Beytrüge »u Vervollständigung der Schrift, betittelt: Ueber den Schweizerischen Bundes - Verein und die Ansprüche Berns; mit dem Motto: ohne Fürcht eines Grösser «, ohne Beherrschung Seinesgleichen. Im May (angeblich) 1514 . erschienen im Iuly. Justum et tenacem propositi virum , non civium ardor prava jubentium. . . . mente quatit solida. . . . » n i 4 (§s ist zwar ein undankbares Werk die Flugschriften über die verschiedenen politischen Meinungen zu lesen/ welche seit einigen Monaten in der Schweiz in erneuter Währung sich äuffern, aber bisweilen bekommt man etwas in die Hände/ wo man durch den Geist der hochtönenden Ankündigungen oder sonst sich überwinden läßt/ so ein Produkt zur Hand zu nehmen/ und wenn man nach dem Rath des Schweizerboten beym Lesen denkt/ so kann es bisweilen zur Einrede nöthigen: wie gegenwärtig dieses Blatt dadurch zu Tage gefördert wird. Zwar wird es wohl nicht weit fliegen , denn es wird in den liberalen Werkstätten nur obenhin mit einem hohen Seitenblicke als ein prosaisches Produkt bemitleidet werden, und wenigstens/ ungeachtet aller mit schmetterndem Trompetcnschall angekündigten und belobten Publicität nicht öffentlich circulieren , vbschon Verfasser sich erbietet / jedem der die Schrift: „Ueber den ' Schweizerischen BundeSverein nnd die Ansprüche Berns" in der Hand sich dafür meldet, ein Exemplar Zraüo zu überlassen/ wenn er es will dazu heften lassen. Dem Verfasser jener Schrift werden diese Beyträge nicht unwillkommen seyn, denn/ ich traue es einem so gelehrten und s» scharfsinnigen Mann zu/ er strebt nach Wahrheit/ er will nach Seite 9: „Aus dem Austausch der Meinungen die Einsicht des Bessern gewinnen," und „liebt nach S.st» Wahrheit und Recht mehr als Frieden;" dieses Gefühl theile ich mit ihm, wobey ich doch aber bemerke, daß ich an keinen laugen Frieden ohne Wahrheit und Recht glaube, und dieselben nicht wie Herr Autor als Gegenstücke, sondern als Seiten- stücke in meiner Moral wiederfinde. Uebrigens dann muß ich gestehen, daß in meinen vielleicht nicht modischen Rechtsbeariffcn die Tafeln MosiS, worinn, ein neuntes Gebot stehet, zuerst, und überhaupt die alte Vorschrift suum cuique als oberste Grundsätze aufgestellt sind. Ich abstrahiere mir diese Recht-begriffe nicht/ bey jeder Gelegenheit allgemeinen Unglücks/ nach meiner Bequemlichkeit/ wie manche unserer politischen Aerzte und Gelehrten; ich kann auch nicht den prächtigen Schwung von Gedanken nehmen wie Autor/ der alle Forschungen der Weisen aller Jahrhunderte , alle Grundsätze von Staatsverwaltung und Gesetzgebung in ein paar sybillinische Sprüchclchen zusammenpackt/ Regenten und Völkern ein paar gute Lehren mit in den Kauf giebt/ und so seinem hehren Geiste ein Monument von 48 Seiten setzt/ das vielleicht um einige Stunden länger ge- daurt haben wird , als diese Blätter / weil es früher lebte, und nur zugleich mit diesen in gänzliche Vergessenheit gerathen kann. Ich will kein Werklcin schreiben/ um der Welt — d. h. denen wenigen , die dieses lesen werden — meine Gedanken und meine Anficht aufzutischen: dazu fehlt cS mir an vielem, unter anberm auch an Muffe; sondern ich will einmal diesen Herrn Autor begleiten. Kommt denn die Sache gar unlogisch und unordentlich aus, so thut eS mir leid; ich folge blos der Urschrift nach Seiten und Zeilen, und will nur aushebert, was mich beym ersten Ueberblick am meisten befremdet hat , damit doch einmal eine Piederlcgung der zahllosen landcSverderblichen Ausstreuungen erscheine, die bey der Verachtung mit welcher man bisher schwieg, endlich in jede Uebertreibung, und sogar Schmähung ausarten. Die Schrift gehet Seite 4 von einer Beobachtung aus, durch welche sich der Autor vor seinem Leser auf eine hohe Grelle erheben will; eS heißt da: das morsche Gebäude unsrer alten Eidgenossenschaft sey vom Hauche eines rauhen Windes zusammen gestii rtzt. ES kommt nur daraus an, waS man einen Wind heißt. Wenn eine der großen Revolutionen, die alle Bande der Menschheit zerriß, welche die großen Reiche erschütterte und viele auflöste, wenn auch diese unsern kleinen zunächst am Crater deS DulkanS gelegenen Staat ergriff, so ist cS wohl kein Wunder; und Autor der Urschrift scheint viel zu bewandert, als daß ihm nicht bekannt seyn sollte, wie lange Vorbereitungen , wie künstliche Mittel angewendet wurden, um unsre auf den Felsen der Redlichkeit und der Rechtlichkeit erbaute Hütte zu untergraben. Es sey mir auch vergönnt mit viele» andern zu glauben, daß wenn nicht so Manche durch Liebe, Erziehung, Vorn» theil oder Interesse am Vaterland gehangen hakten, dasselbe viel früher unter einem oder unser fünf oder sieben Regenten zu Grund gegangen wäre, welche unter dem Namen von Direktoren mit dem Rath ausgewählter Minister und mit dein gewissen Beystände gallischer Bajonette sich nicht halb so viele Jahre auf dem Throne erhalten konnten als die Bernischen Patricier den en nach G- 44 Note, Talente und .Kenntniß ganz unnütz waren, und die ihr Glück S. 48 in einem engen Verfi nsi eru n gS- bunde suchen müssen, mit ihrem einfachen Verstand und Ehr- liebe von dein einzigen Zutrauen und der Liebe des Volks beschützt Jahrhunderte lang das Regiment führten. — Daß Autor Freund deS Einheitssystems sey, mag dahin gehen; über Föderalismus und Einheit, ihre Vortheile und Nachtheile, sind vielfach die Gründe angeführt worden; frügt sich bloß, was Staatszweck der Schweiz sey, Sicherheit, Freyheit, Grösse, Reichthum, Macht, oder welch irgend einer, oder in welchem Verhältniß jeder; ob nach diesem StaatSzwecke die Schweiz sich so viel möglich in alle Welthandel mischen, oder von denselben entfernt bleiben solle. DaS zu entscheiden will ich den Obrigkeiten überlassen, und die mögen alsdann, entweder durch Centralisierung. aller Gewalt rasches Lebe» in die Staatsmaschine bringen, und zugleich jeden fremden Einfluß aus Wenige erleichtern, oder aber mit langsamen Formen dem- ftlben einen nicht fühlbaren, jedem Nachbar tröstlichen, und doch festen Damm entgegensetzen; die Fremden dann mögen beurtheilen, was ihnen mehrere Sicherheit anbiete, ein durch, seine Formen bleibendes, zu jedem Angriffe unfähiges System, oder ein wechselndes Cabinet von Individuen, welche keine Rcsponsabilitüt aus sich haben. WaS dem Volksglück angemessener sey, will ich dahin gestellt lassen. Ueber das Wort Volksglück mag ich nicht zanken. Ich stimme zu Heinrich IV. der sagte: „Ich will dgßl i» meinem ganzen Lande kein Mensch sey, der nicht am Sonntag seines Lebens froh. sein Huhn in den Topf thun könne-." Die andern Herren aber sage», und zwar in der Urkunde einer Staatsverfaffung für die Schweiz: „Aufklärung ist besser dann Wohlstand." 6 Seite 5. Herr Autor vergißt das kleine Intermezzo von t§02/ wo da» ganze Volk Helvetiens frcywillig gegen die EinheitS-Regierung aufstand um wieder Schweizer zu werden; und — wie Herr Autor die Gründe Seite U aufzählt — nach persönlichen F a- milien- OrtS- und Ca n t o ns-Jn te re fsen den Föderalismus wieder verlangte. Er sagt das französische Vermitt- lungswerk habe die helvetische Republick aufgelöst/ und an dessen Stelle unbeschränkten Föderalismus gesetzt; das ist aber ein wissentlicher Druck- oder Schreibfehler vom Autor/ denn er weiß gar wohl, was au» der helvetischen Republick allbereits geworden war/ als Napoleon ihr zur letzten Stunde die Hand reichte; er weiß auch wahrscheinlich/ warum/ und auf wessen Ansuchen Napoleon nicht die abgegangene Republick/ sondern den erstehenden Föderalismus modisicierte/ und ihm eine Einheitsbehörde wie einen Zwangermel anlegte. Auf gleicher Seite heißt es: nichts aus Gewaltthätigkeit gegründetes könne von Dauer seyn/ das thut mir le;d , mit die auf des Vermittlers Bajonette gegründete Can- tone/ und noch um anders mehr. Autor lehrt uns (ibidem) die Verfa ssung werde der Schweiz ihre Kräfte zu entwickeln erlauben; diese Sprache/ solches Weissagen/ hat man zwischen 1789 und 1.804 viel gehört/ und man hat so viele Theorien aufgestellt/ so viel getadelt und geklügelt / daß endlich die müde Menschheit eine Beute der Tirannie zu werden Gefahr lief/ bis daß der Finger Gottes das Ziel steckte. Montesquieu der auch etwa» oon Staaten und Gesetzen wußte / sagte nicht eine Verfassung — sondern die Tugend — müsse die Grundlage der Republicken seyn/ aber eS ist freylich leichter/ Constitutionen machen/ als tugendhaft und gerecht seyn; der Seite 6 aufgestellt«/ und ganz allgemein aufgestellte/ Grundsatz: „Wer den Zweck will/ muß die Mittel wollen" paßt allenfalls auch besser zur neu-politi- schm als zur andern Tugend / und sieht einem naiven Bekenntniß nicht unähnlich. Daß Seite 7 Herr Autor fremden Nationen recht begreiflich macht/ der schweizerische Kriegsdienst werde nirgends t Wieder Vorrechte über den Nationaldiensi erhalten/ mögen ihm diejenigen danken/ denen daS nützlich seyn kann. Die Schweizer werden darin den/ über jede enge Vaterlandsliebe/ oder wenn man reckt spitzfindig seyn will / doch über jedes allgemeine Wohlwollen für jede Classe feiner Mitbürger / hoch erhabenen CoS- mopolitiSmnS nicht verkennen. WaS .Herr Autor gegen die Ca- vitulationen mit Cantonen einwendet/ ist ihm nur in seinem brennenden EinheitSeifcr entgangen/ denn er wird doch kleinen Cantonen das eben nicht schwere Mittel zugestehen wollen/ sich mit andern zu vereinigen wenn sie einzeln nicht ganze Negimenter stellen können; er wird auch vielleicht bemerken / dass cS leichter ist gute/ brafc Soldaten zu bekommen/ wenn der Rekrut und feine Eltern wisse»/ welchen Offizieren sie anvertraut werden/ wenn die Offiziere mit ihrem guten Namen für die Sorgfalt gegen ihre Untergebenen hafte» / wenn Offiziers und Soldaten gleicher Religion sind rc. rc. / als wenn alles dies so im Grossen nach Napoleons System vermengt wird / der auch kein. Regiment de Picurdie, de Normandie it. hatte /. sondern seine Conftribierten (die cliair a canon) von Rom und Hamburg durch einander warf/ und wenn jede Obrigkeit unbekannte Leute in die Regimenter kauft/ oder schlechte Leute darein schickt/ weil nicht ihre Offiziere fonoern sehr vermuthlich, andere die Mühe/ den Verdruss und vielleicht die Schande des GesindclS haben müssen; anstatt jener ehrwürdigen musterhaften Disciplin der ehemaligen Regimenter unter eigenen Gesetzen. Daß Seite 8 des bescheidenen Ansuchens der Stifter schweife» rischer Freyheit / um das Werbungsrecht in ihren ehemaligen / nun unabhängig erklärten Unterthans-Landen als um eine schwache Entschädigung nach hundertfachen Vcrlüstm / mit einem, wegwer« ftnden Hiebe erwähnt ist / wird vermuthlich nur ein Versehen seyn. Ebendaselbst und Seite 9 sind des Verfassers Vorschläge/ wie die BundeSgewalt einzurichten sey. Er will vorerst derselben schöne Einkünfte anweisen , denn vermuthlich hak er auch von den? Einwurf gehört./ daß eine Bundesgewalt über souvcraine Stände ein Scharre» / mithin zwecklos sey / weil bey bcstritteneu, MaaSre- gelu keine Epecution möglich ist. Allein mit einer Disposition 8 über beträchtliche Einkünfte kann man schon durch stehendes Militair Autorität erzielen, und dieses kaun denn hinwieder zu Vermehrung der Hülfsmittel behülflich seyn; und besonders wenn nach seinem Vorschlag alles was von der BundeSgewalt ausgeht, für die Can- tone verbindlich ist, und keiner Gurheissung bedürfen soll. Warum übrigens Verfasser bey der Macht-Vollkommenheit/ die er derselben einräumen will, neben der obersten gesetzgebenden und der vollziehenden keine obcrst richterliche Gewalt aufstellt, weis ich nicht, denn zu den beyden andern Zweigen der Souverainität gehört diese auch, nach dem Princip der Theilung der Gewalten. Der Autor tadelt scharf: Daß die Abgeordneten zur Tagsatzung nach Instruktionen stimmen sollen. Dadurch will er wahrscheinlich seine.Unpartheylichkeit beweisen, denn es heißr, der Antrag dazu, in dem neuen Bundes-VcrfassungL- Entwurf, seye von Maadt hergekommen, worüber die Protokolle der Tagsatzung, oder auch.allenfalls in deren Ermanglung die Allgemeine, oder die Aaraner-Zeitung Auskunft geben können. Seite 9 beginnt Verfasser eine sehr tiefsinnige Wiederlegung aller Gründe für den Föderalismus, oder wie er ihn hier heißt, die Staaten Vereinzelung; er beweißt die Gefährlichkeit dieser Vereinzelung a»S alten und neuen Geschichten, und doch gehen seine ganzen 4s Seiten dahin, handgreiflich darzuthun, daß die Wiedervereinigung der Theile eines CantonS, der nur durch fremde, jetzt wenigstens allgemein — als feindlich und übelwollend anerkannte, Gewalt zerrissen wurde, schädlich oder sonst mcht zu- käßlich, ja sogar daß bleibende Trennung besser sey; denn daß eS ihm mit den Sünden aller Art, welche er den Bernern und ihrer Regierung vorwirft, nicht ernst ist, wird weiter unken dargethan werden, indem diese Klagen bekanntlich weiter nichts sind, als vratorisehe Zerrbilder. Wie demnach Autor hier gegen die Vereinzelung eifert, und weiter unten in Verfolgung seiner Wünsche und Begehren gegen die Vereinigung eben so sehr, und wie er dabey sich selbst getreu bleibe, daS einzusehen gehört ein eigener Scharfblick dazu, wenn wir »nS anders nicht mit der einfältigen Bemerkung behelfen wollen, daß selbst ein gelehrter Mann selten lange über einen Gegenstand schwatzt, ohne sich zu widerspreche». Wenn — °chx>— 9 in Fortsetzung seiner Doctrin der Verfasser den Berg-Eantonen insbcsondcrs die Vortheile einer kräftigen Central-Regierung recht anschaulich machen will/ so vergißt er dabey den deutlichen Beweis , ein eigentliches argumentum ad honüuem , das erlebte Gluck in den Jahren 1798 bis isoZ. Seite 14. Geht der Verfasser aus seinen eigentlichen Zweck über/ nehmlich ;ur Frage von Berns Teritorial-Ansprachen. Er fängt mit dem Satze an: Daß erst eine Schweiz da seyn muß, ehe es Cantone geben kann. So ist vermuthlich auch eine Gesellschaft da vor den Menschen! Worin übrigens die Geschichte der Entstehung/ Entwicklung und Ausbildung deS SchweizcrbundeS mit jenem Axiom des Autors sich vereinbaren lasse , willen wir nicht; oder vermuthlich hat die Geschichte unrecht. Nun geht das Strafgericht an über Bern; mit hohem Unwillen rügt er die Widersetzlichkeit BernS gegen den besserer Zeiten würdigen 29. Dezember; *) und schreibt dem bernischen Patriciat, das nach Seite 15 übrigens unsinnig handelte/ und nach S. ‘io nur die Rechte eines Schlächters oder Bäckers in sich faßt/ alle Partheiung / alles Unheil in der Schweiz zu. Run wir wollen vorerst glauben / daß Herr Autor kein Patricier, auch selbst kein Schlächter oder Bäcker der Stadt Bern sey. Sie sollen (diese Patricier) durch unermüdete Thätigkeit die keinMit- tel verschmähct, persönlich e - Familien- OrtS- und CantonS-Jnteresfen die mit dem allgemeinen Wohl im Widerstreite sind, überall in Bewegung gesetzt haben. Daß bisweilen einzelne Interessen mit dem allgemeinen Wohl im Widerstreit sind, lehrt leider die Erfahrung; wenn aber eine solche Masse von Interessen als demselben widerstreitend aufgeführt werden, so muß eS doch endlich um ein solches allgemeines Wohl eine eigene Bewandtnis; haben: und wie unsinnig handelnde Schlächter und Bäcker, ohne eine gewaltthätige Handlung zu *) Daß übrigens der am 29, Dezember mit aller llebcreilung geschehene Sckiritr von sehr einsichtsvollen Staatsmännern des Auslandes, und aller Partheyen des Inlandes, als ein unseliger Schritt beurtheilt, und-zu späth - bedauert worden sen; von den übrigen aber als ein glücklicher Parthe» streich betrachtet wird, ist zu öffentlich bekannt» als daß es einer Entwicklung bedürfte, (Siehe unten Seite begehrn , (denn sonst möchte man noch den Anzünder des Dianen- Tempels als Beyspiel anführen) solche Resultate bewürkren, ist auch schwer zu begreiffen. Seite 15 sagt Herr Autor, die Schweiz habe nichts besseres zu thun gehabt, alsdas Band der Vermittlung zu zerreissen, das Vermitt- lungSwcrk selbst aber mit Ruhe durchzusehen und zu verbessern; daS soll doch wohl so viel hcissen, als dieMür- klingen der so getadelten Vermittlung zu bestätigen, aber die Ursache als unheilbringend wegzuwerfen. Als eines der Motive, führt der Verfasser die Nach theile der überall eingeführten Volkswahlen an. Dies ist ein sonderbares Bekenntniß des Herrn Autors. Wie! es waren also auf einmal die so oft angerufenen, so laut proclamiertcn Rechte dcS Volks mit einer guten Verfassung unzuläßlich geworden? aber wo bleiben dann die Decla- mativnen gegen die ehemaligen Aristocraticn der Schweiz? wo bleiben alle die Empörung-mittel, die man früherhin und »och letzthin angewendet hat? wie soll man sich wohl auf einmal eine solche Sinnesänderung erklären? man sollte beynahe glauben, der Herr Autor habe bereits im May in prophetischem Geiste, die in den letzten Tagen Juny erschienene neue Verfassung des Can- tonS Aargäu gekannt, welche freyllch den Wahlen durch das Volk weniger günstig ist, als der Verewigung der Stellen für diejenigen , oder die Kinder derjenigen, welche sich eben im Besitz besin- den. *) Zwar ist es unsern Ansichten nicht angemessen, Verfügungen von Obrigkeiten öffentlich zu untersuchen, aber da einmal unter den Augen der Aargäuische» Regierung öffentliche Aktenstücke als Flugschriften bekrittelt (Aarauer-Zeitung, Verglerchung der Sendschreiben von Bern vom siten und von Zürich vom i/teir Merz) oder den Regierungen Lcctionen gegeben werden, (Schweizerbote , unter vielen auch über die Annahme des Entwurfs dep *) Dahin reihet sich auch die jetzt anscheinend geäuffertc Besorgnis von Seite mehrerer neuen Cantone, man wolle in der Schweiz alles in Landsgemcinden umgestalte», und diese ersiheincnde Bcsvrgniß dienet denselben zum Vorwand, ihre Negierungsfvrmcu der aristokratischen so viel möglich zu nähere» > woraus man beynahe folgern sollte, diese Leute hätten nicht so sehr die Sache selbst im Auge, als das Personale der Aristokratien, zu welchem sie sich eben ohne viele Zie- rercy bereit zeigen. Bundes - Verfassung) so muß man siel, auch das Gegenrecht gefallen lassen- und so wird man allenfalls auch die neue Aargauische Constitution als eine Flugschrift ansehen können. Der Verfasser wirst der Bernischen Parthey/ wie er sie jii nennen beliebt / vor / Schuld zu seyn/ daß die Schweiz nur mit innern Zwistigkeikcn beschäftigt war/ während die Völker Europa's den grossen Kampf für Recht und Freyheit bestanden. Er überantwortet diese Parthey dem Urtheil der Nachwelt. Aber Herr Autor / haben nicht die Feinde BernS eben so laut geschrien; Bern habe die Neutralität der Schweiz zu Grunde gerichtet/ um seinem Haffe gegen den — damals noch nicht gestürtzten und noch hie und da groß genannten — Ver-- miltler/ und zugleich auch eigenen ehrgeizigen Planen zu stöhnen, wie reimt steh das? gestern waren die Berner schuld/ daß man mit in die — so hieß cS — Verwirrung und Gefahr hineingezogen ward / heute, nach dem der Erfolg entschieden ist, sind sie schuld, daß man daran nicht theil nehmen konnte! — Die Wahrheit möchte wohl da liegen, daß Bern die einmal erkennte Neutralität nicht stöhrte sondern treu befolgte. Daß eS aber nachher, mitten zwischen den feindlichen Zurüstnngen von Waadt und Aargau, ein Bataillon an die Walliser Grenzen sendete, um WalliS bcy- zustehen, und daß zum grossen Kreutzzug gegen den Despotismus deS ErobererS mehr als hundert Berner-Offiziers — au» den 5» Familien, wie Herr Autor sie zählt, in den verbündeten Armeen, und darunter viele als blosse Freywillige ohne bleibende Anstellung dienten; dieses scheint mir, können die Berner nicht blos bey der Nachwelt, sondern auch noch bey dem Richter, der die Nieren prüft, verantworten. Herr Autor giebt den Grund deS Verfahrens von Bern als in der Absicht liegend an, damit 50 Familien von Bern die Herrschaft führen können; allein ich habe gelesen und behaupte daS Bürger- recht von Bern sey nicht nur facultativ sondern imperativ geöffnet, und darüber auS sey noch allem Land eine direkte Reprcsen- tation in die Regierung zugesichert, waS nur weniger oligarchisch zu seyn scheint, als eine sich selbst zu mehr alS 2/3 ergänzende Regierung ohne irgend einige die Familien - Influenz hemmende 12 — - 4 >»— Vorschriften , bey welcher alle wichtigen Stellen auf 12 Jahre mit alsobaldigcr Wiederwählbarkett, d. f). lebenslänglich besetzt sind, wie die Aargäuische Regierung sich zu constchuieren beliebte, und garantieren lassen will. Seite 16. Uebt der Verfasser seinen Witz in Wortspielen , uiid will einer in Bern erschienenen Flugschrift das Motto vux clamat in deserto statt t)(S res clamat ad dominum aufheften; Vermuthlich um Bern daran zu erinnern, daß im Aargau in der Regierung zum Beweis des Versöhnungsgeistes daselbst geäussert worden seyn soll, man müsse vor allem aus Bern mit Feuer und Schwerdt verheeren und es dem Erdboden gleich machen, womit man übriger Eidgenossenschaft den kräftigen neuen Geist darthuir wollte, bey welchem die Sonne blutroth über dem neuen Tag der Schweiz aufgehen solle. Dieses wäre ein Beweis daß eS noch Leute giebt, wie die, welche nach dem Mordbrande von llnterwalden, in der Einheit»-Regierung ungezwungen erklären konnten: „Die Armee des gallischen Direktorium habe sich um unser Vaterland verdient gemacht." DaS Motto: Vox clamat in deserto “ war wirklich in Unterwalden wahr. Solches waren und sind noch immer nicht Leute von der Verner -Parthey; diese zerstört nichts, sie will erhalten, stiften und ehren was gut und schön ist. Um die historische Darstellung über die Erwerbung des Aar- gäus und der Waadt zu vervollständigen, wird Herr Autor aufgefordert , die vollständige Geschichte nachzulesen und treu zu gebrauchen ; auch einige Titel!, welche aber in seinen philosophischen Augen vermuthlich nur papyrne Rechte sind. *) Diese Titel findet er zum Theil aufgezählt in dem Schriftlein: Urkundliche Beleuchtung der Frage: in welchem Lichte erscheint Bern, durch seine Reklamationen an das Aargau und die Waadt rc. re. Da würde denn Herr Autor freylich sehen, daß kein Fuß breit Landes in den ehemaligen Besitzungen Bern'S war, wofür nicht rechtmas- sige Titel vorhanden wären; und hätten wohl die alten rechtlichen Eidgenossen etwas gewährleistet, was nicht recht gewesen wäre? *) Die man ja verbrennen darf, wie man in der Waadt im Jahr 1802 gesehen hat. 13 - Wenn Herr Autor mit dem guten Willen , den er an Tag legt, in einem Zeitraum von 4 Jahrhunderten zwey oder drey Züge entdeckt, die in der Geschichte der alten Berner-Regierung nicht am rühmlichsten sind , so giebt ■«. da dieser Regierung einen schönen Lobspruch. Wir wünschen dem guten Volke daß die Regierung von Aargau einen gleichen von einem Feind erhalten möge; sollte auch in cincm kürzern Zeiträume. Wie Seite 20 der Autor die Bcfrcyung Deutschlands von Napoleons Scepter mit der Lage von Aargau/ Waadt vergleichen kann, dazu bedarf es seines Scharfsinnes. Seite 21 finden wir eine merkwürdige Stelle. ES heißt: „WaS „die Gewalt giebt/ kann auch die Gewalt wieder nehmen / und „ wenn gleich die Cantone Aargau und Waadt noch (soll vermuch- ,,lich stehen nicht) im Falle waren / ihre Selbststandigkeit durch „Gewalt der Waffen zu behaupte»/ so mögen ihre Gegner be- „ denken, daß es in der moralischen so gut wie in der physischen „ Welt virtuelle / d. h. schlafende aber darum nicht minder wirkliche Kräfte giebt/ die bey der Aufstellung von Gesetzen müssen „erwogen und in Anschlag gebracht werden." — DaS heißt ei» Glaubensbekenntniß! Ihr rechtmäßigen Regenten und Regierungen höret ihr , was eS heißt mit väterlicher Milde Eure Angehörigen wie geliebte Kinder behandeln? Sie wachsen auf, und weil ihr die Entstehung ihrer virtuellen Kräfte zugegeben habet, die es nur an Euch hieng im ersten Keime zu zerstöhren, so fallen alle Eure Rechte, aller Anspruch auf Dankbarkeit, alle hohem Interessen des StaatS dahin, vor der Macht dieser schlafenden Kräfte; Eure Provinzen sind entbunden'von allem, ,was sie mir Euch! vereinigte, weil sie virtuelle Kräfte genug baben, um Euerer * zu entbehren. Was sind aber diese virtuellen Kräfte anders als Wohlstand und feine Folgen? so lange mithin Eure Völker arm, ' elend, und auf der untersten Stuffe der Cultur sind, dürfen sie gute Unterthanen *) seyn, aber länger nicht; dann soll Euer Staat *) Ich weis wohl, daß das Wort Unterthan heute nicht mehr angeht, ~ aber bis die Vorschriften der heiligen Schrift 6. wir aber wissen nur von nicht ganz 11 Jahren, denn vor der MediationS - Akte war nur eine Eine und unthcilbare helvetische Republick, abgetheilt nicht in souveräne Stände, sondern in administrative Cantone, was übrigens dem Herrn Autor nicht ganz unbekannt seyn wird; fernerS ist der kleine Unterschied , daß Bern alS ganz souveräner Stand, mit seinen Mitständen sowohl al§ mit fremden Mächten, eigene unmittelbare Verbindungen und Bündnisse hatte, welche ihm seinen Besitzstand ausdrücklich garantierten, dieweil hingegen meines Wissens unter der MediationS-Akte kein solches Verhältniß eines CantonS Aargau oder Waadt bestanden haf. Daß denn Herr Autor alle diese Rechte immer nur von der MediationS-Akte herleitet, (G. 23.) und dieselbe doch als hinreichend anerkannt darstellen will, ist etwas sonderbar, nachdem er Scite 1.5 dargestellt, wie eS nothwendig gewesen sey, daS Band derselben zu zerreissen, und S. 14 den 29sten Dezember *) so sehr gelobt, an welchem eS bestimmt und öffentlich aufgehoben wurde. Der Ausfall, den Herr Autor Seite 23 und 24, wie es durch Anführung von Specialitäten scheint, gegen Magistraten, die *) Von diesem unglücklichen Tag rührt die Zwietracht in der Schweiz her. Diese Versammlung hielt sich nnberichens, gegen alle Formen, alt? und neue, indem nach bereits erklärter Aufhebung der Medla- tions-Akte, die Funktionen aller Gesandtschaften nothwendig crlo< schen waren. Wozu konnten Gesandte ohne Instruktion über den Gegenstand mit crlosthencn Vollmachten befugt kenn? Gewist zu keineni Beschluß, ain wenigsten dann iiber so wichtige Angelegenheiten , welche eines «»gehörten Drittmnnns und Verbündeten Rechte und ganze Eriste»; betreffen. Wenn dieser Tag auch aercchte Beschlüsse erzeugt hätte, so müßten sie der Folgen in Sicherheit der Aufträge wegen, mit welchen in Republicken Mggistraten beehrt werden, vorerst als null und nichtig erklärt werden. 16 —- während der Vermittlungszeit in Aemtern stuhnden, sich erlaubt/ ist so leidenschaftlich und sieht dem Neide/ mit blassem hagerem Angesicht so ähnlich/ daß er würllich recht gut in eine anonyme Schrift paßt. ES ist die Schlange die an der Feile nagt. Seite 24 . Hebt Herr Autor eine Parallele an zwischen der Verwaltung von Bern und der eigenen in Aargäu und Waadt. Er führt gleich in zwey Note» a»/ was Gibbon/ der berühmte Englische Sceptiker/ gegen Bern in vertrautem Briefwechsel gleich im Anfang seines' Aufenthalts tntPays de Vaud schrieb , schweigt aber ganz stille von den vielfachen späthern Stellen in Gibbon , die diesen beyden dircct widersprechen/ wie es denn überhaupt mit dem Citieren eine eigene Bewandtniß hat. Er will zwar das Gute der Bernerschen Verwaltung nicht verkleinern, sagt er, aber jeder Unbefangene mag anS seiner Schrift selbst hernehmen, wie er eS damit halte. Daß er die Verwaltungen von Waadt und Aargau mit Lob überschüttet, ist begreiflich , und da sehen wir, daß er aus seinen frühern Jahren sich doch noch der Vorschrift erinnert: „Laßt Euer Licht leuchten vor den Leuten." Er zählt mit Sorgfalt alles und jedes auf was da geschehen ist, und setzt, wo eS sich nur will thun lassen, die verfinsternden Omißionssünden von Bern daneben in — Licht oder Schatten. Der Canton Aargäu habe ein gutes Strafgesetzbuch eingeführt, unter Bern sey ohne Gesetz blos nach Willkühr des Richters gestraft worden. — Wir wollen dahin gestellt lassen, in welchem Grad von Vollkommenheit die Regenten von Aargäu die Aufgabe eines guten Criminal- Gesetzes, dieser Verzweiflung der Juristen , gelööt habe; wie genau die Jahre der Kcttcnstrafen jedes Vergehen abwägen: so viel haben wir gehört, daß in Bern die Criminalfälle immer mit der grösten Sorgfalt erwogen, und die Strafen nachher mit menschlicher Rücksicht auf alle obwaltenden Umstände ausgesprochen wurden, nicht nach Willkühr wie Herr Autor sich auszudrücken beliebt. Die Die „unbehülflichen Verneris chen Militzen" sind doch Ao. 1798 in den offiziellen Berichten der französischen Heerführer nach einem zwar kurzen und unglücklichen Kamps als gute Infanterie geschildert worden. Daß seither auch Largau für die äussere Bildung derselben mehr that / ist endlich nicht ohne Beyspiel in der Schweiz. Die Einrichtung eines wohlgeordneten Landjäger-Corps ist gewiß sehr zweckmäßig; aber glücklich daS Land/ wo die Sitten der Einwohner so sind/ daß bey einer kleinen Anzahl feiler Hascher Vergehen gegen die öffentliche Sicherheit beynahe beyspiellos waren/ und man nicht auf jeder Straßenecke von militairischcn Polizeybeamten angehalten werden mußte. Der Londoner würde sich wundern/ wenn man ihm sagte/ es gehöre zu seiner Freyheit/ seinem Volksglück/ daß statt seiner harmlosen Nachtwächter und Constablen mit langen Stöcken / Oensilarmeo zu Pferd und ZU Fuß eingeführt werden.— Dann folgen die Straffen/ Brücken/ Flnß-Correctionen rc. Nicht wahr Herr Autor / Straffen und Brücken waren zerfallen Ao 1798 ? übrigens seit wie langer Zeit sieng man an / diese Anstalten allgemeiner zu treffen? und wie viel wurde nicht dafür im ehemaligen Cankon Bern in Vergleichung mit grossen und kleinen Et«a° . ten gethan? Doch das Hanptlob trifft die Aargauifchcn Anstalten für Arms und für die Erziehung; und da besonders wirst Herr Autor den dunkelsten Scharren auf das verfinsternde Bern. Doch Berns Wohlthätigkeit ist bekannt; man wußte schon lange/ daß kein Eingebvrner des CantonS, ja kein Landsasse/ ohne Unterstützung bleiben konnte. Wenn die neuern Ursachen der Verarmung ausgedehntere Mittel nothwendig machten/ wenn die edlen Freunde der Menschheit erst seit ungefehr 30 Jahren sich in Gesellschaften bildeten und Reiche die Sache der Armen studierten / wenn richtigere Ansichten darüber in unserm ganzen Welttbeil crfi seit kurzem durch vermehrte Noth erzeugt und vwbrciret wurden , wenn mall die blosse Wohlthätigkeit des Herzens und der Religion geaen systematische Grundsätze umtauschen lernte , giebt das wohl etwa gerechten Stoff zu einem herzlosen wegwerfenden Tadel? Wir haben zwar gehört/ es seyen Gemeinden / und viele Gemeinde»/ 18 in, Canton Aargau, welche ihr Armengut ganz oder zum Theil seit 10 Jahren eingebüßt haben; allein auch angenommen für einen Augenblick alles, was Herr Autor über die Armenanstalten vorbringt, sey keiner Gegenbemerkung unterworfen, weiß Herr Autor oder weiß er nicht, was in eben diesem Zeitraum in Bern nicht nur in der Stadt, sondern im ganzen Lande herum für die Armen gethan wurde; kennt er diese neuen Anstalten zu Stadt und Land vornemlich auch int Emmenthal nicht? Doch wir glauben es wäre Bern wenig gedient, mit seiner Wohlthätigkeit zu prahlen. Fahret fort ihr Berner, zu Stadt und Land, in Eurem Bestreben; die Thräne des Geretteten wird Euch besser lohnen, als ein, durch einen verkleinernden falschen Seitenblick auf einen Nachbar geschändetes, Lob eö thun könnte. Ein andrer Vorwnrf wird Bern wegen dem Erziehungsweftir gemacht. Er ist nahezu gleich gerecht wie alle übrigen; denn Hr« Autor (wir sollten beynahe glauben, er sey in diesen Verumstän- dungen erzogen worden) weiß, daß die Arbeiten für eine allgemein erneuerte Schul -Organisation auch der Berncrschen Regierung nicht fremd waren, und daß sie ihrem Ende nahe stunden, als die Revolution einbrach; übrigens verhält es sich mit dem Schul- und Erziehungswesen in dieser Hinsicht wie mit dem Ar- menwescn, und Herr Autor weiß was es mit den Landfchullehrern in Hinsicht der kärglichen Besoldungen für eine Bewandtniß hatte; er weiß daß diese Einkommen aus althergebrachten Urbarien berührten, an welche die Regierung eben so wenig Hand legte als an die, welche ihre eigenen Einkünfte bestimmten, und daß nur durch den Weg der Beysteuern und der Ueberzeugung der Gemeinde» nach und nach daS MiSvcrhältniß zwischen ehemaligen und jetzigem Geldwertb gehoben wurde; oder war eS der Regierung ihr Fehler, wenn eine Franke nicht mehr wahren Werth hatte, als ehemals 10 oder 20 Heller d. h. daß man ehemals mit einen, Pfund mehr Bedürfnisse befriedigen konnte, als jetzt mit 10 oder 20. Mußte doch die Regierung sich auch mit einem Kreutzer, statt eines Huhns oder eines MäS Habers, nach alren Urbarien begnügen; aber noch einmal, Herr Autor hat vergessen wollen, daß man ernstlich damit beschäftigt war, so wie er auch vergißt, was 19 iht üt Bkrn füt die Erziehung geleistet wird. Ganz eigen ist sein Räsonnemenr, wie viel glücklicher der Aargauer sey/ weil die Central - Anstalten in Aarau statt in Bern seyen; indem sonst jeder .Hausvater seine Söhne mit grossen Kosten habe in der Hauptstadt erziehen lassen müssen. Das gilt für eine Stadt/ Aarau; aber was ist in dieser Hittstcht jedem andern Aargauer daran gelegen , für seinen Sohn in Bern oder in Aarau das Kostgeld zu bezahlen; d. h. so viel/ als eS wäre besser noch in jeder Stadt, und jedem Fleck eine eigene umfassende ErziehungS-Anstalt. Das gleiche gilt für andre öffentliche Anstalten. Freylich ist es gut und bequem dieselben in der Nähe zu haben, aber nach dem Rä° sonnemcnt des Autors, wäre cS in Oestreich, Rußland, Frankreich, England, Preussen, für die Provinzen ein Grund zum Aufruhr, weil in Wien, Petersburg, Paris, London und Berlin vortreffliche Anstalten stnd, die man nur durch grösseres gemeinsames Wirken hervorbringen kann, und die man doch irgendwo hinstellen muß. Da kommt Herr Autor noch einmal deutlich auf den Satz, Auflösung der Staaten in unendlich kleine Bestandtheile sey zum Glück erforderlich oder dienlich. Die ganze bescheidene Stelle hört Seite 29 mit dem Anbringen auf, in 100 Jahren Bernerschcr Verwaltung sey dcS nützlichen und wohlthätigen nicht so viel geleistet worden, als in den t.0 Jahren der Aargäuisthen; urban mich auszudrücken heißt es darauf: gui dit trop, ne dit rien; (wer zu viel sagt, sagt nichts.) ttcbrigenS denn erinnere ich mich sehr würdige Aargauer gekannt zu haben, (der Herr Autor kannte sie auch) welche ihr ganzes Leben in Bern, in gegenseitiger Achtung und Freundschaft der edelsten Berner zubrachten, ihre Kinder daselbst auferzogcn, mir gerührtem Herzen biS an das Ende ihrer Tage der väterlichen Regierung BernS, nicht aus Pflicht, sondern aus Ueberzeugung zugethan blieben, und — doch es waren ja nur väterliche Lehren — ihren Hinterlassenen, mit dem Segen zugleich, die Pflicht der Treue und der Dankbarkeit Übermächten. Und diese Männer waren wahrlich weder Obscuran- tcn noch Selbstsüchtige. Seite 29. Vergleicht Autor die Hülfsmittel der Bernerfchen Regierung, mit denen nichts, und jenen vom Aargau, mit denen 20 - - alles gethan worden- und auch hier ist die gleiche Richtigkeit und Genauigkeit zu finden- wie in dem ganzen Werklein. Der Vermische Schatz soll zur Eroberung EgyptenS hingereicht haben ! ! Daß er geraubt und zum Theil auch dazu verwendet wurde, ist richtig genug; aber daß man damit von den i4 Linienschiffen die nach Lgypten segelten nicht 6 hätte ausrüsten können ist wohl auch richtig. Wie Aargau ohne Hülfsmittel so viel habe thun können, darüber ist nicht jede Auskunft unmöglich; man hört im Publikum von veräußerten ClaatS-Domänen, von losgekauften Grundzinsen, deren Capitalien für nützliche Unternehmungen verwendet werden; man hört auch von Anleihen in Basel für auffec- ordentliche Zeiten. Nun daö geht uns weiter nichts an, und verdient auch an sich vielleicht keinen Vorwurf; aber der Herr Autor muß nicht allzudicken Staub seinen Lesern in die Augen werfen wollen. Das bringt er aber nur an, um von Abgaben unter der Bernerschen Verwaltung zu sprechen, und denn hauptsächlich auch von den Landvögten, welche seit 20 Jahren als Scheuch- bilde umhergezogen werden, vide Seite 30 und 38. Was die Abgaben betrift, verstehen wir nicht recht was Herr Autor damit meint: wir haben immer gehört, die vormalige Bernische Regierung habe keine andere Einkünfte bezogen, als welche wie Zehn- den Grundzinse, Ehrschätze, sogeheissene Kleinodien auf dem Land hafteten, und welche der Einwohner, nicht als Unterthan oder Angehöriger, sondern als Eigenthümer eines bestimmten Grundstücks entrichtete; die Regierung habe diese Einkünfte gleichfalls als Patrimonial-Gut besessen, und zwar sowohl, daß die Regierung a s Befitzerin einzelner Domänen, auf welchen eine Beschwerde haftete, jedem Individuum die Gefälle entrichten mußte, welches das entsprechende Recht eigenthümlich besaß. Die Besitzung der Rechtsame und die Verbindlichkeit zu der corelativen Schuldigkeit waren nicht Sache von Classen oder Landeshoheit, sondern freyen EigentbumS.. Alles was das Land überdem zu entrichten im Fall ' war, betraf die eigene innere Haushaltung der Gemeinden. Herr Autor spricht denn auch von den Landvogteycn; wir wissen ziemlich zuverläßig, daß alle Landvogreyen oder Aemter des ehemaligen Cantons Berit im Durchschnitt ei» Einkomme,» 21 t>«r s bis 10/000 Franken auswarfen/ welches für 6 Jahre so bis 60,000 Franken machte; freylich eine schöne Summe, die man tun Berner- Landvögten nun seit bald 20 Jahren genug vorgeworfen hat. Aber dieser glänzenden Aussenseite fiiqt man nicht bey, daß das die einzige Belohnung für lebenslängliche Dienste im Staate war, durch welche man zudem noch von jedem an» dern Erwerbszweig in Handel und Gewerb für sich und feine Kinder ausgeschlossen war, nicht gesetzlich, aber nach Grundsätzen die forderten, daß die Regierenden jedes luerative Gewerbe den Nicht- regierenden überlassen, und daß die Regierenden in ihren Verhandlungen von jedem Privat-Interesse frey seyn sollten. Alle andern, mich die beschwerlichsten, Arbeiten in der Regierung wurden gar nicht, oder mit durchaus unbedeutenden Accidenzien in Wein, Hühnern u. dgl. von den Aemtern remuneriert. Wollt« man früh zu einem Amte gelangen, so war das Einkommen weit kärglicher, als oben angegeben, wollte matt abwarten und indessen seyn Väterliches zusetzen um anständig zu leben, so hatte man nach 30 — 4o Jahren Hoffnung auf ein weit einträglicheres. Diele arbeiteten ohne Lohn ihr lebenlang; aber keiner hatte für feine im Durchschnitt ßojährige Arbeit, 24oo Franken vom Staat per Jahr; und wenn der Herr Verfasser den Bernern Bereicherung vorwirft, *) so beliebe er zu denken , daß cS umer der Classe der nicht regierenden Landesangehörigen noch weit reichere Leute gab; und daß der Reichthum der Bernisttzen Patricier aus fremden Kriegsdiensten und sonst aus der Fremde, in das Land gebracht wurde; wenn er denn in den Darstellungen feines Hasses so weit geht zu schreiben, Seite 30: das Mark des Landes sey auS dem Lande gegangen für unfru ch t bare Besoldungen, so trügt er niemanden, als etwa einen Fremdem der die Schweiz nie gesehen hatte: oder wo war ein blühenderes Land als daS Bernischc Aargäu und die Waadt? und in welchem Verhältniß deS Wohlstandes stuhnden diese Länder gegen die fremden Umgebungen von Deutschland, Frankreich und Savoy, deren. *) Der Autor kennt ja im Canton Waadk virtuelle Kräfte denen er grosse Rechte beylegt. 22 Regierung doch so milde war , daß sie heute nach 20 Jahren beynahe allgemein zurückgewünscht wird ? Wo siedelten auch die Werner sich am liebsten an , als eben in der Waadt und im Aargäu, als simple Gutsbesitzer. Wahrlich Herr Autor/ Ihre Schmähungen sind eine Lobrede / denn mit diesem feindseligen Gemüth nicht richtiger tadeln/ ist das wahrste Lob. Seite 31. Geht Herr Autor zu einer ähnlichen Parallele mit Waadt über; wo er gleich dabey anfängt den Bernern vorzuwerfen / daß sie bis an das Ende ihrer Herrschaft die Privilegien der verschiedenen Landschaften der Waadt in ihren bürgerlichen Gesetzen ehrten , und die sogeheiffenen CoutumierS respektierten. Was würden wohl für seitenlange Deklamationen des Herrn Autors da stehen, wenn die Bernische Regierung nach ihrer Macht / diese alle weggeworfen, und das bestehende Gesetzbuch allgemein eingeführt hätte? über Landjäger-Corps und Straffen bringt er an was für Aargäu; mit dem Beyfügen, daß ehemals nur für Konsu- lar-Strassen d. h. solche, welche von der Hauptstadt zum Sitze eines Landvogts führten, gesorgt worden sey; das ist vermuthlich auch wieder auf Fremde berechnet, welche die Waadt nie sahen; und wenn die Waadtkäudische Regierung in den 2 letzten Jahren 970(>o Franken auf Wiederherstellung der seit 1798 unverantwortlich vernachläßigten Strassen verwendete, so ist das doch kein Vorwurf für die Bernersche Regierung. Für Armen- und Erziehungs-Anstalten stößt er in die gleiche Posaune wie für jene im Aargäu. Eben so für andre öffentliche Anstalten; aber wiedrum, Herr Autor, ist cS für Bern ein Vorwurf, daß die Maadtländifche Regierung etwas und vielleicht vielcrley Gutes that? die vielen in der Waadt angesessenen Werner habem dazu redlich beygetragen, und mehrere der Anstalten in kleinern Städten der Waadt, welche Herr Autor am meisten aushebt, stehen, was er verschweigt, unter der Leitung von Bürgern Berns. Daß die Bernersche Regierung die Pockcnpcst nicht ausrottete, mag wohl aus dem zimlich einfachen Grunde erklärt werden, daß die Gchutzblattern erst im Jahr isoo und isoi bekannt wurde. Daß eine Hebammenschule in Lausaune eingerichtet wurde, weiß ich unter anderm auch aus dem Umstände, daß die Bernersche Aka- 23 demie, wie mir wenigstens versichert worden/ derselben mehrere nothwendige Präparate rc. verschaffte; aus der DarstellunqSweise deS Herrn Autors sollte man wähnen , daß von allen solchen Anstalten in Bern nichts sey; ich habe aber alle Anstalten/ von denen Herr Autor spricht/ in Bern in einer Vollständigkeit erblickt, wie sie in der ganzen Schweiz nicht anzutreffen ist. Doch ich will nicht Lobredner seyn , sondern nur den Herrn Autor begleiten. Von dem Loskauf der Zebnden und Grundzinse in der Waadt sollte Herr Autor nicht gar so laut sprechen. Vorerst fangt er bey einem kleinen Schreibfehler an: es wurde nicht ein fünffacher aber ein siebenfacher Grundzins für den Loskauf bezahlt/ (siehe Gesetz und allenfalls auch Quittungen) und statt der Grundzinse / Grundsteuern in Geld eingeführt/ welche im letzten Jahr 4 l sz pro mille des Capitals das heißt ungefehr I/i) des Ertrags betrugen/ statt i/ii/ ferners weiß auch Herr Autor / daß es im Waadtland zehndfrcye und zehndpflichtige Güter gab , daß diese beym Kauf und Verkauf auch verhältnißmäßig bezahlt wurden / daß ehemals von den zehndfreyen Gütern gar nichts bezahlt wurde, und daß. mithin eigentlich den Zehnd Pflichtigen auf Kosten der Zehndfreyen ein Geschenk gemacht wurde. Daß dies damals politisch flug war, ist keinem Zweifel unterworfen, aber nur sollte man solche Akten der Klugheit nicht als einen allgemeinen Beweis guter Verwaltung anführen, denn, den Reichen nehmen um den Aer- mern zu geben, ist nicht eben immer nnwiderfprechlich recht; und wenigstens die alte Regierung hätte dies, was sie nicht thun wollte, auch nicht thun dürft», sonst hätte man nicht übel über die violation des francliises geschrien. Wenn Herr Autor Seite 33 bemerkt: »Daß ohne die unbesonnenen Schritte der Bcrnerschen Besitzet von Löber-Rechtsamen ohne Zweifel schon längst eine der Gerechtigkeit angemessene Entschliessung über die EntschädigungSfrage genommen worden wäre" so mächt er damit der Waadtländischen Regierung einem Vorwurf gegen welchen dieselbe zu vertheidigen ich mir keinen Beruf fühle. Denn diese Angelegenheit ist so auffallend als mSgr 24 — -°H°— - lich / und tret weiß, daß noch Ao> 1797 nach den für >die Waadt bestehenden Privilegien neue Lobrechtsame durch Bilateral« Contracte sreywillig errichtet wurden / den muß die einseitige Aufhebung dieser Rechtsame/ wie die willkührliche Aufhebung jeder andern Privac-Gchuld befremden; wer denn noch weiß, daß die Entschädigungssache aller Erkanntniffe der Tagsatzung/ aller vermittelnden Jnterceßion ungeachtet hartnäckig bey Seite gesetzt wurde; wer endlich weiß/ daß die Waadtländische Regierung/ statt der auf einzelnen Gütern haftende» und einzelnen Eigenthümern zustehenden Löbcv/ unter dem Titel der progreßiven Stem- pelgebühr eine nahmhafte Handändcrungs-Aussage allgemein bezieht : der wird schwerlich begreifen können , wie Herr Autor in seinem selbst blinden Eifer diese Frage habe reg machen können. Seite 34 kommt Herr Autor zu einer Vergleichung dessen was die Waadt unter der Bernerschen Verwaltung bezahlte und was sie jetzt bezahlt. Diese Vergleichung ist abermals so dargestellt/ wie Herr Autor es für seinen Zweck am zuträglichsten findet/ aber nicht wie die Sache sich in der That verhält. Ehemals bezahlte die Waadt Nichts als was auf den Gütern haftete/ welche in Kauf und Lauf auch verhältnißmäßig bezahlt wurden. ES konnte ein freyes Gut kaufen / wer wollte / und wer ein mit Zehn, den / Grundzinsen/ oder Lodern beschwertes erhandelte/ schlug bey dem Handel diese Lasten im Capital an/ bezahlte um so viel weniger; was der Staat von diesen Rechten besaß war also abgesondertes / vorbehaltene-s Gut; als Landeshoheit zog der Staat nichts/ ausser den Regalien / Zollen und Sporteln. Jetzt bezahlt man Grundsteuer/ von deren Betrag wir oben gesprochen haben / Stempel/ Handänderung/ Gefälle von Erbschaften , welche bis auf 5 von t00ansteigen- Luxus-Abgaben für Feuerheerd, Pferde/ Hunde rc. und wir wenigstens erbieten uns rechtsbeständig darzuthun/ daß der Eigenthümer eines ehemals zehndpflichtigen Guts/ seit 1803 alle Jahre mehr bezahlte/ als vor der Revolution. Daß denn die Privat-Eigenthümer der ehemaligen Rechrsame entschädigt worden seyen/ damit ist es dem Hrn. Autor nicht ernst/ den» er weiß/ daß eS Fanstlien in der Waadt giebt/ die mit dieser Entschädigung für unser Land sehr grosse Summen eingebüßt haben. 23 - Wenn also wirklich die Waadt im allgemeinen i-tzt weniger bezahlt haben sollte, (was Herr Autor, der Seite 30 behauptet, das Bernersche Rechnungswesen sey ein Staatsgeheimniß gewesen, wohl schwerlich erweisen könnte) als ehemals, so muß eS auf Unkosten der Begüterten geschehen seyn, d. h. der an Zahl schwächer» Classe. Wenn denn Herr Autor weiterS behaupten darf, daß ehemals eine halbe Million Franken als Ersparnisse der Landvögte oder anderer Verwalt tungen oder zur Vergrösserunz des zu ewiger Einsch liessung verurthei lten Schatzes aus dem Land in die Hauptstadt weggezogen wurden, und daß nichts zurücksioß als etwas an Getraide, so verschweigt Hr- Autor die Millionen, die man in die Salzwerke von Aclen, die prächtigen Hecrstraffen, den Ankauf von Domänen zu, Ausrechthaltung des Preises der Güter warf, die auch seit 1797 um wenigstens 30 von Hundert im Cavitalwerth gefallen sind. Er verschweigt, was allgemein bekannt ist, daß ehemals die Stadt Bern, aus den Ersparnissen ihrer Bürger, die sie hätten verzehren können, durch Einnahme an Geldzinsen aus fremden Fonds, breymalhundert tausend Franken mehr auf die Verwaltung ihres Cantons verwendete, als sie aus demselben zog, wovon Waadt viel empsieng. — Eine Regierung die mehr auf ihr Gebiet verwenden kann, als Sie daraus bezieht, wird auch einen Worrath an baarem Geld haben dörfen, für Zwecke die heilig seyn können, wenn schon Herr Autor als Regent nach neuen Grundsätzen, sie so wenig achten würde, als Rechtsbegriffe die der Convenienz wiedergreben. Doch was Wunders über diese Darstellungsart des Hr». Autors, wenn er Seite 35 selbst die in Zeiten von Theuerung der Waadt zugesendete Hülse in Getreide zu einem Gegenstand des VorwurftS für die Bernersche Regierung machen darf! wer einmal in giftigem Gemüth sich ohne Schcn über die Wahrheit wegsetzt, der hat keine Grenzen mehr. Wenn denn Herr. Autor noch seiner Aufzählung beyfügt, welche Summen aus der Waadt in der Hauptstadt von denjenigen verzehrt wurden , die daselbst Recht oder Gunst bey den obersten Behörden suchten, so vergißt er daß die Einwohner von Aelen, Rowaimiotier 3 26 Payerne rc. kurz jeder über ein paar Stunden entlegenen Gegend gleichfalls die Klagen über Verarmung ihres Distrikts führen müssen, weil sie für diese nemlichen Gegenstände nicht bey Hause bleiben können, sondern nach Lausanne gehen müssen. Ucberhaupt sollte jeder Fremde der die Schweiz nicht kennt, (und auf diese Classe von Lesern mag es wohl vornemlich dem ^ Hrn. Autor zu thun gewesen seyn) nach der Darstellung des Autors glauben, die Wandt habe sich bey ihrer Befrcyung durch die Bajonette des fränkischen Direktorium in einem äussersten Grade der Erschöpfung befunden; wer aber diesen GottcSgarten sah, wo Stadt an Stadt, Flecken an Flecken sich reiht, wo alle» Wohlstand und Reichthum athmete, wer diesen Garten mit dem nahe gelegenen Savoy, paysde Gex, franclie Comte, verglich, der wird von der Wandt sagen, was Job. von Müller vom Aar- gäu: „ES wurde Bern durch die revolutionaire Ucbermacht ent- „ rissen, aber der Anblick des Landes ist die herrlichste Lobrede „der verdrängten Herrschaft. Geschichte der Schweiz, Thl. 3 . „ Cap. l. Nore 120.“ Und sagt ja unser Herr Autor selbst S. 4 l: » „Diese Ordnung der Dinge (die Herrschaft der Stadt) konnte bestehen, so lange die herrschende Classe der Beherrschten an Bildung, Einsicht und Reichthum überlegen war. Aber so wie im Fortgange der Zeit Gewerbfleiß und Wirthschaftlich- keil in den Städten des Landes Wohlstand erzeugten, und als Folge derselben eine gebildete Classe entstand, die den Bürgern der Hauptstadt wenigstens konnte zur Seite gesetzt werden, war die Oberherrlichkeit der letztcrn nicht mehr in der Ratur der Dinge begründet" aus welcher in mancher * Hinsicht merkwürdigen Stelle wir denn noch weiter unten einige , Bemerkungen ziehen werden. *' Die Seite 36 so sehr ins Licht. gestellte Bevölkerungs-Zu- nahme der Waadt erklärt sich sehr natürlich aus der Ausrottung Her Pocken, welche bekanntlich ehemals zwischen 1/7 und 1/10 aller Kinder wegraffte; und daß in 20 Jahren der Ackerbau sehr- 27 grosse Fortschritte gemacht Hat / seit dem die Landwirthschaft wissenschaftlich betrieben wird/ ist dem Canton Waadt/ nicht ausschließlich eigen, wohl aber grossenthcilS von Bern her zugekommen. ; Nach dieser sorgfältigen mit autormäßiger Vorliebe durchgeführten Darstellung aller Wohlfahrt, welche die beyden Canlone Waadt und Argau, angeblich ihren neuen Verhältnissen zu verdanken hatten, kommt Herr Autor zu dem etwas schwierigen Vorgeben, eS wolle niemand in diesen beyden Landschaften die Wiedervereinigung mit dem Mutterstaate, durch dessen Bürger sie in die Eidgenossenschaft eingeführt wurden, und wahrend Jahrhunderten immer steigende» Wohlstandes, alle Vortheile des alten Schweizerbundes genoßen. Er will glauben machen, bey der ganzen jetzt lebenden Generation sey keine Rückerinnerung mehr an das Vergangene, keine Vergleichungsgabe; Er spricht von B e r- nerischer Herrschaft, von altem Joch, unter welches das Volk nicht zurückkehren wolle. Diese Floskeln lernte man Ao. 1792 und 1798 auch schon kennen. Damals war man aber noch offener, man förderte feine Absichten unverstellter zu Tage, man schmeichelte herzhaft den französischen Revolutionsmännern, man predigte von allen Dächern die Freyheit und Gleichheit, die Un- verbindlichkeit von papyrnen Rechten; mitten unter fremden Bajonetten, herbeygerufen von einigen der Tongebcr dieser Secte, übte das Volk gezwungen eine ihm unbegreifliche Freyheit aus, damit die Wenigen in farbigen Schärpen und, der republikanischen Einheit zu lieb, in goldgestickten StaatS - Uniformen thronen, in wenigen Jahren beynahe alle Staats - Domänen vergeuden und eine ungeheure Schuldenlast auf das Land wälzen könnten. *) Aber dann sagte man dem Volk: .Du hast die Fesseln abgeschüttelt, Du bist frey, denn Du brauchst keinen Stand, kein Geschlecht, kein Alter mehr zu ehren; in roher Ungezogenheit darf *) Dag mich in diesen Zeiten des Unglücks wackere Männer ihre Ein, sichten dem Vatcrlande schenkten, und mit Recht und Redlichkeit in dem reissenden Strome zu retten trachteten, was man retten konnte, das weiß jedermann; belohnendes Selbstgefühl und Dank der Mit» kmrger begleitet diese: jeder thun, alles/ was nicht durch das Gesetz verstatten ist; Drt bist frey / denn Du hast nicht mehr zu Regenten nach alten Dir wohlbekannten Gesitzen, die Männer/ die von Jugend an dazu bestimmt und gebildet/ keine höhere Pflicht kannten/ als Dir zu leben / keine.höhere Ehre/ als den von einer langen Reihe würdiger Vorältcrn ererbten unbefleckten Namen guter Verwalter wü dig zu tragen; sondern jetzt wirst Du regiert von Repräsentanten/ das heißt von Leuten die Dich vorstellen sollen/ im Namen der Freyheit und Gleichheit / von Männern , deren grosse Masse mit Deinen Oertlichkciten und Bedürfnissen unbekannt nach prvoijorlschen Constitutionen / Cabinets-Theorien in Ausübung bangen, und von irdischem Wohlstand ab zu geistiger Aufklärung Dich führen. Jetzt ändert man ein wenig die Sprache, man spricht von virtuellen Kräften, für deren Beurtheilung jeder nur seinen eigenen Maasstab hat / und sagt dem Volk: der Gescheideste soll regieren. Denn darauf kommt denn doch am Ende das ganze Treiben dieser freywilligen Vertreter der Volksrechte hinaus! oder wie Herr Autor? wenn das Volk sagte: „die alte Regierung „war gut; war selbst bauen unser Land / treiben unser Gewerbe/ „und kennen die besten Leute nicht; aber wir lieben nicht die „sich selbst rühmen; wir kennen sie nicht/ wir wollen nichts „von ihnen: wir sind/ sagt ihr ja selbst/ so gut/ so bieder, „so vollkommen/ daß wir euer nicht bedürfe«/ sondern unS „selbst befehlen wollen!" es scheint mir fast/ als würde alsdenn von eben diesen Herren VolkSpredigern aus einem ganz andern Ton gesprochen werden. Ucbrigens was versteht ihr unter Herrschaft und Joch? Ist eS etwa süffcr 2 Bürgermeistern und eilf Räthen zu gehorchen, darum weil sie nicht Berner heiffen, als einer andern Regierung an deren Spitze Schultheiffen stehen! sind die neu erkohrnen Hrn. Bürgermeister deshalb nicht mehr Menschen und mit menschlichen Schwächen behaftet; kann gar kein Misbrauch entstehen? Doch genug; der Herr Autor weiß, und seine einheimischen Leser wissen/daß in der Regierung zu Vern wdem Mann von Kopf und Herz jede Stelle offen ist / daß er alle Wege offen hat, zu dersek- 29 ben zu gelangen/ sowohl das offene Bürgerrecht, als die freye Repreftntarion. Er weiß eben so wohl / daß im Jahr 1801. 31000 Unterschriften die Vereinigung der,Waadt zu Bern verlangten; daß man einst einen der respektiertesten wohlthätigsten Männer aus seinem ruhigen Hause riß/ und nach Lausanne ins Gefängniß warf; daßAo. 1802 Aargau, und zwar nicht ein Haufe Volks aus der eigenthumSlosen und jeder Verführung leicht zugänglichen Claße, wie Herr Autor sich auszudrücken gutstndet / sondern der Kern des Landes sich unter wohlbekannten Offiziers, und nicht Partheyhäuptcrn, erhob, und so den Volkswillen sehr deutlich auSsprach; er weiß auch, wie die Verner sich damals benommen, wie Aarau durch Berner von dem Untergang, den die Rache Aargäuischer Landleute ihm zugedacht hatte, gerettet wurde; gesetzt aber daS alles sey vergessen, Aargau wolle nichts als das ihm durch seine bisherigen Regenten bereitete Glück, warum, wenn die VolkSstimmung so laut ist, alle die Bewaffnungen, die Rüstungen, die Polizey-Ansialten? warum werden die Leute NachtS aus dem Schlafe gerissen und in Verhaft geschleppt, weil man sie gefährlicher DenkungSart verdächtigt; warum sind die Gefängnisse stäts angefüllt von StaatS- verdächtigen, warum wird jeder auf offener Heerstraffe angehalten, untersucht, und Schriften und Papyre abgenommen? Von diesem allem siehet man nichts im Canton Bern. *) Wie ich wenigstens die Stimmung beyder Cantone kenne, so dürfte man eS recht wohl auf den Ausspruch der versammelten Gemeinden ankommen lassen, von welchem Herr Autor spricht. Die Aargäui- sche Regierung hebe die Anstalten einer, in der Schweiz beyspiellos thätigen Polizei) auf, sie erkläre öffentlich die Aeusserung des politischen Glaubensbekenntnisses sey frey, ganz frey, und vcr- saminle dann die Gemeinden ohne Bearbeitung; aber Herr Autor spreche nicht von der öffentlichen Stimmung bey solchen Anstalten zu Leitung derselben. Er führt die Bernersche Proklamation v»m 24 . Dezember an, welche so vielen Unwillen erregt habe; *) Die eintzge Maaßregel die Bern bisher nahm, war gegen einen z»m Krieg ausrufenden, oft gew irnten Zeitungsschreiber, dem man den Absatz seiner Zeitung im Canton verbot. Eine aUcrdingS empfindliche. Geldstrafe! 30 .gefügt aber nicht bey/ daß die Proklamation in dem Augenblicke des Einmarsches aüierter Truppen in Bern, und unter dem unmittelbaren Mitwissen eines von den allierten Höfen abgeordneten Ministers ergienge, und fugt endlich auch nicht bey, daß man zwar den Unwillen de- Volks gegen diese Proklamation aufzuregen suchte , aber dvch sorgfältig verhinderte, baß dieselbe nicht bekannt wurde. Endlich ist die Frage nicht: will Aargau unter die Herrschaft der Stadt Bern zurückkehren, oder einen eigenen selbst,iäu-- digcn Canton ausmachen; sondern die Frage ist: was ist dem Ber- Nischen Aargau zuträglicher, die brüderliche Wiedervereinigung mit dem Canton Bern, oder die Einverleibung mit Frickthal, Baden und Frcyamt, welche ihm von jeher in Religion, Sitten und Gebräuchen fremd waren? Gegen den Seite 38 angeführten Grund, daß Aargän zu arm sey, um (tef) selbst zu erhalten, hat die Natur und die väterliche Verwaltung älterer und neuerer Zeiten hinlänglich gesorgt; ob eS aber dem Aargäu nichts frommen würde, neben und ausser dem Genuß aller seiner eigenen Anstalten deren Fortbestand ihm zugesichert wird, auch die eines grössern CantonS, welche nur mit vereinten Hülfsmitteln möglich werden, zu benutzen, wollen wir dahin gestellt feyu lassen. Herr Autor weiß aber wohl, daß er mit dem AuSfaugcn des Landes durch 7 Landvögte, nicht gefährlich aussieht, da die Besoldung der jetzigen Oberamtmanns- Steüen im Canton Bern zum Auskommen nicht hinreicht; das ist auch so eins der Schattenbilder, das die blumenreiche Sprache des Autors ziert. Seite 39' Bringt Herr Autor an: die Eifersucht, welche die überwiegende Grosse Berns in der übrigen Schweiz erzeugt hatte, sey mit eine der Ursachen gewesen, warum eö bey dem französischen Uebcr- falle so verlassen da stand,... die andern Can- tone würden den überwiegenden und erdrückenden Einfluß eines einigen nicht dulden: man solle Zürich, Luzern, Basel, Schaffhausen, selbst So- 31 -°H°- lothurn, Freyburg und die Verg-Cantone fragen, ob sic sich diese Hegemonie wollen gefallen lassen. Und sollte ein Schweizer seyn, der dies in die Welt herausschriebe, der im gegenwärtigen Zeitpunkt den Sinn und Geist der allen Schweiz so anschwärzen wollte? ES sollte kleinliche Eifersucht, Neid seyn der ältesten VundSgcnossen, dem die Schweiz ihr Unglück zu verdanken hätte? Ferne von uns ein so niederschlagender Gedanke. Die Bcrner erkennen noch den Schrecken, welcher bey BernS Sturz die ganze übrige Schweiz niederschlug; es liegen ihnen auch daher noch Pflichten ob. Sie wisse» die Vereinzelung der Streitkräfte der Schweiz, vieljährigen Umtrieben der Revolutionsmänncr des.Auslands zuzuschreiben, die im Innlande jeden bösen Keim aufzuziehen verstuhnden. Das Geschrey: guerre aux palais, paix aux cabanes; ä bas les aristocrates, vive ie peuple (nieder mit den Häusern, Friede den Hütten; weg mit den Aristokraten, es lebe das Volk) so lange fortgeführt, so eifrig verbreitet, so sorgfältig unterstützt,' Furcht und Hoffnung, das Spiel aller gewaltsam aufgereihten Leidenschaften, die Unsicherheit jeder einzelnen Regierung in ihrem Innern, diesem war der schnelle Sturz in jenen tobenden Zeiten zu verdanken; darum sielen einzeln Bern, Freyburg und Solo- thurn, darum bluteten späthcr die Schwyzer und Unterwaldner, darum rauchten die Trümmer ihrer Hütten. Aber Bern baute immer auf den treuen Sinn alter Eidgenossen; Bern liegt es ob, an diesem Sinn nicht irr zu werden; seine Hülfsmittel waren immer bereit für daS allgemeine Wohl der Schweiz; alle Staatsmänner alter Eidgenossen, ergraut im Dienste des Vaterlandes, werden bezeugen, daß nie kein Mißbrauch von BernS Grösse gemacht wurde. Wurde Zürich ;e gestört in der Leitung allgemeiner Angelegenheiten als Vorort? halte auf den Tagen der Eidgenossen der Gesandte de§ kleinsten zugewandten OttS weniger Recht als der von Bern? war der Einfluß der drey Stimmen der Ur-Canrone unter 13 geringer als jetzt unter 19 ? Herr Autor der Sie die Einheit predigen, warum ist denn, wenn eS um Bern zu thun ist, auf einmal Verstückelung aller Kräfte, nützlich, nothwendig? Sie fügen denn noch ben, am Ende müssen die wahren CantonS- Lnteressen gegen unnatürliche Verbindungen per- 32 anlaßt durch übereinstimmende Interesse» der Füh- rer die Oberhand behalten; da sind wir einverstanden, denn in unsrer Schweiz kann wahres Interesse nur von Redlichkeit und Rechtlichkeit ausgehen; diese bleiben ewig sich gleich, aber die Convenienzen ändern und schwinden wie Schatten. Darum handle man recht! • Der Herr Autor beliebt endlich zum Schluß seines Verzeich- * inffeS von Thatsachen Seite 40 ju sagen: „Die Souvcräni- „tätSrechte eines Schlächters oder Bäckers oder „BäckerSsohn der Stadt Bern haben mit den Rechnen eines BourbonS.oder eines Welsen nichts gemmei n," um darzustellen, daß die Wiederherstellung der ehemaligen rechtlichen Verhältnisse Bern nichts angehen solle. Da der vornehme Herr Autor hier nur seine persönliche Ansicht auftischet, die aber eben hier nicht vorurtheilfrey scheint, und da dieses wohl ziemlich gleichgültig seyn möchte, wenn er sie nicht als DolkSstimme feilbieten würde, so wollen wir ihn glauben lassen, die.Wiederherstellung der Schweiz sey gleichgültig; allein nach k der im Druck erschienenen Note des Kaiserl. Königl. Oestr. Ministers in der Schweiz vom 8ten Dezember und der Proklamation des Fürsten Schwarzenberz vom 20sten Dezember erlauben wir uns einer andern Meinung zu seyn. Wir wollen auch den Fürsten Europa'S oder ihren Ministern überlassen, auszudrücken, was sie wollen, und uns nicht gleich dem Herr Autor zum Erklärer und Leiter ihrer Willensmeinung auswerfen, welche Eigenschaft wir aber auch ihm keineswegs zugestehen. Dann geht der Herr Autor von dem Zeitgeist aus, um zu beweisen, daß eben jetzt der Menschheit ei» neues Licht aufge- » gangen sey, daß die alten Formen nichts niehr taugen, daß alles seine Epoche habe, daß eS Dinge gebe, die keine Macht der Erde herstellen könne, und spricht ein Wehe! auS über die verwegene Hand, die in das Rad der Zeit eingreift. Dergleichen Deklamationen waren , wir auch schon so glücklich zu hören; eS liegt dem Autor wirklich viel daran, daß man alles 33 «lles geschehen lasse. Man hat uns aber noch nie berichtet , was der Zeitgeist sey; Ao. 1793 war der Zeitgeist, die Monarchen ju morden, die Religion zu verspotte»/ die Sitten zu verderben; dies hat uns die Erfahrung gelehrt- Was der jetzige Zeitgeist sey/ wissen wir nicht recht; man sagt, es sey jener der reinen Vernunft; daS scheint es auch anzudeuten, indem man auf die Staa« ten-Austösung hinarbeitet. So viel ist gewiß, daß wenn alle Menschen wären , wie sie seyn sollten, man weder Gesetze noch Regierungen brauchte; aber freymüthig gestanden, von dieser irdischen Vervollkommnung sehen wir wenig Spuren; und es wäre den Aposteln des ZeitgeistS damit nicht gedient. Mögen Cultur und Künste immerhin Fortschritte in einigen Fächern gemacht haben, wie viel weiter waren nicht die Alten darin; soweit sind wir wohl gekommen, daß wenn jener Universal - Despotismus des Einen nicht zerbrochen worden wäre, der Scepter der Cultur Europa entfallen, unser Wclktheil in die Barbarey zurückgesunken/ und nach dem ewigen Wechsel des Hrn. Autors / die Reihe einen andern Wclitheil getroffen hätte. Der Zeitgeist der französischen Encyelopädisten war Atheismus; war dieser Geist und jener von 1793 gut, oder trachtet man davon , zurückzukoinmen, zurück auf den ältern? Dies beantworte Herr Autor. Ist der jetzige besser, zeichnet er sich aus durch Sittlichkeit , Redlichkeit, Rechtlichkeit, Frömmigkeit? ehrt man das Eigenthum, ehrt man ein gegebenes Wort, ehrt man daS Alter ,, ehrt man die väterliche Gewalt? wenn das alles nicht ist, wenn der heutige Geist jener ist, des Trugs, der Unwahrheit, des Eigennutzes , der Anmassung, so ist eS ein böser Geist, und man soll ihn nicht zum Grund legen künftigem Seyn. — Damit will man gar nicht behaupten, daß alles gut sey, weil es alt ist; aber e§ giebt Dinge, Herr Autor, die das Rad der Zeit nicht umtreibt, sondern die ewig bleiben, und unverändert, diese soll man nicht aus dem Auge verlieren, man soll sie nicht bey Seite setzen; auf diese soll man bauen, wenn man nicht auf Sand bauen will. Euere Philosophie geht umher und wechselt in Systemen; aber das Eine, das wahr ist, das der Schöpfer jedem Menschen in die Brust gab, das wechselt nicht: und dieses Eine ist euch im Weg; an diesem 34 Einen wird euer Zeitgeist, zertrümmern, er kann nichts an seine Stelle setzen. Wir wollen auch nicht behaupten , daß das Neue nichts Gutes mitgebracht habe, wir erkennen und gemessen dankbar auch das neue Gute; aber läßt sich dieß neue Gute nicht mit dem alten Guten vereinigen? Ihr wollet nichts von dein alten Rechten und Guten, weil es euch nicht behagt; aber die, so dieses wollen , verschmähen das neue Gute nicht; wer thut besser, wer — eucre Sprache zu sprechen — rechnet besser! Seite 45 bringt Herr Autor an, die Eröffnung des Bürgerrechts der Stadt Bern hciffe: so wie sich ausser derselben ein Geschlecht durch Wohlstand und Verdienste seincr Glieder erhebt, soll es in die Hauptstadt gelockt und so das Land periodisch anSgeso- gen werden. Schade Herr Autor um Ihr Wcrklein; aber mit so einem Anbringen hinten am Ende würde es im Ernst betrachtet, nichts beweisen als blinde rücksichilose Leidenschaft, denn räsonniert bann man das unmöglich heiffen. Sie wissen ja Herr Autor, daß niemand gelockt wird zum Bürgerrecht; Sie wissen daß dem Land dadurch kein Pfenning entzogen wird, wenn jemand Bürger wird, weil Bern auch im Lande ist; Sie wissen daß der Reichthum der Stadt nicht vom Lande ausgcgangcy ist, sondern vielleicht eher umgekehrt, indem die Bürger durch fremde Kriegsdienste und andre Unternehmungen im Ausland Reichthum nach Hause brachten, und sich im Lande ankauften; Sie wissen daß das'Eigenthum eines Bürgers, der vom Land in die Stadt zieht, darum nicht weniger gut angebaut wird; Sie wissen daß die Stadt alle ihre Bedürfnisse pom Lande zieht, und daß die Stadt der Markt des Landes ist, mithin das Geld auch aus der Stadt auf das Land stießt. Das alles wissen Sie recht gut, und e§ wird — denk ich — in Aarau und Lausanne ungefehr eben so seyn. Sie werden kaum auf den Gedanken verfallen, das Land von Aargän und Wandt werde anSgesogcn, weil reiche oder Ansehen suchende Familien deS Landes durch Regierungsstellen oder sonst in die Stadt gezogen werden;• aber freylich haben Sie im ganzen W.rklein bewiesen, daß Ihre Grundsätze sind, wie der Hauch, der kühlt und wärmt, oder wie ein zweyschneidigeö Schwert. Doch ich will nicht ungerecht seyn, ich weiß , daß grosse Männer gern Paradoxen anfstel- 35 Jett, Daß Bern nach dem Recept des Hrn. Autors nicht thut, wie einst Rom, welches die gestimmten Einwohner Italiens und späthcrhin Galliens für Römische Bürger erklärte, mag wohl seine guten Grande haben, unter anderm den, daß Bern nicht Rom ist; daß übrigens Las Stadtbürgerrecht in politischer Begehung ganz offen ist, weiß jedermann, man mag nun drucken lassen waS man will; und daß zum Einkauf in die pecnniärifchen Vortheile desselben, in Unterstützung für Wittwen, Wayfen und Verarmte, eine verbältnißmäßige Summe festgesetzt ist, das ist der Fall in jeder Dorfgemeinde so gut wie in Bern. Wenn denn Seite 45 und 46 Herr Autor einen Theil seiner Aufklärung dahin giebt, um den stockfinster» Beruern zu erklären was ihnen vortheilhast sey, so wollen wir eS diesen überlassen, dem Hrn. Praccptor dafiir zu danken. ES scheint unS aber, nach den öffentlichen Akten zu urtheilen, wissen sie auch zu fchLhen, waS thunlich und gut sey, und wir haben nirgends gefunden , daß sie ausschließliche Vorrechte herzustellen gesinnet seyen, wie Herr Autor am Ende von Seite 46 will glauben machen. Seite 47 und 4« erklärt nnö Herr Autor, der sich überhaupt: in den schwindelnden Höhen der geheimsten Politik und der Philosophie vorzüglich zu gefallen scheint, noch einmal den Willen der alliertcn Machte; spricht rhetorisch; sie werden nicht um- stürtzen was der DcspvtiSmuS selbst ¥ ) geschont hatte, und nicht den selbstsüchtigen Absichten einet; kleinen Anzahl von Familien zu Liebe ein friedliches und fchuldloseSVolk zur Verzweiflung bringen; das klingt hoch, ist aber zum Glück übermal nur Phrase; denn gewiß würden sehr Wenige in Aargau und'Waadt, und gar kein Friedlicher und Schuldloser, verzweifeln. Daß eS den Aargäuern so wehe thun würde, wieder mit thron aktcn Brudern unter einer Regierung zu stehen, die auf daS wenigste so liberal ist alS die neu- erschaffcne Aargäuische unter 2 Bürgermeistern und li RachShcrren, das müssen wir verneinen so lange als die SichcrheitS-Anstalten Vermuthlich eiu Druckfehler, soll heissen ,, a u so e sü h r t," Leu» »viv müssen glaube», Herr Autor, spreche »on.NapoleouL Vermikp iung. der Aargäuischen Regierung nicht in diesem Sinne sprechen. Daß die Regierungen der Canrone Aargau und Wandt sich stark suhlen , mag seyn, ob denn in ihrer guten Sache, oder in einer andern , sey dahin gestellt, man fühlt sich bisweilen auch im Fieber stark. Daß das Wohl der ganzen Eidgenossenschaft an diesen Regierungen hänge, ist vermuthlich eben so wahr, als bescheiden angebracht, aber leider nur eine Voraussetzung, mit welcher die leidige Geschichte nichts gemein hat. Wenn denn endlich Bern einen engen VersinsterungSbund schließt, wie Herr Autor Seite 48 sagt, so begreifen wir nicht recht, was er darunter versteht ; von der Fackel der Aufklärung haben die Brandstätten in Unkerwalden schon einigen Begriff gegeben, es ist vermuthlich auch mit der Fackel der Aufklärung,. daß Bern, Freyburg und Solo- thucn sollten angezündet werden, es ist auch wahrscheinlich der Aufklärung zu lieb, daß von Aarau aus Flugschriften, Reden der Culturfreunde, und Zeitungen mit immer und immer entstellten Thatsachen, alles Volk gegen die Regierungen jener Canrone aufzuhetzen suchen, daß kein Mittel unversucht bleibt, um Unzufriedenheit und daher Aufruhr zu stiften, daß diezenigen, die am blutigen Auflauf von Solothurn thätigen Antheil nahmen, Aufnahme und Schutz finden, dieweil sie von ihrer rechtmäßigen Regierung ausgeschrieben sind. Wenn das Gefühl für Recht, das treue Halten am Glauben der Vater, und an alter Pflicht Verfinsterung heißt, o denn Ihr alten Eidgenossen, bleibet in dieser Verfinsterung, sie wird Euch sicherer zum Ziel der Achtung, der Ruhe und der Kraft führen, als jenes Irrlicht falscher Aufklärung ; ihr werdet sie wieder finden diese Verfinsterung in den Herzen älterer und jüngerer Briider, wenn lange schon jener Schimmer im Dunkel der Reue über das hergeführte Verderben und Unglück verloren seyn wird. Der Herr Autor sagt ferner! man habe über den Besitz des Volkes von Aargäu unterhandelt, wie man über die schwarzen Menschen am Senegal unterhandelt, und damit endet sich seine lange Diatribe; ein würdiges Ende! Herr Autor wann Sie Eindruck machen wollen, so sprechen Sie einmal wahr, sonst schaden Sie Ihrer Sache; .ein Mann der anf so viel Gefchicklichkeit, Seite für Seite, Anspruch '37 macht , muß seine Sache sehr gut vertheidigen , wenn er unberufen für dieselbe anstricket; wann aber keine seiner Thatsachen richtig ist , wann keiner seiner Gründe die Beleuchtung deS schlichte» Verstandes auszuhalten vermag, dann brandmarkt er die Sache für die er so schreibt; und soviel Herr Autor werden Sie zugeben, daß es in einem neuen Canton zuerst gedacht wurde, die Bewohner mit den Schwarzen am Senegal zu vergleichen; bey keinem Berner, keinem alten Eidgenoß wäre je ein solcher Begriff entstanden. Sie werden belieben zuzugeben, daß es von Bernerischer Seite nicht um den Besitz des AargäuS zu thun ist, sondern um eine brüderliche Vereinigung. Der Herr Autor schließt mit einem Gleichniß von Fliegen und Eßig und Honig; wahrscheinlich vergleicht er die.Berner mit den Fliegen; wenigstens nach seinem überhaupt cdeln und humanen Styl zu urtheilen; von seinem Honig wissen wir nichts, was er Eßig nennt, verstehen wir auch nicht. Diese Beyträge sind sehr unvollständig; manche Wahrheit bleibt zurück, denn es war nicht darum zu thun, anzugreifen. Aber ihr wackeren Landleute, denen die Schriften der neuen sich so nennenden Aufklärer zu Gesichte kommen, laßt euch nicht irre führen; sie schmeicheln euch mit glatten Worten, und grüffen euch mit Lippe», aber ihr Herz ist weit von euch'; nicht euer Bestes suchen sie, ihr sollet nur Mittel seyn zu ihren eigenen Zwecken; glaubt ihr Väter etwa man meine es gut mit euch, wenn man euer» Söhnen und Hausgenossen den Kopf groß macht; glaubet ihr man meine eS-gut, wenn man nur den Leidenschaften schmeichelt, statt sie im Zaum zu halten, wenn man Eitelkeit, Eigennutz, Ehr- geitz anzufachen sucht; seht ihr nicht, daß man euch zu blinden Werkzeugen gebrauchen will, damit unter eurem Namen Wenige über die Hülfsmittel des Landes schalten und walten können; denn waS habt ihr davon? sind die euere Freunde, die euch gegen alle göttlichen und weltlichen Gesetze zu Aufruhr treiben; halten sie euch schadlos für den Verlust von Gut und Blut "dem 38 sie euch blos sehen / schadlos für die Verlorne Ruhe eines zerfleischten Gewissens? Lenket selbst nach und prüfet! Wer verdient mehr euer Zutrauen, welcher euch nie ein väterlicher Freund die Wahrheit sagen darf/ oder welcher euch Ungehorsam gegen eure rechtmäßige Obrigkeit predigt/ und euch lehren will/ mit euerm häuslichen Glücke/ eurer Sicherheit/ und eurem Wohlstand unzufrieden zu seyn? Endlich aber , was kann man euch besseres versprechen? In keinem Lande können Alle regieren; wenige nur können dazu berufen werden: eS kann daher nichts mehr begehrt werden/ als daß kenem die 'Möglichkeit verschlossen sey/ zu den öffentlichen Stellen zu gelangen. Jeder Stand verlangt seinen Mann, jeder Beruf will erlernt seyn/ nur der schwerste von allen / jener der Regierung, sagt man heut zu Tage, sey jedem leicht; man sagt dies dem Volk, weil man weiß, daß es nicht wahr ist; weil man weiß, daß da wo viele, die sich nicht durch Erziehung, nicht durch Kopf und Herz, nicht durch schwer zu erlangende Kenntnisse und Fertigkeiten dazu eignen, in der Regierung sshen, die wenigen Fähigen oder Thätigen oder Wagenden desto freyeres Spiel haben, um nach Gutdünken und unwidersprochen dem Kitzel ihrer Eigenliebe und ihres Ehrgcitzes genug zu thun. Darum predigen die neuen Gewalthaber dieses System. In keiner der alten Aristokratien hatten Einzelne so viel Gewalt wie in diesen neuen Camonen; dort waren Hunderte die sich die Stange hielten, die mit forschendem Auge jeden Vorschlag prusten, jede Schwäche ohne Schonung aufdeckten; so gieng man freylich vielleicht etwas langsam aber sicher. Hier sind wenige, sehr wenige im Laust der Geschäfte bewandert; jeder hat sein eigenes Departement, jeder bedarf des andern und ist ihm hinwieder nöthig um seine Ansichten durchzu« seyen; von diesen wenigen hangen alle Stellen ab- In welchem Stand ist das Volk besser bedacht, freyer? Man sucht auf Bern den Schatten des Eigennutzes feiner Würger zu werfen, man will dem Volk glauben machen: es sey Geldgierde, Eigenmitz rc. nicht wahres Clintons'-Interesse; aber das' Bernerische Volk ist unter seiner verfinsternden Obrigkeit (die zwar in der Schweiz die meisten Unterrichts.-Anstalten und die vollkommensten besitzt / wo auch die Volksschulen die besseren sind) weit genug gekommen/ um zu begreifen/ daß brüderlich vereinte Kräfte mehr zum allgemeinen Besten wiirken als vereinzelte; es weiß/ daß diese niedrigen Leidenschaften nicht die Triebfedern der Bemühungen BernS sind; daß eS'nicht nur dem Can- tou Bern / sondern der Schweiz daran liegt/ daß der neue Bund auf die Grundpfeiler der Mäßigung und Rechtlichkeit gestützt werde und rn ihr selbst einen Schwerpunkt finde/ ohne welchen sie nie frey seyn kann. ES weiß/ daßjdie alte Schweiz die wesentlichsten und die gröstcn Opfer dem gemeinsamen Vaterland gebracht hat/ u»d daß hingegen andrerseits mit einer Anmassuug und Eigensucht gesprochen und gehandelt wird / die jede Vereinigung unmöglich macht; es weiß auch/ daß die meisten derjenigen/ welche steh herausnehmen/ in der Welt herum über Bern und die alte Schweiz zu schinähen/ Fremdlinge sind/ welche gastfreundlich aufgenommen die Schweiz und Bern nie kannten/ so wie eS auch weiß / daß unter den Vertheidigern des sogeheisse- nen lVerfinsterungS.System keiner ist/ der nicht selbst für daS Vaterland gefochten / oder dessen Voreltern im Kampf für dasselbe gefallen sind. Wer verdient wohl mehr Zutrauen?