Als ich vor ungefehr zwanzig Jahren meine zum Theil schon früher gesammelten Zusätzezu dem Allgemeinen Rünstlerlexikon meines sel. Vaters niederzuschreiben anfing, dacht'ich wohl nicht daran, daß diese Arbeit zu solcher Weitläuftigkeit gediehen sollte, und nochviel minder, daß ich bey meinem schon damals nahe an die Sechzige gestiegenen Altersolche beendigen würde. Allein darum beeilte ich mich im Geringsten nicht; in der Ueber-zeugung, daß ein Wörterbuch deswegen noch nicht ein Ganzes bildet, weil es alleBuchstaben des Alphabets in sich faßt, sondern nur, wenn, und in wie weit es, seinemZwecke nach, vollendet, zum Ziel geführt ist. Ist dieses dem Verfasser zu thun nichtmehr vergönnt, nun so wird sein Werk, so wie noch so manches Andere weit Wichtigereunter der Sonne, schon seinen Fortsetzer finden. Indessen wurde meinem sel. Vater inseinem Siebenzigsten, und mir in meinem Sechs und Siebenzigsten das Glück, oder —menschlicher zu reden, die Freude einer solchen Vollendung wirklich zu Theil. Wie weitaber diese Vollendung von der Vollkommenheit entfernt sey, ist sicher niemandenbesser als mir selbst bekannt.
Vörderst wird aufmerksamen Besitzern der gegenwärtigen Zusätze das große Uneben-maaß der Theile zum Ganzen, und zumal der frühern Hefte des Werkes zu den spätern,nicht entgangen seyn. Die ungleich mehrere Vollständigkeit dieser letzter» rührte natürlichdaher, weil, der unzähligen altern Hilfsquellen nicht zu gedenken (mit deren Herzählung,und sorgfältiger Benutzung ich sicher nicht prangen will, da letztere nicht zu meinen Ver-diensten, sondern zu meinen Pflichten zu zahlen ist), weil, sage ich, während demLaufe meiner Arbeit, eine nicht kleine Zahl vollständiger Werke über die Kunstgeschichtealler Nationen und Zungen erschienen waren, die mir erst bey der Ausfertigung der spätemBuchstaben zu Geboth stehen konnten, oder wenigstens, alles Aufwandes von Mühe undKosten ungeachtet, nicht früher zu Gesicht kamen, von welchen ich hingegen, späterhin,meiner Arbeit den Kern, mit den kürzesten Worten, aber doch im Wesentlichen so voll-ständig einzuverleiben versuchte, daß vielleicht dadurch den Besitzern dieser Zusätze der.Ankauf von mehr als einem der genannten, noch so verdienstlichen Kunstgeschichtswerkeso gut als entbehrlich wird.
Hiernächst stand ich, in Ansehung der Werke der Gravur Anfangs in dem Wahn,daß es, mit wenigen Ausnahmen (was aber wieder sehr schwer unter eine gemeinsameRegel zu bringen war) so wohl in den Artickeln der Maler, Bildhauer u. s. f. über dienach ihren Bildern gefertigten Blätter, als in den Artickeln der Kupferstecher über dieArbriten ihres Grabstichels, ihrer Etznadel, ihres Schabeisens u. s. f. hinreichend sey,den Leser lediglich auf die Schriften von Heinecke, Barrfch, Lüßli, Gandellini,Basan, Malpe, Walpole, und auf einige vorzügliche Gant- und Kabinetskatalogen,wie z.B- diejenigen von Huber, Benard, u. s. f. zu verweisen. Allein bald bemerkt'ich denn doch, daß solche allgemeine Verweisungen für die Besitzer meiner Zusätze vonwenig Freude und Nutzen seyn könnten. Aber, nunmehr das rechte Maaß zu beobachten,war, wie in soviel andern Dingen, eben das Schwierigste. Hier vun meine Regel:Von den Blättern nannt' ich einerseits diejenigen nach vorzüglichen Urbildern, und ander-seits , ohne Rücksicht auf einen besondern Werth dieser letztem, die schönsten Arbeiten von allerGattungen Stechcrkunst. Endlich, wo nur einzelne oder nur wenige Blätter nach odervon den Werken eines Künstlers anzuführen waren, führt' ich alle mir bekannten an,um von dem Kunst-Charakter ihrer Urheber doch irgend einen Begriff zu geben. Wie vieleHundertmale ich z.B. Bildnisse eben so vieler Tausend dunkeler Männer, oder sogenannter(Gott sey bey uns!) Galanterie- und Tabatieren - Stücke der Franzosen und Venetianerbloß per Bausch uud Bogen genannt, wird mir, wie ich besorge, von einigen Lesern