»M1>1 1077 Nie mliur^oiMeluIe EeleMasi in Düciell willlreiul ller kehlen zwö^ Inlire. Von vr. Karl Fiedler. Separatabdruck aus der „Neuen Zürcher-Zeitung". Jürich. Druck von Zürcher und Furrer. Die Zürcher naturforschende Gesellschaft könnte, wenn anders es ihr um Feste sonderlich zu thun wäre, in diesen Tagen ein ehrenvolles Jubiläum begehen. Die dritte der jewetlen zwölf Bände umfassenden Reihen ihrer «Vierteljahrschrift" ist vor Kurzem zum Abschluß gelangt und es verlohnt sich, einen Blick aus diese äußerlich bescheidene, aber innerlich gehaltvolle Veröffentlichung zu werfen und dabei auch der sonstigen Thätigkeit der Gesellschaft im Rahmen der letzten zwölf Jahre kurz zu gedenken. Eine Gelegenheit, auf die interessante Geschichte der Gesellschaft zurückzukommen, ergibt sich vielleicht bei Anlaß des im Jahre 1896 zu feiernden Jubiläums ihres 150 jährigen Bestandes. Nach 8 1 ihrer Statuten ist die naturforschende Gesellschaft „ein Verein zur Beförderung der Naturwissenschaft und der Naturkenntniß. Diesen Zweck sucht sie zu erreichen 1) durch Vortrüge und Mittheilungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften, 2) durch Acufnung der von ihr angelegten naturwissenschaftlichen Bibliothek und, insofern die Geldmittel hinreichen, durch Unterstützung naturwissenschaftlicher Forschungen, 3) durch Ausgabe eigener periodischer Publikationen naturwissenschaftlichen Inhaltes." 4 Die Vortrage. Versuchen wir zunächst, uns die Leistungen der Gesellschaft in erstgenannter Hinsicht zu vergegenwärtigen, so geht aus einer Zusammenstellung des bezüglichen Materielles hervor, daß von 1880 bis Anfang 1892 in 10 bis 12 jährlichen Sitzungen im Ganzen 110 Vortrüge und 75 Mittheilungen gebracht worden sind. Wie sich dieselben auf die verschiedenen Wissenschaften vertheilen, wirv am besten aus der weiter unten gegebenen Zusammenstellung ersichtlich. Von besonderem Allgemeininteresse waren jene Vortrage, die unter dem Titel von „Ueber- sichrsvorträgen" besonders von Anfang bis Mitte der Achtziger Jahre gehalten wurden; sie traten später leider wieder in den Hintergrund. Von wie hohem Werth es ist, durch einen Fachmann von Zeit zu Zeit über die Fortschritte auf seinem speziellen Wissensgebiet unterrichtet zu werden, bedarf keiner näheren Darlegung. So besprach Pros. Hermann, damals der Vertreter der Physiologie an unserer Universität, die neueren Untersuchungen „über die Physiologie des Gesichtssinnes" (1880) und „über thierische Elektrizität" (1884). So erläuterte Professor Heim „die jetzige Erklärung der scheinbaren Lücken in der geologischen Entwicklungsgeschichte der organtsirten Natur" (1881) und gab damit ein Bild der hauptsächlichsten Errungenschaften der Paläontologie und Strati- graphie im vorangegangenen Jahrzehnt. Ihm schloß sich Dr. Rothp letz an mit Nachweisen „über Förderung der Mineralogie und Petrographie durch das Mikroskop", dies Zaubermittel moderner Forschung (1882). „Ueber die Fortschritte der theoretischen Chemie während der letzten zehn Jahre" äußerte sich Viktor Meyer (1880), zu jener Zeit Professor dieser Wissenschaft an unserem Poly- technikum. Ueber wichtige Fragen deiMhemie verbreitete sich Pros. Lunge in seinen Vortrügen „über die Fortschritte der chemischen Technologie und Metallurgie" (1882), „über die neueren Arbeiten zur Theorie der 5 Schwefelsäurebildung" (1885), und „über die neuesten Fortschritte in der Gewinnung von Produkten aus Kohle" (18871. Selbst das dem Nicht-Fachmann sonst so streng verschlossene Gebiet der Mathematik erwies sich bei dieser Behandlung als zugänglich. In einem Vortrage von Pros. W. Fiedler „zur Geschichte und Theorie der elementaren Abbildungsmetboden" gelangten nicht nur die verschiedenen geometrischen Projektionsverfahren, sondern auch die Modelle, Reliefs, stereoskopischen Bilder u. s. w. zur Besprechung (1882). Pros. Rudio lieferte einen „historischen Ueberblick über die Geschichte der Analysis von Cartestus bis zum Tode Eulers" (1884) und behandelte mit dem „Problem von der Quadratur des Zirkels" eine Frage, die eine viertausendjährige, wechselvolle Ge- schichre hinter sich hat (1890). Die natursorschende Gesellschaft war ferner stets bestrebt, wissenschaftliche oder praktische Fragen von aktuellem Interesse in den Kreis ihrer Besprechung zu ziehen. Der letzten Pariser Weltausstellung wurde gedacht in den chemischen Mitteilungen Pros. Lunge's (1889) und in einem Vertrag Pros. Nitter' s über das Hauptwunder derselben, den Eiffelthurm (1890). Die Errungenschaften der Elektrotechnik, dieses jüngsten und zukunftsreichsten Zweiges der Physik, fanden gebührende Berücksichtigung in einem Vortrage von Dr. Wietlisbach, damals Leiter der zürcher. Telephongesellschaft, „über die Elektrizitätsausstellung in München" (1882), von Pros. Tobler „über das elektrische Signalsystem der Gotlhardbahn" (1887) und namentlich durch Pros. H. F. Weber, von dessen Vortrügen die „über die Theorie des elektrischen Glühlichtes" (1888) und „über elektrische Arbeitsübertragung im Allgemeinen und die Leistungen der elektrischen Arbeitsübertragung zwischen Kriegsbeilen und Solothurn im Besondern" (1887) hervorgehoben werden müssen ; die eben erwähnte Arbeitsübertragung war einer der ersten in großem Maßstab ausgeführten und vollkommen ge- 6 lungenen Versuche in der angedeuteten Richtung und auch für die durch die letzte Frankfurter Elektrizitäts-Ausstellung so bekannt gewordene Arbeitsübertragung Lauffen-Frank- furt von vorbildlicher Bedeutung. Von großem aktuellem Interesse waren mehrere Vortrage von Pros. Heim aus dem geologischen Gebiete; so seine „Beobachtungen von der Gotthardlinie", wo unter anderem auch die berüchtigte „druckhafte Stelle", deren Ueberwindung den Ingenieuren so viel Arbeit verursachte, zur Behandlung kam (i880); so seine Kritik des „Projektes eines Montblanc-Tunnels" (1882); seine Mittheilungen „über den Bergsturz von E>m" (1881 und 1882) und „über den Ufereinsturz in Zug" (1887). Zur Zoologie leiten die Vortrage über, mit welchen die Professoren Heim und Lang die durch ihre Schönheit Aussehen erregende und endlich glücklich für das Polytechnikum erworbene „Roth' sche Sammlung fossiler Säugethiere aus der Pampasregion Argentiniens" der Gesellschaft erläuterten (1889). Hier ist auch der Mittheilung Pros. Lang' s über den Maminuth- embryo, dieses merkwürdigste Stück des merkwürdigen Fundes von Niederweningen zu gedenken (189Ü), von welchem übrigens das ebenfalls von Pros. Lang verfaßte Neujahrsblatt auf 1892 in Wort und Bild eine sehr anschauliche Darstellung gibt. Ein nicht minder zeitgemäßes, aber weniger erfreuliches zoologisches Thema, „das Auftreten der Nonnenraupe in den süddeutschen Waldungen" wurde von Pros. Bühler behandelt (1890). — Bei dem seiner Zeit so heftig entbrannten Streit um die Trinkwasserversorgung und Kanalisation unserer Stadt wurde die naturforschende Gesellschaft durch mehrere ihrer Angehörigen in Mitleidenschaft gezogen. Ohne des Näheren auf jene Kontroversen einzugehen, sei nur verzeichnet, daß im Schooße der Gesellschaft Stadtingenieur Bürkli „über den jetzigen Stand der Frage der Städtereinigung" sprach (1880), Professor Klebs seine „bakteriologischen Untersuchungen mit Bezug auf die Typhus-Epidemie" 7 mittheilte (1885) und Pros. Heim „über die Zustände des Trinkwasserbezuges" berichtete (1886). Dem mag angeschlossen werden» daß Pros. Cramer 1889 einen Vortrug über die „Aetiologie der Cholera" hielt. Tagesfragen waren es auch, welche zur Erörterung kamen in den Vortrügen von Direktor Billwiller über die auffallenden „Dämmerungserscheinungen Ende 1883" (1883) und von Pros. Heim „über die Prozesse der Feuerbestattung" (1886). In Verbindung mit diesen, mehr oder weniger direkt durch die Zeitereignisse hervorgerufenen oder doch beeinflußten Vortragen ist der gemeinschaftlichen Besichtigungen und Ausflüge der Gesellschaft zu gedenken. So wurde ihren Mitgliedern und den Gästen, welche sich zu der 1883 in Zürich tagenden und besonders glänzend verlaufenden Jahresversammlung der schweizerischen natur- forschenden Gesellschaft eingefunden hatten, mehrmals Gelegenheit geboten, bestimmte Abtheilungen der Landesausstellung*) unter fachmännischer Führung zu besichtigen. Einmal wurde der nach pflanzengeographischen Gesichtspunkten ausgeführten Bepflanzung der Quaianlagen, ein andermal dem Kohlenbergwerk in Käpfnach ein gemeinschaftlicher Besuch abgestattet; und durch die freundliche Bereitwilligkeit der Leiter konnte in ähnlicher Weise von den großartigen Anlagen und Einrichtungen des neuen Chemie- und des neuen Physikgebäudes der polytechnischen Schule Kenntniß genommen werden. Treten wir nun auf rein wissenschaftliches Feld hinüber, das von den Tagesströmunge» kaum berührt wird, so können hier aus den zahlreichen Vortrügen selbstverständlich nur einige als Beispiele herausgegriffen werden. *) Die Gesellschaft betheiligte sich an derselben durch Auflegung ihrer Publikationen. 8 - Aus der Physik sei noch ein Vortrug Pros. Weber' s erwähnt „über den absoluten Werth der kleinsten Lichtstärke, welche das Auge zum Sehen befähigt" (1889), wo auch physiologisch bemerkenswerthe Aus- und Rückblicke eröffnet wurden. Ganz vom Standpunkte des Physiologen aus behandelte Dr. Fick „das Räthsel der Licht- und Farbenempfindung" (1889), während D. v. Monakow schon ein Jahr zuvor „über die zentralen Organe des Sehens" vorgetragen hatte. Auch unsere Chemiker konnten über zahlreiche eigene Untersuchungen Bericht erstatten. Pros. Viktor Meyer sprach „über die chemische Natur des Chlor, Brom und Jod" (1881) auf Grund von Experimenten, welche ihm die Spaltbarkeit der Moleküle dieser sogenannten Elemente wahrscheinlich machten. Zu wiederholten Malen setzte Pros. Hantzsch der Gesellschaft die theoretischen Ansichten auseinander, zu denen ihn immer neue Versuche „über die räumliche Anordnung der Atome im Molekül" und „über die Atomwanderungen innerhalb des Molküls" geführt hatten (1887, 1888, 1891). Einen Zusammenhang zwischen Chemie einerseits, Physiologie und Histologie andererseits suchte Pros. Gaule in einem Vortrag „über die Beziehungen zwischen der Struktur der Gifte und den Veränderungen der Zellen" anzubahnen (1888), und Beziehungen der Chemie zur Zoologie wies ein Vortrag des so früh verstorbenen Pros. Weith auf, der sich „über die chemische Beschaffenheit des Fluß- und Seewassers und deren Verhältniß zur Fauna" verbreitete (1880). — Rein zoologische Fragen behandelte Pros. Keller in einem Vortrag „über thierische Symbiose" (1884), d. h. über das auf wechselseitigem Vortheil beruhende Zusammenleben verschiedener thierischer Organismen mit einander oder mit pflanzlichen Wesen und Pros. Lang in einer Besprechung „alter Probleme der Mol- luskenmorphologie" (1891), welche viel neue Anschauungen enthielt. Pros. Keller machte ferner auf Grund seiner s Reisen an's Rothe Meer mehrere Mittheilungen faunisti- scher Natur, so „über die Fauna des Suezkanals (1888) und des Rothen Meeres" (1882 und 1890). Ueber die Ergebnisse faunistischer Durchforschung unserer Süß- wasserbecken berichtete anderseits Dr. Jmhof in verschiedenen Vortragen (1882, 84, 85, 86, 88). Die Organisation des niedersten Wirbelthieres, des Lancettfisch- chens (Lmpkioxus), in dessen Kenntniß noch neuestens höchst bemerkenswerthe Fortschritte gemacht worden sind, wählte Dr. K. Fiedler (1890), einige Besonderheiten des höchsten, des Menschen Dr. R. Martin zum Gegenstand einer Besprechung („Entwicklung und Form- eigenthümlichkeiten des menschlichen Obres", 1891); Professor Zschokke trug „über Knochenbildung" vor (1887). Auch auf botanischem Gebiet finden wir die morphologisch physiologische Forschung einerseits, die systematische anderseits vertreten und vielfach mit Rücksicht auf praktische Bedürfnisse arbeitend. Von forstlicher Bedeutung sind die von Pros. Bühler behandelten „Probleme im Walde" (1884), seine Auseinandersetzungen „über den Einfluß der Meereshöhe auf das Wachsthum der Waldbäume" (1884) und „über den Einfluß des Waldes auf das Klima" (1886); für die Landwirthschaft von Wichtigkeit sind die durch Professor Schulze behandelten Untersuchungen „über die Stickstoffquellen der Pflanzen und den Kreislauf des Stickstoffs in der Natur" (1888), und „über die Entstehung der salpetersauren Salze im Boden" (1890). Daran schließen sich unmittelbar die Beobachtungen von Dr. Winogradsky „über die Organismen der Nitrifika- tion" (1891), wonach von ihm entdeckte Bakterien jene bedeutungsvollen Prozesse veranlassen. „Ueber die Verbreitung chemischer Stoffe im Pflanzenreich" im Allgemeinen verbreitete sich Pros. Schär (1888), nachdem er schon zuvor im Eocam ein von der Augenheilkunde mit 10 Erfolg verwendetes pflanzliches Alkaloid besonders gewürdigt hatte (1885). Ein für praktische Zwecke vielfach wichtiges Thema berührte Professor Cramer mit der Frage: „Wie gewinnt die Pflanze die ihr nöthige Festigkeit?" (1881) und gleichsam als gute Probe aufs Exempel folgte einige Jahre später der Vortrug von Pros. Schroter „über den Bambus und seine Bedeutung für die Tropenbewohner." Zu den niederen Pflanzen wendete sich Pros. Cramer mit der Mittheilung „neuer Beweise für die symbiotische Natur der Flechten" (1888), dieser zu scheinbar einheitlichen Organismen zusammengeschweißten Vergesellschaftungen von Algen und Pilzen. Eine Algengruppe, welche sich durch äußerst zierliche Schalenbildungen auszeichnet, schilderte Kantonsapotheker Keller in den „Diatomacecn" (1889) und „im Lichte der neuesten Forschungen" zeigte Dr. von Tavel das gesummte „System der Pilze" (1891). Dr. Schinz machte die Gesellschaft mit einigen Hauptcharakterzügen des von ihm so erfolgreich durchforschten Gebietes bekannt durch seine „botanischen und ethnographischen Mittheilungen aus Deutsch-Südwestafrika" und durch seinen Vertrag über die Vegetation dieses Landes (1889). — Von den Darbietungen geologischen Inhalts wurden bereits mehrere erwähnt. Es möge hinzugefügt werden, daß Pros. Baltzer, jetzt in Bern, „über die Geologie des Berner Oberlandes" (1881), Pros. Heim „über die Entstehung des Gletscherkornes" (1885), „über die Zentralmassive der Alpen" (1891) und „über die Randseen der Alpen" (1892) sprach, während Dr. Wettstein, dessen furchtbarer Tod an der Jungfrau noch in aller Gedächtniß ist, den Nachweis lieferte, daß eine Reihe versteinerter Fischsormen, welche als verschiedene Spezies beschrieben worden waren, nur durch mechanische Umformung des sie umgebenden Gesteines aus einer und derselben Art herzuleiten sind (1886). 11 Endlich sei hervorgehoben, daß die Gesellschaft nicht unterließ, ihrer großen Todten ehrend zu gedenken. Pros. Tetmajer sprach „über die bleibenden Leistungen des verstorbenen Mitgliedes Pros. Culmann," des Schöpfers der graphischen Statik (1882), Pros. Kleiner theilte einiges „zur Erinnerung an Pros. Luchsinger" mit, den früh dahingeschiedenen Nachfolger Pros. Hermanns auf dem physiologischen Lehrstuhl der Universität, und Pros. Sch röter legte „Heer's Bedeutung für die Pflanzengeographie" dar (1887). Eine Gepflogenheit neueren Datums ist der gewöhnlich im Dezember veranstaltete Demonstrationsabend, wo statt eingehender Vortrage nur kurze Mittheilungen in vermehrter Anzahl gebracht und meist mit Vorweisungen neuer Apparate, Präparate rc. verbunden werden. Es verdient schon jetzt bemerkt zu werden, doch kommen wir darauf zurück, daß eine Anzahl der genannten Vortrage später zum Theil in der „Vierteljahrsschrift", zum Theil in den „Neujahrsblättern" der naturforschen- den Gesellschaft zur Veröffentlichung gelangt sind. Der Besuch dieser Vortrüge von Seite der Gesellschaftsmitglieder war ein reger und bei besonderen Gelegenheiten fand sich ein sehr großer, durch zahlreiche Gäste vermehrter Zuhörerkreis ein. Im weiteren Publikum scheint indessen vielfach die irrthümliche Anschauung verbreitet zu sein, die Sitzungen der naturforschenden Gesellschaft seien in derselben Weise streng geschlossen wie z. B. diejenigen der ärztlichen. Wenn rein geschäftliche Sitzungen selbstverständlich auch hier nur für Mitglieder bestimmt find, so sind doch die wissenschaftlichen Vortrüge jedem Gebildeten, selbst ohne besondere Einführung, zugänglich, und beim Durchgehen der obigen Liste mag vielleicht der eine oder andere bedauern, bei dieser oder jener Verhandlung nicht dabei gewesen zu sein. Der Sinn für wissenschaftlichen Ernst ist freilich vielfach im Rückgang begriffen und neben der Vergnügungssucht 12 trügt die Spielerei mit der Ueberzahl populärer Vortrüge einen Theil der Schuld daran. So verdienstlich die Absichten der Veranstalter meist sein mögen, man darf sich nicht verhehlen, daß diese Sucht, alles und jedes zu popu- laristren, auch ernste Gefahren mit sich bringt, zumal in den Händen unberufener oder übereifriger Parteigänger — und es gibt deren im wissenschaftlichen Leben gerade so gut wie im politischen. Sie ist sehr geeignet, ein Halbwissen zu fördern, das mit der Bescheidenheit wahren Wissens nichts gemein hat, dagegen viel von dem Dünkel unmöglicher Allwissenheit besitzt. Sie ist sehr geeignet, die Neigung zur Oberflächlichkeit zu unterstützen, die sich gern eigenes Denken erspart, wenn sie das Denk- produkt eines andern, eben des Redners mit der Bequemlichkeit genießen kann, mit welcher man eine süße Frucht genießt. Den so an der voll besetzten Tafel des Geistes Speisenden kümmert es wenig, ob er ein gesundes Naturprodukt, das ja nicht anders als echt sein kann, vorgesetzt erhält, oder ob die Frucht zum Theilsaul und künstlich überzuckert ist; bemerkt er es doch um so weniger, je mehr der ihn Bedienende zu künsteln versteht. Mit andern Worten: es ist ein bei populären Vortrügen häufig zu beobachtendes, menschlich begreifliches, nichts destoweniger für Redner und Hörer auf die Dauer geradezu demoralisirendes Verfahren, schön abgerundete, glänzende Bilder unseres Wissens, unserer tiefen Naturerkenntniß darzubieten und zu empfangen. Der klaffenden Lücken wird nicht gedacht, der Hörer könnte ja sonst von der Sache oder gar vorn Redner einen minder wohlgefälligen Eindruck bekommen; die Schwierigkeiten vieler Erklärungsversuche werden mit Grazie umgangen, tieferes Eindringen würde ja leicht ermüdend wirken; auf jeden Fall aber ist der Beifall der Zuhörerschaft anzustreben, die sich nach dieser Quittung über gehabten Genuß eiligst zerstreut. Schon aus diesem Grunde findet nach solchen Vortrügen selten eine Diskussion statt. 13 die doch hier besonders geboten wäre, um anders Denkenden oder anders Wissenden Gelegenheit zur Betonung ihrer Zweifel oder zur Richtigstellung zu geben und so das keineswegs nur zersetzende, sondern vor allem belebende Element der Kritik auch hier hineinzutragen. Daß diese sachliche Diskussion und Kritik nach den Vortragen wissenschaftlicher Gesellschaften zu ihrem Rechte kommt, darin liegt, eigentlich gerade für den Laien, ein Vorzug derselben vor den meisten populären Vortragen, deren gute Seiten übrigens gewiß nicht verkannt werden sollen. Es darf sogar gesagt werden, daß unsere gelehrten Gesellschaften ihrerseits besonders Eines von diesen populären Veranstaltungen lernen könnten: nämlich, daß es nicht nur für die Zuhörer stets sehr erwünscht, sondern in vielen Fällen auch für den Redner sehr wohl möglich ist, selbst wissenschaftliche Fragen in einfachem, verständlichem Deutsch zu behandeln. Obwohl manche fremdsprachliche Fachausdrücke nicht gut zu entbehren sind, wenn man langathmige Umschreibungen vermeiden will, so könnten sie doch sicher außerordentlich viel sparsamer gebraucht werden, als es in manchen wissenschaftlichen Vortrügen geschieht. Wir glauben, daß die naturforschende Gesellschaft weiter verzweigte Wurzeln im Boden unserer gebildeten Volkskreise schlagen könnte, wenn sie sich etwas mehr dazu herbeiließe, in diesem Sinne ihren Besprechungen eine möglichst verständliche und anziehende Form und Gestalt zu geben, selbstverständlich bei strenger Wahrung des wissenschaftlichen Gehaltes und der wissenschaftlichen Kritik. Die Viertels« hrsschrist. Naturwissenschaftlicher Theil. Anders als bei den Vortragen liegt die Sache bei der wichtigsten Publikation der natursorschenden Gesellschaft, bei ihrer „Vierteljahrsschrift." Hier ist die rein fach- wissenschaftliche Darstellung unter ausgedehnter Benutzung 14 der Fachausdrucke wie überall beim geschriebenen Wort schon mit dem Verständniß weit eher verträglich, als beim gesprochenen, weil eben jenes wiederholt studirt und nicht, wie dieses, nur einmal gehört werden kann; sie ist aber ferner um so angezeigter, als die tsrmini tsebuioi meist internationalen Charakter haben, in allen Kultursprachen gleich oder ähnlich lauten. Aber die „Vierteljahrsschrift" kann überhaupt ihre Bedeutung nur behalten, und dem Zweck, zu welchem sie von der Gesellschaft irr erster Linie herausgegeben wird, nur gerecht werden, wenn ihr der streng wissenschaftliche Zug bewahrt bleibt, ihr Inhalt also vorzugsweise aus Originalarbeiten besteht. Wollte man versuchen — etwa in dem sonst sehr zu billigenden Bestreben nach größerer Verbreitung — sie in mehr populärer Richtung umzugestalten, so würde dieser Versuch unzweifelhaft und mit Recht scheitern. Wir besitzen eine lange Reihe guter populärwissenschaftlicher Revuen in deutscher, französischer, italienischer und englischer Sprache, welche alle vierzehn Tage oder gar wöchentlich erscheinen und ihren Lesern das Neueste rasch und bequem mittheilen. Wie sollte damit eine vierteljährlich herauskommende Gesellschastsschrist wetteifern können und wie sollten die Mitarbeiter für das keineswegs anziehende, weil wissenschaftlich wenig befriedigende Referirgeschäft geworben werden ? Aber selbst wenn dies gelänge, würde die Gesellschaft durch eine solche Zeitschrift des Hauptvortheiles verlustig gehen, dessen sie jetzt durch ihre wissenschaftliche Zeitschrift genießt: des Tauschverkehrs mit andern wissenschaftlichen Gesellschaften, der bereits eine sehr ansehnliche Höhe erreicht hat (vergleiche weiter unten) und der Bibliothek alljährlich den werthvollsten Zuwachs liefert. Eine nach den Fächern geordnete Inhaltsübersicht der letzten zwölf Bände der „Vierteljahrsschrift" liefert, namentlich im Vergleich mit den entsprechenden Disziplinen ungehörigen Vortrügen, ein in mehrfacher Hinsicht lehrreiches Bild. 15 In der „Vierteljahrs- In der Gesellschaft schüft" enthaltene Ab- gehaltene Vortrage Disziplin: Handlungen v. Verfassern, von Vortragenden. Mathematik 40 14 16 6 Astronomie 50 4 — Physik 20 14 20 6 Chemie 5 5 23 8 Zoologie Anatomie und 4 4 32 6 Physiologie 2 2 11 10 Botanik 5 5 33 12 Geologie 5 4 24 7 Palaeontologie 16 1 4 1 Meteorologie 12 4 14 8 Verschiedenes 4 4 8 8 Im Ganzen 163 61 (52) 186 71 Dazu kommen ea. 60 in dieser dritten Serie enthaltene Beiträge zur Kulturgeschichte der Schweiz, die sämmtlich von Pros. Wolf herrühren, demselben Manne, welcher die Leitung der „Vierteljahrschrift" seit ihrem Bestehen mit stets sich gleich bleibender Hingebung besorgt und noch vor Kurzem die mühsame Herstellung eines einläßlichen Gesammtrcgisters ihrer bisherigen 36 Bände übernahm. Von ihm und seinem Assistenten, Pros. Wolfer stammt auch die Mehrzahl der astronomischen Mittheilungen. Der Haupttheil der mathematischen Arbeiten (10) rührt von Pros. W. Fiedler her, dessen früher erwähnter Vortrag über die elementaren Abbildungsmethoden im Jahrgang 1882 abgedruckt ist, während Pros. Rudio' s geschichtliche Darstellung des Problems von der Quadratur des Zirkels 1890 veröffentlicht wurde. Näheres Eingehen auf diese und die übrigen mathematischen und astronomischen Beiträge vonAeschlimann, Beck, Beyel, Di - steli, Engel, E. Fiedler, Fritz, Genge, Graberg, Gubler, I. Keller, A. Meyer und 16 Weiler verbietet sich hier von selbst. Nur der „Beiträge zur Beziehung irdischer Erscheinungen zur Sonnen- Ihätigkeit" von Pros. Fritz (1887) sei noch gedacht, worin zu den von Pros. Wolf in ihrer Gesetzmäßigkeit zuerst erkannten Maxima und Minima der Sonnenflecken entsprechende Maxima und Minima der Polarlichterscheinungen, der Hagelschläge und-Schäden, der Weinbergserträg- nisse rc. konstatirt werden. Den astronomischen (50) und mathematischen (40) schließen sich der Zahl nach (20) die Abhandlungen mechanisch physikalischen Inhaltes an. Hier sei der Abdruck von Pros. Weber' s Studien über die Arbeitsübertragung Krtegstetten-Solothurn (1887) und ein anziehender Essay von Dr. H. v. Wyß über die verschiedenen Theorien zur Erklärung der Farbe des Himmels (1888) hervorgehoben. Die übrigen Beitragenden sind: Calm, Culmann, Fliegner, Fritz, Kro- nauer, Ritter, Rudio, Schneebeli, Städter, Stößel, Tobler und Weilenmann. Der Autor der (16) palaeontologischen Arbeiten ist der um die Bestimmung unserer reichhaltigen palaeozoischen Sammlung so verdiente Pros. Mayer-Eymar; an den (12) meteorologischen sind Direktor Billwiller, sein Adjunkt Dr. Maurer und die Herren Denzler und Fritz betheiligt. Nur je 5—6 Arbeiten bewegen sich auf den Gebieten der Chemie, Geologie, Botanik und Zoologie (mit Einschluß von Anatomie und Physiologie). Die bei Besprechung der Vortrüge charakterisirlen Untersuchungen von Pros. Werth (chemische Untersuchungen schweizerischer Gewässer rc.) sind im Jahrgang 1880, diejenigen Pros. Schär's (chemische Verbindungen in der Pflanzenwelt) im Jahrgang 1888, jene von Pros. Lang (Mollusken), Dr. Winogradsky (nitrifizirende Bakterien) und Dr. v. Tavel (Pilzsystem) im Jahrgang 1891 abgedruckt. In demselben Jahrgang beschreibt Pros. Magnus aus Berlin eine neue von Dr. Schinz entdeckte Pilzform, welche aus unserem rundblättrigen Stein- 17 brech schmarotzt, wahrend Dr. Schinz selbst einen Beitrag zur Kenntniß der afrikanischen Gentianaceen liefert. Aus dem Jahrgang 1889 müssen die praktisch so wichtigen Untersuchmungen Dr. Bertschinger's „über die Wirkung der Sandfilter des städtischen Wasserwerkes" hervorgehoben werden. Die Namen der übrigen hier be- theiligten Autoren sind: Bodmer, Delmar,Fick, Haller, Heimmhof.Lehmann, Mayer- Gymar, Saram-o, Treadwell und Werner. Vergleicht man auf Grund der oben gegebenen Tabelle die Zahl der Abhandlungen, welche während des zwölfjährigen Zeitraumes in der Vierteljahrsschrift erschienen sind, mit der Zahl der während der gleichen Zeit gehaltenen Vortrüge, so ergibt sich, daß Mathematik und Astronomie fast sechs Mal so viel Abhandlungen als Vortrage ausweisen, daß bei Physik und Meteorologie, mit PaläMologie die beiden Zahlen sich nähern, während endlich in Chemie, Botanik, Zoologie, Anatomie und Physiologie umgekehrt vier bis acht Mal so viel Vortrüge gehalten als Abhandlungen in der Vierteljahrschrift veröffentlicht worden sind. Die Ursachen für diese auf den ersten Blick auffällige Verschiedenheit liegen zum Theil nahe genug. Die Zurückhaltung der Mathematiker und Astronomen, das Dominiren der übrigen Naturforscher bei den Vortrügen erklärt sich aus dem Charakter der von ihnen vertretenen Wissenschaften. Daß die Chemiker, Geologen und Biologen verhältnißmäßig wenig Beiträge zur „Vierteljahrsschrift" liefern, kann nicht völlig zureichend mit dem Vorhandensein zahlreicher, von den Fachgenossen besser beachteter Zeitschriften begründet weiden, denn dasselbe könnten ja auch die Mathematiker und Physiker geltend machen. Vielmehr wird sich die „Vierteljahrsschrift" unzweifelhaft auf jedem Gebiet volle Berücksichtigung erringen, dessen hiesige Vertreter ihr regelmäßige Beiträge liefern. Diesen Vertretern aber darf aus Herz gelegt werden, ihrer Dankbarkeit für die Stadt, wo sie ihren Wirkungs- 18 kreis gefunden haben und für die Gesellschaft, deren Bücherschätze ihnen zu Gute kommen, auch dadurch Ausdruck zu geben, daß sie die naturwissenschaftliche Zeitschrist derselben so viel als möglich mit ihren Beiträgen unterstützen. Freilich ist noch eines Umstandes zu gedenken, welcher Geologen, Botanikern und Zoologen, Anatomen und Physiologen die Veröffentlichung ihrer Arbeiten in der Vierteljahrsschrift erschwert: die Nothwendigkeit zahlreicher und guter Abbildungen. Dem berechtigten Wunsche danach kommen mehrere große Fachzeitschriften durch Beigabe künstlerisch, oft sogar in vollendetem Farbendruck ausgeführter lithographischer Tafeln entgegen: wegen der hohen Kosten derselben wäre es jedoch für die „Vierteljahrsschrift" ganz unmöglich, Aehnliches zu leisten. Man trifft indessen immer mehr botanische und zoologische Arbeiten, wo mit diesen Tafeln förmlicher Luxus getrieben wird, wo Figuren in Farben und einem Riesenmaßstab mitgetheilt werden, für welche ein kleiner Holzschnitt oder eines der noch viel billigeren und sehr leistungsfähigen Verfahren, welche auf photographischer Uebertragung der Originalzeichnungen beruhen (Photozinkographie rc.), vollkommen ausgereicht hätten. Ein Luxus, der, nebenbei bemerkt, die betreffenden Zeitschriften und Einzelaibeiten oft so vertheuerl, daß nur Bibliotheken oder die unter den Gelehrten bekanntlich dünn gesäten Millionäre sie erwerben können. Welche erfolgreiche Anwendung jene einfacheren und billigeren Methoven erlauben, zeigt die früher erwähnte und schön illustrirte Abhandlung Pros. La n g's im letzten Heft der Vierteljahrsschrift aufs Allerbeste und häufigere Benützung jener Jllustrationsarten wäre auch für diese kleine Zeitschrift wohl zu ermöglichen, wenn — es ist leider abermals ein „wenn" dabei — die Einnahmequellen der Gesellschaft, zumal durch Abonnement ihrer Zeitschrift reichlicher flößen. Die Vierteljahrsschrift. Kulturgeschichtlicher Theil. Durch was für Mittel dies vielleicht zu bewirken wäre, davon nachher. Hier muß noch auf die viel zu wenig 1g beachtete und doch außerordentlich beachtenswerthe Beigabe Angewiesen werden, welche die „Vierteljahrsschrift" in Pros. Wolf 's „Notizen zur schweizerischen Kulturgeschichte" besitzt. Diese Notizen, welche die letzten Seiten eines jeden Heftes bilden, bringen zur Zeitgeschichte biographische Skizzen verdienstvoller schweizerischer Gelehrter, manchmal auch Briefe solcher und aus früherer Zeit manchen historisch interessanten Nachweis. Sie verleihen der „Vierteljahrsschrift" nicht nur für Mathematiker und Naturforscher, sondern iür jeden gelehrt«« Schweizer einen hohen - und eigenartigen Reiz. Einige Beispiele aus dem reichen Inhalt, der schon 1881 auf 300 Nummern gestiegen war, jetzt bis Nummer 453 vorgerückt und zeitweise durch Register übersichtlich gemacht ist, werden das Gesagte am Besten erläutern. Zunächst etwas von den Mittheilungen aus früheren Jahrhunderten. Unter 303 wird (durch Vermittlung des österreichischen Staatsarchivs) das Privilegium abgedruckt, welches Joost Bürgt 1602 von Kaiser Rudolf ll. für sein Triangularinstrument und die zum Druck bestimmte Beschreibung desselben erhielt. Unter 307 wird nach der eben (1881) wieder aufgefundenen „N o x o Z- r a p b 1 a 17 r bis Uornsusis auotoro Uovrioo O^nn- cl «IkinAsr" gezeigt, daß man schon vor 400 Jahren, 1486, jenen Traum zu träumen anfing, der sich immer mehr scheint in Schaum auflösen zu wollen, den Traum einer eidgenössischen Universität. 330 bringt biographische Nachweise über den freiburgischen Mathematiker Bar- tholomse Souvey-SoveruS, welcher 1624 bis 1629 als zweiter Nachfolger Galilei 's dessen Lehistuhl für Mathematik in Padua inne hatte, und 422 enthält eine Notiz über den vielleicht einzigen Schweizer, der sich einen Schüler Galilei 's nennen durste, den Arzt und späteren Professor in Padua, Jean Prövot von Delömont (1585-1631). Unter 370 weiden sehr interessante Briefe aus den Jahren 1741—69 abgedruckt, welche Anna Barbara Neinhart, ein mathema- 20 lisch hoch begabtes Mädchen, an ihren Arzt, Lehrer und Freund Hans Heinrich Hegner schrieb; sie unterrichtete später den Knaben desselben, den nachmals als Schriftsteller bekannt gewordenen Hans Ulrich Hegner, in Mathematik. Historisch bemerkenswerth ist auch die im Jahrgang 1887 angefangene, 1889 und 1891 fortgesetzte Rubrik alter Bücher, die eine durch Widmung oder frühere Schicksale ausgezeichnete Geschichte haben; nur ein Beispiel aus dem Besitze Pros. Wolf' s ; es ist der 1585 erschienene theologische Traktat „äs Ismxors st szus mututionibus seelssiustleis" von Pros. Heinrich Wolf, einem Bruder des Stammvaters unseres Astronomen, und das Exemplar, welches der Verfasser Ulrich Zwingli, dem Enkel des Reformators und Theologieprofessors in Zürich widmete; es zeigt, „daß die Freundschaft, welche Heinrichs Großvater, den Zunft- Meister Heinrich Wolf, mit dem Reformator Ulrich Zwingli bis zu ihrem gemeinschaftlichen Tode auf dem Schlachtfelde bei Kappe! verband, auch noch zwischen den Enkeln vorhanden war." — Als wahrhaft kostbare Relique ist die im Besitze der Sternwarte befindliche Vorlesung über Astronomie von Gauß zu bezeichnen, welche 1815 von Peter Merian von Basel nachgeschrieben und 1816 von Bernhard Studer von Bern ergänzt wurde; die außerordentlich lesenswerthe Einleitung zu dieser Vorlesung des berühmten Mathematikers und Astronomen steht im Jahrgang 1890 der „Virteljahrsschrift" (p. 237-51). Von den Briefen zur Zeitgeschichte müssen diejenigen erwähnt werden, welche Pros. Wolf selbst in Bezug aus die europäische Gradmessung von Elie Ritter, General Beyer, Jng. Otto Gelpke erhielt und unter Nr. 309, 10, 20 veröffentlicht, ferner die an Emile Gautier, den verdienstvollen Genfer Astronomen gerichteten Briefe von Hörner, Ad. Scherer,Her- schel, Nicolet, Quetelet, Secchi und vielen Anderen (Nr- 336, 52, 68, 69, 76, 87, 96), welchen eine 21 Biopraphie Gautiers' (1' 1881), voranging (316). Mehr oder weniger ausführliche Biographien, die bald aus der Feder Pros. Wolf's selbst stammen, bald dieser oder jener Zeitung (unter Quellenangabe natürlich) entnommen sind, erhalten ferner die Mathematiker und Astronomen: Emile Plantamour(-s 1882; 326) und Ch. Cellsrier (i 1889, 426) beide Professoren in Genf, Aug. Odin, der 1890 in den Alpen verunglückte junge Professor aus Lausanne (430), David Ribi ('s 1884, 359) und Ioh. Rud. Koch (j- 1891, 449), beide Lehrer in Bern, letzterer daneben langjähriger Bibliothekar der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft, Joh. O re lli (j-1885, 378) und Io h. S to ck e r (ff 1889, 418), beide Professoren an unserem Polytechnikum, endlich Ad. Meyer (j- 1888, 401) und Jul. Hemmig (j- 1889, 401), Lehrer am Seminar Unterstraß und an der Kantonsschule Zürich. Die Mineralogen und Geologen: D. F. Wiser (j- 1878, 308) und K a s p. S to ck a r - E s ch e r (j- 1882, 315), die trefflichen Freunde Eschers von der Linth, E m. Ludw. Grüner, der in Frankreich zu hohen Ehren gelangte bernerische Metallurge (s 1883, 338), der Neuenburger Naturforscher Ed. Desor ('s 1882, 317), Bernhard St »der (j- 1887, 381) und Alph. Favre (1890, 434^, die um die Geologie der Schweiz so außerordentlich verdienten Männer und Alex.Wett- stein, der hoffnungsvolle junge Gelehrte (Jahrgang 1887). Die Ingenieure und Topographen: Oberst Siegfried, der Schöpfer der topographischen Karte der Schweiz (j- 1878, 832); Joh. Welch. Ziegler, der neben dem „KartewKeller" als „Karten-Ziegler" populär geworden ist ('s 1883, 347); Kasp. Wetli, der um unsere Flußkorrektionen so verdiente Straßen- und Wasserbau-Inspektor des Kantons Zürich (4 1889, 402); Oberst Karl Pestalozzi, der Professor der Jngenieurwissenschaften am Polytechnikum ('s 1891, 444); endlich Ferd. Rud. Häßler, von 1816 —1832 Leiter 22 der amerikanischen Küstenvermessung (j- 1843, Autobiographie 337, biographische Mittheilungen aus der „Amerikanischen Schweizerzcitung" 365, aus dem „Aar- gauer Tageblatt" 435). Der Chemiker Wilh. Weith (-s 1882, Biogr. Jahrg. 1882). Die im gleichen Jahre (1890) verstorbenen Physiker Jaques Louis Soret in Lausanne, Heinrich Schneebcli und Joh. Rud. Alb. Mousson, beide Professoren ihres Faches am Polytechnikum in Zürich, letzterer überdies auch auf geologischem und zoologischem Gebiet thätig und um unsere Sammlungen und Bibliotheken hoch verdient.*) Die weltberühmten Botaniker Oswald Heer (s-1882,342) und Carl von Nägeli (-( 1890, 446); der tüchtige Physiologe Pros. Luchsinger (ft 1886, Jahrgang 1886); die trefflichen Aerzte Pros. Hörner (t 1886, 377), Cloötta (( 1890, 438), L. von Muralt (ft 1891, 445) in Zürich und Alois Schnebli in Baden ('s 1888,400). Ferdinand Kellers, des Entdeckers der schweizerischen Pfahlbauten, des Begründers und langjährigen Leiters der Zürcher antiquarischen Gesellschaft wird gedacht (j-1881, 410); mehrerer Geistlicher ehrend erwähnt, welche sich namentlich durch Jahrzehnte lang fortgeführte meteorologische Aufzeichnungen auch naturwissenschaftliche Verdienste erworben haben, so des Pfarrers Heinrich Schach in Dielsdorf (j- 1891, 429) und des Pfarrers Moritz Tscheincn im abgeschiedenen Walliser Nicolaithal (ft 1889, 452); selbst des bescheidenen, aber an seinem Ort unermüdlich thätigen Präparators der zoologischen Sammlungen, Joh. Widmer, wird nicht vergessen (4 1886, 380); *) Pros. Mousson vermachte dem Polytechnikum seine reiche Conchyliensammlung, der naturforschenden Gesellschaft seine große Bibliothek. 23 aus den biographischen Notizen über die verstorbenen Vorsitzenden des schweizerischen Schulrathes, den Präsidenten Karl Koppele r 1888, 395) und den Vizepräsidenten Alfred Escher (431) kann als vielleicht nicht allgemein bekannt hervorgehoben werden, daß auf des letzter» Veranlassung die zuerst vergessene Astronomie unter die Lehrfächer des Polytechnikums ausgenommen wurde; schließlich sei auf die Biographien zweier Männer aufmerksam gemacht, welche für die Bibliotheken und öffentlichen Sammlungen ihrer Städte Außerordentliches geleistet haben: Joh. Jak. Horner's, der während mehrerer Dezennien Bibliothekar unserer Naturforscherund Stadtbibliothek war (ff 1836, 374) und des Basler Rathsherrn Peter Merian (ff 1883, 335), welcher, wie Pros. Wolf mittheilt, durch eine 1838 vor der schweizerischen natursorschenden Gesellschaft gehaltene „Darstellung der Leistungen der Schweizer im Gebiete der Naturwissenschaft" Veranlassung zu der eigenen biographischen Thätigkeit Wolf's gegeben hat. Die Neujahrsblätter. Neben der „Vierteljahrsschrift", als der wissenschaftlichen Publikation, gibt die Gesellschaft die populär gehaltenen „Neujahrsblätter" heraus. 1799 schloß sie sich dieser spezifisch zürcherischen Sitte an und die seither alljährlich veröffentlichten Blatter bilden nun schon drei stattliche Bände. Die beiden ersten, einführenden Neujahrsstücke schrieb Kaspar Hirzel, dann theilten sich fast ein Menschenalter lang, bis 1836, Joh. Jak. Römer und Rud. Schinz in die Abfassung derselben — letzterer war zwölf Jahre lang zugleich Präsident der zürcher und gehört zu den Begründern der schweizer natursorschenden Gesellschaft. Zu den später mitwirkenden Autoren gehörten Männer wie Ferdinand Keller, Oswald Heer, Alb. Mousson, Escher von der Linth u. a. So anziehend es auch wäre, diese ein ganzes Jahrhundert wieder- 24 spiegelnden Schriften zu durchgehen, müssen wir uns doch auch hier mit kurzer Inhaltsangabe der in die Jahre 1880—1892 fallenden begnügen. Im Ncnjahrsblatt für 1880 macht Pros. Schach Mittheilungen „über künstliche Fischzucht"; die Arbeit enthält erstens Angaben über die bezügliche Technik, deren wichtigste Apparate abgebildet werden, zweitens eine sehr verdienstliche Tabelle zur leichten Bestimmung der Fische der Schweiz, drittens ein Verzeichniß der zürcherischen Fische. Im folgenden Jahr schließt sich I)e. Asper mit einer Abhandlung „über wenig bekannte Gesellschaften kleiner Thiere unserer Schweizerseen" insofern an, als'er in dem einen Kapitel die Bedeutung dieser winzigsten Seebewohner für die Ernährung der Fische bespricht, die hübsche Tafel stellt einige der absonderlichsten, glasartig durchsichtigen Krebschen dar. Beide Arbeiten weisen darauf hin, daß es auch auf diesem Gebiet noch sehr viel zu thun gibt und man möchte wünschen, daß gerade in Zürich die Gunst der Umstände, welche in der Vereinigung der besten wissenschaftlichen Anstalten um einen großen See liegt, ausgiebiger als bisher benutzt werde. Ist doch bei dem Städtchen Plön in Holstein erst vor kurzem auf Anregung von Dr. Zacharias und mit Hilfe von Beiträgen, die aus ganz Deutschland geflossen sind, eine biologische Station eigens begründet werden. Ihre Aufgabe sucht sie in der genauen wissenschaftlichen Durchforschung dieses als Typus gewählten Süßwasserbeckens, in dem Studium seiner Flora und Fauna und den Schwankungen derselben nach Tagesund Jahreszeiten, in der Ermittlung der Bedeutung der mikroskopischen Lebewelt für die Ernährung der größeren Thiere, besonders der Fische u s. w.z und es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Gedanke nicht nur den Meeresbewohnern, zu deren Erforschung Musteranstalten wie die weltbekannte zoologische Station in Neapel bestehen, sondern auch den Lebewesen des Süßwassers, größte Aufmerksamkeit zu schenken, wissenschaftlich wie praktisch volle 25 Berechtigung hat. Was aber in Plan erst geschaffen werden mußte, das liegt, leichten Ausbaues fähig, hier schon vor uns. Es brauchte nicht viel mehr, als Verlegung der Fischbrutanstalt an den See, Ausstattung derselben mit einigen Arbeilsräumen und neben den gewöhnlichen Kähnen Indienststellung eines mit den nöthigen Fangapparaten ausgerüsteten Naphtabootes. Die genaue Bearbeitung der Funde aber in chemischer, zoologischer, botanischer, bakteriologischer Richtung könnte sehr wohl in den bezüglichen Instituten und Laboratorien unserer Hochschulen erfolgen, die, von ersten Gelehrten geleitet, einen gut geschulten Stab von Mitarbeitern stellen würden. Kehren wir indessen von diesen Zukunftsbildern zu unseren Neujahrsblätlern zurück! 1882 bespricht Pros. Heim im Anschluß an sein Neujahrsblatt von 1874, welches die Verwitierungsformen der Berge behandelte, „die Bergstürze", die als fast normale Glieder in dem großen Prozesse der Verwitterung und Thalbildung erkannt und deren verschiedenartige Erscheinungsweisen durch Beispiele und Zeichnungen vorgeführt werden. 1883 läßt Pros. Schröter, hauptsächlich aus Grund von H e e r' s klassischen Untersuchungen, „die Flora der Eiszeit" wieder vor uns erblühen und macht auf die letzten Abkömmlinge derselben aufmerksam, welche sich am Uetliberg in Gestalt einiger sonst nur alpin und im hohen Norden vorkommenden Pflanzen behauptet haben; die Tafel gibt 50 Abbildungen von Pflanzentheilen, besonders Blättern, aus jener Periode. 1884 beschreibt Pros. Jäggi eine bei uns im Aussterben begriffene Pflanze, die „Wassernuß" und erörtert eingehend auch die möglichen Beziehungen ihrer sonderbar geformten Frucht zum römischen „trikuius". 1885 führt uns Pros. Fritz auf „die Sonne", deren gewaltiger Organismus in Wort und Bild dargestellt wird. 1886 schildert Pros. Schröter den „Bambus und seine Bedeutung als Nutzpflanze", und ein ähnliches Charakter- 26 bild gibt 1890 Pros. Schär vorn „Zuckerrohr, seiner Heimat, Kultur und Geschichte." 1887 berichtet Dr. Mosch „über den japanesischen Riesensalamauder", von welchem sich seit nun sechs Jahren ein lebendes Exemplar im Polytechnikum befindet, und führt eine Ver- gleichung mit dem fossilen Salamander von Oeningen durch, der in unseren Sammlungen ebenfalls vertreten ist. (Das zuerst entdeckte Skelett eines solchen wurde bekanntlich von Jol>. Jak. Scheuchzer zu Anfang des vorigen Jahrhunderts als Ueberbleibsel eines menschlichen Zeugen der „Sündfluth" beschrieben.) 1888 machen wir mit Direktor BillwilIer einen Besuch in der „meteorologischen Station auf dem Säntis" und lassen uns von ihrer Entstehungsgeschichte und ihren bisherigen Leistungen erzählen; ein guter Lichtdruck zeigt den Bau auch im Bilde. 1889 bringt Pros. Cramer die klare Darlegung eines praktisch wichtigen Themas, einen Vortrag „über Bau und Wachsthum des Getreidehalmes" zum Abdruck, welchen er ein Jahr zuvor Landwirthen gehalten hatte. 1891 wird der im Zürcher Rath- haus gebotene Vortrag Pros. Heim's über die von Escher von der Linth und Alexander Weitste in cnträthselte „Geschichte des Zürichsees" verwendet; eine geologische Karte des Gebietes ist beige geben. 1892 endlich behandelt Pros. Lang die „Geschichte der Mam- mutfuude" unter genauer Beschreibung und Abbildung des Fundes von Niederweningen.*) *) Diese Mammutskelette sind jetzt bekanntlich vor der mineralogischen Sammlung im Polytechnikum aufgestellt; ganz in der Nähe, in der Roth'schen Sammlung findet sich in dem Mastodon-Unterkiefer ein Theil eines noch größeren Verwandten aus der argentinischen Vorwelt; und eine Treppe höher, vor der zoologischen Sammlung, hat in allermuster Zeit das vollständige Skelet des kleineren Verwandten der Jetztzeit, des Elephanten, Platz gefunden. 27 Der Gesammtcharakter der Neujahrsblätter hal im Laufe der Zeit etwelche Veränderung erfahren. Wendeten sie sich früher nach Ton und Inhalt ausschließlich an die Jugend und boten demgemäß belehrende Darstellungen irgend welcher merkwürdiger Naturobjekte, so trat all- mälig ein Bestreben nach Vertiefung des wissenschaftlichen Gehaltes in den Vordergrund, das voll zu billigen ist, sobald nur die Klarheit und Anschaulichkeit der Form nicht darunter leidet. Diese Klippen haben die meisten Verfasser denn auch mit glücklichem Takt vermieden und so sind die Neujahrsblätter der naturforschenden Gesellschaft Jugendschriften im guten, ernsten Sinn des Wortes geblieben, die bei ihrem billigen Preise nicht nur der Jugend selbst, sondern besonders auch ihren Lehrern, einsichtigen Eltern sowohl als vorwärts strebenden Schul- lehrern warm empfohlen werden dürfen. Es ist sehr zu bedauern, daß mit dem Berchtoldstag auch die Erinnerung an diese Neujahrsblätter zu verschwinden scheint — der Umstand, daß von fast allen, von 1799-1882, noch Exemplare im Helmhaus zu haben sind, beweist es — trotzdem sie nicht der rasch veraltenden Tageslitteratur angehören. Die Bibliothek und der Schriften- a u s t a u s ch. Den weitaus größten Theil ihrer Einkünfte, welche sich namentlich aus den Beiträgen der Mitglieder und der Behörden und aus den Zinsen des Stammkapitales zusammensetzen, verwendet die Gesellschaft zur Aeufnung ihrer Bibliothek. Die Sammlungen, welche sie früher besaß, sind schon längst in anderen Sammlungen unserer Stadt aufgegangen und die glückliche Vorbedingung, deren 8 1 der Statuten mit den schüchternen Worten »sofern die Geldmittel hinreichen" gedenkt, traf so selten zu, daß in dem zwölfjährigen Zeitraum, über welchen wir berichten, nur zwei Mal für andere als Bibliothekszwecke eine größere Summe bewilligt werden konnte. In den Jahren 28 1880—84 wurden im Ganzen 1600 Fr. zu den Kosten der meteorologischen Starion auf dem Säntis, 1890 ein Beitrag von 100 Fr. zur schweizerischen Biographie, deren erster Band soeben erschienen ist, bewilligt. Die jährlich direkt auf die Bibliothek verwendete Summe belauft sich auf 3—4000 Fr., woMn 6—700Fr. fär Büchereinbände kommen. Berücksichtigt man, daß auch die Vierteljahrs- schrift der Vermehrung der Bibliothek dient, da sie der Gesellschaft erlaubt, mit etwa 250 anderen wissenschaftlichen Gesellschaften einen Tauschverkehr in Bezug auf die Publikationen zu unterhalten, so müssen ihre Herstellungskosten hier ebenfalls in Rechnung gebracht werden. So ergibt sich als jährlicher Durchschnitt der für die Bibliothek verausgabten Gelder die Summe von mindestens 6000 Franken, also weit über 70,000 Fr. für die 12 Jahre. In diesen Zeitraum (1885) fällt überdies der sehr nothwendig gewordene Neudruck des Bibliothckkataloges. Der jetzige Bestand der Bibliothek ist mit ca. 25,000 Bänden anzugeben. Dies«-Zettschriften-Serien, von welchen schon heute manche fast unerschwingliche Preise erreicht haben, machen den Hauptwerth d«ser Bibliothek aus, wenn auch die Anschaffung kostspieliger Monumentalwerke, wie z. B. der berühmten Challenger-Reports, nicht verabsäumt wurde. Abonnirt weiden 80 Zeitschriften, im Tausch gehen 242 ein, darunter die Veröffentlichungen der größten und bedeutendsten Gesellschaften und Akademien, deren zum Theil prachtvoll ausgestattete Bände den Buchhändlerwerth der „Vierteljahrsschrift" um ein Vielfaches übertreffen. Den Ländern nach geordnet kommen der Gesellschaft aus Deutschland 80, Nordarnerika 30, Oesterreich 28, der Schweiz 19, England 18, Belgien und den Niederlanden 13, Frankreich 15, Rußland 8, Italien 7, Schweden und Norwegen 7, Spanien und Portugal 3 und aus anderen Ländern 14 solcher Tauschschriften zu. Auf die verschiedenen Wissenschaften vertheilen sich die gesammten, durch Tausch und Kauf erworbenen Zeitschriften wie folgt: Mathematik 13, Astronomie 10, Meteorologie 7, Physik 29 13, Chemie 6, Geologie mit Paläontologie 29, Botanik 20, Zoologie mit Einschluß von Anatomie und Physiologie 27, Geographie und Ethnographie 12, allgemein naturwissenschaftliche Revuen 7, Gesellschaftsschriften gemischten Inhalts 78. Auf den Zuwachs der Bibliothek einzugehen, ist selbstredend ganz unthunlich; nur der wichtigsten Schenkungen der letzten 12 Jahre sei noch gedacht. Die bedeutendste war unzweifelhaft das Vermächtniß Mousson's, welcher die Gesellschaft als Erbin seiner ganzen reichen Bibliothek einsetzte. Aus dem Nachlaß Pros. Heer 's gingen durch Pros. Wolf zahlreiche Werke ein und auch die Erben von Bergrath Stockar-Escher und Dr. Rahn - Escher machten größere Zuwendungen. Unter den jetzigen Gönnern der Bibliothek sind in allererster Linie Pros. Wolf in Zürich und Pros. Kölliker in Würzburg zu nennen. Pros. Kölliker, durch dessen Ernennung zum Ehrenmitglied die Gesellschaft kürzlich sich selbst ehrte, beweist seine treue Anhänglichkeit an Zürich und die naturforschende Gesellschaft durch Ueber- sendung nicht nur seiner eigenen, zahlreichen Schriften, sondern auch der (1848) von ihm gegründeten und geleiteten „Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie", ein Geschenk, das allein einen Werth von etwa 4000 Franken darstellt. Die Bedeutung dieser Bibliothek — deren Benutzung übrigens auch Nichimitgliedern in vielleicht allzu weitherzigem Maße gestattet wird — ist für Zürich und seine wissenschaftlichen Anstalten als nicht gering zu veranschlagen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß durch sie der Kantonalbibliothek und selbst der Bibliothek des eidgen. Polytechnikums große Ausgaben abgenommen worden sind und daß diese Bibliotheken besonders auf den Gebieten der Botanik, Zoologie und Geologie und namentlich für Zeitschriften, alsbald weit mehr verausgaben müßten, wenn die naturforschende Gesellschaft ihre Wirksamkeit einstellen wollte. Die Subvention, welche Stadt- und Regierungsrath auch dieser gemeinnützigen 30 Vereinigung in verdankenswerther Weise gewähren, ist daher wohl begründet, ja es wäre eine Erhöhung der: selben und eine Betheiligung seitens des Polytechnikums vollkommen gerechtfertigt. Vor allem aber ist zu wünschen und zu hoffen, daß Zürichs, Neu-Zürichs, gebildete Bürger ihr Interesse an der naturforschenden Gesellschaft durch immer wachsende thatkräftige Theilnahme an deren Bestrebungen bethätigen möchten, damit sie ihren wachsenden Aufgaben, namentlich der immer größere Mittel erfordernden, zweckentsprechenden Fortentwicklung ihrer Bibliothek, in vollem Umfange gerecht werden kann. Wie viel des allgemein Bemerkenswerthen und Anziehenden die Gesell- schastssitzungen bringen, dürfte aus den vorstehenden Mittheilungen, vielleicht sogar zu stiller Verwunderung des Einen oder Anderen, ersichtlich geworden sein. Welch* reiche Schätze die Bibliothek selbst für den Nicht-Fachmann birgt, — ihre Bedeutung für den wissenschaftlichen Fachmann ist unbestritten — ist in Kürze nicht wohl auseinander zu setzen, aber ein Gang durch Lesezimmer und Bibliotheksraum unter kundiger Führung würde auch dies bald erkennen lassen. In der deutschen, französischen und englischen „Natur", in der „Gaea", im „biologischen Zentralblatt", in der „naturwissenschaftlichen Wochenschrift" und „Rundschau", in den Schriften des Wiener Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse und vielen anderen, besonders auch geographischen Gesellschaftsschriften ist eine Fülle gemeinverständlich, ja unterhaltend geschriebener Aufsätze über alle Gebiete menschlichen Wissens niedergelegt, die für Schule und Haus aller Stände nutzbar zu machen wäre. Der Mitglieder-Beitrag kann in Anbetracht dessen, was durch die Bibliothek und ihr übersichtlich geordnetes Zeitschriftenzimmer, durch die ohne weiteres Entgelt gelieferte Vierteljahrsschrift, endlich durch die Vortrüge geboten wird, nicht als zu hoch bezeichnet werden (20 Fr.) Aber die Bestrebungen der Gesellschaft sind auch schon zu unterstützen durch Abonnement ihrer Zeitschrift, deren kulturhistorischer Abschnitt bereits 3l oben allgemeinster Beachtung empfohlen werden durste und deren jährlicher Preis für den ca. 400 Seiten starken Band als fast zu niedrig gegriffen erscheint, sowie durch Verbreitung ihrer trefflichen Neujahrsblätter, die ebenfalls früher besprochen worden sind. Ein für alle Betheiligten gleich wichtiges und daher sehr erstrebenswerihes Ziel würden wir in der Heranziehung auch der außerstädtischen Bevölkerung zur Mitarbeit an den Aufgaben der naturforschenden Gesellschaft erblicken. Haben doch Landwirthschast und viele andere Gewerbe und Industrien die mannigfachsten und zahlreichsten Berührungspunkte mit den Naturwissenschaften, deren Ergebnisse sie so oft nutzbringend zu verwerthen im Stande sind. Und könnten doch anderseits die Naturwissenschaften vielfache Förderung erfahren durch die Beobachtungen ihrer über das ganze Land vertheilten Jünger. Solche Beiträge wären beispielsweise zu liefern zur Kenntniß der Vertheilung und des Wechsels in den Standorten und Verbreitungsbezirken unserer einheimischen wildwachsenden Pflanzen, die ja durch neueingeführie Kulturpflanzen oder mit denselben eingeschleppte Unkräuter oft hart bedrängt oder ganz verdrängt werden; zur Kenntniß der Lebensgewohnheiten höherer und niederer Thiere, namentlich der Vögel und Insekten, zu deren Studium so mancher Dorsschulmeister und Landxfarrer bessere Gelegenheit hat als der städtische Kollege; zur Meteorologie durch genaue diesbezügliche Aufzeichnungen rc. rc. Daß eine solche Ausdehnung einer naturforschenden Gesellschaft über einen ganzen Kanton nichts Unmögliches ist, beweist u. A. St. Gallen. Selbstverständlich müßten auch von Seite der Gesellschaft geeignete Schritte erwogen und ausgeführt werden. So wäre es vielleicht empfehlenswerth, den Mitgliederbeitrag für die außerhalb Neu-Zürichs Wohnenden auf 5 Franken herabzusetzen (jetzt 10 Franken), diesen Mitgliedern das Neujahrsblatt statt der Vierteljahrsschrift unentgeltlich zu liefern und ihnen immerhin auch die letztere durch ermäßigten Preis besonders leicht zugänglich zu 32 machen. Denn es ist nicht zu vergessen, daß den außerhalb der Stadt wohnenden Mitgliedern der Besuch der Sitzungen nur ausnahmsweise möglich und die Benutzung der Bibliothek durch Versicherungs- und Portogebühr mit besonderen Kosten verbunden ist; auch dürfte den meisten derselben die populäre Gabe willkommener sein als die streng wissenschaftliche. Ferner märe vielleicht daran zu denken, durch Gesellschaftsmitglieder in den größeren Landgemeinden zeitweilig Vorträge halten zu lassen und dadurch zur Bildung von Seklionen anzuregen, welche eventuell als Gesammtheit und mir für den Einzelnen weiter reduzirtem Jahresbeitrag der Gesellschaft betreten könnten. Endlich ließe sich für die auswärts wohnenden Mitglieder die Einrichtung eines naturwissenschaftlichen Lesezirkels mit durch die Post zu befördernder Wandermappe ins Auge fassen, eine Einrichtung, wie sie z. B. St. Gallen besitzt. An brauchbarem Stoff würde es nicht mangeln, wie schon oben kurz berührt wurde, und den Betheiligten fielen nur die Postgebühren zur Last. Kurz, es liegen verschiedene Möglichkeiten vor, die Wirksamkeit der Gesellschaft auszudehnen und damit zugleich die Verbreitung gediegener und nutzbringender naturwissenschaftlicher Kenntnisse zu fördern. Das Gelingen wird nicht ausbleiben, wenn des Rathes gedacht wird, den Rudolf HeinrichSchinz 1841 bei Begrüßung der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft in Zürich in die Worte kleidete: „Die schweizerische Wissenschaft trägt, wie der, Charakter unseres Volkes es mit sich bringt, eine klare, verständige, heitere, praktische Färbung, wodurch sie sich sowohl von den tief gelehrten als den leicht beweglichen Formen unserer größeren Nachbarn unterscheidet. Halten wir auch in dieser Hinsicht an der Weise fest, die uns eigenthümlich ist." rsiitfglbiblioMsk Kurien IIVI0J142456