Revidirte Verfassung Kantons Nnterwalden ob dem Wald, Erster Titel. Allgemeine Bestimmungen. Art. I. ^er Kanton Unterwalden ob dem Wald ist ein demokratischer mit Vorbehalt der Bundespsiichten souveräner Freistaat und als solcher ein Bundesglied der schweizerischen Eidgenossenschaft. Er bildet vereint mit Unterwalden nid dem Wald den Eesammtkanton Unterwalden. Art. 2. Die christliche römisch-katholische Religion-ist die Religion des Kantons und genießt als solche den vollen Schutz des Staates. Art. 3. Die Souveränität beruht im Volke, welches dieselbe unmittelbar in seinen verfassungsmä'ssigen Versammlungen theils durch die freie Sanktion der Verfassung, theils durch die gemäß derselben ihm zustehenden Wahlen, theils durch Annahme oder Verwerfung der vexfassungsgemäß vorbera- thenen Gesetze ausübt. Art. 4. Es gibt im Kanton keine Vorrechte des Ortes, der Ge- burt, der Familien oder Personen, sondern alle Bürger sind bor dem Gesetze gleich, und haben unter den im Art. 35. aufgestellten Bedingungen gleiche staatsbürgerliche Rechte. 4 Art. 5. Der Landmann kann sich im Kantone in jeder Gemeinde niederlassen, und in selber wie der Eingeborne Handel und Gewerbe treiben. Zurückweisungen in die Heimathgemeinde können jedoch durch Strafurtheile oder infolge Belästigung wegen Armuth angeordnet werden. Art. 6. Zeder Landmann und jeder dem Kantone angehörige Tolerirte oder Hinterfuß übt das politische Bürgerrecht aus und ist den öffentlichen Landeslaften unterworfen da wo er saßhaft ist. Dienstboten und Arbeiter fallen nicht in die Kathegorie solcher Säßhaften, sondern stimmen in ihrer Heimathgemeinde oder in Ermanglung einer solchen in der Gemeinde ihres letzten bleibenden Aufenthalts. Anlangend die Beitragspflicht der in einer andern als in ihrer Heimathsgemeinde sich Aufhaltenden an öffentliche Lasten an die Aufenthaltsgemeinde, so ergiebt sich dieselbe theils aus den in den Artikeln bezüglich der Gemeindebehörden enthaltenen Bestimmungen, theils aus den besondern Ortsverhältnisscn; nähere Regulirung wenn nöthig durch das Gesetz vorbehalten. Was ausnahmsweise die Armenunterstützungspflicht der in einer andern als der Heimathgemeinde angesessenen Landleute und Solcher, die nirgend ein Gemeinderecht im Lande haben, anbetrifft, wird das Gesetz wenn nöthig ein billiges Verhältniß statuiren; immerhin aber sind Zene, die ein ursprüngliches hierseitiges Gemeinderecht besitzen, vorzugsweise der Heimathgemeinde, die Andern vorzugsweise dem Lande verpflichtet. Art. 7. Das Landrecht kann nur solchen ertheilt werden, denen auf diesen Fall ein Gemeinderecht zugesichert ist. Hinwieder ist der Besitz eines Gemeinderechtes vor Allem durch denjenigen des Landrechtes bedingt. 5 Art. 8. Die Niederlassungsbewilligungen an Bürger anderer Kantone werden nach Art. 41. der Bundesverfassung ertheilt und allfällig wieder entzogen. Niedergelassene Schweizerbürger haben alle Rechte zu genießen und alle Pflichten zu erfüllen, welche für sie aus Art. 4l. und 42. der Bundesverfassung sich ergeben. Art. 9. Die freie Ausübung des-Gottesdienstes ist den anerkannten christlichen Konfessionen gemäß Art. 44. der Bundesverfassung mit Vorbehalt der für Handhabung der öffentlichen Ordnung und des Friedens unter den Konfessionen zu treffenden Maßnahmen gewährleistet. Art. 10. Die freie Meinungsäußerung in Wort und Schrift sowie in der Presse ist inner den Schranken der Wahrheit, Sittlichkeit und Religion gesichert. Die Strafe des Mißbrauchs wird ein vom dreifachen Rathe zu erlassendes Gesetz bestimmen, welches nach Art. 45. der Bundesverfassung der Genehmigung des Bundesrathes zu unterlegen ist. Art. 11. Das Petitionsrecht ist gewährleistet. Jeder hat das Recht, inner den Schranken der Verfassung Wünsche, Anliegen oder Beschwerden schriftlich in anständiger Fassung vor Behörde zu bringen. Art. 12. Die Verfassung garantirt das Recht der Bürger, unter sich Vereine zu bilden, welche weder in ihren Zwecken noch in den dafür bestimmten Mitteln rechtswidrig oder staatsge- fährlich sind. Gegen Mißbrauch trifft ein vom dreifachen Rathe zu erlassendes Gesetz die nöthigen Bestimmungen. 6 Art. 13. Niemand darf unter irgend welchem Dorwande seinem ordentlichen durch die Verfassung aufgestellten Richter entzogen werden, unbeschadet jedoch -,) den in Gesetzeskraft bestehenden oder noch erwachsenden Staatsverträgen; K) dem Institute vertragsmäßiger Schiedsgerichte in Civil- sachen, sowie c) der herkömmlichen durch Ortsbehörden über Frevel am Gemeindegut und Mißachtung von Gemeindeverordnungen verhängten Bestrafung, mit RekurSrecht an den Landrath. Art. 14. Die persönliche Freiheit jedes Kantonseinwohners ist gewährleistet. Das Gesetz wird bestimmen, wann und wie Verhaftnahmen und Hausdurchsuchungen dürfen vorgenommen werden. Art. 15. Wenn ein richterliches Urtheil die Einstellung im Aktiv- bürgerrechte zur Folge haben soll, muß selbe jedesmal im Urtheile besonders ausgesprochen sein. Art. 16. Kein Staatsbeamter darf vor Ablauf seiner Amtsdauer ohne richterliches Urtheil seiner Stelle entsetzt werden. Art. 17. Das Gesetz sorgt für den öffentlichen Unterricht. Die Erziehung soll in religiösem und vaterländischem Sinne geleitet werden. Der Geistlichkeit des Kantons wird auf das Erziehungswesen der gebührende Einfluß zugesichert. Art. 18. Zeder Kantonsbürger und jeder im Kantone wohnende Schweizer ist nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Vertheidigung des Vaterlandes verpflichtet. Die Mannschaft zum Bundesauszuge, zur Reserve und Landwehr stellt jede Gemeinde nach ihrer Bevölkerung. Die Niedergelassenen leisten ihre Militärdienste für jene Gemeinde wo sie ihr Domizil haben. Art. 19. Der Staat führt die Oberaufsicht über das Vormund- schafts- und Armenwesen und über dessen Leitung durch die Gemeinden. Zhm steht das Recht zu, die dießfalls nöthigen Gesetze und Verordnungen durch die verfassungsmäßigen Behörden zu erlassen. Art. 20. Die HandelS- und Gewerbsfreiheit ist nach Maßgabe des Art. 29. der Bundesverfassung anerkannt. Das Gesetz setzt diejenigen beschränkenden Bestimmungen fest, welche das allgemeine Wohl erfordert. Art. 21. Die Verfassung sichert die Unverletzlichkeit des Eigenthums und den Fortbestand der Klöster. Zeder Gemeinde, sowie jeder geistlichen und weltlichen von der höchsten Staats, behörde anerkannten Korporation bleibt auch die Verwaltung desselben unter der Ober - Aufsicht des Staates bestens ' zugesichert. Wenn das öffentliche Wohl Abtretungen für Wasserbauten, Errichtung von Straßen oder neuen öffentlichen Gebäuden erfordert, soll der Staat gerechte Entschädigung leisten; wird diese streitig, so entscheiden die Gerichte. 8 Art. 22. Zeder stimmberechtigte Landmann ist verpflichtet, an den Lands - und Kirchgemeinden zu erscheinen und an deren Verhandlungen Theil zu nehmen. Wahlumtriebe und Wahlbestechungen sowie das Stim- mensammeln um verfassungsmäßige Aemter und Bedienftungen sind verboten. Die Strafe auf Widerhandlung wird durch eine Verordnung des dreifachen Rathes bestimmt. Art. 23. Die Abstimmungen an der Landsgemeinde und den Gemeindeversammlungen geschehen in der Regel wie bisanhin durch das Handmehr; wird eine andere Abstimmungsart nothwendig, so setzt der Präsident, oder wenn die Versammlung mit dessen Vorschlage nicht einverstanden ist, diese dieselbe fest. Das Mehr geben gleichfalls nach bisheriger Weise an der Landsgemeinde und im dreifachen Rathe der Landwei- bel und die Weibel, an den Gemeindeversammlungen der Weibel und Unterweibel oder in deren Abgänge andere Gehilfen. Art. 24. Keine Beamtung ist lebenslänglich. Hingegen ist jeder in der Regel pflichte, diejenigen Beamtungen, welche ihm durch unmittelbare Volkswahlen oder vorn dreifachen Rathe übertragen werden, anzunehmen. Ausgenommen sind, die das fünf und sechzigste Altersjahr erreicht, sowie jene, die inskünftig zwei Amtsdauern werden durchgemacht haben. Auch stebt jeder Wahlbehörde das Recht zu, einen Gewählten auf dessen Begehren vor Ablauf der Amtsdauer zu entlassen. Art. 25. Zede Behörde, jeder Beamtete und Angestellte sind für ihre Amtsverrichtungen verantwortlich. Eine Verordnung 9 des dreifachen Rathes wird diese Verantwortlichkeit näher bestimmen. Art. 26. Die Mitglieder des Landrathes und Regierungäratheä sowie des Kantonsgerichtes werden auf die Verfassung und die Gesetze und für getreue Erfüllung ihrer amtlichen Pflichten von den Präsidenten beeidigt. Art. 27. Die Honorirung der Mitglieder der vollziehenden und richterlichen Kantonsbehörden soll mit Rücksicht auf bisherige Uebung und auf die ökonomischen Verhältnisse des Landes so niedrig als möglich gehalten sein. Die Mitglieder des Landrathes und Regierungsrathes aus den sechs alten Gemeinden beziehen für jede Sitzung, der sie beiwohnen, eine Entschädigung von 7 Batzen; die Mitglieder von Engelberg aus Rücksicht ihrer weitem Entfernung eine solche von 2 Schw. Frkn. 8 Batzen. Art. 28. Zn dem Regierungsrathe und den Gerichten können nicht zugleich Vater und Sohn, Drüder oder leibliche Schweiger sitzen. Zn den Landrath können von den Gemeinden aus nicht Vater und Sehn oder zwei Brüder gewählt werden. Dies hindert jedoch nicht, daß von zwei solchen Anverwandten der Eine als Mitglied des Regierungsrathes und der Andere Von einer Gemeinde aus den Beisitz im Landrathe haben. Art. 29. Die Sitzungen des dreifachen Rathes, des Kantonsgerichtes und der Siebengerichte, bei den Gerichten jedoch mit Ausnahme deren Berathungen und Entscheidungen, sowie ber Zeugeneinvernahme sind in der Regel öffentlich. Ausnahmen von dieser Regel können aus besondern Gründen beschlossen werden. 10 Art. 30. Die Verwaltung des Staatshaushaltes ist öffentlich. Art. 31. Zufolge der eingeführten Repräsentation nach der Volkszahl soll auch bei Vertheilung weiterer Vortheile oder Lasten nicht mehr der Unterschied von zwei größer» und fünf kleinern Gemeinden als Maßstab angenommen werden. ' Art. 32. Betreffend das Kloster und Thal Engclberg bleibt die Vereinigungsurkunde vom 19. und 24. Wintermonat 1815, insbesondere auch Art. 22 derselben in Kraft. Ausgenommen sind die durch gegenwärtige Verfassung ersetzten §tz. 5, 6, 17 und 18. §. 8. bleibt in dem Sinne, daß die bisher dem Gemeinderathe zugeschiedenen Kompetenzen inskünftig je nach ihrer Natur auf den Einwohner- und den Genossen- Gemeinderath zu vertheilen sind. Zweiter Titel. Gintheilung des Gebiets und politischer Stand der Bürger. Art. 33. Der Kanton Unterwalden ob dem Wald besteht aus sieben politischen Gemeinden, als: Sarnen,'Kerns, Sächseln, Altnacht, Giswyl, Lungern und Engelberg. Art. 34. Der Flecken Sarnen ist Hauptort des Kantons und der Sitz der Kantonalbehörden. 11 Art. 35. Um an der Landsgemeinde stimm- und wahlfähig zu sein, muß man -») Kantonsbürger, Tolerirter oder im Kantone gesetzlich niedergelassener Schweizerbürger sein; letztere erlangen diese Fähigkeit in eidgenössischen Angelegenheiten sofort, in kantonalen aber nach zweijähriger Niederlassung; d) daS zwanzigste Jahr erfüllt haben. Von der Stimm - und Wahlfähigkeit sind ausgeschlossen: n) durch strafrichterliches Urtheil Entehrte oder im Aktivbürgerrecht Eingestellte bis zu ihrer Rehabilitation; k>) Falliten und Solche, die zum Nachtheil ihrer Gläubigen akkordirt haben, bis zum Beweise der Befriedigung derselben, welche aber in einer Weise stattgefunden haben muß, daß die zuständige Behörde es den Umstanden angemessen erachtet, Fortdauer der Ebrenfähigkeit oder Reintegrirung des Schuldners auszusprechen. Die Ausschließung findet hinwieder bei jenen Falliten nicht statt, auf welche sie wegen offenbarer Nicht- verschuldung von der Behörde als nicht anwendbar erklärt wird; c) Geisteskranke und anerkannt Blödsinnige. Art. 36. Um an den verschiedenen Gemeindeversammlungen verhandeln zu können, muß Einer nebst Erfüllung obiger Erfordernisse noch die in den einschlägigen Art. (77. und 80.) eilt. haltenen besondern Eigenschaften besitzen. 12 Dritter Titel. Oefferrtliche Behörden i KantonsbehörSen. Landsgemeinde. L) Dreifacher Rath. 6) Landrath. v) Negierungsrath. L) Kantonsgericht (Appellationsgericht). ii Gemeindebehörden. Einwohnergemeinde. L) Kirchgenosiengemeinde. 6) Einwohnergemeinderath. v) Kirchgenossengemeinderath. L) Siebengericht (erste Civilinstanz). I Kantonsbehörden. Lan-sgemein-e. Art. 37. Die Landsgemeinde besteht aus allen nach Art. 35. stimmfähigen Kantonseinwohnern. Sie versammelt sich ordentlicher Weise am letzten Sonntage des Aprils, außerordentlich, so oft sie vorn Landrathe oder dreifachen Rathe dringender Geschäfte halber einberufen wird. Art. 38. Die Landsgemeinde ist oberste Wahlbehörde und wählt als solche: r>) den Regierungsrath; 6) die nach Art. 61. und 69. der Bundesverfassung dem Kantone zustehenden Mitglieder in die Bundesversammlung; c) die beiden Landschreiber je auf vier Jahre, den Land- weibel und Landläufer se auf ein Jahr, immer mit Wiederwählbarkeit. Art. 39. Dieselbe ist gesetzgebende Behörde und ihr steht als solcher zu: Z) die Annahme oder Verwerfung der Verfassung, der Gesetze und anderer an sie gelangender wichtiger Anträge; 6) die Ertheilung des Landrechtes in Uebereinstimmung mit Art. 7.; r) die Kenntnisnahme von dem Ergebnisse der Rechnungen des Landsäckels und andern Landesverwaltungen, sowie die Bewilligung nöthiger Steuern. Art. 40. Die Landsgemeinde kann in einzelnen Fällen den Erlaß eines Gesetzes dem dreifachen Rathe übertragen. Art. 41. Kein Antrag darf an die Landsgemeinde zur Bestätigung oder Verwerfung gelangen, der nicht vom dreifachen Rathe vorberathen, begutachtet und vorzulegen erkennt worden. Es sind sonach zu Handen desselben alle bezüglichen Eingaben einen Monat vor der ordentlichen Landsgemeinde dem regierenden Landammann unterschrieben einzureichen. 14 Art. 42. Die außerordentliche Landsgemeinde kann nur über solche Gegenstände rathschlagen, wegen denen sie einberufen ist. U. Dreifacher Rath. Art. 43. Der dreifache Rath besteht aus dem Regierungs- und Landrathe und ferner aus einem Mitgliede auf je 125 Einwohner. Eine Bruchzahl über 70 berechtiget zur Wahl eines Mitgliedes. Zufolge dessen wählt die Gemeinde Sarnen mit 3,402 Einwohnern 27 Mitgliede Kerns „ 2,509 )) 20 >1 Sächseln „ 1,506 » 12 Altnacht IF22 13 „ Tiswyl » 1,610 „ 13 „ Lungern » 1,413 „ 11 „ Engelberg » 1,737 14 „ Diese Wahlen geschehen am ersten Mai. Die Amtsdauer ist vier Jahre, jedoch mit jährlichem Austritte des vierten Theiles, den zuerst das Loos bestimmt. Die Abtretenden sind sofort wieder wählbar. In der Zwischenzeit erledigte Stellen werden an der nächsten Gemeindeversammlung für die übrige Amtsdauer besetzt. Art. 44. Der dreifache Rath versammelt sich ordentlicher Weise mit Anfang Aprils, außerordentlich, fo oft er vom Landrathe oder Regierungsrathe einberufen wird. Art. 45. Er prüft die Eesetzesentwürfe und andere Anträge, die vom Landrathe oder von anderer Seite der Landgemeinde 15 vorgelegt werden wollen, und ohne seine Zustimmung kann kein Gegenstand an letztere gelangen. (Art. 41.) Er hat auch bezüglich neuer Gesetze und anderer wichtigen Anträge das Recht, obne äußere Veranlassung einen Gegenstand in den Bereich seiner Berathung zu ziehen und dießfallige Anträge inner den Schranken der Verfassung an die Landsgemeinde zu bringen. Bevor aber diese Vorlegung vor die Landsgemeinde bestimmt erkennt wird, hat die Regierung oder eine Kommission des dreifachen Rathes den Gegenstand zu begutachten. Art. 46. Er erläutert nach vorläufiger Begutachtung durch den Landrath Verfassung und Gesetze, letztere aber nie in Anwendung auf einen einzelnen vor den Gerichten schwebenden Rechtsfall. Art. 47. Er wählt in geheimer Wahl das KantonSgericht und dessen Ersatzmänner und setzt für den Geschäftsgang desselben ein geeignetes Reglement fest, welches auch speziell über Einberufung der Ersatzmänner die nähern Bestimmungen enthalten soll. Art. 48. Er übt in Bezug auf Kriminalurtheile das Recht der Begnadigung aus, wird aber deßhalb nur bei ausgefällten Todesurtheilen außerordentlich einberufen. Die Vollziehung anderer Urtheile darf nicht bis zu dessen Zusammentritt verschoben werden. Bei politischen Vergehen steht ihm das Recht der Am- nestieerthcilung zu. Art. 49. Er hat sich über die Behandlung aller ihm obliegenden Geschäfte und der Wahlen insbesondere ein bestimmtes Regulativ zu geben. 16 (!. Landrath. Art. 50. Der Landrath besteht aus dem Regierungsrathe und aus Einem Mitglieds auf fe 250 Seelen der Bevölkerung. Eine Bruchzahl über 150 berechtiget zur Wahl eines Mitgliedes. Demnach haben zu wählen: Sarnen mit 3,402 Einwohnern 14 Mitglieder. Kerns „ 2,509 » io Sächseln .> 1,506 » 6 „ Altnacht - 1,622 » 6 „ Giswyl „ 1,6l0 » 6 Lungern „ 1,413 >> 6 „ Engelberg » 1,767 » 7 „ Anlangend die Amtsdauer sind die ähnlichen oder gleichen Bestimmungen des Art. 43. maßgebend, ausgenommen daß bei dem Tode eines Rathsgliedes sofortige Wiederbesetzung für die übrige Amtszeit stattfindet. Art. 51. Der Landrath versammelt sich in der Regel alle drei Wochen am Samstage, ausnahmsweise, so oft er es nöthig findet oder der Regierungsrath ihn einberuft. Art. 52. Der Landrath ist die oberste Vollziehungs- und Verwaltungsbehörde des Kantons; ») er erlaßt demnach alle in dieser Beziehung nöthigen Verordnungen, die fedoch weder der Verfassung noch den bestehenden Gesetzen zuwiderlaufen dürfen; b) er sorgt für Vollziehung der Bundesverfassung und der für den Kanton verbindlichen Bunbesbefchlüsse, dringliche Fälle dem Regierungsrathe vorbehalten; c) er berathet die Verkommnisse und Verträge mit andern 17 Kantonen oder Staaten, genehmigt die minder wichtigen und bringt diejenigen von besonderer Wichtigkeit an die LandSgcmeinde; ä) er laßt sich alle Konferenzprotokolle zur Schlußfassung vorlegen, auch ertheilt er die Instruktionen auf Konferenzen in wichtigern nicht dringlichen Fällen; e) er besorgt im Allgemeinen, was durch Gesetze oder Landsgemeindebeschlüsse ihm übertragen wird; k) er prüft die vom Regierungsrathe entworfenen Gesetze und andere wichtigen Anträge und legt selbe nach eigenem Gutachten dem dreifachen Rathe vor, hat auch selbst das Recht zu derlei Vorlagen ohne Mitwirkung des Regierungsrathes; T) er ordnet im Allgemeinen das Erziehungs-, Militär-, Finanz-, Sanitäts-, Bau- und Straßen- und das Armenwesen, mit Vorbehalt der durch das Gesetz untergeordneten Behörden eingeräumten Befugnisse und Pflichten; ll) er beschließt die Militäraufgebote, Fälle der Dringlichkeit dem Regierungsrathe vorbehalten; i) er nimmt die Rechnungen über sämmtliche Landesverwaltungen ab; k) er setzt den vom Regierungsrathe jährlich zu entwerfenden Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Kantons fest; l) er bestimmt mit Rücksichtnahme auf Art. 27. allfällige Gehalte oder Taggelder der Beamteten des Kantons, für besondere Bemühungen, und setzt die Pflichten und Besoldungen der Landesbediensteten fest; m) er bewilligt die Errichtung von Derwandtschastssteuern für Personen, die über zwölf Jahre alt sind, die Steuern aus dem Spitale, sowie länger als einen Monat dauernden Aufenthalt im Spitale oder Armenhaufe; 2 18 n) er ertheilt Entlassungen aus dem bürgerlichen Verbände und bewilligt die Niederlassungen im Kantone; o) er entscheidet über die Gültigkeit aller Wahlen in die Kantons- und Gemeinde-Behörden, wenn Zweifel oder Anstünde obwalten; p) er urtheilt über Competenzstreitigkeiten zwischen Regierungsrath und Gerichten, sowie zwischen Gemeinde-Behörden, bei jedesmaligem Austritte der respektiven Mitglieder; r,) er spricht in letzter Instanz über Gegenstände ab, wegen denen, nachdem Eemeinderäthe oder Strafbehörden von Corporationen darüber entschieden haben, rekurstrt worden, und welche dann nach Art. 58. k. der Erheblichkeit wegen vorn Regierungsrathe an den Landrath gebracht werden, als Ehebewilligungen u. d. gl.; r) er erkennt über die von Behörden anderer Kantone gestellten Begehren gesanglicher Auslieferung, sofern es Kantonsbürger oder im Kanton gesetzlich Niedergelassene betrifft; s) er entscheidet nach den Bestimmungen des Gesetzes über Revision von Civilurtheilen; r) er kann Einsicht in die Verwaltungen der Gemeinde- Behörden und der Corporationen nehmen und läßt in Fällen dringlicher Nothwendigkeit besondere Aufsicht walten; n) er übt in Bezug auf das Forstwesen und den Holzschlag diejenigen Befugnisse aus, welche ihm die Gesetzgebung einräumt; v) er trifft bei außerordentlichen Zeitumständen vorübergehend die nothwendigen außerordentlichen Maßnahmen. Art. 5Z. Der Landrath wählt aus seiner Mitte einen Zeughausund einen Kollegiverwalter, ferner aus allen stimmfähigen 19 Kantonsbewohnern den Kriegsrath, den Sanitätsrath, die weltlichen Mitglieder des Erziehungsrathes, die Landesarmen- Kommission, die Verwalter der Salzkassa, des Spital- und Armenhauses und den Polizeidirektor, endlich auf Doppelvorschlag des Kriegsrathes die Offiziere. Er übt auch das Kollatur- oder Konfirmationsrecht bezüglich einiger geistlichen Pfründen aus. Endlich bestellt er die ««fälligen Sustaufseher, den Spittler, den Landjägerwacht- meifter und Schellenwerkaufseher, die Wächter in Sarnen und den Scharfrichter. Art. 54. Er gibt sich die Geschäftsordnung selbst, die Wahlen trifft er in der Regel in geheimer Stimmgebung. Er erläßt auch das Geschäftsreglement für den Regierungsrath. v. Negrerungsrath. Alt. 55. Der Regierungsrath ist dem Landrathe untergeordnete Vollziehungs- und Verwaltungs-Behörde des Kantons, besteht aus zwölf Mitgliedern, und wird nach Art. 3.8. von der Landsgemeinde gewählt. Zn denselben müssen aus den Gemeinden Sarnen und Kerns je zwei Mitglieder, aus den andern je ein Mitglied gewählt werden. Frei aus allen wahlfähigen Kantonsbewohnern werden der Landsäckelmeister und noch zwei Mitglieder gewählt. Aus der Mitte des Regierungsrathes wählt jährlich die Landsgemeinde den regierenden Landammann, —fernerden Statthalter, welcher Stellvertreter des Erster» und das zweite Mitglied im Range ist. Der regierende Landammann und der Statthalter sind jeder in seiner Eigenschaft nach zurückgelegter Amtsdauer zwei Jahre nicht wieder wählbar. Zm Range folgen dann der Landsäckelmeister, hierauf die übrigen Mitglieder nach der Reihe ihrer Wahl. 20 Bei den Regierungsrathswahlen ist keineswegs auf die Rangordnung der Gemeinden, sondern nur darauf zu achten, daß jede Gemeinde ihre Mitgliederzahl im Ganzen erhalte. Art. 56. Die Amtsdauer der Negierungsräthe mit Ausnahme des LandsäckelmeisterS, welcher Letztere nur auf Ein Zahr, aber mit sofortiger Wiederwählbarkeit gewählt wird, ist vier Zahre, jedoch fallen das erste Zahr zwei, die andern drei Zahre aber je drei Mitglieder in Austritt. Die Reihenfolge des Austrittes wird ein für allemal durch das Leos bestimmt; der erste findet an der ordentlichen Landsgemeinde 185l statt; die Austretenden sind sofort wieder wählbar und behalten im Falle der Bestätigung die ehevorige Rangordnung bei. Art. 57. Der Regierungsrath versammelt sich in der Regel wöchentlich einmal, ausnahmsweise, so oft er oder der regierende Landammann es für nöthig finden. Weil indeß das der Gemeinde Engelberg zugetheilte Mitglied der Entferung halber nicht allen Sitzungen beiwohnen kann', so hat es zum mindesten alle zwei Monate einmal in der Sitzung zu erscheinen, und es sind dann jeweilen in seiner Anwesenheit diejenigen Engelberg besonders beschlagenden Geschäfte, welche sich füglich dahin verschieben lassen, zu behandeln. Art. 58. Zn den Geschäftskreis des Regierungsrathes fällt Folgendes: a) er vollzieht die Gesetze, Beschlüsse und Verordnungen der Landsgemeinde und des Landrathes, die richterlichen Strafurtheile, die Civilurtheile der Gerichte und Schiedsgerichte in Weigerungsfällen, endlich die Beschlüsse untergeordneter Landesbehörden, wenn der Vollzug nicht 21 direkte von letzter» ausgeht, — deßgleichen leitet er in Dringlichkeitsfällen den Vollzug der Bundesbeschlüsse ein (Art. 52. b.); d) er begutachtet und erledigt die ihm von höher» Dehör- den hiezu überwiesenen Gegenstände; o) er besorgt und erledigt die diplomatischen Geschäfte und Korrespondenzen, welche er nicht wegen besonderer Erheblichkeit vor den Landrath bringt; ä) er wacht über die öffentliche Sicherheit, Ruhe und Ordnung, trifft daherige Verfügungen in Spezialfällen, und schlägt dießfalls nöthig erachtete allgemeine Beschlüsse dem Landrathe vor; e) er stellt in Bezug auf das Erziehungs-, Militär-, Sa- nitäts-, Bau- und Straßen-, Finanz- und Armenwesen zweckdienliche Anträge an den Landrath, vollzieht die einschlägigen Beschlüsse desselben, erläßt auch selbst die in diese Verwaltungszweige einschlagenden Verfügungen untergeordneten Belangs, wenn selbe nicht in den Bereich untergeordneter Behörden gehören; s) er überwacht die Verrichtungen der verschiedenen Kommissionen; 8) er handhabt die Staatsverträge und Konkordate, bringt aber Fälle besonderer Wichtigkeit an den Landrath; h) er beschickt Konferenzen und ertheilt in dringenden oder minder wichtigen Fällen daherige Instruktionen; i) er verfügt über Stellungsbegehren der Behörden anderer Kantone und ordnet auf Requisition derselben die Einver. nähme von Zeugen im Innern sowie deren Stellung außer dem Kantone an; K) er entscheidet, Art. 13. a. vorbehalten, über Rekurse gegen minderwichtige Beschlüsse von Gemeindebehörden als wegen Dogtswahlen und d. gl., und bringt die erheblichern an den Landrath; l) er prüft selbst oder durch Mitglieder aus seiner Mitte die vor dem Landrathe abzulegenden Rechnungen der verschiedenen Landesverwaltungen; m) er bewilligt Ausweiseschriften inner den Schranken bestehender Verordnungen; n) er erkennt über nicht länger als einen Monat dauernden Aufenthalt im Spitale und Armenhause; o) er genehmigt die Tanschverträge; p) er setzt auf bisher übliche Weise Fataltermine und übt die Funktionen des bisherigen sogenannten Landgerichtes aus; rath, den Landrath, dreifachen Rath und die Landsgemeinde; er unterzeichnet die von diesen Behörden ausgehenden Akten und bewahrt die Stanbesinsignien auf; er nimmt die Beeidi- - gungen vor, ausgenommen diejenigen der Gerichte und vor den Gerichten; er wacht über Vollziehung der vom Regierungsrathe gefaßten Beschlüsse; er nimmt die Verhöre mit Nichtinhaftirten auf und ordnet in Dringlichkeitsfällen von sich aus Verhaftnahmen sowie diejenige Untersuchung an, mit deren Verschub Gefährde verbunden wäre; er übt endlich überhaupt die ihm nach Gesetz und Uebung zustehenden Befugnisse und Pflichten aus. Kantonsgericht (Appellationsgericht). Art. 67. Das Kantonsgericht ist die oberste civil- und kriminal- richterliche Behörde und besteht aus dreizehn Mitgliedern, von denen der dreifache Rath aus der Gemeinde Sarnen 2 Mitglieder Kerns 2 ,, 25 aus der Gemeinde Sächseln 1 Mitglied Altnacht 1 » Giswyl 1 .. Lungern r » Engelberg i „ die übrigen vier aus freier Wahl ernennt. Aus der Mitte des also bestellten Kantonsgerichtes werden vom dreifachen Rathe der Präsident und Dicepräsident bezeichnet, jeweilen auf zwei Zähre mit Wiederwählbarkeit. Ebenso wählt er aus freier Wahl sieben Ersatzmänner. Art. 68. Es dürfen nur höchstens fünf Mitglieder aus dem Landrathe und kein Mitglied aus dem Regierungsrathe in das Kantonsgericht gewählt werden. Art. 69. Die Amtsdauer der Kantonsrichter ist vier Zahre; je das zweite Zahr auf den 1. Mai tritt die Hälfte aus, das erste Mal sechs, das zweite Mal sieben Mitglieder. Dasselbe gilt vomden Ersatzmännern. Das Loos entscheidet den ersten Austritt; die Austretenden sind sofort wieder wählbar und behalten im Falle der Bestätigung ihre vorige Rangordnung bei. Art. 70. Das Kantonsgericht beurtheilt alle Civilstreitigkeiten, welche auf dem Wege der Appellation oder durch Ueberein- kunft der Partheien an es gelangen und den Werth von vier und zwanzig Franken übersteigen oder eine Rechtfame beschlagen ; ebenso beurtheilt es die appellirten Znjurienprozesse und Zugrechtsstreitigkeiten. Betreffend Engelberg hat es jedoch bei der in §. 7. der Vereinigungsurkunde enthaltenen Erschwerung der Appellation sein Bewenden. 26 Art. 71. Das Kantonsgericht beurtheilt in zweiter Instanz alle Kriminal-, Polizei- und Paternitätsfälle, die ihm nach Art. 6l. entweder auf dem Wege der Appellation oder sonst vorschristsgemä'ß vorgelegt werden. Es kann die erstinstanz- lich ausgefällten Urtheile nach eigenem Ermessen bestätigen oder abändern, und zwar verschärfen oder vermildern. Ihm steht überhaupt das Recht der Strafumwandlung zu. Der Angeschuldigte wählt im Falle ergriffener Appellation seinen Vertheidiger vor dem Kantonsgerichte frei aus der Mitte des Landrathes. Hat er aber nicht appellirt, so findet weder Anklage noch Vertheidigung mehr statt. Art. 72. Bei Beurtheilung von Civil- und allen Straffällen muß die volle Mitgliederzahl anwesend sein, ausgenommen, wenn bei erster» beide Partheien auf allfällig nöthige Ergänzung des Gerichtes verzichten. Art. 73. Dem Kantonsgerichte kommt die Wiedereinsetzung in die bürgerlichen Ehren und Rechte zu. Art. 74. Kommt die Ausfällung der Todesstrafe in Frage, so ist das Kantonsgericht bis auf neunzehn Mitglieder zu vermehren. Dies geschieht durch Deiziehung von Ersatzmännern, die durch das Loos bezeichnet werden, in deren Abgänge aber auf dem Wege sonst üblicher Ergänzung. Zu Ausfüllung eines Todesurtheils werden zwölf Stimmen erfordert. Der Verurtheilte hat auch das Recht, inner drei Tagen nach Ausfüllung des Urtheils bei dem dreifachen Rathe um Begnadigung einzukommen. 27 Das Nähere über die Ausführung sämmtlicher in die« sem Artikel enthaltenen Bestimmungen ist dem in Art. 47. vorgesehenen Regulativ vorbehalten. Art. 75. Die weitere Ausführung der in dieser Verfassung enthaltenen Grundsätze über das Strafrechtswesen bleibt einem Strafgesetzbuche, auf dessen beförderliche Einführung Bedacht genommen werden soll, vorbehalten. Art. 76. Eine Verordnung des dreifachen Rathes wird die Rangordnung des Kantonsgerichtes und seiner Mitglieder gegenüber den andern Kantonsbehörden bestimmen. II GeineinSebehöröen. ^ Eiiiwohnergemein-e. Art. 77. Die Einwohnergemeinde besteht aus allen nach Art. 35. an der Landsgemeinde stimmfähigen Gemeindeangehörigen, welche nicht anderswo niedergelassen sind, und aus allen andern gesetzlich in der Gemeinde niedergelassenen und an der Landsgemeinde stimmfähigen Kantonsbewohnern. Sie versammelt sich in der Regel jährlich am 1. Mai, ausnahmsweise auf den jeweiligen Ruf des Einwohnergemeinderathes. Art. 78. Die Einwohnergemeinde wählt alljährlich aus der Mitte des Einwohnergemeinderathes mit Wiederwählbarkeit den Präsidenten, ferner die der Gemeinde zukommenden Mitglie- der des Landrathes, des dreifachen Rathes, das Siebengericht und dessen Ersatzmänner, die Pfandschätzer, einen Weidet und nöthig erachteten Falls einen Stellvertreter desselben (Unterweibel). Art. 79. Ihr werden die Angelegenheiten von besonderer Wichtigkeit vom Einwohnergemeinderath zur Schlußfassung vorgelegt; sie beschließt zu Deckung der Kosten der letzterem zugeschiedenen Verwaltungszweige die allfällig nothwendigen Steuern, wofern solche von einigem Belange sind; sie hat das Recht, den Gemeinderath mit speziellen Aufträgen zu betrauen; sie kann endlich von sich aus Beschlüsse fassen, die ihres Trachtens in ihrem Interesse liegen und die nicht wider Recht und Billigkeit, wider Gesetze und höhere Verordnungen sich verstoßen. L. Krrchgenojsengemein-e. Art. 80. Die Kirchgenossengemeinde, Art. 82. vorbehalten, besteht aus Allen, die an der Landsgemeinde stimmfähig sind, Antheil am Gemeindegut haben und nicht außer der Gemeinde niedergelassen sind, sie mögen dann in ihrer Theilsame wohnen oder nicht. Sie versammelt sich ordentlicher Weise um Martini, außerordentlich auf den jeweiligen Ruf des Kirchgenoffenge- meinderathes. Art. 81. Die Kirchgenossengemeinde wählt den Kirchgenossenge- meinderath, und aus dessen Mitte alljährlich mit Wieder- wählbarkeit den Präsidenten, auch einen Weibel und allfälli- 29 gen Unterweibel, wenn sie der letzteren Verichtungen nicht den gleichen Angestellten der Einwvhnergemeinde übertragen will. Sie hat das Wahlrecht zu den Pfründen der Geistlichen, der Schullehrer, des Organisten und der Sigersten in bisher geübter Weise; sie wählt wie früher die Kirchen-, Kapellen-, Spend- und E'satzjahrzeitvögte; besondern Verständigungen oder Rechtsansprüchen der Ansaßen unvorgreiflich. Art. 82. Der Kirchgenossengemeinde werden die Angelegenheiten, welche der Wichtigkeit wegen die Kompetenz des Kirchgenvs- sengemeinderathes übersteigen, zur Schlußfaffung vorgelegt; sie erhält jährlich Kenntniß von den Rechnungsergebnissen jener Verwaltungen, über die bisher solche Berichtgaben stattgefunden; sie kann von sich aus Beschlüsse fassen, die sie in ihrem gemeinsamen Interesse erachtet, und die dem Rechte und der Billigkeit, den Gesetzen und höheren Verordnungen nicht zu nahe treten. Art. 83. Jede Gemeinde, jede Theilsame oder Genoßsame besorgt die Verwaltung ihres Korporationsgutes selbst wie bisher üblich und wählt das Verwaltungspersonal. Die Stimm- fähigkeit bei den daherigen Verhandlungen wird jeden Ortes durch die Lokalstatuten und die bisherige Uebung bestimmt, so lange nicht diessällige Abänderungen auf legalem Wege getroffen werden. Jedenfalls aber werden zur daherigen Stimmfähigkeit die in Art. 35. enthaltenen Requisiten zum Voraus erfordert, sowie daß Einer in der Theilsame wohne. Art. 84. Wo spezielle Verhältnisse obwalten, können in den besondern Theilsamen die stimmfähigen Genossen oder reipektive die Einwohner für sonstige von den Umständen gebotene Ortszwecke auch spezielle Beschlüsse fassen; diese können aber, wenn sie unbillig sind, gerichtlich widertrieben werden. Ebenso können Beschlüsse der Einwohner - und Kirch- genvssen - Gemeinden und der Korporationsversammlungen von Minderheiten, sowie von Jedem, der sich dadurch in seinem Rechte verletzt fühlt, gerichtlich angefochten werden. (!. Einwahl,ergemeinderath. Art. 85. Der Einwohnergemeinderath besteht aus den in der Gemeinde wohnenden Mitgliedern des Regierungsrathes und des Landrathes. Art. 86. Dem Einwohnergemeinderathe liegt ob: ->) Die genaue Handhabung der hoheitlichen Verordnungen und Beschlüsse, wenn selbe ihrer Natur nach nicht in den Bereich des Kirchgenossengemeinderathes fallen; d) die Sorge über das Dormundschaftswesen bezüglich solcher Eemeindebewohner, die nirgends im Kantone ein Gemeinderecht besitzen; c) die Vorbereitung der nöthig erachteten und die Vollziehung der sämmtlichen Gemeindebeschlüsse; ä) die Handhabung der Polizei in allen Theilen und in besonderer Beziehung auf öffentliche Ruhe, Ordnung und Sittlichkeit; e) die nöthige Veranstaltung hinsichtlich des Militärs und der Einquartirungen; 5) die Aufsicht und Polizei zu Verhütung öffentlichen Unglücks, z. B. betreffend Feuer u. s. w., und die Anordnung daheriger Sicherheitsanstalten; ss) die gesetzliche Aufsicht über die Schulen; K) die Sorge für Bestreitung der nothwendigen Ausgaben; i) die Wahl eines Gerichtschreibers, wenn diese Stelle nicht auf den Weibel übertragen werden will. v. Kirchgenossengemein-erath. Art. 87. Der Kirchgencffengemeinderath besteht aus so vielen Mitgliedern als der Einwohnergemeinderath, und wird aus allen stimmfähigen Kirchgenossen gewählt. Die Wahlen geschehen'in der Regel am I. Mai. Betreffend Amtsdauer, Austritt und Ergänzung gelten die ähnlichen Bestimmungen des Art. 50. Art. 88. Dem Kirchgenossengemeinderath kommt zu: .->) die Sorge über das Vo:mundschafts- und Armenwesen, bezüglich der Korporationsgenossen respektive Gemeindebürger ; K) die Beaufsichtigung der Kirchen-, Kapellen-, Pfrund-, Spend- und ähnlichen Verwaltungen, sowie der Erlaß der nöthigen Beschlüsse; o) bezüglich des Korporationsguts haben die respektiven Gemeinderäthe Aussicht über die Verwaltung zu üben und zu deren Besorgung in der Weise mitzuwirken, wie es jeden Ortes Verhältnisse und Gebräuche mit sich bringen. Art. 89. Wo es bisher geschehen, wie z. D. in Sarnen und Schwändi, können die Kirchgenossengemeinderäthe auch fü'rder 32 solche Geschäfte, die voll untergeordnetem Belange sind, in getrennter Sitzung behandeln. Gleiches gilt von den Ein- wohnergemeinderäthen. Art. 90. > Den Ansoffen in den Gemeinden bleibt die Gelten- machung beglaubter Rechtsansprüche auf Besetzung von Pfründen, Verwaltung von Kirchen, Kapellen und Stiftungen sowie auf Mitantheil an der Verwaltung von Gemeindegut und an Gemeindefonds vor dem Richter ausdrücklich vorbehalten und es soll deren allfälligen Rechten durch die in Art. 77 — 88. enthaltenen Bestimmungen in keiner Weise vorgegriffen sein. Ebenso bleiben den Anlassen alle laut Bundesverfassung ihnen zustehenden Rechte in allen Theilen gewahrt und vorbehalten. Art. 91. Die Verhältnisse der Gemeinden und deren Behörden noch näher zu reguliren bleibt einem wenn nöthig zu erlassenden Gesetze vorbehalten. Siebrngerrcht. Art. 92. 2n jeder Gemeinde besteht ein Siebengericht aus sieben Mitgliedern, welches von der Einwohnergemeinde aus allen stimmfähigen Gemeindebewohnern gewählt wird. 3n dasselbe darf die Gemeinde höchstens nur drei Mitglieder aus dem Landrathe und zwar keines aus dem Regierungsrathe und dem Kantonsgerichte wählen. Ebenso wählt die Gemeinde zwei Ersatzmänner in dieses Gericht. 33 Art. 93. Das Siebengericht wird am 1. Mai gewählt. Dessen Amtsdauer ist vier Zahre, jedoch fallen je nach zwei Zähren das eine Mal drei, das andere Mal vier Mitglieder in Austritt; ebenso tritt je das zweite Zahr ein Ersatzmann aus. Die Reihenfolge des Austritts wird durch das Loos bestimmt. Die Austretenden sind sofort wieder wählbar. Allfällige einzelne Ergänzungen finden am 1. Mai für den Rest der Amtszeit statt. Art. 94. Zu einem gültigen Urtheile wird die Anwesenheit aller Mitglieder erfordert. Zst die volle Zahl derselben nicht anwesend oder sind einzelne im Ausstande, so treten vorerst die Ersatzmänner nach der Reihe ihrer Wahl an deren Stelle, genügt auch diese Ergänzung nicht, so ergänzt sich das Gericht wie bisanhin selbst. Art. 95. Das Siebengericht beurtheilt: s) erst- und letztinstanzlich alle Civilprozesse, die nach Art. 70. nicht appellabel sind; b) als erste Instanz die Znjurien- und alle Civilstreitigkei- ten, welche nach Art. 70. vor das Kantonsgericht gezogen werden können. Eine Ausnahme bilden die Streitigkeiten wegen Bestimmungen von Staatsverträgen und Konkordaten, worüber nach Art. 58. die Administrativbehörde urtheilt. 3 Vierter Titel. Dauer und Revision der Verfassung; Schlufbeftimmung. Art. 96. Gegenwärtige Verfassung bleibt so lange in Kraft, bis selbe auf nachbeschriebene Weife durch eine andere ersetzt ist. Art. 97. Wenn achthundert stimmfähige Kantonseinwobner das Verlangen einer Total - oder Partialrevision bei dem dreifachen Rathe stellen, muß letzterer dasselbe der nächsten ordentlichen Landsgemeinde zur Abstimmung vorlegen. Der dreifache Rath kann auch selbst auf Total - oder Partialrevision bei der Landsgemeinde antragen, wenn die absolute Mehrheit seiner anwesenden Mitglieder dazu stimmt, immerhin mit Beachtung der in Art. 45. enthaltenen Vorschrift. Beim Verlangen einer Partialrevision müssen die zu revidirenden Artikel in beiden Fällen bezeichnet sein. Art. 98. Wird die Revision von der Landsgemeinde beschlossen, so hat letztere gleichzeitig zu entscheiden, ob diese Revision durch die gewöhnlichen Behörden (Regierung und dreifacher Rath) oder durch einen Verfassungsrath zu geschehen habe, welch letzterer aus so vielen Mitgliedern wie der Landrath bestehen und in gleichem Verhältnisse von der Landsgemeinde und den Gemeinden gewählt würde. Art. 99. In allen Fällen wird die total oder partiell revidirte Verfassung der Landsgemeinde zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt. Erfolgt die Verwerfung, so entscheidet die Lands- 35 gemeinde zugleich, ob die Revision sollen zu lassen oder durch die beauftragte Behörde fortzusetzen sei. Art. 100. Die gegenwärtig bestehenden Gesetze und in Gesetzeskraft übergegangenen Verordnungen, insoweit selbe nicht mit dieser Verfassung im Widersprüche stehen, bleiben bis zu ihrer Aufhebung oder Umänderung in Kraft. Es soll aber auf beförderliche Revision derselben Bedacht genommen werden. Art. 101. Das in Art. 52. u. 58. dem Landrathe und Regierungs- rathe zugeschiedene Verfügungs- oder Wahlrecht bezüglich einiger Einrichtungen und Anstellungen ist einer spätern Abänderung dieser letztern selbst unvorgreiflich. Art. 102. Die in Art. 43. u. 50. angegebene Repräsentation in dem dreifachen Rathe und dem Landratbe ist nach der Volkszäh. lung von 1850 festgestellt. Bei künftigen Volkszählungen soll seweilen nach Maßgabe derselben das Repräftntationsver- hältniß der Gemeinden in den Landesbehörden vom dreifachen Rathe neu geregelt werden. Uebergangsbestimmmig. Gleich nach Annahme gegenwärtiger Verfassung durch die Landsgemeinde trifft letztere die erforderlichen ihr zustehenden Wahlen. Der Landrath wird dann ungesäumt die Wahlen der Mitglieder des neuen Landrathes und des dreifachen Rathes in den Gemeinden einleiten und hierauf den neugewähl- ten Landrath sowie den Regierungsrath zu deren Conftitui- rung und unter kirchlicher Feier vorzugehenden Beeidigung 36 einberufen. Die neue Regierung wird sofort die weiter« von der Verfassung vorgeschriebenen Wadlen der Behörden und zwar zunächst des Kantonsgerichtes anordnen. Die bisher bestandenen Behörden und Amtsstellen werden, bis die neuen in Wirksamkeit treten, ihre Funktionen fortsetzen. Also beschlossen von der Landsgemeinde des Kantons Unterwalden ob dem Wald Sarnen, den 28. April 1850. Namens -er Lan-sgemein-e; der regierende Landammann: Joh. Jnrfew. Der Lanvschreiber: Jos. Gaffer E—-».-?> - - - > > - - r-?«--i- ?_-«.>,»! !«> !-W-LÄKUKM ^ÄL>I