Vorwor t.
Es erscheint hier der erste Versuch einer vorweltlichen Flora der Schweiz . Ich hoffe durch denselbenden ersten Grundstein zu legen zu dem Werke, welches einst das in die Felsen eingeschlossene Urbild der gesamm-ten jetzt bei uns lebenden und alljährlich neu verjüngt aus der Erde hervorgehenden Pflanzenschöpfung ansTageslicht ziehen wird. Die Schwierigkeit der Arbeit mag vielleicht das Mangelhafte derselben einigerMassen entschuldigen. Es haben die Felsen uns die vorweltlichen Pflanzen nur in Bruchstücken aufbe-wahrt, welche überdiess nur an wenigen Stellen gefunden werden. Von vielen haben wir erst einzelneBlätter oder sogar nur Blattstücke erhalten, und auch bei denjenigen, welche uns in grosser Zahl und inmannigfaltigen Formen vorliegen, ist es nicht leicht zu entscheiden, welche, nach Analogie lebender Arten,zu einem Formenkreis zusammengehören. Nur von einer geringen Zahl von Arten, kennen wir die beblät-terten Zweige, Blüthen, Früchte und Samen, so dass wir uns von diesen ein ganz vollständiges Bild ver-schaffen können, wenn wir die betreffenden Organe umsichtig combiniren. Es ist klar, dass die Arten,welche wir nur aus unbedeutenden Fragmenten kennen, eine viel geringere geologische Bedeutung haben,als diejenigen, welche eine sichere Bestimmungzulassen. Bei Vergleichung der Floren verschiedener Perio-den haben wir daher zwischen Arten von verschiedenem Werthe zu unterscheiden. Dasselbe gilt aber inganz gleicher Weise von den Thieren; die Artunterschiede, welche nur auf untergeordnete Organe (wiedieses z. B. bei den Belemniten der Fall ist) gegründet werden müssen, haben nur einen geringen Werth.Dass dieses nicht beachtet wurde, hat grosse Verwirrung gebracht und bei manchen Geologen die sonder-bare Ansicht erzeugt, dass die Pflanzen der verschiedenen Erdperioden nicht so scharf geschieden seien,wie die Seethiere. Da wir in der jetzigen Schöpfung sehen, dass die Bewohner des Festlandes beschränk-tere Verbreitungsbezirke haben, als die des Wassers und namentlich als die des Meeres, weil das Medium,in welchem die letztem leben, nach den Breiten viel weniger dem Wechsel unterworfen ist, lässt sichgegentheils erwarten, dass auch zeitlich mit den Bewohnern des Wassers geringere Veränderungen vor sichgegangen sind, als mit denen des Landes, dass also die Meermollusken, wie sie räumlich die grösste Ver-breitung haben, auch in der Zeit geringere Veränderungen erfahren haben, als die Pflanzen und Thiere desFestlandes. Dieses bestätigt auch die Erfahrung und wo Widersprüche da zu sein scheinen, beruhen sieentweder (wie bei Petit-Coeur) auf einer Vermengung verschiedener Schichten, oder aber auf unzuverläs-sigen Bestimmungen, welche auf unvollständig erhaltene Arten gegründet wurden. Die Schuld liegt alsonicht an der Natur, sondern lediglich in unsern noch mangelhaften Kenntnissen und je mehr wir mit derFakel der Wissenschaft das Dunkel der Vorwelt aufhellen, desto mehr wird sich zeigen, dass die ewig sichgleichbleibenden Gesetze der Natur die Pflanzen- und Thierwelt in gleicher Weise umfassen. Zu diesemNachweise möchte ich durch das vorliegende Werk einen Beitrag leisten. Es wird die Beschreibungen undAbbildungen der bis jetzt in der Schweiz und ihren nächsten Umgebungen aufgefundenen tertiären Pflanzenenthalten. Die Zeichnungen sind in derselben Manier und von derselben Anstalt ausgeführt, wie diejenigeniu meiner Insektenfauna der Tertiärgebilde von Oeningen und Radoboj. Ich schätze mich glücklich, dass wireine Anstalt besitzen, welche nicht nur in künstlerischer Darstellung naturhistorischer Gegenstände ausge-zeichnetes leistet, sondern auch den Muth hatte, die Herausgabe des vorliegenden Werkes zu übernehmen. —Da die Nervatur und die Umrisse der Blätter viel schärfer bei Anwendung des Stiches als bei der Aetzungder Tafeln wiedergegeben werden können, wurden die meisten Figuren der vorliegenden Lieferung autStein gestochen. Der Farbendruck wurde da angewendet, wö er dazu dient, die Form des Blattes durchdie gleichfarbige, vom Papier sich schärfer abhebende Fläche, mehr plastisch vor Augen treten zu lassen;dieser Zweck wird aber grösstentheils oder ganz verfehlt, wenn der Stein dieselbe Farbe, wie die Pflanze