt und Hafen in Afrika, von Cornelius GalluS eingenommen und gegen Antonios vertheidigt, 51, 9.10. Paris, Tänzer, unter Nero hingerichtet, weil der Kaiser Nichts bei ihm lernte, 63,18. 2018 Historisches Register. Paris, Schauspieler, auf öffentlichem Markte auf Befehl des DomitianuS umgebracht, weil er mit Domitia in vertrautem Umgang gestanden sei» sollte, 67, 3. Parthamasiris, des PacoruS Sohn und des OSroeS Bruder. Dieser wünscht, daß Trajan denselben zum Könige in Armenien mache, 68,17. Trasanus aber erobert das ganze Land, 68,18. Parthamafiris erscheint persönlich, erhält aber fein Reich nicht wieder, 68, 19. 10. ParthamaSpateS, von TrajanuS den Parthern zum Könige gegeben, 68, 30. diese aber wollen ihn nicht, da sie sich in ihrem Wahlrechte gekränkt sehen, 68, 33. Parthenia, Mutterkcaut, Fr. 253. PartheniuS, Kämmerer DomitianS, und Haupt der Verschwörung wider ihn, 67, 15. 17. Parther, 37, 5—7. schon unter den persischen Königen eine eigene Völkerschaft, werden unter ArsaceS von Wichtigkeit, konnte» von den Römern nicht unterjocht werden, 40, 14. Ihre Waffen und Art der Kriegsführung, 40, 15. verstehen sich nicht auf'S Belagern, 40, 29. Kleidung ihrer Könige, 36, 35. Diese nennen sich Könige der Könige, 37, 6. Krieg mit Caracalla, 78, 3. Parthiner in Jllyrien, 41, 49. 42, 10. empören sich, 48, 41. PaSquiIle, siehe Schmachschriften. Patara, Stadt in Lycie», ergibt sich an Brutus, 47, 34. Patavium, Vaterstadt des Thrasea, 62, 26. Paternus, siehe TarruleniuS. Paträ, 42, 13. 50, 9. Patricier, ihre Zahl vermehrt von Cäsar, 43, 47. von August, 49, 43. 52, 42. Historisches Register. 2019 PatrobiuS, Freigelassener des Nero, gibt dem TeridateS zu Ehren in Puteoli «in Gladioterenspiel, 63, 3. wird unter Galba hingerichtet, 64, 3. Paulina, Seneca'S Gemahlin, 61, 10. läßt sich mit ihrem Gatten die Adern öffnen, 62, 25. , PaulinuS SuetoniuS verheert unter Claudius das Land der Mauren, 60, S. unter Nero Feldherr in Britannien, erobert die Insel Mona (Anglesea). Indessen empört sich ganz Britannien unter Anführung der Königin Bunduica; er eilt zurück und besiegt sie, 62, 2—12. Paultscher Säulengang, 49, 42. brennt ab, 54, 24. Paulus, Consul, gegen Hannibal, Fr. 159. (Lucius) Paulus, 47, 6. . (Julius) Paulus, (msloäious), 77, 10. Pausilypum, ein Landhaus zwischen Neapel und Puteoli wird dem AugustuS von Vedius Pollio im Testament vermacht, 54, 23. Pari, Inseln ParvS und AntiparoS im Ionischen Meer bei Corfu, 50, 12. PedtscheS Gesetz, die Mörder Cäsars sür vogelfrei zu erklären, 46, 48. (QuintuS) PediuS, Unterfeldherr OctavianS gegen den jünger» Pompejus, 43, 31. darf einen Triumph hakten, 43, 42. wird Consul mit ihm, 46, 46. und stirbt als solcher, 47, 15. Pedo, römischer Consul, kommt unter TrajanuS bei einem Erdbeben in Antiochia um das Lebe», 58, 25. Peloponnes, 50,12. Durchgrabungder pelopoimesischenLandenge, 44, 5. Dio Lasst»?. 1SS Bdchn, 6 2020 Historisches Register. PeloruS, Fluß im asiatischen Jberien, 37, 2. Pelusium, Stadt und Hafen in Aegypten, 39, 58. von August in Besitz genommen, 51, 9. Perennis, Leibwachenobrist unter CommoduS, wird von den Soldaten niedergemacht. 72, 9. PergamuS besitzt einen Tempel August'S, 51, 20. MacrinuS entzieht ihm die von Caracalla zugestandenen Vortheile, 78, 20. Perinthier, 74, 14. PeriodonikeS hieß derjenige, welcher in allen vier Volksspielen Griechenland- den Preis davontrug, 63, 8. Perpenna, früher Censor, überlebte alle Senatoren unter seinem Censoramte, 41, 14. Perser, 80, 3. PerseuS kriegt unglücklich gegen die Römer, Fr. 191. 192. flüchtet nach Samothrace, Fr. 193. wird gefangen genommen, aber von Paulus AemiliuS edel behandelt, Fr. 194. 1L5. (PubliuS HelviuS) Pertinar, Kaiser, 72, 4. aus Alba Pompeja in Ligurien gebürtig, 73, 2. 3. verrichtet tapfere Thaten gegen die Celten unter Marcus Aurelius, 71, 3. Consul suffectuS, 71, 22. hilft die Empörung in Britannien dämpfen, 73, 4. regiert löblich, 73, 5. Ursachen der Unzufriedenheit der Höflinge und der Soldaten mit ihm. Der Leibwachenobrist LätuS will den Falco zum Kaiser erheben. Als dies mißlang, ließ er viele von der Leibwache niedermachen, als ob es auf Befehl des Kaisers geschähe, die Uebrigen stürzen in den Palast und stoßen diesen nieder, 73, 8—10. der Senat erkennt ihm die Ehre eines Gottes zu, 73, 4. 17. Sep- timiuS SeveruS hält ihm ein prächtiges Leichenbegängnis 74, 4 . 5. Sein Lob, 74, 5. Historisches Register. 2021 Pertinar hieß ein Liebling-pferd de- Commodus, 73» 4. Perusia, feste Stadt in Elrurien, wird von OctaviuS eingenommen und geplündert» 48, 14. 15. PeScenniuS Niger, stehe Niger. PessinuS, Stadt in Phrygien, Fr. 175. Pest in Italien, 45, 17. (MarcuS) Petrejus gewinnt eine entscheidende Schlacht gegen Ca- tilina, 37, 40. widersetzt stch dem Ackergesetz de« Cäsar, 38, 3. ist Feldherr des PompejuS in Spanien, 41, 20. wendet stch nach der Schlacht bei Pharsalu« zu Cato, 42, 13. kämpft nebst Labiemi« einmal glücklich gegen Cäsar, 43, 2. stirbt im Zweikampf, 43, 6. (Casus) Petronius, Statthalter inAegypten unterAugustu«, zieht gegen die äthiopische Königin Candace zu Feld, 54, 5. Petronius Secundus, Leibwachenobrist undMitverschworener gegen Domitian, 67, 15. Petronius, 77, 3. Petus, stehe Articulejus. Phaon, Nero'S Freigelassener, in dessen Landhause dieser sich das Leben nimmt, 63, 27. PharaSmaneS, König in Jberien, Mithridates Sohn, unter Tiber, 58, 26. PharaSmaneS, unter Hadrian, verwüstet Medien und bedroht Armenien und Cappadocien 69, 15. Pharnabazu«, König der Jberier unter den Triumvirn, 49,24. PharnaceS, Mithridates des Großen Sohn, sucht seinen Vater heimlich aus dem Wege zu schaffen. Dies wird verrathen; als aber Alles den grausamen Vater verließ, tödtet er ihn und schickt 6 * 2022 Historisches Register. die einbalsamirte Leiche anPompejuS, erhält aber außer dem Titel eines Freundes und Bundesgenossen blos die Herrschaft über den Cimmerischen BoSporuS, 37, 12—14. Cäsar nimmt ihm sein Reich und theilt es zwischen AriobarzaneS, König in Cappadocien und DeiotaruS in Galatlen, 41, 63. Ph. sucht während des Bürgerkriegs den väterlichen Thron wieder zu besteigen, 42, 9. 28. ist auch nicht ohne Erfolg, 42, 45. Er schlägt Cäsars Feldherrn CalvinuS, 42, 46. Indessen empört ssch sein Statthalter Asander im Bosporus. Er eilt hin, die Empörung zu unterdrücken; schnell aber kommt Cäsar mit einem Heere nach Armenien, PharnaceS läßt ihm vergeblich Frieden anbieten, wird geschlagen und stiehl; Asander aber läßt ihn, als er von dem BoSporuS wieder Besitz nehmen will, umbringen, 42, 47. Triumph über ihn, 43, 19. PhasiS, Fluß, 37, 3. PhiladelphuS, König von Paphlagonien, wird von Agrippa genöthigt, OctavianS Partei zu nehmen, 50, 13. PhiliPpi, Stadt in Macedonien. Schlacht daselbst, 47, 35. Kolonie von August in ihr angelegt, 51, 4. Philippus, König von Macedonien, zu PyrrhuS Zeiten, Fr. 102. Philip pus, König von Macedonien, von Flamininus bezwungen, bittet um Frieden Fr. 184. PhiliScuS» der Philosoph, spricht Cicero Muth ein, 38, 18—30. PhilocteteS läßt sich nach der Zerstörung Troja'S in Oenotrien (Italien) nieder, Fr. 5. Philopator, TarcondimotuS' Sohn in Cilicien, wird von August veS Reicher beraubt, 51, 2. Philopömen, ein Freigelassener, hilft seinem geächteten Herr» durch und wird Ritter, 47, 7. Historisches Register. 2023 Philosophen werden von VespasianuS aus Rom vertrieben» 66, 13. auch von DomitianuS, 67, 13. PhiluSctuS, Lucius, 17, 11. Phöbus, von VespafianuS gut abgefertigt, 66, 14. Phöntcten, 37, 15. wird kaiserliche Provinz, 53, 12. P»h önir, Vogel läßt sich einmal unter TiberiuS in Aegypten sehen, 58, 27. PhraateS, Arisace» Sintricus' Sohn» König in Parthien, verbindet sich mit PompejuS wider MithridateS, 36, 28. später mit dem jüngeren Tigranes wider den älteren, 36, 34. 37, 6. mit dem er sich endlich versöhnt, 37, 5. 7. 15. wird von seinen Söhnen umgebracht, 39, 56. PhraateS, des OrodeS Sohn, läßt nicht nur.seinen Bruder, sondern auch seinen Vater umbringen, 49, 23. schlägt OppiuS, den Feldherrn des AntoniuS, 49, 25. beträgt sich ungebührlich gegen AntoniuS, 49, 27. TeridateS empört sich gegen ihn, wird aber besiegt, 51, 28. 53, 33. Sein Sohn kommt als Geißel nach Rom, ebendas. Er sendet dem AngustuS die Fahnen und Gefangenen des ErafsuS zurück, 54, 8. räumt Armenien, 55, 11. PhraateS, auf Bitte der Parther von TiberiuS zu ihrem Könige bestimmt, stirbt auf der Reise, 58, 26. Phylarchen heißen Regenten kleinerer Bezirke, z. B. vonAnthemu- sien, 68, 21. Phyllis, Amme und Erzieherin des Domitian, begräbt ihn heimlich nach seiner Ermordung, 67, 18. Pica, 79, 3. Picener, Fr. 246. 43, 51. 63, 2. Picus, erster König von Italien, Fr. 3. 2024 Historisches Register. PinariuS ScarpuS, 51, 5. PinneS, KönigSsohn in Hllyrieo, Fr. 44, 149. (Cajus) Piso, 35, 22. Consul, widersetzt sich dem Antrage, Pom- pejuS den Krieg gegen die Seeräuber zu übertragen» und kommt in Lebensgefahr, 38, 7. widersetzt sich als Statthalter in Gallien der Werbung für PompejuS, und macht sich dadurch aufs Neue bei dem Volke verhaßt, 36, 20. gibt als Consul ein Gesetz über Aem- terkauf, 36, 21. dar Volk zerbricht ihm die FaSceS und hätte ihn beinahe umgebracht, 36, 22. (Cnejus) Piso verbindet sich mi^Catilina, die Consuln Cotta und TorquatuS umzubringen, wird in Spanien von den Einwohnern umgebracht, 36, 27. (Lucius) Piso. Cäsar nimmt aus Politik seine Tochter zur Gemahlin, 38» 9. bezeigt sich gegen Cicero unfreundschaftlich, 38, 16. (Markus) Piso» Unterfeldherr des PompejuS, wird auf dessen Empfehlung Consul, 37, 44. (Lucius) Piso, 53, 30. besiegt die Besten unter August, 54, 34. (Cnejus) Piso vergiftet den Germaniens, wird aber von Tibericu« dem Senat preisgegeben und entleibt sich, 57, 18. (Lucius) Piso, de« Vorigen Sohn, Statthalter in Africa unter Caligula, 54, 20. (Lucius) Piso, Stadipräfekt unter TiberiuS, 58, äst. (CajuS) Piso wird von Caligula seiner Gattin Orestilla beraubt und zum Lohne dafür verbannt, 59, 8. (Lucius) Piso von Galba auf die Nachricht von Vitelliu- Empörung adoptirt und Cäsar genannt, obgleich nicht aus der Cäsarischen Familie stammend, verliert aber mit Galba zugleich das Leben, 64, 6. Historisches Register. 2025 Placentia, Stadt, jetzt Piacenza, 41, 26. Planasia, Insel bei Corfica, 55, 42. jetzt Piarwsa. Plancina, Gemahlin des Piso, hilft Germaniens und Agrippina mißhandeln, wird aber hingerichtet, 58, 22. Planen-, Statthalter in Asten, 48, 24. geht zu OctavianuS über, 50, 3. Planeten, nach ihnen die Wochentage benannt; ihre Ordnung bet den Alten, 37, 18. Plato, 43, 11. PlautianuS, 46, 46. Leibwachenobrist unter Septimius Severus, läßt die würdigsten Männer hinrichten und bereichert steh, 75, 14. behandeltden Kaiser und die Kaiserin übermüthig, 75,15. vermählt seine Tochter mit Caracalla mit der größten Pracht, 76, 1. der Kaiser erfährt durch seinen sterbenden Bruder Geta seine Schandthaten und sucht ihn einzuschränken, 76, 2. wird von Caracalla t« des SeveruS Zimmer niedergestoßen, 76, 4. Plautilla, PlautianuS Tochter, Caracalla's Gemahlin, 75, 6.14. 77, 1. (AuluS) PlautiuS, Statthalter in Gallien unter Claudius, unternimmt einen Feldzug nach Britannien, 60, 19—21. PlautiuS, 76, 6. 77, 1. PlautuS, 62, 14. Plebejer kämpfen mit den Patriciern, Fr. 33. 35. 36. Bedingungen der UebertrittS, 37, 51. Platina, Trajans Gemahlin, 68, 5. scheint ihm nicht ganz treu gewesen zu sein, 69, 1. Hadrian erweist ihr nach ihrem Tode Ehrenbezeigungen, 69, 10. Polemo, König von Pont«-, unterstützt den Antoniu» in dem Par- 2026 Historisches Register. therkrieg, wird aber gefangen, 49, 25. 33. AntoniuS macht ihn zum König in Kleinarmenien, 49, 44. wird unter August zum römischen Bundesgenossen angenommen, 53, 25. bekommt auch den cimmertschen Bosporus, 54, 24. Polemo, des Vorigen Sohn, erhält seines Vaters Reich Pontus unter Caligula, 59, 12. bekommt aber von Claudius statt de- BoSporu« einen Theil von Cilicien, 60, 8. Pollenius Sebennus, Statthalter in Noricum unter SeptimiuS Severu«, 76, 9. (VetrasiuS) Pollio, Statthalter in Aegypten unter TiberiuS, 58,19. Pollio, Leibwachenobrist unter Claudius, 60, 23. Pollio, Statthalter in Armenien unter Nero, 61, 6. Pollio AfiniuS, siehe AsiniuS. (Claudius) Pollio, 78, 40. 79, 2. Pollur, 37, 8. PolybiuS, Freigelassener des Kaisers Claudius, 60, 29. wird hingerichtet, 60, 31. Pomörium, von Cäsar erweitert, 43, 50. von August, 55, 6. PompejanuS, Feldherr unter MarcuS AureliuS, 71, 3. PompejanuS, der Jüngere, 72, 4. Pompeji, Stadt, unter TituS durch ein Erdbeben verschüttet, 66, 23. PompejopoliS, an der Küste CilicienS, vorher Soli, so genannt, weil PompejuS sie im Seeräuberkriege mit gefangenen Seeräubern bevölkerte, 36, 20. (QuintuS) PompejuS RufuS, Fr. 207. (Quintu«) PompejuS bekriegt die Numantiner, Fr. 209. (CnejuS) Pomp ejuS,'Strabo'S Sohn, nachher der Große genannt, sammelt zu Sulla s Zeiten im Picenerland ein Corps und schlägt Historisches Register. 2027 sich zu diesem, Fr. 264. 271. 273. entzieht dem triumphirende» Metellu» die gefangenen cretischen Großen PanareS und LastheneS, 36, 2. GabiniuS schlägt vor, gegen die Seeräuber einen Feldherrn auf drei Jahre zu wählen, 36, 6. die Senatoren wollen nicht darauf eingehen, 36, 7. PompejuS stellt sich, als wollte er die Ehre von sich ablehnen, 36, 8. 9. GabiniuS fordert ihn auf, den Oberbefehl anzunehmen, 36, 10—12. CatuluS spricht dagegen, PompejuS cber erreicht sein Ziel, 36, 19. und beendigt den Krieg eben so schn ll, als glücklich, 36, 20. ManiliuS schlägt vor, ihm den Oberbssehl gegen MühridateS und TigraneS zu übergeben, 36, 23. Ergewinnt eine Schlacht bei Nachtzeit, 36,28—32. TigraneS wird, aachdem er sich demüthig unterworfen, zum Freund und Bundügenoffen der Römer angenommen, 36, 35. 36. Seinen Sohn kigraneS läßt er gefesselt nach Rom bringen, 36, 36. den Oröse,, König der Albaner, welcher ihn in den Winterquartieren angreit, schlägt er aus dem Feld. Im folgenden Jahr zwingt er die Abaner und die Jberier zum Frieden, 37, 1—7. läßt sich mt PhraateS noch nicht ein, 37, 6. 7.' Krieg gegen Aretas, Königvom steinigten Arabien, 37, 15. kriegt im syrischen Palästina aid erobert Jerusalem, 37, 15. 16. geht noch einmal nach Ponts, kehrt über Kleinasien und Griechenland nach Rom zurück ,und entläßt sein Heer in Brundufium. Er begnügt sich mit dem Zeinamen deS Großen und einem Triumph, 37, 20—23. 49. williändereien für seine Soldaten und Bestätigung aller seiner Verügungen, findet aber heftigen Widerstand, 37, 49. 50. Cäsar säht ihn mit seinem Nebenbuhler CraffuS aus, worauf die drei einBündniß schließen, 37, 55—58. Er unterstützt Cäsar bei seien, Ackergesetz, 38, 5. täuscht den Cicero bei seiner Anklage des 2028 Historisches Register. Clodius, 38, 15. 17. befördert jedoch später seine Zurückberufung, 38, 30. 3S, 6. wofür Cicero vorschlägt, ihn auf fünf Jahre zum Aufseher über daß Getraide zu ernennen, 39, 9. Er begünstigt den vertriebenen König PtolemäuS von Aegypten, 39, 14. nach einem Vorschlag soll er ihn nur von zwei Lictoren begleitet zurückführen, 39, 16. Clodius macht ihn lächerlich, 39, 19. Er vertheilt das Getraide, 39, 24. ES steht mit Verdruß CäsrrS Macht gewachsen, 39, 24—26. Er und CraffuS lassen sich turch einen Jnterrer zu Consuln wählen, 39, 27—31. Cäsar unteistützt diese Bewerbung mit Truppen, 39, 31. PompejuS und Crasiis besetzen die Staatsämter mit ihren Anhängern, lassen Cato nicht zum Prätor wählen, setzen die Erwählung von Curulädtlen durch und lassen durch Volkstribunen vorschlagen, dem PompejuS Spanien, CraffuS Syrien zu gebe» und Cäsar die Statthalterchaft von Gallien auf drei Jahre zu verlängern, 39, 32. 33. Cato und FavoniuS widersetzen sich» müssen aber am Ende einwüigen, 39, 34—36. PompejuS und CraffuS bringen ein Gesetz >egen den LuruS in Vorschlag, nehmen dasselbe aber auf des jortenfiuS Widerspruch zurück» 39, 37. PompejuS weiht das v« ihm erbaute Theater ein, 39, 38. PompejuS schickt blos Legat» in seine Provinz und bleibt in Rom, 39, 39. trägt dem Gabinis» Statthalter von Syrien, auf, den Ptolemäus zurückzuführen, 3,55. und beschützt ihn in Rom, 39, 62. 63. Seine Gemahlin Julii Cäsars Tochter, stirbt und wird auf dem Marsfelde begraben, 39 64. Er lehnt die ihm zugedachte Diktatur ab, 40, 45. 46. und nmmt es blos an, ohne College» Consul zu werden, 40, 50. schlgt vor, dem Cäsar zu erlauben, sich abwesend um das Consula zu bewerben, 40, 51. führt mehrere Gesetze über den Aemterkaujr. s. w. Historisches Register. 202S herbei, 40, 53. verfolgt den Milo und besetzt das Forum mit Soldaten, 40, 54. er bestimmt, daß die Candidaten persönlich sich bewerben,'die vorn Amte getretenen Beamten erst nach fünf Jahren als Statthalter in die Provinzen abgehen sollen, macht aber selbst Ausnahmen, 40, 56. Gegen Cäsar ist er seit Julia'S Tode kälter , geworden, 40, 44. Er verlangt jetzt, daß Cäsar sein Heer entlaste und als Privatmann zurückkehre, 40, 59. fordert die früher ihm überlassene Legion und noch eine zweite» um sie gegen die Parther zu schicken, 40, 65. Cäsar gibt sie, ergänzt aber sein Heer durch Werbung, 40, 66. Als Cäsar über den Rubikon geht, schickt er Gesandte an ihn, zieht sich mit dem Senat nach Campanien zurück, die Schatzkammer und die Weihgeschenke in den Tempeln werden in der Eile zurückgelassen,.41, 5. 6. wirbt in Italien und legt Besatzungen in die Städte, 41, 9. zieht sich nach Brundufium, um sich nach dem Orient überzuschiffen, wo er noch viele Verehrer hatte, 41, 10. 11. Vergleichung zwischen Jetzt und Ehemals, 41, 13. landetuntermehrerenungünstigenVorbedeutungeninDyrrhachium, 41, 14. hält seine Winterquartiere in Theffalonich, wo der Senat seine Sitzungen hält; beschützt die Küsten nicht genug, so daß Cäsar noch im Winter mit einem Theile seines Heeres übersetzt, 41, 43.44. Kampf beiApoüonja, 41,47.verschanztsichinDprrhachium» zieht sich aber von da nach Thessalien, 41, 58. Schlacht bei Phar- säluS, wo er sich nicht als geschickter Feldherr zeigt, 41, 53—62. Nach erlittener Niederlage schifft er nach LeSboS zu seiner Gemahlin Cornelia und seinem Sohne Sertus und von da nach Aeghpten, um dort Unterstützung zu finden, 42, 1—3. und wird umzebracht, 42, 4. 5. und von Cäsar selbst beweint, 42, 8. Hadrian fielt sein verfallenes Grabmahl wieder her, 69,11. 2030 Historisches Register. (CnejuS) PompejuS, des Vorigen Sohn, verbindet sich nach der pharsalifchen Schlacht mit Cato und belagert Oricttm, 42 12. hält fich lange tn Spanien, wird aber endlich von Cäsar bezwungen und verliert auf der Flucht daS Leben, 43, 28—4l>. (ScrtuS) PompejuS, des Großen zweiter Sohn, geht von LeSboS mit dem Vater nach Aegypten, 42, 2. entkommt nach seiner V«- terS Ermordung zu seinem Bruder CnejuS nach Afrika, 42, 5. geht mit ihm »ach Spanien, 43, 30. Nach einer Niederlage bei Corduba flüchtet er zu den Lacetaniern, und rückt mit ihnen «ud andern aus der Schlacht Entkommenen nach Cäsar'S Rückkehr nach Italien in daS BLtische Spanien ein, wo er besonders nach Eäsar'S Eroberung mehrere Städte erobert. Der neue Statthalter LepiduS beredet ihn unter der Bedingung der Zurückgabe seines väterlichen Vermögens zu einem Vergleich, der auch auf Betreibendes AntoniuS in Rom bestätigt wird, 45, 9. 10. der Senat überträgt ihm die Seemacht, 48, 40. OctavianuS verfolgt ihn als Theilnehmer an Cäsar'S Ermordung, obgleich er damals nicht in Rom gewesen war, 46, 48. nimmt ihm den Oberbefehl über die Flotte. Er steht auf der AechtungSliste. sammelt eine eigene Flotte und gibt jedem Geächteten Schutz, 47. 12. 48, 17. nimmt Sicilien in Besttz, 48, 17—19. OctavianuS sucht ihn von AntoniuS abwendig zu machen, 48, 16. SertuS geht »icht darauf einund plündert in Italien viele Städte, 48, 20. Oc!avian«S und AntoniuS beschließen, gemeinschaftlich gegen ihn Krieg zu führen, 48, 29. Er setzt seine Eroberungen fort und bemächtigt fich auch Sardiniens, 48, 30. vergleicht fich bei Misenum mit den Triumvirn, 48, 36—38. OctavianuS will den zu ihm übergegangenen MenaS nicht ausliefern, 48, 45. macht den MemcrateS Historisches Register. 2031 znm Befehlshaber seiner Flotte, der in Camp »nien einfällt, er selbst landet mit einem Theile der Flotte in Italien und kämpft mit verschiedenem Erfolg; Menecrates bleibt in einem Seetreffen, 48, 48. Er selbst wird durch eine» Sieg über OctavianuS so übermüthig, daß er sich für einen Sohn des Neptunus hält, 48, »49. Nach wechselnden Erfolgen verliert er eine entscheidende Schlacht gegen Agrippa, 49,^—1t). flieht mit den Seinigen, 49, 11. und will zu AntoniuS. Unterwegs finden sich so Viele von seinen Leuten bet ihm ein, daß er wieder mit einer Flotte erscheint und sich den Parthern antragen läßt. Er wird in Nicomedien von TitiuS eingeschlossen, flieht landeinwärts», wird angehalten und niedergemacht, 49, 17. 18. (SertuS) Pompejus NepoS war in dem Jahr vor des Vorigen Tode Consul, 49, 18. (SertuS) Pompejus NufuS, imJahr7K7 Consul, 56, 29. Pompejus BithynicuS, Statthalter in Sicilien, von SertuS Pompejus bezwungen, theilt mit diesem die Herrschaft über Sicilien, wird aber später von ihm umgebracht, 48, 18. 19. (CuejuS) Pompejus MagnuS, Schwiegersohn des Kaiser-Claudius, hatte unter Caligula den Beinamen verloren, 60, 5. wird auf Anstiften der Meffalina hingerichtet, 60, 31. Pomponia Rusina, eine Bestalln, wird unter Caracalla lebendig begraben, 77, 16. Pomponius Labeo, früherer Prätor und Statthalter in Mysien, wird unter TibertuS hingerichtet, 58, 24. Pomponius trachtet dem Caligula nach dem Leben, 59, 26. Pomponius, Statthalter in Mysien unter Caracalla, 78, 21. 2032 Historisches Register. PomponiuS SecunduS, Consul unter Caligula, schmeichelt dem Kaiser auf eine merkwürdige Weise, 34, 29. PomposianuS, s. Melius. (Cajus) PomptinuS besiegt die Allobroger, 37, 47. 48. triumphirt über dieselben, 39, 65. Pontifices Marimi, 53, t. gehen nicht in die Provinzen, Fr. 17«. AntoniuS nimmt ihre Ernennung dem Volk und übergibt ste den Priestern, 44, 53. bleiben lebenslänglich im Amt, 49, 15. die Kaiser maßen sich dieses Ämt ausschließlich an, 53,17. Pontinische Sümpfe soll Cäsar austrocknen, 44, 5. TrajanuS läßt sie pflastern und Brücken und Häuser anlegen, 68, 15. PontuS, 35, 8. 37, 5. wird eine senatorische Provinz, 53, 12. unter Hadrian kaiserlich. PopediuS Silo, Legat im Partherkriege unter M. AntoniuS, 48, 41. (Marcus) Popiliu« besiegt den ViriathuS, Fr. 205. (Lucius) Popilius LäuaS ermordet den Cicero, der ihn früher vor Gericht vertheidigt hatte, 47, 11. Poppäa Sabina, aus patricischem Geschlechte, wird von Nero ihrem Gatten RufuS CriSpinuS genommen und Otho gegeben, der ihre Umarmungen mit diesem theilt, 61, 11. PoppäuS SabinuS, Statthalter in Mysien und Macedonien, stirbt, unter Nero eine Seltenheit, eines natürlichen Todes, 58, 25. Porcia, Tochter der M. Cato und Gemahlin des Brutus, weiß um die Verschwörung, ist staridhast, 44, 13. verschlingt eine glühende Kohle und stirbt, 47, 49. Portä Caspiä, 63, 8. — Ciliciä, 48, 41. Historisches Register. 2033 PostumiuS wird als römischer Gesandter von den Tarentinern beschimpft, Fr. 89. PostumiuS VibiuS endigt den dalmatischen Krieg, 58, 12. Pothinus, Verschnittener und Schatzmeister des Ptolemäus, be« kämpft den Cäsar in Aegyptcn und verbindet sich mit dem Feldherrn Achillas, 42, 36. wird auf Cäsars Befehl umgebracht» 42, 39. Valerius PotituS, 51, 21. PraaSpa, Hauptstadt MedtenS, 49, 25. Präfectus Annonä oder Geireideaufseher, 46, 29. unter August, 52, 25. Präfecti Prätorio, von MäcenaS vorgeschlagen, 52, 24. August ernennt zwei, 55, 10. waren Ritter, nicht Senatoren, und wenn sie Rang und Jnfignien der Consularen erhielten, so war er Ausnahme. Sie mußten sich als Nichtsenatoren entfernen, wenn der Ausrufer den Anfang der Sitzung verkündete, 79,1. Bald war nur Einer Leibwachenobrist, bald waren es ihrer zwei zugleich. P r ä f e c t u S Urbi oder Stadtpräfect, mehrere zugleich von Cäsar ernannt, 43, 28. hatten zu Cäsars Zeiten die Staatskasse unter sich, und in Abwesenheit desselben alle innere Angelegenheiten mit Zuziehung des Reiterobrigen Lepidur zu besorgen; zwei derselben hatte» dar Aerarium unter sich, 43, 48. MäcenaS schlägt eine neue Einrichtung dieser AmteS vor, 52, 21. der Erste nach der neuen Bestimmung unter AugustuS ist Agrippa, 54, 6. Sie waren gewöhnlich Consularen. Eine Ausnahme hiervon stehe 78, 14. Präfectnrenin Italien außer Rom, unter Claudius abgeschafft, 60, 24. Präneste, Fr. 266. 2034 Historisches Register. Präteren müssen bei dem Edikt beharren, das sie beim Antritt des AmteS publtcirten, 36, 23. Cäsar vermehrt ihre Zahl, 42, S1. bis auf vierzehen, 43, 47. In einem Jahr wurden einmal nach und nach sieben und sechzig gewählt, 48, 43. mußten unter AugustuS dreißig Jahre alt seyn, 52, 20. die Stadtprätoren ernennt Augustus selbst, 53, 2. und bestimmt ihre Zahl auf zehen, 53, 32. besorgen unter Augustus die Schauspiele und erhalten einen Zuschuß aus der Staatskasse, 54, 2. hatten unter August eine Zeitlang das Recht, im^Senat einen Vortrag zu thun, 53, 3. zu Ti- beriuS Zeiten waren ihrer ungefähr sechSzehen, 58, 20. so auch unter Caligula, 59, 29. Einige hatten die Staatskasse unter sich, 69, 4. verloren sie aber bald wieder, 69, 24. geben unter Caligula Gladiatorenspiele und die vornehmsten loosen darum, 59, t4. Prätorianisch« Kohorten, siehe Leibwachen. Prätorianische Reiterei, 61, 9. 74, 1. Priester, Pontifice«, zwei aus einer Familie, oder nahe Verwandte dürfen nicht in einem Kollegium sitzen, 39, 17. Sie besorgen den Kalender, veranlassen aber große Unordnungen, 49, 62. Cäsar vermehrt ihre Zahl, 42, 51. Man erlaubt dem Augustus nach glücklich beendigtem Krieg so viel Priester zu wählen, als er will, ein Recht, das die Kaiser fortbehalten haben, 51, 29. (Antonius) PrimuS, von dem Heere in Mysien zum Feldherrn gegen Vitellius gewählt, erobert nach blutigem Kampfe die Stadt Rom mit den Vespassanern, 65, 9. 14. 19. (MarcuS) Primus, Statthalter inMacedonien unter August, 54, 3. (Lucius) PriScillianuS, Statthalter in Achaja unter Caracalla, gibt viele Unschuldige an und wird deshalb unter MacrinuS auf eine Insel verwiesen, 78, 21. Historisches Register. 2035 (Julius) PriScuS, Senator, unter Caligula hingerichtet, 59, 18. PriScuS wird als Kaiser ausgerufen, 72, 8. PriScuS, berühmter Mechaniker unter Septimius SeveruS, 74, 11. 75. 11. Privernaten, Fr. 78. Proconsuln, zur Wahl von Consuln, 46, 45. unter AugustuS nicht nur die Consuln des vorhergehenden Jahrs, sondern auch wirkliche oder Titularprätoren, 53,13. So hießen auch unter den Kaisern die Statthalter in den scnatorischen Provinzen, 53. 13. Auch die regierenden Kaiser führten diesen Namen, wenn sie sich außerhalb der Ringmauer befanden, 53, 17. vergleiche jedoch 53, 32.79, 2. - (Casus) Pro culiuS, Ritter, von AugustuS an Cleopatra gesandt, 51, 11. 53, 24. Procuratoren, Ritter und Freigelassene, waren Rechnungsbeamte in den Provinzen und wurden vom Kaiser allein gewählt, 53, 13. und nach ihren Besoldungen Seragenarien, Centenarien n. s. w. benannt, 53, 15. Propontis, 74, 16. Proprätoren oder Legaten, Statthalter der kaiserlichen Provinzen, auch wenn sie Eonsularen waren, durften ihre Statthalterschaft oft auch länger bekleiden, hatten das Recht über Leben und Tod und sechs Lictoren, 53, 13. ProserPina'S Schatz in Locri wird von König PyrrhuS beraubt, Fr. 118. ProtogeneS treibt den Caligula zu Grausamkeiten an, 59, 26. und wird unter Claudius hingerichtet, 66, 4. Provinzen konnten nach derVerloosung vertauscht werden, 37, 33. Di» LassillS. tes Bdchn, 7 2036 Historisches Register. Nach des PompejuS Bestimmung sollte kein Beamter vor dem fünften Jahr nach Abgang vom Amte in der Stadt um eine Provinz loosen dürfen, übertritt dieselbe aber bald selbst, 4i1, 56. vergleiche 53, 14. Das Pachten derselben wird von Cäsar nach der Schlacht bei Pharsalus abgeschafft, 42, 6. Neue Einrichtung der Provinzen unter Augustus, 53, 12. Unter Marcus AureliuS wird bestimmt, daß Keiner in der Provinz, in welcher er geboren worden, Statthalter werden durfte, 71, 31. Prusias, der dritte dieses Namens, K-nig in Bithynien, ist sehr demüthig gegen die Römer, Fr. 198. Psylle», Völkerschaft in Afrika, saugen das Gift aus den Wunden und werden von AugustuS gebraucht, Eleopatv, wo möglich, noch zu retten, 51, 14. PtolemäuS PhiladelphuS, sucht nach der Niederlage des Pyrrhus die Freundschaft der Römer und beschenkt ihre Gesandten, Fr. 121. PtolemäuS Philopator» Fr. 168. PtolemäuS EpiphaneS, Fr. 169. PtolemäuS Auletes erkauft sich die Bestätigung auf dem Thron und die Ehre eine« Bundesgenossen durch Geschenke an Römische Große, drückt seine Unterthanen und flüchtet sich nach Rom. Er läßt die Gesandten der Alexandriner theils unterwegs, theils in Rom selbst umbringen, 39, 12, 13. Die darob angestellte Untersuchung bleibt erfolglos, 39, 14. gibt die Hoffnung auf Rückkehr auf und wendet sich nach EphesuS, 39, 16. wird von GablniuS zurückgeführt, 39. 55. 58. 59. bestimmt in seinem Testament, daß sein Sohn und seine Tochter nach Landessitte sich vermählen und unter Vormundschaft der Römer regieren sollten, 42, 35. PtolemäuS, Puer, Sohn des Vorigen, führt mit seiner Schwester 2037 Historisches Register. Cleopatra Krieg, um sie von der Regierung auszuschließen, 42, 3. Nach des Psmpejus Ermordung erregt der König einen Ausstand gegen Cäsar, 42, S. muß sich aber mit seiner Schwester vermähle« und ihr gleiche Rechte einräumen, 42, 35. wird, weil er neue Unruhen anfangt, gefangen genommen, 42, 39. entkommt aber, wird von Cäsar besiegt und ertrinkt auf der Flucht in dem Nil, 42, 43. Pto lein aus, der jüngerOBruder des Vorigen, bekommt von Cäsar Cypern, 42, 35. vermählt sich nach seiner Bruders Tode mit Cleopatra, 42, 44. wird von MarcnS AntoniuS umgebracht, 48. 24. Ptolemäus. König von Cypern, zu Cato'S Zeiten , verliert mit Unrecht sein Reich, 38, 3l>. vergiftet sich, 39, 22. Ptolemäus PhiladclphuS, ein Sohn des MarcuS AntoniuS mit Cleopatra, 49, 32. AntoniuS gibt ihm Syrien. 49, 41. AugustuS begnadigt ihn, 5l, 15. Ptolemäus. Zuba's Sohn, 51, 15, wird von Caligula seines Reichthums wegen hingerichtet, 59, 25. Publia PriSca, Gemahlin des Casus GeminiuS RufuS, unter Ti- beriuS, stößt sich vor ihren ungerechten Richtern selbst den Dolch in die Brust, 58, 4. Pudeus, Theilnehmer an der Empörung der AvidiuS CassinS, 71, 29. (Appius Claudius) Pulcher, siehe Claudius. Pusio, ein Deutscher, 56, 11. Puteoli, 48, 50. 63, 3. Brücke von Bauli aus nach Puteoli hinüber zu einem Volksfeste erbaut, 59, 17. Straße von Sinueffa nach Puteoli gepstastert, 67, 14, PyladeS, Pantomim unter August, aus Rom vertrieben, aber 7 * 2038 Historisches Register. zurückgerufen, gibt dem AugustuS eine freimüthige Antwort, 54, 17. Pylades, Pantomim und Lustknabe Trojans, 68, 10. Pylades, Pantomim unter Pertinar, 73, 13. Pyrrhichischer Waffentanz, 60, 7. PyrrhuS, König von Evirus, Fr. 101. 102. 106. 107. 109. 110. 119. 121. beträgt sich edel gegen rönRche Gesandte, Fr. 113. plündert den Schatz der Proserpina in Locri. Fr. 118. Ppthagoras, ein Freigelassener, wird feierlich mitNero vermählt, 62, 28. Pyth ia, von Nero beschenkt, 63, 14. PythiaS, Kammerfrau der Octavia, der unglücklichen Gemahlin Nero'S, vertheidigt ihre Gebieterin freimüthig, 62, 13. Q. Quaden, von Domitian bekriegt, 67, 7. von Marcus AnreliuS besiegt, 71, 4—10. bitten um Frieden, 71, 11. setzen den ihnen aufgedrungenen König FurtiuS ab, und wählen AriogäsuS, 71, 13. beschweren sich über die in ihrem Lande angelegten Festungen, 71, 20. CommoduS schließt Frieden mit ihnen, 72, 2. Caracalla ermordet den Quadenkönig GaiomaruS, 77, 29. Quadrat»« (Römischer Geschichtschrieber) unter CommoduS hingerichtet, 72, 4. Quäsioren. Cäsar erhöhet ihre Zahl auf vierzig, 43, 47. Jedem Consul wurden zuerst zwei Quästoren beigegeben, 48, 43. sie werden Quästoren in den Provinzen, 53, 28. haben nach August'S Bestimmung Senatsbeschlüsse aufzubewahren, 54, 36. werden Statthalter an der Seeküste und in andern Orten Italiens, 55, 4. was jedoch Claudius wieder abschafft, 60, 24. hatten die Historisches Register. 2039 Strafen an den dom Senat Verurtbeilte» zu vollziehen, 58, 4. bekommen unter ElaudiuS wieder das Aerarinm zu besorgen, 60, 24. lesen die Anbringen der Kaiser im Senate vor, in ihrer Abwesenheit einmal ein Prätor, 78, t9. Quindecimvirn, ihre Zahl von Cäsar um Einen vermehrt, 43, 51. vergleiche 53, 1. 54, 19. Ouinquagesima voi^ Sklavenverkauf, 55, 3t. tzuints ot Vicosim-u vonslium Älsneipiorum, 55, 31. QuintiliuS, zwei Bruder, führen unter Marcus AureliuS Krieg gegen die Scythen, können sie aber nicht besiegen, 71, 33. unter CommoduS hingerichtet, 72, 5. Quintillus PlauttanuS, ein würdiger Senator, wird unter Sept. SeveruS hingerichtet, 78, 7. ^ QuintiuS CincinnatuS, Dictator, am Pfluge getroffen, Fr. 51. R. (Casus) Rabirius, von LabienuS wegen Ermordung des Saturni- nuS angeklagt, 37, 26. 37. RaciuS Conflans, Statthalter in Sardinien unter Sept. SeveruS, 75, 16. Räthe, kaiserliche, ein Ausschuß von Senatoren, unter AugufluS, 53, 21. 56, 28. von Tiberius, 57, 7. gehen ab während Tibers Abwesenheit, werden aber von Claudius wieder eingeführt, 60, 4. Raptus, Anführer der Aflinger unter Marcus Aurelius, 71, 12. Ravenna, 73. 17. Rechte, bürgerliche, von den Pontifices aufbewahrt, 48, 44. (Aemilius) Rectus, Statthalter in Aegypten unter Tiberius, 57, 1«. 2040 Historisches Register Regulus, Fr. 131. von den Carthagern gefangen genommen und nach Rom gesandt, um die Auswechslung der Gefangenen zu der wirken, Fr. 137. 138. 45, 32. Regulus, Statthalter in Maccdonien, 58, 25» Remer, eine gallische Völkerschaft, 3g, 1. 2. RemuS, Fr. 3., s. RomuluS. Rhätten, zwischen Noricum und Gall>?n an den tridentinischeu Alpen Italien zu gelegen. Seine Einwohner erlauben sich unter Augukus räuberische Einfälle in Italien, werden aber von DrusuS und TiberiuS besiegt, 54, 22. Rhätium, Stadt in Dalmatien, wehrt sich verzweifelt gegen Germaniens, 56, 11. RhandsM Stadt in Großarmenien, 62» 21. 24. RhaptuS, stehe Raptus. RhaScuporiS, Fürst in Thracien, unterüützt den MarcuS Brutus, 47, 25. geht zu den Triumvirn über, 47, 48. RhauS, Anführer der Asiinger unter MarcuS Aurclius, 71, 12. Rhegium, Fr. 3. 48, 47. wird von den Römischen Truppen treulos behandelt, Fr. 104. 105. Rhein, sein Ursprung und Lauf, 39. 49. 50. Brücke über denselben, 39, 48. RheScuporiS (oder RhaScuporiS), Bruder des König Rhömetalces, hilft den Römern gegen die Dalmatier, 55, 30. RhianuS, Statthalter in Arabien unter Macrinus, auf Befehl de- HeliogabaluS hingerichtet, 79, 3. RhodanuS, 37, 48. Rhodier, führen gegen die Römer eine hohe Sprache, Fr. 192. werden später aber sehr herabgestimmt, Fr. 197. wollen nicht auf Historisches Register. 2041 Seite des Brutus und des CassiuS treten, werden aber bei MynduS in einem Treffen geschlagen. Sie muffen ihre Schiffe und Habe dem Sieger überlassen, den Sonnenwagsn ausgenommen, 47, 33. Ihre Rathsherren in Rom, 57, 11. Sie verlieren unter Claudius den Titel eines Freistaates, well fie einen RSmer kreuzigten, 80, 24. RhömetalceS, Oheim und Vormund der Söhne des CotyS in Thracien, 54, 20. wird von einem Empörer, VologäsuS, sehr bedrängt, 54, 34. steht den Römern gegen die Dalmatier bei, 55, 30. erhält das Reich des CotyS, 59, 12. Richter — fünf derselben kann nach einer Bestimmung des Pom- pejus jede Partei perhorresciren, 40, 55. sie sollen nach einer Anordnung Cäsars au« dem Senat und den Rittern genommen werden, 43, 25. Ringe, goldene, waren unter der Republik ein Vorrecht der Ritter, und auch unter den Kaisern noch dursten Freigelassene nur auf besondere Erlaubniß derselben solche tragen, 48, 45. Gin Beispiel davon liefert AntoniuS Musa, ein Freigelassener, nachdem er den August geheilt hatte, 53, 30. Ritterbekommen durch ein Gesetz des RoSciuS besondere Sitze in den Schauspielen, 36, 25. und im CircuS durch August, 55, 22. find Generalpächter der Einkünfte in den Provinzen, und erhalten einen Nachlaß von Cäsar, 38, 7. können auch Volkstribunen werden, 54, 30. 56, 27. dürfen nicht als Gladiatoren auftreten, halten sich aber nicht daran, 56, 25. Rolus, König einer Getischen Völkerschaft unter August, 51, 24. 26. Rom, Fr. 3. seine Erbauung, Fr. 11.12. 2042 ^ Historisches Register. Rom, Göttin, ihr und Cäsar zu Ehren Tempel zu EphesuS und Nicäa errichtet, 21, 20. Romulus, Fr. 3. Seine Jugend, Fr. 3. 11. 12. ist herrschsüchtig, Fr. 18. Seine Hütte, (essu Konmli) brennt ab, 54, 29. (Lucius) RoS ciuS, VolkSiribun, Gegner de» Pompejus. 36, 7. 13. schlägt vor, den Rittern bei den Schauspielen eigene Sitze anzuweisen, 36, 25. Rostra, die alten, von Cäsar versetzt, 43, 49. Rostra Julia, 56, 34. Rorolaner, Sarmatische Völkerschaft, 71, 19. Rubellius Plautus, unter Nero umgebracht, 62, 14. RubriuS Gallus wird von Nero gegen Galba geschickt, geht aber zu ihm über, 63, 27. (Cäcilius) Rufinus, 67, 13. (Publius Cornelius) Rufinus, Consul mit Fabricius, schlechtes Subjekt, Fr. 100. (MinuciuS) RufuS, s. MinuciuS. RusuS Vlbiua, unter Tiber, besaß zwei merkwürdige Alterthümer, Cäsars Curulseffel und Cicero'S Wittwe; auf dem erster» hingerichtet. 57, 15. (Publius) RufuS, 55, 27. (CSliuS) RufuS fängt in Rom Unruhen an, während Cäsar im Felde steht, und will einige Einrichtungen Cäsars umstoßen; verbindet sich mit Milo, der ein kleines Heer in Campanien zusammengebracht hatte, beide aber finden ihren Tod, 42, 22—25. (MusoniuS) RufuS, s. Musonius. RufuS (Fenius) Leibwachenobrist unter Nero, und Mitverschworener gegen ihn. 62, 13. (Cajus VerginiuS) RufuS, Statthalter in Deutschland, rückt gegen Historisches Register. 2043 Vindcr, schlägt die ihm angetragene Kaiserwürde aus, 83, 24. 25. Galba vergilt ihm mit Nichts, 64, 4. Nerva nimmt ihn aber zum Miteonsul an und errichtet ihm nach seinem Tode ein Denkmahl, 68, 2. RufuS Baffäus, Leibwachenobrist unter Marcus AureliuS, 71, 5. Rullus, Fr, 79. 80. (Fabius) Rullus, Fr. 88. (Publius ServiliuS) Rullus, von OctavianuS gegen Antonius gesandt, um Brundufium zu entsetzen, 48, 28. Ruspina, Stadt in Afrika, wo Cäsar überwintert, 42, 58. RusticuS Arulenus, Stoiker, wird hingerichtet unter Domitian, well er den PätuS Thrasea einen achtungswürdigen Mann genannt hatte, 67, 13. (JuniuS) RusticuS, Lehrer des MarcuS AureliuS in der Philosophie, 71, 35. (Publius) RutiliuS RufuS, von Marias und den Rittern verfolgt, weil er ihre Bedrückungen in Asten beschränkt. Er verlebt den Rest seiner Tage in Smyrna, Fr. 236. (PubliuS) RutiliuS Lupus, Befehlshaber im Marstschen Kriege, Fr. 238. 239. Rutuler, ein Bolk in Italien, Fr. 3. -D. Sabina, 61, 12. Sabinerinnen, Fr. 15. SabinianuS, Feldherr unter Commodus, 72, 3. Sabinus, s. TituriuS. SabinuS, ein vornehmer Römer unter TiberiuS, wird auf SejanS Anstiften behorcht und hingerichtet, 58, 1. 2044 Historisches Register. SabinuS, Bruder Vespastans, hält sich unter Kaiser Claudius tapfer in Britannien, 6V, 20. sucht den Vitellius zu Niederlegung der Regierung zu veranlasse«, wird aber an denselben ausgeliefert, es, 17. SabinuS, dessen Sohn, 65, 17. SabinuS, Statthalter in Gallien unter Caligula, wird unter Claudius von Meffalina in Schutz genommen, 60, 28. (CalvistuS) SabinuS, stehe CalvistuS. lCornelius) SabinuS, Tribun der Leibwache, bringt der Caligula um, 59, 29. und dann sich selbst, 60, 3. (Julius) SabinuS gibt sich unter VespastanuS für einen Abkömmling von Julius Cäsar aus, wird verfolgt und verbirgt sich neu« Jahre mil Frau und Kindern in einer Höhle, 66, 3. wird aber entdeckt und in Rom hingerichtet, 66, 16. SaboS, König im Glücklichen Arabien, unter August, 53, 29. (Julius) Sacerdos, unter Caligula hingerichter, 59, 22. Sadalis, Fürst in Thracier, bei dem Heere des PompejuS im Bürgerkrieg, 41, 51. ist mit in der Schlacht bei Pharsalus, wird aber von Cäsar begnadigt, 41, 63. setzt die Römer zu Erben ein, und MarcuS Brutus nimmt sein Reich in Besitz, 47, 25. Säcke, Strafe für Aelternmörder, 61, 16. Säcularfeier Roms, 54, 18. Sättel, von den Rittern zu Nero'S Zeiten zuerst gebraucht, 63, 13. Säule deS TrajanuS, 68, 76. Säulengang, welcher stch senkt, wird von einem Mechaniker wieder aufgerichtet, 57, 21. SalabuS, Anführer der Mauren unter Kaiser Claudius, 60, 9. Salasser, Fr. 204. ein gallische» Volk am Fuße der Alpen, 49, 34. Historisches Register. 2045 53, 25. besitzen Bergwerke, Fr. 204. werden von Meffala bezwungen, 49, 38. empören sich unter August, werden aber bezwungen und größten Theils als Sklaven verkauft, 53, 25. Salentte», älterer Name von Calabrten, Fr. 8. Salier, Collinische genannt, Fr. 22. (CriSpuS) SallustiuS» Geschichtschreiber, aus dem Senate gestoßen, 40, 60. wird Prätor, aber fast ermordet, 42, 52. Cäsar macht ihn zum Statthalter von Numidien, wo er aber mehr den Räuber spielt. Urtheil über ihn, 43, 3. Seine Gärten, 66, 10. Salomo's Grabmahl stürzt zu HadrianS Zeiten von selber ein, 69. 14. Salona, Stadt in Dalmatien, von OctavianuS belagert, — wüthender Ausfall der Weiber, 42, 11. «ergl. 56, 12. (QuintuS) Salvidienus Rufus, Unterfeldherr OctavianS, 48, 13. wird von SertuS Pompejus zur See geschlagen, 48, 18. aufOcta- vian'S Befehl hingerichtet, 48, 33. SalviuS Julianus, 72, 5. Salutio, aus der Familie der Scipionen, 42, 58. Samniten, Fr. 8l—83. 84—86. von Splla bezwungen, verheeren im BundeSgknoffenkriege Camprnien. Feldherr ist gegen sie MetelluS, Fr. 247. SamoS erhält vonMugust die Rechte einer Freistaates, 54, 9. Samosata. Stadt in Syrien, 49» 22. von Trajan erobert, 68, 19. Samothrace, Fr. 193. SanatrucuS, König in Armenien unter Caracalla, 77, 12. Sanguinius MarimuS, Stadtpräfekt unter Caligula, 59, 13. 2046 Historisches Register. SaoteruS, Freigelassener des Commodus, 72, 12. 77, 21. Sardanapalus, Spitzname des HeliogabaluS, 79, 19. 13. 17. Sardiäer, Fr. 144. Sardinien, 75, 18. wirdsenaiorischeProvinz, 53, 12. Anguß aber sandte einmal einen Statthalter mit Truppen dahin, um feindliche Einfälle abzuhalten, 55, 28. Sargetia, Fluß in Dacien, bei den Ungarn Strcl, bei den Deutschen Jstrig, unter dem König Decebalus seine Schätze begraben ließ, 68, 14. Sarmaten unter AugußuS vonCajuSJuniuS Silanus bezwungen, 54, 20. Satala, Stadt in Armenien, von TrajanuS erobert, 68, 18. Saiurnalien, Fr. 3. 36, 37. 37, 4. 69, 19. 25. von Caligula um einen Tag vermehrt, 59, 6. Saturnaliengeschenke, 69, 25. 78, 8. (Aelius) SaturninuS, wird wegen eines Spottgedichts von TiberiuS vom Tarpejischen Felsen geworfen, 57, 22. (AemiliuS) SaturninnS, Leibwachenobriß. unter SeptimiuS Severus, von seinem College» Plautianus nm'S Leben gebracht, 75, 14. (Lucius ApulejuS) SaturninuS, BolkStribun, Fr. 233. (Lucius Antonios) SaturninnS, Statthalter in Deutschland, empört sich gegen Domitian, wird aber bald bezwungen und ge- tödtet, 67, 11. SaturninuS, 76, 6. SaturnuS, Fr. 3. SaturnuStempel, 45, 17. Sau, Fluß, 51, 27. Historisches Register. 2047 Sauromaten, Völkerschaft, 54, 20, fallen unterAugust in Mhsten «in, 55, 30. Sara, unter den Triumvirn in Syrien angestellt, Bruder des Deci- diuS Sara, im Partherkciege von Labienus besiegt und hernach umgebracht, 48, 24, 25. Scalpiren, auch in Italien bei den Picentern üblich, Fr, 240. Scapula, 43, 29. 30. Scaurus, Fr. 228. (Marcus) ScauruS, Bruder des Sertus PompejuS, wird von AugustuS nach der Schlacht bei Actium begnadigt, 5t, 2. (MamcrcuS Aemilius) Scaurus, als Verfasser eines Trauerspiels Atreus unter TiberiuS hingerichtet, 58, 24. Schauspiele, siehe Spiele. Schauspieler, zanken sich unter AugustuS, 54, 17. unter TiberiuS aus der Stadt verwiesen, 57, 2t. (von Caligula zurückgerufen.) Schiffe, lederne, 48, 18. zu Lande auf ThieihLuten, mit Ocl bestachen, fortgebracht, 50. 20. Schiffe von August zu Lande über den Isthmus gebracht, 51, 5. Schildkrötendach, 4g, 2g. 30. Schiffbrücken der Römer, 71, 2. Schlangen kriechen über den Weg und bedeuten Unglück, 41, 14. Schlangendienst zu Aihen. Hadrian läßt eine große Schlange aus Indien kommen, die er in Athen verwahren und füttern läßt, 69, 16. Schlachtopfer, wenn sie entspringen, bedeuten Unglück, 45,17. Schmähschriften, Pasquille, von AugustaS, verboten und ihr Verbrennen den Aedilen aufgetragen, 56, 27. Schminke mit Bleiweiß und Karmin, 79,14. 2048 Historisches Register. Schrift, geheime, Cäsars, 40, 9. Augusts, St, 3. Schwalben, zeigen, wenn sie sich in einem Zelte oder Schiff anbauen, Unglück. 50, 15. Schwur der Consuln beim Abgang vom Amte, 37, 38. der Römer bei der Kaiser Glück, und daß alle ihre Anordnungen gültig seyn sollen, 57, 8. 9. Gin Staatsbeamter beschwor di-S im Namen Aller, 58, 17. 80, 25. Auf die Anordnungen der schlechten Kaiser schwört man nach ihrem Tode nicht mehr, 59. 9. sPubliuS) Scipio, des Cnejus Sohn, wird beauftragt der Cybele Bildsäule aus Pesfinüs nach Rom zu bringen, Fr, 175. (PubliuS Cornelius) Scipio AsricanuS verhindert nach der Schlacht bei Cannä, daß die jungen Römer Italien verlassen, Fr. 160. Ist sehr religiös, weßhalb man ihn für Jupiters Sohn ausgibt, Fr. 170. 172. beträgt sich beim Heere musterhaft, Fr. 171. sein milder Charakter, Fr. 172. gibt dem Celtiberier AlluciuS seine Braut zurück, Fr..171. Die Spanier nennen ihn den großen König, Fr. 172. man tadelt ihn, daß er sich an griechische Sitten halte, Fr. 176. beträgt sich edel gegen Syphar, Fr. 177. 178. zieht sich freiwillig nach Liternum zurück, Fr. 188. gibt seine Tochter dem Cornelius Gracchus zur Gemahlin, Fr. 190. (Lucius) Scipio, des Vorigen Bruder, nebst diesem dem Neide ausgesetzt, Fr. 190. Gracchus verhindert dessen Verhaftung, Fr. 190. (PubliuS) Scipio AsricanuS, der jüngere, eigentlich Sohn de- AemiliuS Paulus, aber von Scipio AsricanuS dem Aelteren an Kindesstatt angenommen, und Eroberer von Carthago, sein Lob, Fr. 200. 201. 216. ist ein strenger Censor, Fr. 206. sein gewaltsamer Tod wird selbst von seinen Feinden bedauert, Fr. 216. 2049 Historisches Register. (Quintus) Scipio, Sohn des Rasten, in die Familie des MctelluS PiuS aufgenommen, Schwiegervater des PompejuS und College desselben im Consulat, 40, 51. PompejuS rettet ihn von einer Anklage, 40, 53. gibt den Censoren die ihnen von ClodiuS entzogene Gewalt zurück, 40, 57. nimmt im Bürgerkrieg des Schwiegersohn- Partei und ist bald Sieger, bald Besiegter, 41, 51. setzt mit Cato den Krieg in Africa fort, kämpft mit Cäsar und nimmt sich nach dem Verluste der Schlacht das Leben, 42, 9. Sclaven sollten, da sie gegen ihre Herren nicht peinlich verhört werden durften, nach einer Bestimmung des AugustuS vom Staat oder Kaiser losgekauft werden können, 55,5. Wenn sie bei Krankheiten von ihren Herren aus AeSculap'S Insel ausgesetzt wurden, erhielten sie nach ihrer Wiedergenesung nach der Bestimmung des Kaisers Claudius ihre Freiheit, 80» 29. Sclavenaufstand in Sicilien — Einer ihrer Anführer hieß Athenio, Fr. 230. ScordiSker verheeren unter August Macedonieu, 54, 20, helfen dem Tiberius gegen die Pannonier, 54» 20. Scribonia, August'S Gemahlin, wird von ihm geschieden, 48, 34. geht mit der liederlichen Tochter Julia freiwillig in die Verbannung, 55, 10. (Lucius) Scribonius Libo, 48, 18. Scribonius gibt sich für einen Enkel des MithridateS aus, vermählt sich mit DynamiuS, AsanderS Wittwe, MithridatS Enkelin und nimmt vom Cimmerischen BoSporuS Besitz, wird aber von den Einwohnern umgebracht, 54, 24. (Lucius) Scribonius Libo, ein junger Mann, kommt unter Tiberius in Verdacht des HochverrathS. TiberiuS verfährt G iS dO 2050 Historisches Register. strenge gegen ihn selbst 'noch nach seinem freiwilligen Tobe, 57, 15. ScriboniuS ProcluS, ein Senator» wird von den Senatoren in Stücke zerrissen, 59, 26. ScriboniuS RufuS und ScriboniuS Proculus, zwei Brüder Eines Sinnes, werden unter Nero hingerichtet, 63, 16. 17. Scythen, 51. 23. 58, 26. 71. 33. 74, 3. 78. 8. Scythische Legion, 79, 9. S-ciliuS, 35, 3. Secutoren, eine Art von Fechtern, 72, 19. Seeräuber haben sich sehr vermehrt» 36, 3. überfallen den Hafen von Ostia, 38, 5. werden von PompejuS schnell bezwungen, 36, 20. egctische Gegend, 51, 23. egimer, ein Deutscher, hintergehtVaruS, 56,19. ejanuS, erst Lustknabe des Ayicius, dann Leibwachenobrist, vereinigt die Leibwache zuerst in einem Lager vor der Stadt; wird Günstling Tibers 57, 19. Seine Bildsäule läßt dieser im Theater aufstellen. Die höchsten Beamten machen ihm jeden Morgen ihre Aufwartung, 57, 21. läßt den DrusuS vergiften, 57, 22. treibt mit allen Weibern der Großen verbotenen Umgang und erfährt durch ffe, was er nur wissen will, 58, 3. Der Senat schmeichelt ihm auf eine übertriebene Weise, 58, 4. 5. opfert selbst vor seiner Bildsäule, 58, 7. fängt an, dem Kaiser verdächtig zu werden, 58, 4. Tiberius macht ihn sicher, 58, 7. 8. Macro nimmt ihn gefangen, der Senat verurtheilt ihn zum Tode. Das Volk schleppt seine Leiche drei Tage umher; sein Sohn und seine Tochter sterben mit ihm, und seine Gemahlin Apicata entleibt sich Historisches Register. 205t selbst, 58, 8—11. 57, 19. 20. Sein Tod zieht Viele ins Verderben, 58, 12. 14. SejanuS, des Vorigen Sohn, wird mit dem Vater Priester, 58, 7. wird mit ihm hingerichtet, 58,11. (Lucius) SejanuS, Prätor, ein Verwandter des Günstlings, höhnt den TiberiuS, indem er eine Feierlichkeit von lauter Kahlköpfen verrichten läßt, 58, 19. SejuS, CajuS, wird auf HeliogabaluS Befehl umgebracht, 79, 4. Selbstmord — die Erlaubniß dazu muß bei der Obrigkeit nachgesucht werden, 69, 8. Selbstverbrennen bei den Jndiern gebräuchlich, 54, 9. Seleucien, Stadt in Mesopotamien, jetzt Bagdad, 40,16. von Griechen bewohnt, 40, 20. 68, 17. SO. 71. 2. Seleucus, Sohn des AntiochnS, Fr. 187. SeleucuS, 39, 57. Selinüs, Stadt in Cilicien, nachher TrajanopoliS. Trajanu« stirbt in ihr, 68, 33. Semnoneu, Nachbarn der Quaden, 67, 5.71, 20. ihr König Marsya» geht zu DomitianuS über, 71, 20. (TituS, wahrscheinlich MarcuS) SemproniuS, Fr. 139. SemProniuS Drusus büßt über der Vertheidigung des Kaisers Galba sein Leben ein, 64, 6. SemproniuS RusuS, Verschnittener Caracalla'S. und sein Giftmischer. Sein Uebermuth, 77,17. Senat ward von den Consuln oder Prätoren angesagt, in ihrer Abwesenheit von den Volkstribunen, 78, 37. Man konnte nicht abstimmen, wenn ein Senator die Versammlung verließ, 39, 28. wird von Cäsar und AugustuS sehr vermehrt und oft mit schlechten Die CasßuS. iss Bdchn. 8 2052 Historisches Register. Subjekten besetzt. 46, 34. 35. auch mit sehr jungen Leuten, 48, 43. . August hatte einen Ausschuß desselben um sich; jedoch behielt der Senat sein Ansehen und seine Gerichtsbarkeit, und nahm Gesandtschaften an,, 53, 21. August schreibt gewisse Tage zu den Hauptsttzungen vor, bei denen Keiner fehlen darf, läßt die Namen der Senatoren in eine Liste (^ibum Senstorum) eintragen. Der Senat wird von August öfters gemustert, und seine Zahl verringert, 52, 41. 54, 13. 14. 17. 2K. das Recht des ersten Vor- tragS wird August zuerkannt, 53, 32. Senatoren werden öffentlich in dem Album Senatorum angeschlagen, Fr. 137. die Staatsbeamten und selbst die Consuln waren nicht Senatoren, wenn sie nicht von dem Consul dafür anerkannt waren, 37, 30. 46. dursten kein auffallendes Leibesgebrechen haben, 54, 26. Unter Eäsar waren eS ihrer neunhundert, 43, 47. unter August tausend, 52, 41. hernach auf sechshundert vermindert, 54,14. mußten unter AugustuS fünf und zwanzig Jahre alt seyn, 52, 20. sollen nicht über I,stroeinium angeklagt werden, 48, 43. August verbietet ihnen ohne besonderen Urlaub außer Italien zu reisen, Sicilien und deSNarbonenstsche Gallien ausgenommen , was noch zu Dio'S Zeiten gilt, 52, 42. Wenn man die Kleider zu wechseln beschloß, erschien kein Senator im Theater oder bei einer andern Feierlichkeit, 39, 28. 30. Sie sollen keine Freigelassene heirathen, 54, 16. dürfen keine Sitzung versäume», 55, 3. strenge Verordnung des Kaisers Claudius darüber, 60, 11. Unter Hadrian dürfen sie keine Zölle und Einkünfte ganzer Provinzen pachte», 69, 16. Früher waren die Beamten, wenn sie vom Amte traten, nicht mehr Senatoren, dies blieben sie erst vom Jahr 6S3 an, 37,46. die aus dem Senat gestoßenen mußten Historisches Register. 2053 erst wieder Prätoren werden, um in dem Senat erscheinen zu dürfen, 37, 30. 42. 52. SenatuS Auctoritas, 41, 3. 42, 23. 55, 3. (Lucius AnnäuS) Seneca, Philosoph, hätte unter Caligula beinahe wegen seiner Beredsamkeit das Leben eingebüßt, 59, 19. wird unter Claudius wegen Verdachtes eines verbotenen Umgangs mit Julia verbannt, 69, 8. wird Nero's Erzieher, 69, 32. verfaßt eine Spottschrift auf des Claudius Tod (Apokolokynthosis), 69, 35. beschränkt mit BurrhuS die Anmaßungen Agrippinas, 61,3. nimmt sich der Regierungsgeschäfte gewissenhaft an, 81, 4. zieht sich nach Vergiftung des BritannicuS vom Hofe zurück, 61, 7. ist nach Dio Agrippina'S Liebhaber, und hatte sich ein Vermögen von 39 Millionen Gulden erworben, ist prachtliebend und Päderast, vermählt sich schon bejahrt mit Paulina, 61, 19. soll den Nero mit beredet haben, seine Mutter aus dem Weg zu schaffen, 61,12. ist Einbläser Nero'S, 61, 29. dringt den Britten mehr als ein« Million auf hohe Zinse auf, 62, 2. nimmt Theil an der Verschwörung gegen Nero und öffnet sich selbst die Adern, 62, 24. 25. Sentium, Stadt'in Umbrien, 48, 13. Sentius, Centurio, 68, 22. (CajuS) SentiuS, Statthalter in Deutschland unter August, bekommt die Jnsignien des Triumphes, 55, 28. Septa, Schranken auf dem Marsfelde zur Abhaltung der Comitia Tribut«, werden von LepiduS mit Säulengängen umgeben, und von Agrippa mit Platten belegt, mit Gemälden geziert und Septa Julia genannt, 53, 23. von Caligula zu Gladiatorenspielen und selbst zu Naumachien benutzt, 59,19. brennen unter Titu« ab, 66, 24. 8 * 2054 Historisches Register Septemvirn, 53,1. ihre Zahl von CLsar um drei vermehrt, 43, 51. ihre Stelle konnten auch PontificeS vertreten, 48, 32. (Lucius) SepttmiuS wird in Aegypten an PompejuS zum Ver« räther, 42, 3. 4. Septimius SeveruS, stehe Severus. Sequaner, eine Völkerschaft in Gallien, 38, 32. 34. Serapio, einAegypter, sagt Caracalla seinen baldige» Tod voraus und wird umgebracht, 78, 4. SerapiS, 40, 47. 42, 26. 77, 15. der Dienst des SerapiS und der Ist« ward nur außerhalb der Ringmauer geduldet, und ihr Tempel soll nieder gerissen werden, 40, 47. Erneuerung diese» Befehls, 42, 26. die Triumvirn bauen ihnen einen Tempel, 47, 15. der unter TituS abbrennt, 66, 23. Serapistempel in Aleraudrten, 77, 23. SeraS, Philosoph unter Nerva, 68,1. Serder, Völkerschaft in Thracien, 51» 25. Seretium, Stadt in Dalmatien, von Germanien« erobert, 56,11. S ertoriuS, 36, 8. 11. 52, 13. ServianuS wird auf Befehl des KaisersHadrian hingerichtet, 69, 2. 17. 76, 7. ServiliuS Jsauricus stirbt in hohem Alter, 45, 16. (PubliuS) ServiliuS RulluS, stehe RulluS. (Lucius) Sestius, von AugustuS zum Consul gemacht, ob er gleich vertrauter Freund uud Begleiter des MarcuS Brutus gewesen war. SeverianuS, Befehlshaber, 71, 2. (Julius) Severus, Statthalter in Britannien, sodann gegen die Historisches Register. 2058 Juden von Hadrian geschickt, 69, 13. hernach Statthalter in Bithynien, 69, 14. (Lucius SeptimiuS) Severu«, 72, 12. 23. Kaiser, war unter Per- tinar Befehlshaber in Pannoniev, 73,14. trägt dem AlbinuS Mit- regentschast an, 73, 15. zieht auf Rom heran, 73, 17. entläßt die Leibwache und zieht in Rom ein, 74, 1. verspricht, keinen Senator zu todten, hält aber nicht Wort, 74, 2. hat Vorbedeutungen seiner künftige» Größe, 74, 3. läßt Pertinar feierlich bestatten, 74, 4. 5. zieht gegen PeScenniuS Niger und gewinnt eine entscheidende Schlacht bei JffuS, 74, 8. erobert nach dreijähriger Belagerung Byzantium, 74, 14. bekriegt indessen auch die OSroener, Adiabener und Araber, 75,1—3. bekommt Krieg mit Minus, dem er den angebotenen Titel Cäsar nicht mehr zugestehen will, 75, 4. gewinnt eine entscheidende Schlacht bei Lugdunum, und behandelt die Leiche seine« Gegner« unedel, 75, 5—7. führt einen glücklichen Krieg mit den Parthern, welche in die römischen Provinzen eingefallen waren und beendigt ihn bald, 75, 9. Aus dem Rückzüge macht er einen Angriff auf Atra in Arabien, ohne etwa« auszurichten, 75, 10—12. bereist dann Aegypten, wo er alle Bücher mysteriösen Inhalts aus den Tempeln nimmt, 75, 13. wird mit seiner Gemahlin von seinem Günstling Plautianus übermüthig behandelt, 75, 14. begeht seine Decennalien und seines Sohnes Caracalla Vermählung mit Plautilla, der Tochter des Plautianus mit höchster Pracht, 76, 1. läßt den Plautianus hinrichten, 76, 4. erobert in Britannien die bisher noch nicht von Rom besessenen Theile, verliert viel Volk, vergleicht sich mit den Britten» ste empören sich von neuem» aber während der Zulüftungen stirbt er, nicht ohne Verdacht für Caracalla, 76, 15. Sein Charakter und 20S6 Historisches Register. seine Lebensweise, 76,16.17. Seine Gemahlin Julia, 74, 3. 75, 15. Er hat sein Leben selbst beschrieben, 75, 7. SeveruS Alexander, Kaiser, s. Alexander. (TituS) SextiuS, Statthalter in Numidien, führt Krieg gegen die Statthalter QuintuS Cornistcius und Decimus Lälius im eigentlichen Afrika, erobert auch das Land und behauptet cS bis zur Ankunft des LepiduS, 48, 21—23. Sertus, aus Böotien, PlutarchS Neffe, Philosoph unter MarcuS AureliuS, 71,1. SertuS CondianuS, Sohn eines der beiden QuintiliuS, wird unter CommoduS auf eine abenteuerliche Weise gerettet, 72, 6. Sialeter, thracische Völkerschaft, 54, 34. Sibyllensprü'che, Fr. 59. 263. 44, 15. durften ohne Erlaubniß des Ser-ats nicht bekannt gemacht werden, 39, 15. sollen auf Befehl des AugustuS wieder abgeschrieben werden, 54, 17. Sicambrer, 40, 32. stehe Sygambrer. Sicilien, wird senatorische Provinz, 53, 12. SicoriS, Fluß in Spanien, 41, 2V. Stcorus, 41, 20. Sichon, 48, 28. Sidonier werden nebst den Tyriern für Sclaven erklärt, 54, 7. Sigambrer, s. Sygambrer. StgertuS, Kämmerer des Domitianus und Mitverschworener gegen ihn, 67, 15. (Marcus) SilanuS bringt AntontuS Hiilfstruppen, 46, 38. 5V. (CajuS JuniuS) SilanuS bezwingt unter August die Sarmaten, 54, 20. (MarcuS) SilanuS, Consular und Recht-gelehrter, selbst von Historisches Register. 2057 TiberiuS geschätzt, wird von Caligula, seinem Schwiegersohn mißhandelt und umgebracht, 59, 8. (Lucius JuniuS) Silanus, wird Schwiegersohn des Claudius, 60,5. (MarcuS JuniuS) SilanuS, Statthalter in Ästen, wird von Nero'S Mutter, Agrippina vergiftet. (PubliuS) SiliuS kämpft unter Augustus glücklich gegen einige Alpenvölker und die Pannonier, 54, 20. (CajuS) SiliuS läßt stch verleiten, stch mitMeffalina zu vermählen und zur Herrschaft vorzuarbeiten, wird aber von Narciß verrathen und nebst Meffalina hingerichtet, 60, 31. SilinS Meffala, Consular, wird auf des HeliogabaluS Befehl hingerichtet, 79, 5. Silvanus, Unterfeldherr unter TiberiuS und Germanicu» gegen die Dalmatier, 56, 12. SimiliS, Leibwachenobrist unter Hadrian, sein Lob, 69, 18, 19. Singara, Stadt in Mesopotamien, von TrajanuS erobert, 68, 22. Sinuessa, Straße von Sinnest« nach Puteoli gepflastert, 67, 14. Sipuntum, Stadt in Sicilien. 48, 27. (Jesus) Sirach's Sohn, Fr. 169. Sirmium, Stadt, 55, 29. Siscia, Stadt in Pannonien, jetzt Siffek, 49, 37. 38. 55, 30. Sisenna, 36, 1. 2. Sisenna, 39,56. 54, 27. SitaS, König der Denthcleten, 51,23. (PubliuS) SittiuS rettet Cäsar in Afrika durch einen Einfall in Numidien, wodurch Juba sein Heer zurückziehen muß, 43, 3. 8. Smyrna, 79, 7. großes Erdbeben daselbst unter AntoninuS dem Philosophen, 71, 32. 20S8 Historisches Register. Soämir, 78, 30. 38. 79, 6. 17. SoämuS» König in Arabien, 59, 12. Soämus, König von Armenien unter MarcuS AureliuS von dem Partherkünig Vologäsus aus seinem Reiche vertrieben, 71, 2. Soldateneid, von AuguftuS eingeführt, 57, 3. Soli, Küstenstadt Cilicien», von Tigrane« zerstört, von PompejuS wieder bevölkert, 36, 20. stehe Pompejopoli». Solonium, Stadt im Lande der Allobroger, 37, 48. Sonne, ihr geweihte Tigerpferde auf den Inseln des rothen Meeres, 75, 14. Sonnenfinsterniß, Entstehung derselben, 60, 26. Sophanene, Landschaft an Armenien gränzend, 36, 36. SoPhocleS, eine Stelle aus demselben, 42, 4. Sophonis (SophoniSbe), Mafiniffa'S Gemahlin, wegen ihrer Schönheit berühmt, Fr. 173. SoranuS, verdienstvoller Man», bei Gelegenheit der Pisonischen Verschwörung hingerichtet, 62, 26. Sosibius, Erzieher des Britanniens, aus Agrippina- Befehl hiü- gerichtet, 60, 32. (Casus) Sossius erobert für AntoniuS Arad und Jerusalem, 49» 22. ist weniger thätig, weil er seine Eifersucht fürchtet, 49, 23. arbeitet als Consul für AntoniuS, 50, 2. bleibt in einem Seetresfeu, 50, 13. SossiuS, auch ein Anhänger der AntoniuS, von AugustuS begnadigt nach der Schlacht bei Actium, 51, 2. SossiuS erhält wegen seiner Verdienste eine Ehrensäule von Tra- januS, 68, 16. Sotton, alter Geschichtschreiber, Fr. 10. Historisches Register. 2059 Spanien wird, da-Bätische senatorische, dasTarracouenstschenebst Lufitanien kaiserliche Provinz, 53, 12. SvasiuS' Damm (Spastuu Charar) Stadt am Tigris, 68, 28. SpharuS, Freigelassener und früherer Lehrer Augusts, erhält von diesem ein prächtiges Leichenbegängniß, 18, 33. Spiele. Man sah ihnen zuerst ununterbrochen zu; später stand man in der Mitte auf, um zu Mittag zu essen, 37, 46. daS Zeichen zum Beginnen gaben die Vorsitzer, später sallein die Kaiser, 43, 14. Man bediente sich der theffalischen Hüte, um sich gegen die Sonnenhitze zu schützen, 59, 7. Verschiedene Arten von Spielen waren die — — Actischen, wegen des Siegs bei Actium, 51, 1. 18. 53, 1. 59, 20. — Apollinarische, unter Cäsar vom Stadtpräfekt gegeben, siehe Apollinarische. — Augustalien, s. diese. — Barbillische, s. diese. — CastrenseS, im Lager gegeben, 53, 26. 60, 17. am Geburtstage Augusts, 56, 25. — der Ceres, 47, 40. — Culenische, siehe diese. — Floralien, siehe diese. — Jselastische gemeint, obgleich nicht genannt, 63, 20. — Zuvenalien, siehe diese. — LatialeS oder LatiareS, von den Consuln, außer der Ordnung vom Stadtpräsekt gegeben, 47, 40. — Lugpunische, in Lyon bei August's Altar von Caligula gegeben, 59, 22. 2060 Historisches Register. — Martialien, von den Consuln besorgt, stehe diese. — muximi et ssnotissiini, ehemals von den Aedilen, später von den Prätoren gegeben, 78, 22. — Megalensisch e, stehe diese. — Palatinische, 58, 46. stehe Augustalien. — Palilien, stehe diese. — Parthische, 69, 2. — Römische auch msxni genannt, 48, 52. — Säkulares, 55, 18. — Troja. Ritterspiel der Jugend, 42, 26. 51, 22. 54, 26. 59, 7. — Vulcanalien, 78, 25. In diesen Spielen wurden ausgeführt: Afrikanische Thiere, 53, 27. Buckelochsen, 6, 1. Elephanten, 77, 6. Giraffe», 43, 23. 72, 10. Nilpferd, 51, 22. Nashorn, 55, 27. Hunde statt der Pferde beim Wettfahren vorgespannt, 61, 6. Kamele, 60, 7. Kraniche, 66, 25. Löwen, fünfhundert in fünf Tagen, 39, 38. Strauße, 76,1. Tiger. 54, 9. Tigerpferde, 77,6. Waldesel, 76,1. Zwerge gegen Weiber, 67, 8. lauter Kahlköpfe figuriren, 58, 19. Spinnengewebe an Fahnen bedeuten Unglück, 41, 14. 47, 2, Spinther, 39, 12. Splaunium, ein fester Platz in Dalmatie», 56, 11. Spolia Opima, blos der Ehre wegen zuerkannt, 44, 5. vergleiche 51,24. SporaceS, Phylarch in Anthemusten, 68, 21. SporuS, Freigelassener, von Nero entmannt und geheirathet, 62, 28. 63, 13. Er entleibt sich unter Bittellius, 65, 10. SpuriuS CasstuS. Fr. 44. . Staatsbeamte bekleiden zuerst ihre Stellen nur ein Jahr, später Historisches Register. 2061 mehrere Jahre, 36, 14. dürfen während ihre» Amtes nicht angeklagt werden, 40, SS. konnten, wenn gleich erst destgnirt, Edikte herausgeben, 40, 65. waren im Krieg zwischen Cäsar und Pom- pejuS doppelt, doch hießen blos die Pompejanischen Proconsuln, Proprätoren, Proquästoren, 41, H3. Privatleute mußten ihnen aus dem Wege gehen, und vom Pferd oder Wagen steigen, 4S, 16. die Wahl derselben behält stch TiberinS vor oder überträgt sie dem Senat, so daß das Volk seines Besetzungsrechtes verlustig wird, 58. 20. Staatsgefangene werden zur Bewachung einem Römer in da» HauS gegeben, 37, 32, auch noch unter den Kaisern, 58, 3. 18. Stadtpräfekt, siehe PräfectuS Urbi. StatiliuS Tanns erobert die zwei Provinzen des LepiduS in Afrika, 4S, 14. Unterfeldherr August'S gegen die Dalmatier, 49, 38. baut das erste steinerne Theater, 51, 23. bezwingt die Cantabrer, Vac- cäer, Astnrier, 51, 20. (Ouintus) StatiliuS, 52, 42. (Lucius) StatiuS MurcuS, belagert mit Marcus CriSpus den Statthalter BassuS tn Apamea, 47, 27. erhält von Cassius den Oberbefehl über die Flotte, 47, 28. 35. 47. rettet sich nach der Schlacht bei Philippi zu SeriuS PompejuS, wird aber umgebracht, 48, 19. Statthalter gehen in frühere» Zeiten sogleich, in späteren fünf Jahre nach ihrem Abgang vom Amte in der Stadt in ihre Provinzen ab, 40, 30. 46, 56. AugufluS trifft eine Abänderung, 53, 14. TiberiuS bestimmt, daß sie wenigstens vor dem ersten Julius abgehen sollten, 57, 14. Claudius, vor dem ersten April, 60, 11. wenigstens vor der Mitte, 60,17. dursten die Gränze ihrer Provinz 2062 Historisches Register. nicht überschreiten, 39» 56. Neue Verfügung über die Provinzen und ihre Statthalter unter August, 53, 12. ff. unter Tiberiü«, 53, 54. Statuen, stehe Bildsäulen. Staubregen, silberfarbiger,versilbert eherne Münzen, aber nicht auf lange Zeit, 75, 4. Stephan»-, Freigelassener und Mitverschworener gegenDomitian, 67, 15. Sterndeuter, stehe Astrologen. (Casus LiciniuS) Stolo, Reiterobrist, Fr. 67. Stolo, Volkstribun, Fr. 67. Straßenbau, durch zwei Männer, aus der Zahl der vom Amte getretenen Prätoren gewählt, 54, 8. Stratonice, des Mithridates verstoßene Gemahlin übergibt die Stadt Symphonium im PontuS an Pompejus, 36, 7. Strateg, Name der Vorsteher des Achäischen Bundes, Fr. 203. Stratontcea, Stadt in Asien, nachher HadrianopoliS, 48, 26. Stymphaliden, 72, 20. (FlaviuS) SubriuS, Tribun der Leibwache, Mitverschworener gegen Nero, 62, 24. SuetoniuS PaulinuS besiegt die Mauren, 60, g. erobert unter Nero die Znfel Mona; indessen aber empört sich ganz Britannien unter der Königin Bunduika; er besiegt sie aber in einer Schlacht. 62, 2—12. Sueven, 39,47.48. empören sich unter AugustuS, 51, 22. die Mysischen Sueven schlagen sich zu den Japygen, weil sie nur hundert Reiter von DomitianuS gegen die Lygier bekommen, 67, 5. Sulla, stehe Sylla. Historisches Register. 2063 (FlavinS) SulpicianuS, Schwiegervater des Pertinar und Stadtpräfect, 73, 7. will Kaiser werden, wird aber von DidtuS ZulianuS überboten, 73,11. auf Befehl des Sept. SeveruS hingerichtet, 75, 9. SulpicianuS ArrenianuS, Senator, berüchtigter Angeber, wird nebst Andern seines Gelichters von MacrinuS auf eine Insel verwiesen, 78, 21. SulpiciuS RufuS, großer RechtSgelehxter, 703 Consul mit MarcnS MarcelluS, ist auf Cäsar-Seite, 40, 58. 59. SulpiciuS Asper, Centurio, Mitvcrschworner gegen Nero. Seine Freimüthigkeit, 62, 24. SulpiciuS CamerinuS, einer von Rom- Großen, von Nero hingerichtet, 63, 18. SulpiciuS Corona, 46, 49. Supplication, oder Dankfest zu Ehre» siegender Feldherren, zuerst dem Cäsar aus fünfzehn Tage zuerkannt, 39, 5. (LiciniuS) Sura» Vertrauter Trojans, erhält «in ehrenvolles Lei- chenbegängniß, 68, 8. 15. SurdiniuS GalluS, 60, 29. Suren« lAmtsname), besiegt den CraffuS in Parthien, 40,16—27. Sygambern, 40, 31. Celten, über dem Rhein« wohnend, 39, 48. bekriegen die Römer, 40, 32. 54, 20. 32. 33. August läßt ihre Gesandten gefangen nehmen, sie bringen sich um, 55, 6. Sylla, auch Sulla, Fr. 246. 256. belagert Athen, Fr. 250. vergreist sich an den griechischen Tempeln, Fr. 251. 252. weil er viel Geld braucht, Fr. 253. 254. schließt Frieden mit Mithridates, Fr. 258—261. setzt Männer, die ihm zu seine» Siegen halfen, zurück, und gibt. den «ichtswürdigsten Menschen Befehlshaber- 2064 Historisches Register. , stellen, Fr. 265. nimmt nach Besiegung der Samniten die Maske ab, Fr. 266. ist unmenschlich grausam in Rom, Fr. 266—271. Sylla, des Dictators Brudersoh», 36, 27. (FaustuS) Sylla, des Dictators Sohn, gibt Spiele zum Andenken des Vaters, 37, 51. wird unbillig zurückgesetzt, 39, 17. ^ Sylla, Statthalter in Cappadocien unter Macrinus, wird aus 1 Befehl des Heliogabalus umgebracht, 79, 4. Symbolum, Gegend in Macedonien, Symphorium, fester Platz im PontuS, 37, 7. SyracuS, von AugustuS für eine Römische Colonie erklärt, 54, 7. Syria Palästina, 37, 5. 15. zu PompejuS Zeiten in zwei Parteien getheilt, 37, 15. Syriacus, ein Gelehrter, wird unter TiberiuS hingerichtet, weil er ein Freund des Aflnius GalluS war, 58, 3. Syrier, durch ihre Arglist berüchtigt, 77, 6. T. Tachygraphie; — MäcenaS erfindet einige Zeichen für fie, 55,7. Talaura, Stadt im PontuS, 35,14. TalymenuS Jlaces, Satrap in Mesopotamien, 40, 12. Tanape, Hauptstadt in Aethiopien, 54, 5. Tanusia, eine Römerin, rettet ihren Gemahl, 47, 7. Tapa, kleiner Ort in Dacien, 67, 10. 68, 8. ^ TarantaS, Spitzname des Caracalla, 78, 9 ff. TarbuS, Fürst eines an Dacien gränzenden Lande4jj71,11. Tarcondimotus, Beherrscher eines Theils von Cilicien, unterstützt den PompejuS, wird aber von Cäsar begnadigt, 41, 63. verbindet fich mit CasfiuS, 47,26. bleibt in einem Seetreffen, 5t), 14. l Historisches Register. 2065 Tarcondimotus, des Vorigen Sohn, erhält von Augustus sein väterliches Reich zurück, 54, S. Tarentiner, Fr. 96.98.99. vergehen sich gegen die Römer, Fr. 123. TarpejischerFelS, Fr. 13. 44, 5». 48, 13. 58, 15. Tarqninius PriScuS, Fr. 25. TarquiuiuS Superbus, Fr. 26. Tarracona, 53, 25. TarruteniuS Paternus, Geheimschrciber des MarcuS AurcliuS, ist glücklich gegen die Scythen, 71, 33. Leibwachenobrist, wird unter CommoduS hingerichtet, 72, 5. Tarsus wird von ihren Einwohnern zuZEHren^CäsarS Juliopolis genannt, 47,26. begünstigt die Rächer Cäsars und öffnet dem Dolabella freiwillig ihre Thore. 47, 30. TauriSker, 49, 34. 50, 28. Tauromenienin Sicilien, 49, 5. Tauru«, Gebirge, 48, 39. Tenchterer, keltische (Germanische) Völkerschaft, kommen bei den Usipeten vor, 39, 47. 48. 54, 20. Terentia, MäcenaS Gemahlin, gefällt auch August, 58, 19. Terentius, Consul, gegen Hannibal, Fr. 159. (MarcuS) Terentius Varro, stehe Varro. (MarcuS) Terentius, ein Anhänger Sejan'S, vertheidigt sich freimüthig, 58,19. TertdateS empört sich gegen PhraateS in Parthien, wird besiegt und flieht nach Syrien, 51, 18. August liefert ihn nicht aus, 53, 33. wird von TiberiuS zum König von Parthien gemacht, aber von Artabanu« vertrieben, 58, 26. TeridateS, Bruder des VologäsuS und PacoruS, wird von Corbulo 206b Historisches Register. bezwungen, 62,19. erhält aber das Diadem von Nero persönlich in Athen, 63,1—7. Teridates, Satrap» 71, 4. TeridateS, geht von den Partbern zu Caraealla über, 77, 19. MacrinuS gibt ihm sein Reich zurück, 78, 27. TerpnuS, Nero'S Lehrer im Citherspiel, 63, 8. Terracina, 65, 22. Testudo, Schildkrötendach, 49, 9. 30. T e u t a, Königin von Zllyrien, Fr. 144. ThapsuS, Stadt in Asrica, 43» 7. Theater, bei Belegenheit der von ELsar gegebenen Schauspiele mit Tüchern überspannt, 43, 24. Theater des Marcellus, 53, 30. von Augustus eingeweiht, 54,26. des Balbus» von ihm zu August'S Zeit eingeweiht, 54, 26. brennt unter Titus ab, 68, 24. des Pom» pejus, brennt gleichfalls unter TituS ab, ebendas. Zänkereien der Schauspieler unter AugustuS, 54, 17. Theocritus, Sclav und Theatertänzer, dann unter Caraealla Leibwachenobrist und als solcher übermüthig, 77, 21. TheoPhiluS auS Paphlagonien, Fr. 244. Thera, Insel, neuerstanden, neben ihr eine andere kleinere (unter Kaiser Claudius), 60, 29. Th eriak, von Marcu« Aurelius als Hausmittel gebraucht, 71, 6. Thessalische Hüte, von den Römern im Theater gegen die Sonnenhitze gebraucht, 59, 7. Thessalonich, Sitz des aus Rom mit PompejuS entwichenen Senats, 41, 44. Thierhäute, frisch abgezogen und mit Oel überstrichen, werben zum Fortschaffen der Schiffe zu Lande gebraucht, 50,1L. Historisches Register. 2067 (Casus) ThorantiuS, Volkstribun, 53, 27. Thracier, Fr. 245. von MarcuS CraffuS besiegt, 51, 15. 25. (Pätu») Thrasea, siehe PätuS. PriscuS Thrasea, von Caracalla hingerichtet, 77, 5. ThrasylluS, Sterndeuter unter Tiberius, 55, 11. 57, 15. stirbt, 58, 27. ThucydideS, Unterfeldherr unter MarcuS AureliuS, 71, 38. Thürme, sieben tönende bei Byzantium, 74, 14. ThyrsuS, Freigelassener August's wird an Cleopatra geschickt, um ihr August's Liebe vorzuspiegeln, 51^8. Tiber, Fluß, richtet eine große Ueberschwemmung an, 3g, 61. Tiberius, Kaiser, entflieht im Bürgerkrieg dem August, 48,15.darf sich fünf Jahre früher um Staatsämter bewerben, 53, 28. beendigt mit Drusus glücklich den Feldzug gegen die Rhäticr, 54, 22. wird von ÄugustuS zum Mitregenten angenommen, und muß sich deshalb vonAgrippa'S Tochter aus andrer Ehe trennen und mit Agrippa'S Wittwe. Julia vermählen, 54, 31. besiegt die Pannonier, ebendas. und die Dalmatier, 54, 34. reiset zu seinem kranken Bruder Drusus an den Rhein, bringt dessen Leiche nach Rom und hält einen kleinen Triumph über die Pannonier und die Dalmatier, 55, 2. besiegt die Sygambern und hält über sie den großen Triumph, 55, 6. 8. bittet, nach Rhvdus gehen zu dürfen, 55, 9. kommt noch vor dem Tode de« Eaju« und des Julius Cäsar nach Rom zurück, ebendas. wird von August adoptiit unter der Bedingung, daß er seiner Bruders Drusus Sohn Germaniens an Kindes Statt annehme, 55,13. gibt mit Germaniens Fechterspiele zu Ehren seines Vaters DrusuS, weiht den Tempel des Castor und Pollur ein, 55, 27. dringt gegen die Weser und die Elbe vor, 55, 28. kehrt zurück Dio CasstuS. 16S BdKn. 9 2068 Historisches Register. um gegen die Dalmatier und die Pannonicr zu Feld zu ziehen, 55, 29. 30. wird von GermanicuS abgelöst, 55, 31. muß von Neuem dahin abgehen, 56, 12. nach Varus Niederlage hält er sich gegen die Deutschen mehr Vertheidigungsweise, 56, 25. läßt den Agrippa Postumus auf die Nachricht von des Augustus Tode umbringen, 57, 3. hält dem Augustu» die Leichenrede, 57, 35—41. stellt sich, als ob er die Regierung nicht annehmen wollte, 57, 23. die Heere in Pannonien und Deutschland empören sich, und das letztere ruft den GermanicuS als Kaiser aus, 57,5. TiberiuS gedenkt deS GermanicuS mit Dank, ist aber sehr eifersüchtig auf ihn» 57, 6. nimmt die Regierung an, so lange jedoch Germ-nicuS lebt, nur so, daß er in keinem StaatSgeschäft etwas ohne den Senat zu thun scheint, 57, 9. verbittet stch alle Ehrennamen und nennt sich blos Cäsar — GermanicuS — Princips SenatuS, 57, 8. Man darf ihm keine Tempel, keine Bildsäulen weihen, 57, 9. er vollendet die von August begonnenen Bauten und setzt dessen Namen daran, ist auch freigebig sowohl gegen Einzelne, als gegen ganze Provinzen, 57, 10. 17. ist herablassend gegen Senat und Volk, 57, 11. weist seine herrschsüchtige Mutter in die Schranken ihrer häuslichen Geschäfte ein, 57, 12. gibt Gesetze gegen den Luru», 57,15. will die griechische Sprache weder in Edicten, noch vor Gericht gebrauchen lassen, 57, 15. befleißigt stch eines gezierten Ausdrucks, 57, 17. läßt, obgleich selbst Sterndeuter, alle fremde Sterndeuter und Gaukler hinrichten und selbst gegen Römer, die sich damit befassen, ein scharfes Edict ergehe», 57, 15. läßt den GermanicuS durch Hiso allem Anschein nach vergiften, 57,18. nach des Germaniens Tode wirft er die Maske ab und wird Thränn, 57, 19. schenkt dem Sejanus seine Gunst, 57, 19. 21. Historisches Register. 2069 läßt einen geschickten Mechaniker aus Neid umbringen, 57, 21. hält feinem Sohne Drusus die Leichenrede, 57, 22. geht von Rom nach Capreä, 58, 1. ist hart und grausam gegen AfiniuS Gallus, 58, 3. schöpft Verdacht gegen SejanuS und läßt ihn gefangen nehmen, 58, 4—10. ist bis zur Nachricht über Sejanus in solcher Angst, daß er Schiffe zur Flucht in Bereitschaft hält, 58, 13. läßt nach Sejan'S Tode viele Anhänger desselben hinrichten, um ihr Vermögen einziehen zu können, 58, 14. gibt zu einer Leihkasse vier Millionen Thaler und läßt alle als falsche Angeber berüchtigte Bösewichte an einem Tage umbringen, 58, 21. läßt so viele hinrichten, daß die Statthalter auS Mangel an Nachfolgern ihre Stellen mehr als ein Jahr bekleiden, 58,23. 24. stirbt zu Misenum, und Caligula wirft mit Macro, damit er nicht mehr auflebe, schwere Decken auf ihn, 58 , 28. Sein Charakter, 58, 28. Er steht bei Nacht besser, als bei Tag, 57, 2. Tiberius, des Kaisers Enkel, 58, 23. wird von Caligula umgebracht, 59, 1. 8. Tifata, Bergkette in Campanien, 42, 25. TigellinuS Sophonius, Leibwachenobrift des Nero nach BurrhuS, ein wollüstiger, Mordsüchtiger Mann. PythiaS spricht mit Frei- muth gegen ihn, 62, 13. begleitet den Nero auf seinem Künstlerzuge nach Griechenland, und begeht viele Gewaltthätigkeiten» 63, 12. Tigerthiere, unter AugustuS zuerst in Rom gesehen, 54, 9. Tigrancs, König von Armenien, von Lucull besiegt, greift ihn wieder bei Tigranocerta an, wird geschlagen und wirst auf der Flucht seine Tiare ab, Fr. 273. nimmt jedoch den Römern wieder mehrere Städte ab, 35, 8. ergibt sich im Kriege mit Mithridate« 9 * 2070 Historisches Register. an PompejuS und wird von ihm freundlich aufgenommen, 36, 33. PompejuS gibt ihm sein altes Erbrecht zurück, 36, 36. und nimmt ihn zumFreund und Bundesgenossen des Römischen Volkes an, 36, 36. 37, 5. TigraneS, des Vorigen Sohn, empört sich gegen den Vater, wirb geschlagen und geht zu den Römern über, mit denen er gegen den Vater zu Felde zieht, 36, 34. beträgt sich unbescheiden gegen den Vater; ist mit dem ihm zugetheilten Lande nicht zufrieden, will die Schätze des Vaters nicht übergeben, wird von PompejuS festgenommen, und gefesselt nach Rom gebracht, 36, 36. ClodiuS befördert, von ihm bestochen, seine Flucht aus Rom, 38, 30. TigraneS, bisher Geißel in Rom, wird von AugustuS zum Könige von Armenien gemacht, 34, 9. empört sich, muß sich aber unterwerfen, 55, 11. TigraneS, von Nero zum Könige von Armenien gemacht, hatte die Provinz Adiabene verwüstet, und wird von Vologäsus in Tigranocerta belagert, 62, 20. Tigranocerta, Hauptstadt Armeniens, wird vonLuculluS belagert, Fr. 273. und eingenommen, 35, 2. von Corbulo erobert und von Vologäsus belagert. 62, 20. TilliuS Cimber, einer der Verschworenen gegen Cäsar; unterstützt als Statthalter von Bithpnien den Cassius, 47, 31, Tingitaner in Afrika, erkalten römisches Bürgerrecht, 43. 45. Tische von Citronenholz, 61, 10. bei Gastmalcn hatte jeder Gast sein eigenes Tischchen, ebendaselbst. Tisienus GalluS, 48, 13. 49, 8. Titanen sollen in die Höhle Cwa geflohen sevn, 51, 26. Titiana (Flavia) des Kaisers Perlinar Gemahlin, 73, 7. Historisches Register. 2071 TitianuS (Flavius) Einnehmer der kaiserlichen Gefalle in Aleran- drien unter Caracalla, 77, 21. (Marcus) Titius, von Sertus Pompejus mild behandelt, 48, 30. wird hernach sein Mörder, 49, 18. geht von AntoniuS zu Octavia- nüs über, 50, 3. Titius RufuS, Senator, unter Caligula hingerichtet, 59, 18. (Casus) Titiüs, Fr. 243. (Publius) Titius, 46, 49. (QuintuS) Titurius Sabinus, Nnterfeldherr Cäsars, 39, 45. verliert eine Schlacht, 40, 11'. TituS, Kaiser, rettet zu Claudius Zeiten seinen Vater VespasianuS in Britannien aus einer Gefahr, 60, 30. wird nach VespajlanuS Regierungsantritt zum Cäsar ernannt, 66, 1. belagert Jerusalem und erobert Stadt und Tempel nach einer verzweifelten Gegenwehr, 66, 4—7. entläßt die Jüdische Prinzessin Berenice, die er zu seiner Gemahlin bestimmt zu haben schien, weil das Volk damit unzufrieden war, 66, 15. Wenn er auch früher nicht den besten Ruf hatte, so kann man ihm doch als Regenten nichts Nach- z theiligeS nachsagen, Vergleichung zwischen ihm und AugustuS, ! 66, 18. Er unterstützt die Bewobncr CampanienS, welche durch ! einen Ausbruch des Vesuvs viel gelitten hatten, und läßt die durch ! einen großen Brand zerstörten Gebäude in Rom wieder herstellen, 66, 24. weiht mit großem Auswanv und Glanz die nach ihm benannten Bäder und das Amphitheater ein,, 66, 25. stirbt, nach den Einen durch die Tücke Domitians, nach Andern eines natürlichen Todes. Bei seinem Tode bereut er nur Eine Handlung seines Lebens, über die man verschiedene Muthmaßungen hegt, 66,25. T.ogodumnuS, kleiner König in Britannien unter Claudius, 60,20. 2072 Historisches Register Tolosa, Toulouse, srüher mit den Römern verbunden, empört sich und wird von den Römern geplündert. Sie war sehr reich und besaß unter Anderem die von Brennus geraubten Weihgeschenke zu Delphi, Fr. 226. TorquätuS, siehe ManliuS. (Lucius) Torgsuatüs, 36, 27. (Junius) Torquatns, Urenkel August s, unter Nero hingerichtet, 62, 27. (Ulpius Nerva) Trajanus, ein Spanier von Geburt, und der erste Ausländer, welcher den römischen Kaiserthron bestieg, 68, 4. war Statthalter in Deutschland, als ihn Nerva adoptirte. 68, 3. hatte Vorzeichen von seiner künftigen Kaiserwürde, 67, 12. verspricht dem Senat, daß kein rechtschaffener Mann unter ihm für sein Leben zu fürchten habe, macht gute Anordnungen, gibt große Summen aus, eine gute Kinderzucht in Italien zu befördern, 68, 5. bekriegt mit glücklichem Erfolge die Dacier und nöthigt den DecebaluS zu FriedenSanträgen, 68, 6. 8. Trajanus setzt den Krieg fort, bis DecebaluS persönlich erscheint und sich zu gewissen Bedingungen »ersteht, 68, 8. DecebaluS handelt treulos, 68, 12. Trajanus läßt eine prachtvolle Brücke über die Donau bauen, zieht mit dem Heere hinüber, erobert DecebaluS Reich und Hauptstadt. DecebaluS stürzt sich in sein eigenes Schwert und Trajan erbeutet viele verborgene Schätze desselben, 68, 13. 14. Nach Rom zurückgekehrt, gibt er Spiele, empfängt Gesandtschaften, gibt seinem Freunde Sura ein glänzendes Leichenbegänguiß, läßt verdienten Männern Bildsäulen setzen, legt Bibliotheken an, und läßt auf einem neuen Forum eine hohe Säule errichten, 68, 15. 16. Hierauf zieht er aus Begierde nach Ruhm gegen die Armenier und Parther, ist gegen Historisches Register. 2073 sie glücklich und trifft unter den Fürsten des Orients verschiedene Veränderungen, 68, 17—22. erhält den Beinamen des Besten, Dacicus, ParthicuS, 68, 23. kommt bei einem Erdbeben in An- tiochia beinah umS Leben, 68, 25. erobert Adiabene und dringt bis Babylon vor, 68, 26. will den Euphrat mit dem Tigris durch «inen Kanal verbinden, läßt, als ihm dies mißlingt, seine Schiffe zu Land nach dem Tigris schaffen und erobert Ctestphon, und eine TigriSinsek Meffene, 68, 28. kommt an den Ocean und hat große Lust, nach Indien zu gehen. Der Senat erkennt ihm Ehrenbezeigungen zu; seine Eroberungen gehen aber verloren, 68, 29. Sein Feldherr Marimus bleibt in einem Treffen gegen die Empörer: Lustus aber erobert Nistbis und Gdeffa wieder, und zwei andere Generale Seleucia. TrajanuS gibt den Parthern, aus Furcht, auch ste möchten sich empöre», einen König an ParthamaSpateS, 68, 30. geht nach Arabien, wo er die Atrener vergeblich zu unterwerfen sucht, 68, 31. Er rüstet sich zu einem Feldzuge nach Mesopotamien, erkrankt aber und schifft sich nach Italien ein, stirbt jedoch schon zu SelinuS (oas nach ihm Trajano- pel genannt wird) in Cilicien, nachdem er neunzehn und ei» halbes Jahr regiert hatte, 68, 33. Seine Asche wird unter seiner Prachtsäule beigesetzt, 69, 2. Sein Charakter, 68, 6. 7. leidet etwas durch Päderastie und Liebe zum Trunk, 68, 7. TralleS wollte den Schein baben, die Römer bei den Mordscenen des MithridateS in Asten verschont zu haben, Fr. 244. (Lucius) Trebellius, Volkstribun, Gegner des PompejuS» 36, 7. 13. 42. 29. TreboniuS, VolkStribun, läßt sich von PompejuS und Cäsar zu ihren ehrgeizigen Plane» gebrauchen: 39, 33. 35. ist dann auf 2074 Historisches Register. CäiarS Seite und belagert Masstlia, 41, 19. Cäsar macht ihn zum Stadtprätor und als solcher kommt er in Lebensgefahr, 42, 22. ist dann Statthalter in Spanien, 43, 29. einer der Hauptver- schworenen gegen Cäsar, hält während der Ermordung dessen den Antonius an der Thüre auf, 44,19. unterstützt den Brutus von Asten aus mit Gelo, 47, 21. wird von Dolabella in Smvrna umgebracht, 47, 29. Trevirer, 39, 47. 40, 31. unter AugustuS von NoniuS GalluS besiegt, 51. 20. (Lucius) Triarius, Unterseldherr der Luculius, besiegt den Mithri- dateS. 35, 10. Triballer, mpstsche Völkerschaft, 51, 22. 23. 27. TribuS, Fr. 16. (DeciuS) TriccianuS, erst Thürsteher, dann Statthalter inVanno- nien unter Macrinus, 78, 13. befehligt die Albanische Legion unter Macrinus, 79, 4. Triteuta, s. Teuta, Fr. 149. Triumph hielten die Feldherren unter den Kaisern nicht mehr, weil ^ diese allein Imperatoren waren; doch bekamen sie Triumvhinstgnien, 54. 24. 56. 17. TroaS, Fr. 260. Troja, Nitterspiel, von der Jugend aufgerührt, 42, 23. 51,22. 54, 26. 59, 7. Trompeter; Art, wie sie zur Schlacht bliesen, 47, 43. (AeliuS) Tubero, Consul, 54, 32. Tucca, Stadt in Afrika, 48, 2l. Tullianum, Gefängniß. 46, 20. (Lucius) TulliuS, 36. 25. Historisches Register. 2075 Tullus HostiliuS, König in Rom, Fr. 22. 23. Turbo, Leibwachenobrist unter Hadrian, 69, 18. Turnus, 'König der Rutuier, bekriegt den LatiuS und den Aencas, Fr. 3. (PubliuS) TurulluS, einer von Cäsars Mördern, wird von AntoniuS nach der Schlacht bei Actium an OctavianuS ausgeliefert und von diesem hingerichtet, 5l, 8. TuSculaner retten ihre Stadt gegen die heranziehenden Römer, Fr. 64. Tyani, Stadt. 75, 45. 76. 4. Tyndaris, Stadt in Sicilien, 48, 17. 49, 7. Tyrns, belagert, 47, 26. von dem Partherkönig Pacorus vergeblich belagert, 48, 26. Seine Bewohner werden mit den Sidoniern von Augustus für Sklaven erklärt, 54, 7. u. Ubier, 39, 48. - Neberhängc, über den Markt gespannt, 59, 23. Ulia, Stadt in Spanien, in der Gegend von Corduba, vom jüngcrn PompejuS belagert, 43, 32. 33. (DomitianuS) NlpianuS, Leibwachenobrist unter Alexander SeveruS, 8V, 1. 2. 4. UlpiuS MarcelluS, Feldherr unter CommoduS, 72, 8. Ulpiur JulianuS, Schatzmeister und Aufseher über das Getreide unter Caracalla, 78, 4. Leibwachenobrist unter MacrinuS, 78, 15. UmboniuS Silo, Statthalter im Bätischen Spanien unter Kaiser Claudius, 60, 24. Nmbrier, Völkerschaft in Italien, 4b, 13. Uneller, Gallische Völkerschaft, 39, 45. 2076 Historisches Register. Urania, Göttin der Carthager Von HeliogabaluS mit dem Sonnengott vermählt, 79, 12, UrsuS, Consul, 67, 3. 4. Usipetech, Celtische (Germanische) Völkerschaft, 39, 47. 54,20. wohnen neben den Batavern, 54, 32. 33. Utica, Stadt in Afrika, 42, 58. 43, 10. 11. von Curio belagert, 41, 41. erhält von OctavianuS das römische Bürgerrecht, 49,16. Uzitta, Stadt in Afrika, 43, 4. V. Vaccaer, Volk in Spanien, empören Kch mit anderen und werden vor MetelluS Nepos geschlagen, 39, 54. unter Augustuö von StatiliuS TauruS besiegt, 51, 20. (FabiuS) Valens, Befehlshaber bei dem Heere des VitelliuS, 64,16. (Casus) ValenS in seinem neunzehnten Jahre Consul, 67, 14. Valeria, Schwester des HortenstuS, Fr. 269. Valerianer, 36, 29. ValerianuS, Feldherr de- Septimius SeveruS gegen PeScenniu« Niger, 74, 7. ValerianuS Pätus, unter HeliogabaluS hingerichtet, 79, 4. Valerius, erlegt den Anführer der Celten, Fr. 77. DaleriuS Largus als Angeber berüchtigt, 53, 24. (PublinS) ValeriuS, Fr. 107. Valerius AstaticuS bringt die aufrührischen Soldaten nach Cali« gula'S Ermordung zur Ordnung, 59, 30. wird zum zweitenmal Consul, aber von Meffalina «erfolgt und endlich um das Leben gebracht, 60, 20. Vandalisches Gebirge, auf ihm entspringt die Elbe, 55, 1. Historisches Register. 207 ' Vandalen, 77, 20. (MarcuS TerentiuS) Varro, 41,23. Unterfeldherr des Pompejus in Syrien, 43, 38. rettet als Geächteter durch eine List sich dar Leben, 47, 11. (TerentiuS) Barro bekriegt die Salaffer unter August, 53, 25. (Attius) Varus, Pompejaner, von Eurio besiegt, 41, 41. 42. dessen Truppen jedoch nach Verlust ihres Anführers zu ihm übergehen, ebendas. will nach der Pharsalischen Schlacht den Oberbefehl in Afrika, 42, 57. ist aus des jüngern Pompejus Seite in Afrika, 43, 30. verliert ein Treffen gegen DidiuS, 43, 31. (QuintiliuS) VaruS, Statthalter erst in Syrien, dann in Deutschland, ist zu gebieterisch und läßt sich von ArminiuS und Segimer tiefer inS Land locken, wo er, aufs Aeußerste gebracht, sich in sein Schwert stürzt, 56, 18—22. Vatinius, Volkstribun, will den Consul Bibulus inS Gefängniß führen lassen, 38, 8. Vatinius, Statthalter in Jllyrien, wird von seinen Soldaten verlassen, 47, 21. Vatinius, Senator zu Nero'S Zeiten, 63, 15. BediuS Pollio füttert Muränen mit Menschenfleisch, — setzt außer Anderen auch August als Erben ein, 54, 23. Velleda, keltische Wahrsagerin, zu VespastanuS Zeiten, 67, 5. Veneter, zu Gallien gehörig, 39, 40. Venier (Venonen), Alpenbewohner, 54, 20. , Ventia, Stadt im Lande der Allobroger, 37, 47. (PubliuS) VentidiuS, 43, 51. Consul auf fünf Tage, 47,45. Feldherr unter Marcus AntoniuS im transalpinischen Gallien, 48, 10. hält sich tapfer gegen die Parther und Labienus, 48, 39. 2078 Historisches Register. bis 41. Antonios nimmt ihm aus Eifersucht den Oberbefehl, doch hält er einen Triumph über Pacorus, 49, 19—21. Veragrer, Völkerschaft in Gallien, 39, 5. Vercingetorir, Anführer der Arverner, 40, 33. fällt in das Land der Allobrogcr ein, wirft sich in die Stadt Alesta, ergibt stch an Cäsar, wird jedoch gefesselt, im Triumph aufgeführt und hingerichtet, 40, 39-41. 43. 19. VerginiuS Rufus, stqhe Rufus. Verschnittenen sollen vergiftete Dünste Nichts schaden, 68, 27. (Lucius) Verus, Mitregent des Marcus Aurelius, 71, 2. führt den Krieg gegen die Parther durch Unterfeldherren von Syrien aus, muß den Giftbecher trinken, weil er dem MarcuS Aurelius nach dem Leben getrachtet haben sollte, 71, 2. (Marcus) Verus, 69, 21. Kaiser, 70,2. VeruS hat Lust, sich unter HeliogabaluS zum Kaiser auszuwerfen, wird aber hingerichtet, 79, 7. Vesontio, jetzt Besancon,' 38. 34. VespasianuS, Kaiser, unter CaliqulaAedil, hat sonderbare Vorbedeutungen seiner künftigen Größe, 59, 12. 60, 9. verrichtet unter Claudius tapfere Thaten in Britannien, 60, 20. 30. will von Zudäa aus Galba zur Thronbesteigung Glück wünschen lassen, wird aber wegen Othos und VitelliuS Empörung von seinem Heere selbst als Kaiser ausgerufen, 65, 8. schickt MucianuS mit dem Heere voraus, und geht selbst über Syrien und Aegypten, um Gelder zu bekommen und Rom mit Getreide zu versehen, 65, 9. hebt abwesend die Anklage über Majestätsverbrechen auf und verweist die Sterndeuter, ob er sie gleich selbst zu Rathe zieht, 65, 9. hebt die durchgängige Durchsuchung vor der Audienz auf, 60, 3. Historisches Register. 2079 baut den Jupitertempcl wieder auf, verwendet, obgleich in seinem Hauswesen sehr einfach, viel auf Gebäude, ist sehr herablassend. Gegen Pasquille läßt er nur seine Vertheidigung öffentlich anschlagen, 65, 10. ll. findet einen heftigen Feind an HelvidiuS Priscus, was ihn kränkt, 65, 12. vertreibt die Philosophen aus Rom, weil sie Verwirrung in den Staat bringen, 65, 13. verliert seine Buhlin Känis, die er zu allerleiMäckeleien gebraucht hatte; macht eine Auflage aus'S Harnlassen, 65, 14. AlienuS und Mar- celluS verschwüren sich Wider ihn und werden hingerichtet, 65, 16. stirbt an einem Fieber in den Cutilischen Bädern, 65, 17. VesproniuS CandiduS, Consular unter Didius Julianus, 73, 16. Vestalinnen opferten jährlich einmal in dem Hause der jeweiligen Eonsuln zu Ehren der Bona Dea, 37, 37. auch in dem Hause der Prätoren, 37, 45. Bei ihnen wurden wichtige Documente, Verträge, Testamente niedergelegt, 48, 37. 46. 5l, 19. Unter August wollten die Vornehmen ibre Töchter nicht mehr dazu hergeben, man wollte daher auch freigelassene Jungfrauen dazu befähigen, cS blieb aber ^eim Alten, 55, 22. Sie erhalten unter ihm daS Recht dreier Kinder, 56, 10. werden von VitelliuS zu Gesandten wegen Friedensvorschlägen gebraucht, 65, 18, haben Liebhaber, Fr. 220. werden lebendig begraben, Fr. 17. 220. VestaliS Marima, 54,24. HeliogabaluS vermählt sich mit einer solchen, 79, 9. Domitian läßt welche hinrichten, 67, 3. Vesuv, ein heftiger Ausbruch desselben unter TituS. 66, 21—23. und unter Sept. Severus, 76, 2. VetrasiuS Polliv, stehe Pollio. (Lucius) BettiuS Angeber der CaMnariichen Verschwörung, 37, 41. 38, S. 2080 Historisches Register. Verillen, größere fliegende Fahnen, auf denen die Namen des Heers und des Feldherren standen, 40, 18. VezinaS, vornehmer Dacier, nach dem Könige der nächste, 67, 10. VibiuS CriSpnS, stehe CriSpuS. VibiuS Pansa, stehe Pansa. VibiuS PriscuS, 65, 2. VibulenuS Agrippa, ein Ritter, unter Tiberius angeklagt, nimmt im Senate in seinem Siegelring aufbewahrtes Gift und fällt todt zu Boden, 58, 21. Vicesima Hereditatum, von Augustus zur KriegSklaffe bestimmt, 55, 25. 56, 28. VictorinuS, Stadtpräfect unter CommoduS, sein Charakter, 72, 4.11. Vienna, Stadt im Narbonnenstschen Gallien, von den Allobrogern eingenommen. Für die damals Ausgewanderten wird von LepiduS und MancuS die Stadt Lugdunum (Lyon), erbaut, 46, 50. Vigintivirn, zur Vertheilung der Ländereien unter Cäsar, 38, 1. (MarimuS) Vinder, Feldherr des MarcuS AureliuS, 31, 3. Vinder, Statthalter in Gallien, empört stch wider Nero, 63, 22. und schlägt den Statthalter Spaniens Galba zum Kaiser vor, 63, 23. wird durch ein Mißverständniß von des RufuS Heer angegriffen und stößt stch das Schwert in die Brust, 63, 24. (MarcuS)ViniciuS, Feldherr Augusts gegen dieCelten (Deutschen), 53, 26. Gemahl Juliens, von Meffalina vergiftet, 60, 27. Vipsania, Agrippa'S Tochter, erst des TiberiuS, dann de- AstniuS GalluS Gemahlin, 57, 2. Virgil, eine Stelle aus ihm, 75, 10. ViriathuS, sein Lob, Fr. 202. 204. 210. Historisches Register. 2081 Viridovir, Anführer der Uneller, einer kleinen gallischen Völkerschaft, 39, 45. Virtus, Göttin, 48. 43. 54. 18. (Lucius) Vitellius, unter Caligula Statthalter in Syrien, rettet sich durch kriechende Schmeichelei das Leben, 59, 27. (Lucius) Vitellius, Vater des Kaisers, Consul, 6l>, 21. (AuluS) Vitellius, Kaiser, von edler Geburt, früher Lustknabe des Tiberius, auch später durch seine Ausschweifungen berüchtigt, wurde als Statthalter in Deutschland von dem Heer gegen Galba als Kaiser ausgerufen, 64, 4. und nach der Schlacht bei Cremona als Kaiser anerkannt, 65, 1. verpraßt durch die ausschweifendste» Schwelgereien die ungeheuersten Summen, 65, 2. 3. seine früheren armseligen Umstände, 65, 4. Er hat jedoch auch seine guten Seiten: er rächt sich nicht an Otho'S Anhängern, zieht Niemand- Vermögen ein, ist herablassend, 65,5—7. da-Heer in Judäa ruft indessen den VespasianuS, das in Mysien den AntontuS Primus als Kaiser aus, 65, 8. 9. Vitellius schickt den Aufrührern den AlienuS mit einem Heere entgegen. AlienuS geht über, da» Heer erklärt sich für VespasianuS, ruft aber bald wieder Vitellius als Kaiser aus und nimmt den AlienuS gefangen, 65, 10. die Vitellier halten sich selbst ohne Anführer tapfer, ziehen sich aber durch ein Mißverständniß zurück und bieten ihren Gegnern Frieden an, 65, 11—14. die Consuln, welche mit SabinuS, Vespafians Bruder, und andern Senatoren den Kaiser mit gewasfneter Hand zur Thronentsagung bereden oder zwingen wollen, werden von den kaiserlichen Trabanten unsanft empfangen 'und ziehen sich mit VespasianuS Sohn Domitian auf das Capital, müssen sich aber am folgenden Tag, da die Soldaten das Capital ersteigen und den 2082 Historisches Register. großen Zupitertempel abbrennen, durch die Flucht retten, oder ergeben, 65, 17. die Vespastaner dringen endlich in die Stadt ein, 65, 18. 19. der Kaiser kriecht, weil man keinen Vergleich annimmt, m zerlumpter Kleidung in ein Hundeloch, wird aber hervorgezogen und unter den empfindlichsten Beschimpfungen und Mißhandlungen auf den Markt geschleppt und niedergestoßen, nach ihm auch sein Sohn und sein Bruder, 65, 20—22. VocvnischeS Gesetz, stehe Gesetze. Volcäische Sümpfe, 55, 32. Volkstribunen, (36, 21. 22.) konnten nur Plebejer werden, oder Patricier, wenn ste sich von einem Plebejer adoptiren ließen, 37, 51. waren zugleich Senatoren, 10, 63. dursten keine Nacht aus der Stadt abwesend sein, 37, 43. konnten den Vortrag sogar der Con- suln unterbrechen, 38, 12. ließen bisweilen hohe Staatsbeamte, z. B. Consuln, ins Gefängniß führen, 37, 50. 38, 6. einen Aedil, 40, 45. konnten aber auch auf Befehl des Senats inS Gefängniß gebracht werden, 40, 45. konnten die Wahl eines Staatsbeamten hindern, cbendas. und SenatSconsulte, 41, 2. selbst noch unter TiberiuS, 51, 15. konnten verhindern, vaß die Staatsbeamten nicht in ihre Provinzen abgehen dursten, 37,50. Ein Volkstribun konnte dem andern widersprechen und entgegen arbeiten, 38, 14. Eäsar erhält alle Vorrechte eines Volkstribunen, 42, 20. 44, 5. wach Beendigung des Aegyptischen Krieges auch AugustuS aufLebenszeit, 51, 19. 20. nimmt aber den Namen nicht an, 53, 32. Sie hörten unter den Kaisern auf das zu sein, was ste ursprünglich waren, da die Kaiser es selbst waren, 53, 17. und ihre Regierungsjahre darnach berechnet wurden, ebendas. August erlaubt auch den Rittern es zu werden, 54, 30. 56, 27. Historisches Register. 2083 Volksversammlungen, Folge der Redner, 39, 35. Vologäsus, ein Thracier und Priester des Bacchus, sängt unter AugustuS eine Empörung an, ermordet den RheScuporiS, Sohn des CotyS, und verfolgt auch den RhömetalceS, König im Thraci- schen Ehersones, wird aber von Lucius Piso bezwungen, 54. 34. Vologäsus, König vonPaithien, unter Nero «on Corbulo bekriegt und bezwungen, um Frieden zu bitten, 62, 19—23. gibt Geißel, 62, 23. Seine Kinder kommen nebst TeridateS nach Rom, 61, 1. er selbst aber will nicht vor Nero erscheinen; 63, 7. ist stolz gegen VespastanuS, 66, 11. erhält aber dafür auch die erbetene Hülse nicht, 66, 15. Vologäsus, der zweite, König von Parthien, fängt unter MarcuS AureliuS Krieg mit den Römern an, 71, 2. VeruS zieht gegen ihn zu Feld, 7«, 1. Vologäsus, der dritte, SanatrucuS' Sohn, König der Parther unter SeptimiuS Severus, fällt in die Römischen Provinzen ein, wird aber bald im eigenen Lande heimgesucht und muß um Frieden bitten, 75, 9. 77, 12. W. Wallfisch mit einem fast menschlichen Gesicht, 54, Ll. Wasser, warmes, zum Trinken gebraucht bei den Römern, 57, 14. sein Verkauf wird von Claudius verboten, 60,6. von Nero, 62,14. von Vespastan. 66, 10. Wasserleitungen, Aquä Juliä, 48, 32. Marcia, 49, 42. Virgo, 54, 11. Weiber, wahrsagende, bei den Celten, 38, 48. Willfahren: vier Wagen fuhren zusammen aus, seit DomitianuS Dio CafsiuS. 16S Bdchn 10 2084 Historisches Register. sechs, 75, 4. in zwölf Gängen, hernach in vier und zwanzig, 59, 7. unler CommovuS einmal dreißig, 72, l6. Wochentage nach denPlaneten benannt, eine neuere Erfindung der Aegyvter, 37. t8. 19. L. Tanrhus, der Lacedämonier, Fr. 134. LantftuS, Stadt in Lycien, von Brutus erobert; die eigenen Einwohner zünden fie an und todten einander selbst, 47, 34. Lenophon hat seine Geschichte auf dem Lande geschrieben, 38, 28 Z. Zama, Stadt in Afrika, durch Hunger bezwungen, 48, 23. ZanticuS, König der Jazvgen unter Marcus AureliuS, 71, 16. ZarmaruS, ein Indischer Gymnosophist, läßt sich in die Gleufinischen Mysterien einweihen, besteigt dann den Scheiterhaufen und verbrennt sich selbst, 54, 9. Zehente anstatt des Zwanzigsten, 55, 25. 56, 28. von Freilassung der Sklaven. Erbschaften und jeder Art von Schenkung von Cara- calla eingeführt, 77, 9. von MacrinuS wieder aufgehoben, 78, 12. Zelia, sonst Ziels, 42. 47. ZenodoruS, vor HerodeS Tetrarch in Judäa, 54, 9. Zenodotion, Stadt in Osroene, 4V, 13. Zermizegethusa, Stadt in Dacien, am Flusse Sergetia, von TrajanuS belagert, 68. 8. 9. 14. Zeugma, Stadt, Uriprung deS Namens, 40, 17. 49, 19. Ziela, stehe Zelia. Zober, König der Albaner, 49, 24 ZoticuS, Luftknabe des HeliogabaluS. Der zweite Lustknabe HierocleS läßt ihm einen entnervenden Trank beibringen, 79, 16. Zunamen, Fr. 139. ZyrareS, kleiner Fürst der Geten, 51, 26. Zwerge gegen Weiber kämpfend, 67, 8. .L-L§ ' ' .< »- ^ O » S».H. '>- . ^>» A^U Mf?/'